KomfortZone03 Das Magazin für Ergonomie in der Fahrzeugindustrie | Fahrerassistenz — Mensch und Maschine im Einklang | Übergewicht — neue Anforderungen an die Ergonomie | Kompetenz — Human Solutions Consulting hilft, Herausforderungen im Markt zu lösen | Bestleistung — 3D in Bewegung | Neue Haltung — bei KTM bricht RAMSIS aus gewohnten Bahnen aus
Size NorthAmerica Erfolgreicher Start der weltgrößten Reihenmessung Seite 34
Es ist Zeit für Ergonomie.
Editorial 2
KomfortZone
03
Das neue Jobsharing im Auto
Autonomes Fahren verändert die klassische Ergonomie. Ein spannender Prozess beginnt. Auch wenn (wirklich) fahrerloses Fahren durch den Computer noch in weiter Ferne liegt, sind wir unumkehrbar auf dem Weg dorthin. KomfortZone 03 beschäftigt sich deshalb mit den neuen Aufgaben, die sich für die Ergonomie stellen, wenn es plötzlich zwei Fahrer im Auto gibt: Mensch und Maschine.
Sind Autopilot und Fahrer gemeinsam unterwegs, stößt die Ergonomie zunächst an ihre Grenzen: Schlüsselpunkt für erfolgreiche Fahrautomatisierung ist die Kommunikation zwischen Mensch und Maschine. Die Kernfragen sind also: Wie definiert man die Schnittstelle zwischen Mensch und Maschine? Wie „fährt“ eine Maschine im Vergleich zum Menschen? Welche Haltungen nimmt der Fahrer ein und wie bewegt er sich im automatisierten Auto? Welche neuen Konzepte sind damit möglich? Die neuen Fähigkeiten und Inhalte, um die aktuellen Grenzen der Fahrzeugergonomie Schritt für Schritt auszuweiten, entwickeln wir in der fachlichen Diskussion und in Forschungsprojekten. Mit der digitalen Simulation übertragen wir die neugewonnenen Erkenntnisse auf die Innenraumauslegung und erproben sie. Eine der zentralen Herausforderun-
gen, das Rückholen des Fahrers im automatisierten Fahrzeug, wird mit den richtigen kognitiven Ansätzen und Tools in wenigen Jahren selbstverständlich sein. Beginnen müssen wir heute. Auch RAMSIS wird dafür „weiterlernen“ und sich verändern müssen. RAMSIS NextGen hat bereits mehr als einen Schritt in diese Richtung getan. Offene Schnittstellen für Felddaten, VR- und Motion-Tracking-Systeme stellen sicher, dass RAMSIS problemlos dazulernen kann. Reale 3D-Körperdaten präzisieren dabei die Simulation des Menschen für individuelle, zielgruppengerechte oder globale Fahrzeugkonzepte. Praxisbeispiele in diesem Heft zeigen, wie RAMSIS neue Aufgaben bewältigt: Haltungsmodelle für den bewegungsintensiven Motorradbereich gehören genauso dazu wie die Prüfung innovativer Displaykonzepte beim autonomen Fahren in der Landwirtschaft. Und natürlich gibt es keinen besseren Länderschwerpunkt für dieses Heft als die USA, dem Land der unbegrenzten „ergonomischen“ Möglichkeiten und der Heimat des autonomen Fahrens.
Ich wünsche Ihnen viel Spaß und viele Anregungen beim Lesen. Ihr Dr. Andreas Seidl Geschäftsführender Gesellschafter Human Solutions GmbH
Inhalt 4
KomfortZone
Trend
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Praxis
12 Innovation
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USA – deine Autofahrer. Wissenswertes rund um Autos, Markt und Fahrer. 6 Umschalten im Kopf. Ergonomie für Mensch und Maschine im Straßenverkehr. Prof. Dr. Klaus Bengler über die Interaktion zwischen Mensch und Maschine und das Gelingen von Automatisierung.
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Ergonomie XXXL. Mit Obesity Suits simuliert Daimler Übergewicht und baut Fahrerkabinen, die sich auch von XXL-Truckern bequem bedienen lassen.
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Kompetenz im Mittelpunkt. Steigende Kundenansprüche stellen Ergonomieteams vor Herausforderungen. Human Solutions hilft, sie zu lösen. 16
Bodyscanning macht das Rennen. Wenn Kleidung in Bewegung simuliert wird, sind neue Bestleistungen möglich.
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Einsatzwerkzeuge und Bekleidung im digitalen Einsatz. RAMSIS Defense simuliert die Wirkung von Ausrüstung im Fahrzeug.
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Bits & Bikes. KTM schafft mit RAMSIS neue Perspektiven in der Entwicklung.
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Deep Orange & RAMSIS. An der Clemson University entwickeln Studenten Fahrzeuge von der ersten Skizze bis zum fertigen Auto – mit RAMSIS. 28 Neues von RAMSIS. Die Simulation von Kindersitzen bietet spannende Möglichkeiten bei der Optimierung von Gurtkonzepten. Auch bei der digitalen Analyse von Sichtnormen legt RAMSIS nach.
Fokus
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Jetzt wird vermessen. Die Size NorthAmerica ist erfolgreich gestartet. 34 Fahren mit Turban. Überraschende Erkenntnisse bei der Ergonomieanalyse der Kopfbedeckung. 38
Das war die RUC 2016. Die RAMSIS User Conference in Kooperation mit KTM.
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Zu guter Letzt
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Trend 6
USA – deine Autofahrer
KomfortZone
Tempo. Das erste Strafmandat wegen zu schnellen Fahrens gab es in den USA 1904. Der Fahrer fuhr 12 Meilen/h (19 km/h). Die bisher höchste Geschwindigkeit wurde im Mai 2003 in Texas geahndet. Der Fahrer fuhr 242 Meilen/h (389 km/h) in einer 75-Meilen/h-Zone. o-to statt Auto. Japanische Pkw machen das Rennen in den USA bei klassischen Limousinen. Im Jahr 2015 war der Toyota Camry der Topseller. Gefolgt von Honda Accord und Honda CRV. Die meistverkauften Fahrzeuge sind aber Pickups der US-Marken Ford und Chevrolet. Frachtstraßen oder Prachtstraßen? 3,5 Millionen Berufs-Lkw-Fahrer in den USA bewegen 10 Milliarden Tonnen Fracht (2/3 des Gesamtaufkommens der USA) und legen dabei jährlich mehr als 400 Milliarden Meilen zurück. Sicherheit geht vor. US-Versicherer „The Hartford“ fand heraus: 76 % der US-Fahrer jenseits der 50 setzen beim Autokauf besonders auf Sicherheitsfeatures. Gar nicht mal so viel! Statistisch gesehen hat nur knapp jeder zweite Amerikaner einen Pkw. In Deutschland sind das deutlich mehr. Damit belegen die Vereinigten Staaten weltweit Platz 24. Deutschland kommt auf Platz 7. Platz 1 hält Monaco inne.
