26. Jahrgang / Heft 1 / 2019
Zeitschrift fĂźr
Sportpsychologie
Herausgeber Felix Ehrlenspiel Chris Englert Norbert Hagemann Daniel Memmert Ines Pfeffer Mirko Wegner
Organ der Arbeitsgemeinschaft fĂźr Sportpsychologie in Deutschland e. V.
Welche Konzepte gibt es – was ist erfolgreich? Kevin Dadaczynski / Eike Quilling / Ulla Walter (Hrsg.)
Übergewichtsprävention im Kindes- und Jugendalter Grundlagen, Strategien und Interventionskonzepte in Lebenswelten 2018. 408 S., 41 Abb., 38 Tab., € 44,95 / CHF 55.90 ISBN 978-3-456-85722-0 Auch als eBook erhältlich
06.08.18 11:20
www.hogrefe.com
Aufgrund der hohen Verbreitung und ihrer zentralen Bedeutung im gesamten Lebenslauf ist die Prävention von Übergewicht bereits im Kindes- und Jugendalter von vordringlicher Public Health-Relevanz. Mit Verabschiedung des Präventionsgesetzes im Juli 2015 hat die Bedeutung der Lebenswelten für Maßnahmen, Konzepte und Programme der Gesundheitsförderung und Prävention eine gesetzliche Stärkung erfahren.
Neben Grundlagen zur Ätiologie, der Verbreitung und den gesundheitlichen Konsequenzen von Übergewicht werden aktuelle Erkenntnisse zur Evidenzlage sowie zu den Anforderungen an Evaluation und Qualitätssicherung vorgestellt. Entlang der für Kinder und Jugendlichen zentralen Lebenswelten Familie, Kita, Schule und Kommune werden aktuelle konzeptionelle Ansätze der Übergewichtsprävention dargestellt und anhand von Praxisbeispielen beleuchtet.
Zeitschrift für
Sportpsychologie
Jahrgang 26 / Heft 1 / 2019 Organ der Arbeitsgemeinschaft für Sportpsychologie in Deutschland e. V., zugleich Organ der Deutschen Gesellschaft für Psychologie (DGPs)
Herausgeber
Dr. Felix Ehrlenspiel, Technische Universität München, Fakultät für Sport- und Gesundheitswissenschaften, Lehrstuhl für Sportpsychologie, Georg-Brauchle-Ring 60 / 62, 80992 München
Redaktionsmitarbeiter
Simon Blaschke, M. Sc., München
Mitherausgeberinnen und Mitherausgeber
PD Dr. Chris Englert, Bern
Prof. Dr. Ines Pfeffer, Hamburg
Prof. Dr. Norbert Hagemann, Kassel
Prof. Dr. Mirko Wegner, Berlin
Prof. Dr. Daniel Memmert, Köln Wissenschaftlicher Beirat
Prof. Dr. Dorothee Alfermann, Leipzig
Prof. Dr. Markus Raab, Köln
Prof. Dr. Jürgen Beckmann, München
Prof. Dr. Wolfgang Schlicht, Stuttgart
Prof. Dr. Reinhard Fuchs, Freiburg
Prof. Dr. Julia Schüler, Konstanz
Prof. Dr. Frank Hänsel, Darmstadt
Prof. Dr. Bernd Strauß, Münster
Prof. Dr. Jörn Munzert, Gießen
Prof. Dr. Andreas Wilhelm, Kiel
Prof. Dr. Henning Plessner, Heidelberg Gründungsherausgeber
Prof. Dr. Peter Schwenkmezger („Sportpsychologie“, ab 1987) Prof. Dr. Wolfgang Schlicht („psychologie und sport“, ab 1994) Prof. Dr. Bernd Strauß („Zeitschrift für Sportpsychologie“, ab 2004)
Hinweise für Autorinnen
Die Richtlinien zur Manuskriptgestaltung und Hinweise für Autorinnen und Autoren können unter https://www.hogrefe.com/j/spo mit Acrobate Reader heruntergeladen werden.
Verlag
Hogrefe Verlag GmbH & Co. KG, Merkelstraße 3, 37085 Göttingen, Postfach 37 51, 37027 Göttingen, Tel. 0551 99950 0, Fax 0551 99950 111, verlag@hogrefe.de, Redaktion: journals@hogrefe.de, https://www.hogrefe.de, Verleger: Dr. G.-Jürgen Hogrefe
Herstellung
Jenny Scheide, Hogrefe Verlag GmbH & Co. KG, Merkelstraße 3, 37085 Göttingen, Tel. 0551 99950 442, Fax 0551 99950 445
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Gesamtherstellung
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ISSN
ISSN-L 1612-5010, ISSN-Print 1612-5010, ISSN-Online 2190-6300
und Autoren
Die Zeitschrift und alle in ihr enthaltenen einzelnen Beiträge und Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektonischen Systemen. Alle Rechte, auch das der Übersetzung, vorbehalten. Erscheinungsweise
vierteljährlich
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Elektronische Volltexte
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Zeitschrift für Sportpsychologie (2019), 26 (1)
© 2019 Hogrefe Verlag
Inhalt Editorial
1
Editorial Felix Ehrlenspiel, Chris Englert, Norbert Hagemann, Daniel Memmert, Ines Pfeffer und Mirko Wegner
Originalarbeiten
Selbstbestimmte Motivation im späten Kindesalter. Zusammenhang mit Sportvereinspartizipation und psychologischen Basisbedürfnissen
3
A Self-Determination Perspective on Sport Club Participation and Basic Psychological Needs in Late Childhood Jan Beck und Dennis Dreiskämper REFS-D: Eine deutschsprachige Skala zur Erfassung der Schiedsrichterselbstwirksamkeit
15
REFS-D: A German Scale for Assessing Referee Self-Efficacy Sarah Labudek, Geoffrey Schweizer, Anika Roth, Alexandra Pizzera, Henning Plessner und Ralf Brand Positionspapier
Psychosoziale Risikofaktoren in der Entstehung von chronisch unspezifischen Rückenschmerzen. Auszug aus der methodischen Rationale der Multicenterstudien in MiSpEx
25
Psychosocial Risk Factors in the Development of Chronic Nonspecific Back Pain: On the Methodical Rationale of the Multicenter Studies in MiSpEx Pia-Maria Wippert, Adamantios Arampatzis, Winfried Banzer, Heidrun Beck, Monika I. Hasenbring, Marcus Schiltenwolf, Christian Schneider, Dirk Stengel, Petra Platen und Frank Mayer Sportpsychologie Digest
36
Macht sportliche Betätigung schlau?! Sofia Anzeneder und Valentin Benzing Wie wirkt sich Ärger auf die sportliche Leistung aus? Eine experimentelle Studie im Fechten
37
Julian Fritsch Feedback matters! Wie virtuelle Realität in der Rehabilitationsrobotik die Gehirnaktivität beeinflusst
38
Alisa Berger Nachrichten Hinweise für Autorinnen und Autoren
© 2019 Hogrefe Verlag
Nachrichten aus der asp
39 42
Zeitschrift für Sportpsychologie (2019), 26 (1)
Elfmeterschießen sind keine Lotterie –
Unsere Buchtipps
und nach dem Lesen dieses Buches weiß man, warum!
Wendsche / Lohmann-Haislah
Johannes Wendsche / Andrea Lohmann-Haislah
Johannes Wendsche Andrea Lohmann-Haislah
Arbeitspausen gesundheits- und leistungsförderlich gestalten
Memmert / Noël
Arbeitspausen gesundheits- und leistungsförderlich gestalten
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Managementpsychologie
Beschäftigte gesund und leistungsfähig zu halten, ist für die Sicherung unternehmerischer Wettbewerbsfähigkeit zunehmend von Bedeutung. Wie eine optimale Pausengestaltung dazu beitragen kann, zeigt dieses Buch.
Elfmeter
(Reihe: „Managementpsychologie“, Band 3) 2018, 175 Seiten, € 29,95 / CHF 39.90 ISBN 978-3-8017-2553-2 Auch als eBook erhältlich Daniel Memmert Benjamin Noël
Elfmeter Die Psychologie des Strafstoßes
Daniel Memmert / Benjamin Noël Alexander Häfner / Julia Hartmann / Lydia Pinneker
Alexander Häfner Julia Hartmann Lydia Pinneker
Zeitmanagement Tate nost, quam arcia vendund ucimus ut estem. Nam velest maio. Ut evelige ndelit acipidessit reptatur modita corepta voloria verrum et ad et, autatqu iamuscil ius eium sanimporro illest faceaqui ipiciis et, quiaepe litate nosae et pa volor aboreriasi tempore provide nihilignis ma conseque cus mincidem laboritat.
Zeitmanagement
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Ein Trainingshandbuch für Trainer, Personalentwickler und Führungskräfte
Zeitmanagement
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Ein Trainingshandbuch für Trainer, Personalentwickler und Führungskräfte
Oremporpos vit volut dolorru menditatur adio tem volum que comniatur as nobit fugitem rernamus, comnimus aut rero tentis enis debitat quid ut volesto enis minctem etur reiusan ihiciasped quia doluptaest, sit alis dolorro omnisciliae officil ipidem adi dolorporecte nat. Ullatur, commodi to berfera dolorem sinctur, omnia di doloriam eos sa quam exerem vel maio. Ut ex eos doluptasped quas esequatur, odignis plam solupissi optaturior apic tem cusdaese evende volectest, sandel maximolupta di raeremo quo omnis pratet dolorae eosanitati dolorro rporerchil etur sit el inullessunt, sus pedio. Xim ut illupta taerum quis ut atiaestium voleseque ne doluptas desti dollicitatur sin explibus solor ad ut aut fugite lam, unt. Solorionse prorro blati aliquo iuntis aut fugitis cilibus inulla doloriaspero eostiat ustruptatis et quam fuga. Nam endemqu iaeperum lat et aliquam im quunt aut offic te nem quiatemodit quat. Ecuptatus nimoluptas archiciatur, nonesti uscipis velluptas id moloreptis ea ducidipsam ditRei signo. Grae tus atio, quod contessi caperfe civivicient, culturbem patussenati inum iliuspio us, ute, ut quo eto etis, querem facierf estari sa vit. Otem et et eoreniu que auterma ndendacibus optides? Ipimus fatil viliu convolum iam ner-
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2015, 91 Seiten, Großformat, inkl. CD-ROM, € 34,95 / CHF 46.90 ISBN 978-3-8017-2471-9 Auch als eBook erhältlich Der Band beschreibt ein psychologisch fundiertes Zeitmanagementtraining bestehend aus sechs Modulen. Die einzelnen Module können an einem Tag umgesetzt, aber auch auf mehrere Termine aufgeteilt werden. Die beiliegende CD-ROM enthält alle Materialien, die für die Durchführung des Trainingsprogramms benötigt werden.
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Elfmeter Die Psychologie des Strafstoßes 2017, 134 Seiten, € 19,95 / CHF 26.90 ISBN 978-3-8017-2780-2 Auch als eBook erhältlich Das populärwissenschaftliche Buch für alle FußballFans, Athleten, Trainer, Vereinsmitglieder, Manager und Medienvertreter in Deutschland basiert einerseits auf wissenschaftlich fundiertem sportpsychologischen und bewegungswissenschaftlichen Wissen. Andererseits enthält es aber auch viele Anekdoten von großen und wichtigen Elfmetern aus der Geschichte des Fußballs. Somit werden in diesem Buch wissenschaftliche Befunde mit tatsächlichen Begebenheiten vom ominösen Punkt verbunden und mit vielen Abbildungen aufbereitet, die üblicherweise der Öffentlichkeit nicht ohne Weiteres zugänglich sind. Damit dies gelingen kann, integrieren die Autoren sportwissenschaftliche Erkenntnisse aus der ganzen Welt und bereiten diese leserfreundlich auf.
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Editorial Liebe Leserinnen und Leser, mit dem Jahrgang 26 der Zeitschrift für Sportpsychologie hat turnusgemäß ein neues Kollegium die Herausge berschaft übernommen. Die Findungskommission mit Mitgliedern der beiden Organisationen, deren Organ die Zeitschrift ist – die Arbeitsgemeinschaft für Sportpsycho logie (asp) und die Deutsche Gesellschaft für Psychologie (DGPs) –, einer Vertretung des Verlags sowie mit den aus scheidenden Mitgliedern des Herausgeberkollegiums hat zwei neue Mitglieder sowie einen neuen Geschäftsführer bestellt. Neu hinzugestoßen zum bestehenden Kollegium aus Chris Englert (Universität Frankfurt), Norbert Hage mann (Universität Kassel), Daniel Memmert (DSHS Köln) und Felix Ehrlenspiel (TU München) – der nun für vier Jahre die Geschäftsführung übernommen hat – sind Ines Pfeffer (Medical School Hamburg) und Mirko Wegner (Humboldt-Universität zu Berlin). Sie bereichern und erweitern mit ihrer Expertise den bereits vorhandenen Erfahrungsschatz des Kollegiums im breiten Gegen standsbereich der Zeitschrift, der Auseinandersetzung mit Sport und Bewegung aus einer psychologischen Per spektive. Dieser Gegenstandsbereich soll auch weiterhin be leuchtet werden durch Beiträge mit eher grundlagenwis senschaftlicher Fragestellung genauso wie durch Beiträge, die sich Anwendungsfragen wissenschaftlich widmen. Die Zeitschrift bleibt aber auch offen für Beiträge, die den Blick aus anderen Disziplinen auf den Gegenstandsbereich lenken sowie solche, die den Blick auf die Tätigkeit im Gegenstandsbereich lenken – sei es in der Forschung (etwa zum Thema „Open Science“), sei es in der Anwendung (etwa zum Thema „Berufsfeld“ oder „Ausbildung“). Schließlich sind auch weiterhin die „Digest-Beiträge“ will kommen, mit denen Impulse gegeben und „Hot Topics“ vermittelt werden können. Dazu freut sich in diesem Jahr gang Chris Englert als Verantwortlicher auf direkt an ihn gerichtete Einreichungen. Mit den Zugängen sind auf der anderen Seite auch Abgänge zu verzeichnen: Mit einem herzlichen Dank möchten wir uns verabschieden von Julia Schüler und Rouwen Cañal-Bruland sowie von Wanja Wolf (Redaktions assistenz), die das Herausgeberkollegium nach vier Jahren verlassen. Julia Schüler hat als geschäftsführende Heraus geberin die Zeitschrift in den letzten zwei Jahren sicher gelenkt und nun bestens gepflegt übergeben. Ihre Ideen etwa zur Arbeit der Redaktion oder zu neuen Formen von Beiträgen sollen weitergeführt werden. Ausgehend von einer Beschäftigung mit der sogenannten „Vertrauens © 2019 Hogrefe Verlag
krise“ noch unter dem ehemaligen Geschäftsführer Henning Plessner, hat sich die Zeitschrift unter Julia Schüler zudem auseinandergesetzt mit Impulsen aus der Psychologie zum Umgang mit dieser Krise (Stichwort „Open Science“) in Forschungs- und Publikationstätig keit. Auch in diesem Sinne soll die Zeitschrift weiterent wickelt werden. Das neue Herausgeberkollegium freut sich über und auf die Unterstützung durch den Hogrefe Verlag, ins besondere in Person von Jenny Scheide. Mit viel Geduld wird ihr wieder die Einarbeitung der neuen Mitglieder in die Prozesse gelingen und sie wird die Zeitschrift auf Kurs und im Zeitplan halten. Das Kollegium wird zudem von Simon Blaschke (TU München) als Redaktionsassistenz unterstützt. Das Herausgeberkollegium freut sich auch auf die Unterstützung durch den wissenschaftlichen Beirat, den Julia Schüler als nun ebenfalls ehemalige geschäftsführende Herausgeberin bereichern wird, sowie durch Bernd Strauß und den Vorstand der asp. In der Zeit schrift wird der Vorstand in der nächsten Ausgabe „Ge burtstag feiern“ und auf der Basis eines Rückblicks auf 50 Jahre asp in die Zukunft schauen. Unterstützung erfah ren wir auch durch die neue Geschäftsstelle der asp. Sebastian Brückner hat die Aufgaben von Barbara Halber schmidt übernommen, die lange Zeit die Mitteilungen aus der asp verantwortet hat – vielen Dank! Stolz sein darf die Zeitschrift auf ihre Gutachterinnen und Gutachter. Wie schon Anne-Marie Elbe 2015 bei Ihrer Verabschiedung aus dem Kollegium schrieb, sind die Gutachten für die Zeit schrift außergewöhnlich ausführlich und konstruktiv, wir sind dankbar, dass die Gutachtenden so „entscheidend zur Qualität der Beiträge bei [tragen] und […] den wissen schaftlichen Standard der Zeitschrift [sichern]“ (S. 1). Das Herausgeberkollegium sieht die Auseinander setzung mit der Frage nach der Sprache der Zeitschrift und damit einhergehend der Rolle der Zeitschrift als eine große Herausforderung für die Zukunft. Diese Aus einandersetzung wird im Austausch mit verschiedenen Interessensvertretungen stattfinden und zudem im Austausch mit (auch) internationalen Organen, die vor ähnlichen Herausforderungen stehen oder standen. Wie erwähnt, soll es auch um die Frage gehen, wie Ideen zu „Open Science“ umgesetzt werden können. Die Zeit schrift soll insbesondere für internationale Entwicklun gen und Herausforderungen offen bleiben. Damit ist die Zeitschrift bislang in der deutschen (sport-)wissen schaftlichen Community immer vorausgegangen, wie bspw. vor bald 10 Jahren durch die Aufnahme in SSCI und JCR. Zeitschrift für Sportpsychologie (2019), 26 (1), 1–2 https://doi.org/10.1026/1612-5010/a000257
2 Editorial
Im aktuellen Heft erwarten Sie Beiträge aus einem der Kernbereiche der Sportpsychologie – Motivation, ins besondere die Motivation zum Sporttreiben (Beck und Dreiskämper) sowie zwei Methodenbeiträge, die eher aus der Anwendungsforschung stammen: Der Beitrag von Labudek et al. liefert ein Instrument für die Forschung zu Schiedsrichter-Entscheidungen, der Beitrag von Wippert et al. einen Zugang zur Entwicklung von Diagnostika im Kontext multi-disziplinärer und multi-zentrischer Studien. Wir wünschen wertvolle neue Erkenntnisse!
Zeitschrift für Sportpsychologie (2019), 26 (1), 1–2
Literatur Elbe, A.-M. (2015). Abschied aus dem Herausgeberteam der Zeitschrift für Sportpsychologie. Zeitschrift für S portpsychologie, 22, 1.
Felix Ehrlenspiel Chris Englert Norbert Hagemann Daniel Memmert Ines Pfeffer Mirko Wegner
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Originalarbeit
Selbstbestimmte Motivation im späten Kindesalter Zusammenhang mit Sportvereinspartizipation und psychologischen Basisbedürfnissen Jan Beck und Dennis Dreiskämper Institut für Sportwissenschaft, Westfälische Wilhelms-Universität Münster
Zusammenfassung: Die Self-Determination Theory (SDT; Ryan & Deci, 2000) beschreibt eine gute Vorhersagbarkeit intrinsischer Motivation bei Jugendlichen und Erwachsenen im sportbezogenen Kontext. Studien zu diesen Zusammenhängen der SDT sind im Kindesalter dagegen rar. Deshalb soll die vorliegende Untersuchung zum einen den von Deci und Ryan (2000) vorhergesagten Zusammenhang zwischen psychologischen Basisbedürfnissen und Selbstbestimmung im späten Kindesalter (M = 10.51) überprüfen (N = 252). Zum anderen soll für die bessere Prädizierbarkeit der Sportpartizipation die intrinsische Motivation verschiedener sporttreibenden Gruppen verglichen werden. Mithilfe eines, auf das Kindesalter angepassten, Fragebogens wurden psychologische Basisbedürfnisse und Motivationsregulationen erhoben. Ein Strukturgleichungsmodell zeigt den vorhergesagten Zusammenhang. Es erweist sich, dass ein Unterschied innerhalb dieser Konstrukte zugunsten Sporttreibender aufgrund der Sportvereinspartizipation vorliegt. Weiter zeigen Besuchsanteile der Sportarten schwache Effekte auf motivationale Größen. Grundsätzlich zeigen die Ergebnisse, dass Fragebogenerhebungen zur SDT im späten Kindesalter valide durchgeführt werden können. Dennoch bleibt die Suche nach Gründen und Prädiktoren der Sportvereinspartizipation weiterhin forschungsrelevant. Schlüsselwörter: Kinder, Motivation, Selbstbestimmungstheorie, Sportpartizipation, Sportverein, Sportbeteiligung, körperliche Aktivität
A Self-Determination Perspective on Sport Club Participation and Basic Psychological Needs in Late Childhood Abstract: According to self-determination theory (SDT; Ryan & Deci, 2000), there is good predictability of intrinsic motivation in sports-related contexts for adolescents and adults. However, studies regarding this issue in childhood are rare. First, the present study will examine the association between basic psychological needs and self-determination proposed by Deci and Ryan (2000) in late childhood (N = 252, Mage = 10.51). Second, for a better understanding of sports participation, the intrinsic motivation between different sporting groups is compared. A questionnaire, adapted for children, assessed basic psychological needs and regulations of motivation. A structural equation model shows the proposed relationship. Members of sport clubs showed more fulfilled basic psychological needs and had higher intrinsic motivation. Furthermore, overall participation in different kinds of sports had weak effects on motivational quantities. These results support the use of questionnaires regarding SDT in late childhood. However, the search for reasons and predictors of sport participation in sport clubs remains relevant. Keywords: self-determination theory, basic psychological needs, children
Motivation beschreibt das Streben eines Individuums vom aktuellen Lebenszustand zu einem positiv bewerteten Zielzustand (Rheinberg & Vollmeyer, 2012). Deci und Ryan (1985, 2000) haben mit der Self-Determination Theory (SDT) eine ausführlich untersuchte und breit aner kannte Theorie veröffentlicht, die eben dieses Streben und dessen qualitativ unterscheidbare Dimensionen genauer beschreibt. Die Theorie geht von drei Basisbedürfnissen – Autonomie, Kompetenz und sozialer Eingebundenheit – aus, die alle Individuen von Natur aus befriedigen wollen. Sie beeinflussen die Selbstbestimmung, sprich das Gefühl des „Aufgehens“ in einer Tätigkeit, genauso wie das Gefühl der Kontrolle und des Zwangs. Dabei wird Motiva © 2019 Hogrefe Verlag
tion im Sinne der Selbstbestimmung nicht in klar vonein ander abgegrenzten Konstrukten aufgefasst, sondern als Motivationsqualität auf einem Kontinuum angegeben. Die SDT wurde in mehreren Kontexten als theoretische Grundlage der Motivation genutzt, darunter auch als Basis für sportliche Aktivität. So liefert sie eine gute Vorhersag barkeit der selbstbestimmten Motivation in sportlichen Aktivitäten (Teixeira, Carraça, Markland, Silva & Ryan, 2012). Studien, die zeigen, dass diese sogenannte intrinsi sche Motivation ein Prädiktor für sportliche Aktivität an sich und dessen langfristige Beibehaltung darstellt, bezie hen sich jedoch eher auf Erwachsene und Adoleszente (Sebire, Jago, Fox, Edwards & Thompson, 2013). Es liegt Zeitschrift für Sportpsychologie (2019), 26 (1), 3–14 https://doi.org/10.1026/1612-5010/a000251
4
J. Beck und D. Dreiskämper, Selbstbestimmte Motivation im späten Kindesalter
relativ wenig Evidenz zum Einfluss von intrinsischer Moti vation auf das Sporttreiben von Kindern vor. Die For schungsarbeit von Sebire et al. (2013) und die Arbeit von Sebire, Edwards, Fox, Davies, Banfield, Wood und Jago (2016) bilden eine Ausnahme in der Forschung im Kindes alter. Sie untersuchten, wie die psychologischen Basis bedürfnisse und Selbstbestimmung den Zeitaufwand für körperliche Aktivität beeinflussen. Eine Förderung der psychologischen Basisbedürfnisse und somit der Selbst bestimmung in Bezug auf körperliche Aktivität scheint im Kindesalter als Grundlage für Sporttreiben im Erwachse nenalter also unabdingbar. So zeigen auch Gillison, Standage und Skevington (2006), dass durch häufigeres Sporttreiben die Lebensqualität gesteigert werden kann. Bisherige Forschung beschränkt sich in der Ursachen erklärung dennoch auf den Zeitaufwand des Sporttreibens und weniger auf fähigkeitsorientierte Erklärungen, um eine Möglichkeit der Förderung anzubieten. Dies ist aus mindestens zwei Perspektiven überraschend: Zum einen scheint intrinsische Motivation ein der Kindheit inhären tes Konstrukt zu sein (z. B. im freien Spiel). Zum anderen zeigen bereits ältere Studien (Zastrow, 1996) die Notwen digkeit einer positiven sportartspezifischen Fähigkeits einschätzung (z. B. „Im Handball bin ich konditionsstark.“) statt des Fokus auf motorischer Fertigkeitsselbsteinschät zung. Fähigkeitsselbsteinschätzung im Sinne des physi schen Selbstkonzepts (Marsh & Redmayne, 1994) und das Bedürfnis der Kompetenz sind aufgrund der (In-)Stabilität grundsätzlich unterschiedlich, könnten aber durchaus reziproke Effekte aufweisen. Diese sportartspezifische Fähigkeitsselbsteinschätzung könnte dabei auch in Ver bindung mit anderen Basisbedürfnissen wie Autonomie stehen (DeCharms, 1968). Betrachtet man Kinder in Randsportarten vor dem Hintergrund einer potentiell höheren sportartspezifischen Fähigkeitsselbsteinschät zung, als Kinder in anderen Sportarten, so könnte sich auch ein Effekt für die selbstbestimmte Motivation zeigen. Daher beschäftigt sich diese Studie mit der wahrgenom menen Selbstbestimmung und der Motivationsqualität von nicht- und sporttreibenden Kindern. Neben einer Überprüfung der validen Erhebung der Konstrukte der SDT lautet eine weitere Fragestellung, ob die wahrgenom mene Selbstbestimmung von Kindern von der Partizipa tion in einer Randsportart abhängt.
