Das MAGAZIN für Sicherheitskultur 03/2018

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Nr. 03 / 2018

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Ist „viel“ immer besser?

Objektive vs. subjektive Sicherheit

Keine Selbstbestimmung auf Konzerten?

Ein Erfahrungsbericht

„Stay alert not al armed “

Handlungshilfen für (Tour)Personal



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E ditorial

Liebe Leser und Leserinnen, Wer große Pläne hat, nehme sich Zeit. Sophokles (496-405 v. Chr.) So ist das wohl mit den (großen) Plänen – man braucht Zeit, sie umzusetzen. In unserem Falle dann doch 8 Monate, um die neueste Ausgabe des „MAGAZIN für Sicherheitskultur“ herauszubringen. Aber auch da sind wir mit Sophokles: „Gerades Scheitern steht höher als ein krummer Sieg“ – wir wollten einfach kein MAGAZIN herausbringen, nur um zu veröffentlichen – sondern es sollte schon auch ein Gutes sein. Wir denken, dass wir das mit dieser Ausgabe geschafft haben – in diesem Zusammenhang erst einmal vielen Dank an die externen Autoren – ohne Sie / Euch wäre dies kein gutes MAGAZIN geworden. Interessant ist, wie sich der Themenfokus in der Zeit immer wieder verschoben hat – wollten wir doch Ende des Jahres unbedingt mehr über Bedrohungslagen schreiben, kam irgendwann das Thema Karneval und damit das Risikomanagement für Veranstaltungen in den Fokus. Dann der Beginn der Festivalsituation und die Fußballweltmeisterschaft – die Liste der Themen, die sich zwischenzeitlich angesammelt hat, ist endlos und reicht sicher für die nächsten zehn MAGAZINe. Diskutiert haben wir auch den absoluten Dauerbrenner „Eskalierte Shoperöffnungen / Autogrammstunden / Give-away Aktionen“ etc. – aber irgendwie blieb der Text zum Thema immer irgendwo hängen – ein Mehrwert oder tatsächlicher Lerneffekt war nicht auszumachen. Oder doch? Ist es nicht auch Aufgabe des MAGAZINs, sich auch mit Grundsätzlichkeiten, mit „Anfängerproblemen“ auseinanderzusetzen? Ja, ist es – aber weil wir auch das richtig machen wollen, wird das erst in der nächsten Ausgabe geschehen – um objektiv darüber zu schreiben, warum „Damit haben wir nicht

rechnen können“ kein adäquates Argument ist, braucht es neben Zeit auch das nötige Maß an Gelassenheit. Mehr und mehr haben wir in der zurückliegenden Zeit auch den Fokus weg von Veranstaltungen auf andere Teilbereiche und Branchen gelegt – so hat zum Beispiel der Stromausfall am Flughafen Hamburg (an den sich der / die ein oder andere vermutlich schon gar nicht mehr erinnert) zu intensiven Diskussionen über Erwartungshaltungen und – und damit sind wir dann auch beim Thema des Heftes – der Diskrepanz zwischen subjektiver und objektiver Sicherheit geführt. Die Frage, wann und warum wir uns sicher fühlen ist vielfältig und spannend – und auch wenn wir sie nur anreißen können, so denken wir doch, mit dem MAGAZIN zumindest einige Aspekte betrachtet zu haben, die auch für die Planung von Veranstaltungen oder aus anderen Gründen veranlassten Menschenmengen relevant sind. Wir haben immer noch keine Leserbriefspalte, freuen uns aber dennoch über Anregungen und Fortführungen der Diskussion – ob per E-Mail, telefonisch, in unseren Kursen, bei externen Veranstaltungen oder – was wir natürlich ganz besonders hoffen – im Rahmen unserer nunmehr 5. Fachtagung Veranstaltungssicherheit, die in diesem Jahr in Hamburg stattfinden wird. Zur Einstimmung auf die 5. Fachtagung gibt es in dieser Ausgabe auch noch einmal einen Rückblick auf die 4. Fachtagung in Köln.

Es gibt also eine Menge zu berichten und wie immer hoffen wir, dass Sie / Ihr genauso viel Freude am Lesen haben / habt, wie wir mit dem Schreiben und ermuntern an dieser Stelle aus gegebenem Anlass auch noch einmal alle, die sich für das von uns Gesagte interessieren (und seien es nur nette kleine Floskeln), uns doch einfach zu kontakten statt einfach nur abzuschreiben. Und zum Abschluss dann noch ein hübsches Zitat von Brecht, das alle ermutigen möge, niemals stillzustehen und sich niemals von einem nicht erfüllten Plan abschrecken zu lassen.

„Ja, mach nur einen Plan, sei nur ein kluges Licht, und mach dann noch ´nen zweiten Plan, geh‘n tun sie beide nicht.“ Bertolt Brecht (1898-1956) Das IBIT Team


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inhaltsverzeichnis

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Editorial

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SICHERHEITSKULTUR IM PORTRAIT Jörg Mokry im Interview

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WA S BISHER GESCHAH Ereignisse der Veranstaltungswelt

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DIE 4. IBIT FACHTAGUNG VERANS TALTUNGSSICHERHEIT Ein Rückblick

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DIE 5. IBIT FACHTAGUNG VERANS TALTUNGSSICHERHEIT Ein Ausblick

16 Der Preis der Sicherheit Schwerpunktthema 20

PLANUNGSHERAUSFORDERUNGEN FÜR DEN SANITÄTSDIENS T Medizinische Sicherheit und Gefahrenabwehr auf Veranstaltungen

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KEINE SELBS TBES TIMMUNG AUF KONZERTEN Ein Erfahrungsbericht

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DER PREIS DER SICHERHEIT Wer kümmert sich um den Veranstalter?

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PLANEN MIT 3D (Advertorial) Mit 3D CAD Software zur effizienteren Flucht- und Rettungswegplanung

Das MAGAZIN für Sicherheitskultur entsteht mit Hilfe wechselnder externer Autoren. Die von den einzelnen Autoren veröffentlichten Texte und Artikel geben nicht zwingend die Meinung der Redaktion wieder.


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30 R ÄUMUNGSKONZEPTE – UND NUN? Praxishilfen 36 NEUES AUS DER SICHERHEITSFORSCHUNG Aktuelle Bekanntmachungen 38 DA S FORSCHUNGSPROJEKT ArGUS Assistenzsystem zur situationsbewussten Abwehr von Gefahren durch AUS 40 ProVOD – Professionalisierung des Ver ans taltungsordnungsdienstes Kurzfassung des Branchenberichtes 52

HANDLUNGSHILFEN Sicherheitsunterweisung (Tour)Personal

52 BUCHREZENSIONEN Sicherheit und Kommunikation bei Fußballgroßveranstaltungen 56 – The Story oft he Bradford Fire Die Logik des Misslingens GIT Sicherheit 61

Autoren dieser Ausg abe

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Impressum

impressum Herausgeber: IBIT GmbH Internationales Bildungs- und Trainingszentrum für Veranstaltungssicherheit Auguststr. 18, 53229 Bonn Telefon: +49 (0)228 / 42 99 26 90 Telefax: +49 (0)228 / 20 70 80 8 kontakt@ibit.eu, www.ibit.eu Geschäftsführung: Sabine Funk, Christoph Heiliger

Erscheinungsdatum: Oktober 2018 Verantwortlich: Christoph Heiliger, Sabine Funk Redaktion: Simon Ort Anzeigenleitung und -verkauf: Simon Ort Gestaltung: Serap Lannert

Copyright: Eine Verwertung der urheberrechtlich geschützten Broschüre und aller in ihr enthaltenen Beiträge und Abbildungen, insbesondere durch Vervielfältigung oder Verbreitung, ist ohne vorherige schriftliche Zustimmung des Herausgebers unzulässig und strafbar, soweit sich aus dem Urhebergesetz nichts anderes ergibt. UStIdent.Nr. 274137547 SteuerNr. 206/5926/0976 Amtsgericht Bonn: HRB 19223

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I nterview

KOMPROMISSE SIND AUCH LÖSUNGEN Im Interview: Jörg Mokry – Geschäftsführer der Löwen Sicherheit Leipzig, zur Entwicklung der Veranstaltungssicherheit – früher und heute – Probleme und Lösungen. Die Entwicklung der Veranstaltungssicherheit in Deutschland war ja leider geprägt durch einige sehr einschneidende negative Ereignisse – sei es die Loveparade in Duisburg oder die aktuelle Diskussion um Bedrohungslagen für Veranstaltungen – Was hat sich hierdurch für Dich bzw. für Deine Arbeit geändert? Ausschlaggebend in den letzten Jahren war der Vorfall auf der Loveparade in Duisburg, durch die in der Veranstaltungsbranche und vor allem bei den Veranstaltern ein Umdenken stattfand. Die Jahre zuvor gab es zum Teil rein gesetzliche Prozesse in der Sicherheit, in denen eine Zuverlässigkeitsprüfung der eingesetzten Bewachungsmitarbeiter durchgeführt und immer wieder verstärkt wurde. So z. B. eine Überprüfung der Führungszeugnisse der Beschäftigten, die Einführung der IHK-Unterrichtung und später die Einführung der Sachkundeprüfung inklusive Zuverlässigkeitsüberprüfung durch die Gewerbebehörde. Nach der Loveparade rückte auch der § 43 der Versammlungsstättenverordnung verstärkt in den Fokus, in dem der Ordnungsdienst genannt und seine Verantwortung festgelegt wurde. Durch den Vorfall in Duisburg kam es aber auch zu weiteren entscheidenden Veränderungen, vor allem im Fokus auf die Besucher. Sicherheitsdienstleister hinterfragten sich verstärkt selbst – Wie verhindert man gewisse Ereignisse, wie werden Sicherheitskonzepte und Besucherlenkung verbessert? Ich kenne eine Vielzahl Betreiber, die ihr eigenes Sicherheitskonzept darauf hin zusammen mit Behörden noch einmal genau überprüften. Nach dem Ereignis wurden auch erweiterte Maßnahmen auf Festivals und Open Airs umgesetzt – Einlässe wurden erweitert und zusätzliche Entfluchtungswege eingerichtet. Erstmals befasste man sich mit dem Thema Crowd Management. Gerade in den letzten Jahren gab es hier also eine extreme Weiterentwicklung.

Auch das Thema Terror hat die Branche in den vergangenen Jahren stark geprägt. So kam es beispielsweise im Fall Ansbach 2016 dazu, dass ein Attentäter vor dem Veranstaltungsgelände einen Sprengsatz zündete. Die Folge: Rucksackverbot und verstärkte Einlasskontrollen, Einlassbereiche wurden versetzt. Seit dem Terroranschlag in Berlin gehören nun auch Betonsperren und andere Maßnahmen zur Sicherheitsausstattung bei Massenveranstaltungen. Am deutlichsten sichtbar werden die Veränderungen ja im Vergleich der Sicherheitskonzepte vor und nach einem solchen Ereignis – was hat sich hier für Dich, der Du ja auch Sicherheitskonzepte schreibst, verändert? Das Zusammenrücken mit anderen Sicherheitspartnern ist stärker geworden. Ich habe inzwischen zahlreiche Sicherheitskonzepte für Großveranstaltungen, wie das Turnfest 2002 in ganz Leipzig, die WM 2006 für das (damals noch) Leipziger Zentralstadion, das Lichtfest Leipzig, den Weihnachtsmarkt Leipzig u.v.a. begleitet. Die Akzeptanz von den Behörden ist in den Jahren immer stärker geworden und präsenter denn je. Wichtig ist es, dass Sicherheitskonzepte im gegenseitigen Einvernehmen erarbeitet werden. Jedes einzelne beteiligte Sicherheitsorgan muss ernst genommen und einbezogen werden. Nur gemeinsam finden wir Lösungen mit denen wir zufrieden sein können. Kompromisse sind auch Lösungen. Aus Deiner Erfahrung heraus: hat sich die Zusammenarbeit insgesamt denn auch verbessert? Und sind auch die anderen Beteiligten „besser“ geworden? Sicherheitskonzepte wurden in den vergangenen Jahren zunehmend in der Struktur angepasst, vor allem aber wurden die Konzepte mit Leben gefüllt, es ist kein rein amtliches Schriftstück mehr. Das Konzept mag fix sein, die Gefährdungsbeurteilung

allerdings wird bei jedem neuen Fußballspiel oder anderen Veranstaltungen neu betrachtet. Die Systematik ist allen bekannt und jeder der Beteiligten ist gefragt. Beim Lichtfest Leipzig haben wir es zum ersten Mal mit Zustimmung aller Beteiligten geschafft, eine einheitliche Event-Einsatzplanung umzusetzen, in der alle Positionen von Feuerwehr, Polizei, Rettungsdienst und Security festgelegt sind. Außerdem wurde das Veranstaltungsgelände in Raster untergliedert. In anderen Städten gibt es das schon länger. Die Besonderheit hieran war, dass alle eingesetzten Sicherheits- und Rettungskräfte sowie die Leitstellen und Einsatzfahrzeuge diesen Plan mit sich führten. Somit gab es eine einheitliche Kommunikation bei Ereignissen, nicht nur auf dem Veranstaltungsgelände, auch in den Leitstellen, um die entsprechenden Einsatzkräfte schnell an die richtige Position zu bringen. Meine Erfahrung hat mir gezeigt, dass gerade die Mitarbeiter der Bereitschaftspolizei sowie Sanitäter von außerhalb sehr dankbar über diese genauen Informationen waren. Wo siehst Du persönlich die größten aktuellen Herausforderungen? Ich sehe in meinem unmittelbaren Arbeitsumfeld eigentlich keine wirklichen Probleme, ich sehe im Gegenzug eher positive Entwicklungen. Besonders was die Kommunikation und Zusammenarbeit betrifft. Dies liegt sicher auch daran, dass ich bereits viele Jahre dabei bin. Ich erlebe gegenseitige Akzeptanz, Respekt, offene Ohren. Die Arbeit findet auf einem gleichen Nenner statt. Für unsere Arbeit ist es wichtig, zuzuhören, die einzelnen Partner ernst, dabei aber selbst nichts persönlich zu nehmen und im gegenseitigen Einvernehmen Konzepte zu erarbeiten. Glaubt man an eine Idee, dann überzeugt auch ihre Umsetzung. Diese Erfahrungen nutzen wir dann wieder für die Vorbereitung der nächsten Veranstaltung.


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Erfahrene im VOD wissen, dass wir ein Event immer weiter perfektionieren und neue Ideen einbringen möchten. Das braucht Zeit. Wir müssen auch lernen den Veranstaltern und Behörden Zeit zu geben uns und unsere Vorstellungen besser kennenzulernen und dabei unsere Vorschläge immer wieder neu durchdenken. Man darf als Sicherheitsdienst nicht den Fokus auf die Besucher verlieren. Der Veranstaltungsordnungsdienst (VOD) muss natürlich Sicherheit verkörpern, doch auch der Service gegenüber den Besuchern spielt eine gleichwertig große Rolle. Es geht darum, ihnen ein gutes Gefühl zu geben, ihnen ein gelungenes Event-Erlebnis zu ermöglichen. Probleme sehe ich lediglich in der Honorierung des Personals. In dieser Branche sind wir uns alle des Personalproblems bewusst, das auf geburtenschwache Jahrgänge und finanzielle Gründe zurückzuführen ist. Da sollte sich in den kommenden Jahren etwas tun, um gute Mitarbeiter finden und vor allem auch halten zu können. Die Aufgaben werden immer komplexer und der Auftraggeber erwartet einen reibungslosen Ablauf und verlässliche Sicherheitsmitarbeiter. Unsere Mitarbeiter müssen eine Qualifizierung nachweisen, die auch Geld kostet. Da kann es nicht sein, dass Regalfüller im Supermarkt und Hands, die keinen gesetzlichen Nachweis benötigen, mehr Geld verdienen, als ein Security-Mitarbeiter inkl. Sicherheitsüberprüfung. Sie zu halten ist das A und O. Was kommen zukünftig für Veränderungen auf die Veranstaltungssicherheit zu? Viele Gespräche gibt es derzeit darüber, wie mit dem terroristischen Geschehen umzugehen ist. Die Konsequenz ist, dass es zunehmend Veränderungen gibt, wie eben Rucksackkontrollen und verstärkte Einlasskontrollen. Vom inhaltlichen Ablauf ändern sich die Veranstaltungen eher weniger, die Sicherheitsgesichtspunkte allerdings schon. So gibt es beispielsweise auch vermehrt Betonsperren, damit Fahrzeuge nicht ungehindert in Besuchermengen durchdringen können. Auch das wird zukünftig bei gewissen Veranstaltungen einfach dazugehören. Das Design der Sperren wird sich zusätzlich ändern. Sehr gut fand ich die Umsetzung, auch wenn nicht unbedingt geplant, Betonsperren optisch der Infrastruktur anzupassen.

Jörg Mokry – Geschäftsführer der Löwen Sicherheit Leipzig

Diese Idee ist sehr gut, weshalb es auch bei uns in Leipzig Überlegungen gibt, zukünftig ein anderes Design für die Betonsperren umzusetzen. Die Voraussetzung ist natürlich, dass es passt. Was muss sich aus Deiner Sicht sonst noch ändern? Ich möchte noch einmal darauf plädieren, niemals den Fokus auf die Besucher selbst zu verlieren. Sie sollen Freude am Event haben. Mein Wunsch ist es auch, einheitliche Schulungen für den gesamten VOD, egal ob Ordner oder Security, einzuführen, die sich z. B. an den Schulungen des Deutschen Fußball-Bundes orientieren könnten. Ein Zusatz-Modul zur Event-Sicherheit wäre eine sehr gute Grundlage. Mein Unternehmen sichert Fußballspiele des RB Leipzig ab. Damit unterliegen wir den Regeln des DFB. Jeder Mitarbeiter hat eine Schulung zu absolvieren. Dadurch konnten wir sicherstellen, dass meine Mitarbeiter auf dem gleichen Schulungsstand wie unsere Kooperationspartner sind, was ohne diese Pflichtschulungen des DFB nicht der Fall wäre. Wichtig ist allerdings, dass diese zukünftig auch als gesetzliche Qualifikation anerkannt und damit gleichwertig gegenüber der unzureichenden Sachkundeprüfung nach § 34a werden. Gerade die DFB-Schulungsinhalte bringen zum Ausdruck, was der Ordner und Sicherheitsmitarbeiter für seine Tätigkeit benötigt.

Eine gesetzliche Anerkennung ist somit das Ziel. Nicht zu vergessen ist die Einführung einer Schulungs- und Qualifizierungsmaßnahme für Führungskräfte, insbesondere für Einsatzleiter und Leiter des Ordnungsdienstes im VOD. Gerade diese Personen entscheiden im Ernstfall und sind für die geordnete Räumung eines Veranstaltungsgeländes verantwortlich. Neben dem neu entstehenden zentralen Register für Security-Mitarbeiter bis Ende 2018, können wir auf die Neuordnung der Regelungen für das private Sicherheitsgewerbe gespannt sein. Diese soll es im Rahmen des Entwurfes zum Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD geben. Schon lang ist das eine Forderung des BDSW, der ich nur zustimmen kann. Wichtig ist allerdings die Unterscheidung von Bewachungs- und Veranstaltungsordnungsdiensten (VOD). Der VOD führt keine Bewachungsaufgaben durch. Das neue Gesetz könnte auch neue Möglichkeiten offenbaren. So zum Beispiel gemeinsame Schulungen zum Austausch mit den Polizeibehörden. Aktuell ist das nur über Verbände, wie dem BDSW, möglich. Kommunikationsschnittstelle zwischen Polizei und Behörden ist bisher immer der Veranstalter selbst. Mit dem eigenständigen Gesetz könnten neue Impulse für eine Zusammenarbeit entstehen. Danke für Deine Zeit und Deine Gedanken! Nr. 03/2018


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Was bisher geschah

Was bisher geschah 2017 – dezember Wer uns auf Facebook folgt oder unseren Newsletter abonniert hat, kennt es bereits: regelmäßig veröffentlichen und kommentieren wir aktuelle Ereignisse, die für unser Tätigkeitsfeld von Interesse sind. Unter der Rubrik „Was bisher geschah“ blicken wir an verschiedenen Stellen dieses Magazins auf das bisherige Veranstaltungsjahr 2018 zurück.

06.12. 09.12.

(USA) 5 Verletzte und ein Todesfall bei Schießerei in einem Club Nach eskalierten Streitigkeiten in einen Nachtclub in Texas kam es auf dem Parkplatz zu einem Schusswechsel. Fünf Personen wurden verletzt, eine weitere Person verstarb später im Krankenhaus. 10.12.

(AUT) Mann schießt in Nachtlokal um sich Auslöser war nach Angaben der Polizei ein des Ladens verwiesener Lokalgast. Nachdem der 23-jährige Österreicher daraufhin die Scheibe der Eingangstür des Lokals einschlug, gab er im Folgenden noch Schüsse mit einer Gaspistole ab.

11.12.

(USA) Vier Verletzte bei Anschlagsversuch in Manhatten Bei einer Detonation im Fußgängertunnel einer U-Bahn wurden drei Personen, sowie der mutmaßliche Täter verletzt. 17.12.

(FIN) Dutzende Verletzte bei Konzert in Vaasa Ein Dutzend Menschen wurde am Sonntagabend verletzt, als bei einem Weihnachtskonzert in der Vaasa-Arena Teile einer Klimaanlage auf das Publikum fielen. Das Konzert wurde gestoppt und das Publikum mit mehr als 3.000 Personen geräumt. 24.12.

Rentner verletzt Weihnachtsmarkt-Besucher mit Reizgas Ein betrunkener Rentner hat Besucher auf dem Wiesbadener Weihnachtsmarkt mit Reizgas attackiert. Vier Personen wurden verletzt, darunter ein fünf Monate altes Baby.

Waldweihnachtsmarkt überfüllt Nachdem die Facebook Werbung des beschaulichen „Bergische Weihnachtsmarkt im Wald“ in Overath-Kreutzhäuschen 140.000 mal „geliked“ wurde, kam es zu einem Verkehrschaos in der Umgebung.

10.12.

Weihnachtsbaum stürzt auf Kinderkarussell Auf einem Weihnachtsmarkt in der Nähe von Aachen ist ein rund 15 Meter hoher Tannenbaum auf ein Kinderkarussell gestürzt. Fünf Menschen wurden verletzt. . 10.12.

Dortmunder Konzerthaus evakuiert Ein Weihnachtskonzert der Chorakademie wurde evakuiert. Auslöser war eine unbekannte Geruchsquelle, welche sich später als verschmorter Trafo herausstellte. 15.12.

Zwei Personen auf Rheinbacher Weihnachtsmarkt verletzt Kurz vor Eröffnung des Marktes kam es an einem Crêpes-Stand zu einer Verpuffung. Zwei Personen erlitten schwere Verbrennungen.

18.12.

(BRA) DJ stirbt bei Bühneneinsturz in Brasilien Während des Auftritts war die Bühnekonstruktion zusammengebrochen, der 30-Jährige DJ starb an seinen schweren Verletzungen. Schon im Vorfeld warnte die Wettervorhersage vor Sturm und starken Regenfällen.


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Rückblick: DIE 4. IBIT FACHTAGUNG Veranstaltungssicherheit

Fotos: Event Partner

Während wir in den Vorbereitungen für die 5. Fachtagung stecken, möchten wir zur Einstimmung noch einmal auf die 4. Fachtagung blicken, die mit 300 Teilnehmern, 35 Vorträgen, Diskussionspanels und Workshops, jeder Menge Spaß und (natürlich nur ein bisschen) Bier ein guter Startpunkt für die Entwicklung der Jubiläumstagung war.

Über 300 Vertreter der Veranstaltungsund Sicherheitsbranche kamen am 28. und 29. November 2017 zum vierten Mal in den Businesslogen des Kölner RheinEnergieSTADIONs zusammen, um gemeinsam über unterschiedliche Aspekte der Veranstaltungssicherheit zu diskutieren. Die Tagung stand unter dem Motto „mit dem Wissen wächst der Zweifel“ (ein Zitat von Goethe) – und das im positivsten aller Sinne, soll es doch darum gehen, Dinge immer wieder „anzuzweifeln“ – sprich: zu hinterfragen und niemals in einem Status zu verharren. Die Teilnehmer sowie über 30 Sprecher und Diskutanten sorgten in ihren Vorträgen, Podiumsdiskussionen und Best-Practice-Sessions in insgesamt sechs Themenschwerpunkten für intensiven Austausch und Wissensvermittlung.