Fahrerlos kommt an. Nur einer von vier US-Autofahrern 50+ lehnt autonome Fahrkonzepte ab. 35 % würden es versuchen, 42 % fühlen sich noch nicht gut genug informiert. Bedingt freie Fahrt. Wer etwas transportieren will, braucht für die gleiche Strecke in Kuwait nur knapp eine Viertelstunde, in Kenia etwa eine Stunde länger. USA und Deutschland sind gleich auf mit guten 36 Minuten. Dampf ablassen. Durchschnittlich flucht ein Fahrer in Amerika 32.000 Mal in seinem Leben während der Autofahrt. Wie es wohl in Deutschland ist? Mobiles Liedgut. Automobile werden von allen Produkten am häufigsten in Liedtexten erwähnt. Die Marke Mercedes führt die Liste an. Speziell bei Rap Songs wird Maybach am häufigsten erwähnt, gefolgt von Lexus, Aston Martin, Bentley und (wieder) Mercedes. Mehr Rot. Die häufigsten Autofarben in den USA sind Weiß und Silber. Soll Farbe ins Spiel kommen, entscheiden sich die meisten Amerikaner für Rot. Quellen: http://nytrafficticket.com, www.consoleandhollawell.com/law-blog, www.bild.de, www.alltrucking.com, www.usatoday.com, www.nationmaster.com/country-info, https://hyphyhiphop.wordpress.com, http://concavebt.com/top-brands-2014-music-lyrics/, http://www.welt.de
Trend
Umschalten im Kopf Fahren wird einfacher. Aber nicht in jeder Hinsicht. Professor Dr. Klaus Bengler, TU München, forscht in Sachen Fahrerassistenzsysteme und deren Auswirkungen auf die Ergonomie im Fahrzeug: Wo bisher die reine Fahrzeugbedienung im Fokus stand, spielen jetzt Kommunikation, Wahrnehmung und Verhaltensinterpretation eine immer größere Rolle. Wie gut die Interaktion Mensch/ Maschine gelingt, wird letztendlich über den Grad der Automatisierung entscheiden.
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KomfortZone
Professor Dr. Klaus Bengler ist Leiter des Lehrstuhls für Ergonomie an der TU München, der in den Bereichen digitale Menschmodellierung, Systemergonomie und menschliche Zuverlässigkeit forscht.
KomfortZone: Herr Professor Bengler, ein Gesetzentwurf soll in Deutschland Rechtssicherheit für automatisiertes Fahren herstellen. Sind wir wirklich schon so weit? Bengler: Wir sind schon sehr weit, aber nicht in jeder Hinsicht. Wenn wir uns die Begriffsdefinition genau anschauen, zeigt sich auch warum. Fahrerassistenzsysteme unterstützen den Fahrer bei seiner „Fahraufgabe“ und nehmen ihm bestimmte Teile dieser Aufgabe sogar ganz ab. Das reicht von Tempomat und Spurhalteassistent bis zum automatisierten Einparken oder dem automatischen Fahren kurzer Streckenabschnitte. Das ist dann immer noch nicht autonomes Fahren, sondern in vielen Fällen teilautomatisiertes Fahren. Bis zum hochautomatisierten Fahren ist es noch ein weiter Weg. Nicht weil es technisch nicht realisierbar wäre, sondern weil sich hier ganz neue Probleme beim Zusammenspiel von Mensch und Maschine auftun, wie zum Beispiel das Rückholen des Fahrers, wenn ein unerwartetes Hindernis auftritt. Hier müssen Untersuchungen im kognitiven Bereich neue Erkenntnisse bringen. Für die Ergonomie auch im automatisierten Fahrzeug heißt das: Der Fahrer nimmt heute immer noch seine klassische Fahrhaltung ein, mit beiden Händen am Lenkrad und den Füßen auf der Pedalerie. Er ist und bleibt in der Verantwortung, und das meiner Meinung nach noch für viele Jahre. KomfortZone: Die Medienberichte zum Thema Fahrautonomie überschlagen sich. Wo liegt der plötzliche technische Durchbruch? Bengler: Die Technologien haben sich so weit entwickelt, dass jetzt finanzierbare Serienmodelle möglich sind. Deswegen ist automatisiertes bzw. autonomes Fahren auf einmal in aller Munde. Die Sensorik ist zum Beispiel deutlich kostengünstiger als noch vor ein paar Jahren. Die Rechenleistung potenziert sich ständig und sinkt gleichzeitig im Preis. Die Fahrzeugentwicklung wird stark davon getrieben, was technisch und ökonomisch machbar ist. Natürlich tragen auch die Internetfirmen mit ihren Fahrzeugprojekten zum Medienaufkommen bei. Die Technologien an sich gibt es schon länger. Das Forschungsprojekt „Prometheus“ hat in den 80er- und 90er-Jahren das Thema Sicherheit durch Fahrerassistenz erforscht. Danach gab es
viele nationale Förderprojekte. Viele der heutigen Assistenztechnologien beruhen darauf. Prometheus war ein technisches Projekt mit einer ungeheuren Innovationskraft. Heute müssten wir noch weitere Untersuchungen auf gesellschaftlicher, juristischer, psychologischer und natürlich ergonomischer Ebene anstreben, um wirklich alle Aspekte zu berücksichtigen. Das Forschungsprojekt UR:BAN hat das in Teilen für die Fahrerassistenz im Stadtverkehr getan und auch wichtige Grundlagen für automatisierte Systeme gelegt. KomfortZone: Welche Aufgabe hat der Fahrer in naher Zukunft? Bengler: Die Aufgabe des Fahrers bleibt in den nächsten Jahren mehr oder weniger gleich: Er fährt und überwacht das Fahrzeug. Das Fahren wird aber durch technisch ausgetüftelte Systeme stark erleichtert, dafür kommen neue Überwachungsaufgaben dazu. Autofahren wird in naher Zukunft also stressfreier und vor allem sicherer. Doch auch wenn die Technik bestimmte Aufgaben übernimmt, bleibt die Verantwortung nach wie vor beim Fahrzeugführer. Entscheidend für einen weiteren Schritt in Richtung hochautomatisiertes Fahren ist deshalb, die Integration der neuen Systeme voranzutreiben, sie sehr zuverlässig zu machen und die Bedienbarkeit optimal zu gestalten. Der Fahrer muss seine Assistenzsysteme schnell begreifen, bedienen und sofort interpretieren können. Andernfalls werden sie im Markt nicht angenommen oder sie erfüllen ihre Funktion, das Fahren einfacher zu machen, schlichtweg nicht. KomfortZone: Es gibt wenig Negatives zum Thema in der öffentlichen Diskussion. Fährt die Maschine eindeutig besser als der Mensch? Bengler: Die Fachwelt ist da geteilter Meinung. Eine wirklich richtige Antwort gibt es wohl nicht. Der Computer kann tatsächlich in vielen Situationen besser agieren als der Mensch. Nehmen wir nur ABS oder Notbremssysteme. Allerdings können Sensoren und Computer komplexe Verkehrssituationen lange nicht so gut einschätzen wie der Mensch, der auf seine Erfahrung zurückgreifen kann. Sobald wir routinemäßige Abläufe verlassen und in Gefahrensituationen Alternativentscheidungen treffen müssen, die zum Teil subjektiv sind, ist der Computer
überfordert. Der Mensch wägt schnell ab und kann sich in Sekunden für das kleinere Übel entscheiden. Computersysteme können hier allenfalls unterstützen und bestimmte Manöver einleiten. Im Gegenzug erkennt die Technologie standardisierte Gefahrenpotenziale sehr viel früher als der Mensch und auch zuverlässiger. Vielleicht ergeben sich aber gerade aus diesem Spannungsfeld neue Lösungen, bei denen Mensch und Maschine kooperieren, und auch Konzepte, die irgendwann der Entwicklung tatsächlich autonomer Fahrzeuge ohne Fahrer zugutekommen werden. KomfortZone: Welche Aufgaben kommen auf die Fahrzeugergonomie zu, wenn es im Auto „zwei Fahrer“ gibt, Mensch und Maschine? Trend
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KomfortZone
Bengler: Der Absicherungs- und Bewertungsaufwand der Ergonomie nimmt zu. Wie lange dauert es zum Beispiel, die Hände ans Lenkrad zurückzuführen, wenn das hochautomatisierte Fahrzeug ein Alarmsignal ausgibt? Das ist eine Untersuchung, die die Ergonomie in der Fahrzeugentwicklung noch nicht als Standard durchgeführt hat. Aber jetzt werden solche Fragestellungen zunehmend wichtig. Auch die Ablesbarkeit von Displays bekommt eine neue Dimension. Bei zunehmender Informationsdichte und höherem Fahralter reicht es nicht, die Schrift einfach größer zu machen. Wir müssen neue Konzepte zur Informationsübermittlung finden. Auch die Sicherheits- und Komfortfrage wird vielfältiger, wenn wir sie nach „aktiv fahren“, „gefahren werden“ und „Beschäftigung mit anderen Dingen“ unterteilen. Die zunehmende Anzahl an Bedienelementen muss erfassbar bleiben. Das Armaturenbrett wird sich neu ordnen, anders als wir es gewohnt sind. Auch die klassische Haltungsanalyse erfordert ein Umdenken. Der Fahrer interagiert mehr mit dem Fahrzeug, er bewegt sich auch deutlich mehr. Die statische Haltungsanalyse wird allmählich in eine Bewegungsanalyse übergehen und auch bei den Punkten Verhalten und Wahrnehmung müssen wir uns ganz neu aufstellen. Die gute Nachricht ist, all das lohnt sich: Wir sehen heute mehr denn je, dass sich eine sorgfältige ergonomische Fahrzeugentwicklung in puncto Sicherheit und Komfort auf jeden Fall auszahlt.