Self-Determination Theory Die SDT besteht aus mehreren Subtheorien, von denen hier die Organismic Integration Theory (OIT) und die Basic Psychological Need Theory betrachtet werden sol len. Die Basic Psychological Need Theory befasst sich mit Zeitschrift für Sportpsychologie (2019), 26 (1), 3–14
der Befriedigung dreier Basisbedürfnisse: Kompetenz, Au tonomie und soziale Eingebundenheit. Von diesen Bedürf nissen wird angenommen, dass sie bei erfolgreicher Be friedigung zum natürlichen Entwicklungsverlauf und zu Wohlbefinden führen (Ryan & Deci, 2000). Kompetenz spiegelt das Bedürfnis nach dem Gefühl, erfolgreich und effektiv zu sein, wider. Tätigkeiten, in denen Individuen selbst Entscheidungen treffen können, die für sie wichtig sind, befriedigen das Bedürfnis nach Autonomie. Soziale Eingebundenheit beschreibt das Bedürfnis nach dem Ge fühl der Zugehörigkeit und der sozialen Akzeptanz. Alle drei Bedürfnisse teilen sich die Eigenschaft der individuel len Wahrnehmung, um befriedigt zu werden. So können zwei Menschen die gleiche Leistung erbringen, allerdings durch diese Leistung eine deutlich unterschiedliche psy chologische Befriedigung erfahren. Die OIT umfasst unter anderem die hierarchische Glie derung der extrinsischen Motivation und intrinsischen Motivation auf dem Kontinuum der Selbstbestimmung. Da es sich um ein Kontinuum handelt, hängen die Konst rukte lückenlos zusammen und können nicht immer deut lich unterschieden werden. Intrinsische Motivation stellt die selbstbestimmteste Form der Motivation dar, die durch das natürliche Streben nach Neuheiten, Entdeckung und Übung repräsentiert ist (Ryan, 1995). Da das Individuum hierbei keinen äußeren Zwängen unterliegt, wird die in trinsische Motivation internalen Ursachen zugeschrieben. Im Gegensatz dazu werden Handlungen, dessen Ursa chenzuschreibung external wahrgenommen werden, als extrinsisch motiviert bezeichnet. Beide Theorien stehen miteinander in Verbindung (Deci & Ryan, 2000). Die Stärke der Befriedigung von Kompetenz, Autonomie und sozialer Eingebundenheit sagt intrinsische Motivation vorher.
Körperliche Aktivität als Prädiktor für Selbstbestimmung Die Self-Determination Theory zeigt zum aktuellen For schungsstand eine gute Vorhersagbarkeit der selbstbe stimmten Motivation in sportlichen Aktivitäten (Gillison et al., 2006; Sebire et al., 2013; Wilson, Rodgers, B lanchard & Gesell, 2003), insbesondere bei Altersgruppen ab 12 Jahren. Diese Untersuchungen nehmen zum Großteil an, dass die Dauer körperlicher Aktivität von der Selbstbe stimmung und somit von psychologischen Bedürfnissen beeinflusst wird. Demnach ist ein hoher Zeitaufwand kör perlicher Aktivität die Konsequenz hoher selbstbestimm ter Motivation, sportlich aktiv zu sein. Dies stimmt mit der Annahme von Deci und Ryan (2000) überein, dass psy © 2019 Hogrefe Verlag
J. Beck und D. Dreiskämper, Selbstbestimmte Motivation im späten Kindesalter
chologische Bedürfnisbefriedigung selbstbestimmte Mo tivation und somit Handlungstendenzen beeinflusst. An dere Arbeiten (Ntoumanis, 2001; Zhang, Solmon, Kosma, Carson & Gu, 2011) versuchen darüber hinaus aber auch, Faktoren zu finden, die psychologische Bedürfnisse vor hersagen und sich nicht ausschließlich auf diese Bedürf nisse als Ursprung der Motivationsquelle beschränken. Anlass für diese Arbeiten geben Deci und Ryan (2000) mit ihrer Aussage, dass die intrinsische Motivation durch Be dingungen erleichtert werde, die auf die Befriedigung psy chologischer Bedürfnisse abzielen. Genau andersherum verhalte es sich mit der Schwächung der intrinsischen Mo tivation, wenn die Bedingungen dazu neigen, die Befriedi gung der Bedürfnisse zu behindern (vgl. Deci & Ryan, S. 233). So werden bei Ntoumanis (2001) soziale Faktoren aus einem Inventar zu wahrgenommenem Motivations klima abgeleitet und als Prädiktoren für die Befriedigung psychologischer Bedürfnisse herangezogen. Zhang et al. (2011) nennen ähnliche Einflussfaktoren auf psycholo gische Bedürfnisse. Sie konnten bestätigend feststellen, dass die von der Sportlehrkraft ausgehende wahrgenom mene Unterstützung der Autonomie, Kompetenz und sozi alen Eingebundenheit einen starken Einfluss auf die psy chologische Bedürfnisbefriedigung hat. Darüber hinaus und aufbauend auf den Annahmen von Deci und Ryan (2000) wären auch Faktoren denkbar, die enger an kör perlicher Aktivität, Sport und insbesondere dem Kontext, in dem er ausgeführt wird, geknüpft sind. Forschungen zur Anwendbarkeit der SDT im Bereich körperlicher Aktivität beziehen sich aber vor allem auf Erwachsene und Adoleszente ab 12 Jahren. Dies wirft die Frage auf, ob Motivation von Kindern theoretisch auch durch die SDT erklärt werden kann.
Selbstbestimmung und Basisbedürfnisse im Kindesalter Gegenüber Adoleszenten und Erwachsenen spielen Kin der eine besondere Rolle bei der Untersuchung der Selbst bestimmung aufgrund des niedrigeren Entwicklungsstan des (z. B. sprachliche Schwierigkeiten in der Formulierung der Selbstwahrnehmung; Greve, 2007). Sie befinden sich noch vor der wichtigsten Entwicklungsphase, der Adoles zenz (Harter, 1999). Vor diesem Hintergrund ist es wich tig, sich die kindlichen Gegebenheiten genauer anzu schauen, die zu verzerrenden Aussagen im SDT-Kontext führen könnten. Zwar werden die psychologischen Basisbedürfnisse, Kompetenz (White, 1963), Autonomie (DeCharms, 1968) und soziale Eingebundenheit (Baumeister & Leary, 1995) © 2019 Hogrefe Verlag
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von den ursprünglichen Autoren als inhärent angesehen, allerdings gibt es Einschränkungen: So ist laut White (1963) das Kompetenzerleben hauptsächlich von der indi viduellen Wahrnehmung abhängig. Er führt an, dass erst in späteren Phasen der Ich-Entwicklung (vgl. White, 1963, S. 39) das Gefühl der Kompetenz und somit die Kompe tenzbefriedigung organisiert und differenziert stattfindet. Das Bedürfnis, sozial eingebunden zu sein, wird von Baumeister und Leary (1995) ebenfalls als angeboren an gesehen. Allerdings fehlt hier die genaue Beschreibung, ab wann Kinder konkrete Aussagen über die wahrgenomme ne soziale Eingebundenheit treffen können. Ryan, Stiller und Lynch (1994) stellen zur Erforschung des Bedürfnis ses fest, dass soziale Eingebundenheit von Schülern im Al ter von ungefähr 13 Jahren schon hinreichend genau wahr genommen und wiedergegeben werden kann. Es ist also offen, ob soziale Eingebundenheit im späten Kindesalter schon realistisch wahrgenommen und auch verbalisiert werden kann. Sowohl von Ryan und Deci (2000), als auch von Ent wicklungspsychologen (Harter, 1978) wird intrinsische Motivation als angeboren angesehen, da sie sich im spiele rischen Entdecken und Meistern von Tätigkeiten zeigt. Den Zusammenhang zwischen der Befriedigung psycho logischer Bedürfnisse und intrinsischer Motivation be schreiben Deci und Ryan (2000) altersunabhängig. Die sen Zusammenhang zeigen auch Sebire et al. (2013) für Kinder im Alter von 10 Jahren. Die größte Herausforderung ist es jedoch, geeignete Messinstrumente auszuwählen, um valide Aussagen von Kindern über ihre Selbstbestimmung und psychologische Bedürfnisbefriedigung zu erhalten. Zwar sind alle Konst rukte inhärent, doch heißt das nicht, dass sie in jeder kind lichen Entwicklungsphase bewusst wahrgenommen und wiedergegeben werden können.
Messung der Selbstbestimmung im späten Kindesalter Wie im vorherigen Kapitel angemerkt wurde, verlangen Kinder bereits seit der Geburt alle drei psychologischen Basisbedürfnisse zu befriedigen und sind vornehmlich in trinsisch motiviert. Allerdings fehlt insbesondere Klein kindern und jungen Kindern die Fähigkeit, diese Bedürf nisse und Befriedigungen unabhängig und differenziert wahrzunehmen und zu verbalisieren (Harter, 1999). Zu gleich neigen Kinder dazu, ihre Fähigkeiten zu überschät zen, sodass ihre Aussagen nicht immer auf wahrheitsge mäßen Grundlagen basieren (Greve, 2000; Harter, 1988). Es bestehen unterschiedliche Annahmen darüber, wann Zeitschrift für Sportpsychologie (2019), 26 (1), 3–14
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Menschen sich valide einschätzen können. So gehen bei spielsweise Kränzl-Nagel und Wilk (2006) davon aus, dass dies ab ungefähr 12 Jahren möglich ist. Kann demnach mithilfe eines Fragebogens die psychologische Bedürfnis befriedigung und intrinsische Motivation von Kindern im mittleren bis späten Kindesalter (also ab 10 Jahren) valide gemessen werden? Bisher hat sich die Forschung auf Untersuchungen mit Fragebögen zur Messung der Motivation und Bedürfnisbe friedigung von Kindern im Durchschnittsalter von 10 Jah ren konzentriert (Sebire et al., 2013, Sebire et al., 2016). Der theoretische Hintergrund wurde jedoch weniger be leuchtet, obwohl mit kleiner werdendem Durchschnittsal ter der Stichprobe die Messbarkeit der Konstrukte mithilfe von Fragebögen immer mehr an Relevanz gewinnt. Da die Selbstwahrnehmung den ausschlaggebenden Faktor in der Realisierbarkeit von Fragebogenerhebungen im Kin desalter darstellt, überschneidet sich prinzipiell die Be friedigung des Bedürfnisses kompetent zu sein mit dem physischen Selbstkonzept (Marsh & Redmayne, 1994). Das physische Selbstkonzept, welches insbesondere aus körperlichen, sportartübergreifenden Fähigkeitsselbstein schätzungen besteht, deckt somit zu einem großen Teil Einschätzungen ab, wie kompetent Individuen mit ihrer Umwelt interagieren, und ordnet sich nahe dem Bedürfnis nach Kompetenz ein. Demnach können Schlüsse über die Eignung von Fragebögen im späten Kindesalter aus die sem Forschungsbereich ebenfalls für SDT-bezogene Stu dien gelten. Untersuchungen von Dreiskämper, Tietjens, Honemann, Naul und Freund (2015) und Dreiskämper, Utesch und Tietjens (2018) zeigen, dass Fragebögen für Kinder (8 – 11 Jahre), die auf die Beantwortung von selbst wahrgenommenen Fähig- und Fertigkeiten abzielen, ge eignet sind.
Körperliche Aktivität im Kindesalter In der Regel betrachten empirische Studien lediglich die Dauer der körperlichen Aktivität von Kindern und hinterfra gen kaum kindliche Motive sportlichen Treibens (Gillison, Standage, Cumming, Zakrzewski-Fruer, Rouse & Katzmar zyk, 2017). Tietjens und Hoffmann (2008) unterstreichen diesen Befund anhand weniger empirischer Studien zu Sportengagement im Kindesalter. Eine Betrachtung ist nicht nur aus Sicht des geringen Forschungsstandes, sondern auch wegen der größeren Beeinflussbarkeit von Kindern im Vergleich zu Jugendlichen (de Matos, Palmeira, Gaspar, De Wit, & Luszczynska, 2016) interessant. Deshalb können frühzeitige motivations- und autonomiefördernde Maß nahmen einen größeren langfristigen Effekt zeigen, als sie es im Jugendalter tun. Zeitschrift für Sportpsychologie (2019), 26 (1), 3–14
Zudem zieht die Forschung bisher sportartübergreif ende Konzepte (z. B. Fähig- und Fertigkeitsorientierung) zur Erklärung von Selbsteinschätzungen im sportlichen Kontext heran (s. Brunet, Gunnell, Teixeira, Sabiston & Bélanger, 2016; Garn & Shen, 2015). Dies stellt vor dem Hintergrund einer großen Diversität der Sportkultur eine Einschränkung in der Messung sportspezifischer Konst rukte dar. Es wird also unter anderem auch danach ge sucht, ob die Annäherung an sportartspezifische Konzepte überzeugend ist. Um regelmäßiges Sporttreiben detaillierter zu unter suchen, macht es im deutschsprachigen Raum Sinn, Sport vereinsmitgliedschaften zu betrachten, da sie relativ aus sagekräftig wiedergeben, dass regelmäßig Sport getrieben wird (Kurz & Tietjens, 2000). Die Fachliteratur zur Sozia lisation im Sport geht davon aus, dass Kinder unter ande rem aufgrund der Eltern, Geschwister und Freunde Sport in einem Verein treiben (Steffgen, Schwenkmezger & Fröhling, 1997; Tietjens & Hoffmann, 2008). Klaes, Rommel, Cosler und Zens (2000) zeigen eine Tendenz, dass Kinder mit sporttreibenden Eltern mehr Sport treiben, als Kinder mit nicht-sporttreibenden Eltern. Die Abhängigkeit von den Eltern stellt nicht nur für die Aus wahl von Sportvereinen einen wichtigen Faktor dar, sondern auch in anderen motivationalen Ebenen, wie der Förderung der Autonomie.
Motivationale Aspekte des Besuchs von Randsportarten Tendenziell könnte beispielsweise ein autonomiefördern des soziales Umfeld zur Teilnahme in Randsportarten füh ren. Die zugrundeliegende Annahme für dieses Phänomen wäre, dass Kinder sich Sportarten aussuchen, die ihnen am meisten Spaß machen, weil sie autonom entscheiden kön nen. Da die meisten Sportarten Randsportarten sind (Deut scher Olympischer Sportbund [DOSB ], 2016), wäre die Wahrscheinlichkeit eine Randsportart zu besuchen höher, als bei anderen Sportarten. Empirisch konnten Grolnick und Ryan (1986) zeigen, dass Kinder mit autonomieunterstüt zenden Eltern selbstbestimmter mit dem Erledigen der Hausaufgaben und häuslicher Pflichten umgehen. Eltern, die also versuchen, die Autonomie ihrer Kinder zu fördern, könnten ihre Kinder so indirekt auch bei einer möglichst autonomen Wahl der Sportart unterstützen, und somit ei nen Einfluss auf die kindliche Selbstbestimmung im Sport haben. Betrachtet man unter diesem Aspekt Randsportar ten, könnten diese aufgrund des geringen Besuchsanteils theoretisch besondere autonomiefördernde Aspekte bieten. Zum einen können Randsportarten längere Anfahrtswege © 2019 Hogrefe Verlag
J. Beck und D. Dreiskämper, Selbstbestimmte Motivation im späten Kindesalter
bedeuten, da die Sportart rar ist. Eltern wären demnach in dieser Hinsicht autonomiefördernd, solange die Sportart frei gewählt ist. Zum anderen gibt es im Schnitt weniger Gleichaltrige in der Sportart, sodass man davon ausgehen kann, dass die Sportart wegen eines höheren Spaßfaktors, also wegen einer größeren Motivation gegenüber anderen Sportarten gewählt wird. Allerdings verbleibt man dabei auf einer rein spekulativen Ebene, da es zu der Sportartauswahl von Kindern keine empirische Grundlage gibt. Einen anderen Anhaltspunkt motivationaler Unter schiede aufgrund unterschiedlicher Sportarten zu erwar ten, bietet Zastrow (1996), der Fähigkeitseinschätzungen nicht entlang motorischer Fähigkeitseinschätzungen un tersucht, sondern entlang unterschiedlicher Sportarten. So könnten auch motivationale Effekte mitwirken.
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1. Eine hohe psychologische Bedürfnisbefriedigung steht mit hoher Selbstbestimmung, die durch intrinsische Motivation charakterisiert ist, in Verbindung. 2. Kinder, die Sport im Sportverein treiben, sind selbstbe stimmter motiviert als Kinder, die nicht Mitglied eines Sportvereins sind. 3. Es gibt aufgrund der Partizipation in unterschiedlich stark besuchten Sportarten unterschiedlich stark befrie digte psychologische Bedürfnisse und unterschiedlich hohe intrinsische Motivation.
Methoden Stichprobe
Ziele der Studie Ausgehend von den sport- und entwicklungspsychologi schen Erkenntnissen (Harter, 1988; 1999; Ryan & Deci, 2000; Sebire et al., 2013) möchte diese Studie in erster Linie überprüfen, ob die Befriedigung der intrinsischen Motiva tion und der psychologischen Basisbedürfnisse bei Kindern unter 12 Jahren durch einen Fragebogen valide erhoben wer den kann. Dies soll im ersten Schritt durch ein Strukturglei chungsmodell (SEM) geschehen, welches eine Modellan nahme der SDT, nämlich den Zusammenhang zwischen psychologischen Basisbedürfnissen und Selbstbestimmung, prüft. Der zweite Schritt beinhaltet die Überprüfung em pirischer Annahmen zur SDT für diese Altersgruppe. Auf bauend auf dem SEM und anderen Studien prüfend ist der motivationale Unterschied zwischen sporttreibenden und nicht-sporttreibenden Kindern vor dem Hintergrund des Wohlbefindens und der Lebensqualität relevant. Zuletzt kann eine Unterscheidung der Motivationsart nicht nur zwi schen der Dauer der sportlichen Aktivität, wie es bisherige Studien fast ausschließlich tun, geschehen. Stattdessen ist es interessant, ob die Beteiligung der gleichaltrigen Bevöl kerung in der Sportart die Motivationsqualität beeinflusst.
Hypothesen Es lassen sich nach den Zielen dieser Studie drei Hypothe sen ableiten:
Es wurden einerseits Schüler_innen der Jahrgangstufe 5 und 6 von einem Gymnasium aus Münster und einem Gymnasium aus Brühl (NRW) untersucht (N = 230; MAlter = 10.64; SDAlter = 0.68; Spannweite 9 – 12 Jahre; 48 % Mädchen). Darüber hinaus wurden auch Kinder be fragt, die in die dritte Klasse einer Grundschule in Münster gingen (N = 11; MAlter = 9.09; SDAlter = 0.54; Spannweite = 8 – 10 Jahre; 48 % Mädchen). Zusätzlich wurden Kinder in Sportvereinen für die Befragung herangezogen (N = 11; MAlter = 8.9; SDAlter = 1.6; Spannweite = 7 – 11 Jahre; 40 % Mäd chen). Hier wurden keine schulischen Daten erhoben. Ins gesamt ergibt sich eine Stichprobe mit N = 252; M Alter = 10.51; SDAlter = 0.86; Spannweite = 7 – 12 Jahre und 47 % Mädchen.
Fragebogen Zur Messung der motivationalen Regulation wurde der Be havioural Regulations in Exercise Questionnaire (BREQ ; Mullan, Markland & Ingledew, 1997), durch die forwardbackward Methode ins Deutsche übersetzt. In Anlehnung an Sebire und Kollegen (2013) wurde der Fragebogen sprachlich vereinfacht und gekürzt, sodass intrinsische Mo tivation, identifizierte, introjizierte und externale Regulation mit jeweils drei Items erfragt wurden1. Der BREQ zeigt bis her einen akzeptablen Fit bei Stichproben ab dem Adoles zenzalter (Gillison et al., 2006). Für Kinder unter 12 Jahren weist er Schwächen in der internen Konsistenz der introji zierten Regulation auf (Sebire et al., 2013). Reliabilitäts analysen zeigen für die Variable Intrinsische Motivation
Integrierte Regulation wurde nicht gemessen, da sie eine weiterentwickelte Form der Motivation ist, die bei Kindern im vorliegenden Alter in der Regel nicht gezeigt wird (Sebire et al., 2013). Ebenso wurde Amotivation nicht erhoben, da sie nicht der Frage nach dem Grad der Selbstbestimmung nachgeht, sondern vielmehr beschreibt, ob eine Person überhaupt in einer Tätigkeit motiviert ist (Sebire et al., 2013). Das ist nicht der Punkt in dieser Arbeit.
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einen Wert von Cronbach’s Alpha = .87. Die drei anderen Regulationen wurden für die Vollständigkeit der Regula tionen gemessen, sind aber für alle vier Hypothesen ent behrlich, da Selbstbestimmung nach Deci und Ryan (1985) hauptsächlich durch intrinsische Motivation determiniert wird (Identifizierte Regulation Cronbach’s Alpha = .70; intro jizierte Regulation Cronbach’s Alpha = .56; externale Regula tion Cronbach’s Alpha = .46). Die Items zum Messen der psychologischen Bedürfnis befriedigung wurden ebenfalls von Sebire et al. (2013) übernommen und ins Deutsche mit der forward-backward Methode übersetzt. Die Variable Autonomie besteht aus fünf Items (bspw., „Ich kann entscheiden, welche körper lichen Aktivitäten / Sportarten ich machen will“, Cronbach’s Alpha = .65). Kompetenz wurde mit fünf Items erhoben (bspw., „Wenn es darum geht, ein sportliches Spiel zu spielen, glaube ich, dass ich ziemlich gut bin“, Cronbach’s Alpha = .83) und soziale Eingebundenheit wurde mit sechs Items ge messen (bspw., „Ich habe das Gefühl, dass ich Teil eines Teams bin“, Cronbach’s Alpha = .79). Darüber hinaus wurde ein Test auf Normalverteilung der Daten nach Shapiro-Wilk gerechnet. Intrinsische Motivation (p < .001), Autonomie (p < .001), Kompetenz (p < .001) und soziale Eingebundenheit (p < .001) wiesen alle nicht normalverteilte Daten auf. Insbesondere die Variable intrinsische Motivation wies bei 52 % der Proban den einen maximalen Wert von 4 auf. Es wurde nach Aus reißern gesucht, die eine Abweichung größer als drei Stan dardabweichungen aufweisen. Die daraus entstandene Gruppe von fünf Probanden wurde nicht aussortiert, da davon ausgegangen wird, dass sie die Items verstanden haben und ihre Angaben wahrheitsgemäß sind. Alle Items wurden positiv formuliert und auf einer 5-Punkt-Likert-Skala (0 = „nie“ über 2 = „manchmal“ bis 4 = „immer“) beantwortet. Zusätzlich zu diesem norma len Antwortformat wurden kindgerechte Smileys als Skala eingesetzt, sodass freundliche Smileys „immer“, neutrale Smileys „manchmal“ und traurige Smileys „nie“ symboli sierten (s. Dreiskämper et al., 2015). Als soziodemografi sche Daten wurden Alter und Geschlecht erfasst. Um kindliches Sporttreiben zu erheben, wurde nach einer Sportvereinsmitgliedschaft und der zugehörigen Sportart gefragt. Der Aufwand körperlicher und sportlicher Aktivi tät außerhalb eines Sportvereins wurde nicht erhoben.
Ablauf Der Fragebogen wurde – nach dem Erteilen eines elter lichen Einverständnisses – während des Sportunterrichts 2
Tabelle 1. Übersicht der Gruppen, sortiert nach Besuchsanteil der Sportarten Gruppe
Anzahl
Alter in Jahren
Anteil Mädchen
Keine Sportart
38
10.53
58 %
Randsportart
32
10.09
53 %
Andere Sportart
104
10.48
70 %
Fußball
69
10.84
9 %
Dopplung*
9
9.67
0 %
Anmerkungen: *Diese Gruppe wird hier der Vollständigkeit halber aufgeführt und spielt in der statistischen Analyse nur für das Strukturgleichungsmodell eine Rolle.
oder in der darauffolgenden Woche im Sportverein ausge füllt. Für die Analyse der Daten wurde Sportpartizipation durch die Erstellung von fünf Gruppen operationalisiert. Die erste Gruppe besteht aus Kindern, die keinen Sport in einem Verein treiben. Die zweite Gruppe bilden Kinder, die Mitglied in einem Sportverein sind, in dem eine Randsportart ausgeübt wird. Um Sportarten mit geringem Besuchsanteil in der gleichaltrigen Bevölkerung als Randsportart zu definieren, wurde sich am Mitgliederbe stand des DOSB (2016) orientiert2. Zu jeder Sportart, die im DOSB zusammengefasst ist, wurde geschlechtsspezi fisch ausgerechnet, wie groß der prozentuale Anteil der Mitgliederzahlen im Vergleich zur Gesamtheit ist. Insge samt weist die Sportart Fußball den höchsten Besuchs anteil auf. Bei einem geschlechtsspezifischen Anteil von unter 2 % wurde die Sportart zu Randsportarten gezählt. In Gruppe 3 sind alle Kinder, die weder Fußball im Ver ein spielen noch eine Randsportart ausüben, aber den noch Sport im Sportverein treiben (bspw. Handball). Kinder, die Fußball in einem Verein spielen, werden in Gruppe 4 sortiert. Es kam auch zu Dopplungen bei der Vereinsmitgliedschaft bei Fußball und Randsportart. Die se Kinder wurden in Gruppe 5 sortiert und nur für die Un tersuchung des Model Fits für Hypothese 1 einbezogen (Tab. 1).