Themenschwerpunkt 1 – Die Verantwortung des Dienstleisters Moderation: Axel Claas (CLA-AS Arbeitsschutz) Dass sich der im vergangenen Jahr eingeführte Schwerpunkt „Dienstleister, Infrastruktur, Sicherheitskultur – Herausforderungen & Möglichkeiten“ als fester Teil der Tagung etabliert hat, konnte man am durchweg hohen Publikumszuspruch und den im Anschluss an die Vorträge lebhaft geführten Diskussionen sehen. Nach einer kleinen Einführung von Moderator und Arbeitsschützer Axel Claas zum Thema Schutz der Mitarbeitenden stellte Frank Witte (THEA Weimar) in seinem Vortrag Auswahlverantwortung bei Veranstaltungen: Qualifikation, Titel und Ausbildungen die rechtlichen Grundlagen

zur Auswahlverantwortung, die Aufgabenbeschreibungen und Anforderungen an die Ausbildung verschiedener „geeigneter, qualifizierter oder befähigter Personen“ aus dem Veranstaltungsalltag vor. Ausgangspunkt für den anschließenden Vortrag von Marten Pauls (campo Projects) war die sicher allen gut in Erinnerung gebliebene terrorverdachtsbedingte Programmunterbrechung und Räumung des Bühnengeländes auf dem diesjährigen Rock am Ring Festival. Marten Pauls, der den „Rückumzug“ des Festivals an seine Stammstätte begleitet hat, behandelte in seinem Vortrag den Dienstleister als Teil der Sicherheitskultur. Im Anschluss daran wurde - wie immer bei den Vorträgen von Volker Löhr - äußerst lebhaft über Die Verantwortung des Dienstleisters – Eine rechtliche Einordnung diskutiert. Der Vortrag zu der Normenreihe DIN EN 13200 musste leider kurzfristig entfallen. Nr. 03/2018


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R ückblick I B I T FA C H TA G U N G 2017

Themenschwerpunkt 2 Veranstalten in einer sich wandelnden Gesellschaft Moderation: Dr. Simon Runkel (Universität Heidelberg) Immer mehr Menschen haben an unseren Veranstaltungen teil, die in irgendeiner Weise „besondere Anforderungen“ haben – sei es in Bezug auf Unterstützung und Hilfestellung oder in Bezug auf die Etablierung unserer Veranstaltungsregeln.“ Mobilitätseingeschränkte Menschen, Menschen mit anderen kulturellen Hintergründen, mit Wahrnehmungseinschränkungen oder ohne Veranstaltungserfahrung. Dies muss bei der Planung unserer Veranstaltungen berücksichtigt werden, findet sich in der Realität aber noch viel zu selten berücksichtigt. Aber auch „die Kids“, die ja einen Großteil unserer Besucher darstellen, werden nicht wirklich dort abgeholt, wo sie stehen – äußerst beeindruckend noch einmal bestätigt in der ersten Podiumssession Wer ist unser Publikum unter Leitung von Ralf Zimme (Düsseldorf Congress Sport & Event GmbH). Allen, die die Session besucht haben, wird sicherlich für immer der Moment in Erinnerung bleiben, als ein 16jähriger Mitdiskutant den Vorschlag machte, man

könne Fluchtwege doch z.B. auffallend beschildern, „z.B. in einem leuchtenden Rot“… Besonders beeindruckend waren auch die Statements der konzert- & festivalbegeisterten (und -erfahrenen) Rollstuhlfahrerin Katharina, die allen Zuhörenden noch einmal ganz deutlich die Augen geöffnet hat – unter anderem, als sie darauf hinwies, dass ja auch sie gerne mit ihren Freunden zusammen feiern möchte – was schlichtweg nicht funktioniert, wenn sie auf dem Rollstuhlpodest und die anderen im Besucherraum stehen. Der gesamte Themenstrang hat auch bei der Betrachtung der baulichen Aspekte und der rechtlichen Rahmenbedingungen in den Vorträgen Der Rollator im Räumungskonzept (Steinhofer Ingenieure) und Planen für Menschen mit besonderen Herausforderungen (Kerstin Hoffmann-Wagner & Gudrun Jostes) eine ganze Reihe offene Fragen aufgeführt. Kontrovers diskutiert wurde zum Beispiel auch die Frage, ob spezielle Fluchtwege für z.B. Rollstuhlnutzer mit dem Gedanken der Teilhabe zu vereinbaren seien (was eine ebenfalls interessante Diskussion darüber hat starten lassen, wer von den anwesenden Beteiligten denn eigentlich diese Wege auch entsprechend gekennzeichnet hat). Wir können definitiv schon einmal sagen, dass uns dieses Thema sicherlich weiter begleiten wird.

Themenschwerpunkt 3 Veranstaltungssicherheit 2017: Best Practice Moderation: Lars Riemann (Event Administration Riemann) Die best practice sessions haben sich zu einem festen Bestandteil der Fachtagung entwickelt – geht es doch nicht darum, sich selbst zu beweihräuchern, sondern auch, Schwierigkeiten in der Planung und Umsetzung eines Großereignisses vorzustellen und sich kritisch auch mit den eigenen Erfahrungen auseinanderzusetzen. Beste Voraussetzungen also, voneinander zu lernen. Zunächst zeigte Moderator Lars Riemann im ersten Vortrag den langen Weg der Festivallocation Ferropolis auf, der mit separaten Bauanträgen und Einzelgenehmigungen begann und durch gute behördliche Zusammenarbeit und externe Mediation zu einer zur permanenten Spielstättengenehmigung führte. Anschließend stellte Stefan Kirchner das Pilotprojekt Warnsysteme für Wettergefahren im Rahmen von Fußballspielen vor. Die anschließende Diskussion im Plenum hat gezeigt, dass viele Aspekte aus den dargestellten Beispielen auch für die sehr speziellen und individuellen Anforderungen


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der Eventbranche durchaus anwendbar sind – genauso wie auch das spannende Best Practice-Beispiel Lenken und Sperren im öffentlichen Raum am Beispiel „Grand Depart Düsseldorf“ von Referent Bernd Belka (Special Security Services) Abgeschlossen wurde der Themenschwerpunkt mit dem Vortrag von Konrad Seyfried (LVR) zum Thema „Veranstaltungen für Menschen mit besonderen Herausforderungen“ am Beispiel des Tags der Begegnung 2017, einer nahezu vollkommen barrierefreien Veranstaltung.

Themenschwerpunkt 4 Rechtsfragen der Veranstaltungswelt Moderation: RA Daniel Schlatter (Schlatter & Zahl) Unter dem Titel Sicher – aber richtig! Sicherheit und Recht – die aktuellen Herausforderungen wurden unter großem Publikumszuspruch Rechts- und Versicherungsfragen der Veranstaltungswelt gestellt und mit den anwesenden Rechtsanwälten Daniel Schlatter (Schlatter & Zahl) und Martin Reitmaier (Reitmaier Rechtsanwälte) sowie Christian Raith (erpam) diskutiert.

Themenschwerpunkt 5 Moderne Sicherheitsplanung Moderation: Matthias Brezina (Se2 Solutions) Im Themenschwerpunkt „Moderne Sicherheitsplanung“ ging es in den ersten beiden Vorträgen um Personenströme, deren Berechnung und Überwachung. Natalie Waldau-Drexler (Ingenieurbüro WALDAU) gab in ihrem Vortrag „Ein bisschen Mathematik“ – Handrechenverfahren versus Ingenieurmethoden einen Überblick über die statischen Berechnungsmodelle zu Personenströmen - vor allem in Hinblick auf Fluchtsituationen. Neben der Erarbeitung der bestehenden Normen im ersten Teil ging es im zweiten Teil vor allem um die unterschiedlichen Möglichkeiten dynamischer Berechnungen. Im zweiten Vortrag Personenströme messen, überwachen, lenken: Intelligente Lösungen und neue Methoden erklärte Prof. Dr. Paul Lukowicz (DFKI), wie sich Personenströme messen und auswerten lassen. Anhand von Beispielen verschiedener Veranstaltungen erklärte Prof. Lukowicz, wie sich die z.B. aus Bluetooth Profilen erhobene Daten unmittelbar während einer Veranstaltung verwenden lassen,

um Personenströme zu lenken. In der sehr angeregten und kritischen Diskussion nach dem Vortrag berichteten Teilnehmer, die solche Methoden schon verwendet hatten, von den erzielten Erfolgen im Bereich Stauvermeidung etc. Der dritte Vortragende, Georg Geczek (Competence Center Event Safety Management), beschäftigte sich in seinem Vortrag Sicherheit durch Handlungssicherheit: Planspiele & Übungen mit einem weiteren Pfeiler der modernen Sicherheitsplanung: Der Übung. Er gab einen Überblick über die verschiedenen Arten von Übungen – beginnend bei der kleinen Kommunikationsübung bis zur Gesamtübung eines Großrettungseinsatzes. Als erfahrener Übungsleiter und -teilnehmer brachte Geczek viele positive, aber auch einige negative Beispiele, wie Übungen (nicht) ablaufen sollen.

Themenschwerpunkt 6 Die (nicht mehr) neuen Bedrohungslagen Moderation: Hans-Joachim Kensbock-Rieso Der Themenstrang 6 Umgang mit den (nicht mehr) neuen Bedrohungslagen war geprägt von intensiven Diskussionen, Nr. 03/2018


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R ückblick I B I T FA C H TA G U N G 2017

beeindruckenden Erfahrungsberichten und mehr oder weniger resignierten Feststellungen. Geführt unter der Leitung des Moderators Hans-Joachim Kensbock-Rieso, der in seinem Einführungsvortrag in die allgemeine Sicherheitslage einführte, ging es anschließend noch einmal zurück in das Jahr 2015. Coralie Berael, Sicherheitsbeauftragte der Forest National in Brüssel (BE), gab gab in ihrem Vortrag What happens when your venue becomes involved in a terrorist thread einen sehr eindrucksvollen Einblick sowohl in die eigene Gefühlslage als auch die faktischen Notwendigkeiten in Bezug auf das Veranstalten inmitten einer konkreten Bedrohungslage. Besonders betonte sie die Notwendigkeit eines vertrauensvollen Miteinanders zwischen ihr und der Polizei – das letztendlich dazu führte, dass nicht eine überstürzte „Hauruck“-Maßnahme umgesetzt wurde, sondern dass gelernte Prozedere in der notwendigen Ruhe umgesetzt werden konnten. Eine Voraussetzung, die in der nachfolgenden Diskussion von den Teilnehmern zwar als unbedingt wichtig und notwendig bewertet, in der (deutschen) Realität aber eher als nicht vorhanden eingestuft wurden. Sean Williams (Blue Owl Events Ltd.), ehemaliger Polizeihauptkommissar aus London, betonte in seinem Vortrag Recent UK experience of terrorism and the impact on event planning noch einmal die Notwendigkeit, das Thema unaufgeregt und pragmatisch zu betrachten. „good housekeeping“ statt „vehicle mitigation barrieres“ (oder „in Ergänzung zu“), Vorbereitung auf richtiges Handeln durch Ratgeber und Checklisten statt Meinungsbildung über die Medien. Auch hier wurde die unbedingte Notwendigkeit des kooperativen Miteinanders noch einmal betont. In der anschließenden von Martin Houbé (Special Security Services) geleiteten

Diskussionsrunde „Neuen Herausforderungen begegnen – aber wie“ wurden diese Anforderungen und Erwartungshaltungen dann noch einmal zusammenfassend diskutiert. In seinem Einführungsvortrag stellte Martin Houbé zu recht noch einmal die Frage, was man den eigentlich von den Kräften der Sicherheits- & Ordnungsdienste erwarte und erwarten können – verbunden mit z.B. der Frage, welche Aussagekraft eigentlich ein Führungszeugnis oder eine Zuverlässigkeitsüberprüfung hat. Hans-Joachim Kensbock-Rieso setzte hier in der Diskussionsrunde an und beschrieb noch einmal die auf der einen Seite hohe Erwartungshaltung von Seiten der Polizei an die Aufgaben der Sicherheits- & Ordnungsdienste – verbunden mit einer gleichermaßen aber extrem schlechten Meinung in Bezug auf deren Leistungsfähigkeit. Im Folgenden wurden insbesondere die Herausforderungen durch sich plötzlich ändernde Anforderungen (als Reaktion z.B. auf einen Anschlag), Zugangskontrollsysteme und – möglichkeiten sowie lockdown procedures diskutiert. Alles in allem hat der Themenstrang 6 zwar großen Input geliefert, aber nur wenige Fragen konkret beantwortet – was nicht an der Qualität der Teilnehmer, Referenten oder Hosts lag, sondern diese (unsere) Realität widerspiegelt, dass uns die Antworten auf den größten Teil der Fragen einfach noch fehlt.

Rahmenprogr amm Der Vortag der Fachtagung ist traditionell für das Professionals Meeting geblockt. Im Turistarama, einem ehemaligen Kino, trafen sich 16 Absolventen des Professional Certificate in Event Safety & Security Management, um gemeinsam mit den IBIT Dozenten Bernd Belka und Sabine Funk die

Alltagsprobleme der vergangenen Open Air Saison zu besprechen. Hauptschwerpunkt des Tages war das Thema „Personenlenkung“. Die verschiedenen Möglichkeiten wurden gegenübergestellt, diskutiert und miteinander in Verbindung gebracht. Abgerundet wurde der Tag mit ca. 40 früh angereisten Fachtagungsteilnehmern im Rahmen eines Get Togethers im Kölner Brauhaus Pütz. Auch der Ausstellerbereich der Fachtagung ist in 2017 wieder etwas gewachsen. Die Aussteller aus den Bereichen Dienstleistung, Eventbedarf, Bildung und Software konnten sich über ein zielgenaue Ansprache ohne Streuverluste freuen. Unter dem Namen eps-Innovationsforum fand im Anschluss an den ersten Tag dann der eigens definierte „Werbeblock der Veranstaltung statt. Nachdem sich ein im letzten Jahr bei uns vorgestelltes Produkt inzwischen im Einsatz auf Deutschlands Festivals befindet, stellten sich dieses Jahr mit Sabine Reise (easyRAUM), Tobias Franke und Marcel Schettler (GuestOne) drei weitere neue Anbieter bzw. Produkte vor. Die Moderation übernahm wie bereits im Vorjahr Dirk Boda von eps. Zeitgleich zum Innovationsforum fand wie jedes Jahr die technische Stadionführung statt. Kai Klaassen (Kölner Sportstätten) gewährte einen Blick hinter die Kulissen einer Veranstaltungsstätte für knapp 50.000 Personen. Dabei lag der Schwerpunkt der Führung auf dem Aspekt der Sicherheit sowie dem infrastrukturellen Umgang bei Veranstaltungen in diesen Größenordnungen. Last but not least ist die Konferenzparty präsentiert von allbuyone fester Programmpunkt der IBIT Fachtagung. Bei guter Musik und genauso gutem Essen (und ein paar Getränken) wurde in entspannter Atmosphäre geplaudert, diskutiert und genetzwerkt.


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5. FACHTAGUNG VERANSTALTUNGSSICHERHEIT In nunmehr ihrem fünften Jahr hat sich die IBIT Fachtagung final zu der Plattform zu Wissensaustausch, Informationstransfer und Netzwerkstärkung entwickelt – mit innovativen, noch immer und / oder schon wieder relevanten, durchaus auch einmal kontroversen Themen, hochklassigen Sprechern und ausreichend Platz zum Austauschen und Netzwerken. Der Umzug in die Barclaycard Arena Hamburg bringt dabei neue Möglichkeiten nicht nur in Bezug auf die Entwicklung der Teilnehmerzahlen, sondern auch und vor allem in Bezug auf die Möglichkeiten einer begleitenden Fachausstellung. Nach rund 300 Teilnehmern im Jahr 2017 erwarten wir für 2018 rund 400 Teilnehmer, Mitwirkende, Sprecher und Aussteller.

D ie T hemen Es ist immer das gleiche: Wenn man das erste Mal zusammensitzt, kommen die Zweifel: bekommen wir ein gutes Programm hin? Haben wir genug spannende Themen? Und dann – ganz plötzlich – ist es passiert: alle Themenblöcke sind gefüllt und es liegt immer noch ein Stapel mit „Ideenkarten“ auf dem Tisch. Wie in den vergangenen Jahren auch, ordnen wir die Themen Themensträngen zu – in diesem Jahr sogar sieben statt wie bisher sechs.

Die Best Practice Sessions (Best Practice und Industry Best Practice) In den Best Practice Sessions berichten Praktiker von ihren Erfahrungen. Wir bemühen uns, die best practice session so werbefrei wie möglich zu halten – das hat in den Vorjahren nicht immer gut geklappt, deshalb gibt es nun zwei getrennte Stränge: die Best Practice Session, in der insbesondere Erfahrungen, Lösungen und Fragestellungen geteilt werden und die Industry Best Practice Session, in der Lösungen unter Einbindung bestimmter Produkte / Systeme präsentiert werden.

Rechtliche Fragestellungen Diesen Themenstrang muss man wohl nicht mehr kommentieren, hat er sich doch zum Dauerbrenner seit der ersten Konferenz entwickelt. Betrachtet (und diskutiert!) werden rechtliche Fragestellungen, die sich im Laufe des Jahres aufgetan haben sowie aktuelle Entwicklungen und Ereignisse.

Aus dem Elfenbeinturm in die Praxis Auch dies ein Dauerbrenner: was passiert in der Welt der Forschung? Was kann man (schon) in der Praxis nutzen? Wie geht Forschung? Neben der Vorstellung einzelner Forschungsprojekte interessieren wir uns vor allem dafür, welchen Einfluss Forschung auf die Praxis hat und wie Anwender in die Forschung eingebunden werden können.

Sicherheit auf öffentlichen Plätzen Hierbei handelt es sich um einen Themenstrang, in dem wir uns von der reinen Veranstaltungswelt entfernen und auf öffentliche Plätze, Bahnhöfe etc. schauen – also Plätze, auf denen sich regelmäßig große Menschenmengen bewegen, die ebenfalls gelenkt, informiert und ggf. geräumt werden müssen.

Psychologie & Kommunikation Wenn wir nicht wissen, wie „unser Besucher“ funktioniert, wird es schwierig, für seine Sicherheit zu planen. Warum also macht der Mensch, was er macht? Wie können wir ihn beeinflussen und welchem Fehlglauben sitzen wir regelmäßig auf? Und vor allem: was bedeutet das für die Planung, wenn sie unter falschen Voraussetzungen angegangen wird?

Dienstleister & Infrastrukturen Ein Themenstrang, der ja zuerst misstrauisch beäugt wurde, der sich inzwischen aber auch mit gutem Zuspruch durchgesetzt hat – ist inzwischen doch jedem klar geworden, dass zum Beispiel Notfallplanung nicht ohne Einbindung der Dienstleister funktioniert oder was die Konsequenzen eines fehlenden Splintes in einem Fahrgeschäft oder einer nicht fachmännisch gelagerten Gasflasche sind...

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5. FA C H TA G U N G V E R A N S TA LT U N G S S I C H E R H E I T

Ralf Zimme

Marcel Altenburg

Volker Löhr

Matthias Brezina

John Drury

4 Drogenkonsum bei Veranstaltungen: wo

Die Grundsatzfragen Es gibt Themen, die wichtig und interessant sind, sich aber nicht in einen Schwerpunkt einordnen lassen. Dies sind Themen, die für „die Großen“ genauso relevant sind wie für „die Kleinen“ (Clubs etc). Die Themenbreite reicht dabei von Strategien gegen sexuelle Übergriffe, der Akzeptanz (?) von Drogen bei Veranstaltungen bis hin zu der ganz grundsätzlichen Frage, was eigentlich dieses vieldiskutierte „Räumungskonzept“ ist.

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Die Vorträge (Auszug) 4 35.000 Volunteers and a new barrier

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system: Experiences from Roskilde 2018

4 Das Sommernachtskonzert in Schloss

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Schönbrunn: Sicherstellung einer geordneten Befüllung einer öffentlichen Veranstaltung Besucherzählung & -monitoring : warum „Beine zählen und durch zwei teilen“ nicht der einzige Weg ist, Personenzahlen zu erheben Entscheiden in kritischen Situationen Mythen der Entfluchtung Audience Empowerment: wir bringe ich mein Publikum dazu, das zu tun, was es soll? „Rechtsquellenhopping“ – suchen, biegen und beugen bis es passt … „Es kommt drauf an“: Sie fragen, wir versuchen zu antworten (Q&A Session) Cognitive, behavioural and emotional reactions to situations of crowding Delegation vs. Verantwortlichkeiten Die Christopher Street Day-Parade in Köln – Versammlung vs. Veranstaltung Managing & supervising crowded spaces Fußgängerexperimente: wie & warum? Wie bekomme ich den Dienstleister, der zu mir passt: Ausschreibungen richtig formulieren Akkreditierung vs. Datenschutz

sind die Grenzen? Vom großen Effekt der kleinen Schraube: warum wir nicht nur auf die großen Dinge schauen müssen Räumungskonzepte Grundfragen der Sicherheitsplanung (Q&A) Sexuelle Belästigung bei Veranstaltungen Die Zukunft der „Sicherheit“ – wo wollen / sollen / können wir hin? (Diskussionsrunde) Die Wahrnehmung des Ordnungsdienstes bei Veranstaltungen – Ergebnisse aus dem Forschungsprojekt „ProVOD – Professionalisierung des Veranstaltungsordnungsdienstes Das Üben in Koordinierungsgruppen: Notwendigkeiten, Anforderungen, Fallstricke.

Die Sprecher 4 Marcel Altenburg (Manchester Metropo-

litan University)

4 Matthias Brezina (Se2 Solutions Service

& Security GmbH)

4 Dr. Dipl. Psych. Daniel Brunsch (Universi-

tät zu Köln)

4 4 4 4 4

Dr. John Drury (University of Sussex) Sabine Funk (IBIT GmbH) Dr. Gesine Hofinger (Team HF) Jörg Kalitowitsch Prof. Chris Kemp (Mind over Matter

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Dr. Laura Künzer (Team HF) Thomas Kubera (Landesamt für

Consultancy)

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Ausbildung, Fortbildung und Personalangelegenheiten der Polizei Nordrhein-Westfalen) Stephan Leukert (von zur Mühlen’sche GmbH) R A Daniel Schlatter (Schlatter & Zahl Rechtsanwaltspartnerschaft) Holger Jan Schmidt (Take a Stand) Dr. Patricia Schütte-Bestek / Malte Schönefeld (Universität Wuppertal)

Stephan Leukert

Chris Kemp

4 Morten Therkildsen (Roskilde Festival) 4 Falco Zanini (Falco Zanini Event Safety) 4 Ralf Zimme (IBIT GmbH)

Das Rahmenprogramm Die Vermittlung von Wissen und der Austausch ist uns wichtig – genauso wichtig ist uns aber auch, dass die Teilnehmer sich bei uns wohlfühlen, dass sie eine gute Zeit haben. Damit das so ist, bieten wir zusätzlich zu den Inhalten ein umfangreiches Rahmenprogramm , u.a. 4 Technische Arenaführung 4 Arbeits- & Netzwerkbereiche 4 Löschübungen 4 allbuyone Lounge 4 Netzwerkparty 4 Finde den Fehler – Parcours 4 uvm.

Der Ausstellerbereich Mit Ausstellern aus den Bereichen Dienstleistung, Infrastruktur, Eventbedarf, Bildung oder auch Software stellt der Ausstellerbereich eine perfekte Ergänzung zu den Inhalten der Tagung dar. Mit dem Umzug in die BarclayCard Arena eröffnen sich in 2018 völlig neue Möglichkeiten: Für die begleitende Ausstellung stehen im Innenraum mehr als 1000m2 Fläche zur Verfügung, so dass die Tagung nun auch echten Messecharakter bieten kann. Zu den Ausstellern gehören: 4 allbuyone GmbH 4 Eps GmbH 4 Guest-One GmbH 4 Hearsafe Technologies GmbH & Co. KG 4 SIS Software GmbH 4 IQ-Pass 4 IBIT GmbH 4 KIBO Security 4 Movetos GmbH & Co. KG 4 RIEDEL Communications GmbH & Co. KG


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2018 Januar

Was bisher geschah 01.01.

(UK) Spielabbruch durch Drohne 01.01.

(AUS) Lastkahn fängt durch Silvester-Feuerwerk Feuer

In der 81. Minute nahm der Schiedsrichter die Spieler aus Sicherheitsgründen vom Spielfeld, nachdem eine Drohne über das Huish Park Stadion in Yeovil geflogen war.

Mehr als 1.000 Besucher mussten von einem Strand an der NSW Central Coast evakuiert, nachdem ein Lastkahn voller Feuerwerkskörper Feuer gefangen hatte. Zwei Pyrotechniker mussten behandelt werden. 13.01.