KomfortZone: Welche Lehren können wir aus dem bisherigen Erfahrungsstand zu (teil-)automatisierten Fahrzeugen sammeln? Bengler: Wir müssen in Zukunft viel flexibler und wacher im Umgang mit der Technik im Fahrzeug sein. Das Umschalten im Kopf findet ja nicht nur während der Fahrt im eigenen Auto statt, sondern auch beim Fahrzeugwechsel und im Straßenverkehr als Fußgänger oder Radfahrer. Ein altes und ein neues Fahrzeug verhalten sich womöglich ganz anders beim Heranfahren an einen Zebrastreifen. Oder stellen Sie sich vor, Sie haben zwei Fahrzeuge mit unterschiedlichen Technikständen in einem Haushalt. Vielleicht wechseln Sie auch auf einen Mietwagen oder ein Carsharing-Fahrzeug, das plötzlich viel mehr oder viel weniger kann als Ihr gewohntes Fahrzeug. Wenn wir ehrlich sind, ist ja schon der Wechsel vom Bedienkonzept der einen Automarke hin zu dem einer anderen eine Herausforderung, der wir uns nicht gerne stellen. KomfortZone: Müsste ein Fahrer dann beim Fahrzeugwechsel eine Checkliste durchgehen, so wie das Piloten tun, um sicherzugehen, dass es einen Parkassistenten gibt? Bengler: Es gibt eine Reihe von Forschungsprojekten, die sich auf einer neuen, interdisziplinären Ebene mit dem Thema Mensch im Verkehr auseinandersetzen. Wie das Projekt UR:BAN. Dabei werden die Bedienung und die Wirkung von Assistenzsystemen untersucht, aber auch das Zusammenspiel von neuen, teilautomatisierten Fahrzeugen mit weniger ausgestatteten Modellen auf der Straße. Sobald wir merken, dass die Maschine ihre Sache gut macht, lassen wir unsere Aufmerksamkeit manchmal schweifen. Das darf nicht sein. Beim aktuellen Stand der Entwicklung darf man Fahrerassistenzsysteme nur als das sehen, was sie sind: eine Entlastung. Ich sollte mich also beim Einparken trotz zu erwartendem „Warngeräusch“ noch umdrehen. Mir fällt auf, dass manche Nutzer zu hohe Erwartungen an die Assistenzsysteme haben. Eine Checkliste lässt sich wohl nicht durchsetzen. Kommunikation, Aufklärung und gute Bedien-/Anzeigekonzepte sind hier auf jeden Fall das A und O. KomfortZone: Herr Bengler, vielen Dank für das Gespräch.
Neue Aufgabenbereiche für die Ergonomie
> Kommunikation > Wahrnehmung > Verhaltensinterpretation
© Bilder Daimler
Praxis 12
KomfortZone
Die Daimler Obesity Suits machen aus einem normalgewichtigen Fahrer sofort einen übergewichtigen. Viele Daimler Manager fahren jetzt mit Übergewicht Lkw Probe, um sich für den Bedarf korpulenter Menschen zu sensibilisieren. Die Anzüge wurden zusammen mit einem Maskenbildner der Bavaria Filmstudios in München entworfen, um die Realität genau nachzuempfinden.
Ergonomie XXXL
Übergewichtige Fahrer haben oft Schwierigkeiten, sich in der Fahrerkabine zu bewegen. Daimler will Abhilfe schaffen. Sogenannte Obesity Suits helfen Ingenieuren, sich in korpulente Lkw-Fahrer einzudenken und Fahrerkabinen auch für stark gebaute Fahrer richtig auszulegen.
Praxis
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KomfortZone
Daimler ergreift die Initiative Dank der neuen Erfahrungen und der erhobenen Daten kann Daimler jetzt seine Fahrerkabinen optimal auslegen. Die neuen Actros-Modelle besitzen zum Beispiel ein längeres und breiteres Bett, eine bessere Klimatisierung und besseren Schallschutz. Auch Ideen wie integrierte Sportanlagen in der Fahrerkabine sind im Gespräch. Der erhöhte Fahrkomfort ist wichtig für eine Branche, die für junge Mitarbeiter kaum noch attraktiv ist. Aber die Auswirkungen sind auch sofort auf der Straße und im Unternehmen spürbar. Denn auch bei Übergewicht gilt: Entspannte Fahrer fahren aufmerksamer. Das senkt die Unfallquote und spart Treibstoff ein. In den USA ist fast jeder Lkw-Fahrer deutlich übergewichtig oder leidet sogar an Obesität. Auch in Deutschland finden sich unter den Brummi-Fahrern überdurchschnittlich viele mit Übergewicht. Mit der entsprechenden Körpermasse wird schon das Schuhebinden zum Problem. Wie verhält es sich da erst im Alltag in der Fahrerkabine, in der Lkw-Fahrer viele Tage arbeiten und schlafen? Daimler Ingenieure untersuchen das in einer groß angelegten Initiative: Mit neu entwickelten Obesity Suits finden sie heraus, wie sich die körperlichen Einschränkungen bei Übergewicht auf das Fahrverhalten auswirken und welche Anpassungen in der Fahrerkabine den Arbeitsalltag von korpulenten Lkw-Fahrern verbessern können. Steckt man in einem solchen Anzug, merkt man schnell, was sich alles ändert: Das gesamte Bewegungsverhalten ist anders und deutlich eingeschränkt. Normale Tätigkeiten sind anstrengender, man schwitzt mehr und kommt schneller außer Atem. Schwierigkeiten gibt es schon beim Einstieg. Der Kraftverbrauch ist hier deutlich höher als beim Normalgewichtigen. Der Platzbedarf zwischen Sitz und Lenkrad ist deutlich erhöht. Auch beim Schlafen in der Kabine sind viele Anpassungen angeraten. Die praktischen Erfahrungen der Daimler Ingenieure werden mit RAMSIS digital in die Fahrzeugentwicklung übertragen. Hier hat Daimler auf Basis einer individuellen Studie von US-Tochter Freightliner bereits einige XXL-Manikins.