Datenanalyse Die Daten wurden mit Hilfe von SPSS v25 und SPSS AMOS v25 ausgewertet. Für die Analyse der Haupthypothese, ob die Ergebnisse dieser Stichprobe in Bezug zur SDT valide sind, wird ein SEM aufgestellt. Darin stellen die drei Basis bedürfnisse die Prädiktoren für das Kriterium intrinsische Motivation dar.
Beim DOSB werden die Mitgliedsdaten der Kinder im Alter von 7 bis 14 Jahren zusammen angegeben. Dieses Alter stimmt nicht mit der hier gemessenen Gruppe überein, weshalb die Zuordnung Limitationen aufweist.
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Bei der Auswertung deskriptiver Daten wurde fest gestellt, dass die Mittelwerte der Variablen intrinsische Motivation, Autonomie, Kompetenz und soziale Einge bundenheit entlang der Sportgruppen genau entgegenge setzt zu den Erwartungen lagen. Die ANOVA, um grup penspezifische Unterschiede der intrinsischen Motivation und der drei Basisbedürfnisse zu ermitteln, wurde den noch gerechnet, da die ANOVA nicht von einem Reihen folgeneffekt betroffen ist. Entgegen der dritten Hypo these w erden die ursprünglichen drei Kontraste wie folgt umgestellt: Im ersten Schritt werden sporttreibende Kinder im Verein mit Kindern ohne Vereinsmitgliedschaft gegen übergestellt. Darauf aufbauend sollen im zweiten Schritt Kinder, die eine Randsportart im Verein ausüben gegen alle anderen Kinder, die Sport im Verein betreiben, ver glichen werden und im letzten Schritt Kinder, die Fußball im Verein spielen, gegen alle anderen Kinder mit Mit gliedschaft im Sportverein, außer Randsportarten über gestellt werden.
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Ergebnisse Prüfung des theoretischen Modells der SDT im Kindesalter Ein theoriegeleitetes SEM weist einen akzeptablen Model Fit auf, χ2 (147) = 337.703, p < .001; CFI = .893; RMSEA = .072. Dieser Fit wurde zum Anlass genommen, das Modell zu überarbeiten. Die latenten Variablen Kompetenz, Autono mie und soziale Eingebundenheit wurden hinsichtlich einer Verbesserung geprüft, wobei drei Items aufgrund schwacher Pfadgewichte ausgeschlossen wurden. Eines davon gehörte zum Bedürfnis nach sozialer Eingebundenheit (β < .35), die beiden anderen zum Bedürfnis nach Autonomie (β < .50). Der Model Fit erhöht sich durch die Reduzierung der Items, sodass das angepasste Modell einen guten Model-Fit auf weist (Abb. 1; χ2 (99) = 178.437, p < .001; CFI = .950; RMSEA = .057). Durch Überprüfung des Models kann Hypothese 1 folglich für diese Altersgruppe beibehalten werden.
Abbildung 1. Standardisierte Koeffizienten im SEM zwischen den drei psychologischen Basisbedürfnissen Autonomie (AUT), Kompetenz (COM) und soziale Eingebundenheit (REL) und intrinsischer Motivation (IM). © 2019 Hogrefe Verlag
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Sportbedingte Unterschiede der Selbstbestimmung Für intrinsische Motivation (F(3, 239) = 8.58, p < .001, ω = .29), Befriedigung der Autonomie (F(3, 239) = 4.95, p = .002, ω = .22), Kompetenz (F(3, 239) = 11.33, p < .001, ω = .34) und soziale Eingebundenheit (F(3, 239) = 10.94, p < .001, ω = .33) gibt es gruppenspezifische Unterschiede zwischen den Sportarten. Somit fällt auf, dass das allge meine lineare Modell für alle vier Variablen signifikante Effekte zugunsten der Kinder in Sportvereinen aufweist. Eine zusätzlich gerechnete MANOVA mit allen vier Varia blen offenbart ebenfalls eine Signifikanz in der Aufteilung nach Sportgruppen, aber nur einen geringen Effekt nach der Pillai-Spur (V = .19, F(12, 714) = 4.04, p < .001, r = .25). Um Unterschiede zwischen Kindern mit und ohne Ver einsmitgliedschaft genauer zu untersuchen, wurden die Kontrastergebnisse näher analysiert. Hier zeigt sich, dass, wie in der ANOVA, beide Gruppen, mit und ohne Mitglied schaft, signifikant unterschiedlich entlang intrinsischer Motivation (t(1.39) = 4.06, p < .001, r = .26), Autonomie (t(0.70) = 2.30, p = .026, r = .15), Kompetenz (t(1.64) = 4.01, p < .001, r = .26) und sozialer Eingebundenheit (t(1.41) = 4.20, p < .001, r = .27) sind. Insgesamt kann Hy pothese 2 somit beibehalten werden. Hypothese 3 lautete, dass fußballspielende Kinder (d. h., stark besuchte Sportart) innerhalb der sporttreibenden Kinder die geringste Selbstbestimmung aufweisen, gefolgt von Kindern aus allen anderen Sportarten außer Randsportarten und zuletzt Kinder aus Randsportarten. Ein Blick auf die Mittelwertgrafik (Abb. 2) und die zugehö rige Tabelle 2 offenbart jedoch, dass tendenziell Kinder aus Randsportarten am geringsten selbstbestimmt und bedürfnisbefriedigt sind, danach Kinder aus allen anderen Sportarten und letztlich Kinder mit Mitgliedschaft im Fußballverein. Hypothese 3 wird somit verworfen. Den noch wurde weiterhin untersucht, ob andersartige sport artspezifische Unterschiede vorliegen. Somit unterschei den sich im zweiten Kontrast Kinder aus Randsportarten in Kompetenz (t(0.43) = 2.10, p = .041, r = .14) und sozialer
Eingebundenheit (t(0.59) = 2.44, p = .015, r = .16) von Kindern aus allen anderen Sportarten, aber nicht in der intrinsischen Motivation (t(0.16) = 0.80, p = .428, r = .05) und Autonomie (t(0.24) = 1.60, p = .117, r = .11). Im letzten Kontrast zeigen fußballspielende Kinder gegenüber Kin dern aus anderen häufig besuchten Sportarten höhere Werte bei der erfahrenen Kompetenz (t(0.23) = 2.57, p = .011, r = .17) und der sozialen Eingebundenheit (t(0.26) = 2.66, p = .008, r = .17).
Diskussion Eines der wichtigsten Ziele dieser Arbeit war eine Über prüfung des Zusammenhangs zwischen psychologischer Bedürfnisbefriedigung und intrinsischer Motivation, also Selbstbestimmung. Dies konnte durch das Strukturglei chungsmodell für Kinder im Alter von durchschnittlich 10 Jahren bestätigt werden. Ebenso zeigen sich in der Unter scheidung zwischen Kindern mit und ohne Vereinsmitglied schaft signifikante Unterschiede mit moderatem Effekt so wohl in der Befriedigung der psychologischen Bedürfnisse als auch in intrinsischer Motivation. Dieser Befund schließt sich vorherigen Forschungsarbeiten zur Self-Determination Theory in Bezug zu körperlicher Aktivität an (Sebire et al.,
Abbildung 2. Mittelwerte der intrinsischen Motivation, Autonomie, Kompetenz und sozialen Eingebundenheit, sortiert nach Gruppen.
Tabelle 2. Mittelwerte und Standardabweichungen der intrinsischen Motivation, Autonomie, Kompetenz und Sozialen Eingebundenheit nach Besuchsgrad der Sportart Intrinsische Motivation
Autonomie
Kompetenz
Soziale Eingebundenheit
Gruppe
N
M
SD
M
SD
M
SD
M
SD
Keine Sportart
36
3.15
0.667
3.44
0.597
2.51
0.801
2.63
0.602
Randsportart
64
3.56
0.525
3.60
0.395
2.92
0.513
2.90
0.631
Andere Sportart
95
3.62
0.517
3.67
0.394
3.01
0.650
3.07
0.573
Fußball
32
3.67
0.491
3.76
0.337
3.25
0.536
3.32
0.659
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J. Beck und D. Dreiskämper, Selbstbestimmte Motivation im späten Kindesalter
2013; Standage, Duda, & Ntoumanis, 2005; Zhang et al., 2011). Letztlich ist die Unterscheidung zwischen sport treibenden Gruppen in allen vier abhängigen Variablen durchwachsen und nicht eindeutig unterscheidbar. Es wurde der gegensätzlich erwartete Gruppeneffekt beobach tet, nämlich eine in der Tendenz höhere Bedürfnisbe friedigung und intrinsische Motivation von fußballspielen den Kindern gegenüber allen anderen Kindern. Ebenfalls ist der Trend zu erkennen, dass Kinder in Randsportarten eher gering psychologisch befriedigt werden.
Messbarkeit der Selbstbestimmung im Kindesalter Zu Beginn dieses Artikels wurde diskutiert, ob Kinder im späten Kindesalter durch die Erhebung mittels Frage bogen ebenso sichere und aussagekräftige Ergebnisse lie fern können, wie es in zahlreichen Studien von Adoleszen ten und Erwachsenen der Fall ist (Gillison et al., 2006; Standage, Gillison, Ntoumanis & Treasure, 2012; Wilson et al., 2003). Die Kenndaten des Strukturgleichungsmo dells sprechen dafür, dass auch im späten Kindesalter die drei Basisbedürfnisse als Prädiktoren für intrinsische Mo tivation fungieren. Damit wird auch an die Erkenntnisse von Deci und Ryan (2000) angeknüpft, die einen altersun abhängigen Zusammenhang zwischen Basisbedürfnissen und Motivation sehen. Das erste Model zeigt einen moderaten Model Fit, da dort alle Items verwendet wurden. Zwei Items der latenten Variable Autonomie und ein Item der Variable soziale Ein gebundenheit wiesen im Vergleich zu den anderen Variab len niedrige Ladungen von β < .35 und β < .50 auf. In ande ren Arbeiten zeigen konfirmatorische Faktorenanalysen (Mullan et al., 1997), dass die drei Basisbedürfnisse distinkt sind und die Items bei älteren Stichproben ungefähr gleich groß auf die Variablen laden. Ein Grund für die schlechten Koeffizienten könnte die Formulierung der Items sein. Es besteht die Vermutung, dass die Items trotz Vereinfachung schwierig für Kinder zu verstehen sind. So können zufällig, und nicht aufgrund der unabhängigen Variablen, Wörter wie teilweise im Item „Ich kann teilweise wählen, welche körperlichen Aktivitäten / Sportarten ich machen will.“ bei der Beantwortung unterschiedlich stark ins Gewicht fallen. Bei dem Item „Ich werde durch andere mit einbezogen.“, das ebenfalls im SEM ausgeschlossen wurde, könnte ein man gelndes Verständnis des Items der Grund für einen unge wöhnlich niedrigen Koeffizienten sein. Das Item „Ich kann entscheiden, welche körperlichen Aktivitäten / Sportarten ich machen will.“ liefert zwei mögliche Betrachtungen des Items. Zum einen können Probanden körperliche Aktivität in den Vordergrund stellen, zum anderen Sportarten. Dies könnte insgesamt für eine inkonsistente Beantwortung der © 2019 Hogrefe Verlag
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Items geführt haben (s. Greve, 2007, S. 306). Die Komplexi tät sowie die teilweise doppeldeutigen Formulierungen der Items legen für nachfolgende Untersuchungen nahe, auf einfachere Formulierungen und eine höhere Trennschärfe in den einzelnen Items zu achten. Die Beschreibung des Fragebogens in der Methode auf greifend, könnte der Deckeneffekt der intrinsischen Moti vation (52 % der Stichprobe mit maximalem Wert) durch eine Linksschiefe der Selbsteinschätzung in diesem Alter erklärt werden (s. Sallis et al., 1996). Darüber hinaus scheint es auch insgesamt tendenziell inkonsistente Er gebnisse über valide Aussagen im Kindesalter zu geben (Telford, Salmon, Jolley & Crawford, 2004). Deshalb ist es unwahrscheinlich, dass durch den Einsatz kindgerechter Smileys eine Verzerrung in der Beantwortung stattgefun den hat (Validierung s. Dreiskämper et al., 2015).
Sportbedingte Unterschiede Nachdem erfolgreich gezeigt wurde, dass die SDT auch bei Kindern im späten Kindesalter mittels Fragebögen valide gemessen werden kann, ist die Überprüfung sport bezogener Aspekte im Hinblick auf unterschiedliche Bedürfnisbefriedigungen interessant. Bisher wurde sich häufig auf die Dauer des Sporttreibens (Sebire et al., 2013), auf autonomieunterstützendes Klima (Lim & Wang, 2009; Ntoumanis, 2001) und Trainer oder Lehrer (Zhang et al., 2011) als Prädiktoren psychologischer Bedürfnisbefriedi gung und Motivation bezogen. Alle diese Arbeiten können zeigen, dass durch eine Erhöhung des Zeitaufwandes in sportlichen Aktivitäten und durch das autonomieunter stützende Klima psychologische Bedürfnisse und Motiva tion erhöht werden. Schaut man sich Determinanten des Sporttreibens bei Kindern an, ist eine Erhöhung der erwähnten Faktoren in teressant, um Kinder in Sportvereinen zu behalten oder allgemein die Persistenz im Sporttreiben zu erhöhen. Die SDT, die vorrangig die Motivation in Aktivitäten be schreibt, scheint unter anderem aufgrund der genannten Arbeiten ein geeignetes Mittel zu sein. Diese Arbeit kann aufgrund der Parallelität zu zuvor be schriebenen Erkenntnissen – bspw. die Länge des Sport treibens – an diese anschließen. Insbesondere die zweite Hypothese, dass Kinder mit Sportvereinsmitgliedschaft höhere Werte in den Skalen der psychologischen Basisbe friedigungen aufweisen und eine höhere intrinsische Mo tivation aufweisen als Kinder ohne Mitgliedschaft, zeigt, dass die Mitgliedschaft für Unterschiede in diesen Variab len sorgt. Da die psychologische Bedürfnisbefriedigung laut Deci und Ryan (1985) dafür verantwortlich ist, dass Menschen Tätigkeiten gern ausführen, ist dieses Ergebnis Zeitschrift für Sportpsychologie (2019), 26 (1), 3–14
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konsequent: Kinder, die Sport in einem Verein treiben, trainieren häufiger und treiben tendenziell mehr Sport als Kinder ohne Mitgliedschaft. Wenn ihre Bedürfnisse weni ger befriedigt würden, als die von Kindern ohne Mitglied schaft, wäre es widersprüchlich, dass sie noch an Sport in einem Verein teilnehmen. Unter den Ergebnissen sportartbedingter Unterschie de in der Bedürfnisbefriedigung muss die Hypothese, dass Kinder in Randsportarten mehr Autonomieunter stützung erfahren und deshalb selbstbestimmter agieren, verworfen werden. Offensichtlich überdecken Faktoren, die in bekannten Sportarten auftreten, autonomieunter stützende Kräfte, die in Randsportarten vermutet wur den. Fußballspielende Kinder weisen nämlich eine höhe re Autonomie, Kompetenz und soziale Eingebundenheit auf als Kinder, die andere Sportarten im Verein ausüben. Bisherige Studien konzentrieren sich in der Erklärung der Sportbeteiligung vor allem auf Beeinflussungen durch Eltern (Schoeppe, Leirsch, Röbl, Krauth & Walter, 2016), Gleichaltrige und Geschwister (Tietjens & Hoffmann, 2008). Studien zeigen aber auch, dass Nationalität, Geschlecht und sozioökonomischer Status die Sport partizipation beeinflussen (Breuer, Hallmann & Wicker, 2011). Problematisch ist hierbei die Sichtweise auf die Sportpartizipation, die je nach Studie und Land unter schiedlich definiert ist (Breuer et al., 2011). Diese Fakto ren wurden in der vorliegenden Studie nicht kontrolliert, was eine Limitation darstellt. Dagegen kann hier auf grund der Erhebung in Deutschland die Vereinsmitglied schaft als eindeutiger Indikator des Sporttreibens heran gezogen werden (Kurz & Tietjens, 2000). Über den Einfluss der Beteiligung in der gleichaltrigen Bevölke rung auf die Befriedigung psychologischer Bedürfnisse kann auch in dieser Untersuchung nur spekuliert werden. Einige der oben genannten Faktoren erscheinen im Hin blick auf unterschiedliche psychologische Bedürfnisbe friedigung sinnvoll. So könnten beispielsweise Eltern und sozioökonomischer Status einen Einfluss auf die Wahl der Sportart aufgrund der Beteiligung in der gleich altrigen Bevölkerung haben. Insgesamt besteht in der Frage des qualitativen Elterneinflusses auf das Sporttrei ben, also darauf, welche Sportart und was für Kategorien von Sportarten durch die Kinder ausgeübt werden, noch ein großes Forschungsdesiderat. So liegen beispielsweise keine aktuellen Studien darüber vor, wie hoch mögliche Reproduktionsquoten (im Sinne von Kinder von Fuß ballern werden Fußballer, Kinder von Eltern, die in Randsportarten aktiv sind, werden auch diese Sportart ausüben, etc.) vor. Mit solchen Ergebnissen könnte ge schlussfolgert werden, in welchem Zusammenhang psy chologische Bedürfnisbefriedigung, Wahl und Persistenz in der Sportart zueinanderstehen und warum der Besuchsanteil in der Sportart offenbar eine Rolle spielt. Zeitschrift für Sportpsychologie (2019), 26 (1), 3–14
Ein anderer wenig untersuchter Anhaltspunkt für die Er klärung der Unterschiede in Sportarten aufgrund des Be suchsanteils könnte neben Eltern, Gleichaltrigen und Ge schwistern die Beliebtheit der Sportart in der allgemeinen Bevölkerung oder die Wohnortnähe zum Sportverein sein. So sind Sportarten, die viel besucht sind, populärer als Sportarten, die so gut wie gar nicht besucht werden. Fuß ball wäre demnach die beliebteste Sportart in der allgemei nen Bevölkerung, da sie am meisten ausgeübt wird. Des halb könnten beliebte Sportarten aufgrund der Häufigkeit und deshalb im Schnitt aufgrund der Wohnortnähe bevor zugt behandelt werden. Hierzu fehlen gegenwärtig fun dierte Untersuchungen, die den Besuchsanteil einer Sport art mit ihrer Beliebtheit in Verbindung setzen und die Beliebtheit in Verbindung mit bedürfnisunterstützenden Faktoren, z. B. autonomieunterstützendes Klima, setzen.
Limitationen Diese Studie kann nur beschränkt zu kausalen Schlüssen herangezogen werden. Zwar liefert das SEM einen guten Model Fit und die Daten fügen sich gut in den aktuellen Forschungsstand. Dennoch kann wegen des querschnittli chen Designs dieser Studie nur eine theoretische Kausalität hergestellt werden. Ebenso kann diese Studie keine Er kenntnisse über die Wirkung der psychologischen Bedürf nisbefriedigung als Prädiktor für die Persistenz, Sport zu treiben, liefern. Hierbei muss auch erwähnt werden, dass Sportpartizipation lediglich durch Mitgliedschaft in einem Sportverein erhoben worden ist, sodass Aspekte, wie infor melles Sporttreiben, bei dem nicht selten auch klassische Sportarten ausgeübt werden, Sportangebote außerhalb von Vereinen (wie beispielsweise in Tanz- oder Ballettschulen) oder körperliche Aktivität außerhalb des Sports die Ergeb nisse verfälschen könnten. Längsschnittstudien sollten sich daher mit der Persistenz im Sportverein, des zeitlichen Auf wands von sportlicher Aktivität und den psychologischen Bedürfnisbefriedigungen als mögliche reziproke Bedin gungsfaktoren für einander beschäftigen. Eine statistische Schwierigkeit stellt die Verteilung der Daten in der intrinsischen Motivation dar. Auffällig viele Kinder gaben an, intrinsisch motiviert Sport zu treiben. Deshalb war die 5-Punkt-Likert Skala (0 bis 4) insgesamt extrem hoch bewertet. Von der absoluten Stichproben größe (N = 252) waren 131 Kinder maximal intrinsisch motiviert. Eine mögliche Erklärung für einen derart hohen Anteil liegt in der Tatsache, dass 214 Kinder Sport in einem Sportverein treiben. Aufbauende Arbeiten könnten sich damit beschäftigen, Items für sporttreibende Kinder zu entwickeln, sodass eine Normalverteilung der Daten wahrscheinlicher ist. © 2019 Hogrefe Verlag
J. Beck und D. Dreiskämper, Selbstbestimmte Motivation im späten Kindesalter
Um letztlich eine Aussage über einzelne Sportarten zu treffen, reicht die hier vorliegende Analyse nicht aus, da sie Sportarten je nach Besuchsanteil in der kindlichen Be völkerung zusammenfasst. Dennoch wird ein Schritt in diese Richtung gesetzt, da die Sportart Fußball separat be trachtet wird. Vor allem zur Sportartauswahl und -persis tenz wären in der Zukunft detailliertere Untersuchungen, die sich auf einzelne Sportarten beziehen und Faktoren, wie Beliebtheit der Sportart in der Bevölkerung miteinbe ziehen, wünschenswert.
Fazit Zusammenfassend zeigt diese Studie, dass eine Frage bogenerhebung der Selbstbestimmung und der psychologi schen Bedürfnisbefriedigung bei Kindern im Alter von 8 – 12 Jahren valide durchführbar ist. Die Ergebnisse des Struktur gleichungsmodells belegen darüber hinaus den von Deci und Ryan (2000) prognostizierten Zusammenhang zwi schen Bedürfnisbefriedigung und intrinsischer Motivation. Bisherige Forschung von Sebire et al. (2013) aufgreifend können auch Effekte des Sporttreibens auf die psychologi sche Bedürfnisbefriedigung und intrinsische Motivation bestätigt werden. So wird festgestellt, dass eine Vereins mitgliedschaft einen positiven Einfluss auf die Bedürfnis befriedigung und die intrinsische Motivation hat. Durch die Betrachtung der Sportvereinsmitgliedschaft nach dem Besuchsanteil innerhalb der Bevölkerung, lässt sich grob festhalten, dass Kinder mit Partizipation in einem Fußball verein eine teilweise höhere psychologische Basisbedürf nisbefriedigung aufweisen als Kinder in Randsportarten und anderen Sportarten. Interessant dabei ist die Betrach tung der Vereinsmitgliedschaft im Hinblick auf das Sport treiben (Kurz & Tietjens, 2000) als Prädiktor und nicht als Kriterium, wie es in bisherigen Studien häufig der Fall war (Ntoumanis, 2001; Sebire et al., 2013; T eixeira et al., 2012).