(USA) Falscher Raketenalarm auf Hawaii 14.01.

Reizgasattacke vor Disko Nachdem einer etwa zehnköpfigen Gruppe der Eintritt verwehrt wurde, zückte einer der Abgewiesenen Reizgas und versprühte es in der Warteschlange. Sechs Personen wurden verletzt.

Die Warnung war per SMS vom Katastrophenschutz verschickt worden. Dem Sender CNN zufolge hatte ein Mitarbeiter der Behörde bei einem Schichtwechsel eine falsche Taste gedrückt und damit den Alarm ausgelöst.

14.01.

Großeinsatz in Saarbrücken – Polizei beendet Party 14.01.

Als Ordner verkleideter FC-Fan klaut Gladbach-Fahne Während der Halbzeitpause entwendete ein als Ordner verkleideter FC-Fan eine Gladbach-Fahne aus dem Gästeblock und brachte diese zu den Kölner Anhängern.

Mehrere Menschen sollen versucht haben, sich ihre Jacken selbst wieder zu beschaffen, nachdem die Garderobenmarken nicht mehr korrekt zugeordnet werden konnten. Dabei kam es zu aggressiven Übergriffen.

16.01.

(PRT) Baufällige Tribüne? Porto-Spiel abgebrochen Während des Spiels waren Risse auf der Tribüne sichtbar geworden. Die Fans wurden aufgefordert, die Tribüne zu verlassen. 23.01.

Autogrammstunde beendet Über 4.000 Menschen kamen „unerwartet“ zu der Autogrammstunde von Mike Singer in einen Elektronikmarkt in Wuppertal. Polizei und Ordnungsamt brachen die Veranstaltung ab.

24.01.

(AUS) Australian Open - Fehlalarm vor Matchbeginn Kurz vor Beginn des Viertelfinales zwischen Hyeon Chung und Tennys Sandgren wurde ein Evakuierungsalarm ausgelöst, auf den die Offiziellen mit maximaler Verwirrung reagierten.

26.01.

Baden-Württemberg – Keine Kosten für die Profifußballvereine bei Polizeieinsatz Der Innenminister Baden-Württembergs erklärte, dass eine Beteiligung der Veranstalter von Fußballspielen an den Einsatzkosten der Polizei nicht der richtige Weg sei.

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S chwerpunktthema: D er P reis der S icherheit

Der Preis der Sicherheit Wenn es einen Satz gibt, der die Veranstaltungssicherheit prägt, dann ist es der Satz „was kostet uns das“ – jede / jeder hat ihn sicherlich schon hunderte Male gehört und / oder gesagt. Dabei geht es meist um eine quantitative Einschätzung: die Fragen nach den finanziellen Kosten für gestiegene oder sich geändert habende Sicherheitsanforderungen. Aber es gibt auch eine andere, dringend notwendige Betrachtungsweise, nämlich die Frage, was uns das ganze auf inhaltlicher Ebene kostet: an Freiheit, an Spielräumen, an Motivation. In beiden Fällen geht es also um die Frage: welchen Preis sind wir bereit, für Sicherheit zu zahlen.

Von Sabine Funk Die quantitative Betrachtung Die Diskussion um die Kosten von Polizeieinsätzen bei Fußballspielen schwelt schon lange. So lange, dass es sich lohnt, sie noch einmal kurz zusammenzufassen: Nach einer Bundesliga-Partie zwischen Werder Bremen und dem Hamburger SV 2015 hatte das Bundesland Bremen der DFL eine Gebührenrechnung über 425 000 Euro gestellt, wogegen sich die DFL im Mai 2017 vor dem Verwaltungsgericht Bremen mit einer Klage durchgesetzt hatte. Diese wurde im Februar 2018 wieder gekippt, als das Oberverwaltungsgericht Bremen die entsprechende Gebührenforderungen in einer Berufungsentscheidung für rechtens erklärte. Die DFL ist – wie nicht anders zu erwarten – in Revision vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig gegangen – ein Urteil wird für 2019 erwartet. [1] Nun mag man dem Fußball gegenüber stehen, wie man will – man tut in jedem

Fall sehr gut daran, hier genau hinzuschauen und den ausgetauschten Argumenten gut zuzuhören – geht es doch um ganz grundsätzliche Fragestellungen, die für jeden Veranstalter relevant sind. Es geht zum Beispiel um die Frage, ob der Staat ganz grundsätzlich für die Sicherheit im öffentlichen Raum verantwortlich ist oder ob er den Veranstalter an den Kosten beteiligen kann. In diesem Zusammenhang wird häufig das Wort „kommerzielle“ Veranstalter genutzt – was allerdings wieder zu einer ganz anderen Fragestellung und Diskussionsnotwendigkeit führt, die wir an dieser Stelle (erst einmal) aussparen. Zahlenspiele sollen die Diskussion ergänzen, machen aber alles noch problematischer, da hier Äpfel mit nicht nur Birnen, sondern eher mit Bananen verglichen werden. „Allein die Polizeieinsätze zu den Spielen der Bundesligaclubs der obersten beiden deutschen Ligen schlagen mit rund 70 Millionen Euro oder 1,4 Millionen

[1] Quellen z.B. www.sportschau.de/fussball/bundesliga/bremen-dfl-oberverwaltungsgericht-polizeikosten-100.html www.sueddeutsche.de/sport/gerichtsurteil-bundesliga-klubs-muessen-sich-an-polizeikosten-beteiligen-1.3876445 www.wz.de/sport/fussball/kosten-fuer-polizeieinsaetze-deutsche-fussball-liga-soll-zahlen_aid-25640153 [2] [Quelle www.fluter.de/wer-zahlt-polizei-beim-fu%C3%9Fall, online abgerufen 30.05.2018]

Arbeitsstunden bei der Polizei pro Jahr zu Buche. Zum Vergleich: Der Polizeieinsatz für ein Open-Air-Konzert von Robbie Williams im Stuttgarter Stadion im August 2013 kostete das Land Baden-Württemberg rund 18.000 Euro, alle Eishockey-Heimspiele der Adler Mannheim in der Saison 2012/2013 rund 137.000 Euro.“ [2] Relevant ist hier vor allem die Frage, ob der Veranstalter tatsächlich ein Zweckveranlasser für jedwede Auswirkung seiner Veranstaltung ist – insbesondere dann, wenn es nicht unmittelbar das definierte Veranstaltungsgelände betrifft, sondern wenn es die Last Mile, den das Gelände umgebenden, nicht aber mehr zum Gelände gehörenden Bereich betrifft. Große Personenmengen, die sich aufgrund einsetzenden Regens schnell Richtung Bahnhof bewegen, PKW Nutzer, die die Hinweise des Veranstalters ignorieren und ganze Autobahnausfahrten lahmlegen, Menschen, die die Veranstaltung als Plattform nutzen wollen, anderen Menschen zu schaden – immer stellt sich die Frage: ist der Veranstalter


Foto Raymond Spekking

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Absicherung des Kölner Wallrafplatzes durch die Polizei. verantwortlich und muss er damit für die durch diese Störungen verursachten Schäden (oder die Personalkosten zu deren Vermeidung) bezahlen? Eine ähnliche Diskussion wird auch in Bezug auf das Thema der Zufahrtssperren geführt. Das Berliner Verwaltungsgericht entschied hier sehr eindeutig, dass „Maßnahmen zur Abwehr von allgemeinen Gefahren durch Terroranschläge nicht dem Betreiber eines Weihnachtsmarkts auferlegt werden“ könnten [3] . Liest man die Artikel zu diesem Thema, wird schnell klar, dass es natürlich um Geld geht, vielmehr aber um etwas anderes: es geht um ein ausgewogenes Miteinander, um eine tatsächlich abgestimmte Planung. Nicht wenige Veranstalter empfinden sich als Spielball einer gewissen Behördenwillkür – was vollkommen unabhängig von der Frage, ob die Auflage am Ende berechtigt oder willkürlich ist, immer ein Zeichen für fehlende Kommunikation und fehlenden Respekt auf beiden Seiten ist. „Willkür“ ist auch ein Begriff, mit dem man sich auseinandersetzen muss, wenn es um die Bezahlung von Polizeieinsätzen geht,

denn die Frage, wer die Einsätze bemisst, wer darüber entscheidet, was sinnvoll ist und was nicht, lässt keine einfachen Antworten zu. Nehmen wir folgende – zwar allgemeine aber keinesfalls unrealistische – Beispiele: Beispiel A: Ein Veranstalter implementiert Maßnahmen, von denen er überzeugt ist, ein Problem ausreichend in den Griff zu bekommen. Die Anwesenheit der Polizei hält er für nicht nötig. Diejenigen, die über den Polizeieinsatz entscheiden, sind jedoch von den Maßnahmen nicht überzeugt und planen den Einsatz unabhängig und ohne weitere Rücksprache. Muss der Veranstalter nun für den Einsatz bezahlen? Beispiel B : Der Veranstalter plant – Variante B1: schlecht oder Variante B2: blauäugig. Die Polizei muss kommen, ordnend eingreifen und / oder die Veranstaltung auflösen. Muss der Veranstalter nun für den Einsatz bezahlen? Denn auch letzteres wäre ja eine Bewertungsgrundlage: Nicht, wie groß die

Veranstaltung ist oder wie reich der Veranstalter, sondern, wie schlecht die Planung oder wie dumm der Veranstalter ist, wird zum entscheidenden Kriterium. Dass auch dies kaum funktionieren wird, ist wohl klar – es verdeutlicht jedoch noch einmal die grundsätzliche Problematik der Bewertung. Solange die Diskussion oft ein Gefühl von „Jemand sitzt an einem längeren Hebel“ vermitteln, werden keine guten Lösungen gefunden werden können. Gute Lösungen brauchen ein gemeinsames Verständnis von Notwendigkeiten – daran fehlt es jedoch häufig. Die aufgeheizten Diskussionen helfen da selten, produzieren sie doch häufig nur Schlagzeilen wie „Düstere Aussicht für St.Martin: Bürokratie drückt immer mehr“ [5] , die im Zweifelsfalls alles noch schlimmer machen. Da mutet ein anderes quantitatives Thema fast noch einfacher an: Die Kosten für und die Seitenanzahl von Sicherheitskonzepten. Insbesondere letzteres klingt auf Anhieb etwas lustig, ist es aber nicht, wird doch immer noch zu häufig die Seitenanzahl eines Konzeptes als Beweis für die Qualität

[3] www.rbb24.de/politik/beitrag/2017/11/berlin-weihnachtsmarkt-charlottenburg-streit-kosten-sicherhei-eilverfahren.html, online abgerufen 28.05.2018 Nr. 03/2018


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S C H W E R P U N K T T H E M A: D E R P R E I S D E R S I C H E R H E I T

herangeführt „Unser Konzept hat 120 Seiten“ erklärt der Bürgermeister von XY stolz und lehnt sich entspannt zurück. Nun ist es es eine altbekannte Tatsache, dass Papier geduldig ist – und dass mit der Dicke eines Dokumentes die Zahl derer, die es gelesen und verstanden haben, sinkt. Was also bedeutet die Aussage? Genau: gar nichts – daher ist das Thema an dieser Stelle auch bereits beendet. Nicht beendet ist damit aber die Diskussion um die Kosten für ein solches Konzept. „Daraufhin stellte Xantens Stadtrat 10.000 Euro zur Verfügung und beauftragte eine Event-Agentur mit der Überarbeitung.“ [6] Nun mag man über die Komplexität von Veranstaltungen mit 12.000 Menschen sicherlich unterschiedlicher Meinung sein – aber die Zahlen sind schon – nennen wir

es vorsichtig: ambitioniert. Leider passiert so etwas gar nicht selten: der verzweifelte, unter Zeitdruck stehende Veranstalter gerät an „jemanden“. Weil es eilt, weil es muss, weil man ja selbst keine Ahnung vom Thema hat, werden keine Vergleiche angestellt, es wird nicht rückgefragt, es wird nicht bewertet – nein: es wird beauftragt. Im schlimmsten Fall sogar noch mit einer Lizenzvereinbarung, die dem Dienstleister gleich Einnahmen über mehrere Jahre sichert, im Gepäck. Hier schließt sich natürlich unmittelbar eine weitere Diskussion an: was ist das Schreiben solcher Konzepte „wert“? Wie wird das vorhandene Wissen eingepreist, wie der tatsächliche Aufwand und wie die Verantwortung? Wie ist das mit der Weitergabe (und hier muss sich ja niemand vormachen, dass nicht jedes noch so urhebergeschützte Konzept seinen Weg in die Welt der Zweitverwertung findet).

Fragen, die ein seriöser Dienstleister gerne beantwortet – wenn man ihn denn fragen würde. Auch hier würde ein respektvolles Miteinander von Auftraggeber und Auftragnehmer helfen – eingefordert wird es leider zu selten. Und so ist es beim Schützenfest genauso wie beim Fussball: Ohne ein fundierte Diskussion und Argumentation auf der Basis eines ebenso fundierten Verständnisses für tatsächliche Notwendigkeiten verkommt das so wichtige Thema der Sicherheit von Menschen bei Veranstaltungen sowohl bei Veranstaltungen als auch im öffentlichen Raum zu der trivialen Frage: was kostet das – und wer bezahlt das. Manchmal kennt man die Kosten aber auch sehr genau und weiß auch, wer sie bezahlen müsste – zum Beispiel, wenn es um die Frage geht, ob es uns die Sicherheit von Menschen nicht eigentlich auch wert

[5] www.rp-online.de/nrw/staedte/krefeld/duestere-aussicht-fuer-stmartin-2017-in-krefeld-buerokratie-drueckt-immer-mehr_aid-20896449, abgerufen 26.05.2018 [6] www.rp-online.de/nrw/staedte/xanten/hochmeister-sicherheitskonzept-in-xanten-ist-unvergleichbar_aid-33016805, abgerufen 17.09.2018]


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Aufbau einer Einlasssituation

sein müsste, eine adäquate Menge adäquat geschultes Personal zu einem adäquaten Gehalt auf allen Positionen einzusetzen. Solange jedoch selbst öffentliche Ausschreibungen hier die finanzielle Seite in den Vordergrund stellen und dem günstigsten Angebot den Vorzug geben, darf man sich kaum wundern, wenn andere es ihnen gleich tun: Und dann ist Sicherheit das, was man bekommt, wenn man den niedrigsten Preis bezahlt – es greift einmal mehr die traurige Wahrheit: Sicherheit ist toll – sie darf nur nichts kosten.

Die qualitative Betrachtung Ob Taschenverbote, dicke Betonklötze, Videoüberwachung oder Polizisten mit Maschinenpistolen – Sicherheit wird nicht nur monetär bezahlt. Sie wird bezahlt mit einem Verzicht (auf Taschen) oder einem Zugeständnis (hässliche Klötze auf dem schönen Gelände) – beides möglicherweise kein besonders hoher Preis. Was aber ist mit dem Preis der Unsicherheit? Die Unsicherheit, die wir in Anbetracht von Videoüberwachung und Maschinenpistolen empfinden? Diese Fragen werden sicherlich unterschiedlich beantwortet: so gibt es die einen, die im Hinblick auf Kundenkarten, Tracking und Social Media Informationen nur noch die Schultern zucken, wenn „dann auch noch“ die Videoüberwachung hinzukommt und die anderen, die zu recht fragen, wer da eigentlich welche Informationen auswertet. Und es gibt die einen,

denen die bewaffnete Polizei ein Gefühl von Sicherheit und Reaktionsbereitschaft vermittelt während sich die anderen fragen, auf wen in einem überfüllten Weihnachtsmarktgelände eigentlich geschossen werden kann oder wen genau die 4er Formation, Rücken an Rücken, die Maschinenpistolen in der Hand im Innenbereich des Stadions eigentlich im Visier haben, lauert die eigentliche Gefährdung doch wohl eher draußen. „Wer keine sichere Veranstaltung machen kann, sollte es lassen“ ist leicht gesagt aber jedesmal, wenn – gerade nach den Ereignissen der Loveparade, als sich viele auch traditionelle Veranstaltungen einer genaueren Betrachtung unterziehen lassen mussten – es dann tatsächlich zu einer Absage kommt, ist das Geschrei groß. „Überzogene Forderungen“, „Willkür“, „Tod der Traditionen“ waren einige der Schlagzeilen – und sind es bis heute. Auch das ist der Preis der Sicherheit: Unbeliebtheit, Bruch mit Traditionen, Abkehr von Altbewährtem. Wir sind erst am Anfang der Diskussion – die Frage, was Sicherheit ist und was sie uns kostet, wird noch allzu häufig der bereits hier diskutierten Fragestellungen nach dem „was kostet es“ und „wer bezahlt es“ untergeordnet – wobei die Fragen natürlich auch untrennbar miteinander verwoben sind. Betrachten wir die Forderungen nach adäquat geschultem Personal in adäquater Stärke landen wir natürlich zuerst bei den Kosten – aber unmittelbar anschließend

geht es um „Standing“, um „Nein“ sagen, um Ablehnen. Gleiches gilt eigentlich für jeden Auftrag – kann man ihn nicht sicher ausführen, (etwa weil das Budget zu klein oder die Anzahl der „für nötig befundenen“ § 34a Kräfte zu gering ist), sollte er abgelehnt werden. Und so ist der Preis der Sicherheit oftmals ein reines Gewissen vor leerem Geldbeutel – was, denkt man das ganze zu Ende, wieder bei der Unsicherheit als eigentlichen Preis endet – denn irgend jemanden wird man schon finden, der es zu dem Preis und mit der Kräftestärke durchführt. Und ganz am Ende dann ja auch noch die spannende Frage: wieviel Sicherheit ist denn überhaupt möglich? Das Argument „100%ige Sicherheit gibt es ohnehin nicht“ wird besonders gerne dann angewandt, wenn es darum geht, Dinge nicht zu tun – dann verstehen selbst die Marketingmenschen auf einmal etwas von Sicherheit, etwa, wenn es darum geht zu beurteilen, ob die Abschaltung des visuellen 360° Rundgangs durch die Spielstätte einen Sicherheitsgewinn bringt oder nicht. Aber vielleicht ist das ja auch etwas Gutes: Der Preis der Sicherheit ist die Notwendigkeit, sich mit dem Thema auseinandersetzen zu müssen. Sicherheit kostet immer einen Preis – einen tatsächlichen und / oder einen ideellen. Es wird auch in Zukunft spannend zu sehen sein, wie die Frage, welchen Preis man bereit zu zahlen ist, beantwortet werden wird. Nr. 03/2018


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S chwerpunktthema: der P reis der S icherheit

Planungsherausforderungen für den Sanitätsdienst Medizinische Sicherheit und Gefahrenabwehr auf Veranstaltungen Die (nicht mehr) neuen Bedrohungslagen erfahren aufgrund der medialen Berichterstattung erhöhte Aufmerksamkeit und das nicht nur bei der Veranstaltungsplanung. Diese sollte sich aber nicht automatisch in einer von Aktionismus und Hysterie geprägten Sicherheitsmaßnahmenplanung des Veranstalters niederschlagen. Grundsätzlich sind es nach wie vor eher gesundheitliche Zwischenfälle, Unfälle oder sogar Notfälle, die bei hohem Personenaufkommen statistisch häufiger auftreten und eine medizinische Vorsorge erfordern.

Von Alexander Zippel

Einleitung Sanitätsdienstliches Fachpersonal kann speziell bei medizinischen Notfällen auf Veranstaltungen eine schnelle Erstversorgung gewährleisten, die den Erfolg der weiteren Behandlung des Patienten maßgeblich beeinflusst. Deshalb bildet der qualifizierte Sanitätsdienst als medizinische Sicherheitskomponente einen festen Bestandteil in der ganzheitlichen Sicherheitsplanung von Veranstaltungen. Doch gerade die Planung der medizinischen Sicherheit und Gefahrenabwehr genießt je nach Veranstaltung unterschiedlich hohe Aufmerksamkeit und stellt Veranstaltungsplaner erfahrungsgemäß vor eine Herausforderung. Deshalb werden nachfolgend verschiedene, wichtige sanitätsdienstliche Planungsaufgaben und -punkte aufgezeigt.

Aufgabe des Sanitätsdienstes Als Sanitätsdienst gelten alle Maßnahmen, die zur Versorgung verletzter oder

erkrankter Personen einer Veranstaltung getroffen werden. Ziel dieser medizinischen Sicherheitskomponente ist es, die Hilfsfristen auf Veranstaltungen zu minimieren, im Ernstfall umgehend lebensrettende Sofortmaßnahmen einzuleiten und die Zeit bis zum Eintreffen des Regelrettungsdienstes zu überbrücken. Weitere Aufgaben des Sanitätsdienstes sind es, erweiterte Erste-Hilfe und Betreuungsmaßnahmen bei kleineren Verletzungen oder Erkrankungen zu ergreifen.

Notwendigkeit und Zumutbarkeit Beim Veranstalter kommt generell die Frage auf, ob die Bestellung eines Sanitätsdienstes für die Veranstaltung überhaupt erforderlich und zumutbar ist. Für jede Veranstaltung gilt es erneut abzuklären, inwieweit ein Sanitätsdienst notwendig und wie dieser gegebenenfalls auszugestalten ist. Antworten darauf sollten aus der abgestimmten Risikoanalyse ggf. in Verbindung mit dem Sicherheitskonzept und

dem ermittelten Gefahrenpotential, das durch die Veranstaltung geschaffen wird, abgeleitet werden. Je nach Veranstaltungsart, -ort, -größe und den damit verbundenen oder unabhängig davon existierenden Gesetzesvorgaben und Regelungen, werden medizinische Sicherheitsmaßnahmen entweder behördlich beauflagt oder im Rahmen der Verkehrssicherungspflichten vom Veranstalter umgesetzt.

Einsatzpersonal und Einsatzmaterial Doch wie hoch muss die Anzahl der vorgehaltenen Einsatzkräfte mit welcher Qualifikation denn überhaupt sein? Welche medizinisch-technische Einsatzausstattung ist gefordert? Werden sanitätsdienstliche Anforderungen behördlich beauflagt, bekommt man in der Regel Mindestangaben zur Ausgestaltung. Doch was muss geplant werden, wenn diese Vorgaben nicht vorliegen? Dann können Veranstaltungsplaner selbstverständlich auf die


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Sanitätstrupp (SanTr) auf einer Karnevalsveranstaltung Foto: M. Gonzalez Dehnhardt

Informationsaustausch mit dem Veranstalter Foto: M. Gonzalez Dehnhardt

Sanitätszelt Foto: A. Zippel

fachliche Expertise von lokalen Rettungsdiensten, Hilfsorganisationen oder privaten Sanitätsdienstanbietern zur Beratung oder Planung der Einsatzkonzeption und der medizinischen Sicherheitsmaßnahmen zurückgreifen. Es steht dem Veranstalter frei, durch einen privatrechtlichen Vertrag die Durchführung von Aufgaben auf Hilfsorganisationen oder andere zu übertragen, sofern diese in der Lage sind, die notwendigen Auflagen und Anforderungen zu erfüllen. Diese greifen bei der Ermittlung des Einsatzkräfteansatzes auf anerkannte Berechnungslogarithmen (Maurer Schema / Kölner Algorithmus) als Richtwerte zurück, aber im besten Fall auch auf eine nicht zu unterschätzende Einsatzerfahrung aus ähnlichen Veranstaltungen. Doch die alleinige Berechnung der Richtwerte ist bei jeder Veranstaltungsplanung stets differenziert zu betrachten und den individuellen Veranstaltungsfaktoren wie beispielsweise der Örtlichkeit sowie der Gefahrenlage (z.B. aufgrund der Zielgruppe, Lage der

Veranstaltungsstätte oder Gefahrenmomenten wie dem Einsatz von Pyrotechnik) anzupassen. Die alleinige Berechnung der Einsatzstärke oder des benötigten Einsatzmaterials reicht für die Planung größerer Veranstaltungen nicht aus.

Führungsstruktur & Einsatzkonzept Darüber hinaus sollte eine sanitätsdienstliche Führungsorganisation mit klaren Führungsstrukturen und etablierten Führungsvorgängen eingerichtet werden. Die operative Führung für den Sanitätsdienst übernimmt dabei der verantwortliche Einsatzleiter Sanitätsdienst. Bei größeren Veranstaltungen teilt man allerdings die Führungsverantwortung auf, wobei der Einsatzleiter Sanitätsdienst die operative Führung und der Leitende Notarzt die medizinische Führung übernimmt. Zur Struktur größerer Veranstaltungen zählt ebenfalls das sanitätsdienstliche Einsatzkonzept, welches oft Teil des

ganzheitlichen Veranstaltungssicherheitskonzeptes ist. Es definiert und dokumentiert wichtige Komponenten der Einsatzplanung wie die Führungsstruktur, das Kommunikationskonzept, aber auch Schnittstellen und klare Verantwortlichkeiten in der Zusammenarbeit mit Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS) sowie anderen Veranstaltungsakteuren.