Praxis
Kompetenz im Mittelpunkt
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Ergonomie ist ein zentraler Verkaufsfaktor. Steigende Kundenansprüche rücken Produktergonomie zunehmend in den Vordergrund. Gleichzeitig sorgen der demografische Wandel und die Globalisierung für immer mehr Komplexität beim ergonomischen Produktdesign. Viele Unternehmen, die schnell auf Kompetenz in Anthropometrie, Ergonomie und den verschiedenen Simulationssystemen zurückgreifen wollen, arbeiten deshalb eng mit den Experten von Human Solutions zusammen. Human Solutions Consulting gibt Entwicklungsabteilungen Rückenwind bei der Durchführung neuer Studien, dem internen Kompetenzaufbau oder bei der Umsetzung aufwendiger Entwicklungsprojekte. Anton Preiß und sein Team stehen an vorderster Front, wenn es um strategische Produktplanung, die Produktvorentwicklung und die konzeptionelle Auslegung bis zur ergonomischen Absicherung der
Serienkonstruktion geht. Das ist wichtig: Rein physikalisch lässt sich der Bedarf an Studien und Untersuchungen schon lange nicht mehr abdecken. Die digitale Simulation schafft Vorteile in der Entwicklung. Nur damit werden notwendige Änderungen bereits am Computermodell erkannt, fließen frühzeitig in den Entwicklungsprozess ein und verhindern so späte und teure Korrekturen.
„25 Jahre Erfahrung in Anthropometrie, Simulation und Ergonomie bei führenden Unternehmen fließen in unsere Projekte ein.“
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Ergonomieuntersuchungen: Ergonomische und rechtliche Absicherung von Gurtrückhaltesystemen, ergonomische Auslegung des Fahrzeugeinstiegs, ergonomische Optimierung von Baumaschinenkabinen, anthropometrische Analyse von Kundenmärkten, anthropometrische Auslegung des Schutzraums eines Aufzugs, Auslegung von Flugzeugcockpits für Pilotenpopulationen.
Projektarbeit bei/für Kunden: Reale Absicherung, Unterstützung bei eBTD-Zertifizierung, Betreuung Proportionsflächen, RAMSIS Positionierung und Verstellfelder, ergonomische Gestaltung, CAD-Modellerstellung, Auslegung/ Positionierung Armauflagen, Vergleiche von Fahrzeugen bzgl. Sicht oder Platzbedarf.
Beratung bei Ergonomieprozessen:
© Bilder Deep Orange
Aufbau eines Ergonomieteams und Unterstützung bei der Implementierung von ergonomischen Prozessen; ergonomische und rechtliche Absicherung von Gurtrückhaltesystemen, ergonomische Auslegung des Fahrzeugeinstiegs, ergonomische Optimierung von Baumaschinenkabinen, anthropometrische Analyse von Kundenmärkten, anthropometrische Auslegung des Schutzraums eines Aufzugs, Auslegung von Flugzeugcockpits für Pilotenpopulationen, Entwicklung von firmenspezifischen ergonomischen Guidelines hinsichtlich Platzbedarf.
„Wir sind seit vielen Jahren eng mit den Ergonomieabteilungen von führenden Unternehmen vernetzt“, erklärt Dr. Andreas Seidl, Geschäftsführender Gesellschafter von Human Solutions. „Wir bieten die größte anthropometrische Datenbank der Welt. Und wir sind führend in der digitalen Simulation von Ergonomie. Dieses Wissen geben wir an unsere Consulting-Kunden weiter.“
Praxis
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KomfortZone
Die Zusammenarbeit mit Human Solutions lohnt sich in vielfacher Weise. Mitarbeiter mit einschlägiger Erfahrung im Bereich Ergonomiesimulation sind schwer zu finden. Neue Studien oder besondere Produktentwicklungen erfordern schnell Kompetenz in Spitzenzeiten. Das trifft nicht nur Unternehmen mit langen Innovationszyklen. Auch große Unternehmen mit mehreren Fahrzeugtypen und -modellen, die eine eigene Ergonomieabteilung haben, können durch die Vergabe von bestimmten Ergonomieuntersuchungen an das Consulting Team von Human Solutions Engpässen entgegenwirken. Selbst bei umfangreichen Ressourcen steht das Team für alle
Aufgaben aus dem Bereich als Sparringspartner zur Verfügung. „Wenn Sie mich fragen, welches Ergonomieprojekt das wichtigste ist, gibt es nur eine Antwort: Es ist das Projekt, das Ihren Kunden am meisten nutzt“, erklärt Anton Preiß. „Das kann die Funktionalität massiv erhöhen, Kosten senken, weil Sie effizienter und schneller entwickeln, oder die Sicherheit verbessern. So sichern Sie mit Ergonomie die Zukunft Ihrer Produkte im Markt.“ Dafür bringt das Team jede Menge Kompetenz mit. Mitarbeiter im Consultingbereich kennen sich intensiv mit allen marktgängigen Ergonomietools aus. Sie waren Teil strategischer Kundenprojekte und greifen auf ein umfassendes ergonomisches Methodenportfolio für Theorie und Praxis zurück. Insgesamt verfügt das Consulting Team über mehr als 25 Jahre Ergonomieerfahrung und entwickelt diese Disziplin weltweit federführend mit.
Wann lohnt sich Ergonomie mit Human Solutions? Erkenntnisgewinn in der Ergonomie als Marktvorsprung oder besonderes Produktkennzeichen Verstärkung bei Ergonomiestudien/-untersuchungen oder komplette Durchführung durch kompetente Mitarbeiter (auch vor Ort) Qualitätsanstieg durch Erarbeitung, Untersuchung und Überprüfung neuer Vorgehensweisen und Ergonomiemethoden inklusive Personaltraining oder Projektvergabe
„Wer Ergonomie in den Mittelpunkt stellt, sichert die Zukunft seiner Produkte im Markt.“
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Human Solutions Consulting: Full Services zur technischen Ergonomie in der Produktentwicklung von der Beratung, dem Kompetenzaufbau, dem optimalen Produktsortiment bis zum Support.
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Innovation 20
KomfortZone
„Wir haben jetzt ein Manikin von Alex Dowsett, das wir sechs Stunden lang im Windkanal einsetzen können. Er ist immer verfügbar, wird nie müde und verändert seine Haltung auf dem Fahrrad nicht. Das sind große Vorteile im Vergleich zu Tests mit „echten“ Fahrern. Unser Produktentwicklungsprozess wird enorm beschleunigt. Innerhalb der nächsten 6–12 Monaten wird die Entwicklung neuer Trikots um ein Vielfaches schneller werden.“ Jim McFarlane, CEO, Endura.
Bodyscanning macht das Rennen Radrennen werden oft im Zeitfahren gewonnen oder verloren. Es kommt auf Zehntelsekunden an. Die Bekleidung des Fahrers zu optimieren ist daher eines der wichtigsten Ziele. Dafür braucht man heute mehr als exakte Maße. Erst das exakte Erfassen der Körperdimensionen in Bewegung bringt den entscheidenden Vorsprung im Sport … aber auch erstaunliche Vorteile für den Massenmarkt. Das gilt besonders, wenn zwei Top-Profifahrer in Aktion für Maßbekleidung mit Human Solutions Bodyscannern digitalisiert werden.
Manikins für den Windkanal Nairo Quintana und Alex Dowsett sind bekannte Radrennfahrer im Team Movistar. Beide Profis werden von Human Solutions für Bekleidungshersteller Endura auf ihren Zeitfahrrädern gescannt und als virtuelle 3D-Manikins für Tests im Windkanal „reproduziert“. Die Ergebnisse dieser Tests werden intensiv genutzt. Mit den neuen Maßen entsteht Maßbekleidung mit höchster Aerodynamik beim Zeitfahren für Nairo und Alex.