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Dr. Dennis Dreiskämper Westfälische Wilhelms-Universität Münster Institut für Sportwissenschaft Arbeitsbereich Sportpsychologie Horstmarer Landweg 62 b 48149 Münster dreiskaemper@uni-muenster.de
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Zeitschrift für Sportpsychologie (2019), 26 (1), 3–14
© 2019 Hogrefe Verlag
Originalarbeit
REFS-D: Eine deutschsprachige Skala zur Erfassung der Schiedsrichterselbstwirksamkeit Sarah Labudek1, Geoffrey Schweizer1, Anika Roth1, Alexandra Pizzera2, Henning Plessner1 und Ralf Brand3 Institut für Sport und Sportwissenschaft, Universität Heidelberg Deutsche Sporthochschule Köln 3 Sportpsychologie, Universität Potsdam 1 2
Zusammenfassung: Ziel des vorliegenden Artikels ist die teststatistische Überprüfung und Validierung einer deutschsprachigen Version der Referee Self-Efficacy Scale (REFS). Die REFS erfasst im englischsprachigen Original die Selbstwirksamkeit von Schiedsrichterinnen und Schiedsrichtern mit den Subskalen Wissen über das Spiel, Entscheidungsfindung, Druck und Kommunikation. Die Items wurden mit Hilfe der Übersetzung-Rückübersetzung ins Deutsche übertragen. Die Struktur und die psychometrischen Eigenschaften der deutschen Items wurden anhand einer Stichprobe aus 265 deutschsprachigen Fußballschiedsrichterinnen und -schiedsrichtern überprüft. Da die im englischsprachigen Original vorgeschlagene Skalenzuordnung der REFS nach der Übersetzung ins Deutsche nicht replizierbar war, wurden Items mit mangelhaften Skaleneigenschaften aus der deutschsprachigen REFS-Version (REFS-D) ausgeschlossen. Das Resultat der Analysen ist eine Skala mit acht Items, die sich drei Subskalen, Spielumsetzung, Druck und Kommunikation, zuordnen lassen. Die REFS-D weist zufriedenstellende interne Konsistenzen und signifikante mittelhohe Korrelationen mit allgemeiner Selbstwirksamkeit auf. Trotz einiger Einschränkungen stellt die REFS-D als ökonomische Skala einen Ansatzpunkt für zukünftige Forschung dar. Schlüsselwörter: Refficacy, Schiedsrichterentscheidungen, Selbstwirksamkeit, Faktorenanalyse
REFS-D: A German Scale for Assessing Referee Self-Efficacy Abstract: The purpose of the present article was to evaluate statistically and validate a German version of the Referee Self-Efficacy Scale (REFS). The English REFS assesses referee self-efficacy and consists of the scales Game Knowledge, Decision-Making, Pressure, and Communication. Data from 265 soccer referees was used to evaluate the structure and psychometric properties of the German items. Since we could not replicate the original dimension structure, we excluded items from the German REFS (REFS-D) that showed poor item characteristics. Analyses resulted in a short REFS-D consisting of eight items, subdivided into three dimensions: game realization, pressure, and communication. Results show acceptable internal consistencies. All three subscales of the REFS-D showed significant moderate correlations with general self-efficacy. Despite some limitations, the REFS-D represents an economic questionnaire and starting point for future research. Keywords: refficacy, referees’ decisions, self-efficacy, factor analysis
Schiedsrichterinnen und Schiedsrichter müssen während eines Wettkampfes anspruchsvolle Aufgaben bewältigen, zum Beispiel müssen sie bei hoher körperlicher Belastung Spiel und Spielerverhalten kontinuierlich beurteilen und in Bahnen leiten, schnelle Entscheidungen treffen sowie ihre Entscheidungen an Spielbeteiligte und Zuschauende kommunizieren (Guillén & Feltz, 2011; Mascarenhas, O’Hare & Plessner, 2006). Gleichzeitig werden Schieds richterleistungen oftmals kritisiert, weshalb Schiedsrich terinnen und Schiedsrichter in der Lage sein müssen, zu jeder Zeit ihre Entscheidungen zu begründen. Um ihren Aufgaben erfolgreich nachkommen zu können, sollten © 2019 Hogrefe Verlag
Schiedsrichterinnen und Schiedsrichter daher über eine hohe Selbstwirksamkeit verfügen. Nach Bandura (1997) beschreibt das Konstrukt der Selbstwirksamkeit die Überzeugung einer Person, eine be stimmte Aufgabe erfolgreich zu meistern. Eine hohe bzw. niedrige Selbstwirksamkeit beeinflusst nicht nur das pro ximale Verhalten über motivationale, affektive und kogni tive Prozesse, sondern hat auch weitreichende Auswirkun gen. Zum Beispiel steht hohe Selbstwirksamkeit mit einem geringeren Empfinden von Angst und Depression in Ver bindung (Bandura & Locke, 2003). Verschiedene Studien fanden positive Assoziationen von Selbstwirksamkeit mit Zeitschrift für Sportpsychologie (2019), 26 (1), 15–24 https://doi.org/10.1026/1612-5010/a000256
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Leistung (Haney & Long, 1995; Hepler & Chase, 2008; Stajkovic & Luthans, 1998) und Anstrengung (Hutchinson, Sherman, Martinovic & Tenenbaum, 2008). Aufgrund dieser Befunde liegt es nahe, dass die Selbstwirksamkeit von Schiedsrichterinnen und Schiedsrichtern einen maß geblichen Beitrag zur Erfüllung ihrer anspruchsvollen Auf gaben leistet. Selbstwirksamkeit spielt auch im gesamten sportlichen Leistungskontext eine wichtige Rolle (Moritz, Feltz, Fahrbach & Mack 2000), wurde aber bislang häufig eher bei Athletinnen und Athleten (Sullivan & Kent, 2003) oder Trainerinnen und Trainern (Myers, Feltz, & Wolfe, 2008) untersucht.
Die Schiedsrichterselbstwirksamkeit Guillén und Feltz definieren die Schiedsrichterselbstwirk samkeit als „das Ausmaß, zu dem eine Schiedsrichterin bzw. ein Schiedsrichter glaubt, dass er oder sie die Fähig keit hat, erfolgreich in einem Wettkampf tätig zu sein“ (Guillén & Feltz, 2011, S. 1). Im Englischen wurde für Schiedsrichterselbstwirksamkeit der Begriff „Refficacy“ („referee“ und „self-efficacy“) eingeführt (Guillén & Feltz, 2011, S. 1). Im konzeptuellen Modell von Guillén und Feltz (2011) umfasst Refficacy sechs Dimensionen, basierend auf den theoretischen Grundlagen zu Selbstwirksamkeit allge mein (Bandura, 1977, 1997), anderen Selbstwirksamkeits konzepten im Sport (Feltz, Short & Sullivan, 2008), bereits bestehenden Messinstrumenten (Sources of Sport Confi dence Questionnaire, SSCQ ; Vealey, Hayashi, GarnerHolman & Giacobbi, 1998) und Gesprächen mit männ lichen Fußballschiedsrichtern. Die Dimension Wissen über das Spiel (game knowledge) beinhaltet das Wissen über die physischen, taktischen und technischen Aspekte des Spiels. Strategische Fähigkeiten (strategic skills) bezieht sich auf die Fähigkeit, richtige Schlüsse hinsichtlich der Posi tion und der Laufwege während des Spiels zu ziehen. Die Dimension Entscheidungsfindung (decision making) bildet sowohl die Schnelligkeit und Genauigkeit, mit der Ent scheidungen über das Spiel getroffen wurden, als auch die Sicherheit, die über die Richtigkeit der Entscheidung bei den Schiedsrichterinnen und Schiedsrichtern besteht, ab. Die Dimension Psychologische Fähigkeiten (psychological skills) umfasst den Aufmerksamkeitsfokus und die Kon zentration, die Emotionsregulation, das Coping sowie die Zielsetzung und Motivation. Kommunikation / Spielkont rolle (communication / control of game) beinhaltet die effektive Kommunikation mit diversen Spielbeteiligten, z. B. Spielerinnen und Spielern, Trainerinnen und Trainern sowie anderen Offiziellen. Körperliche Fitness (physical fitness) bezieht sich auf das Zurechtkommen mit den physischen Anforderungen eines Spiels. Zeitschrift für Sportpsychologie (2019), 26 (1), 15–24
S. Labudek et al., REFS-D: Skala zur Schiedsrichterselbstwirksamkeit
Die Referee Self-Efficacy Scale (REFS): Eine Skala zur Erfassung der Schieds richterselbstwirksamkeit Myers, Feltz, Guillén und Dithurbide (2012) konstruierten anhand der Dimensionen von Guillén und Feltz (2011) die Referee Self-Efficacy Scale (REFS). Die Dimensionen „ psychologische Fähigkeiten“ und „Kontrolle über das Spiel“ wurden auf Basis von Ergebnissen einer Fokusgrup pe bei der Fragebogenentwicklung der REFS zur Dimen sion „Druck“ (pressure) zusammengefasst (siehe Tab. 1 für Items und Skalen). Die Dimension „körperliche Fitness“ wurde von Myers et al. (2012) nicht in die Frage bogenkonstruktion miteinbezogen. Auf die Instruktion (hier in deutscher Übersetzung) „Hinsichtlich Ihrer Aufga ben als Schiedsrichterin oder Schiedsrichter, wie sicher sind Sie hinsichtlich Ihrer Fähigkeit …“ folgen dreizehn Items, die anhand eines fünfstufigen Antwort formates (Antwortkategorien: 1 = „wenig“, 3 = „mittel“, 5 = „sehr“; Kategorien 2 und 4 erhielten kein Label) beantwortet werden. Frühere Studien für Selbstwirksamkeits skalen mit fünfstufigen Antwortformaten fanden bereits zu friedenstellende psychometrische Eigenschaften (Myers, Wolfe & Feltz, 2005). Myers et al. (2012) führten zwei Stu dien mit insgesamt 1609 amerikanischen und spanischen Schiedsrichterinnen und Schiedsrichtern aus den Sport arten Fußball und Basketball durch und berichteten zu friedenstellende Ergebnisse zur Skalenqualität der REFS. Mit Hilfe von Strukturgleichungsmodellen wurden vier Faktoren ermittelt: Game Knowledge (Wissen über das Spiel), Decision Making (Entscheidungsfindung), Pressure (Druck) und Communication (Kommunikation). Die Items wurden zu entsprechenden Subskalen zusammengefasst, wobei einige Items mehreren Skalen zugeordnet wurden. Myers et al. (2012) berichten keine vollständige faktorielle Invarianz für die Sportart der teilnehmenden Schiedsrich terinnen und Schiedsrichter, das bedeutet, die Modell parameter unterscheiden sich teilweise zwischen unter schiedlichen Sportarten. Eine weitere Studie mit 456 Schiedsrichterinnen und Schiedsrichtern lieferte erste Hinweise zur Validität der REFS (Myers et al., 2012). Zur Überprüfung wurden die Quellen der Selbstwirksamkeit aus dem Souces of Sport-Confidence Questionnaire (Vealey et al., 1998) sowie Informationen zur Dauer der Schiedsrichtertätigkeit und zur höchsten Liga herange zogen. Sieben der acht möglichen Quellen, ausgenommen der sozialen Unterstützung, wiesen signifikante positive Zusammenhänge mit mindestens einer der REFS-Dimen sionen auf. Nach dem Aufruf von Guillén und Laborde (2015), die REFS auch in anderen L ändern und Kulturkrei sen zu validieren, entstanden eine türkische (Karaçam & Pulur, 2017a), spanische (Guillén, Feltz, Gilson & Dithurbi © 2019 Hogrefe Verlag
S. Labudek et al., REFS-D: Skala zur Schiedsrichterselbstwirksamkeit
de, in press), eine italienische (Diotaiuti, Falese, Mancone & Purromoto, 2017) und eine norwegische (Johansen, Ommundsen & Haugen, 2018) Version der REFS. Außer der Studie von Diotaiuti et al. (2017) lieferten alle Studien weitere Validitätshinweise. K araçam und Pulur (2017b) fanden in verschiedenen Stichproben, bestehend aus Fuß ball-, Handball- und Basket ballschiedsrichterinnen und -schiedsrichern, signifikante positive Korrelationen zwi schen den REFS-Dimensionen sowie dem REFS-Gesamt score einerseits mit Schiedsrichtererfahrung und gene reller Selbstwirksamkeit andererseits (erfasst durch die türkische Version der generellen Selbstwirksamkeitsskala von Schwarzer & Jerusalem, 1999). Johansen, Ommund sen und Haugen (2018) fanden zudem eine positive signi fikante Korrelation von Schieds richter selbstwirksamkeit mit positivem Affekt, was sich mit Befunden zur generellen Selbstwirksamkeit deckt (Bandura, 1977). Ziel der vorliegenden Forschung ist, eine deutsch sprachige Version der REFS für die Sportart Fußball zu er stellen (REFS-D), um sie für den deutschsprachigen Raum nutzbar zu machen. Dafür wird die REFS zunächst ins Deutsche übertragen. Anschließend wird geprüft, ob sich die Faktorenstruktur der REFS für die deutsche Version der Skala replizieren lässt. Falls dies nicht der Fall sein sollte, werden die genauen Itemeigenschaften detailliert betrachtet. Auf Basis der Ergebnisse werden daraufhin Items mit mangelhaften Eigenschaften aus der REFS-D ausgeschlossen. Außerdem werden, angelehnt an die oben beschriebenen Studien, Korrelationen mit einer Skala zur allgemeinen Selbstwirksamkeit (Schwarzer & Jerusalem, 1995, 1999) und die Dauer der Schiedsrichter tätigkeit für erste Validitätshinweise berechnet. Es ist ein positiver Zusammenhang der Schiedsrichterselbstwirk samkeit mit der allgemeinen Selbstwirksamkeit und der Dauer der Schiedsrichtertätigkeit zu erwarten.
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Datenerhebung Die Fragebögen wurden online dargeboten. Dies bietet den Vorteil eines geringen Zeit- sowie Kostenaufwands und erhöht zusätzlich die Reichweite der Befragung. Je doch kann die Datenqualität durch die fehlende Kontrolle der Erhebungssituation, Selektivität der Stichprobe und durch geringe Rücklaufquoten gemindert werden (vgl. Wright, 2005). Die Distribution des Links zur Befragung geschah über E-Mails von Kontaktpersonen aus dem Schiedsrichtersport. Schiedsrichter-Obleute unterstützten die Studie, indem sie den Link über die E-Mailverteiler ihrer Lehrgruppen verteilten. Außerdem wurde die Studie in entsprechenden Facebook-Gruppen beworben. Teil nehmende Schiedsrichterinnen und Schiedsrichter wur den gebeten, eine Einwilligungserklärung sowie 45 Items zu bearbeiten: Nach vier Fragen zur Person (Alter, Ge schlecht, Muttersprache und Bildungsstand) wurden die Charakteristika der Schiedsrichtertätigkeit (Sportart, eige ne aktive Ausübung der Sportart, Tätigkeit im Männeroder Frauensport, häufigste Altersklasse, Dauer, Inten sität, höchste sowie aktuelle Liga) erfasst. Anschließend wurde der Begriff Schiedsrichterselbstwirksamkeit ana Tabelle 1. Zuordnung der Items zu den Dimensionen der REFS vor Faktorenanalyse (Myers et al., 2012) Game Knowledge (GK): GK1: die grundlegende Spieltaktik zu verstehen GK2: alle Regeln des Spiels zu verstehen GK3: die angemessenen Schiedsrichtertechniken zu verstehen Decision Making (DM): DM1: kritische Entscheidungen während eines Spiels zu treffen DM2: schnelle Entscheidungen zu treffen1 DM3: sich Ihrer Entscheidung sicher zu sein1
Methode
Pressure (PR): PR1: unbeeinflusst vom Druck durch die Spieler_innen zu sein
Items REFS-D Die REFS wurde mittels der Methode der ÜbersetzungRückübersetzung ins Deutsche übersetzt. Zwei Personen mit Deutsch als Muttersprache übersetzten die Items der REFS in die deutsche Sprache. Eine Person mit Englisch als Muttersprache übersetzte die deutschen Items zurück in die englische Sprache. Ein Expertengremium, bestehend aus allen Übersetzerinnen und Übersetzern, Experten für sportpsychologische Schiedsrichterforschung sowie einem aktiven hochklassigen Schiedsrichter diskutierten die Er gebnisse und fanden Lösungen für noch offene Fragen. © 2019 Hogrefe Verlag
PR2: unbeeinflusst vom Druck durch die Zuschauer_innen zu sein PR3: unbeeinflusst vom Druck durch die Trainer_innen zu sein Communication (CM): CM1: effektiv mit den Trainer_innen zu kommunizieren CM2: effektiv mit anderen Schiedsrichter_innen zu kommunizieren CM3: effektiv mit Spieler_innen zu kommunizieren CM4: effektiv mit anderen Offiziellen zu kommunizieren Anmerkungen: Der Itemwortlaut entspricht der deutschen Übersetzung der Autorinnen und Autoren. 1Die Items DM2 und DM3 wurden in den englischen REFS von Myers et al. (2012) in umgekehrter Reihenfolge erfasst.
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S. Labudek et al., REFS-D: Skala zur Schiedsrichterselbstwirksamkeit
log zur Originalversion des Fragebogens kurz erläutert, „Schiedsrichter-Selbstwirksamkeit bezieht sich auf das Aus maß, zu dem Schiedsrichter_innen glauben, sie hätten die Fä higkeit, ihre Aufgaben erfolgreich auszuführen“. Wir erfass ten die 13 deutschsprachigen Items der REFS mit derselben Anweisung wie in der englischsprachigen Originalversion („Hinsichtlich Ihrer Hauptsportart, in der Sie als Schiedsrich ter_in fungieren, wie überzeugt sind Sie von Ihrer Fähigkeit …“) und verwendeten ebenfalls eine fünfstufige Likert-Skala, 1 („wenig“) bis 5 („sehr“). Auf der nächsten Seite des Onlinefragebogens wurden den Teilnehmerinnen und Teilnehmern zehn zusätzliche Items zur Schiedsrichter selbstwirksamkeit mit der Anweisung „Es folgen einige zu sätzliche Fragen bezüglich Ihres Selbstvertrauens während der Schiedsrichtertätigkeit. Bitte antworten Sie ehrlich und k licken Sie die zutreffende Zahl an“ dargeboten, ebenfalls mit einer fünfstufigen Likert-Skala. Ursprünglich sollte die REFS-D um diese Items erweitert werden, jedoch wurde diese Idee während der Skalenentwicklung verworfen. Daher werden die zusätzlichen Items in diesem Artikel nicht näher be trachtet. Zuletzt erfassten wir anhand von zehn Items die allgemeine Selbstwirk samkeit (Schwarzer & Jerusalem, 1995, 1999) mittels einer vierstufigen Likert-Skala, 1 („stimmt nicht“) bis 4 („stimmt genau“). Myers et al. (2012) empfehlen zur Überprüfung der REFS-Faktoren struktur mit ausreichender Teststärke eine Stichproben größe von circa N = 300. Bei der Stichprobenplanung orientierten wir uns an dieser Empfehlung.
Tabelle 2. Verteilung der Schiedsrichter_innen: aktuelle und höchste Liga Aktuelle Liga
Höchste Liga
Häufigkeit
Prozent
Häufigkeit
Prozent
Fehlende Werte
20
7.5
18
6.8
1. Bundesliga
4
1.5
4
1.5
2. Bundesliga
5
1.9
6
2.3
3. Liga
6
2.3
6
2.3
Regionalliga
13
4.9
19
7.2
Oberliga
11
4.2
18
6.8
Landesliga / Verbandsliga
46
17.4
81
30.6
Bezirksliga
61
23.0
63
23.8
Kreisliga
98
37.0
50
18.9
5. Liga (Schweiz)
1
.4
0
0
Gesamt
265
100.0
265
100.0
Anmerkungen: Da einige Schiedsrichter_innen aus der Schweiz kamen, wurde die 5. Liga zusätzlich in die Kodierung mit aufgenommen.
Zeitschrift für Sportpsychologie (2019), 26 (1), 15–24
Statistische Analysestrategie Zunächst wurde analog zum Vorgehen von Guillén et al. (in press) die Skalenstruktur mittels konfirmatorischer Faktorenanalyse überprüft. Da das Modell nicht kon vergierte, wurde eine detaillierte Überprüfung der Item eigenschaften vorgenommen. Nach Ausschluss einiger Items aufgrund mangelhafter Itemeigenschaften wurde eine exploratorische Faktorenanalyse (Hauptachsenana lyse) gerechnet, um die Zusammengehörigkeit der Items und damit die Skalen des Fragebogens zu identifizieren.
Ergebnisse Stichprobe Die Gesamtstichprobengröße belief sich auf N = 274 Schieds richterinnen und Schiedsrichter, darunter 261 Männer und 13 Frauen. Die Stichprobe sollte in dieser ers ten Untersuchung nur Fußballschiedsrichterinnen und -schiedsrichter enthalten, um die Varianz aufgrund sport artspezifischer Schiedsrichteranforderungen möglichst gering zu halten. Aus diesem Grund wurden 4 Basketball schiedsrichter_innen aus den Analysen ausgeschlossen. Zusätzlich wurden 5 Schiedsrichter_innen unter 18 Jahren ausgeschlossen. Nach Ausschluss der Fälle belief sich die Stichprobe auf N = 265 Schiedsrichterinnen und Schieds richter (254 Männer, 11 Frauen). Die Schiedsrichterinnen und Schiedsrichter waren im Mittel 31.60 Jahre alt (SD = 12.75). Mehr als die Hälfte der Schiedsrichterinnen und Schiedsrichter (67 %) besaß die Hochschulreife oder ei nen Fachhochschul- bzw. Hochschulabschluss als höchs ten Bildungsabschluss. Alle 265 Schiedsrichterinnen und Schiedsrichter der Stichprobe waren im Fußball tätig. 95 % (n = 253) der Schiedsrichterinnen und Schiedsrichter gaben an, selbst aktiv Fußball gespielt zu haben. Die Mehrheit der Schiedsrichterinnen und Schiedsrichter (92 %, n = 244) gab an, vorwiegend im Männersport tätig zu sein. Eine Person gab an, vorwiegend Frauenfußball spiele zu leiten. Acht Prozent (n = 20) der Schiedsrichter innen und Schiedsrichter gaben an, sowohl Männer- als auch Frauenspiele zu leiten. Die Schiedsrichterinnen und Schiedsrichter übten ihre Tätigkeit im Mittel seit 11.46 Jahren (SD = 8.96) aus und gaben an, pro Jahr im Mittel bei 47.05 Spielen (SD = 25.43; Min = 3; Max = 175) im Ein satz zu sein. Die Schiedsrichterinnen und Schiedsrichter waren zum Zeitpunkt der Erhebung am häufigsten in der Kreisliga tätig. Am häufigsten gaben die Schiedsrichterin nen und Schiedsrichter die Verbandsliga / Bezirksliga als ihre höchste jemals erreichte Einsatzliga an (siehe Tab. 2). © 2019 Hogrefe Verlag
S. Labudek et al., REFS-D: Skala zur Schiedsrichterselbstwirksamkeit
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Tabelle 3. Zuordnung der Items zu den Dimensionen der REFS mit Itemeigenschaften Items
Bereich
Mittelwert (SD)
Schiefe
Exzess
rit
Faktor 1
Faktor 2
Faktor 3
GK1
1 – 5
4.17 (0.83)
−0.93
0.90
0.32
0.38
0.04
0.10
GK2
2 – 5
4.62 (0.59)
−1.41
1.51
0.41
0.00
0.05
0.62
GK3
2 – 5
4.34 (0.64)
−0.55
−0.23
0.58
0.25
−0.03
0.52
DM1
2 – 5
4.33 (0.67)
−0.65
0.01
0.44
−0.10
−0.01
0.72
DM2
2 – 5
4.35 (0.67)
−0.77
0.46
0.56
0.07
−0.11
0.61
DM3
2 – 5
4.26 (0.72)
−1.27
3.55
0.52
0.06
−0.18
0.49
PR1
1 – 5
4.24 (0.84)
−1.35
2.41
0.55
−0.01
−0.76
0.13
PR2
1 – 5
4.36 (0.90)
−1.80
3.63
0.52
0.01
−0.90
−0.02
PR3
1 – 5
4.33 (0.87)
−1.80
4.08
0.52
0.01
−0.94
−0.03
CM1
1 – 5
3.78 (0.85)
−0.41
0.03
0.51
0.81
−0.04
−0.09
CM2
1 – 5
4.42 (0.81)
−1.54
2.46
0.44
0.40
0.06
0.26
CM3
2 – 5
4.21 (0.70)
−0.58
0.21
0.52
0.75
−0.02
−0.03
CM4
1 – 5
4.03 (0.85)
−1.03
1.77
0.53
0.77
−0.06
−0.05
Game Knowledge (GK)
Decision Making (DM)
Pressure (PR)
Communication (CM)
Anmerkungen: N = 265. SD = Standardabweichung, rit = Trennschärfe der Items bezogen auf die Gesamtskala, Faktor = Faktorladung. Alle Faktorladungen ≥ .40 sind fett gedruckt und zeigen an, welchem Faktor die Items hauptsächlich zuzuordnen sind.
Replikation der Skalenzuordnung analog zu Myers et al. (2012) Im ersten Schritt wurden die Items den ursprünglichen Subskalen Game Knowledge (GK), Decision Making (DM), Pressure (PR) und Communication (CM) analog zu Myers et al. (2012) zugeordnet. Die Mittelwerte der Subskalen lagen im Bereich von MCM = 4.18 bis MGK = 4.37. Die Subskala Game Knowledge bestand aus sechs Items (α = 0.84), die Subskala Decision Making bestand aus fünf Items (α = 0.71), die Subskala Pressure bestand aus fünf Items (α = 0.81) und die Subska la Communication bestand aus sieben Items (α = 0.76). Die Interkorrelationen zwischen Game Knowledge und Decision Making von rGK, DM = 0.81 sowie zwischen Decisi on Making und Pressure (rDM, PR = 0.83) sind unter anderem auf die doppelte Verwendung einzelner Items (z. B. DM2 oder PR1) bei der Bildung der Subskalen zurückzuführen. Dennoch sind diese hohen Interkorrelationen als kritisch zu bewerten, denn die Distinktheit der durch die Subska len erfassten Konstrukte im Sinne der diskriminanten Validität (Campbell & Fiske, 1959) wird dadurch in Frage © 2019 Hogrefe Verlag
estellt. Um die Struktur der Daten zu überprüfen, wurde g eine konfirmatorische Faktorenanalyse (R Version 3.3.0) mit diesen Subskalen durchgeführt. Das Modell konver gierte nicht, selbst wenn Fehlerinterkorrelationen zwi schen den mehrfach verwendeten Items zugelassen wur den. Eine Erklärung hierfür könnte die hohe Komplexität des Modells im Verhältnis zu den wenigen vorliegenden Datenpunkten sein. Neues Ziel der Skalenentwicklung war es nun, eine möglichst effiziente Skala zur Erfassung der Schiedsrich terselbstwirksamkeit im deutschsprachigen Raum zu ent wickeln. Dafür wurden die Eigenschaften der Einzelitems näher betrachtet.