Interoperationale Kommunikation Eine rein segmentale Vorbereitung der Veranstaltungsakteure auf eine Veranstaltung im Sinne der Sicherheit und Gefahrenabwehr ist nicht zielführend. Planungskomponenten wie Bewegungs- und Aufstellflächen, Anfahr- und Rettungswege oder die frühzeitige Akkreditierung sind relevant für die Planung mehrerer Veranstaltungsakteure. Die umfassende Kenntnis und frühzeitige Einbindung zumindest aller sicherheitsrelevanten Veranstaltungsakteure, bereits Nr. 03/2018


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S chwerpunktthema: der P reis der S icherheit

Interoperationale Kommunikation Foto: A. Zippel

ab der frühen Veranstaltungsplanungsphase, wird deshalb dringend angeraten. Darüber hinaus empfiehlt sich die gemeinsame Freigabe des Sicherheitskonzeptes durch alle sicherheitsrelevanten Veranstaltungsakteure. Das dient primär der Schaffung eines gemeinsamen Sicherheitsverständnisses und einer gemeinsamen Strategie. Sekundär stärkt es die Kooperation und Koordination zwischen den Beteiligten, um Synergien zu nutzen und ein gemeinsames, koordiniertes, interdisziplinäres Bewältigungskonzept mit guten Alarmierungsstrukturen für mögliche Notfallszenarien sicherzustellen.

Durchführung An den Veranstaltungstagen sollte es stets ein Veranstalterbriefing unter Einbeziehung aller sicherheitsrelevanter Beteiligter geben. Wenn dies bisher noch nicht umgesetzt ist, sollte dies proaktiv eingefordert werden. Somit kann tagesaktuell auf spezifische Besonderheiten der Veranstaltung, kurzfristige Anpassungen, aber auch aktuellste Lageinformationen eingegangen werden, um alle Beteiligten auf den letzten Stand zu bringen. Alle für den Sanitätsdienst relevanten Informationen werden dann durch den Einsatzleiter an das Einsatzpersonal weitergegeben. Zur Stärkung der Handlungskompetenz in Notfällen, sollte für das Einsatzpersonal auch immer genug Zeit vor Einsatzbeginn eingeplant werden, damit sich dieses mit den örtlichen Gegebenheiten (z.B. Ortskenntnis, Fluchtwege, Sammelplätze, etc.) vertraut macht.

Weiterhin ist die Kommunikation zwischen den sicherheitsrelevanten Akteuren und dem Veranstalter, inklusive Redundanz, sicherzustellen. Aus mehreren Gründen ist es für den Veranstalter ratsam, regelmäßige Statusmeldungen zu definierten Informationsbedarfen von den einzelnen Akteuren während des Veranstaltungszeitraumes zu bekommen. Wichtig hierfür ist eine umfassende und nach Möglichkeit digitale Einsatzdokumentation seitens des Sanitätsdienstes. Solche überprüfbaren Qualitätskriterien sollten bereits bei der Ausschreibung von Sanitätsdienstleistungen berücksichtigt und vom Veranstalter auch kontrolliert werden. Eine umfassende Vorbereitung, Einbindung und Qualitätskontrolle wird sich in einer guten Performance, nicht nur des Sanitätsdienstes, an den Veranstaltungstagen wiederspiegeln.

Nachbereitung Zur strukturierten Nachbereitung des Sanitätsdienstes gehört die Evaluation und Auswertung der Sanitätsdienstorganisation und –qualität in einem Abschlussbericht. Dieser stellt sicher, dass die veranstaltungsspezifischen Informationen des Einsatzkonzeptes im Rahmen eines kontinuierlichen Verbesserungsprozesses auch anderen zu einem späteren Zeitpunkt zu Verfügung stehen. Inhalt des Abschlussberichts bildet u.a. die Überprüfung des angewandten Einsatzkonzeptes inklusive Führungsstruktur, aber auch die Abbildung der Einsatzstatistik mit den durchgeführten Hilfeleistungen, Transporten sowie den vorgekommenen Verletzungsmustern und

Briefing durch den Notarzt Foto: A. Zippel

Krankheitsbildern. Der Abschlussbericht sollte dem Veranstalter zumindest schriftlich zur Verfügung gestellt oder besser in einem gemeinsamen Abschlussgespräches besprochen werden. Wurde der Sanitätsdienst im Rahmen der Veranstaltung mit außergewöhnlichen Schadenereignissen (Großschadenlagen, Anschlag, außergewöhnliche Notfallszenarien, etc.) konfrontiert, sollten alle am Sanitätsdienst und an der Veranstaltung beteiligten Personen des Veranstalters im Nachgang die Möglichkeit der strukturierten Nachbesprechung bzw. der psychosozialen Unterstützung bekommen.

Fazit und Ausblick Veranstaltungsakteure entwickeln teilweise leider immer noch segmentale Konzepte, die oft nur schwerfällig oder spät miteinander abgestimmt und koordiniert werden. Der Sanitätsdienst bildet dabei nur eine Säule des Sicherheitskonzeptes für Veranstaltungen. Die frühzeitige Einbindung und Kommunikation unter den sicherheitsrelevanten Akteuren können gerade durch den Veranstalter im Sinne einer ganzheitlichen Sicherheitsplanung befördert werden. Denn nur durch die gemeinsame Konzeption interdisziplinärer Sicherheits- und Bewältigungskonzepte werden resiliente Veranstaltungsstrukturen geschaffen. Mit diesen kann dann auch flexibel und angemessen auf unerwartete Notfallszenarien reagiert werden, um den Normalbetrieb einer Veranstaltung möglichst lange, gut und ohne größeres Schadenausmaß aufrecht zu erhalten.


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Keine Selbstbestimmung auf Konzerten Meine Freundin und ich gehen gerne auf Konzerte. Soweit erst mal nichts Besonderes, doch sind wir beide schwerbehindert und benötigen zur Fortbewegung einen elektrischen Rollstuhl. Eine Tatsache, welche das Erlebnis eines Konzertbesuchs verglichen zu einem „Läufer“ teilweise erheblich verändert. Ich möchte daher im Folgenden über unsere Konzertbesuche und die damit verbundenen Besonderheiten berichten.

Von Fabian Möllenbeck

Zum Schandmaul Konzert in Köln im E-Werk kamen wir aufgrund einer Panne mit unserem Auto zu spät. Natürlich waren alle Parkplätze, auch die 2-3 Behindertenparkplätze in der Nähe besetzt, so dass wir noch ein gutes Stück zur Konzerthalle „laufen“ mussten. Der Einlass war unkompliziert: noch vor dem regulären Eingang kam uns eine Mitarbeiterin entgegen und dirigierte uns zum barrierefreien Nebeneingang. Dies war ein recht schmaler Weg mit Kies auf beiden Seiten, der zu einer Rampe führte. Nach einer sehr oberflächlichen Taschenkontrolle bei uns Rollifahrern und einer gründlicheren Kontrolle unserer Begleiter, kamen wir zu den letzten drei Liedern der Vorband in die zu diesem Zeitpunkt schon volle Halle. Da man im E-Werk unserer Erfahrung nach immer auf die vorhandene Rollstuhltribüne muss - egal ob man will oder nicht – suchten wir diese direkt auf, stellten dort

jedoch fest, dass diese mit ca. 10 anderen Rollstuhlfahrer und deren Begleitern bereits mehr als voll war. Der dort eingesetzte Mitarbeiter war vollkommen überfragt, was nun zu tun sei. Also sollten wir erst mal warten, bis das geklärt werden konnte. Nach mehr als 10 min. Warten beschlossen wir, uns einfach weiter vorne in der Menge einen Platz zu suchen. Da wir sowieso lieber in der Menge bei den anderen Besuchern stehen, anstatt irgendwo separiert mit anderen Menschen mit Behinderung, kam uns der Umstand der vollen Rollstuhltribüne sogar sehr gelegen. Als wir dann gut einen Platz gefunden hatten, kam aber auch schon ein Ordner und sagte zu unseren Begleitern - nicht etwa zu uns dass wir mit den Rollstühlen dort nicht stehen bleiben dürfen. Hier wird einem Rollstuhlfahrer die Selbstbestimmung, wo man sich trotz eigentlich

freier Platzwahl aufhalten möchte, abgesprochen. Argumentiert wird an dieser Stelle oft, sowie auch hier, immer mit der Sicherheit oder auch den „versicherungstechnischen Gründen“. Inzwischen hatte man auch geklärt, wo wir nun zu stehen hatten. Wir sollten mit in der Begrenzung des Mischpultes, wieder separiert von allen anderen Besuchern stehen. Wir fügten uns der - schon wieder nicht direkt an uns Rollstuhlfahrer sondern an unsere Begleiter gerichteten - Anweisung. Natürlich fanden wir das nicht gut und haben uns auch geärgert, aber wir wollten ja das Konzert genießen. Dabei half das ein oder andere Bier. Die Licht und Tontechniker mussten zur Ausübung ihrer Tätigkeit übrigens den restlichen Abend an uns vorbei klettern, um zu ihrem Arbeitsplatz zu gelangen. Das restliche Konzert verlief dann ohne weitere Besonderheiten. Allerding fiel uns beim Verlassen der Halle noch auf, dass Nr. 03/2018


E rfahrungsbericht

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meine Freundin den einzigen barrierefreien Ausgang nicht auf Anhieb gefunden hätte, da dieser nicht offensichtlich ausgewiesen war. Dies wäre im Notfall, z.B. bei einer Evakuierung, natürlich ein nicht unerhebliches Problem gewesen. Im Zweifel hätte sie an einem anderen Notausgang vor einer Treppe gestanden und diesen somit vollkommen blockiert. Ich möchte noch einmal kurz zusammenfassen, welche Probleme hier aus meiner Sicht bestanden haben und welche Dinge mich persönlich gestört haben. Zunächst einmal mal gab es zu wenige Behindertenparkplätze in der Nähe der Konzerthalle. Obwohl man als Rollstuhlfahrer extra Rollstuhltickets kaufen musste, gab es nicht

genügend Platz auf der Rollstuhltribüne, was uns auch auf anderen Konzerten schon aufgefallen ist. Man darf sich als Rollstuhlfahrer nicht aussuchen wo man stehen will. Dies wird spätestens dann zum Problem, wenn ich mit mehreren Freunden zusammen auf ein Konzert gehe, aber nur ein Begleiter mit auf die Rollstuhltribüne darf. Zudem wird heute immer von Inklusion gesprochen, dennoch werden die Rollstuhlfahrer aus nicht immer nachvollziehbaren Gründen exklusiv auf eine Rollstuhltribüne abgeschoben. Ich finde es gut, dass es solche Tribünen gibt, allerdings sollten sie lediglich als Angebot da sein und keiner dazu gezwungen werden, diese auch zu nutzen.

Fotos (3): Serap Lannert

Die Anzahl der notwendigen Plätze für Nutzer und Nutzerinnen von Rollstühlen wird in der Musterversammlungsstättenverordnung geregelt.

Das Personal ist oft schlecht informiert und geschult, daher ist es mit behinderten Menschen oft überfordert und weiß nicht, wie man mit ihnen umgehen soll. Dies äußert sich, wie auch in diesem Beispiel zu sehen, sehr häufig darin, dass nicht direkt mit dem behinderten Menschen, sondern seinem Begleiter gesprochen wird. Zur Verdeutlichung: stellen Sie sich vor, Sie wären als erwachsener Mensch mit Ihren Eltern unterwegs und jemand sagt Ihrer Mutter, was Sie selbst falsch gemacht und jetzt zu tun haben. Kies auf beiden Seiten des einzigen, recht schmalen (Rettungs-)Wegs zum einzigen barrierefreien Ein- und Ausgang ist eine schlechte Idee. Sollte ein Rollstuhlfahrer vom Weg ab kommen, fährt er sich sofort fest und kommt aus eigener Kraft nicht mehr weg. Zudem ist, wie bereits erwähnt, der barrierefreie Rettungsweg nicht offensichtlich als solcher in der Halle ausgeschildert oder zu erkennen. In meinem Bericht ging es jetzt überwiegend um die Bedürfnisse von Rollstuhlfahrern. Blinde, taube, stumme und geistig eingeschränkte Menschen haben sicher noch einige andere Bedürfnisse, auch in Hinsicht auf die Sicherheit, die häufig nicht beachtet werden. Organisationen, welche sich für Inklusion stark machen (LVR, Aktion Mensch, DRK usw.), sollten meiner Meinung nach viel mehr Energie darauf verwenden, normale schon bestehende Veranstaltungen inklusiv zu gestalten und die Veranstalter hier unterstützen, als extra eigene inklusive Veranstaltungen zu kreieren. Über die Beratung und Hilfestellung bei regulären Veranstaltern könnte hier vermutlich viel erreicht werden.


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Der Preis der Sicherheit Der Megatrend Sicherheit - eine professionelle Absicherung schützt nicht nur den Besucher, sondern auch den Veranstalter selbst. Denn: Immer wird von Besuchersicherheit gesprochen, aber wer kümmert sich um den Veranstalter?

Von Christian Raith Nach einer jährlichen Umfrage einer großen deutschen Versicherung zu den Ängsten der Deutschen liegt die Angst vor Terroranschlägen mit deutlichem Abstand vorne. Mit 71% ist es einer der höchsten Werte, die jemals von der Langzeitstudie gemessen wurde - vor ein paar Jahren standen dort noch Themen wie Euro-Krise oder Arbeitslosigkeit. Diese Angst wirkt sich nach Rücksprache mit einigen Veranstaltern auch auf die Event- und Veranstaltungsszene aus und zeigt sich teilweise sogar an rückläufigen Vorverkaufszahlen. Die zentrale Aufgabe eines Veranstalters besteht in erster Linie darin, Emotionen, Erlebnisse und Mehrwerte für den Besucher einer Veranstaltung zu

schaffen. Gleichzeitig gehört es aber auch zu den Ansprüchen der Besucher und damit zu den Aufgaben des Veranstalters, eine Veranstaltung gefahrlos besuchen zu können. Ein Veranstalter wandert also immer auf dem schmalen Grat der immer höher werdenden Ansprüche und Bedürfnisse der Besucher auf der einen, und zwischen Sicherheit und Risiko auf der anderen Seite. Natürlich steht im Vordergrund immer eine gute Sicherheitsplanung mit professionellen Beratern und im Einklang mit den Behörden. Was aber, wenn es dann vor oder während der Veranstaltung doch zu einem ungeplanten Ereignis kommt und die Veranstaltung entweder direkt oder indirekt betroffen ist?

Auf der Basis unserer Erfahrungen können behaupten wir, dass auch die richtig abgeschlossenen Versicherungen einen großen Sicherheitsaspekt für Veranstaltungen darstellen; so-wohl für den Besucher, als auch für den Veranstalter. Lassen Sie uns den Kernsatz des Artikels nochmal aufgreifen: Immer wird von Besuchersi-cherheit gesprochen, aber wer kümmert sich denn um den Veranstalter? Neben den von Veranstalter beauftragten Sicherheitsplanern, die sich hauptsächlich mit den Risiken der Besucher beschäftigen, ist da noch der sonst so „ungeliebte“ Versicherer bzw. der Versicherungsmakler.

Fotos: Christian Raith

Natürlich steht die Minimierung einer Gefährdung immer im Vordergrund – ist dies nicht möglich, macht es Sinn, wenn zumindest der Schaden abgedeckt ist

Nr. 03/2018


S C H W E R P U N K T T H E M A: D E R P R E I S D E R S I C H E R H E I T

Fotos: Christian Raith

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Wetter birgt nicht nur Risiken für den Veranstaltungsbetrieb, sondern auch für An- und Abreise sowie Auf- und Abbau.

So ist es wichtig, neben dem (oder noch viel besser innerhalb des) Sicherheitskonzept(es) auch die Gefahren für den Veranstalter, der natürlich auch einen Schaden erleiden kann, selbst aufzuzeigen. Die Ursachen hier sind vielfältig. Sei es, dass er während der Veranstaltung von umherfliegenden Zelten, Ästen oder Bühnenbestandteilen getroffen wird oder selbst in ein Attentat gerät, welches während seiner Veranstaltung stattgefunden hat. Auch der Veranstalter ist ja immer vor Ort und verlässt fast wie ein Kapitän das Schiff erst ganz zum Schluss. So mancher Veranstalter greift auch mal selbst zu oder inspiziert das Gelände im Hinblick auf Sicherheitslücken. Nicht selten haben wir uns vor Ort mit dem Veranstalter Notfallsituationen angesehen und standen noch direkt im Geschehen, selbst als schon alle Besucher evakuiert wurden. Da die meisten Veranstalter selbständig sind, sollte hier über eine Absicherung im Rahmen einer Unfallversicherung und einer BU-Versicherung gesprochen werden, die wir aber nur in den seltensten Fällen bei der Durchsicht von Verträgen vorfinden. Aber ganz ehrlich, wie soll es weitergehen, wenn der Veranstalter schwer verletzt ist? Und wer versorgt die Familie? Wenn man bedenkt, dass man schon mit einem Betrag ab ca. 30 Euro im Monat eine ordentliche Unfallversicherung bekommt, dann ist das sicherlich keine schlechte Investition. Das aber nur am Rande. Gleichzeitig trägt er aber immer und in erster Linie die wirtschaftlichen Risiken einer Veran-staltung. Früher war das

finanzielle Hauptrisiko, dass die Besucher ausbleiben. Heute ergeben sich viel mehr Risiken, auf die der Veranstalter nahezu keine Einflussmöglichkeiten hat. Sei es, dass Menschen zu Schäden kommen und am Ende des Prozesses der Veranstalter die Schuld hierfür zugesprochen bekommt oder, dass die Veranstaltung gar nicht erst be-ginnen kann, bzw. abgebrochen wird und alle Eintrittsgelder zurückbezahlt werden müssen. Selbstverständlich ist dies nicht nur bei Konzerten der Fall, sondern auch bei großen Sportveranstaltungen, Präsentationen etc. In allen Fällen wird mit Geldern hantiert – ob es nun Teilnehmergebühren sind oder Sponsorengelder spielt eigentlich keine Rolle. Im Falle eines Ausfalles müssen diese Gelder gegebenenfalls zurückbezahlt werden, während natürlich die Dienstleister entlohnt werden müssen. Betrachten wir im ersten Schritt die Einschränkung oder den Ausfall einer Veranstaltung: Wenn man die Ereignisse der letzten 2,5 Jahre im Veranstaltungsbereich genauer betrachtet, stellt man fest, dass weder in Paris, Ansbach oder bei Rock am Ring der Veranstalter auf die Geschehnisse Einfluss nehmen konnte. Auch die im Anschluss an solche Ereignisse häufig auftretenden Konzertabsagen liegen völlig außerhalb der Einflussmöglichkeit des Veranstalters. Gleiches gilt natürlich auch für das Thema Wetter bei Freiluftveranstaltungen. Kein Veranstalter kann das Wetter vorherbestimmen oder seine Open Air Location so gestalten, dass ein starker Sturm oder ein Gewitter ihn nicht in die Situation bringen

kann, zu unterbrechen oder sogar absagen zu müssen. Im Sommer lesen wir fast täglich von solchen Ereignissen von denen nicht nur große Festivals betroffen sind. In allen Fällen haftet der Veranstalter mit seinem Geld – ob er nun Einfluss auf das Geschehen hatte oder nicht. Hier gilt es, diese unkalkulierbaren, unplanbaren Risiken abzusichern. Eine sogenannte Ausfallversicherung (international als „contingency oder non-appearance insurance“ bekannt) minimiert die wirtschaftlichen Risiken der Veranstalter. Im Rahmen eines Baukastensystems kann der Versicherungsschutz auf die jeweiligen Bedürfnisse maßgeschneidert werden, denn natürlich benötigt nicht jeder Veranstalter eine Personenausfall-versicherung (falls der Künstler krank wird) oder eine „adversed weather“ Klausel (Wettereinflüsse, die eine Gefahr für Leib und Leben der Besucher/ Teilnehmer sind). Innerhalb der Aus-fallversicherung gibt es auch noch Erweiterungsmöglichkeiten wie die „Terrorklausel“ oder auch eine „Pietätsklausel“. Betrachten wir die einzelnen Elemente im Detail: Die Grunddeckung einer Ausfallversicherung sichert den Veranstalter vor den wirtschaftli-chen Schäden bei Absage, Abbruch oder Verlegung der Veranstaltung ab. Dort sind die Gefahren wie Streik, Nichtbespielbarkeit der Location, behördliche Verbote, Ausfall der Stromversorgung usw. gedeckt. Selbstverständlich muss der Grund außerhalb der Einfluss-möglichkeit des Veranstalters liegen. Die Prämien liegen bei unter 1% aus der zu versichernden


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Summe (z.B. Einnahmen oder auch nur die Kosten). Darüber hinaus kann man auch Personen versichern, welche für die Durchführung der Veranstaltung unabkömmlich sind. Sei es das Hochzeitspaar, der Hauptredner, ein Künstler oder der Jubilar. Nahezu alles ist möglich. Hier liegt man bei Prämien knapp über einem Prozent, es sei denn, die Person ist über 70 oder schon für seine Absagen bekannt. Open Air Veranstaltungen benötigen einen weiteren Versicherungsschutz, nämlich in Bezug auf Wetterrisiken. Dies sind nicht nur Wetterrisiken während der Veranstaltung, sondern auch Wetterrisiken, die beim Auf- oder Abbau auftreten können. In beiden Fällen entstehen Mehrkosten und je näher der Veranstaltungstag rückt, desto höher wird das Risiko einer Komplettabsage, wenn der Aufbau durch die Witterungsverhältnisse z.B. nicht fertig gestellt werden kann. Schäden wie diese waren in den letzten Jahren regelmäßig zu verzeichnen. Oft konnten die Veranstaltungen noch gerettet werden, aber auch nicht immer. So kommt es durchaus vor, dass die Veranstaltung gar nicht erst eröffnet wird und die Besucher nicht einmal auf das Gelände gelassen werden. Die Kosten für eine solche Wetterdeckung liegen bei je 0,4% der Versicherungssumme.

Terrordeckung und Pietätsklausel. Obwohl oftmals miteinander in Verbindung gebracht, sind beide durchaus unabhängig voneinander zu betrachten, da sich die Terrorklausel auf den direkten Anschlag oder die Bedrohung der Veranstaltung bezieht, während die Pietätsklausel je nach Ausführung weit darüber hinaus geht. Einige Versicherer haben eine Radiusklausel (es muß ein tragisches Ereignis innerhalb von x-Kilometern stattgefunden haben) und wieder andere fassen das Thema weitläufiger. Auch hier spielt die Musik im Kleingedruckten – als Fachmann sieht man diese Unterschiede sehr schnell. Die Pietätsklausel erlaubt dem Veranstalter, eine Veranstaltung von sich aus abzusagen, wenn man aus Pietätsgründen darauf verzichten sollte. So war es z.B. auch anläßlich des Amoklaufs in München: Es ist schlecht darzustellen, am gleichen Wochenende unweit vom Tatort eine „Spaß-Veranstaltung“ stattfinden zu lassen. Alleine aus diesem Grund ist der Einschluss dieser Klausel schon fast ein Muss. Wie man sieht, sind die Auswirkungen weitreichend, wobei es aber für fast alles eine Lösung gibt. Aus meiner Sicht sollte keine Veranstaltung (egal ob groß oder klein) ohne eine Ausfallversicherung geplant und durchgeführt werden. Alle Beteiligten werden froh sein über die wirtschaftliche Absicherung, denn nur so bekommen auch

in schwierigen Situationen alle ihr Geld – egal ob Dienstleister, Besucher oder eben auch der Veranstalter. So ist der Ausfall einer Veranstaltung dann zwar immer noch schlimm, nicht mehr aber gleichzeitig auch ruinös. Aber auch Schäden an den Besuchern oder am gemieteten Equipment stellen den Veranstalter vor die Entscheidung, ob er dieses Risiko selbst tragen möchte bzw. kann oder das Risiko auf einen Versicherer gegen die Zahlung einer Prämie überträgt. Diese Veranstalterhaftpflicht-, Elektronik-, Ausrüstungs- und Maschinenversicherung behandeln wir in der nächsten Ausgabe. Bleiben Sie gespannt…

Das wichtigste zum Schluss: 1 4 Sprechen Sie im Vorfeld mit den Versicherungsmenschen genauso wie mit Ihren Sicherheitsplanern oder den Behörden, so können alle Risiken erfasst werden und Sie haben eine Sicherheit für die Budgetplanung. 2 4 Bitte wenden Sie sich an spezialisierte Fachmakler. Nur dort bekommen Sie den richtigen Versicherungsschutz und nicht einfach eine 08/15 Deckung aus der Schublade. Sie werden es sich im Schadenfall selbst danken.


