alma 1/2024 – Anpassung

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Fokus Anpassung

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Manuela Just – Volkswirtin, Schafhirtin und Bäuerin Sie hat einen HSG-Master in Volkswirtschaft, ist diplomierte Wirtschaftspädagogin und führt heute – nach der Ausbildung zur Schafhirtin und Landwirtin – mit ihrem Partner einen Bauernhof in Berg am Irchel: Manuela Just hat keine klassische Karriere gemacht, aber Sinn in ihrem Beruf gefunden. Autor Roger Tinner

Bild Dieter Seeger

Bis und mit Universität sieht ihr Werdegang ganz klassisch aus: Aufgewachsen im St.Galler Rheintal, hatte Manuela Just keinen besonderen Berufswunsch und ging nach dem Wirtschaftsgymnasium an die HSG und studierte dort – «weil ich gerne rechne» – Volkswirtschaft und belegte Wirtschaftspädagogik im Wahlfach, ohne dass sie sich damals vorstellen konnte, irgendwann mal zu unterrichten. Auch beim ersten Job nach dem Studium im Corporate Development bei der Helvetia Versicherung, der ihr aufgrund ihrer studentischen Mitarbeit am selben Ort angeboten wurde, musste sie sich nicht damit auseinandersetzen, «was ich beruflich in meinem Leben machen wollte.» Erste bewusste Job-Entscheidung Während einer Ausbildung zum Outdoor Guide kam sie mehr und mehr in Kontakt mit der Natur und hat gemerkt, «dass mich die Versicherungswelt gar nicht interessiert und so habe ich dort aufgehört». Schmunzelnd ergänzt sie: «Zuerst unter dem Vorwand, einen Master in Environmental Economics anzuhängen – man muss ja wissen was man will.» Stattdessen machte sie ein Praktikum als Rangerin: «Das war die erste bewusste Entscheidung für einen Job, die aus dem Herzen kam.» Nach dem Praktikum arbeitete sie Teilzeit als Rangerin und ausserdem als Tierschutzlehrerin, wo sie «richtig viel Freude bei der Arbeit mit Schulklassen und anderen Gruppen» hatte, und bildete sich zur systemischen Erlebnispädagogin weiter. Und von hier kam sie «über den Wolf» auf die Schafe (Freiwillige WWF-Hirtenhilfe) und über die Schafhirtenausbildung zur Landwirtschaft: «Als ich das Stallpraktikum gemacht habe, da wusste ich, dass ich Landwirtin werden möchte», und so schloss sie die Lehre als Landwirtin EFZ mit Schwerpunkt biologischer Landbau ab.

« Obwohl ich jeden Abend total müde ins Bett sank, gab es nichts, was ich lieber getan hätte.» Mit 30 und abgeschlossenem VWL-Studium begann sie also die Lehre, arbeitete 55 Stunden in der Woche zu einem Lohn von 1 600 Franken minus 990 Franken für Kost und Logis. «Das war schon herausfordernd», sagt sie heute, aber: «Obwohl ich jeden Abend total müde ins Bett sank, gab es nichts, was ich lieber getan hätte. Im Rhythmus der Tiere leben, jeden Tag draussen sein, mit den Händen arbeiten und am Ende vom Tag physisch zu sehen, was ich gemacht hatte – das erfüllte mich sehr.» Während dieser Zeit trieb sie die Frage um, wie sie als Frau später einen Betrieb gestalten würde, weil die Höfe männlich geprägt und die Arbeit auf die physischen Kräfte eines Mannes ausgerichtet war.


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