REFS-D Evaluation der Itemeigenschaften Bei der Analyse der Itemeigenschaften wurden folgende Kennwerte mit einbezogen: Mittelwert, Standardabwei chung, Schiefe, Exzess, Trennschärfen und Faktorladun Zeitschrift für Sportpsychologie (2019), 26 (1), 15–24
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gen einer exploratorischen Faktorenanalyse (Hauptach senanalyse). Außerdem wurden die Korrelationen mit genereller Selbstwirksamkeit sowie mit der Dauer der Schiedsrichtertätigkeit betrachtet (Tab. 3). Die Eignung der Stichprobe für eine Dimensionsreduk tion mittels Faktorenanalyse wurde durch das Kaiser-Mey er-Olkin-Kriterium (KMO = .83) und den Bartlett-Tests auf Sphärizität (χ2 [78] = 1389.44, p < 0.01) überprüft. Da die Items zwar in Subskalen geordnet sind, übergeordnet je doch alle das Konstrukt Schiedsrichterselbstwirksamkeit erfassen sollen, wurden die Faktoren mit einer ObliminRotation extrahiert, da hier Korrelationen unter den Fak toren zulässig sind (Kim & Mueller, 1978). Alle Items wiesen hohe Mittelwerte und damit eine ge ringe Itemschwierigkeit auf. Lediglich ein Itemmittelwert (CM1) lag unter einem Wert von 4.00, d. h. über 80 % der Schiedsrichterinnen und Schiedsrichter wählten bei die sem Item die zweithöchste (4) oder höchste (5) Antwortka tegorie. Der höchste Mittelwert (Item GK2) lag bei 4.62. Die Standardabweichungen lagen in einem Bereich zwi schen 0.59 und 0.90, was auf eine geringe Variabilität im Antwortverhalten hindeutet. Alle Items wiesen zudem eine negative Schiefe auf, was auf eine linksschiefe Vertei lung des Antwortmusters hindeutet. Folgende Items wie sen bezüglich des Exzesses Extremwerte (> 2) auf: DM3, PR1, PR2, PR3 und CM2. Die Trennschärfen reichen von 0.32 bis 0.53 und sind damit akzeptabel. In der Hauptach senanalyse extrahierten wir anhand des Kaiser-Kriteriums drei Faktoren, die 31.49 %, 12.99 % und 6.91 %, also insge samt 51.39 % der Gesamtvarianz aufklärten. Keines der Items außer das Item GK1 wies primäre Faktorladungen unter 0.40 auf. Die Faktorladungen waren gut im Sinne einer Einfachstruktur zu interpretieren, das bedeutet, dass die Items jeweils hoch auf einem, aber niedrig auf den an deren beiden Faktoren luden und damit die Faktorlösung eindeutig interpretierbar ist (Thurstone, 1947). Die Korrelationen der einzelnen REFS-Items mit der Gesamtskala zur generellen Selbstwirksamkeit lagen im Bereich zwischen 0.21 < r < 0.37 und waren alle signifikant (p < 0.01). Für folgende Items ergaben sich signifikante (1 % bzw. 5 %-Niveau) Korrelationen mit der Schiedsrich tererfahrung: GK3, DM1, DM2, DM3, PR3. Itemselektion Das Item GK1 („die grundlegende Spieltaktik zu verste hen“) wurde aufgrund seiner geringen Faktorladung aus den weiteren Analysen ausgeschlossen. Das Item GK2 („alle Regeln des Spiels zu verstehen“) wurde wegen seines extremen Mittelwertes, seiner extremen Schiefe, seines extremen Exzesses und der (in der deutschen Über setzung) inhaltlichen Ähnlichkeit zu Item GK3 („die ange messenen Schiedsrichtertechniken zu verstehen“) ausge schlossen. Auch die signifikante Korrelation der beiden Zeitschrift für Sportpsychologie (2019), 26 (1), 15–24
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Items von r = 0.45 deutet darauf hin, dass dieses Item we der zu einer geeigneten Varianz in den Antworten noch zu einem inhaltlichen Mehrwert für die Gesamtskala führt. Ebenfalls ausgeschlossen wurden Item DM3 („sich Ihrer Entscheidung sicher zu sein“), Item PR3 („unbeeinflusst vom Druck durch die Trainer_innen zu sein“) und Item CM2 („effektiv mit anderen Schiedsrichter_innen zu kom munizieren“), aus denselben Gründen und vor allem auf grund der extremen Exzesswerte. Die REFS-D – finale Version Aufgrund des Ausschlusses von fünf Items (GK1, GK2, GK3, DM3 und CM2) wurden die acht verbleibenden Items in die finale REFS-Version mit einbezogen. Auch un ter Einbezug dieser acht Items ergab sich eine dreifaktori elle Struktur in der Hauptachsenanalyse. Auf dem ersten Faktor luden die Items GK3, DM1 und DM2. Im Folgenden wird dieser Faktor als Subskala Spielumsetzung (SU) be zeichnet, da die Items den Aspekt des Wissens über Schiedsrichtertechnik (Subskala GK) sowie die Entschei dungsfindung während des Spiels (Subskala DM) beinhal ten. Die Bezeichnungen der anderen beiden Subskalen der englischsprachigen REFS, Pressure und Communication, schienen inhaltlich weiterhin sinnvoll und wurden für die Anwendung im deutschen Sprachraum ins Deutsche über setzt, Druck (DR) und Kommunikation (KM). Beide Skalen wurden um jeweils ein Item gekürzt, sodass die Subskala Druck zwei Items und die Subskala Kommunikation drei Items enthält. Die Itemkennwerte der REFS-D sind in Ta belle 4 abgetragen. Der Anteil der aufgeklärten Gesamtvarianz war mit 57.76 % um mehr als 6 % höher als bei Einschluss aller 13 Items. Die Kommunalitäten der Items lagen zwischen 0.38 und 0.73, was bedeutet, dass 27 – 62 % der Varianz der Messvariablen nicht durch die Faktoren aufgeklärt werden konnte. Die REFS-D kann somit das Konstrukt Schieds richterselbstwirksamkeit besser abbilden und ist gleich zeitig sparsamer als die vollständige Skalenvariante (13 Items). Der Faktor Kommunikation klärte mit 35.33 % den größten Varianzanteil auf. Die Faktorladungen waren wei terhin gut im Sinne einer Einfachstruktur interpretierbar. Die Trennschärfen der Items lagen im Bereich von 0.39 < ritt < 0.54. Die Korrelation zwischen den Subskalen Spielumsetzung und Druck betrug rSU, DR = 0.38 (p < 0.01), die zwischen Spielumsetzung und Kommunikation betrug rSU, CM = 0.40 (p < 0.01) und die zwischen Druck und Kom munikation betrug rPR, CM = 0.28 (p < 0.01). Die signifikanten Korrelationen bieten Rechtfertigung für einen REFS-D- Gesamtscore (Campbell & Fiske, 1959). Gleichzeitig deu ten die mittleren Korrelationen darauf hin, dass es sich bei den Subskalen um unterschiedliche Facetten des Kons trukts Schiedsrichterselbstwirksamkeit handelt. Die Relia bilitäten der Subskalen betrugen αSpielumsetzung = 0.70, αDruck = © 2019 Hogrefe Verlag
S. Labudek et al., REFS-D: Skala zur Schiedsrichterselbstwirksamkeit
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Tabelle 4. Item- und Skaleneigenschaften der REFS-D Items
Mittelwert (SD)
rit
h2
FLSU
FLDR
FLKM
Spielumsetzung (SU)
4.34 (0.52)
GK3
4.34 (0.64)
0.53
0.38
0.26
0.07
0.42
DM1
4.33 (0.67)
0.39
0.51
–0.09
–0.04
0.77
DM2
4.35 (0.67)
0.53
0.53
0.08
0.07
0.66
Druck (DR)
4.30 (0.81)
PR1
4.24 (0.84)
0.50
0.71
−0.03
0.82
0.07
PR2
4.36 (0.90)
0.44
0.73
0.01
0.88
−0.06
Kommunikation (KM)
4.01 (0.68)
CM1
3.78 (0.85)
0.54
0.70
0.85
−0.02
−0.09
CM3
4.21 (0.70)
0.52
0.51
0.70
0.00
0.04
CM4
4.03 (0.85)
0.50
0.54
0.74
0.01
−0.02
SU
DR
KM
(0.70)
0.38**
(0.83)
0.40**
0.28**
(0.80)
SWK
Jahre
0.40**
0.23**
0.28**
0.06
0.40**
0.02
Anmerkungen: N = 265. SD = Standardabweichung; rit = Trennschärfe der Items bezogen auf die Gesamtskala REFS-D; h2 = Kommunalitäten; FL = Faktorladung, Alle Ladungen > .40 sind fett gedruckt und zeigen an, welchem Faktor die Items hauptsächlich zuzuordnen sind, interne Konsistenzen der Subskalen (Cronbach’s α) sind in Klammern angegeben, in den Spalten SU, DR und KM sind die Interkorrelationen der Subskalen angegeben, SWK = Korrelationen der Subskalen mit allgemeiner Selbstwirksamkeit, Jahre = Korrelationen der Subskalen mit der Schiedsrichtererfahrung gemessen in Jahren an ausgeübter Schiedsrichtertätigkeit, * p < 0.05; ** p < 0.01.
0.83, αKommunikation = 0.80. Sie lagen damit etwas unter dem Wert von α = 0.85 aus der Studie von Diotaiuti et al. (2017). Wir fanden signifikante Korrelationen mit genereller Selbstwirksamkeit im Bereich von 0.28 < r < 0.40 (p < 0.01) als erste Validitätshinweise. Lediglich die Subskala Spiel umsetzung korrelierte signifikant mit der Schiedsrichter erfahrung, r = 0.23, p < 0.01 (Tab. 4).
Diskussion Zentrale Befunde Ziel dieser Studie war es, die englischsprachige Referee Self-Efficacy Scale (REFS) für den deutschen Sprachraum nutzbar zu machen. Hierfür wurden die übersetzten Items im ersten Schritt analog zu Myers et al. (2012) zu den vier Subskalen Game Knowledge, Decision Making, Pressure und Communication (siehe Tab. 1) zusammengefasst und mit Hilfe einer konfirmatorischen Faktorenanalyse hin sichtlich ihrer Passung auf die vorliegende Stichprobe überprüft. Da das Modell nicht konvergierte, wurden die Items einer detaillierten Prüfung der Schwierigkeit, Trennschärfe, sowie Struktur mittels einer explorato rischen Faktorenanalyse (Hauptachsenanalyse) unter zogen, um die Güte der Items zu untersuchen und die © 2019 Hogrefe Verlag
z ugrundeliegende Struktur der vorliegenden Daten offen zulegen. Fünf der 13 Items wiesen auf verschiedenen Para metern Mängel auf. Daher entschieden wir uns, die Länge der englischsprachigen REFS nicht beizubehalten, son dern diese Items zur Verbesserung der Testgüte zu entfer nen. Die letztendlich entstandene REFS-D-Skala bildet das Konstrukt der Schiedsrichterselbstwirksamkeit mit acht Items auf drei Subskalen, Spielumsetzung, Druck und Kommunikation, ab. Die Subskalen Game Knowledge und Decision Making ließen sich zur neuen Subskala Spielumset zung (SU) zusammenfassen. Die Subskalen Pressure und Communication wurden lediglich um jeweils ein Item ge kürzt und umbenannt (Druck bzw. Kommunikation). Die internen Konsistenzen der Subskalen liegen im zufrieden stellenden Bereich. Die Interkorrelationen der Subskalen deuten auf distinkte, aber dennoch übergeordnet mitein ander verbundene Facetten des Konstruktes Schiedsrich terselbstwirksamkeit hin. Es ergaben sich signifikante Kor relationen von genereller Selbstwirksamkeit und der REFS-D als erste Validitätshinweise. Lediglich die Subska la Spielumsetzung wies eine signifikante Korrelation mit Schiedsrichtererfahrung auf. Durch die genauere Betrachtung der Itemeigenschaften konnten wichtige Informationen über die Messgüte der Einzelitems gewonnen werden. Die REFS-D bildet nun öko nomischer als die Originalversion das Konstrukt Schieds richterselbstwirksamkeit mit acht Items auf drei Subskalen – Spielumsetzung, Druck und Kommunikation – ab. Zeitschrift für Sportpsychologie (2019), 26 (1), 15–24
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Interpretation der Ergebnisse Nach der Itemselektion beinhaltet die REFS-D acht Items. Der höhere Anteil an aufgeklärter Varianz in der explora torischen Faktorenanalyse deutet darauf hin, dass sich die integrierte Subskala Spielumsetzung im Deutschen besser zur Abbildung des Konstruktes Schiedsrichterselbstwirk samkeit eignet als die getrennten Subskalen Game Know ledge und Decision Making. Die hohe Korrelation (r = 0.61) zwischen diesen beiden Subskalen in einer anderen Studie (Karaçam & Pulur, 2017b) liefert unterstützende Evidenz für die Annahme, dass diese beiden Subskalen gemeinsam eine Facette der Schiedsrichterselbstwirksam keit darstellen. Die Korrelationen der drei definierten Subskalen – Spiel umsetzung, Druck und Kommunikation – lagen in einem Bereich, der für die Unterschiedlichkeit der Facetten und gleichzeitig für die Messung desselben, übergeordneten Konstrukts spricht. Im Vergleich zu anderen Studien (Guillén et al., in press; Myers et al. 2012) fallen die Korre lationen jedoch etwas geringer aus. Grund dafür könnte die verringerte Itemanzahl sein. Die Überprüfung der Validität anhand der generellen Selbstwirksamkeit ergab durchweg signifikante mittelhohe Korrelationen. Dieser Befund steht im Einklang mit den Ergebnissen von Karaçam und Pulur (2017b), die die türki sche Version der General Self-Efficacy Scale (Jerusalem & Schwarzer, 1999) einsetzten. Die Subskalen Druck und Kommunikation waren – wider Erwarten – nicht mit der Erfahrung (gemessen in Jahren an ausgeübter Schiedsrich tertätigkeit) korreliert. Im Gegensatz dazu stehen die Er gebnisse einer kürzlich erschienenen Studie, die Erfahrung als Prädiktor für Schiedsrichterselbstwirksamkeit in einer Stichprobe von italienischen Handballschiedsrichterinnen und -schiedsrichtern identifizierte (Diotaiuti et al., 2017). Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass es Facetten von Schiedsrichterselbstwirksamkeit gibt, die sich nicht – wie die Spielumsetzung – durch alleiniges Ausüben der Tätig keit verbessern. Zu dieser Interpretation passt gut, dass in der praktischen Schiedsrichterausbildung viel Wert auf Kompetenz im Bereich Kommunikation gelegt wird und dementsprechend ein vielfältiges Seminarangebot besteht.
Limitationen und Ausblick Die Mittelwerte der Einzelitems deuten gemeinsam mit der linksschiefen Verteilung der Antwortraten darauf hin, dass die Items für diese Stichprobe, also Schiedsrichterin nen und Schiedsrichter aus unteren und mittleren Ligen, zu leicht sind. Uns stehen außer durch die Studie von Guillén et al. (in press), die ähnlich hohe Mittelwerte be richteten, keine Referenzwerte zur Verfügung. Eine genau Zeitschrift für Sportpsychologie (2019), 26 (1), 15–24
S. Labudek et al., REFS-D: Skala zur Schiedsrichterselbstwirksamkeit
ere Betrachtung der Einzelitems und kritische Reflexion ihrer Eigenschaften wäre auch in anderen Studien wün schenswert, denn durch die eingeschränkte Varianz in den Daten ist nicht garantiert, dass die Merkmalsvarianz ange messen durch die Skala abgebildet wird. Es ist fraglich, ob die Anpassung des Antwortformats ausreichen würde, um dieser Einschränkung zu begegnen, oder ob nicht eher die Itemformulierung überdacht werden muss. Bei Items, die auf das grundlegende Spielverständnis der Schiedsrichter innen und Schiedsrichter abzielen (GK1, GK2, GK3), könn te wenig Varianz im Antwortverhalten bereits zu erwarten sein, denn das Spielverständnis dient ihnen als Grundlage zur Ausübung ihrer Tätigkeit. Eine Alternative hinsichtlich der Itemformulierung könnte sich entsprechend der Skala zur generellen Selbstwirksamkeit von Schwarzer und Jeru salem (1995, 1999) durch den Fokus auf Schwierigkeiten, denen Schiedsrichterinnen und Schiedsrichter während ihrer Tätigkeit begegnen, ergeben. Vor allem aus methodischen Gründen reduzierten wir die Itemanzahl in der REFS-D auf acht Items. An dieser Stelle sei auf die negativen Konsequenzen für die Mess genauigkeit sowie Parameterschätzung bei Verwendung von weniger als vier Items pro latenter Variable hingewie sen (Marsh, Hau, Balla & Grayson, 1998), weshalb zur Sicherung der Befunde dringend Replikationsstudien (mit größeren Stichproben) nötig sind. Nichtsdestotrotz emp fohlen Myers et al. (2012) bereits bei der Entwicklung der englischsprachigen REFS die Verwendung weniger Items pro Subskala, um eine ökonomische Messung der Schieds richterselbstwirksamkeit zu gewährleisten. Hinsichtlich der Messinvarianz sind zwei Aspekte kri tisch zu bewerten. Eine Studie von Karaçam & Pulur (2017b) fand höhere Ausprägungen der Schiedsrichter selbstwirksamkeit im Fußball und Basketball im Vergleich zum Handball. In zukünftigen Untersuchungen sollten auch Schiedsrichterinnen und Schiedsrichter aus anderen Sportarten mit einbezogen werden (Myers et al., 2012), um Evidenz für die externe Validität des Konstrukts zu ge nerieren. Zusätzlich nahmen an dieser Studie hauptsäch lich männliche Fußballschiedsrichter teil. Wir verzichte ten aufgrund der geringen Stichprobengröße und aufgrund des geringen Anteils von Schiedsrichterinnen auf tiefer gehende Invarianzvergleiche hinsichtlich des Geschlechts. Für zukünftige Studien ist eine interessante Frage, ob (wenn überhaupt) eher das Geschlecht der Unpartei ischen, das Geschlecht der Spielerinnen und Spieler in den von ihnen geleiteten Spielen oder die Interaktion aus beiden Faktoren einen Einfluss auf die Schiedsrichter selbstwirksamkeit hat. Generell bleibt unsere Stichprobe mit einem N = 265 hinter den Stichproben von Myers et al. (2012) zurück (N1 = 512, N2 = 641, N3 = 456), jedoch ist unsere Stichpro bengröße nur geringfügig kleiner als die von Myers et al. © 2019 Hogrefe Verlag
S. Labudek et al., REFS-D: Skala zur Schiedsrichterselbstwirksamkeit
(2012) empfohlenen N = 300. Außerdem verwenden auch andere aktuelle Studien zur Schiedsrichterselbst wirksamkeit Stichproben dieser Größenordnung (vgl. Diotaiuti et al., 2017; Johansen et al., 2018; Karaçam & Pulur, 2017b). Weitere Studien sollten außerdem zusätzliche Vali ditätshinweise liefern. Die REFS-Subskalen korrelieren niedrig bis mittelhoch mit allgemeiner Selbstwirksamkeit, was für die Spezifität der Schiedsrichterselbstwirksamkeit als Konstrukt spricht. Zukünftige Studien könnten Erfolg in der Tätigkeit als Schiedsrichterin oder Schiedsrichter (Kriteriumsvalidität) oder distalere Maße wie positiven Affekt (Johansen et al., 2018) für weitere Hinweise zur konvergenten Validität heranziehen. Falls sich die Güte von Schiedsrichterentscheidungen durch Schiedsrichter selbstwirksamkeit vorhersagen ließe, hätte dies Konse quenzen für die Aus- und Weiterbildung von Schiedsrich terinnen und Schiedsrichtern. Für Hinweise zur divergenten Validität könnte z. B. Leistungsangst dienen (Compeau & H iggins, 1995). In Anbetracht des derzeiti gen Entwicklungstands sollte die REFS-D keinesfalls als Instrument zur Individual- oder gar Auswahldiagnostik eingesetzt werden. Dies war weder Ziel der englischspra chigen REFS noch ist es Ziel der REFS-D. Die Forschung zur Schiedsrichterselbstwirksamkeit hat in den letzten Jahren international zunehmend an Bedeu tung gewonnen (Guillén & Laborde, 2015). Mit der R EFS-D steht nun eine sparsame Skala zur Verfügung, mit der zu künftig im deutschsprachigen Raum Studien zur Schieds richterselbstwirksamkeit (besser) möglich sind. Auch für die kulturvergleichende Forschung zu Schiedsrichterinnen und Schiedsrichtern scheint die Existenz einer deutsch sprachigen Skala zur Schiedsrichterselbstwirksamkeit viel versprechend.
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S. Labudek et al., REFS-D: Skala zur Schiedsrichterselbstwirksamkeit
Sarah Labudek Geoffrey Schweizer Anika Roth Henning Plessner Universität Heidelberg Institut für Sport und Sportwissenschaft Im Neuenheimer Feld 700 69120 Heidelberg labudek@nar.uni-heidelberg.de Alexandra Pizzera Deutsche Sporthochschule Köln Am Sportpark Müngersdorf 6 50933 Köln Ralf Brand Universität Potsdam Sportpsychologie Am Neuen Palais 10 14469 Potsdam
Anhang Schiedsrichter-Selbstwirksamkeits-Fragebogen Denken Sie darüber nach, wie sicher Sie sich fühlen, wenn Sie als Schiedsrichter_in fungieren. Antworten Sie ehrlich auf die untenstehenden Fragen basierend darauf, wie sicher Sie sich hinsichtlich Ihrer Aufgaben als Schiedsrichter_in fühlen. Es gibt keine korrekten Antworten. Hinsichtlich Ihrer Aufgaben als Schiedsrichter_in, wie sicher sind Sie hinsichtlich Ihrer Fähigkeit … 1 wenig
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die angemessenen Schiedsrichtertechniken zu verstehen.
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kritische Entscheidungen während eines Spiels zu treffen.
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unbeeinflusst vom Druck durch die Spieler_innen zu sein.
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unbeeinflusst vom Druck durch die Zuschauer_innen zu sein.
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effektiv mit den Trainer_innen zu kommunizieren.
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effektiv mit Spieler_innen zu kommunizieren.
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effektiv mit anderen Offiziellen zu kommunizieren.
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Zeitschrift für Sportpsychologie (2019), 26 (1), 15–24
© 2019 Hogrefe Verlag
//////// Beiträge zur Lehre und Forschung im Sport ////
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Urs Granacher / Heinz Mechling / Claudia Voelcker-Rehage (Hrsg.)
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Bewegungs- und Sportgerontologie sind nicht nur neue Handlungsfelder der Sportwissenschaft, sie zielen als bewegungs- und trainingsbezogene Ergänzung auf ein fächerübergreifendes Konzept der Gerontologie als interdisziplinäre Lehre von Alter und Altern. Gerontologie wird als Interventionsgerontologie, d. h. als Wissenschaft, die sich mit Maßnahmen beschäftigt, die der Aufrechterhaltung und Förderung des psychophysischen Wohlbefindens und der Kompetenz im (hohen) Alter dienen, und als angewandte Wissenschaft beschrieben. Darüber hinaus ist die Gerontologie eine multidisziplinäre Wissenschaft, welche die „Beschreibung, Erklärung und Modifikation von körperlichen, psychischen, sozialen, historischen und kulturellen Aspekten des Alterns und des Alters, einschließlich der Analyse von alternsrelevanten und alternskonstituierenden Umwelten und sozialen Institutionen“ umfasst. Die Modifikation von Altern und Alter, als Prozess und Ergebnis, bezieht sich demnach auf alle genannten Aspekte und deren Zusammenspiel. Diese Komplexität zu berücksichtigen ist, trotz der Akzentuierung von Bewegung und Sport, ein zentraler Anspruch dieses Handbuchs, der sich in den fünfzehn Kapiteln des Werkes widerspiegelt. Das Handbuch richtet sich an Studierende der Sportwissenschaft, der Psychologie und der Medizin sowie angrenzender Disziplinen, an Wissenschaftler, Therapeuten und Funktionäre von Standesgesellschaften, die Interesse an den Themen Bewegung und Sport im Alter haben. Es soll der vertieften Prüfungsvorbereitung, der wissenschaftlichen und beruflichen Orientierung und Weiterbildung oder nur als Nachschlagewerk dienen.