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- ADVERTORIAL -

Planen in 3D Mit 3D CAD Software zur effizienteren Flucht- und Rettungswegplanung

Von Sabine Reise, Geschäftsführung easyRAUM

Das Düsseldorfer Software-Unternehmen easyRAUM bietet seit Anfang 2017 die Möglichkeit, einen in der gleichnamigen 3D CAD Software easyRAUMpro erstellten 3D Raum mit Virtual Reality vorab zu erleben. Sicherheitsmaßnahmen können so nicht nur theoretisch, sondern auch praktisch getestet werden, indem man den Raum vorab virtuell durchlaufen kann. Ob Abschrankungen, Behandlungsplätze, Einsatzabschnitte, Leitstelle, ob Hängepunkte, Ordner, Aufstellflächen, Evakuierungsflächen, Einlasskontrollen – es gibt zahlreiche Anforderungen an Pläne, insbesondere an Flucht- und Rettungswegpläne. Nicht alles muss immer enthalten sein, aber der Einsatz von fachlich dafür angelegten CAD-Zeichenprogrammen mit den passenden Piktogrammen und Symbolen macht Planern und Veranstaltern das Leben leichter. Bibliotheken mit umfangreichen 2D- und 3D-Symbolen, in denen

Mietmöbelverleiher und Eventausstatter ihre Objekte zur Verfügung stellen, helfen, dass direkt mit dem richtigen Eventequipment maßstabgetreu geplant werden kann. Nicht nur gilt es, rechtliche Rahmenbedingungen durch normgerechte Piktogramme zu erfüllen, sondern auch für die Planung z.B. Besucherlenkung ist die realitätsgetreue Abbildung von Bedeutung.

Flucht- und Rettungspläne Flucht- und Rettungspläne müssen graphische Darstellungen enthalten über 4 den Gebäudegrundriss oder Teile davon, 4 den Verlauf der Flucht- und Rettungswege, 4 die Lage der Erste-Hilfe-Einrichtungen, 4 die Lage der Brandschutzeinrichtungen, 4 die Lage der Sammelstellen, 4 den Standort des Betrachters.

Des Weiteren müssen Flucht- und Rettungspläne eindeutige Anweisungen zum Verhalten im Gefahr- oder Katastrophenfall enthalten sowie den Weg an einen sicheren Ort darstellen. Sowohl in der ArbeitsStättVO als auch der MVSTättVO ist also u. a. geregelt, dass Flucht- und Rettungspläne aktuell, übersichtlich, gut lesbar und farblich unter Verwendung von Sicherheitsfarben und Sicherheitszeichen gestaltet sein müssen. Das bedeutet, dass Flucht- und Rettungspläne in gewissen Zeitabständen überprüft und auch hinsichtlich der Kennzeichnung aktualisiert werden müssen. Die Zeitabstände muss der Arbeitgeber eigenverantwortlich und auch unter Berücksichtigung der Änderungen im technischen Regelwerk auf der Grundlage der Gefährdungsbeurteilung mit Unterstützung der Fachkraft für Arbeitssicherheit und des Betriebsarztes festlegen.


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Das Erstellen von 2D Grundrissplänen mit einer Software gehört also zum Alltag von Veranstaltungsplanern und Eventfachleuten. Auch baurechtlich kann es sein, dass die Bauordnungsbehörde im Rahmen des Genehmigungsverfahrens besondere Anforderungen an die Fluchtwegkennzeichnung stellt. Diese Anforderungen kann sie im Rahmen eines zu erstellenden Brandschutzkonzeptes durch einen staatlich anerkannten Brandschutzsachverständigen festlegen lassen. Wenn die Fluchtwegbeschilderung aber nach dem oben genannten technischen Regeln festgelegt worden ist, dürfte sie im Regelfall weder aus Arbeitsschutzsicht noch aus baurechtlicher Sicht bemängelt werden. (Quelle www.komnet.nrw.de). Dies gilt es in einer Software sauber, komplex und präzise abzubilden. Was wäre nun, wenn das Thema Fluchtund Rettung auch in einer 3D Visualisierung umfangreich und individualisiert abgebildet werden würde? Der Mehrwert liegt auf der Hand: den Raum bzw. Event virtuell zu betrachten, bevor er stattfindet, macht eine effiziente Planung der Sicherheitssituation beim Event noch anschaulicher. Szenarien können konkret durchgespielt werden, Knotenpunkte, Sichtachsen, Stauflächen am 3D Event live verbessert werden. Das Wechseln von 2D in 3D mit nur einem Klick macht es möglich. 3D Fluchtund Rettungssymbole können per Drag&Drop ausgetauscht und positioniert werden, Materialien, Texturen und Farben verändert und somit Atmosphäre simuliert werden. Mit Hilfe der Kamera-und Ansichtspunkte, sowie spielend einfach platzierten Animationspfaden können problemlos Fluchtwege geplant werden und Veranstaltungsabläufe filmisch durchlaufen werden. Der Einsatz einer Software für die visualisierte Planung von Sicherheit ist eine enorme Hilfe. Nicht nur Veranstaltungsplaner können hiervon profitieren. Auch Behörden vertrauen inzwischen darauf. U.a. nutzt die Feuerwehr Düsseldorf die Software bereits bei der Vorplanung von Betreuungseinsätzen und zur Gefahrenbereichsplanung (z.B. im Falle einer Bombenentschärfung). Mehr Infos unter www.easyraum.de

- A D V E R T O R I A L-

Was bisher geschah Die Ereignisse im Februar standen ganz im Zeichen des Karnevals (bzw. Faschings)

2018 Februar 28.01.

Schwerverletzter durch Verpuffung auf Faschingswagen 03.02.

(USA) Sicherheitsunternehmen kurz vor Superbowl ausgetauscht Aufgrund der nicht gegebenen Unbedenklichkeit eines einzelnen Mitarbeiters wurde der gesamter Dienstleister kurz vor der Veranstaltung ausgetauscht.

04.02.

Schwere Verbrennungen bei Karnevalsumzug Eine junge Frau wurde im Kreis Heilbronn schwer verletzt, als sie von mehreren Personen über einen mit kochendem Wasser gefüllten Kessel gehalten wurde und abrutschte. Die Frau erlitt schwere Verbrühungen.

Ein 21-Jähriger aus Donauwörth erlitt schwere Brandverletzungen, als er versuchte, ein laufendes Stromaggregat mit Benzin zu befüllen. Sieben weitere Personen wurden leicht verletzt.

04.02.

Ordner von Faschingswagen überollt Beim Nachtumzug in Scheuringen rutschte der Mann von der Deichsel des Umzugswagens und wurde überollt. Er zog sich schwere Verletzungen zu.

06.02.

(KOR) Olympia 2018: Soldaten ersetzen Sicherheitsdienst Aufgrund des Norovirus fielen eine hohe Anzahl der Sicherheitskräfte der Olympischen Winterspiele in Südkorea kurzfristig aus. Die Veranstalter mussten (und konnten) auf das Militär zurückgreifen.

11.02.

Frau wird von Festwagen überollt Die junge Frau begleitete den Umzug als „Wagenengel“ und wurde ohne Fremdverschulden vom Fahrzeug überollt und tödlich verletzt. Mehr als 50 Zuschauer und Beteiligte wurden psychologisch betreut.

25.02.

(ITA) Brand in italienischer Diskothek

52 Personen mussten ärztlich behandelt werden, 17 weitere wurden wegen einer Rauchgasvergiftung in Krankenhäuser eingeliefert.

12.02.

Pferde mit Kutsche gehen auf Kölner Rosenmontagszug durch

Aus bisher nicht eindeutig geklärter Ursache gingen zwei vor eine Kutsche gespannte Pferde während des Kölner Rosenmontagszugs durch. Sechs Personen wurden teilweise schwer verletzt.

18.02.

Schwerverletze bei traditionellem Funkenfeuer Brennende Teile des meterhoch geschichteten Holzes stürzten beim Anzünden herab und verletzten eine junge Frau schwer, eine weitere leicht.

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R äumungskonzepte

Räumungskonzepte – und nun? Spätestens seit der Veröffentlichung der Musterversammlungsstättenverordnung 2014 ist es in der Welt: Neu und explizit in den § 42 aufgenommen sollen die Betreiber von Versammlungsstätten erklären, welche Maßnahmen für die schnelle und geordnete Räumung der gesamten Versammlungsstätte oder einzelner Bereiche unter besonderer Berücksichtigung von Menschen mit Behinderungen erforderlich sind. Sollte die Versammlungsstätte dabei mehr als 1000 Personen fassen, müssen die Maßnahmen gesondert, also außerhalb des Brandschutzkonzeptes in einem separaten Dokument entsprechend beschrieben werden – dem Räumungskonzept. Von Ralf Zimme Was aber bedeutet das im Einzelnen? Das Forschungsprojekt BaSiGo beschreibt die Räumung im Veranstaltungskontext als „...das ungeplante und kurzfristige Verlassen eines Gebietes bei akuter Gefahr“ [1] Wolff (1998) beschreibt die Räumung als „... das schnelle In-Sicherheit-Bringen aus einem gefährdeten Bereich [2], eine Beschreibung, die im Rimea Projekt [3] als „Entfluchtung“ bezeichnet wird, aber das selbe meint. In zahlreichen anderen Publikationen werden Räumung und Evakuierung synonym verwendet, im Sinne von „wegen drohender Gefahr von seinem (Wohn)platz wegbringen...“, bzw. „ausquartieren, fortbringen, fortschaffen, in Sicherheit bringen...“ (Duden). Dazu noch die Bedeutung von Konzept als „ein formuliertes Gedankengerüst zur Realisierung von etwas...“ [4] Ein Räumungskonzept ist also ungeachtet der unterschiedlich genutzten Begrifflichkeiten ein Plan oder Gedankengerüst zur Organisation des schnellen Verlassens eines gefährdeten Bereichs, bzw. ein Plan, um Menschen (und Tiere) aus einem gefährdeten Bereich schnell in Sicherheit zu

verbringen. Und das alles unter Berücksichtigung von Menschen mit besonderen Anforderungen an die Wahrnehmung von Alarmierungen und Handlungsanweisungen sowie an ihre Beweglichkeit. Hierbei hat der Aspekt des „schnell“ zweierlei Bedeutung. Zum einen sollen auf Grund einer imminenten, also unmittelbar bevorstehenden Gefahr, Menschen unverzüglich von einer Gefahrenquelle getrennt werden, zum anderen bedeutet eine ohne Verzögerungen durchgeführte Räumung auch die Möglichkeit der schneller einzuleitenden Gefahrenabwehr bzw. -bekämpfung. Im Rahmen des Brandschutzes wird häufig von Räumungskonzepten gesprochen und die Räumung insbesondere als Notfallmaßnahme, also als Reaktion auf einen Brand, eingeleitet. Der Verordnungsgeber hat bei der Einführung dieses Punktes in die MVStättVO offenbar ähnlich gedacht und diese Ansicht durch die Positionierung des Themas im § 42 „Brandschutzordnung, Räumungskonzept und Feuerwehrpläne“ belegt und ihn nicht etwa im § 43 „Sicherheitskonzept, Ordnungsdienst“ eingeordnet, wo er sicherlich auch eine Berechtigung gehabt hätte. Diese Einordnung darf

aber nicht dazu führen, die Gründe für die Räumung einer Versammlungsstätte auf Brände zu reduzieren. Es existieren unterschiedliche – deutlich zeitkritischere - Auslöser für Räumungen, so wie Räumungen auch in unterschiedlichen Richtungen und Ausmaßen stattfinden können.. Literatur zum Thema findet sich neben dem großen Themenkomplex Brandschutz ebenfalls im genauso umfassenden Gebiet des Arbeitsschutzes Hierzu zählt die VDI Richtlinie 4062 – „Evakuierung von Personen im Gefahrenfall“. Wenngleich sie für sich in Anspruch nimmt, für „Arbeitgeber/ Unternehmer/Betreiber, die für den Schutz von Leib und Leben von Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen sowie für betriebsfremde Personen, z. B. Besucher, Teilnehmer, Kunden sowie Fremdfirmen, verantwortlich sind“ ausgerichtet zu sein, haben die beinhalteten Maßnahmen doch einen deutlichen Fokus auf organisierte Einheiten, wie z.B. die Mitarbeiterschaft. Der offensichtliche Vorteil bei der Evakuierung von Mitarbeitern ist die Möglichkeit der regelmäßigen Einflussnahme auf die handelnden und zu behandelnden Personen durch Schulung und Unterweisung sowie deren Orts- und Verfahrenskunde. Voraussetzungen, die im

[1] [Online unter www.basigo.de/handbuch/Sicherheitsbausteine/Notfallplanung/szenarienunabh%C3%A4ngige_Ma%C3%9Fnahmenplanung/Evakuierung, abgerufen 01.08.2018],]. [2] [VB - Vorbeugender Brandschutz 17(1998)1, S. 41-43] [3] [www.rimeaweb.files.wordpress.com/2016/06/rimea_richtlinie_3-0-0_-_d-e.pdf - Seite 9] [4] [online: www.wortbedeutung.info, abgerufen 01.08.2018], bzw. als „ein fixierter Plan“ [5] (Schmidbauer (2006) Quelle: www.konzeptionerblog.de/2006/07/konzept_oder_ko/, abgerufen 01.08.2018]


Umgang mit vielen ortsunkundigen und nur temporär anwesenden Personen wie Besuchern von Veranstaltungen, Kunden in Einkaufzentren oder Hochhauskomplexen und Bahnhöfen nicht gegeben sind und daher teilweise anderer Herangehensweisen bedürfen, die sich im Räumungskonzept wiederfinden müssen. Worin sich die Literatur einig ist, ist der Umstand, dass ein Räumungskonzept immer einen Teil des Notfallmanagements darstellt und sich von daher innerhalb eines reproduzierbaren Prinzipienrahmens bewegen sollte. Die Basis jeden Notfallmanagements ist eine Gefährdungsanalyse und in weiteren Schritten eine Gefährdungsbeurteilung anhand einer Bestandsaufnahme der baulichen, organisatorischen und personellen Ressourcen. Die Frage, die hier zu beantworten ist, lautet: Was kann zu welchem Zeitpunkt und an welcher Stelle des Systems geschehen. Im Hinblick auf das Räumungskonzept für Veranstaltungen bzw. Versammlungsstätten konkretisiert sich die Frage auf: Welche Ereignisse können in den einzelnen Phasen der Veranstaltung zu einer Gesamträumung oder Teilräumung der Versammlungsstätte oder assoziierter Flächen führen. Zu betrachten sind sowohl die veranstaltungs-, und versammlungstättenspezifischen Gefährdungen als auch mögliche negative Einflüsse durch die Nachbarschaft. Hierzu gehören Brand- und Explosionsgefahren, die Möglichkeit des Austritts von Gefahrstoffen, gefährliche Vorkommnisse im Straßen-, Schienen- und Wasserverkehr, Überschwemmungen, Einsturz oder Zusammenbruch von Gebäude oder anderen Aufund Einbauten sowie Bedrohungslagen wie Bombendrohungen, das Auffinden nicht zuzuordnender Gegenstände und Wetterlagen. Im Risikomanagement werden an dieser Stelle risikominimierende Maßnahmen implementiert, wie z.B. eine Bestreifung durch Brandsicherheitswachen, das Vorhalten einer ausreichenden Mengen Löschmittel, die Kontrolle der Besucherzahlen oder die Überwachung des Wettergeschehens. Im Notfallmanagement stellt sich jedoch die Frage nach den Notwendigkeiten für den Fall, dass die risikominimierenden Maßnahmen nicht greifen.

Alarmierung Um die richtigen Maßnahmen zur Verhinderung, Eingrenzung oder Bekämpfung

Foto: Event Partner

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Räumungsübung auf der IBIT Fachtagung 2017

eines Notfalls zeitschnell einzuleiten, muss sichergestellt werden, dass die relevanten Organisationseinheiten, die zur Bewältigung der spezifischen Situation notwendig sind, erfahren, dass ein Notfall bzw. eine Abweichung vom Normalbetrieb eingetreten ist. Erst dann können sie aktiv werden. Auch hier zeigt sich wieder die zeitkritische Komponente bei der Entstehung von Notfällen. Wird bei der Alarmierung durch mangelnde Organisation bereits Zeit verloren, kann dies zur Eskalation eines möglicherweise unkritischen Störfalls zu einem Notfall führen. Es muss also sichergestellt sein, dass eine Detektion – egal ob automatisiert, oder durch Beobachtung und Meldung unverzüglich die richtige Stelle in der Organisation findet, die dann in der Lage ist, über die richtigen Maßnahmen zu entscheiden und diese in die Wege zu leiten. Aus dem Räumungskonzept muss demnach hervorgehen, wie ein Problem ohne Zeitverzug an die Entscheidungen treffende Stelle transportiert wird, welche Personengruppen, also potentielle Problemmelder im Veranstaltungsbereich anwesend sind und wie sichergestellt wird, dass allen

infrage kommenden Akteuren bekannt ist, über welche Kanäle eine Meldung an wen abzusetzen ist. Dies gilt für die Veranstaltungszeit genauso wie für die Auf- & Abbauphasen. Ebenfalls von Bedeutung ist, ob in den externen Leitstellen von Feuerwehr und Polizei, in denen über die 110 und 112 Notfälle im Umfeld der Veranstaltung gemeldet werden, bekannt ist, dass eine Veranstaltung stattfindet und welche Probleme in der Nachbarschaft eine Gefährdung für die Veranstaltungsbesucher darstellen können bzw. dass entsprechend bekannt ist, wie die Versammlungsstätte zu erreichen ist.

Handelnde Personen Wie oben beschrieben führt die Alarmierung zu Entscheidungen über anzuwendende Maßnahmen. Um jedwede Zeitverzögerung zu vermeiden, ist es von vitaler Bedeutung, die Zuständigkeiten für die Entscheidungen frühzeitig vor der Veranstaltung festzulegen. Kompetenzgerangel oder gar Kompetenzverweigerung kann im Verlauf eines Notfalls fatale Folgen haben. Es muss also in allen Phasen einer Veranstaltung festgelegt werden, wer über mögliche Nr. 03/2018


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R äumungskonzepte – und nun?

Maßnahmen innerhalb der Versammlungsstätte entscheidet und die Alarmierungswege müssen entsprechend eingerichtet sein – für den Veranstaltungsbetrieb wie auch den Nicht-Veranstaltungsbetrieb. So könnte bspw. der Geschäftsführer der Versammlungsstätte oder ein von ihm beauftragter Brand- oder Arbeitsschützer die Entscheidungskompetenz im reinen Bürobetrieb innehaben, während im Verlauf der Auf- und Abbauarbeiten einer Veranstaltung der Verantwortliche für Veranstaltungstechnik diese zentrale Funktion bekleidet. Der Verantwortliche für Veranstaltungstechnik kennt die handelnden Akteure und Gefährdungen und kann im Sinne aller Beteiligten über Notfallmaßnahmen entscheiden. Im Veranstaltungsbetrieb wiederum ist es der Veranstaltungsleiter, der die Entscheidungen trifft. Es sind natürlich auch andere Konstellationen denkbar, in jedem Fall muss aber sichergestellt sein, dass eine entscheidungsbefugte Person anwesend und allen Meldewegen bekannt ist, dass diese Person weiß, welche Maßnahmen zu treffen sind, wie sie ausgelöst, bzw. eingeleitet werden und welche Aufgaben nach der Auslösung zu erledigen sind. In der „DIN EN 13200 Zuschaueranlagen – Teil 8 Sicherheitsmanagement“ heißt es hierzu: „Diese Personen, (Personen, die besondere Aufgabe im Notfallplan erfüllen müssen, Anmerkung des Autors) müssen die besonderen Aufgaben kennen, die sie ausführen müssen; sie müssen in der Lage sein, diese Aufgaben auszuführen und müssen wissen, wie sie sich bei unterschiedlichen Notfällen zu verhalten haben, einschließlich Notfallsituationen, in denen Personen in Sicherheit gebracht werden müssen (Zuschauer, Dazugehörende, Sportler, Personen mit besonderen Bedürfnissen usw.)“.

Auslösekritierien Im Laufe einer Veranstaltung mit vielen Besuchern Notfallmaßnahmen durchzuführen, bedeutet immer einen Eingriff in die Veranstaltung - von lediglich störenden Momenten über Unterbrechungen oder einem verfrühten Ende bis hin zu Maßnahmen mit inhärenten Gefährdungen wie der Räumung von Personen. Daher müssen im Vorfeld Parameter festgelegt werden, die einzelne Schritte in einer Maßnahmenhierarchie auslösen und bei der Abwägung der Konsequenzen von Maßnahmen helfen. Muss bspw. der Betrieb eines Festzelt bei

Windstärke 7 eingestellt werden, wäre ein Erreichen der Windstärke 5 ggfs. ein Auslösekriterium für die Schließung der Außenwände um das Einfahren von Windböen zu verhindern, die Information der Bereichsleiter sowie ggfs. des Publikums. Das Erreichen der Windstärke 6 wäre in diesem Beispiel das Auslösekriterium für das Einstellen des Verkaufs von Getränken und der Musik und der Aufforderung an das Publikum, das Zelt zu verlassen. Spätestens das Erreichen der Windstärke 7 würde dann eine aktive Räumung des Zeltes auslösen. Für das Räumungskonzept bedeutet die Festlegung von Auslösekriterien, Eskalationsstufen und Reaktionszeiten für einzelnen Notfallszenarien abzustimmen. Es müssen also u.a. die Fragen beantwortet werden: Bis zu welchem Grad kann eine Situation gemeistert werden, welche Parameter sind ausschlaggebend, um vom Risikomanagement ins Notfallmanagement zu wechseln. Wie groß darf bspw. ein Entstehungsbrand werden, bevor eine Räumung eingeleitet wird, welche Personendichten sind wo in der Veranstaltung akzeptabel oder welche Wetterbedingungen führen dazu, noch vor den Eingängen befindliche Personen nach innen in die Versammlungsstätte zu verbringen. Bei den Auslösekriterien gibt es leider kein „One Size Fits All“. Auslösekriterien sind von der Art des Notfalls, den individuellen gebäudespezifischen und / oder situativen Voraussetzungen, der daraus resultierenden Bedrohung für die Anwesenden und von den verfügbaren Ressourcen zur Eindämmung oder Abwehr eines Notfalls abhängig. Wie eingangs bereits erwähnt folgt das Notfallmanagement reproduzierbaren Abläufen. Von der Analyse des Systems, über die Festlegung der handelnden Personen und der Bestimmung von Auslösekriterien bis hin zur Entwicklung von notwendigen, gefährdungsspezifischen Notfallmaßnahmen wie einer Räumung. Bevor also eine Räumung erfolgreich funktionieren kann, müssen die vorgenannten Schritte durchdacht, dokumentiert, abgestimmt und geschult sein. Sie sind damit bereits Bestandteil des Räumungskonzeptes. Erst im nächsten Schritt werden dann die konkreten Maßnahmen, die zur Abwicklung eines spezifischen Notfalls, wie der Räumung der Versammlungsstätte oder des Veranstaltungsgeländes, notwendig sind, betrachtet.