Sichere Scanqualität Die Fahrer werden zuerst im Stehen und dann auf dem Rad gescannt. Die Vielzahl von Einzelscans in der vorgegebenen Scanposition vervollständigt die Scans auf dem Rad besonders durch Daten von Oberkörper, Armen und Beinen. Alle „Schatten“ auf den „Fahrradscans“ können jetzt durch die vielen vorhergehenden Einzelscans ausgefüllt werden. So können die Experten hochwertige Scans erstellen, ohne die aufrechtstehende Position im Scanner einzuhalten. Denn anders als die Standardposition bilden die Scans in Aktion auf dem Rad, die Rückenbeugung, die Kontraktion und die Ausdehnung der Schultern ab. Also genau das, was Endura und Human Solutions wollen.
Bekleidung von 3D-Manikins in Aktion Jetzt geht es an die Bekleidungsentwicklung. Die exakte Maßabnahme mit Hilfe von Messpunkten am Scan jedes Fahrers liefert wichtige Infos bei der Entwicklung der Trikots. Dabei werden nicht nur einfache Maße, sondern auch der Körperumfang in der entsprechenden Bewegung berücksichtigt. Die Visualisierung in 3D ermöglicht auch die
Beurteilung der Körperproportionen, zum Beispiel das Verhältnis der Beine zum Rücken. Die daraus gewonnenen Erkenntnisse können schnell überprüft werden und fließen anschließend direkt in den Schnitt der neuen Trikots ein. Ist etwas unklar, können die Bekleidungsspezialisten jederzeit auf die verschiedenen Scans zurückgreifen. Ein großer Vorteil gegenüber der physischen Maßabnahme. In der 2D/3D-Schnitt-Mapping-Software wird das Bekleidungsstück an den Radrenn-Manikins virtuell anprobiert und weiter optimiert. Sofort wird sichtbar, ob die Bekleidung in der Bewegungshaltung zu locker oder zu weit sitzt. Der Schnitt kann entsprechend angepasst werden. So entstehen Trikots, die sich für Radrennen optimal eignen. Weil die Manikins nicht ermüden und immer zur Verfügung stehen, kann ausgiebig im Windkanal getestet werden. Die Testergebnisse sind reproduzierbar und konsistent. Endura kann zudem allgemeingültige Schnittregeln für den breiten Bekleidungsmarkt ableiten.
Professionelle Ergebnisse für den breiten Markt Die Zusammenarbeit lohnt sich für Team Movistar und für Bekleidungshersteller Endura gleichermaßen: Quintana hat im Endura-Trikot viele Erfolge verzeichnet. Alex Dowsetts erfolgreicher World Hour Record kam, nachdem das Unternehmen ihm 57 im Windtunnel getestete Prototyp-Radrennanzüge erstellt hatte. Was gut für Profis ist, ist auch für Amateursportler gut. Enduras aerodynamische WT Aerosuits und Speedsuits genauso wie seine WT Classics-Reihe können bald im Sportgeschäft gekauft werden.
Innovation 22
KomfortZone
Ausrüstung und Bekleidung im digitalen Einsatz Wie viel Sicht nehmen Schutzhelme? Können Soldaten auch mit Rucksack in einen Panzer einsteigen? Wie viel Bewegungsfreiheit braucht ein Einsatzteam von Polizei oder Feuerwehr in voller Ausrüstung? Im Sicherheit- und Schutzbereich muss neben dem Menschen noch einiges an Ausrüstung ins Fahrzeug. Kein Problem für RAMSIS Defense. Damit lassen sich Fahrer und Passagiere beliebig ausrüsten und so alle Fragen zur Ergonomie digital beantworten – auch in voller Montur. Mit RAMSIS Defense sind Sie digital gut ausgerüstet: Die neue RAMSIS-Software modelliert den Einfluss von Bekleidung und Einsatzwerkzeugen auf die Beweglichkeit und die Haltungsprognose und berücksichtigt dies in den Ergonomieanalysen mit RAMSIS. Dafür stellt RAMSIS Defense eine Bibliothek mit interaktiven Ausrüstungsgegenständen bereit: Die Daten und Fotos der Ausrüstungsgegenstände werden vor dem ersten digitalen Einsatz individuell bereitgestellt und von Human Solutions zu einer kundenspezifischen digitalen 3D-Bibliothek weiterentwickelt. Das neue Equipment-Modul können Sie in RAMSIS NextGen, RAMSIS in Catia V5 und RAMSIS in NX einbinden und pflegen. In der Simulation
arbeiten Sie dann wie gewohnt: Die Ausrüstungsgegenstände lassen sich zur Laufzeit anheften. So wird in Echtzeit abgebildet, wie sich der Gegenstand oder das Kleidungsstück auf Beweglichkeit, Haltung oder Körperform des Modells auswirkt. Auch Abhängigkeiten zwischen den Objekten untereinander und von Objekten zum Menschmodell werden berücksichtigt. Einmal eingebunden stellt RAMSIS Defense zudem interne Werkzeuge zur Verfügung, zum Beispiel zum grafisch interaktiven Aufbereiten und Einpflegen der Objektgeometrie. Auch das Haltungsmodell und die Körperform können im Laufe einer Session interaktiv bearbeitet werden.
Verlinkung von RAMSIS mit Bekleidung und Ausrüstungsobjekten
RAMSIS Defense im Überblick Alle ergonomischen Analysen: Sicht, Erreichbarkeit, Haltung, Kraft Bekleidungsgröße passt sich an Anthropometrie des Manikins an Bei festgelegten Größenschritten wird die bestpassende Größe gewählt Bekleidung passt sich an Haltungsveränderung an Aufzeigen von Bewegungseinschränkung (z. B. der Wirbelsäule mit Schutzweste) Schnell verfügbares Know-how im System
Innovation
Bits & Bikes
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KomfortZone
Will man Ergonomie in Perfektion sehen, lohnt sich der Weg nach Österreich. Beim Mattighofener Motorradhersteller KTM gibt das Fahrgefühl den Ton an. Kein Wunder, denn bei KTM fährt jeder Motorrad. Auch die Software steigt jetzt digital auf die KTM-Bikes. Seitdem das Unternehmen RAMSIS eingeführt hat, beginnt das Feilen am Fahrerlebnis noch vor der ersten Produktskizze. KTM baut Premium-Motorräder für anspruchsvolle Fahrer. Das Firmenmotto „Ready to Race“ übersetzen die Produktentwickler des bekannten Motorradherstellers in alle Fahrstile – von Motocross bis zum aktiven Fahren im Straßenverkehr. Mit großem Erfolg seit vielen Jahren. Einer der Schlüssel dazu ist Ergonomie. Die fand früher bei KTM ausschließlich in aufwendigen Tests am Prototypen und bei Probefahrten statt. Heute beginnt sie mit RAMSIS noch vor der ersten Designskizze.
Bei KTM trafen sich 2016 führende Ergonomieexperten aus Wissenschaft und Praxis zur RAMSIS User Conference. Wie immer stand der Wissens- und Erfahrungsaustausch im Vordergrund. Die Praxis kam aber auch nicht zu kurz. Nach einer beeindruckenden Werksbesichtigung hieß es bei KTM für alle Konferenzteilnehmer „Rauf aufs Bike“. Human Solutions bedankt sich bei KTM und allen Teilnehmern für zwei unvergleichliche Tage, die in jeder Hinsicht spannend waren.