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Positionspapier
Psychosoziale Risikofaktoren in der Entstehung von chronisch unspezifischen Rückenschmerzen Auszug aus der methodischen Rationale der Multicenterstudien in MiSpEx Pia-Maria Wippert1, Adamantios Arampatzis2, Winfried Banzer3, Heidrun Beck4, Monika I. Hasenbring5, Marcus Schiltenwolf6, Christian Schneider7,8, Dirk Stengel9, Petra Platen10 und Frank Mayer11 Sport- und Gesundheitssoziologie, Universität Potsdam Department für Trainings- und Bewegungswissenschaften, Humboldt-Universität zu Berlin 3 Abteilung für Trainings- und Sportmedizin, Goethe-Universität Frankfurt am Main 4 Centrum für Orthopädie und Unfallchirurgie, Universitätsklinikum Carl Gustav Carus, Dresden 5 Medizinische Psychologie und Medizinische Soziologie, Ruhr-Universität Bochum 6 Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie, Universitätsklinikum Heidelberg 7 Sportorthopädisches Institut der Schön Klinik München Harlaching 8 Orthopädiezentrum Theresie, München 9 Zentrum für Klinische Forschung, Unfallkrankenhaus Berlin 10 Fakultät für Sportwissenschaft, Sportmedizin und Sporternährung, Ruhr-Universität Bochum 11 Zentrum für Sportmedizin, Universität Potsdam, Hochschulambulanz 1 2
Zusammenfassung: Chronisch unspezifische Rückenschmerzen (CURS) gehören international zu den häufigsten Schmerzphänomenen und können für Athletinnen und Athleten karrierelimitierend sein. Knapp ein Drittel der jährlichen Trainingsausfallzeiten werden auf CURS zurückgeführt. In der Entstehung von chronischen Schmerzen ist ein multifaktorielles Ätiologiemodell mit einem signifikanten Einfluss psychosozialer Risikofaktoren evident. Obwohl dies in der Allgemeinbevölkerung bereits gut erforscht ist, gibt es in der Sportwissenschaft vergleichsweise wenige Arbeiten darüber. Dieses Thema wird daher in drei Multicenterstudien und zahlreichen Teilstudien des MiSpEx-Netzwerks (Medicine in Spine-Exercise-Network, Förderzeitraum 2011 – 2018) aufgegriffen. Entsprechend der Empfehlung einer frühzeitigen Diagnostik von Chronifizierungsfaktoren in der „Nationalen Versorgungsleitlinie Kreuzschmerz“, beschäftigt sich das Netzwerk u. a. mit der Überprüfung, Entwicklung und Evaluation diagnostischer Möglichkeiten. Der vorliegende Beitrag beschreibt die Entwicklung einer Diagnostik von psychosozialen Risikofaktoren, die einerseits eine Einschätzung des Risikos der Entwicklung von CURS und andererseits eine individuelle Zuweisung zu (Trainings)Interventionen erlaubt. Es wird die Entwicklungsrationale beschrieben und dabei verschiedene methodische Herangehensweisen und Entscheidungssequenzen reflektiert. Schlüsselwörter: CURS, MiSpEx, yellow flags, Diagnostik, PROGRESS
Psychosocial Risk Factors in the Development of Chronic Nonspecific Back Pain: On the Methodical Rationale of the Multicenter Studies in MiSpEx Abstract: Chronic nonspecific low back pain (CLBP) is one of the most common pain syndromes globally. Attributing to one third of missed training days, CLBP can seriously affect athletes' careers. Studies in the general population show a multifactorial etiology with significant influence of psychosocial risk factors in the development of CLBP. As less is known about this phenomenon in athletes, the MiSpEx Network (Medicine in Spine Exercise, funded from 2011 to 2018) has conducted three multicenter studies and numerous substudies investigating this topic. The network has been concerned with the testing, development, and evaluation of diagnostics, in accordance with the recommendation of the German National Treatment Guidelines for CLBP that risk factors be recognized and treated early. Our article describes the development of a diagnostic tool for psychosocial risk factors that allows (medical) practitioners to predict the occurrence of CLBP and to suggest individualized (trainings) interventions. We present the methodological approach and discuss various methodological issues. Keywords: CLBP, MiSpEx, yellow flags, diagnostics, PROGRESS
© 2019 Hogrefe Verlag
Zeitschrift für Sportpsychologie (2019), 26 (1), 25–35 https://doi.org/10.1026/1612-5010/a000245
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Chronisch unspezifische Rückenschmerzen (CURS) ge hören weltweit zu den häufigsten chronischen Schmerz phänomenen (Henschke, Kamper & Maher, 2015). Sie ziehen bei Betroffenen starke Beeinträchtigungen nach sich und gelten als wesentliche Gesundheitsstörung (Henschke et al., 2015; Hoy, March, Brooks, Blyth, Woolf et al., 2014). Die Lebenszeitprävalenzraten liegen zwischen 51 % bis 84 % (Manchikanti, Singh, Datta, Cohen & Hirsch, 2009), wobei Rezidivraten von 24 % bis 80 % a nzeigen, dass sich viele Betroffene innerhalb des ersten Jahres wie der erholen (Hoy et al., 2014). Dennoch ist die ökonomi sche Bedeutung von Rückenschmerzen im be ruflichen Alltag hoch (Wenig, Schmidt, Kohlmann & Schweikert, 2009): knapp 6 % aller Arbeitsunfähigkeitstage mit einer durchschnittlichen AU-Dauer von 13.5 Tagen werden auf Rückenschmerzen zurückgeführt (IGES, 2016). Chronisch unspezifische Rückenschmerzen verursachen in Deutsch land jährlich rund 4.5 Milliarden Euro direkte und indirek te Kosten (Statistisches-Bundesamt, 2015). Im Spitzen sport liegen keine Kostenschätzungen für den Ausfall von hochdotierten Vertragsathleten und -athletinnen vor. Für sie jedoch kann die karrierebeendende oder zumindest karrierelimitierende Konsequenz von CURS von hoher Be deutung sein. Ausgegangen wird hierbei von einer CURS Lebenszeitprävalenz von etwa 60 % und einer Jahrespräva lenz von 39 %. Die Trainingsausfallzeiten werden auf etwa 28 % pro Jahr geschätzt (Noormohammadpour, Rostami, Mansournia, Farahbakhsh, Shahi et al., 2016), wobei sich die Zahlen in Abhängigkeit von der Sportart unterscheiden können (Schulz, Lenz & Büttner-Janz, 2015). Die Genese chronisch unspezifischer Rückenschmerzen erlaubt selten eine direkte Verortung ihrer Ursachen, Trig ger und Pathologien. Vielmehr wird von einem multifakto riellen Ätiologiemodell mit einem signifikanten Einfluss psychosozialer Risikofaktoren ausgegangen (Hasenbring, Rusu & Turk, 2012). Als etablierte Risikofaktoren gel ten ungünstige kognitive Überzeugungen hinsichtlich der Schmerzverarbeitung [u. a. Furcht- und Vermeidungsstra tegien (Wertli, Rasmussen-Barr, Weiser, Bachmann & Brunner, 2014), depressive Stimmungslage (Okifuji & Turk, 2016) sowie (emotionaler) Distress (McEwen & Kalia, 2010)]. Neben diesen gut bekannten „Yellow Flag“ Risiko faktoren (YF-Faktoren) werden weitere Einflussgrößen aus der Arbeits- und Lebenswelt („black flags“ und „blue flags“) und biographische Faktoren („orange flags“) unterschieden (Main, Kendall & Hasenbring, 2012; W addell, Burton & Main, 2003). Insbesondere letztgenannte, wie z. B. soziale Unterstützung, Lebensstil, -umfeld und biographische Er eignisse (Wippert, Fliesser & Krause, 2017a) können im Setting des Spitzensports von Bedeutung sein, wurden je doch bislang kaum näher untersucht. Ein weiteres Problem der Flaggenfaktoren ist, dass sie im Rahmen von Einzelstu dien (vorwiegend an Patientengruppen) und damit kaum Zeitschrift für Sportpsychologie (2019), 26 (1), 25–35
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im direkten Vergleich analysiert wurden. Die Abstufung des ihnen zugesprochenen Einflusspotentials in der Vorhersage der Schmerzgenese beruht daher hauptsächlich auf meta analytischen Herangehensweisen. Ein dritter Punkt ist, dass der Einfluss von Flaggen faktoren zwar häufig in Bezug auf die Entstehung von chro nischem Schmerz untersucht wurde. Ihre Moderation von Behandlungs- und Trainingseffekten blieb jedoch weitest gehend unbeachtet und rückt – zumindest für YF-Fakto ren – erst jetzt stärker in den Forschungsfokus (Demmel maier, Björk, Dufour, Nordgren & Opava, 2017; Okifuji & Turk, 2016; Wippert & Wiebking, 2016). Dadurch e röffnen sich für die Sportwissenschaft neue Forschungsperspek tiven: denn während Studien zur Mediation oder Moderati on von Schmerz (Law & Sluka, 2017) oder der YF-Faktoren durch Training existieren (Marshall, Schabrun & Knox, 2017), fehlen ausreichend Kenntnisse darüber, ob und in welchem Umfang Flaggenfaktoren selbst Trainingseffekte moderieren. Ferner ist von Interesse, inwiefern weitere psychosoziale Risikofaktoren, die bislang nicht Bestandteil des Flaggen-System sind, wie z. B. Durchhaltestrategien (Hasenbring, Hallner & Rusu, 2009), Motivation (Kleinert, Ott, Mierswa, Levenig, Wenge et al., 2017) oder Bindungs stil (Pfeifer, Ehrenthal, Neubauer, Gerigk & Schiltenwolf, 2016) im Setting Sport und Training von Relevanz sind. Ein Einbezug der beschriebenen angenommenen Moderation von Trainingseffekten durch Flaggenfaktoren könnte hel fen zu klären, warum Trainingsinterventionen bei CURS eher geringe und vor allem vorwiegend kurzfristige Effekte zeigen (Hayden, van Tulder, Malmivaara & Koes, 2005; Saragiotto, Maher, Yamato, Costa, Menezes Costa et al., 2016). Dieses Defizit lässt sich bislang auch nicht von den als „Golden Standard“ geltenden all-fit-one multimodalen Interventionen ausmerzen (Engers, Jellema, Wensing, van der Windt, Grol et al., 2008; Henschke, Ostelo, van Tulder, Vlaeyen, Morley et al., 2010; Kamper, Apeldoorn, Chiarot to, Smeets, Ostelo et al., 2014). Die Forderung nach indivi dualisierten Trainingsinterventionen (Falla & Hodges, 2017) – insbesondere für den multimodalen B ereich (Wip pert & Wiebking, 2016) – unterstreicht das bestehende For schungsdefizit. Bevor eine solche Individualisierung (zwi schen uni-, multimodalem Training sowie Art und Abfolge des multimodalen Trainings) gelingen kann, ist eine ent sprechende Diagnostik notwendig. Sie muss einerseits das Risiko für die Genese von chronischem Schmerz vorher sagen und andererseits das individuelle psychosoziale Risikoprofil in verschiedenen Flaggenfaktoren erfassen, um eine individuelle Trainingsintervention empfehlen zu können. Bisherige Diagnostik-Screenings zu CURS folgen der Idee, möglichst rasch den späteren Verlauf des Betroffe nen hinsichtlich Schmerzintensität, Beeinträchtigung und Rückkehr zum Arbeitsplatz abschätzen zu können. Dabei © 2019 Hogrefe Verlag
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Abbildung 1a. Struktur MiSpEx-Netzwerk 2011 bis 2018, entnommen aus Mayer et al. (2011, S. 27): Study flow des Gesamtprojekts MiSpEx. GlieAbbildung 1a. Struktur MiSpEx-Netzwerk 2011 bis 2018, entnommen aus Mayer et al. (2011, S. 27): derung in 2 Projektphasen (2011 – 14, 2015 – 18) und drei Projektteile (Projektteil A: Entwicklung und Evaluierung, Projektteil B: ImplementierungsStudy flow des Gesamtprojekts MiSpEx. Gliederung in 2 Projektphasen (2011-14, 2015-18) und drei forschung, Projektteil C: Transfer).
Projektteile (Projektteil A: Entwicklung und Projektteilauf C: Transfer). bleiben die Screenings wenige Items zugunsten von Ökonomie und Durchführbarkeit beschränkt und sollen trotzdem eine möglichst genaue Vorhersage ermöglichen. Ihr Einsatz wird in der Nationalen Versorgungsleitlinie zur Diagnostik und Therapie von Kreuzschmerz [NVL (Bun desärztekammer (BÄK), 2016)] empfohlen. Vorliegende DiagnostikScreenings in der Primärversor gung der Allgemeinbevölkerung wurden vorwiegend an Pati entengruppen in klinischen Stichproben und mit einem Fo kus auf YFFaktoren entwickelt. Die Screenings ermöglichen entweder eine Einteilung in Risikogruppen [u. a. HKFR (Neubauer, Junge, Pirron, Seemann & Schiltenwolf, 2006), INTERMED (Stiefel, de Jonge, Huyse, Slaets, Guex et al., 1
Evaluierung, Projektteil B: Implementierungsforschung, 1999)] oder eine Vorhersage des Risikos hinsichtlich einer zukünftigen Chronifizierung [u. a. RISCR (Hallner & Hasen bring, 2004), PICKUP (Traeger, Henschke, Hubscher, Wil liams, Kamper et al., 2015), ÖMPSQ (Boersma & Linton, 2002)]1. Nur das Keele STarTBack Screening Tool (Hill, Afo labi, Lewis, Dunn, Roddy et al., 2016) erlaubt eine Vorhersa ge des Schmerzrisikos sowie eine Einteilung in eine Risiko und Therapiegruppe (Niedrigrisikogruppe: medizinische Beratung / Medikation; Mittelrisikogruppe: Physiotherapie behandlung; Hochrisikogruppe: Trainingstherapie und bio psychosoziales Training). Die Moderation des Trainings durch Flaggenfaktoren wird durch das Screening nicht mit einbezogen, eine Anwendung für präventive Zwecke bietet
HKF-R 10= Heidelberger Kurzfragebogen-Rückenschmerz; INTERMED = Classification System; RISC-R = Risikoanalyse der Schmerzchronifizierung-Rücken; ÖMPSQ = Örebro Musculosceletal-Pain-Screening Questionnaire; SBT = Keele StarT Back Screening Tool; PickUP = Prognostic Model for LBP.
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Alle Kategorien im direkten Vergleich in Multicenterstudie ZSA, MSB, MCSB
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Flag Kategorie Schmerzerleben
Teilstudien PS 1-n
Flag Kategorie (psychophysiologischer) Stress
Teilstudien PS 1-n
Flag Kategorie Lebenskontext
Teilstudien PS 1-n
Flag Kategorie Versorgungskontext
Teilstudien PS 1-n
(Mayer et al., 2011). Das ambitiöse Forschungsvorhaben wird über acht Jahre in drei Multicenter- und 34 Teilstudien umgesetzt, wobei moderierende (psychosoziale) Risikofak toren in drei Multicenter- sowie 11 Teilstudien untersucht werden (Abb. 1a, b). Sukzessive nähert man sich über verschiedene Studienabfolgen der Gesamtzielsetzung des Projektes an. Der vorliegende Beitrag muss daher als ein Ausschnitt gesehen werden und handelt ausschließlich von der methodischen Herangehensweise bei der Entwicklung einer Diagnostik von psychosozialen Risikofaktoren. Hier bei wird vor allem deren Einfluss auf die Entwicklung von ( chronischen) Schmerzen sowie ihre moderierende Wir kung auf die Anpassung an körperliches Training näher betrachtet. Art und Formate des körperlichen Trainings selbst werden an anderer Stelle erörtert (Mayer, Arampatzis, Banzer, Beck, Brüggemann et al., 2018).
Trainingszustand
Abbildung 1b. Untersuchung der Flag-Oberkategorien im Gesamt bereich in den Multicenterstudien sowie Generierung von Detailwissen pro Kategorie in Teilstudien.
Definition der Diagnostik psychosozialer Risikofaktoren
sich aus diesem Grund nicht an. Aufgrund der kurzen Vor hersagezeiträume und dem z. T. fehlenden Einbezug sozialer Ressourcen sollen diese Screeningtools optimiert werden (Karran, McAuley, Traeger, Hillier, Grabherr et al., 2017). In keinem Fall eignen sie sich für einen Einsatz im Spitzensport und an von CURS betroffenen Athleten und Athletinnen. Denn sie weisen eine andere Versorgungs- und Lebenssitua tion auf als die Allgemeinbevölkerung (Wippert, 2016) und unterscheiden sich hinsichtlich ihrer Schmerztoleranz (Tes arz, Schuster, Hartmann, Gerhardt & Eich, 2012), Stressbe lastung (Raedeke & Smith, 2004) und dem Trainingsumfang von der allgemeinen Zivilbevölkerung. An dieser Stelle setzt das bundesweite Forschungsprojekt Medicine in Spine Exercise (MiSpEx) an. Darin sollen eine funktionsbezogene Diagnostik sowie präventive und thera peutische Interventionen entwickelt werden. Es sollen Ziel größen extrahiert werden, die zum einen das „[…] Risiko bzw. die Risikoreduktion möglicher Rückenbeschwerden definieren [Rumpf-Präventionsindex RPI] und zum anderen im Rahmen einer sinnvollen und zielgerichteten Diagnostik [Rumpf-Funktions- und Stabilitätsindex, RFSI] eingesetzt werden können …“ (Mayer, Wippert, Duda, Arampatzis, Streich et al., 2011). Zielsetzung ist die Bestimmung einer individuellen Adaptationsschwelle und die differenzierte Erfassung individueller und moderierender Faktoren, die diese beeinflussen können und damit zum Erfolg einer Behandlung beitragen oder diesen vermindern. Diese Diffe renzierung in Non-Responder und Responder (auf körperli che Aktivität / Training) soll sowohl für die Allgemeinbevöl kerung als auch den Spitzensportkontext anwendbar sein
Entsprechend den eingangs beschriebenen Anforderun gen der NVL wird ein schnell durchführbares Screening gesucht, dass anhand weniger Fragen eine Einschätzung des Einflusses von vorhandenen psychosozialen Risiko faktoren sowohl bei Sportlerinnen und Sportlern als auch bei Patientinnen und Patienten erlaubt. Das Screening soll dabei erkennen können, 1. wie hoch das Risiko für eine Schmerzchronifizierung, Beeinträchtigung oder längere Ausfallzeit ist (Risikoin dex, RSI) 2. ob eine individuelle Risikolage vorliegt, die eine NonResponse auf unimodales Training erwarten lässt und eine gezielte Behandlungs- oder Trainingsempfehlung zu stratifizierten multimodalen Interventionsformen notwendig macht (Präventionsindex, RPI-S).
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Beide Indizes können im späteren Projektverlauf dem geplanten Rumpf-, Funktion-Stabilitäts-Index (RSFI) und Rumpf-Präventions-Index (RPI) zugeordnet werden oder diesen ergänzen.
Methode Rationale Die Entwicklung und Validierung der beiden Screenings orientiert sich an der PROGnosis RESearch Strategy (He © 2019 Hogrefe Verlag
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mingway, Riley & Altman, 2009) zur Erforschung klini scher Ergebnisse. Nach einer Definition von modifizier baren Merkmalen als relevante Risikofaktoren (Riley, Hayden, Steyerberg, Moons, Abrams et al., 2013), wird ein prognostisches Modell über das Zusammenwirken einzel ner Risikofaktoren erstellt (Steyerberg, Moons, van der Windt, Hayden, Perel et al., 2013) sowie die Screening verfahren entwickelt und validiert (Steyerberg & Harrell, 2016). Im Anschluss daran werden individuelle Behand lungsangebote zur Verringerung chronischer Verläufe aufgestellt und geprüft (Hingorani, van der Windt, Riley, Abrams, Moons et al., 2013). Die PROGRESS Qualitäts standards unterscheiden sich gegenüber ambulanten As sessment Methoden (Trull & Ebner-Priemer, 2014) oder Meta-Analysen (Davis, Mengersen, Bennett & Mazerolle, 2014) vor allem darin, dass sie einen direkten Vergleich von modifizierbaren Risikofaktoren ebenso erlauben, wie darauf aufbauend individualisierte Therapieangebote. Ein weiterer Unterschied liegt in dem Aufbau einer stringenten Forschungs- und Entwicklungsstrategie, die über verschie dene Populationen hinweg verfolgt werden kann und verschiedene Validierungsschritte zulässt (Steyerberg & Harrell, 2016). Beides setzt jedoch eine prospektive Planung, bereits bei Antragstellung und vor der ersten Erhebungswelle, voraus. Dabei kann die praktische Um setzung anhand zwei grundlegend verschiedener metho discher Herangehensweisen – eine „klinische“ und eine „biostatistisch / mathematische“ – erfolgen, deren Vor- und Nachteile für die Identifikation des wichtigsten Vorher sagemerkmals heftig diskutiert werden (Main et al., 2012): die klinische Herangehensweise stützt sich vor allem auf praktische Erfahrungswerte und Expertisen und gerät we gen möglicher persönlicher Vorlieben der Expertinnen und Experten in die Kritik. Die statistisch-mathematische Her angehensweise präferiert schnelle Algorithmen in großen Populationsdatensätzen, schließt jedoch überwiegend den Faktor Mensch und Expertenansicht aus (Linton, Gross, Schultz, Main, Côté et al., 2005). Für die Entwicklung der hier beschriebenen Diagnostik wurden daher sowohl klinisch prognostische als auch statistisch-mathematische Herangehensweise berücksichtigt (Wippert, Puschmann, Drießlein, Arampatzis, Banzer et al., 2017c). Diese Ent scheidung basiert vor allem darauf, dass der geplante Ein schluss von mehreren Flaggenfaktoren hochdimensionale Datensätze produziert, die sich vor allem mit Algorithmen gut analysieren lassen.
Umsetzung Die PROGRESS Schritte wurden innerhalb der drei Multi centerstudien (Diagnostikstudie ZSA, Machbar keitsstudie MSB und Multicenterstudie MCSB) umge © 2019 Hogrefe Verlag
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setzt. In die Definition von modifizierbaren Risiko faktoren [ PROGRESS 1, (Riley et al., 2013)] wurden Flaggenfaktoren aus allen Kategorien („yellow“, „blue“, „black“, „orange“) berücksichtigt, die literaturbasiert und nach Ansicht von Expertinnen und Experten als relevant angesehen wurden (Main et al., 2012). Die einzelnen Risi kofaktoren (z.B. Depression, Fear Avoidance, Distress, etc.) wurden für eine einfachere Handhabung vier Ober kategorien zugeordnet („Trainingszustand“, „Schmerzer leben“, „psychophysischer Stress“, „Versorgungskontext“, „Lebenskontext“) und in allen Multicenterstudien im direkten Vergleich erhoben. Die Teils tudien hingegen widmeten sich Fragestellungen aus einzelnen Kategorien [z. B. Stress (Wippert, 2011), Schmerzerleben (Hasen bring, Kleinert & Kellmann, 2011a) u. a.]. Um ein späteres Daten-Pooling zu ermöglichen, wurde auf einheitliche Operationalisierung und Erhebungsinstrumente Wert ge legt. Als Zielkriterium wurde die Schmerzintensität und -beeinträchtigung (Von Korff, Ormel, Keefe & D workin, 1992) festgelegt. Durch diese Herangehensweise ent stand eine komplexe Studienanlage mit vielfältigen Ana lysemöglichkeiten, angefangen von Einzelstudien und Meta-Analysen, bis hin zu Datenpooling und systemati schen Reviews. Diagnostikstudie ZSA In der zweijährigen längsschnittlichen Beobachtungsstu die (7 Messzeitpunkte, n = 1200, Alter: 40 ± 13 Jahre) wur den die Oberkategorien (Schmerzerleben, Stress, Lebens-, Versorgungskontext) sowie der Trainingszustand anhand von standardisierten Fragebogen webbasiert erhoben [De sign siehe (Wippert et al., 2017c)], so dass eine dezentrale Datenaufnahme an den beteiligten Prüfzentren / Universi tätskliniken sichergestellt war. Einsatz und Rotation der Fragebogen erfolgte auf Basis des vorab entwickelten prog nostischen Modells über das Zusammenwirken der unter suchten Risikofaktoren [PROGRESS 2, (Steyerberg et al., 2013)]. Gemäß der GCP-Richtlinien wurden standardisier te Fragebogen eingesetzt, die sowohl im Sport als auch in der Allgemeinbevölkerung praktikabel waren und in einem vorab Test-Retest-Vergleich (u. a. Intra-Klassen-Korrelati onsanalyse) valide Werte erzielten. Fragebogen-Konstruk te, die als wichtig erachtet wurden – jedoch diesen Kriteri en nicht standhielten wurden nur in Teilstudien eingesetzt. Die beiden Screenings (RSI und RPI-S) wurden sodann auf Basis der ZSA Basismessung und der 1-Jahres-Follow-up Messung entwickelt und im Anschluss in mehreren Schritten validiert [PROGRESS 3, (Steyerberg et al., 2013)] (Abb. 2). Da multiple Regressionsmodelle nur eine Reduktion auf Skalenebene erreichen und sich damit kein ökonomisches Kurzscreening realisieren lässt, wurden verschiedene sta tistisch-mathematische Herangehensweisen einer Selekti on der wichtigsten Einflussgrößen auf Itemebene für die Zeitschrift für Sportpsychologie (2019), 26 (1), 25–35
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Herleitung der Screenings diskutiert. Dabei ging es unter anderem darum, ob solche Verfahren für die vorliegende Forschungsfrage adäquat sind und welche Verfahren ggf. geeignet sind. Schlussendlich wurden Regression Trees [CART, (Breiman, Friedman, Olshen & Stone, 1984)] aus geschlossen und sich für Least Absolute Shrinkage Regres sionsverfahren entschieden. Zudem wurde eine Daten simulation durchgeführt [LDPE (Tibshirani, 1996; Zou, 2006)] und Multi Sample Splitting [MSS (Wasserman & Roeder, 2009)] in der die Qualität einer Angabe von p-Werten überprüft wurde. Auf Basis der Ergebnisse (Driesslein, Küchenhoff, Tutz & Wippert, 2017) wurden anhand einer LDPE 10-fach Kreuzvalidierung, die wich tigsten Prädiktoren und für den RSI aus 208 Einfluss größen final 17 Items für die Vorhersage der Schmerzinten sität und 8 Items für die Vorhersage der Beeinträchtigung durch Schmerzen innerhalb eines Jahres selektiert. Die interne Validität und der Prognosefehler des so ent standenen „5 Minuten“ Screenings wurden im Anschluss anhand des Root Mean Square Errors [RMSE (Rüschendorf, 2014)] berechnet. So konnte der Schätzfehler zwischen der Vorhersage und dem tatsächlichen Wert (RMSE) ein Jahr nach der Basismessung identifiziert werden, der in etwa 15 Punkte auf der Korff Schmerzskala (min. 0 Punkte bis max. 100 Punkte) beträgt. Für ein Verständnis der Qualität und Güte des Screenings (Sensitivität: Anteil richtig positiv erkannter Schmerzkranker an allen Kranken versus Spezifi tät: Anteil richtig negativ erkannter Schmerzkranker an den
PROGRESS 1, 2 Multicenter ZSA
• Definition relevanter Risikofaktoren, Expertenmeinung • Theoriebildung & Entwicklung prognostisches Modell
Nicht-Kranken (Diskriminationsgüte)), wurden Receiver Operating Characteristics [ROC-Kurven (Murphy, Berwick, Weinstein, Borus, Budman et al., 1987)] und optimale Diskriminationsschwellen (Metz, 1978) für die Allgemein bevölkerung berechnet. Die Fläche unter der ROC-Kurve [Schmerzintensität: AUC = 0.81 und Beeinträchtigung: AUC = 0.74)], als Indikator für die Güte des RSI kann als gut angesehen werden (Wippert et al., 2017c). Das gleiche Vorgehen wurde dann auch für die Entwick lung des RPI-S angewandt. Hier wurden jedoch die Flag genkategorien („Schmerzerleben“, „Stress“, „Lebenskon text“, „Versorgungskontext“) einzeln selektiert. Final konnten so mindestens 3 bis maximal 16 Items gewonnen werden, die eine Abschätzung des Risikoprofils für eine in dividualisierte uni- oder multimodale Trainingsempfeh lung erlauben. Der Schätzfehler RMSE auf der Korff-Skala (0 – 100 Punkte) liegt in den einzelnen Kategorien zwischen min. 13 bis max. 19 Punkten. Die Diskriminationsgüte für die verschiedenen Kategorien liegt in einem v ergleichbaren Bereich zum RSI. Die Likelihood Ratios zeigen an, dass das Screening eine wesentliche Verbesserung der Entscheidung der Behandelnden oder Athletenbetreuenden bezüglich ei ner uni- oder multimodalen T herapie- / Trainingsempfeh lung mit sich bringt (Wippert et al., 2017c). In der Entwicklung beider Screenings wurden die Varia blen Schmerz, Geschlecht, Alter, Studienzentrum sowie beim RPI-S zusätzlich Lebensstil und Trainingsaktivität, um eine Moderation der Trainingseffekte durch psychoso
• Test-Retest, ICC Analysen gemäß GCP • Experten Auswahl Testbatterie
Diagnostikstudie ZSA
Multiple Regressionsanalysen Screening auf Skalenebene
Selektionsmodelle Welches Verfahren?
