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Interdisziplinäres Lernen – Erste Absolventen im Masterstudiengang „Community Mental Health“ verabschiedet Michael Schulz, Hermann-T. Steffen
Interdisziplinäres Lernen
Erste Absolventen im Masterstudiengang „Community Mental Health“ verabschiedet
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Michael Schulz, Hermann-T. Steffen
Die Förderung psychischer Gesundheit stellt eine der großen versorgungsbezogenen Herausforderungen im 21. Jahrhundert dar. Gefordert ist, traditionelles Versorgungshandeln zu durchleuchten und Versorgungsangebote gemäß sich wandelnder, gesellschaftlicher Anforderungen weiterzuentwickeln sowie Innovationen in der Praxis zu etablieren. Im Zentrum nationaler und internationaler Innovationsdebatten stehen gemeindeorientierte, sozialraumzentrierte und lebensweltbasierte Ansätze. Es erfordert eine akademische Qualifi zierung neben Bachelor- zunehmend auf Master-Niveau und entsprechenden Möglichkeiten zur Promotion, um diesen komplexen Erfordernissen nachzukommen. Jedoch fehlt es in Deutschland jenseits der Psychologie und Medizin weitgehend an Studienangeboten auf Masterebene.
Die Absolventinnen und Absolventen des Studiengangs „Community Mental Health“ bei der Verabschiedung. Vordere Reihe von links: Johannes Kirchhof, Susanna Flansburg, Andrea Kleditzsch, Nora Bötel, Prof. Dr. Michael Schulz. Hintere Reihe von links: Prof. Dr. Hermann-T. Steffen, Lars Alsbach, Kerstin Freitag, Alexander Cremer.
Der postgraduale, berufsbegleitende Masterstudiengang „Community Mental Health“ an der Fachhochschule der Diakonie (FHdD) in Bielefeld, dessen erster Durchgang im Oktober 2019 abgeschlossen hat, versucht diese Lücke zu schließen und den genannten Herausforderungen Rechnung zu tragen. Er zielt gleichermaßen auf eine berufspraktische Qualifi zierung sowie wissenschaftliche Ausbildung zur Gestaltung einer gemeinwesenorientierten Versorgung nahe den Bedürfnissen von Bürgerinnen und Bürgern. Ausgehend von der Bedeutung der Gemeinde als Ort der Genese von Gesundheit folgt der Studiengang einer sozialwissenschaftlichen Perspektive und einem anthropologischen Verständnis psychischer Krankheit. Entsprechend werden neben einer klinisch-psychologischen die philosophische und die sozialökologische Perspektive eingenommen. Eigenverantwortung und Wahlfreiheit der Adressaten auf der einen und forschungsorientiertes Arbeiten auf der anderen Seite schulen die kritische Distanz zum eigenen Handeln. Auf der Basis einer interdisziplinären Sichtweise vermittelt das Studienprogramm vertiefte Kompetenzen im Bereich von Wissenschaft, Forschung und Praxis. Es stehen aktivierende Lernformen im Mittelpunkt, die den Studierenden ermöglichen, sich individuell und in Lerngruppen Wissen anzueignen. Darüber hinaus können sie ihre Kompetenzen in der Auseinandersetzung mit Theorie und Praxis entwickeln. Individuelle Hintergründe und Praxiserfahrungen der Studierenden werden im Fachkontext und in der Entfaltung eigener Lern- und Arbeitsformen berücksichtigt. Förderlich ist für die Studierenden die obligatorische Einbindung des berufl ichen Kontextes, die ermöglicht, Institutionen als praxeologischen Lernort und unterschiedliche, disziplinäre Perspektiven als Lernchancen zu nutzen.
Das LWL-Klinikum Gütersloh und das Evangelische Krankenhaus Bielefeld fungieren in diesem Zusammenhang als vom Wissenschaftsministerium anerkannte Lehr-
krankenhäuser. Dergestalt ist der Masterstudiengang „Community Mental Health“ als berufsbegleitender dreijähriger Studiengang mit einem Workload von 120 CP ECTS konzipiert. Um die Prüfungslast zu reduzieren und komplexes, kompetenzorientiertes, transformatives Lernen zu ermöglichen, sind die Studieninhalte in thematisch verwandte Module zusammengefasst.
Zu den ersten Absolventen gehören Johannes Kirchhof (Köln), Lars Alsbach (Rengsdorf), Kerstin Freitag (Koblenz), Susanna Flansburg (Bielefeld), Alexander Cremer (Mönchengladbach), Andrea Kleditzsch (Bochum) und Nora Bötel (Freiburg). In den empirisch angelegten Abschlussarbeiten wurden relevante Themen für eine zukunftsfähige Weiterentwicklung der Psychiatrie bearbeitet. So wurde unter anderem das Erleben der Stationsäquivalenten Behandlung durch die Betroff enen und die Wahrnehmung der Intensivbetreuung durch die Betroff enen erforscht. Es wurde untersucht, welche Folgen die Einbindung akademisierter Pfl egender in bestehende Teams hat. Im Hinblick auf eine Verbesserung der Behandlung und Versorgung von Menschen mit Psychosen wurde eine Studie gemacht, die den Beitrag digitaler Therapieangebote zur Genesung in den Blick nahm und wie stimmenhörenden Menschen auf der Grundlage des Erfahrungsfokussierten Coachingansatzes in ihrem persönlichen Umgang mit den Stimmen gestärkt werden können.
Prof. Dr. Michael Schulz
Stabsgruppe für Klinikentwicklung und Forschung an der LWL-Klinik Gütersloh, Abteilung für Krankenhäuser und Gesundheitswesen im LWL-Psychiatrie-Verbund Westfalen, Honorarprofessor an der Fachhochschule der Diakonie (FHdD) in Bielefeld, geschäftsführender Herausgeber der „Psychiatrischen Pfl ege“
michael.schulz@lwl.org
Prof. Dr. Hermann-T. Steffen
Professor für Gesundheitswissenschaften an der Fachhochschule der Diakonie (FHdD), Bielefeld
hermann.steffen@fhdd.de
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