Gastgeber der RUC 2016
Innovation
Ergonomie noch vor der ersten Produktskizze
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KTM schlägt dabei wenig befahrene Wege im Motorradbereich ein. Während digitale Ergonomiesimulation bei der Automobilentwicklung weit verbreitet ist, wird sie im Motorradbereich noch selten eingesetzt. Anders als beim Automobil kann der Fahrer ganz unterschiedliche Haltungen einnehmen und es gibt keinen fest definierten Innenraum für die Auslegung. Mit RAMSIS kann KTM diesen „Innenraum“ klar vorgeben. Das ist einer der Vorteile der Ergonomiesimulation. „Heute stecken wir digital einen grundsätzlichen Ergonomierahmen ab und geben Räume für das Design vor, in dem sich die Designer und Entwickler frei bewegen können. Durch diese Digitalisierung und die ergonomische Prüfung von Designideen ganz am Anfang der Entwicklung gewinnen wir Zeit für Experimente. Wir können uns viel besser weiterentwickeln und mutiger denken. So entstehen manchmal ganz neue Lösungen, manchmal sehen wir aber auch, dass unser bisheriges Konzept das Beste war.“ Frederik Harnischmacher, Entwicklung, KTM
Mit Ergonomiesimulation wird man schneller, für KTM zählt aber der Qualitätsgewinn. Durch die frühzeitige Vorgabe des Ergonomieraums schafft das Entwicklungsteam mehr Flexibilität und Spielraum für Designinnovationen. Gemessen wird der Erfolg der Ergonomiesoftware in Mattighofen deshalb an neuen Designkonzepten – innerhalb des hohen Ergonomiestandards. Mit RAMSIS gewinnt man dafür Zeit, die man vorher nicht hatte. „Wir gehen jetzt viel tiefer und noch viel genauer vor, zum Beispiel bei der Analyse der unterschiedlichen Fahrsituationen. Es macht einen großen Unterschied, ob ich mit der 300 EXC Enduro fahre oder entspannt einen Ausflug mit der 1090 Adventurer durchs Gebirge unternehme.“ Gerald Matschl, KTM
Klassische Ergonomiesimulation bei KTM KTM führt jetzt mit RAMSIS alle ergonomischen Untersuchungen durch – iterativ an CAD-Modellen, die mehr und mehr Gestalt annehmen – bis zum finalen Prototyp. Sitzposition, Sicht, Bewegungsfreiheit/Kollision werden am KTM-Manikinpool für alle relevanten Perzentilen untersucht.
KomfortZone
„Fahrer und Maschine sind beim Motorradfahren so eng in Kontakt, dass die Ergonomie ein zentraler Faktor für ein optimales Fahrerlebnis ist. Und genau darauf legen wir enormen Wert und unsere Kunden auch.“ Gerald Matschl, Teilbereichsleiter Street, KTM
Für den Test der Bewegungsfreiheit bzw. der Kollision von Körperteilen mit dem Motorrad werden zudem Animationen in RAMSIS genutzt. Über Gelenkketten lassen sich so auch Zwischenhaltungen identifizieren, die eventuell bei Fußrasten, im Lenkbereich, beim Hanging-off oder beim Auf- und Abstieg hinderlich sein können. Die Einhaltung von Sichtnormen lässt sich mit RAMSIS leicht feststellen, genauso wie die Einhaltung der internen KTM-Erwartungen an die Sichtqualität. Doch bei der Bestimmung der klassischen Fahrzeugergonomie bleibt es nicht.
RAMSIS im virtuellen Windkanal Die Aerodynamik ist für das Fahrgefühl ebenfalls entscheidend. Weil der Fahrer auf dem Motorrad direkt im Wind sitzt, beeinflusst er die Windschnittigkeit, und er ist auch selbst starken Windströmungen ausgesetzt. Im virtuellen Windkanal wird deshalb nicht nur das CAD-Modell getestet, sondern ein virtuelles Motorrad inklusive Fahrer. Das KTM-Team sieht sofort, wie der Fahrer umströmt wird und welchen Einfluss Helm oder Windschild auf das Fahrgefühl haben.
Umfassende Testphase vor der Einführung Vor dem Wechsel zur digitalen Simulation prüft KTM RAMSIS auf Verlässlichkeit in der Motorradwelt. Bei zwei Modellen wird parallel mit RAMSIS und wie gehabt mit Feldtests gearbeitet. Die Ergebnisse sind identisch. Das gibt den Ausschlag für die führende Ergonomiesoftware. Ein wichtiger Punkt für KTM ist das Haltungsmodell. Ein neues, motorradgeeignetes wird bei KTM entwickelt. Die verschiedenen Haltungen – aufrechte Sitzposition, flache Sitzposition, Fahren im Stehen oder Hanging-off – werden jeweils direkt bei der Positionierung des Manikins auf dem Modell gelöst. Ist die Haltung eingenommen, speichert die Ergonomiesoftware aus Kaiserslautern die Positionierung, so dass diese immer wieder abgerufen werden kann. Einmal entschieden, geht die Einführung innerhalb weniger Wochen vonstatten. Heute werden alle Neu- oder Weiterentwicklungen bei KTM digital mit RAMSIS überprüft und erst wenn die Produktreife schon extrem hoch ist, wird der erste physische Prototyp gebaut. So gehen technische Innovation und bewährte Arbeitsweisen Hand in Hand.
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Fokus
Professorin Johnell Brooks ist Associate Professor am Lehrstuhl Automotive Engineering des Clemson University International Center for Automotive Research. Yang Yang ist Graduate Student an der Clemson University und Leiterin des Interiorteams für Deep Orange 7.
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Deep Orange & RAMSIS
Das Deep-Orange-Programm der Clemson University ist außergewöhnlich. Es ermöglicht Studenten, in zwei Jahren einen Fahrzeugprototyp zu entwickeln. Es ist das einzige Programm seiner Art, bei dem Studenten nur mit ihren Ideen beginnen und am Ende vor einem fertigen Fahrzeug stehen. Ergonomischer Komfort und Sicherheit werden mit RAMSIS in Catia V5 getestet. KomfortZone spricht mit Professorin Johnell Brooks und der Studentin Yang Yang über das Abenteuer, ein Fahrzeug von Grund auf zu entwickeln.
© Bilder Deep Orange KomfortZone: Seit wann bietet die Clemson University das Programm Deep Orange an? Brooks: Wir sind gerade beim 8. Durchlauf von Deep Orange. Alle Absolventen im Bereich Automotive der letzten acht Jahre hatten also die Gelegenheit, an Deep Orange teilzunehmen. KomfortZone: Wie sind die Teilnahmevoraussetzungen für Studenten? Brooks: Die Teilnahme an Deep Orange ist für alle Graduate Students im Bereich Automotive Engineering möglich. Sie können sich für eines von fünf Teams bewerben: Powertrain, Karosserie, Interior, Body-in-White und Projektmanagement. Das Auswahlverfahren ist hart: Die Studenten bewerben sich für eine Position bei Deep Orange genau so, als würden sie sich für einen Job bewerben. Sie müssen Fragen beantworten, einen Lebenslauf einreichen. Oft führen wir auch persönliche Einstellungsgespräche. Die Studenten verstehen so, welche Verpflichtung sie eingehen. Wir können ihr Interesse realistisch einschätzen.