Simulationsstudie, LDPE vs. MSS
Entwicklung uni-, multimodale Intervention
LDPE Selektion auf Itemebene Prognosefehler RMSE Interne Validierung
1. Interne-Externe Validierung ZSA im 1-Jahres Follow up auf 2-Jahres Follow 2. Externe Validierung in MSB 3. Praktische Relevanz in MSB
Diskriminationsgüte, ROC Analyse für Allgemeinbevölkerung
Diskriminationsgüte, ROC Analyse für Athleten
PROGRESS 4 Multicenter MSB, MCSB
PROGRESS 3 Multicenter ZSA, MSB
⍀ Ökonomie ⇡ Multikolinearität
Integration Ergebnisse aus ZSA &Teilstudien in Zentralstudie MSB
MCSB: Reduktion der Testbatterie auf in ZSA, MSB, Teilstudien als valide identifizierten moderierenden Faktoren und Screenings Optimierung der Intervention sowie 2. externe Validierung und praktische Relevanz der Screenings
a priori Stratifizierung in Nachfolgestudien
Abbildung 2. Methodische Rationale der Screeningtoolentwicklung innerhalb der Multicenterstudien ZSA, MSB und MCSB. Zeitschrift für Sportpsychologie (2019), 26 (1), 25–35
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ziale Faktoren zu berücksichtigen, kontrolliert. Hohe Wer te in RPI-S Kategorien sind ein Hinweis darauf, dass ein isoliertes körperliches Training nicht die optimalen und gewünschten Effekte erreicht und psychosoziale oder sportpsychologische Therapiemodule begleitend oder vorab ergänzt werden sollten (Wippert & Wiebking, 2018). Die interne-externe Validierung des RSI und RPI-S fand sodann an einem alternativen Sample der ZSA (Berechnung RMSE 1-Jahres-Messung auf 2-Jahres-Messung) statt. Eine externe Validierung und Überprüfung der praktischen Re levanz fand in der sich anschließenden Interventionsstudie MSB statt und ist für die Multicenterstudie MCSB ebenfalls vorgesehen (siehe Abb. 3). Am Anschluss an die erste exter ne Validierung wurden die Screenings auf den Spitzensport kontext übertragen und Diskriminationsschwellen für Ath letinnen und Athleten berechnet (Wippert, Puschmann, Arampatzis, Schiltenwolf & Mayer, 2017b). Machbarkeitsstudie MSB Für den vierten Schritt [PROGRESS 4, (Hingorani et al., 2013)] war nun zu untersuchen, inwiefern sich auf Basis der Screenings individuelle Interventionsangebote zur Verrin gerung chronischer Verläufe eröffnen lassen. Entsprechen de (sport)psychologische Behandlungsangebote und Trai ningsformen wurden im Rahmen der Machbarkeitsstudie (Multicenter-Interventionsstudie MSB, 6-Monate, 5 Mess zeitpunkte, n = 744, Alter: 40 ± 13 Jahre, Trial Register Nr. DRKS00004977 am 16. Mai 2013) sowie in Teilstudien (Hasenbring, Kleinert & Kellmann, 2011b, 2014; Schilten wolf, 2014; Wippert & de Witt Huberts, 2014) entwickelt und evaluiert. Die Machbarkeitsstudie ist eine dreiarmige randomisierte kontrollierte Studie, die neben einer Kont rollgruppe, eine unimodale Trainingsgruppe (sensomotori sches Training) und eine multimodale Trainingsgruppe (sensomotorisches Training und verhaltenstherapeutisches Modul (VT-Modul)) enthält. Beide Trainingsformen konn ten individualisiert zusammengestellt und nach einer drei wöchigen Kliniktrainingsphase weitere neun Wochen zu Hause anhand einer DVD Anleitung weitergeführt werden.
Entwicklungs-Sample Studie ZSA
Sowohl das sensomotorische Training als auch das VTModul eignen sich durch ihre unterschiedlichen Schwierig keitsgrade und kurze Dauer für die präventive als auch therapeutische Arbeit. Das VT-Modul selbst setzte sich aus psychosozialen / sportpsychologischen Therapiemodu len zusammen: a) Edukation (für die Flag Kategorie Le bens- und Versorgungskontext), b) kognitiv-behaviorale Aufgaben zur Schmerzmodulation während des senso motorischen Trainings (für die Flag Kategorie Schmerz erleben) sowie c) einem Body Scan (für die Flag Kategorie psychophysiologischen Stress). Die Zusammenstellung der VT-Module zielt auf Emergenzeffekte der Schmerzmodula tion und neuromuskulären Adaptation ab (Wippert, de Witt Huberts, Klipker, Gantz, Schiltenwolf et al., 2015) und unterscheidet sich dadurch erheblich von bisherigen klassi schen multimodalen Programmen, die körperliche und mentale Module weitestgehend inhaltlich unabhängig von einander anbieten (Kamper et al., 2014; van Erp, Huijnen, Köke, Abbink, den Hollander et al., 2017). Die Wirksamkeit der intendierten Emergenzeffekte wird in einer Teilstudie mittels bildgebender Verfahren evaluiert (Wippert & de Witt Huberts, 2014). Weitere Teilstudien beschäftigen sich mit der Optimierung edukativer Maßnahmen von Thera peutinnen und Therapeuten und dem Transfer auf Pa tientinnen und Patienten sowie Athletinnen und Athleten (Hasenbring et al., 2014). Die Auswertung der Multicenterstudie erstreckt sich auf eine Überprüfung der Wirksamkeit der angebotenen Trai ningsformen (u. a. hierarchisch lineare Multilevel Modelle und Wachstumskurvenmodelle) und der Moderation des Trainings durch Flaggenfaktoren (u. a. lineare Interaktions modelle). In der Multicenterstudie MSB findet außerdem eine externe Validierung der in der Diagnostikstudie ZSA entwickelten Screenings RSI und RPI-S statt. Diese bezieht sich sowohl auf die Validität der Vorhersagegenauigkeit in der neuen Stichprobe als auch auf einen kürzeren Vorhersa gezeitraum (u. a. Root Mean Square Errors, Zeitraum 6 Mo nate). Zudem wird evaluiert, ob Teilnehmer oder Teilneh merinnen, die ein höheres Risikoprofil in Kategorien des
Interventions-Sample Studie MSB
Sample Baseline und 1-Jahres Follow up
Sample 1-Jahres und 2-Jahres Follow up
Sample 100% Zeitrahmen 6 Monate
RSI, RPI-S Entwicklung Interne Validierung
RSI, RPI-S interneexterne Validierung
RSI, RPI-S 1. Externe Validierung 2. Praktische Relevanz
Validierungs-Sample Studie MCSB
RSI, RPI-S 2. Externe Validierung 2. Praktische Relevanz
Abbildung 3. Schematische Repräsentation der Validierungsschritte von RSI und RPI-S. © 2019 Hogrefe Verlag
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RPI-S zeigen mehr von der multimodalen Trainingsform profitieren können. Damit konnte in diesem Studien abschnitt geklärt werden, inwiefern eine stratifizierte Zu ordnung auf Basis des RPI-S zu einer multimodalen Trai ningsintervention Erfolg bringen kann und inwieweit die entwickelten Diagnostik / Screening-Instrumente RSI und RPI-S in einer neuen Stichprobe Gültigkeit besitzen. Multicenterstudie MCSB In der dritten bundesweiten Multicenterstudie B [MCSB, 12-Monate, 5 Messzeitpunkte, n = 1600, Trial Registration ID DRKS00010129, am 3. März, 2016, (Niederer, Vogt, Wippert, Puschmann, Pfeifer et al., 2016)] wird sich zu gunsten einer Erhöhung der Teststärke nur auf die Adapta tionsfähigkeit muskulärer und neuronaler Strukturen auf ein unimodales sensomotorisches Training mit Pertubati on vs. Kontrollgruppe fokussiert (Mayer, 2014). In dieser letzten Multicenterstudie ist eine weitere externe Validie rung der entwickelten Diagnostika (Überprüfung der Schätzgenauigkeit und Diskriminationsgüte von RSI und RPI-S) und ein Vergleich zwischen den in MiSpEx entwi ckelten Screenern (in ZSA und den genannten Teilstudien) und dem bisher „Golden Standard Screener“ STarT-Back (Hill et al., 2016) sowie eine Optimierung der Interventi onsmodule geplant. Schlussendlich wird in dieser Projekt phase der Nutzen einer stratifizierten Trainingszuordnung mit Hilfe des RPI-S dann auch in zwei Teilstudien an Ath letinnen und Athleten sowie Schmerzpatientinnen und -patienten mit Hilfe komplexeren Untersuchungsverfah ren (physiologischen und bildgebenden Methoden) getes tet (Wippert & de Witt Huberts, 2014).
Diskurs und Ausblick Entwickelt wurden bislang zwei Diagnostikinstrumente, die zum einen das Risiko einer Person der Entwicklung chronischer Rückenschmerzen auf Basis der Existenz psy chosozialer Risikofaktoren abschätzen (RSI) und zum an deren eine vertiefte Diagnostik einzelner Risikobereiche, und damit einhergehend eine konkrete stratifizierte Zu weisung zu multimodalen Trainingsinterventionen er möglichen (RPI-S) (Wippert et al., 2017c). Die Screenings bieten Klassifikationsschwellen für die Allgemeinbevölke rung sowie für Athletinnen und Athleten und lassen sich in beiden Settings einsetzen. Inwiefern sich die Screenings in den final geplanten RSFI oder RPI integrieren lassen oder jenen unabhängig ergänzen, bzw. noch weitere Optimie rungen folgen, ist in den ausstehenden Hauptauswertun gen noch zu überprüfen. Das „Work-on-Progress“ Vor gehen dauert noch an und lässt einige Analyse- und Entwicklungsoptionen offen. Zeitschrift für Sportpsychologie (2019), 26 (1), 25–35
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Im Vergleich zu den eingangs genannten Screeningver fahren aus der Allgemeinbevölkerung zeigen der RSI und der RPI-S ein besseres Abschneiden und konnten durch das algorithmenbasierte Vorgehen aus einem deutlich größeren Variablenpool abgeleitet werden. Damit schließt ein Screening erstmals neben yellow auch blue, black und orange Flags ein; erstmalig ist auch eine exakte Vorhersage eines erwartbaren Schmerzwertes und ein Einbezug der Moderation von Training durch psychosoziale Risikofakto ren möglich. Alleinstellungsmerkmal ist weiterhin die Gewährleistung eines „Screen to specific treatment“ an stelle eines „Screen in“ oder „Screen out“ von uni-, vs. mul timodalem Treatment. Eine frühzeitige Erkennung mögli cher persistenter Schmerzprobleme ist aus ökonomischer Perspektive in der Allgemeinbevölkerung und aus Karriere perspektive im Spitzensport hochrelevant. Es ist zudem denkbar, dass eine zukünftige Weiterentwicklung der (sport)psychologischen Module eine verbesserte Betreu ung von Athletinnen und Athleten sowie eine stratifizierte Zuordnung zu Trainingsmodulen und damit eine Individu alisierung der Belange von Athletinnen und Athleten mit sich bringt. Gerade in Bezug auf die final herausgearbeitete Individualisierung zeigt das Forschungsprojekt, dass Kenntnisse der sportpsychologischen Arbeit nicht nur auf sportwissenschaftliche Fragestellungen begrenzt bleiben sollten, sondern einen enormen Mehrwert für die Gesund heitsforschung zu bieten hat. Der hier aufgezeigte Weg von Entwicklungsstrategien in der Allgemeinbevölkerung und dem nachfolgenden Transfer auf den Leistungssport ermöglicht andere Stichprobengrößen und methodische Herangehensweisen, die im Spitzensportkontext nicht leistbar wären. Die Forschung innerhalb der relativ ge schlossenen Forschergruppe des Spitzensport wiederum ermöglicht eine stringente analytische Orientierung und die Analyse von Details (z. B. zur Dosis-Wirkung), wie es sich in Forschungsarbeiten an der Zivilbevölkerung kaum realisieren lässt. Diese Transfer-Chancen könnten stärker genutzt werden und auch in eine politische Argumentation einer stärkeren Beteiligung sportwissenschaftlicher Frage stellungen in der Gesamtgesellschaft führen. Wenngleich über die Studienanlage hinweg immer wieder Prüfsequenzen hinsichtlich der Wahl des metho dischen Vorgehens durchgeführt wurden, gibt es Limita tionen: 1) Die Wesentlichste ist, dass die a priori Stratifi zierung anhand des Screenings für die MCSB nicht wie geplant durchgeführt werden konnte. Auch konnte in der MCSB kein uni-, vs. multimodales Design realisiert wer den. Dies ist auf die benötigte Effektstärke pro Interventi onsgruppe und der damit verbundenen benötigten hohen Zahl an Studienteilnehmern (n > 1500 VP) zurückzufüh ren, was bei den vorhandenen ökonomischen Ressourcen unrealistisch war. Damit wurde dem unimodalen Training der Vorzug gegeben und „wider besseres Wissen“ eine a © 2019 Hogrefe Verlag
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priori Stratifizierung außen vor gelassen (Hill, Whitehurst, Lewis, Bryan, Dunn et al., 2011). 2) Die präsentierten Vali dierungsschritte für den RSI und RPI-S beinhalten interna le, internal-externale Validierungssequenzen und Split Sample Vorgehen, jedoch keine klassische Cross-Validati on innerhalb der internal-external Validierung (Steyerberg & Harrell, 2016). Eine solche Berechnung wäre prinzipiell möglich, da mehrere Studienzentren an der ZSA beteiligt waren, stand aber nicht im Fokus des Interesses. 3) Die Selektion auf Itemebene wird in der Psychologie durchaus kritisch diskutiert und entspringt einer naturwissenschaft lichen Herangehensweise. Jedoch sollten solche Verfahren intensiver diskutiert werden, da sie an Schnittstellen zwischen Psychologie, Soziologie, Medizin und Biologie zu gemeinsamen Ergebnissen führen könnten. Maschine Learning Ansätze finden ohnehin verstärkt Zugang in die Fachwelt. 4) Limitation bestehen ggf. auch hinsichtlich von Verfahren, die im Rahmen von GCP Guidelines gefordert, aus der psychologischen Perspektive eher ungewöhnlich sind (z. B. vorab ICC Analysen von psychologischen Tests). 5) Erhebliche Schwierigkeiten in der Realisierung einer stringenten methodischen Durchführung der Studien erga ben sich in der Praxis (u. a. durch Fluktuation, unterschied lichen inhaltlichen Ansichten oder fachbezogenen Stan dards etc.), die für die Gewährleistung eines finalen Projekterfolges nicht unterschätzt werden dürfen.
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Sportpsychologie Digest Die Rubrik „Sportpsychologie Digest“ liefert Überblicke über interessante und aktuelle Artikel aus der Sportpsychologie. Einreichungen für diese Rubrik nimmt gern Chris Englert (Englert@sport.uni-frankfurt.de) als verantwortlicher Herausgeber entgegen.
Macht sportliche Betätigung schlau?! Schon im alten Rom parodierte der Dichter Juvenal den „Sportwahn“ seiner Zeit, indem er schrieb: „Beten sollte man darum, dass in einem gesunden Körper auch ein gesun der Geist stecken möge.“ Dass dieser Spruch bis heute oft mals fehlerhaft zitiert wurde, liegt weniger an Juvenals sati rischen Fähigkeiten, als daran, dass dieser Spruch häufig falsch (nämlich mit: „in einem gesunden Körper wohnt ein gesunder Geist“) überliefert wurde. Schon damals wollten also die Menschen glauben, dass ein gut funktionierender Körper, zum Beispiel der Körper eines trainierten Sportlers, einen klugen Kopf trägt. Heutzutage ist Juvenals falsche Überlieferung schon fast Allgemeingut geworden, obwohl immer mehr Menschen inaktiv sind. Die bisherige Forschung aber scheint Juvenals Spruch zu bestätigen. So konnte unter anderem gezeigt werden, dass inaktives Verhalten zunimmt und der Zusammenhang von Bewegungsmangel mit physischer Gesundheit und kogniti ver Entwicklung evident zu sein scheint. Als Folge daraus erschien bereits im Jahr 2008 das Motto „be smart, exercise your heart“.
Neue Forschung im Widerspruch? Adele Diamond und Daphne Ling kamen aber in einem aktu ellen Kommentar zu einem scheinbar entgegen gesetzten Schluss: Laut ihnen sind sportliche Aktivitäten wie Ausdau er- und Krafttraining mitunter am wenigsten geeignet die ko gnitive Entwicklung zu fördern. Nach Meinung der Autorin nen kann die sportliche Aktivität die kognitiven Funktionen und Entwicklung aber unter Berücksichtigung bestimmter Bedingungen und als ganzheitliche sportliche Aktivität för dern. Daher unterscheiden sie neuerdings zwischen isolier ter körperlicher Übung (bspw. Ausdauer- oder Krafttrainings) und sportlicher Aktivität, deren Aufgabenanforderungen sie als ganzheitlicher und weit über die physiologische Bean spruchung hinausgehend ansehen. Außerdem gehen sie da von aus, dass sportliche Aktivität nicht ausschließlich zur frü hen Spezialisierung, leistungsorientiert, repetitiv, intensiv und stressig betrieben werden darf. Sondern sollte sie: (1.) die kognitiven Funktionen immer wieder aufs Neue und auf un Zeitschrift für Sportpsychologie (2019), 26 (1), 36–38
terschiedliche Weise herausfordern; (2.) persönlich bedeu tungsvoll sein und ein Engagement der Teilnehmer an der Aktivität und untereinander fördern; (3.) von einem Mentor angeleitet werden und (4.) Freude bereiten, Stressgefühle re duzieren und das Selbstbewusstsein fördern.
Praxis – Wissenschaft Sie untermauern somit das, was in der Praxis (bspw. in Kin dersportschulen) schon umgesetzt wird: Für eine positive Entwicklung sollte Kindern und Jugendlichen die Möglich keit gegeben werden, vielfältig Sport zu treiben. Im Ver gleich zu dekontextualisierten Trainings können vielfältige und abwechslungsreiche Angebote Kinder und Jugendliche begeistern und dauerhaft an den Sport binden. Die emotio nale Bindung an eine körperlich und kognitiv herausfor dernde Aktivität kann damit zu einer gelungenen kognitiven Entwicklung beitragen. Diese neue Entwicklung hat zur Folge, dass sich ein zunehmender Teil der Wissenschaft mit der sportlichen Aktivität als ganzheitliches Konstrukt befasst. Dies führt zwangsweise zur Berücksichtigung von motorischen, kog nitiven, emotionalen und sozialen Aufgabenanforderungen innerhalb der Aktivität, und der Untersuchung deren Ein fluss auf die kognitiven Funktionen. Um zum Abschluss nochmals auf den eingangs zitierten Juvenal zurückzukom men: Für die Förderung eines gesunden Geistes hilft nicht ausschließlich Beten, sondern die richtige sportliche Aktivi tät auf eine richtige Art und Weise auszuüben. Diamond, A. & Ling, D. S. (2018). Aerobic-Exercise and resistancetraining interventions have been among the least effective ways to improve executive functions of any method tried thus far. Advance online publication Developmental Cognitive Neuro science. https://doi.org/10.1016/j.dcn.2018.05.001 Sofia Anzeneder und Valentin Benzing Institut für Sportwissenschaft, Universität Bern s.anzeneder@gmail.com valentin.benzing@ispw.unibe.ch https://doi.org/10.1026/1612-5010/a000252 © 2019 Hogrefe Verlag
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Wie wirkt sich Ärger auf die sportliche Leistung aus? Eine experimentelle Studie im Fechten Frederik bereitet sich monatelang intensiv auf die deut schen Meisterschaften im Weitsprung vor und kann viel versprechende Ergebnisse in der Qualifikation aufweisen. Am Wettkampftag ruft er jedoch wiederholt nicht seine Leistung ab. Annika wird wieder nur zehn Minuten vor dem Spielende eingewechselt, obwohl sie letzte Woche nach ihrer Einwechslung stark gespielt hat. Im Sport gibt es viele Situationen, in denen Athlet_innen Ärger erleben können. Theoretische Überlegungen und empirische Be funde aus dem Sport legen nahe, dass Ärger sowohl hin derlich als auch förderlich für die sportliche Leistung sein kann. Einerseits wird angenommen, dass sich Ärger nega tiv auf Aufgaben auswirkt, die ein hohes Maß an Präzision und Konzentration erfordern. Anderseits wird postuliert, dass die erhöhte Aktivität des sympathischen Nervensys tems zu einer verbesserten Leistung bei solchen Aufgaben führt, die Kraft und Schnelligkeit erfordern. Fechten ist eine Sportart, die sowohl Kraft und Schnel ligkeit als auch Präzision erfordert. Aus diesem Grund ha ben Zur und Kollegen (2018) zur Überprüfung der postu lierten Annahmen eine Studie mit zwei professionellen Fechterinnen und einer Fechterin sowie einem Fechter aus dem Amateurbereich durchgeführt. In einem Messwie derholungsdesign durchliefen die Probanden drei Phasen: 1. Neutrale Phase (Baseline-Messung) 2. Interventionsphase (Ärger-Induktion durch Skript) 3. Neutrale Phase (Überprüfung, ob sich der postulierte Effekt der Induktion über die Zeit wieder verringert) Im Vergleich zu den bisherigen Studien (z. B. Woodman et al., 2009) sind zwei methodische Aspekte hervorzu heben. Erstens ermöglichte die Instruktion, mit einem Florett so schnell und akkurat wie möglich nach einem Signal auf eine Zielscheibe zu schlagen, die Messung von drei sportrelevanten objektiven Indikatoren: Präzision, Reaktionszeit, und Muskelaktivität. Zweitens wurden zusätzlich zum erlebten Ärger der Puls, die Hautleitfä higkeit und die Gesichtstemperatur als physiologische Parameter gemessen.