Konkrete Maßnahmen der Räumung Räumungen können unterschiedliche Gründe haben sowie sich in Art und Umfang unterscheiden. Nicht immer muss die gesamte Versammlungsstätte geräumt werden, noch stehen immer alle Fluchtrichtungen uneingeschränkt zur Verfügung. Aus diesem Grund sollte jedes Räumungskonzept die folgenden Grundräumungsszenarien beinhalten. 4 Gesamträumung: Es wird die Räumung der gesamten Versammlungsstätte veranlasst. Das Konzept geht davon aus, dass alle Fluchtwege verfügbar sind und eine gleichmäßige Verteilung der Besucher auf die vorhandenen Fluchtwege möglich ist. 4 Teilräumung: Es muss nur ein Teil der Versammlungsstätte geräumt werden. Das Konzept geht davon aus, dass alle Fluchtwege aus dem betroffenen Bereich verfügbar sind und eine gleichmäßige Verteilung der Besucher auf die vorhandenen Fluchtwege möglich ist. Die Teilräumung sollte konzeptionell ein modularer Teil der Gesamträumung sein. 4 Gerichtete Räumung: Es muss die gesamte oder nur ein Teil der Versammlungsstätte geräumt werden, aber es stehen NICHT alle Fluchtwege zur Verfügung. Manche Fluchtrichtungen müssen ggfs. versperrt werden um zu verhindern, dass Besucher in gefährdete Bereiche strömen. Dem Besucher muss eine bestimmte Richtung vorgegeben werden - es ist also mit einer zumindest teilweisen, ungleichmäßigen Verteilung der Besucher auf die Fluchtwege und einem erhöhten Steuerungsbedarf zu rechnen. Für das schnelle In-Sicherheit-bringen von Besuchern sind also in einem ersten Schritt die Alarmierung wie beschrieben zu realisieren, die Auslösekriterien zu prüfen und eine Entscheidung über Art, Umfang und ggfs. die Richtung einer Räumung zu treffen. Spätestens jetzt treten die Unterschiede zwischen organisierten und beschulten Personen wie Mitarbeitern in einem Bürokomplex und ortsunkundigen Veranstaltungsbesuchern zu Tage. Während geschulte, orts- und verfahrenskundige Mitarbeiter über z.B. akustische oder optische Warnsignale, automatisierte Ansagen oder durch


Zuruf leicht alarmiert und aktiviert werden können, ist die prozentuale Durchdringung verfahrenskundiger Veranstaltungsbesucher deutlich geringer und die Aktivierung nach einem Alarm entsprechend verlangsamt. Mitarbeiter sind in den meisten Fällen viel schneller in der Lage, eine Alarmierung als solche zu erkennen und umgehend richtig zu reagieren, ggfs. einen Sammelplatz anzusteuern und andere auf dem Weg zu informieren oder mitzunehmen. So kann z.B. auch Mitarbeitern mit besonderen Anforderungen, seien es Anforderungen durch eingeschränkte Mobilität oder andere sensorische Einschränkungen, leichter geholfen werden und der sogenannte „by-stander-effect“ also die Annahme, jemand anderes werde sich um eine hilfsbedürftige Person kümmern, reduziert werden. Im Veranstaltungskontext sind die Reaktionen auf eine Räumungsaufforderung häufig weit von denen am Arbeitsplatz entfernt. So werden regelmäßig Über- und Unterreaktionen beobachtet. Wissenschaftliche Studien zeigen dabei jedoch, dass eine Überreaktion auf ein gefährliches Ereignis, wie z.B. individuelle Panikattacken deutlich seltener vorkommen, als Unterreaktionen also ein Nichtreagieren auf ein Ereignis. Die Gründe für die Unterreaktion sind vielfältig: Es kann daran liegen, dass eine Gefährdung nicht offenkundig erkennbar ist, die Informationsquelle als nicht verlässlich interpretiert wird, man Sorge hat, sich im Falle einer Fehlinterpretation des Alarms lächerlich zu machen oder einfach nur seinen guten Platz zu verlieren. Aber auch wenn ein Alarm als bestätigt erscheint, kann das Warten auf andere, z.B. Freunde oder Familie zu verzögerten Reaktionen führen. Diesen Umständen muss ein Räumungskonzept Rechnung tragen. Wie kann die Entscheidung für eine Räumung so an das Publikum transportiert werden, dass die Information als aus verlässlicher Quelle kommend ernstgenommen und ohne Verzögerung umgesetzt wird? Und was kann die Organisation tun, um die Abläufe zu unterstützen und zu optimieren? Gerade das Unterstützen der Abläufe ist jedoch mit teilweise nicht unerheblichem Aufwand verbunden und führt regelmäßig zu Diskussionen über die Notwendigkeit lenkender und leitender Maßnahmen. Schließlich müssten die Besucher „ja nur den Fluchtwegschildern folgen“. Um dies einzuordnen, muss man sich mit dem Prinzip der Selbstrettung beschäftigen. Die Deutsche Lebens-Rettungs-

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Simulation eines Besucherstroms im Rahmen des Forschungsprojektes „Hermes“

Gesellschaft (DLRG) definiert in „Selbstund Fremdrettung: Erkennen, Beurteilen, Handeln“ (Oktober 2010, Version 1.1) „Selbstrettung beinhaltet den Selbstschutz vor Gefahrenquellen, die zu zeitweisen oder andauernden körperlichen oder geistigen Beeinträchtigungen führen können. Dazu gehört, diese Gefahrenquellen rechtzeitig erkennen zu können und zu vermeiden, sich ihnen auszusetzen. Es gilt, einem potenziellen Unfallgeschehen rechtzeitig und wirksam zu begegnen“. Daniel Nobis (2016) definiert in „Die Möglichkeit der Selbstrettung: Verbesserung der Barrierefreiheit durch die Entwicklung eines Selbstrettungsliftes für mobilitätseingeschränkte Personen im Rollstuhl“ „Die Selbstrettung ist das Vermögen, sich selbst aus Gefahrensituationen zu befreien. Vorbeugend gehört dazu auch das Wissen, wie man Gefahrensituationen verhindert. Der Fachbegriff Selbstrettung bedeutet: Personen retten sich aus eigener Kraft aus dem Gefahrenbereich.

Auch in weiteren sich in den Definitionen leicht unterscheidenden Publikationen zur Selbstrettung sind werden wieder zwei wichtigen Aspekte der Selbstrettung erkennbar 4 aus eigener Kraft 4 Gefahren verhindern, vermeiden und entgegenwirken Die Auffassung, dass durch die Ausweisung und Freihaltung von Fluchtwegen bereits alles für die Selbstrettung von Personen getan sei führt in organsierten Einheiten mit Schulungs-, Orts- und Verfahrenskenntnissen zu positiven Ergebnissen, muss aber in komplexen oder großen und möglicherweise unübersichtlichen Veranstaltungsorten unterstützt werden, sind die Orts- und Verfahrensunkundigkeit der dort befindlichen Personen der Selbstrettung entgegenstehende Faktoren, die im Veranstaltungskontext durch Lenkung und Leitung kompensiert werden müssen. Fehlende standardisierte Alarmierungsformen für Versammlungsstätten und durchaus auch unterschiedliche Alarmierungsformen im beruflichen Umfeld führen häufig zu den o.g. Unterreaktionen – die Personen handeln nicht, weil die Alarmierung für sie nicht „funktioniert“, weil sie sich Nr. 03/2018


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R äumungskonzepte – und nun?

stattdessen lieber an der Umgebung orientieren, die auf die Umgebung wartend nicht reagiert. „Die Orientierung am Menschen verdrängt die Orientierung an Fakten“ (Pelzmann, L & F Malik, F (2002) Triumph der Massenpsychologie). Diesem verzögernden Effekt muss durch Organisation, verlässliche Informationsquellen und letztendlich auch vertrauenswürdigem Personal entgegengewirkt werden. Eine erfolgreiche Räumung kann nur dann funktionieren, wenn nicht zu Beginn bereits wichtige Zeit verloren wird. Ein weiterer dem Veranstaltungsumfeld impliziter Aspekt, der die Selbstrettung aus Versammlungsstätten behindert, ist die Ortsunkunde der Besucher. Der Drang des Menschen, sich an Bekanntem zu orientieren, führt häufig zur Überlastung von Fluchtwegen, die auch im Normalbetrieb als Verkehrswege gedient haben sowie zu einer Unterlast auf anderen nicht regelmäßig genutzten Wegen. Wird der Besucher vor die Wahl gestellt, dem freien Weg oder demjenigen Weg, den alle anderen gewählt haben, zu folgen, wird er sich vermutlich dem Umfeld anschließen und ebenfalls den überlasteten Weg einschlagen. Eine effektive Selbstrettung ist demnach nur möglich, wenn für eine gleichmäßig Verteilung der Personenströme auch auf nicht im Normalbetrieb genutzte Ausgänge gesorgt wird. Selbstrettung bedeutet nur sich aus eigener Kraft in Sicherheit zu bringen. Zu kommunizieren, auf welchem Weg diese Sicherheit schnell erreicht wird, oder zu erfahren, wo sich die Gefährdung befindet ist die Aufgabe der Sicherheitsakteure. Die Erfüllung dieser durchaus anspruchsvollen Aufgabe wird im Vorfeld durch Planung, Konzeptionierung und Schulung der handelnden Personen gewährleistet um sicherzustellen, dass während der Räumung eine gleichmäßige Verteilung der Besucher durch Lenkung und Leitung auf die zur Verfügung stehenden Ausgänge realisiert wird. Aber auch mit der schnellen, unmissverständlichen Alarmierung und der gleichmäßigen Verteilung der Besucher ist die Räumung noch nicht beendet. Eine erfolgreiche Räumung benötigt die Aufrechterhaltung der Personenströme. So sollte zum Einen das Verhalten an Engstellen kommuniziert werden: Ein Reißverschlussverfahren kann helfen, solche Bereiche zügig zu durchqueren, Rücksichtnahme und das Achten andere Besucher führen ebenfalls zu positiven Ergebnissen.

Weiterhin muss die Organisation der Räumung dafür sorgen, dass Menschen nicht im Personenstrom stehen bleiben – z.B. um auf andere zu warten. Auch hierzu müssen im Räumungskonzept geeignete Handlungen definiert werden, z.B. erklärende Durchsagen. Schlussendlich muss sichergestellt sein, dass die Räumung weit genug aus der Veranstaltungsfläche hinaus führt um sicherzustellen, dass auch die letzten Besucher noch einen ausreichend großen Sicherheitsabstand zum Auslöser der Räumung einnehmen können. Alle vorgenannten Aspekte müssen insbesondere für die Anwesenheit beeinträchtigter oder behinderter Gäste überprüft werden. In diesem Zusammenhang sind besonders Fragen der Alarmierung von Bedeutung. Häufig können durch die Behinderung optische oder akustische Warnsignale nicht erkannt oder eigenständig darauf reagiert werden. Begleitpersonen sind nicht immer direkt bei der betroffenen Person positioniert oder auch gar nicht anwesend. Barrierefreie Ausgänge sind nicht in jeder Veranstaltung verfügbar oder die Wege dorthin verlaufen entgegen der generellen Fluchtrichtung. Auch hier spielt die Ortsunkunde erneut eine wichtige Rolle, da sie nicht nur Auswirkungen auf die eigene Rettung hat, sondern auch noch der Selbstrettung anderer Personen entgegenstehen könnte.

Rückführung zum Normalbetrieb Vollständig ist das Räumungskonzept dann mit den Festlegungen zur Rückkehr in den Normalbetrieb. Auch hier sind Abläufe und Auslösekriterien zu bestimmen, die eine Räumung unterbrechen oder beenden und den Veranstaltungsort wieder als „sicher“ definieren. Regelmäßige Räumungsübungen haben gezeigt, dass die Informationslage während einer Räumung, auch wenn es sich nur um eine Übung handelte, durch Halbinformationen und Gerüchte nie homogen ist und jeder Auslöser (ob nun auf einer Tatsache basierend oder nicht) genutzt wird, die Räumung eigenmächtig abzubrechen oder zu verlangsamen. Solche Situationen müssen im Ernstfall unbedingt verhindert werden. Die Entscheidung zur Aufhebung der Notfallmaßnahmen obliegt dem Entscheider für die Notfallmaßnahme und sie muss durch protokolliert Prüfungen entsprechend belegbar sein. Es muss sichergestellt sein, dass die Bedrohung

garantiert bekämpft ist, dass alle Maßnahmen der Gefahrenabwehr abgeschlossen und durch die Abwehr keine neuen Gefährdungen entstanden sind. Dazu gehört auch, dass das Personal und Material für den Normalbetrieb verfügbar und vor Ort ist. Es muss inbesondere festgelegt werden, welche Kontrollen vor Wiederaufnahme des Betriebs durchgeführt werden müssen.

Zusammenfassung Ein Flucht- und Rettungswegeplan ist kein Räumungskonzept. Ein Konzept zur Räumung, also dem schnellen In-Sicherheit-bringen von Personen, beinhaltet zahlreiche Aspekte der Notfallorganisation. Hierbei muss es darum gehen, die Selbstrettung der anwesenden Personen insofern zu unterstützen, als dass es den Besuchern von Veranstaltungen erlaubt, den schnellsten Weg fort von einer Bedrohung zu finden. Hierzu muss der Besucher erfahren, welche Bedrohung besteht, in welcher Richtung sich ein sicherer Ort befindet und auf welchem Weg er am schnellsten, also ohne Staus und Verzögerungen dort hingelangt. Die Musterversammlungsstättenverordnung hebt dabei noch einmal die besondere Verantwortung für Menschen mit besonderen Herausforderungen hervor, für die separat die Abläufe der Alarmierung, die handelnden Personen und möglichen Auslösekriterien überprüft und ggfs. mit Material und Personal angepasst werden müssen. Zusammengefasst müssen also folgende Schritte bei der Erstellung eines Räumungskonzepts durchlaufen werden: Analyse 444 Welche Faktoren, veranstaltungs-, versammlungsstätten- oder nachbarschaftsspezifisch können zu einem schnellen In-Sicherheit-verbringen von Veranstaltungsbesuchern führen. Sind Menschen mit besonderen Bedürfnissen bei der Veranstaltung anwesend, wo befinden sich diese und welche Form der Hilfe muss dort gewährleistet werden. Alarmierung 444 Wie erfahren die handelnden Personen über einen Störfall mit Potential zur Eskalation, bzw. von einem bereits eingetretenen Notfall? Sind allen internen und externen Akteuren die Meldewege bekannt und sind diese auch erreichbar? Handelnde Personen 444 Sind allen Personen, die eine Funktion in der Abwicklung von Notfällen haben ihre Funktionen und die damit verbundenen Aufgaben


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bekannt? Sind sie anwesend und in der Lage die Aufgaben auszuführen? Wissen die Entscheider, dass sie Entscheidungen treffen dürfen / müssen? Wissen die einzelnen Akteure, was die anderen Akteure machen? Auslösekriterien 444 Auslösekriterien helfen, Situationen besser einschätzen zu können und bilden Parameter für die Entscheidung, ob eine Situation mit eigenen Mitteln unter Kontrolle gebracht werden kann oder ob eine Notfallmaßnahme greifen muss. Maßnahmen 444 Die Maßnahmen beschreiben alle notwendigen Handlungen, die im Zuge eines Notfalls, in diesem Fall einer Räumung, abzuwickeln sind. Hierzu gehören unter anderem: 4 Durchsagen / Alarmierung der Besucher 4 Aktivierung der Besucher 4 Beleuchtung - wenn notwendig - zuschalten 4 Öffnen der zur Verfügung stehenden Notausgänge sowie das Verschlossenhalten nicht zu nutzender Ausgänge 4 Lenken und Leiten der Besucher mit

dem Ziel einer gleichmäßigen Verteilung der Personen auf alle zur Verfügung stehenden Wege 4 Assistenz für behinderte / eingeschränkte Besucher 4 Regelmäßige Handlungshilfen während der Räumung 4 Angreifwege zur Notfallbekämpfung freihalten und Kollisionen mit nachrückenden Rettungsmitteln vermeiden

Invakuierung und ShutDown Der Vollständigkeit halber sind noch zwei Sonderformen der In-Sicherheit-Verbringung von Veranstaltungsbesuchern aufzuführen. Die Invakuierung und der Shut down. Bei einer Invakuierung wird, anders als bei der standardisierten Räumung, der öffentliche Bereich als Quelle der Bedrohung und der Veranstaltungsort als der sichere Bereich interpretiert. Es sind also die Personen anzusprechen und zu bewegen, die noch nicht in der Veranstaltung anwesend, aber durch Gefahrenquellen wie Wetter,

Angreifer oder einen nicht zuzuordnenden Gegenstand bedroht sind. In diesen Situationen ist die Kommunikation mit den Betroffenen erschwert und eine Koordination mit den bereits anwesenden Personen ist notwendig. Wo sollen die Personen von außen entlang geführt werden, wie kann dieser geplante Weg kommuniziert werden? Wie können die bereits in der Veranstaltung anwesenden Personen die Maßnahme nicht behindern oder gar unterstützen? Wie kann man die Personen so anordnen, dass sie zu einem späteren Zeitpunkt gesammelt wieder nach draußen gebracht oder innerhalb der Versammlungsstätte kontrolliert werden können? Ähnliche Fragen stellen sich auch zu einem Shut-Down des Veranstaltungsortes, also dem zeitweise gesamten oder örtlich beschränktem Verschließen der Ein- und/ oder Ausgänge. Häufig wird der Shut-Down als Notfallmaßnahmen für bewaffnete Angriffe von außen oder für bestimmte Bereich innerhalb einer Veranstaltungsstätte vorgesehen.

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NEUES AUS DER SICHERHEITSFORSCHUNG In dieser Rubrik finden sich Informationen über neue und / oder spannende Forschungsprojekte sowie Informationen zum Thema der Sicherheitsforschung im Allgemeinen.

Aktuelle Bekanntmachungen

Unter u.g. Link ist der komplette Ausschreibungstext nachzulesen.

Das BMBF - Bundesministerium für Bildung und Forschung hat im Rahmen des Programms „Forschung für die zivile Sicherheit 2018 – 2023“ eine neue Förderrichtlinie „Zivile Sicherheit – Sozioökonomische und soziokulturelle Infrastrukturen“ veröffentlicht. Im Rahmen dieser Förderrichtlinie werden Verbundprojekte gefördert, die „durch neue Strategien, technologische Ansätze und organisatorische Konzepte einen wesentlichen Beitrag zum Schutz der sozioökonomischen und soziokulturellen Infrastrukturen leisten.“ [1] Das Themenfeld der Veranstaltungssicherheit findet sich dabei im zweiten Aspekt, den Soziokulturellen Infrastrukturen wieder. Hierzu gehören: „Medien und Kulturgüter, Internet, gedruckte und elektronische Presse, bewegliches und unbewegliches Kulturgut, Bibliotheken, Museen, Archive und symbolträchtige Bauwerke“ [2] Das BMBF betont in seiner Ausschreibung dabei deutlich, dass die Ergebnisse „deutlich über den aktuellen Stand von Wissenschaft und Technik hinausgehen“ [ebd.] müssen.

Ebenfalls interessant ist die Bekanntmachung „KMU-innovativ: Forschung für die zivile Sicherheit“ mit dem „Ziel, das Innovationspotenzial kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU) (…) zu stärken sowie die Forschungsförderung für erstantragstellende KMU attraktiver zu gestalten.“ [3] Wer diese und ähnliche Ausschreibungen nicht verpassen möchte, kann sich auf www.sifo.de auch für den Informationsbrief zur zivilen Sicherheitsforschung registrieren.

S2UCRE Ein Projekt, das wir natürlich besonders interessiert verfolgen, ist das Projekt: Sicherheit in städtischen Umgebungen: Crowd-Monitoring, Prädiktion und Entscheidungsunterstützung (S2UCRE) Es handelt sich dabei um ein wahres Mammutprojekt mit gleich 12 Projektpartnern und 5 assoziierten Partnern, in dessen Rahmen „ein Kameranetzwerk zur Erfassung von Personenmengen und zur Schätzung von Personendichten in urbanen Räumen aufgebaut werden“ [4] soll.

[1] [www.sifo.de. Online abgerufen 28.09.2018] [2] [Quelle: www.bmbf.de/foerderungen/bekanntmachung-1989.html. Online abgerufen 28.09.2018] [3] [www.bmbf.de/foerderungen/bekanntmachung-1848.html. Online abgerufen 28.09.2018] [4] [www.sifo.de/files/Projektumriss_S2UCRE.pdf. Online abgerufen 01.06.2018]

Ziel ist es hier, mittels verbesserter Kurzzeitprognosen Situationsanalysen und Entscheidungsunterstützungswerkzeuge für Einsatzkräfte zu erstellen erstellt. „Mit Hilfe der Projektergebnisse soll es Veranstaltern und Sicherheitsbehörden ermöglicht werden, auf unerwartete Ereignisse noch gezielter reagieren zu können. Darüber hinaus wird durch die Verknüpfung der Ist-Lage mit Kurzzeitprognosen wertvolle Zeit für frühzeitige Gegenmaßnahmen gewonnen“ [ebd.] Das Projekt läuft bereits seit 08/2017 und wir sind natürlich gespannt auf die Ergebnisse, die spätestens zum Ende der Projektlaufzeit 07/2020 veröffentlicht werden. Mehr Informationen unter anderem www.iosb.fraunhofer.de/servlet/is/75652/ www.accu-rate.de/de/s%C2%B2ucre-startdes-internationalen-forschungsprogramms/ www.team-hf.de/forschung/s2ucre.html


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2018 – März

Regionalligist mit Fan-Andrang überfordert

Der Mann war zuvor des Clubs verwiesen worden. Mehrere Clubbesucher und Mitarbeiter wurden verletzt. Gäste des Clubs hielten den Täter bis zum Eintreffen der Polizei fest.

Nach Öffnung des RheinEnergie­ Stadions wurden vermummte Gästefans aus Leverkusen beobachtet, die in großen Mengen Pyrotechnik präparierten und anschließend verteilten. Der Veranstalter stoppte daraufhin zunächst den Einlass weiterer Leverkusener Anhänger.

5.000 angereiste Besucher eines Topspiels in der Regionalliga mussten lange Wartezeiten an den Tageskassen in Kauf nehmen. Laut Personal wurden weder ausreichend Tickets gedruckt, noch ausreichend Wechselgeld vorhanden. Erst 35 Minuten nach Anpfiff hatten alle Fans die Tribünen erreicht.

Bei einer Schulparty in Plankstadt kam es aus ungeklärter Ursache zu einer Schlägerei. Eingreifende „Türsteher“ griffen ein und verletzten dabei weitere Besucher.

Ausschreitungen beim Spiel HSV gegen Herta BSC Nicht nur gab es in einigen Blöcken der Nordtribüne handgreifliche Auseinandersetzungen zwischen Fans und vermummten Personen, 25 Minuten nach dem Abpfiff versuchte auch eine Gruppe gewaltsam in den Kabinenbereich zu kommen. Insgesamt wurden eine Polizistin, zwei Fans und sechs Ordner verletzt.

30.03 .

Verletzte durch Schlägerei auf einer Schulparty

25.03 .

Derby zwischen Köln und Leverkusen kurz vor Absage

18.03 .

(UK) Mann fährt mit Auto in Diskothek

18.03 .

17.03 .

17.03 .

Was bisher geschah

Autogrammstunde abgebrochen 500 überwiegend jugendliche Fans drängten sich zu einer Autogrammstunde in einen Hamburger Elektronikmarkt. Die Polizei beendete die Autogrammstunde frühzeitig. Anschließend wurden die Beamten von einer größeren Gruppe mit Schneebällen und Flaschen beworfen.


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Das Forschungsprojekt ArGUS Assistenzsystem zur situationsbewussten Abwehr von Gefahren durch UAS Programm: Forschung für die zivile Sicherheit Bekanntmachung: „Zivile Sicherheit – Aspekte und Maßnahmen der Terrorismusbekämpfung“

4 Motivation

4 Ziele und Vorgehen

4 Innovationen und Perspektiven

Unbemannte Flugsysteme (Unmanned Aircraft Systems, UAS) haben sich innerhalb weniger Jahre von teuren professionellen Spezialgeräten zu alltäglichen Massenprodukten entwickelt. Selbst leistungsfähige Systeme sind heute für Privatleute erschwinglich und zudem auch durch unerfahrene Personen leicht zu steuern. Dass solche UAS auch für illegale oder sogar terroristische Aktivitäten genutzt werden können, ist naheliegend. Dies eröffnet ein völlig neues Bedrohungsfeld, dem heute kaum etwas entgegengesetzt werden kann: Wenn UAS überhaupt bemerkt werden, dann ist es für effektive Gegenmaßnahmen zu spät.

Ein Einsatzassistenzsystem soll UAS durch kombi nierte Sensorik frühzeitig erkennen und analysieren. Radar, Kameras, Mikrophone und Mitschnitt des Funkverkehrs zur Basisstation ermöglichen die Identifikation und Prognosen über die geplante Flugroute. Auf Basis derartiger Informationen wird das ArGUS-Assistenzsystem den Einsatzkräften eine detaillierte Bedrohungsanalyse erstellen und gegebenenfalls nutzergerecht Gegenmaßnahmen empfehlen. Die Gesetzeskonformität dieser Empfehlungen wird durch die rechtswissenschaftliche Begleitung des Projekts sichergestellt.

Mit der ArGUS-Technologie können UAS bereits vor dem Start am Boden erkannt werden. Durch die Situationsanalyse werden geeignete Maßnahmen, wie etwa Evakuierungen oder das Stellen des UAS- Piloten, frühzeitig eingeleitet. Perspektivisch soll auch die Übernahme der Kontrolle über das Flugsystemsgeprüft werden.