KomfortZone: Jedes Projekt wird von einem Automobilhersteller gesponsert. Welche Motivation haben die Sponsoren? Brooks: Für die meisten Unternehmen geht es bei Deep Orange vor allem um die pädagogische Erfahrung, also dass die Studenten verstehen, wie die Fahrzeugentwicklung von Anfang bis Ende funktioniert. KomfortZone: Legt der Sponsor auch die Spezifikation des Projekts fest? Brooks: Das variiert von Projekt zu Projekt. Viele Sponsoren geben uns oft nur eine grobe Richtung vor, alles Weitere liegt dann an uns. Deep Orange 5 zum Beispiel hatte das Thema Stadtauto. Bei Deep Orange 6 ging es um ein urbanes Nutzfahrzeug. Bei Deep Orange 7 gab es ganz genaue Spezifikationen. Es war ein Forschungsauftrag von BMW mit klaren Richtlinien.
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Ergonomie bei Deep Orange
KomfortZone: Welche Rolle spielen Ergonomie und RAMSIS bei Deep Orange? Yang: Ich würde sagen, dass Ergonomie Sicherheit und Komfort betrifft. Wir bauen ein Fahrzeug, das sowohl sicher als auch bequem sein soll. Ich bin für alle ergonomischen Analysen, die Fahrzeugauslegung und die Innovationskonzepte bei der Innenauslegung mit RAMSIS verantwortlich. Wenn das Body-in-White-Team seine Entwürfe aktualisiert hat, überprüfe ich immer wieder die Sicht, bestimme den Diskomfort und führe eine Erreichbarkeitsanalyse durch. Brooks: RAMSIS hat bei Deep Orange 7 eine große Rolle gespielt. Während der Fahrzeugentwicklung, aber auch nachdem das finale Fahrzeug ausgewählt war, wurde RAMSIS intensiv genutzt. Yang hat unzählige Szenarien simuliert, um die Auswirkungen verschiedener Konstruktionsrichtungen oder den Einsatz neuer Technologien abzuklären. Besonderes Augenmerk galt dabei immer der Sichtanalyse. Das war sehr spannend, weil Yang RAMSIS anders benutzt hat, als wir es in den vorhergehenden Deep-Orange-Projekten getan haben. KomfortZone: Was sind die größten Herausforderungen für die Studenten bei der Ergonomie im Projekt?
nem hybriden Sportwagen. Das Team hat zusätzlich zur Ergonomiesimulation ein Pappmodell gebaut, um das Design selbst physisch testen zu können. Die Kombination der eigenen Passagiererfahrung am physischen Modell und der Daten aus RAMSIS half den Studenten, ihr Konzept und die Konstruktion besser zu bewerten. So konnte das InteriorTeam seinen Entwurf für die Ausgestaltung des Innenraums optimal begründen und den benötigten Platz verteidigen. KomfortZone: Was gefällt Ihnen an RAMSIS? Brooks: Ich denke, RAMSIS hat unserem Team einen klaren Weg aufgezeigt, wie es seine Konzepte testen kann. RAMSIS kann viele Dinge visualisieren, einschließlich Sicht und Erreichbarkeit. In einem normalen CAD-Modell geht das nicht. RAMSIS ist ein einfacher Weg, die Ergonomie im Fahrzeug zu visualisieren. KomfortZone: Welche neue Funktion würden Sie gerne in RAMSIS sehen? Yang: Wenn wir Material und seine Eigenschaften, wie zum Beispiel den Sitzbezug, ergänzen könnten, hätten wir noch exaktere Ergebnisse bei der Diskomfortanalyse. Das wäre toll.
KomfortZone: Hat es bei Deep Orange besonders smarte oder innovative Lösungen für die Ergonomie gegeben?
Brooks: Wir müssen viele verschiedene Ziele in einer vorgegebenen Konstruktion miteinander in Einklang bringen. Viele Standardtests wie Schattenwurf, die Frontsicht oder die Sicht nach hinten. Ein Abruf mit einem Button für diese Standarduntersuchungen in RAMSIS würde es uns einfacher und die Umsetzung des Konzepts schneller machen. Ich hätte noch eine Idee. Ich arbeite viel mit Menschen mit Behinderung. Deshalb würde ich gerne mehr Funktionen für Rollstuhlanwender sehen, etwa für das ganze Thema Einstieg/Ausstieg.
Brooks: Das Fahrzeug von Deep Orange 3 war ein gutes Beispiel. Es hatte ein 3+3-Sitzkonzept in ei-
Mehr Information: http://cuicardeeporange.com
Brooks: Ich würde sagen, die Abstimmung und Lösungsfindung zwischen den einzelnen Teams. Die zentrale Frage ist immer: Wem gehört welcher Raum im Fahrzeug? Es herrscht immer ein Kampf um den Platz, und wer diesen am Ende für sich beanspruchen kann. RAMSIS zeigt deutlich, welcher Raum wofür benötigt wird, so dass sich am Ende das Ergebnis durch RAMSIS eindeutig belegen lässt.
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Neues von RAMSIS
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Sicher mit Sitz
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Das Erfüllen der Euro-NCAP-Kriterien ist ein wichtiger Verkaufsfaktor – vor allem wenn es um die Sicherheit von Kindern geht. Doch Kindersitze im Fahrzeug stellen die bestehenden Gurtsysteme auf die Probe. Damit es nicht in einem späten Stadium zu unnötigen Änderungen kommt, lässt sich das Zusammenspiel von Gurtsystem und verschiedenen Kindersitzen jetzt auch digital mit RAMSIS untersuchen. Dabei geht es zum Beispiel um die Platzprognose für den Sitz und die Eignung des bestehenden Gurtsystems zur Sicherung des Kindersitzes. Darüber hinaus lässt sich der Gurtverlauf auch über Kinder im Kindersitz testen. Das RAMSIS-Modul „Kindersitze“ ist eine kundenspezifische Plattform. Die Kindersitzbibliothek kann für jedes Kindersitzmodell kundenindividuell erweitert und in RAMSIS integriert werden.
Die Simulation funktioniert ganz einfach: 1. Kindersitz aus Bibliothek laden 2. Kindersitz positionieren 3. RAMSIS-Kindermodell hineinsetzen 4. Gurtverlauf über Kindersitz und Kindermodell berechnen Das RAMSIS-Modul Kindersitze wurde in Zusammenarbeit mit Daimler und Kindersitzhersteller Britax Römer entwickelt. Die Britax Römer-Kindersitzbibliothek ist für die meisten deutschen OEMs freigegeben. RAMSIS verfügt zusätzlich über Q-Dummies für 6- und 10-jährige Kinder im Kindersitz.
Neue Normen – freie Sicht Jetzt gibt es wieder fünf neue Sichtnormen in RAMSIS. Die Ausweitung der digitalen Simulation der Einhaltung von Normenkriterien ist ein Entwicklungsschwerpunkt von RAMSIS. Laufend werden deshalb zusätzliche Sichtnormen zur digitalen Analyse in RAMSIS integriert. Sofort und noch am digitalen Entwurf lässt sich so die Einhaltung entscheidender Normen sicherstellen. Gerade für Sichtnormen ist das ein wichtiger Zeit- und Qualitätsvorteil, denn die entwicklungsbegleitenden Tests haben Einfluss auf die Auslegung der Fahrzeugkarosserie (z. B. A-Säule) und damit auf die immerwährende Diskussion zwischen Fahrzeugdesign (Designer) und sicherer Fahrersicht (Ergonomen). Und auch der Komfort für die Entwicklungsabteilung kommt nicht zu kurz. Die Dokumentation der Normerfüllung lässt sich aus der Simulation per Knopfdruck ableiten.
Die neuen Sichtnormen in RAMSIS Sicht nach vorne für Kraftfahrzeuge. Allgemeine Sichtrichtlinie.
§35b StVZO
Sicht nach hinten für Pkw, Lkw, Motorroller. Spiegelsicht nach hinten.