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Die Ergebnisse zeigen erwartungsgemäß einen stärke ren selbstberichteten Ärger in der Phase, in der Ärger in duziert wurde. Während bei den professionellen Fechte rinnen ein Effekt bei der Hautleitfähigkeit und dem Puls festzustellen ist, gab es keine systematischen Veränderun gen auf physiologischer Ebene bei den Fechter_Innen aus dem Amateurbereich. In Bezug auf die Auswirkungen von Ärger hat sich nach der Ärger-Induktion bei allen Proban den eine Abnahme der Präzision gezeigt, die jedoch bei den Fechter_Innen aus dem Amateurbereich in der dritten Phase nicht wieder zurückging. Bei den Indikatoren für Schnelligkeit und Kraft sind die Ergebnisse eher inkonsis tent. Hier hat sich nur für eine der professionellen Fechte rinnen eine schnellere Reaktionszeit sowie eine erhöhte Muskelaktivität in der Phase der Ärger-Induktion gezeigt. Es bleibt festzuhalten, dass die Ergebnisse die Annahme einer Verschlechterung der Präzision als Folge einer Ärger-Induktion unterstützen. Hingegen lässt sich die Annahme, dass sich Ärger förderlich auf Kraft und Schnel ligkeit auswirkt, nicht bestätigen. Schlussfolgernd sollte diese Studie als ein weiterer Schritt zu einem besseren Verständnis der Beziehung zwischen Ärger und sportli cher Leistung gesehen werden. Insbesondere die verschie denen innovativen Methoden erscheinen vielverspre chend, auch zur Erforschung der generellen Rolle von Emotionen im sportlichen Kontext. Woodman, T., Davis, P. A., Hardy, L., Callow, N., Glasscock, I. & YuillProctor, J. (2009). Emotions and sport performance: An exploration of happiness, hope, and anger. Journal of Sport & Exercise Psychology, 31, 169 – 188. https://doi.org/10.1123/jsep.31.2.169 Zur, I., Cooke, A., Woodman, T., Neil, R. & Udewitz, R. (2018). Don’t make me angry! A psychophysiological examination of the anger-performance relationship in intermediate and elite fencers. Advance online publication. Journal of Applied Sport P sychology. https://doi.org/10.1080/10413200.2018.1464079 Julian Fritsch Karsruher Insitut für Technologie (KIT) Julian.Fritsch@kit.edu https://doi.org/10.1026/1612-5010/a000253
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Feedback matters! Wie virtuelle Realität in der Rehabilitationsrobotik die Gehirnaktivität beeinflusst Sowohl neurologische Erkrankungen als auch fortschrei tendes Alter oder Verletzungen im Sport führen zu moto rischen Einschränkungen, die sich in Gang- und Gleich gewichtsstörungen zeigen und die Autonomie und Lebensqualität der Betroffenen beeinflussen. Aufgrund des technologischen Fortschritts erleben die Rehabili tationsansätze eine Revolution mit zukunftsweisenden Entwicklungen. Konventionelle Therapien wie Physio- oder Ergothera pie werden durch roboter- und computergestützte Systeme ergänzt, die ein frühes, intensives, aufgabenspezifisches sowie multi-sensorisches Training gewährleisten und die neuronale Plastizität bei Patienten steigern können. In Ab hängigkeit des Schweregrades der Beeinträchtigung kön nen Bewegungsabläufe des Patienten unterstützend oder sogar vollständig über robotische Systeme durchgeführt werden (Turner, Ramos-Murguialday, Birbaumer, Hoff mann, & Luft, 2013). Darüber hinaus werden Feedback programme mit virtueller Realität (VR) eingesetzt, die dem Patienten entsprechende Rückmeldung über die eigene Leistung und den Therapiefortschritt bieten. Welche neu rophysiologischen Prozesse durch das Feedback initiiert werden und ob es Unterschiede zwischen verschiedenen Formen des Feedbacks gibt, war lange ungeklärt. Um dies zu untersuchen, absolvierten 11 gesunde Pro banden ein robotergestütztes Gangtraining im Lokomat Pro (Hocoma, Schweiz) mit fünf verschiedenen Feedback bedingungen (Wagner, Solis-Escalante, Scherer, Neuper, & Müller-Putz, 2014). Zum einen sahen sie ihre eigenen Bewegungen im Spiegel, zum anderen steuerten sie mit ihren Bewegungen einen Avatar in einer VR auf einem Bildschirm, entweder aus erster oder aus dritter PersonPerspektive. Zwei weitere Bedingungen (schwarzer Bild schirm mit / ohne Fixationskreuz) dienten als Kontroll bedingungen. Die Gehirnaktivität der Probanden wurde mithilfe der Elektroenzephalographie (EEG) erhoben. Im Vergleich zu den Kontrollbedingungen und dem Spiegel
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Feedback zeigten die Probanden während des interakti ven Feedbacks in der VR eine signifikant niedrigere Power im alpha (8 – 12 Hz), beta (13 – 2 3) und im unteren gamma (23 – 40 Hz) Frequenzband des prämotorisch-parietalen Netzwerks. Wagner et al. (2014) interpretieren die niedri ge Power als erhöhte Hirnaktivität, die visuomotorische und motorische Planungsprozesse wiederspiegelt. An hand dieser Befunde lässt sich mutmaßen, dass eine inter aktive, zielgerichtete VR-Gangtherapie mit bewegungsbe zogenem Feedback motorische Gehirnareale aktiviert, die essentiell für motorisches Lernen sind. Wie sich verschie dene Feedbackprogramme mit und ohne VR auf die Hirn aktivität, Neuroplastizität und den Therapieerfolg bei Pa tienten mit motorischen Beeinträchtigungen auswirken, sind essentielle Fragen für zukünftige Studien, damit die robotergestützten Therapien individuell angepasst, gege benenfalls mit weiteren Therapieverfahren (z. B. trans kranielle elektrische Hirnstimulation) ergänzt und die Re habilitation optimiert werden kann (Teo et al., 2016). Teo, W.-P., Muthalib, M., Yamin, S., Hendy, A. M., Bramstedt, K., Kotsopoulos, E. & Ayaz, H. (2016). Does a Combination of Virtual Reality, Neuromodulation and Neuroimaging Provide a Comprehensive Platform for Neurorehabilitation? A Narrative Review of the Literature. Frontiers in Human Neuroscience, 10, 284. https://doi.org/10.3389/fnhum.2016.00284 Turner, D. L., Ramos-Murguialday, A., Birbaumer, N., Hoffmann, U. & Luft, A. (2013). Neurophysiology of robot-mediated training and therapy: A perspective for future use in clinical populations. Frontiers in Neurology, 4, 184. https://doi.org/10.3389/fneur. 2013.00184 Wagner, J., Solis-Escalante, T., Scherer, R., Neuper, C. & MüllerPutz, G. (2014). It’s how you get there: Walking down a virtual alley activates premotor and parietal areas. Frontiers in Human Neuroscience, 8, 93. https://doi.org/10.3389/fnhum.2014.00093 Alisa Berger Johannes Gutenberg-Universität Mainz alisa.berger@uni-mainz.de https://doi.org/10.1026/1612-5010/a000254
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Nachrichten aus der asp Bericht zur 33. Jahrestagung der Association for Applied Sport Psychology (AASP) Die 33. Jahrestagung der Association for Applied Sport Psy chology (AASP) fand vom 3. – 6. Oktober 2018 in Toron to / Kanada statt. Die gemeinsam mit der Canadian Sport Psychology Association (CSPA) ausgerichtete Konferenz wurde insgesamt von etwa 1.150 Teilnehmerinnen und Teilnehmern aus 25 Ländern besucht und mitgestaltet. Hierzu zählten neben dem Präsidenten der asp, Prof. Bernd Strauß, einige Kolleginnen und Kollegen der Universitäten Münster und Tübingen. In mehr als 100 Workshops, Sym posien, Vorträgen, Arbeitskreisen und Keynote Präsenta tionen bzw. Interviews wurde ein umfassender Einblick in die angewandte Sportpsychologie Nordamerikas geboten. Besonders bemerkenswert war die Keynote Präsenta tion des ersten Abends von John Amaechi zum Thema „Overpromise & Under Deliver: The Story of Organized Sport“. In seinem Vortrag ging John Amaechi intensiv dar auf ein, dass im organisierten und professionellen Sport allzu oft ein Umfeld herrsche, welches nicht für das Wohl der Athletinnen und Athleten optimiert sei. In diesem Zu sammenhang betonte er durchaus mahnend die Rolle der angewandt arbeitenden Sportpsychologinnen und Sport psychologen. Es sei von enormer Wichtigkeit für eben ge nau dieses Wohl der Athletinnen und Athleten auf phy sischer, sozialer und psychischer Ebene Verantwortung zu übernehmen und sich dieser Herausforderung täglich neu zu stellen. In vielen Gesprächen während der gesamten Ta gung war zu hören und zu spüren, wie hervorragend John Amaechi ein absolut wichtiges und notwendiges, sowie gleichzeitig viel zu selten ausgesprochenes – wenn nicht sogar verschwiegenes – Thema in seinem Vortrag anhand verschiedener Beispiele eindrucksvoll präsentiert hat. Leider konnten die drei weiteren Keynote Präsentatio nen nicht mit der Qualität der ersten mithalten. Während zwei Präsentationen als Interviews mit Mark Shapiro, dem Präsidenten der Toronto Blue Jays bzw. mit Eric Lindros, einem Mitglied der Eishockey Hall of Fame und dem Emp fänger des 2018 Performance Excellence Awards geführt wurden, beschäftigte sich Penny Werthner in der von ihr gehaltenen Coleman Griffith Lecture mit dem Thema „Tak ing the Pulse and Looking to the Future“. Zusätzlich zu die sen Interviews und Präsentationen erhielten die Konferenz teilnehmer in einer Keynote Podiumsdiskussion von und © 2019 Hogrefe Verlag
mit angewandt arbeitenden Sportpsychologinnen und Sportpsychologen aus Kanada, den USA und Schweden in teressante Einblicke in persönliche Erfahrungen während der Olympischen Spiele 2018 in PyeongChang. In insgesamt mehr als 80 Workshops, Symposien, Vor trägen und Podiumsdiskussionen wurde eine Vielzahl ver schiedener Themen abgedeckt. Diese behandelten sowohl Themen wie die Ausbildung von Sportpsychologinnen und Sportpsychologen, die Entwicklung neuer Programme zur Förderung von z. B. Achtsamkeit oder dem Umgang mit Stress bei Athletinnen und Athleten, die Verbesserung der Trainer-Athlet-Beziehungen als auch eine Reihe Experimen te und wissenschaftlicher Studien. Obwohl ein großer Teil der präsentierten Studien im Bereich der empirischen wie auch angewandten Sportpsychologie nicht in Gänze zu über zeugen wusste, gab es in verschiedenen Arbeitskreisen eini ge sehr gute Ansätze von Wissenschaftlerinnen und Wissen schaftlern, die auch die Qualität der Sportpsychologie im deutschsprachigen Raum positiv beeinflussen können. Da eine Vielzahl sowohl der allgemeinen Teilnehmer innen und Teilnehmer als auch der Vortragenden entweder noch selbst studieren oder erst seit kurzer Zeit in der ange wandten Sportpsychologie tätig sind, war es durchaus eine Herausforderung im Programm Beiträge von erfahrenen Sportpsychologinnen und Sportpsychologen zu finden. Dennoch gab es besonders in persönlichen Gesprächen vie le sehr gute Gelegenheiten sich mit internationalen Kolle ginnen und Kollegen auszutauschen, neue Impulse für die eigene Arbeit aufzugreifen und diese kritisch zu hinter fragen. Der in diesem Rahmen mögliche internationale Vergleich der Sportpsychologie führte in vielen Gesprächen zu dem Konsens, dass im deutschsprachigen Raum mittler weile eine Vielzahl exzellenter sportpsychologischer Ini tiativen entwickelt und in die Sportlandschaft integriert worden sind, die dem internationalen Vergleich absolut standhalten können. Nicht zuletzt dadurch, dass im deutschsprachigen Raum – so unser Eindruck – teilweise professioneller und vor allem strukturierter gearbeitet wird, als dies an vielen Stellen in Nordamerika geschieht. Daher sind wir der festen Überzeugung, dass auf zukünftigen Kon ferenzen in Nordamerika die sportpsychologische For schung und besonders die angewandte sportpsychologi sche Arbeit aus dem deutschsprachigen Raum verstärkt in Workshops, Podiumsdiskussionen und Vorträgen und we niger auf Postern vorgestellt und präsentiert werden sollte. Im Rahmen diverser „Special Interest Groups“ war inte ressant zu sehen, in welchen anderen Kontexten Absolven Zeitschrift für Sportpsychologie (2019), 26 (1), 39–41
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tinnen und Absolventen aus dem Bereich der Sportpsy chologie in Nordamerika arbeiten. Diese Vielzahl an zusätzlichen Arbeitsfeldern sollte auch Berufseinsteigern im deutschsprachigen Raum Motivation und Ansporn sein, ihre erlernten und entwickelten Fähigkeiten nicht nur im Sport, sondern auch darüber hinaus in der Arbeit mit z. B. der Feuerwehr, der Polizei, Rettungskräften, Ärz ten, oder auch in komplett anderen Bereichen einzusetzen und zu vermitteln. Als Fazit dieser ersten Teilnahme an einer AASP-Konfe renz lässt sich für uns zunächst festhalten, dass es sehr in teressant war einen Einblick in die praktische sportpsycho logische Arbeit in Nordamerika, sowie Möglichkeiten zur Reflexion der eigenen sportpsychologischen Arbeit zu er halten. Auch wenn wir die inhaltliche und wissenschaft liche Qualität einer Vielzahl der von uns besuchten Work shops, Vorträge, Podiumsdiskussionen und besonders der präsentierten Poster als nicht in Gänze überzeugend wahr genommen haben, hat sich der Besuch der Konferenz ge lohnt. Dies war besonders einer Handvoll Vortragender zu verdanken, die, anstatt eher grundlegende sportpsycholo gische Methoden, Strategien und Leitfäden oberflächlich und wenig strukturiert darzustellen, neu entwickelte An sätze und Programme vorstellten, die sowohl evidenz basiert sind als auch bereits aktuell praktisch ein- und um gesetzt werden. Darüber hinaus war besonders der in diesem Rahmen mögliche Austausch mit internationalen Kolleginnen und Kollegen für uns gewinnbringend, und zeigte uns wieder einmal, wie guter interkollegialer Aus tausch in der Sportpsychologie aussehen kann. Insgesamt erhielten wir so aus einigen Präsentationen, Vorträgen, Workshops und Gesprächen wertvolle Informationen, Hin weise und Ideen wie in Deutschland, Österreich und der Schweiz die sportpsychologische Arbeit weiterentwickelt werden kann, damit in Zukunft irgendwann gesagt werden kann, dass wir im Sport in einem Umfeld arbeiten, das für das Wohl der Athletinnen und Athleten optimiert ist. Die nächste AASP-Konferenz findet vom 23. – 26. Okto ber 2019 in Portland, OR, in den USA statt. Caroline Hille Psychologische Psychotherapeutin und Sportpsychologin, Köln Christian Zepp DSHS Köln
„Wegweiser Angewandte Sportpsychologie“ erschienen In Zusammenarbeit mit dem Bundesinstitut für Sport wissenschaft (BISp) sowie der Arbeitsgemeinschaft für Zeitschrift für Sportpsychologie (2019), 26 (1), 39–41
Nachrichten aus der asp
Sportpsychologie (asp) wurde in 2018 vom Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) die Broschüre „Weg weiser Angewandte Sportpsychologie“ erarbeitet, welche im August veröffentlicht wurde. Der Wegweiser gibt in kompakter Form einen Überblick darüber, wie die Ange wandte Sportpsychologie im deutschen Spitzensport organisiert bzw. strukturiert ist. Zudem finden sich hier Informationen dazu, welche Voraussetzungen mit Blick auf geforderte Ausbildungen und Qualifikationen in der Betreuung im deutschen Spitzensport erfüllt werden müssen und welche Ausbildungswege es dafür gibt. Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der Darstellung der An forderungen an sportpsychologische Expert_innen die im Kontext der Olympischen Spiele mit Athlet_innen und Trainer_innen a rbeiten. Neben Hinweisen zur Rolle von sportpsychologischen Expert_ innen und Zielen sportpsychologischer Betreuung und Beratung bilden – in Anlehnung an die ethischen Leitlinien der asp (https:// www.asp-sportpsychologie.org/content.php?cont=183) – Informationen zu Ethik und Werten der Arbeit in der An gewandten Sportpsychologie einen zentralen Bestand teil des Wegweisers. Hinweise dazu, wie Gelder für die Betreuungsleistungen bei einem Spitzenverband bean tragt werden können, der Verweis auf die aktuell gültige Gebühren ordnung für sportpsychologische Expert_in nen sowie zentrale Ansprechpartner bei DOSB / zks, BISp und asp runden die Broschüre ab. Der „Wegweiser Angewandte Sportpsychologie“ steht un ter folgendem Link zum Download zur Verfügung: https:// www.asp-sportpsychologie.org/content.php?cont=180 Sebastian Brückner asp-Praxisservice, Münster
asp-Tagung Halle (Saale) 2019 Zum dritten Mal in ihrer Geschichte tagt die Arbeitsge meinschaft für Sportpsychologie (asp) zwischen dem 30. Mai 2019 und dem 1. Juni 2019 in der schönen Saa lestadt Halle in Sachsen-Anhalt. Prof. Dr. Oliver Stoll und sein Orga-Team freuen sich, auch im Namen der asp, alle Interessierten am Thema Sportpsychologie zur Jahresta gung 2019 einladen zu dürfen – wo mit dem 50-jährigen Jubiläum der asp ein ganz besonderes Ereignis feierlich begangen werden wird. Neben dem Festakt „50 Jahre asp“ kann die Jahrestagung in Halle schon jetzt mit spannenden Keynote-Lecturs aus dem In- und Ausland aufwarten. Neben Attila Szabo aus Ungarn werden Judy van Raalte aus den USA und der Sportpsychologe der deutschen Fußballnationalmannschaft, Hans-Dieter Her mann, als Hauptvortragende zu hören sein. Die Auswahl © 2019 Hogrefe Verlag
Nachrichten aus der asp
dieser Kolleginnen und Kollegen ist natürlich eng mit dem Tagungsthema „Angewandte Sportpsychologie“ ver bunden. Alle drei haben aktuell, aber auch schon in der Vergangenheit, entweder in der Forschung, oder aber in der sportpsychologischen Anwendung für unsere Fach disziplin richtungsweisende Beiträge geliefert. Das wis senschaftliche Programm wird, wie gewohnt, von einem spannenden Programm für die Praktiker_innen in der Sportpsychologie umrahmt. Natürlich freuen sich Oliver Stoll und sein Team auch auf die Nachwuchswissen schaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftler, die tradi tionell im Vorfeld der Jahrestagung zum Nachwuchswork shop der asp eingeladen sind. Premiere wird in Halle zudem erstmals ein PostDoc-Treffen feiern. Alle Informationen zur Jahrestagung 2019 der asp sind auf der Tagungshomepage https://www.asp2019.de zu finden.
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Jackson (Australia), Samuele Marcora (UK), Zella E. Moo re (US), Tatiana Ryba (Finland) and Brett Smith (UK). Se veral pre-congress workshops featuring research and ap plied topics will be offered as well. During the week-long congress, a science-slam will be one of the featured high lights, along with a full strand of applied sessions during all parallel session timeslots. Thus, FEPSAC 2019 will pro vide a unique opportunity for exchange between some of the most established applied sport psychology practitio ners and top-level researchers in the field of sport and exercise psychology. Do not miss out on what is expected to be the largest FEPSAC Congress ever. FEPSAC and the team in Münster look forward to welcoming you! Find all information on the FEPSAC congress website https://www.fepsac2019.eu
Sebastian Brückner asp-Geschäftsstelle, Münster
Bernd Strauss asp-Präsident WWU Münster
FEPSAC-Kongress 2019 in Münster
In eigener Sache
The University of Münster, FEPSAC, the German Society for Sport Psychology and the highly committed organizing team invite everyone to join the 15th European Congress of Sport and Exercise Psychology in Münster, Germany. The congress will take place from July 15 – 20, 2019. This coincides with FEPSAC’s 50th anniversary, since FEPSAC was founded in 1969 in Vittel, France. The German Socie ty for Sport Psychology (asp), one of FEPSAC’s 24 member organizations, will strongly support the 2019 Congress. Around 1000 participants are expected to attend the con gress and the local organizers have already seen an increa se in registrations and submissions since their online portal opened in October 2018. Even after the submission deadline on January 15, 2019, we encourage you to join us in the beautiful city of Münster for exciting research, inte resting workshops, top-level keynote lectures and a fantas tic social program including special anniversary events. Highlights include keynotes by Hülya Aşçı (Turkey), Ben
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Kontaktadresse für die asp-Nachrichten Dr. Sebastian Brückner c / o Institut für Sportwissenschaft Horstmarer Landweg 62b 48149 Münster +49 251 83 32410 office@asp-sportpsychologie.org Die Zeitschrift für Sportpsychologie finden Sie im Internet unter https://www.hogrefe.com/j/spo Die Internetadresse der asp lautet: https://www.asp- sportpsychologie.org
https://doi.org/10.1026/1612-5010/a000255
Zeitschrift für Sportpsychologie (2019), 26 (1), 39–41
Hinweise für Autorinnen und Autoren Die Zeitschrift für Sportpsychologie informiert über sportpsychologische Forschung, über Erfahrungen der sportpsychologischen Praxis sowie über die Umsetzung und Nutzung sportpsychologischer Erkenntnisse und Verfahren im Leistungs-, Schul-, Gesundheits- und Breitensport. Die Zeitschrift wendet sich damit sowohl an wissenschaftlich Tätige als auch an praktisch mit sportlicher Betätigung befasste Personen. Einsendung von Manuskripten. Alle Manuskripte sind in elektronischer Form im Editorial Manager unter http://www.editorialmanager.com/spo einzureichen. Detaillierte Hinweise für Autorinnen und Autoren finden Sie u nter https://www.hogrefe.com/j/spo Urheber- und Nutzungsrechte. Die Autorin bzw. der Autor bestätigt und garantiert, dass sie bzw. er uneingeschränkt über sämt liche Urheberrechte an ihrem bzw. seinem Beitrag einschließlich eventueller Bildvorlagen, Zeichnungen, Pläne, Karten, Skizzen und Tabellen verfügt, und dass der Beitrag keine Rechte Dritter verletzt. Die Autorin bzw. der Autor räumt – und zwar auch zur Verwertung ihres bzw. seines Beitrages außerhalb der ihn enthaltenen Zeitschrift und unabhängig von deren Veröffentlichung – dem Verlag räumlich und mengenmäßig unbeschränkt für die Dauer des gesetzlichen Urheberrechts das ausschließliche Recht der Vervielfältigung und Verbreitung bzw. der unkörperlichen Wiedergabe des Beitrags ein. Die Autorin bzw. der Autor räumt dem Verlag ferner die folgenden ausschließlichen Nutzungsrechte am Beitrag ein: a) Das Recht zum ganzen oder teilweisen Vorabdruck oder Nachdruck – auch in Form eines Sonderdrucks, zur Übersetzung in andere Sprachen, zu sonstiger Bearbeitung und zur Erstellung von Zusammenfassungen (Abstracts);
Jahrgang 24 / Heft 1 / 2017
Zeitschrift für
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Sportpsychologie
Herausgeber Julia Schüler Rouwen Cañal-Bruland Felix Ehrlenspiel Christoph Englert Norbert Hagemann Daniel Memmert
Organ der Arbeitsgemeinschaft für Sportpsychologie in Deutschland e. V.
b) das Recht zur Veröffentlichung einer Mikrokopie-, Mikroficheund Mikroformausgabe, zur Nutzung im Weg von Bildschirmtext, Videotext und ähnlichen Verfahren, zur Aufzeichnung auf Bildund/ oder Tonträger und zu deren öffentlicher Wiedergabe – auch multimedial – sowie zur öffentlichen Wiedergabe durch Radio- und Fernsehsendungen; c) das Recht zur maschinenlesbaren Erfassung und elektronischen Speicherung auf einem Datenträger (z. B. Diskette, CDRom, Magnetband) und in einer eigenen oder fremden OnlineDatenbank, zum Download in einem eigenen oder fremden Rechner, zur Wiedergabe am Bildschirm – sei es unmittelbar oder im Wege der Datenfernübertragung – sowie zur Bereithaltung in einer eigenen oder fremden Online-Datenbank zur Nutzung durch Dritte; d) das Recht zu sonstiger Vervielfältigung, insbesondere durch fotomechanische und ähnliche Verfahren (z. B. Fotokopie, Fernkopie) und zur Nutzung im Rahmen eines sogenannten Kopienversands auf Bestellung; e) das Recht zur Vergabe der vorgenannten Nutzungsrechte an Dritte in In- und Ausland sowie die von der Verwertungsgesellschaft WORT wahrgenommenen Rechte einschließlich der entsprechenden Vergütungsansprüche. Nutzungsrichtlinien für Hogrefe Zeitschriftenartikel. Hinweise für Autorinnen und Autoren zur Online-Archivierung einer elektronischen Version Ihres Manuskriptes finden Sie auf unserer Homepage unter http://hgf.io/nutzungsrichtlinien.
September 2016
Zeitschrift für Sportpsychologie Wir freuen uns über Ihre Einreichung von Beiträgen für unsere Zeitschrift für Sportpsychologie. Weitere Informationen zur Zeitschrift sowie alle notwendigen Hinweise für die Einreichung von Manuskripten (Autorenhinweise) finden Sie auf unserer Homepage.
www.hogrefe.de/produkte/zeitschriften
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Aktuelle Sachbücher und Ratgeber Julia Weber
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2017. 216 S., 3 farbige Tab., 45 Abb., Gb € 24,95 / CHF 32.50 ISBN 978-3-456-85557-8 Auch als eBook erhältlich
Laut einer aktuellen Studie sind ca. 10 % der Bevölkerung Deutschlands von „Gefühlsblindheit“, der sogenannten Alexithymie, betroffen. Julia Weber geht den Gefühlen mittels des Zürcher Ressourcen Modells (ZRM®) auf den Grund und erklärt leicht verständlich und fundiert das Konzept der Alexithymie und ihrer Entstehung.
Warum fällt es vielen Menschen so schwer, achtsam mit dem eigenen Körper umzugehen? Die vier Autoren gehen in „Embodiment“ dieser und anderen Fragen nach und kommen einmütig zum Schluss: Es ist höchste Zeit, das wichtigste Erfahrungsinstrument des Menschen zurückzuerobern: den Körper.
Maja Storch / Julius Kuhl
Caroline TheissWolfsberger / Maja Storch
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Sieben PsychoGyms für das Unbewusste
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Manchmal träumt man die Lösung für ein schwieriges Problem über Nacht. Oder man hat bei einer Entscheidung ein Bauchgefühl, das in eine ganz bestimmte Richtung weist. Überraschend oft sind diese Problemlösungen genau das Richtige, denn hier schöpfen Sie Ihre Kraft aus dem Selbst. Maja Storch und Julius Kuhl erläutern fundiert und unterhaltsam, wie das Selbst funktioniert.
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Die 365 Fragen des Fragenfächers unterstützen Psychotherapeuten, Berater und Coaches bei der lösungsorientierten Gesprächsführung. Der Fächer dient als Hilfsmittel, um ein Gespür für die Fragetechniken und den Aufbau der Gespräche zu bekommen. Die Einteilung des Fragenfächers ermöglicht ein schnelles Auffinden der passenden Fragen für spezifische Situationen, für die Klienten Lösungen suchen. Ziel ist es, die Fähigkeit von Klienten, selbst Lösungen für ihre Probleme zu finden, zu aktivieren.
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Lösungsfokussierte Fragen
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Handbuch für die lösungsfokussierte Gesprächsführung
Schritt für Schritt wird hier die Praxis des lösungsorientierten Arbeitens anhand von 1001 lösungsfokussierten Fragen für den allgemeinen Gebrauch, für spezielle Situationen sowie für spezielle Klientengruppen erläutert. Psychotherapeuten, Berater, Coaches, Supervisoren, Trainer und Führungskräfte erhalten einen Leitfaden an die Hand, wie sie ihre Gespräche respektvoll und lösungsorientiert führen können.