ArGUS: Asistenzsystem zur situationsbewussten Abwehr von Gefahren durch UAS Förderer: BMBF Programm: Forschung für die zivile Sicherheit Bekanntmachung: „Zivile Sicherheit - Aspekte und Maßnahmen der Terrorismusbekämpfung“ Projektträger: VDI Projektlaufzeit: 03/2017 bis 03/2020 Koordinator und Ansprechpartner: Dr. Gunther Grasemann Förderkennzeichen: 13N14258 bis 13N14264 www.argus-projekt.de

Quelle: www.sifo.de/files/Projektumriss_ArGUS.pdf


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Wir hatten die Möglichkeit, einige Fragen an den Projektkoordinator Dr. Gunther Grasemann zu stellen Das Thema Drohnen beschäftigt Veranstalter nicht erst im Kontext der neuen Bedrohungslagen, sondern wurde mit Aufkommen der Technologie zu einem viel diskutierten Thema. Während die einen neue Möglichkeiten erkannten (Überwachung von Personenströmen, Echtzeitdatensammlung aus dem Veranstaltungsgelände, Realisierung eines 90° Blickwinkels auf die Veranstaltung etc.) standen für die anderen mögliche Gefährdungen im Vordergrund – von einfachen Verletzungen des Urheberrechtes über die Gefahr eines unkontrollierten Absturzes bis – in letzter Zeit verstärkt – die Furcht vor dem Einbringen z.B. sprengstoffhaltiger Gegenstände etc.). Inwieweit adressiert das Projekt auch die Sicherheit von Großveranstaltungen? Das gehört zu den zentralen Zielen des Projekts. Besonderen Wert legen wir dabei auf die Skalierbarkeit. Das heißt, das konkrete ArGUS-System vor Ort ist mit so viel Sensorik und weiteren Funktionalitäten ausgestattet, wie das vonseiten der Veranstalter bzw. der Verantwortlichen als erforderlich angesehen wird. Weitere Funktionalitäten müssen nicht vor Ort installiert werden, sondern sind gewissermaßen über die Cloud verfügbar und flexibel zubuchbar. Das hält Kosten und weiteren Aufwand für die Veranstalter möglichst gering und erlaubt gleichzeitig, das System je nach Bedarf an die Anforderungen anzupassen. Die neue Drohnenverordnung schränkt die Nutzung bereits ein, so dass grundsätzlich davon ausgegangen werden muss, dass ein „unbekanntes, nicht angemeldetes Flugobjekt“ nicht zwingendermaßen unmittelbar als feindlich, jedoch aber zumindest als illegal eingestuft werden muss. Das Problem bleibt aber, dass die meisten Drohnen erst dann entdeckt werden, wenn sie schon sichtbar sind - wie kann das Projekt hier helfen?

ArGUS adressiert auf der Seite der Sensorik auch Signale, die bislang nicht im Fokus standen, nämlich Netz- und Funkverbindungen. Das erlaubt, Drohnenflüge oder sogar deren Vorbereitung zu detektieren, lange bevor das Fluggerät zu sehen oder zu hören ist. Auch Radarsensoren ermöglichen eine frühere Detektion als Kameras. Außerdem steht zu erwarten, dass für Drohnen in Zukunft automatische Funk-Identifikationssysteme vorgeschrieben werden, wie sie heute beispielsweise in der Schifffahrt anzutreffen sind. Auch diese Möglichkeiten werden dann in das Konzept von ArGUS integriert und für die Einschätzung der Lage hinzugezogen. Einige große Veranstaltungsstätten in den USA haben z.B. „no drone zones“ eingerichtet, die dafür sorgen, das Drohnen an einem Ort „heruntergeholt“ werden können, an dem hierdurch keine Personen geschädigt werden - diese Möglichkeit besteht bei den meisten deutschen Veranstaltungsflächen alleine aufgrund der räumlichen Situation nicht – adressiert das Projekt auch diese Fragestellung, wie eine erkannte Drohne ohne Kollateralschaden unschädlich gemacht werden kann? ArGUS beschäftigt sich nicht direkt mit der Erforschung von Systemen zur Drohnenbekämpfung. Allerdings soll unser System im Rahmen der Lageanalyse auch eine Entscheidungsunterstützung bezüglich der am besten geeigneten Gegenmaßnahmen liefern. Insofern ist diese Fragestellung indirekt präsent und die möglichen Gegenmaßnahmen – von ihrer grundsätzlichen Funktionalität bis zur Folgenabschätzung – sollen irgendwann Bestandteil der Datenbanken sein. Eine wichtige Rolle spielt dabei übrigens die rechtliche Bewertung. Maßnahmen mit einer zu großen Gefährdung von Menschen und Anlagen sind damit von vornherein ausgeschlossen. Vorzuziehen sind passive Schutzmöglichkeiten wie zum Beispiel das Schließen von Türen und Fenstern, Evakuierung oder das Aufsuchen von besser geschützten Plätzen.

Während der Nutzen für ständige kritische Infrastrukturen unumstritten ist, stellt sich natürlich die Frage, inwieweit auch zum Beispiel Veranstaltungen, die nur einen begrenzten Zeitraum stattfinden, auch von den Ergebnissen profitieren können – zum Beispiel durch Schulungskonzepte oder organisatorische Ansätze? Wie bereits erwähnt ist unsere Systemarchitektur durchaus auch für kurze, fallweise Einsätze ausgelegt. Darüber hinaus beschäftigt sich ArGUS aber auch gezielt mit Themen wie den passenden Ausbildungsinhalten für Einsatzkräfte oder der Information der Zivilbevölkerung über Drohnen und die von ihnen ausgehenden Gefahren. Ein ganz wichtiger Punkt dabei ist, nicht nur mögliche Bedrohungen zu kennen, sondern auch zu wissen, wann Drohnen als ungefährlich und damit als sicherheits­ technisch nicht relevant einzustufen sind. Dies ist nämlich in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle gegeben und auch an einer Vielzahl von Attributen eindeutig zu erkennen. So lässt sich auch die Gefahr einer unbegründeten Panik mit möglicher­ weise schlimmen Folgeerscheinungen weitestgehend vermeiden. Vielen Dank für Ihre Zeit und Ihre Gedanken.

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ProVOD Etablierung und Professionalisierung des Veranstaltungsordnungsdienstes (VOD) als eigenständiges Teilgebiet der privatwirtschaftlichen Sicherheitswirtschaft In der vergangenen Ausgabe des MAGAZINs berichteten wir über die mediale Darstellung der Teilbranche als Teil des Branchenberichtes. In dieser Ausgabe veröffentlichen wir nun den im Rahmen des AP 1 erstellten qualitativen Branchenbericht in einer gekürzten Fassung.

Von Sabine Funk Der qualitative Branchenbericht wurde erstellt auf der Basis von 4 Literatur- & Onlinerecherche 4 Experteninterviews 4 Auswertung von Ordnungsdienst-, Sicherheits- und Einsatzkonzepten 4 Auswertung Praxisbeispiele 4 Auswertung Praxisbeispiele 4 Medienrecherche (incl. Social Media)

Einleitung Bei Großveranstaltungen bilden sie häufig die quantitativ stärkste Säule der Sicherheitsarchitektur: Die privaten Sicherheits& Ordnungsdienste. Sie sind meist der erste Kontakt der Gäste mit der Veranstaltung,

Ansprechpartner und sichtbares Bindeglied zur Organisation. Sie sind verantwortlich für die Kontrolle der Besucher, für den ruhigen Ablauf bis hin zur geordneten Räumung einer Veranstaltung. Zu den Aufgaben im Rahmen von Veranstaltungen gehören dabei nicht nur die klassischen Bewachungsaufgaben, wie sie im Rahmen des § 34a Gewerbeordnung definiert sind, sondern im Sinne eines modernen Sicherheitsverständnisses z.B. auch der Umgang mit zum Teil sehr großen Personenmengen bzw. die Planung für und die Lenkung von diesen Personenmengen. „Crowd management“, also die Planung für und das Monitoring und die Steuerung von Ansammlungen von Menschen in

ProVOD: Professionalisierung des Veranstaltungsordnungsdienstes Förderer: BMBF Programm: Forschung für die zivile Sicherheit Bekanntmachung: „Zivile Sicherheit – Schutz und Rettung bei komplexen Einsatzlagen“ Projektträger: VDI Projektlaufzeit: 09/2016 bis 08/2019 Koordinator und Ansprechpartner: Dr. –Ing. Frank Friedrich Förderkennzeichen: 13N14114

Normal- sowie auch Schadenlagen sind dabei Ordnungsaufgaben jenseits des klassischen Verständnisses von „Schutz“ und „Bewachung“ im Sinne der Gewerbeordnung, die einher gehen mit einer hohen Verantwortung für den Menschen, seien es die Besucher oder die Mitwirkenden einer Veranstaltung. Die nahezu wahllose Verwendung der Begrifflichkeiten „Sicherheitsdienst“, „Ordnungsdienst“, „Ordner“, „Security“ etc. sowohl in der öffentlichen Darstellung als auch innerhalb der Teilbranche und der existierenden themenspezifischen Dokumente (Einsatzkonzepte, Handlungshilfen, Richtlinien) selbst, lässt erkennen, dass es jedoch an einer definierten Abgrenzung der Bereiche Sicherheit und Ordnung fehlt. In der öffentlichen Wahrnehmung passen unabhängig von der Frage der Abgrenzung weder der Anspruch an die von einem Ordnungsdienst regelmäßig übernommenen Aufgaben noch die damit einhergehende Verantwortung zu dem vorherrschenden – oftmals negativ geprägten - Bild. Dieses Bild ist geprägt durch die Tatsache, dass auch die Dienstleistungen im Veranstaltungskontext (unabhängig von der Frage, ob sie die Sicherheit oder die Ordnung betreffen) in den großen Bereich der „Sicherheitswirtschaft“ fallen – eine Branche, die in der öffentlichen Wahrnehmung geprägt ist von Mindestlohnstrukturen, fehlender


Foto: Serap Lannert

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Eine Supervisorin im Einsatz während der Einlassphase einer Veranstaltung

Qualifikation und einem häufig durch negative Berichterstattung geprägten schlechten Ruf. Die Tätigkeitsfelder der Sicherheitswirtschaft umfassen jedoch ein breites Spektrum höchst unterschiedlicher Aufgaben, die weder inhaltlich in Bezug auf die Arbeitsaufgaben, den Arbeitskontext noch den damit einhergehenden Rahmenbedingungen vergleichbar sind. Die Sicherheit in Asylbewerberheimen, die Sicherheitskontrollen an Flughäfen, die Bewachung von Firmengeländen und Geldtransporten oder auch der klassische Türsteher an einer Diskothek haben mit der Arbeit bei Veranstaltungen, der räumlichen Planung von Bewegungs- und Aufenthaltsflächen, dem Umgang mit Publikum, dem Risiko- und Krisenmanagement von Ereignissen mit einer großen Anzahl von Menschen wenig bzw. nichts gemein. Der nachfolgende Bericht, der im Rahmen des BMBF geförderten Forschungsprojektes ProVOD – Professionalisierung des Veranstaltungsordnungsdienstes (Förderkennzeichen 13N14114) erstellt wurde, soll helfen, nicht nur die Besonderheiten der Arbeit im Veranstaltungskontext herauszuarbeiten, sondern insbesondere die Teilbranche der Veranstaltungsordnungsdienste zu konturieren, sie gegen die Sicherheitswirtschaft allgemein, aber auch gegen Sicherheitsaufgaben im Veranstaltungskontext abzugrenzen, die spezifischen Anforderungen

und Herausforderungen zu definieren und damit letztendlich ein Aufgaben- und Anforderungsprofil zu definieren, das die den Aufgaben einhergehende Verantwortung für die Sicherheit von Menschen bei Veranstaltungen widerspiegelt.

Kontext Die Veranstaltungswelt ist in Bewegung – ausgelöst durch die Ereignisse der Loveparade und ständig angetrieben durch regelmäßige negative Ereignisse bei und bzw. rund um das Thema Veranstaltungen, die zuletzt in den Attentaten von Paris oder Berlin oder auch in versuchten Anschlägen wie zum Beispiel in Ansbach und einer daraus resultierenden Anerkennung einer grundsätzlich bestehenden allgemeinen Bedrohungslage mündeten. Sowohl für die Kräfte des Sicherheitsdienstes als auch des Ordnungsdienstes ergeben sich aus dem einen wie dem anderen immer neue Aufgaben und Verantwortungsbereiche, die ohne eine geeignete Vorbereitung nicht oder nur unzureichend ausgefüllt werden können. Zum einen gilt es natürlich, im Rahmen der Möglichkeiten auf das Thema der Bedrohungslagen zu reagieren – hier müssen insbesondere die klassischen Bewachungsaufgaben stärker angepasst und fokussiert werden. Aber es gilt auch, den durch die Loveparade noch einmal in den Fokus

gerückten Verbesserungsnotwendigkeiten der Planungen insgesamt, der gesamten Professionalisierung der Sicherheitsplanung für Veranstaltungen Rechnung zu tragen. Hier geht es insbesondere um die Planung für und die Lenkung von Personenströme im Normal – und Gefahrenfall sowie die Kommunikation mit dem Besucher und die Aufrechterhaltung der geordneten Abläufe insgesamt – klassische Aufgaben der Ordnungsdienste. Auch die gesetzlichen Anforderungen verändern sich; so fordert die neue Fassung der Musterversammlungsstättenverordnung (MVStättVO) die Erstellung eines Räumungskonzeptes – eine Aufgabe, die klassischerweise den Ordnungsaufgaben zufällt. Betrachtet man die Komplexität der heutigen Veranstaltungen und das sich gesamtgesellschaftlich verändernde Publikumsprofil mit einer steigenden Anzahl älterer – mobilitätseingeschränkter – Besucher, einer steigenden Anzahl von Besuchern mit besonderen Herausforderungen (Nutzer und Nutzerinnen von Rollstühlen, Menschen mit verschiedensten Behinderungen) etc., wird schnell deutlich, welche gestiegenen Anforderungen und damit auch Verantwortlichkeiten hier erwachsen. Eine intensive Vorbereitung auf diese jeweiligen anspruchsvollen Tätigkeiten unter Berücksichtigung des jeweiligen Publikumsprofils ist unumgänglich,

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unterscheidet sich jedoch deutlich von den klassischen Sicherheits- & Wachaufgaben im Sinne der Gewerbeordnung. Die Bedeutung eines gut ausgebildeten Ordnungsdienstes wird gemeinhin anerkannt. Dabei endet die Forderung jedoch nicht im Kontext von Veranstaltungen, sondern erstreckt sich in den allgemeinen Bereich der großen Menschenansammlungen (z.B. an Bahnhöfen oder auf öffentlichen Flächen). Dieser steigenden Verantwortung und dem steigenden Anspruch gegenüber steht die Arbeits-, und Ausbildungsrealität sowohl der Sicherheits- als auch der Ordnungskräfte: Geprägt von temporären Anstellungsverhältnissen (Saisonkräfte, Minijobber, Teilzeitkräfte etc.), Mindestlohn, niedrigen Einstiegshürden und Gründungsvoraussetzungen für Firmen sowie einem insgesamt negativen Ruf der gesamten Branche, leidet gerade der Teilbereich der Veranstaltungsdienstleister sowohl im Bereich Sicherheitsdienst als auch Ordnungsdienst darunter, nicht eigenständig betrachtet zu werden, sondern in einem Atemzug mit „Bewachern“ von Asylunterkünften oder Kaufhausdetektiven genannt und beurteilt zu werden. Verstärkt wird dies noch durch die fehlende Abgrenzung zwischen eben diesen Sicherheits- & Ordnungsaufgaben und der damit verbundenen fehlenden Anerkennung der besonderen Herausforderungen der Ordnungstätigkeiten. Gefördert wird dies durch eine meist unreflektierte und auf Unkenntnis basierende Berichterstattung der Medien. Dies hat negative Auswirkungen auf unterschiedlichen Ebenen: von der Wahrnehmung durch die Öffentlichkeit über die Motivation und Selbstwahrnehmung der Mitarbeiter bis hin zur Qualität der erbrachten Leistung und daraus direkt resultierend die Sicherheit der Besucher von Veranstaltungen bzw. der Anwesenden in großen Menschenmengen. Dem gegenüber stehen neben den nationalen Anforderungen vor allem auch der der Druck der großen weltweit agierenden Veranstalter sowohl im klassischen Entertainment- als auch im Sportbereich. Gefordert werden international vergleichbare Standards und die Gewährleistung eines einheitlichen Sicherheitslevels. Dies scheitert momentan am Fehlen nationaler Standards, geschweige denn eines international vergleichbaren Systems.

Im Lichte der oben genannten Problemstellungen hat der Bundesverband der deutschen Sicherheitswirtschaft (BDSW) in 2013 einen Arbeitskreis ins Leben gerufen, der erstmals den Veranstaltungsordnungsdienst überhaupt abgrenzt und die die abweichenden Anforderungen adressiert. Neben der inhaltlichen Abgrenzung zum klassischen Bewachungsgewerbe sind es vor allem auch organisatorische und rechtliche Fragestellungen, die in der jüngeren Vergangenheit Anlass zu zahlreichen kontroversen öffentlichen Debatten gaben. Die Arbeit des Veranstaltungsordnungsdienstes ist in Bezug auf die organisatorisch-rechtlichen Fragestellungen gekennzeichnet durch 4 unregelmäßige Arbeitszeiten und unregelmäßige Einsatz- und Schichtzeiten (von < 5 Stunden bei einem Fußballspiel bis zu 16 und mehr Stunden im Rahmen eines Musikfestivals), 4 kurzfristige, saison- bzw. veranstaltungsabhängige Kräfteanforderungen und damit verbundene Subunternehmerstrukturen (mit Abweichungen von mehreren hundert - nur kurzfristig und für einen kurzen Zeitraum benötigten - Kräften), 4 unregelmäßige Einsatzorte und Einsatzzeiten, 4 ein hohes Maß an internationaler Tätigkeit, 4 einen hohen Bedarf an interorganisationaler Zusammenarbeit mit Gefahrenabwehrbehörden, 4 einen direkten Kontakt zum Besucher. Hieraus resultieren insbesondere 4 ein hohes Maß an Teilzeitkräften, Aushilfen und kurzfristig Beschäftigten verbunden mit einer hohen Fluktuation, 4 niedrige Einstiegsanforderungen und kaum vorhandene Qualitätssicherungs& Auswahlprozesse, 4 Spannungsfelder zwischen Fürsorgepflichten des Arbeitgebers und Verkehrssicherungspflichten des Auftraggebers. Hierfür müssen rechtlich-organisatorische, aber auch inhaltliche Rahmenbedingungen geschaffen werden, die diesen Arbeitsanforderungen Rechnung tragen und so neben der Verbesserung des Qualitäts- und Ausbildungsprofils zu einer Verbesserung nicht nur der Wahrnehmung der Teilbranche der Veranstaltungsordnungsdienste

und damit einhergehend auch der bei Veranstaltungen arbeitenden Sicherheitsdienste, sondern eine Verbesserung der Sicherheit von Menschenmengen – ob bei Veranstaltungen oder auf Bahnhöfen - beitragen.

Das Thema: Sicherheitsdienste und Ordnungsdienste Um die oben beschriebenen Herausforderungen zu meistern, ist es von wesentlicher Bedeutung, den Veranstaltungsordnungsdienst von den anderen Bereichen der Sicherheitswirtschaft (Sicherheits- & Wachdienste) abzugrenzen und auch innerhalb des Veranstaltungskontextes für eine deutliche Abgrenzung zwischen Sicherheitsund Ordnungsaufgaben zu sorgen. In der öffentlichen Wahrnehmung sowie in der genutzten Terminologie wird – wenn überhaupt – nur unzureichend zwischen „Sicherheit“ und „Ordnung“ unterschieden. „Die Begriffe „Ordnungsdienst“ und „Sicherheitsdienst“ werden bei der Durchführung von Veranstaltungen häufig synonym verwendet. Eine inhaltliche Abgrenzung findet kaum statt, was in der Praxis regelmäßig zu Problemen im Hinblick auf das einzusetzende Personal führt. Begründet ist dies in der Tatsache, dass weder Behörden noch Veranstalter und auch nicht der Gesetz- und Verordnungsgeber präzise unterscheiden zwischen Leistungen des Veranstaltungsordnungsdienstes (VOD) und sogenannten Sicherheitsdiensten (SDL)“ (Löhr 2017, S. 5. Hervorhebung im Original) Wie im Rahmen des Berichtes später noch ausgeführt, findet sich eine nahezu wahllose Nutzung der Begrifflichkeit auch in der Branche und der von ihr erstellten Dokumente selbst. So heißt es in einem der Konzepte: „Sämtliche Notausgänge sind (…) durchgehend mit Ordnungsdiensten besetzt. An 5 Stellen werden die Mitarbeiter Sicherheitsdienst zusätzlich mit Megafon (…) ausgestattet“ [OK1] Verstärkt wird die Problematik durch die Tatsache, dass die gesamte Sicherheitswirtschaft – und damit zumindest auch die im Veranstaltungskontext entstehenden Sicherheitsaufgaben in der Gewerbeordnung (GewO) angesiedelt ist – ein rechtlicher Rahmen, der keinen Spielraum


für individuelle Anforderungsprofile bietet und weder dem Sicherheitsgewerbe an sich, geschweige denn den speziellen Anforderungen der bei Veranstaltungen arbeitenden Sicherheitskräfte und schon gar nicht den Ordnungskräften gerecht wird. Letztere werden von der GewO gar nicht erst erfasst. Gleiches gilt für die anderen existierenden Regularien, die Bewachungsverordnung und die DIN 77200, die ebenfalls nur Sicherheitsleistungen adressieren und weder spezifische Veranstaltungsanforderungen noch ordnungsdienstliche Tätigkeiten überhaupt thematisieren. Hieraus ergibt sich naturgemäß eine Lücke zwischen den geregelten Grundlagen und den existierenden Praxisanforderungen. So fordert der § 34a der GewO für Bewachungstätigkeiten dann auch nur eine allgemeine Unterrichtung bzw. einen allgemeinen sogenannten Sachkundenachweis, der mit 40 bzw. 80 Stunden nur ganz grundsätzliche, für alle Kräfte der Sicherheitsbranche geltende Inhalte (z.B. rechtliche Grundlagen, Jedermannsrechte) vermittelt. Die Änderung dieses rechtlichen Rahmens wurde zuletzt abgelehnt. In der Praxis führt dies nicht nur zu nicht adäquat ausgebildeten Kräften bei Veranstaltungen, sondern vor allem zu einer sich insbesondere auf die Auftragsvergabe und die Genehmigung von Sicherheitskonzepten auswirkende Regelungslücke „Mitarbeiter, die auf Veranstaltungen als Ordner eingesetzt werden, müssen vielfach dieselben Voraussetzungen erfüllen, wie sie für Sicherheitsmitarbeiter im Bewachungsgewerbe (…) gelten. Grund hierfür ist die verbreitete Annahme, dass entsprechende Anforderungen, die nach § 34a Gewerbeordnung (GewO) für das Bewachungsgewerbe gelten, allgemeingültig für Personen anzuwenden sind, die als „Ordnungsdienstkräfte“ bei Veranstaltungen beschäftigt werden.“ (Löhr 2017, S. 5) Dies führt zu einem Delta zwischen den eigentlichen Bedarfen an gut ausgebildetem Ordnungsdienstpersonal, das zum Beispiel in der Lage ist, große Menschenmengen jeder Art sicher zu lenken, zu managen und ggfs. auch in einer Notlage zu betreuen und der heutigen Realität der Sicherheitsdienste mit einer 40stündigen Unterrichtung, die so allgemein gehalten ist, dass sie für Kräfte im Wachschutz genauso gilt wie für Kräfte bei Veranstaltungen.

Foto: Boris Hempel

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Sicherheits- oder Ordnungsdienst?

Herausforderungen Die Teilbranche der Veranstaltungsleistungen, die sich – wie die gesamte Sicherheitsbranche – in den vergangenen Jahren bereits positiv entwickelt hat, steht vor enormen zukünftigen Wachstumsanforderungen. Neben der ständig wachsenden Zahl an Veranstaltungen ist es besonders das insgesamt gestiegene und perspektivisch auch weiter steigende Sicherheitsbedürfnis auch im Freizeit- und Kultursektor, das für eine wachsende Nachfrage sorgen wird. Es ist daher eine der wichtigen zu diskutierenden Fragen, wie sich die Teilbranche zukünftig positioniert, um sich von dem insgesamt negativen Image des Sicherheitsgewerbes zu lösen. Langfristig wird dies nötig sein, um den steigenden Bedarf nicht nur an Kräften, sondern an qualifizierten Kräften gerecht zu werden. Die Steigerung der Attraktivität der Teilbranche, die mit der Arbeit bei Veranstaltungen verbundenen Herausforderungen und das damit einhergehende Entwicklungspotential wird für die Teilbranche überlebensnotwendig sein – konkurriert sie auf der Ebene der Mindestlohndienstleister doch mit deutlich „unanstrengenderen“ Angeboten.