ECE R46
Sicht nach vorne für Pkw. Besonders wichtig: die Bewertung der A-Säule als Sichthindernis.
ECE R125
Internationale bzw. europaweite Sichtrichtlinie. Direkte Sicht nach vorne und indirekte Sicht inklusive Spiegel und Kameras für Niederflurbusse.
ISO 16121 EBSF*
Rundumsicht für landwirtschaftliche Traktoren. In Zusammenarbeit mit AGCO Fendt entwickelt.
ISO 5721
*European Bus System for the Future
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Size NorthAmerica Kick-off
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Die größte 3DReihenvermessung der Welt hat begonnen! Über 18.000 Frauen, Männer und Kinder werden gescannt und vermessen. Die Daten fließen in die weltweit größte Körpermaßdatenbank iSize ein. Der Vorteil: Vermessen wird in 3D. Das Ergebnis sind also nicht nur Maße, sondern Avatare. Die Automobilindustrie bekommt so die Daten, die sie braucht, um immer mehr Menschen oder besondere Zielgruppen zu erreichen.
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Scanningstandorte in den USA: Die beiden Kick-off-Scanningstandorte: Central Michigan University in Mt. Pleasant, MI North Carolina State University in Raleigh, NC
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Weitere Standorte sind geplant: 1_New York, NY 2_Buffalo, NY 3_Pittsburgh, PA 4_Philadelphia, PA 5_Boston, MA 6_Washington, DC 7_Atlanta, GA 8_Miami, FL 9_Oklahoma City, OK 10_Dallas, TX 11_Detroit, MI 12_Chicago, IL 13_Minneapolis, MN 14_St. Louis, MS 15_Lincoln, NE 16_Bismarck, ND 17_Los Angeles, CA 18_San Francisco, CA 19_Seattle, WA 20_Albuquerque, NM 21_Missula, MT 22_Denver, CO 23_Las Vegas, NV
Sponsoren aus Automotive und Fashion
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27 Unternehmen und Universitäten beteiligen sich an Size NorthAmerica. Sie erhalten frühzeitigen, umfassenden Datenzugriff. Zu den Sponsoren gehören BMW, Daimler, Ford, General Motors und Polaris im Automotivebereich. BSN Medical, Alvanon, Hugo Boss, La Vie En Rose, Logistik Unicorp, Target, Ulla Popken und VF für Fashion sowie die Cornell University, die Central Michigan University, die NC State University und die University of Oregon.
Das Konzept: repräsentative Vermessung 2 Geschlechter: Frauen/Mädchen und Männer/Jungen 9 Altersgruppen 6 Regionen Weitere Segmentierungen: ethnische Zugehörigkeit, demographische Informationen, z. B. Einkommen, Ausbildung, … Gescannt wird in verschiedenen Körperhaltungen. Vermessen wird jeder einzelne Scan digital, aber aus Qualitätsgründen wird jede Messung kontrolliert.
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Mehr Informationen:
http://www.sizenorthamerica.com • Erste, repräsentative Reihenmessung • Führende Technologie für Bodyscanning und Auswertung • Interaktive Datenanalyse auf iSize
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Das Scanmobil reist durch die USA. So können schnell viele Menschen vermessen werden – egal ob in der Stadt oder auf dem Land.
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Fahren mit Turban
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Wer einen Turban trägt, kann Probleme beim Autofahren haben. Der sitzende Fahrer wird damit deutlich größer. Aber wie viel größer und welche Auswirkungen hat das auf die Fahrzeugauslegung? Am Beispiel seines Heimatlandes zeigt ein indischer RAMSIS-Kunde die ergonomischen Auswirkungen der verschiedenen Turbanformen.
Indien ist ein riesiges Land. Mit 29 Staaten, knapp 1,3 Milliarden Einwohnern und vielen verschiedenen Religionen sind Unterschiede eher die Regel als die Ausnahme. Diese Vielfalt ist eine spannende Herausforderung für RAMSIS. Am Beispiel Turbane nimmt das Team von Maruti Suzuki India Ltd. die Herausforderung an. Turbane gehören vor allem auf dem Land zum Alltag. Vor allem wenn sie von mittelgroßen bis sehr großen Männern getragen werden, können sie die Fahrsicherheit und den Komfort beeinträchtigen. Die Studie identifiziert zunächst elf verschiedene Turbantypen, die sich nach Größe und Form unterscheiden. Diese Typen werden digitalisiert und an die Kopfgeometrie von RAMSIS angepasst. Auf Basis dieser Daten wird ein physischer Kopf
erstellt, mit den verschiedenen realen Turbanen versehen und eingescannt. Das Ergebnis ist eine neue Turban-Kopf-Bibliothek für RAMSIS. Jetzt beginnt die ergonomische Analyse. Die Fahrzeugauslegung von RAMSIS mit Turban birgt interessante Erkenntnisse und einige Überraschungen: Der Turban wirkt nicht nur nach oben einschränkend, sondern nach allen Richtungen. Das gilt nicht nur für den Fahrer, sondern auch für Beifahrer auf dem Rücksitz. Das kann vor allem für die Auslegung von Luxuslimousinen relevant sein. Betroffen ist davon nicht nur die Fahrposition, sondern auch der Ein- und Ausstieg. Zudem kann der Turban auch beim Öffnen und Schließen des Kofferraums hinderlich sein.
Das Öffnen des Kofferraums: kein Problem für RAMSIS ohne Kopfbedeckung …
… mit Kopfbedeckung aber schon.
RAMSIS bindet 3D-Daten der aktuellen indischen Reihenmessung ein. Die Mittelschicht in Indien wächst. Mit den steigenden Einkommen erhöht sich die Nachfrage nach Kraftfahrzeugen. Grund genug, den ergonomischen Bedarf indischer Fahrer und Passagiere bei der Fahrzeugentwicklung zu berücksichtigen. RAMSIS integriert deshalb die Ergebnisse der aktuellen indischen Reihenmessung ARAI Size India 2008–2010 – durchgeführt von der Automotive Research Association of India (ARAI). Mit 3D-Bodyscannern von Human Solutions wurden 5.000 Männer und Frauen in fünf Regionen und den drei Altersgruppen – 18–29 Jahre, 30–44 Jahre und 45+ – entsprechend vermessen. Gescannt wurde in verschiedenen Körperhaltungen. Rund 100 Körpermaße pro Person wurden abgenommen. Die Daten wurden 2008–2010 erhoben. Die Studie wurde 2011 als Kurzzusammenfassung veröffentlicht. Jetzt können die Ergebnisse auch produktiv in RAMSIS genutzt werden, um Fahrzeuge besser an die Anforderungen des indischen Subkontinents anzupassen oder sogar direkt Fahrzeuge für indische Verbraucher zu entwickeln.
Die Turban-Bibliothek für RAMSIS
Zu guter Letzt
Das war die RUC 2016!
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Auf jeder RUC wird der RAMSIS Excellence Award an junge Wissenschaftler verliehen. Die Gewinner 2016 stellen Arbeiten zum Einfluss biochemischer Aspekte und zur Gurtauslegung vor.
Vorträge rund um Fahrerassistenzsysteme und ihre Auswirkungen auf die Ergonomie im Fahrzeug standen im Fokus der RAMSIS User Conference in Salzburg. Kooperationspartner KTM öffnete seine Tore und zeigte den Teilnehmern neben der eigenen Entwicklung und Produktion auch, wie man richtig Motocross fährt.
Auch das war die RUC! Nach den Vorträgen wird mit KTM Bikes Motocross gefahren.
Zu guter Letzt
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