„Ich überlege schon, ob ich das hier noch länger mache. Warum soll ich mich von besoffenen Typen anpöbeln lassen und im Regen stehen, wenn ich für das gleiche Geld auch eine Schranke in einem Parkhaus rauf- und runterfahren lassen kann“ [I1]

Veranstaltungsordnungsdienst: Begrifflichkeiten & Herleitung Das Gewerberecht unterscheidet zwischen Sicherheits- & Wachaufgaben auf der einen Seite und „allen anderen“. Nur für die Sicherheits- & Wachaufgaben macht der § 34a der Gewerbeordnung Vorschriften in Bezug auf eine notwendige Unterrichtung. Diese Aufteilung schafft in der Anwendung auf den Veranstaltungskontext eine Reihe von Problemen, da die Ausführungen der Gewerbeordnung immer wieder zu Diskussionen und Auslegungsdifferenzen insbesondere zwischen den kontrollierenden Ordnungsämtern und den Dienstleistern führt. Diese Differenzen sind dabei nicht nur ideologischer Art, sondern haben im schlimmsten Fall relevante wirtschaftliche Auswirkungen. Um diese Problematik zu lösen, müssen die uneinheitliche Terminologien sowie die damit verbundenen rechtlichen Nr. 03/2018


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Anforderungen miteinander abgestimmt und in einen realistischen Kontext zu den bei Veranstaltungen regelmäßig anfallenden Aufgabengebieten gesetzt werden.

Terminologie Die Terminologie rund um das Thema Veranstaltungsordnungsdienste ist ungeregelt und nicht abgrenzt. Dass dies mehr ist als nur ein Definitions- & Kommunikationsproblem wird im Folgenden herausgearbeitet – ist doch die unscharfe Terminologie und die oft falsche Zuordnung von Sicherheit und Ordnung auch ausschlaggebend für Fehlbewertungen von Leistungen oder Leistungsvoraussetzungen, die sich nachfolgend auch in der öffentlichen Meinung widerspiegeln. „Öffentliche Stellen mit Kontrollfunktion / Behörden und Kunden können oftmals nicht zwischen Veranstaltungsordnungsdienst (VOD) und Sicherheitsdienstleistung (SDL) unterscheiden bzw. suchen den einfachsten Weg, um ihre Vergabe-, Genehmigungsentscheidung oder Kontrollfunktion zu rechtfertigen“ (ArcNewMedia, 2016) Der Gesetzgeber verlangt in der Musterversammlungsstättenverordnung den Einsatz von Ordnungsdiensten, hat diese aber nicht ausreichend definiert. In der Praxis werden die Begriffe „Ordnung“ und „Sicherheit“ häufig synonym verwendet, eine inhaltliche Trennung der Aufgaben erfolgt kaum. Weder Behörden noch Kunden und auch nicht der Gesetzgeber – und zum Teil noch nicht einmal die Dienstleister selbst - unterscheiden zwischen Leistungen des Veranstaltungsordnungsdienstes (VOD) und Sicherheitsdienstleistungen (SDL). Im Veranstaltungskontext ist die Durchmischung der Terminologie noch eklatanter– so wird von einem Sicherheitsdienst gesprochen, von „der Security“, dem „privaten Sicherheits- und Ordnungsdienst“, von Veranstaltungsschutz und CrowdManagement. Die Bezeichnungen „Ordner“ oder „Sicherheitskraft“ werden nahezu wahllos verwendet ohne eine entsprechende Abgrenzung von Aufgaben und Verantwortlichkeiten „Die nachfolgend beschriebenen Abläufe (…) beziehen sich ausschließlich auf Ordnungsdienstliche Personalleistungen (…) Entsprechend werden Personalstärken, Positionen und Einsatzzeiten des Sicherheits- sowie

eines Ordnungsdienstes bemessen“ [OK2]

Ein weiteres Konzept definiert im Kapitel „Sicherheitspersonal / Ordnungsdienst“ die „Allgemeine(n) Aufgaben Sicherheitsdienst“. Im Textverlauf heißt es weiter „Dieses Ordnungspersonal wird durch den Sicherheitsdienst (…) gestellt (…) Die Anzahl der Sicherheitskräfte (…) sind beigefügt: xxx Ordnungskräfte“ [OK1]

Zwischen dem Handlungsfeld der Sicherheitsdienstleistungen (SDL), die gesetzlich durch den § 34a der GewO in Verbindung mit der Bewachungsordnung geregelt werden und den Veranstaltungsordnungsdiensten (VOD), deren Ziel die Lenkung, Ansprache, Fürsorge und Unfallverhütung bei großen Menschen-Ansammlungen ist und die mit Aufgaben des Crowd Managements in allen Phasen der Veranstaltung betraut sind, ist klar zu unterscheiden – nicht nur, um die geeignete Besetzung von Positionen innerhalb der Veranstaltung zu gewährleisten, sondern auch, um ein darauf basierendes Aufgabenprofil zu entwerfen und die notwendigen Handlungsanforderungen in Bezug auf die Professionalisierung – auch in Abgrenzung zu den Sicherheitsdiensten – aufzeigen zu können.

Die Veranstaltungsbranche: Arbeiten in einem komplexen Umfeld Eine der grundlegenden Problematiken, warum die bestehenden rechtlichen Regelungen zu kurz greifen und warum es zwingend eine weitere Ordnung und damit einhergehend auch Professionalisierung der Tätigkeiten braucht, liegt im Arbeitsumfeld „Veranstaltungen“ an sich. Die Veranstaltungsbranche ist gekennzeichnet durch 4 Unregelmäßige Arbeitszeiten, 4 Arbeitszeiten im „Freizeitbereich“ (abends, Wochenende), 4 hohe Verantwortung (Sicherheit von Menschen), 4 Ständig wechselnde Anforderungen (wechselnde Veranstaltungsorte, wechselnde Künstler und damit wechselnde Zielgruppen), 4 Hohe Belastung (Lautstärke, Nachtarbeit), 4 Steigende öffentliche Wahrnehmung von Sicherheit bei Großveranstaltungen in Verbindung mit,

4 Steigende Gefährdungslage auch für

Veranstaltungen. Dazu kommt eine grundsätzlich steigende Anzahl von Veranstaltungen und die gerade in den letzten Jahren erkennbare Einbindung privater Kräfte auch in große öffentliche Ereignisse, die nicht klassisch unter die Definition einer Veranstaltung fallen (Weiberfastnacht, Silvester etc.) Auch die fehlenden Standards in vielen Bereichen der Sicherheitsplanung eröffnen Problemfelder für die Arbeit der Ordnungsdienste. Dies beginnt mit der Frage nach der Gestaltung von Zugangsbereichen (die häufig ein wesentliches Arbeitsgebiet darstellen sowohl für Ordnungs- als auch für Sicherheitskräfte) und endet mit der Herausforderung, eine spontane Räumung einer komplexen Großveranstaltung umsetzen zu müssen. Fehlt es hier an einer vernünftigen Planung, wird der Einsatz und die Arbeit der Ordnungskräfte nicht nur erschwert, sondern ggf. sogar konterkariert. Eine auf den ersten Blick nicht problematische, in der Realität der Dienstleister jedoch zu Problemen führen könnende Besonderheit ist die hohe Anzahl an weiblichen Kräften, die regelmäßig bei Veranstaltungen eingesetzt werden müssen. „.. dass auch eine ausreichend hohe Zahl an weiblichen Ordnungskräften eingesetzt wird (…) Zumindest an jeder Schleuse muss auch eine weibliche Kraft eingesetzt werden (…) Sollte sich (…) herausstellen, dass mehr als 70 Schleusen benötigt werden, so bedarf es auch entsprechend mehr einzusetzender Kräfte“ [AUS1] Dies hat in der Vergangenheit durchaus schon zu Problemen geführt, wenn der Dienstleister nicht in der Lage war, alle Schleusen auch mit weiblichem Personal zu besetzen. „An der Ausschreibung konnte ich mich nicht beteiligen – so viele Frauen arbeiten bei mir nicht – schon gar nicht welche, die ich auch an den Einlass stellen kann“ [I11] „Das ist schon ein Problem. Wir haben zwar ausreichend weibliches Personal, aber es ist schwer, gute neue Leute zu finden. Ich hätte gerne noch viel mehr Frauen dabei, weil die einfach besser mit Leuten umgehen können – aber bei uns bewerben sich fast nur Männer“ [12]


Auch die der Branche einhergehende Kurzfristigkeit der Planung oder kurzfristiger Planungsänderungen bereitet Probleme – nicht nur den Veranstaltungsordnungsdiensten, sondern natürlich auch den Sicherheitsdiensten. Zum einen geht es darum, kurzfristig überhaupt Personal zu finden, was meist nur über den Einsatz von Subunternehmern möglich ist, zum anderen kollidiert dies mit denen gerade in jüngerer Vergangenheit gestiegenen Anforderungen von Seiten der Behörden „Elektronische Zurverfügungstellung von Personallisten, getrennt nach Auftragnehmer und allen seinen Nachunternehmern bis mindestens vier Wochen vor (…)“ [AUS1] „Der Auftragsumfang kann sich auch (…) jederzeit kurzfristig erweitern oder reduzieren. Der Auftragnehmer muss auf diese Veränderungen jederzeit flexibel durch Personalanpassungen reagieren können und in der Lage sein, personal unverzüglich zusätzlich (…) zur Verfügung zu stellen“ [AUS1] „ja klar bewerben wir uns auch auf solche Ausschreibungen – und hoffen dann auf’s Beste. Ich habe natürlich ein paar Subs, die geben mir immer jemanden – aber was die dann können …“ [I8]

Veranstaltungs- / Einsatzzeiten Die Herausforderungen, die sich aus dem Bereich der Einsatzzeiten ergeben, sind vielschichtig. Auf der einen Seite sind es die nur kurzen Einsatzzeiten von Einzelveranstaltungen, mit denen sich auf der einen Seite kein Lebensunterhalt darstellen lässt, die es auf der anderen Seite aber auch ermöglichen, dass die Dienstleistungen zusätzlich zu einer bestehenden Hauptarbeit erbracht werden können. Insgesamt problematischer sind aber die längeren Arbeitszeiten – nicht lang genug, um den Einsatz in zwei Schichten zu teilen aber zu lang, um mit den Arbeitszeitgesetzen konform zu gehen. Sowohl die Gründe hierfür als auch die damit einhergehenden Herausforderungen sind vielschichtig. Viel diskutiert wird darüber hinaus in der Praxis, wie mit Vor- und Nachbereitungszeiten umzugehen ist.

Foto: Serap Lannert

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Das notwendige Warteschlangenmanagement für Konzertbesucher verlängert die Arbeitszeiten

Kurze Einsatz- / Arbeitszeiten Legt man den aktuellen Mindestlohn zugrunde, ergibt sich von selbst, dass sich bestimmte Einsatzkonstellationen nur als Zusatzlohn darstellen lassen. Hierzu gehört zum Beispiel der (ausschließliche) Einsatz bei örtlichen Fußballspielen. Die Strategien, mit den kurzen Einsatzzeiten umzugehen, sind vielfältig: Keine Erhöhung der Einsatzzeiten: Der Lohn ist ein reiner Zusatzverdienst. Als Herausforderung ergibt sich hier die fehlende Routine und die nur schwer realisierbaren Bindungen an ein Team, einen Arbeitgeber. Hier handelt es sich entweder um einen reinen Job „ich komme alle zwei Wochen hier hin, dann bin ich wieder weg. Was dazwischen ist, ist mir egal (…) von dem Geld leiste ich mir Extras“ [I19] „Samstag / Sonntag sind die einzigen Tage, an denen ich noch Zeit habe, mir etwas dazuzuverdienen, da passt mein Mann dann auf die Kinder auf. Freitags- oder Montagsspiele sind immer schlecht – da fehlt mir dann richtig Geld, wenn ich das nicht hinkriege“ [I20] oder um Passion

„ist doch super. Das Fußballspiel kriegt man ja immer mit und am Ende habe ich dann noch Geld in der Tasche. Muss man natürlich aufpassen, dass man nicht draußen steht oder so. Das wäre blöd und das mache ich auch nicht“ [I21] Auf die Nachfrage, was er denn täte, wenn er doch draußen eingesetzt werden würde: „ja klar, das mache ich dann. Aber das sag ich auch, dass ich das nicht noch mal mach. Dann suche ich mir was anderes. Bisschen Spaß muss ja sein“ [I21]

(zu) lange Arbeitszeiten Gerade die klassischen eintägigen Konzertproduktionen sind prädestiniert für die Überschreitung der regelmäßig erlaubten Arbeitszeiten. Get-in Zeiten von 6 – 8:00 Uhr mit einem Showende um 22:00 / 23:00 Uhr und dem Abschluss der Abbauarbeiten um 1:00 / 2:00 Uhr führen zu Schichtlängen die für die klassischen Sicherheitspositionen (Bewachung Produktionstor) relativ einfach aufzuteilen sind, die aber den häufig später dazu kommenden Ordnungsdiensten regelmäßig Probleme bereiten. Problematisch ist, dass insbesondere bei z.B. 13-Stunden Schichten weder Nr. 03/2018


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Auftraggeber noch Auftragnehmer ein Interesse haben, diese Schichten zu teilen. Für den einen geht dies einher mit höheren Kosten (doppelte Anfahrt, Verpflegung etc), für den anderen mit zu geringen Verdienstmöglichkeiten. Hinzu kommt, dass lange Arbeitszeiten von bestimmten Charaktertypen als besonders erstrebenswert angesehen werden, da diese die Möglichkeit bieten, sich als besonders „cool“ zu präsentieren „Rückweg Show. 14 Stunden. Jetzt fahren und morgen um 8 geht’s weiter. Nur die Harten kommen in den Garten“ [Social Media 1] Besonders eklatant ist die Problematik beim Tourpersonal, das kontinuierlich mit der Tourproduktion reist. Hier sind insbesondere die Abgrenzungen von Arbeits- und Ruhezeiten problematisch. Ebenfalls problematisch ist dies im Bereich der Festivalproduktionen. Bedingt durch den mit dieser Veranstaltungsart extrem hohen Personalbedarf und der zeitlich gedrängten Lage werden Festivals gerade von kurzfristigen Aushilfskräften genutzt, um in kurzer Zeit möglichst viel Geld zu verdienen. Eine Reduzierung der Schichten wird nicht gewünscht. Festivals werden klassischerweise 24 Stunden besetzt – wobei insbesondere die Nachtzeiten auf Bewachungstätigkeiten entfallen. Die Arbeit in 3 Stunden Schichten bedeutet für den Auftraggeber höhere Kosten in Bezug auf Fahrtkosten & Verpflegung sowie ein höherer Platzbedarf für die Unterbringung der Kräfte, die aufgrund der Lage des Veranstaltungsortes oftmals vor Ort bleiben und dort nächtigen (Zelt, Auto, Pension, Hotel). Für den Auftragnehmer bedeutet dies einen extrem hohen Personalbedarf in Verbindung mit dem dazugehörigen Materialbedarf (Dienstkleidung) sowie einen gesteigerten Aufwand für Schulungen, Unterweisungen etc. „so viele Leute kriege ich gar nicht – stell Dir das mal vor. Ich mein – das ist schon hart, 700 Leute in der Zeit zu finden … sich vorzustellen, dass wir das Dreifache brauchen, ist absurd. Wir planen die Schichten halt so, dass es irgendwie passt. Müssen ja auch nicht alle Positionen immer besetzt sein. Das geht immer schon irgendwie, dass man das dann auch mit den 700 hinkriegt. (…) da ist halt mal für 3 Tage wenig Schlaf (…) auf dem

Campingplatz gibt’s aber ja auch eh keine Ruhe – dann können die auch arbeiten [I25] In der Realität finden sich in den relevanten Positionen häufig 12 Stunden Rotationen, die durchaus auch zu einer Aufhebung der bestehenden Trennung zwischen Sicherheits- & Ordnungsaufgaben führen. Besetzt wird so wie es im Rahmen der zur Verfügung stehenden Personalressourcen möglich ist. In den Interviews wurde deutlich, dass jedoch auch die Überschreitungen der erlaubten Arbeitszeiten an der Tagesordnung sind – oftmals mit Wissen des Auftraggebers, manchmal sogar direkt gefordert „die Position muss durchgehend von der gleichen Person besetzt werden, um Kontinuität und Ansprechbarkeit zu gewährleisten“ [EK4] Auch bei Einhaltung der erlaubten Arbeitszeiten ergeben sich regelmäßig Herausforderungen in Bezug auf die Ruhezeiten „Shows in (…) sind immer ätzend. Da fährt man je nach Verkehr gut mal zwei Stunden hin und auch aufm Rückwegs sind’s eigentlich immer anderthalb. Das nervt natürlich schon, besonders, wenn man weiß, dass man am nächsten Tag ja wieder hin muss“ [I-21]

Die Problematik ergibt sich jedoch nicht nur innerhalb der Arbeit in der Branche, sondern auch im Bereich der Aushilfstätigkeiten, die zusätzlich zu einem normalen Arbeitsalltag abgeleistet werden „Um 6 muss ich halt wieder raus. Immer. Wenn die Show dann länger dauert, wird’s halt ein kurzer Schlaf. Kann ich dann nicht ändern“ [I24] Zusammengefasst lässt sich feststellen, dass das Thema „Arbeits- & Einsatzzeiten“ für die Teilbranche sowohl relevant wie auch problematisch ist, selbst wenn alle bestehenden Ausnahmeregelungen [15] und Durchschnittsberechnungen ausgeschöpft werden. Die Problematik besteht jedoch nicht nur im Hinblick auf die Veranstaltungsordnungsdienste, sondern betrifft ebenfalls die Sicherheitsdienstleistungen im Veranstaltungskontext. Verschärft wird sie für die Veranstaltungsordnungsdienste, dass diese oftmals gar nicht von den jeweiligen Vereinbarungen erfasst werden. Die Problematik ist ein offenes Geheimnis. Alle wissen „irgendwie“ Bescheid, darüber gesprochen wird jedoch nur hinter vorgehaltener Hand.

An dieser Stelle sind durchaus Lösungen gefragt, die nicht nur in der Teilbranche selbst liegen. Jüngste Überprüfungen der Arbeitszeitkonten durch die Bezirksregierungen haben gezeigt, wie extrem eine tatsächlich buchstabengetreue Umsetzung des Arbeitszeitgesetzes mit den Anforderungen der Veranstaltungsbranche kollidiert. Dazu kommt eine gesellschaftliche Problematik, die sich jedoch kaum im Bewusstsein der in der Teilbranche Arbeitenden wiederfindet: Aufrechterhaltung des Familienlebens bis hin zur „work-life-balance“. Bedingt durch die Tatsache, dass ein Teil der in der Branche Beschäftigten auf den Verdienst angewiesen sind, werden die häufig nicht mit einem Familienleben überreinzubringenden Arbeitszeiten an Abenden und Wochenende toleriert und akzeptiert. Auch die befragten Unternehmen sehen hier wenig Handlungsbedarf, auch wenn die Problematik durchaus erkannt und auch anerkannt wird. „Die Branche ist halt so. Andere haben’s auch nicht einfach“ [I-22] Es ist an dieser Stelle jedoch zu vermuten, dass sich dies im Hinblick auf den Konkurrenzkampf gerade um gut ausgebildetes Personal langfristig ändert und dass sich die Themen, die die Arbeitswelt insgesamt beschäftigen, über kurz oder lang auch in der Teilbranche der Veranstaltungsdienstleistungen realisieren.

Arbeitsbedingungen Zwar existieren auch für das Sicherheitsgewerbe grundsätzliche Unfallverhütungsvorschriften, dieser erfassen – wie nahezu alle existierenden Regelungen – jedoch nicht die Ordnungskräfte und berücksichtigen darüber hinaus auch nicht die besonderen Herausforderungen der Arbeit bei Veranstaltungen. Eine besondere Herausforderung stellen hier die Outdoor Veranstaltungen dar, die eine hohe Belastung aufgrund von wetterbedingten Umwelteinflüssen mit sich bringen. Zum einen geht es hier um den oft langandauernden Aufenthalt in widrigen Wetterbedingungen – dies kann strömender Regen genauso sein wie große Hitze. Von den Mitarbeitern selbst wird dies zwar nicht als besonders problematisch angesehen „Auf‘m Bau kannste ja auch nicht sagen, dass Dir das jetzt zu warm oder zu nass ist“ [I27]


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Preis

Anmerkungen „angemessen“

Qualitativ gutes Personal bis in die Basis

„ist ohnehin nicht erreichbar“

Qualitativ gutes Führungspersonal Abbildung 1: Expertenbefragung: was kennzeichnet einen guten Dienstleister?

Erkennbare Weiterentwicklung Begeisterung für die Arbeit Diskussionen auf Augenhöhe Fachdiskussionen auf Augenhöhe Sonstige Diskussionen / Finanzen & Vertrag etc. = auf Augenhöhe 20%

aus Sicht der Fürsorgepflichten des Arbeitgebers werden hier jedoch viele Anforderungen gestellt. An dieser Stelle zeigt sich besonders, ob Dienstleister tatsächlich ein Interesse an der Entwicklung ihres Personals, der Kontinuität und der Verbesserung der Qualität (zum Beispiel durch zufriedene Mitarbeiter) haben oder ob sie den Mitarbeiter als austauschbare Ressource betrachten. „Wir hatten auch schon mal nen Mitarbeiter, der in der Hitze umgekippt ist. Das war schlecht, weil, wir die Position dann kurzfristig neu besetzen mussten“ [I-21] So erstreckt sich die Bandbreite der Reaktionen auf das Thema „Outdoor“ Arbeiten vom Zurverfügungstellen einfacher Regenbekleidung und der Erlaubnis, eine Kopfbedeckung bei großer Hitze zu tragen (Mindeststandard) bis hin zur Stellung von hochwertiger, tatsächlich wetterschützender Dienstkleidung, einem die Wetterverhältnisse berücksichtigendem Rotationssystem oder das Angebot besonderer Fürsorgeleistungen (Trinkwasser, Sonnenschutz etc.). Auch hier muss ein Sinneswandel im Rahmen der Professionalisierung einsetzen, da nicht nur die Erhaltung der Arbeitsfähigkeit, sondern auch die Bindung der Mitarbeiter eine wesentliche Herausforderung der Zukunft sein wird, um den steigenden Ansprüchen sowohl quantitativ als auch qualitativ zu genügen.

40%

Besondere Einsatzgebiete Show & Event Gerade im Rahmen von Konzertveranstaltungen, die oftmals mit großen Stehbereichen einhergehen oder im Rahmen von öffentlichen Veranstaltungen, die sehr komplexe Personenströme aufzeigen, ist das Wissen um das Verhalten des Besuchers, den Umgang mit dem Besucher sowie um das Wissen der Einflussfaktoren von besonderer Bedeutung. Dies gilt sowohl für die Arbeit an einer Bühnenabsperrung, die nicht, wie es fälschlicherweise häufig gedeutet wird, dem Schutz des Künstlers gilt, sondern der Überwachung und Hilfestellung der sich hinter der Bühnenabsperrung befindlichen Besucher dient als auch für die Arbeit bei zugangsfreien Veranstaltungen auf öffentlichen Plätzen, die ein hohes Maß an Wissen über Dynamik und Personenströme erforderlich machen. Während sich diese Anforderungen in diesem Kontext vorrangig auf Führungskräfte beziehen, gelten die Anforderungen im Bereich der Bühnenabsperrungen für alle dort arbeitenden Kräfte.

Anforderungen an den Veranstaltungsordnungsdienst Im Rahmen der Expertenbefragungen wurde versucht herauszufinden, was im Rahmen der beschriebenen Problematiken einen „guten“ Dienstleister im Sinne des Veranstaltungsordnungsdienstes ausmacht.

60%

80%

100%

Befragt wurden Auftraggeber (privat und Behörde). Auf einer Skala von 1 – 5 sollte für jeden Punkt angegeben werden, wie „wichtig“ dieses Kriterium ist:

Abbildung 1: Expertenbefragung: was kennzeichnet einen guten Dienstleister? „Preis“ bedeutet in diesem Kontext nicht „günstig“, sondern „angemessen in Bezug auf die gebotene Leistung“ Zu den weiteren Kriterien, die genannt wurden, gehörten 4 Funktionierende Teams 4 „guter“ Umgang mit Subunternehmern 4 Qualifiziert 4 Erfahren 4 Freundliches Personal Im Vergleich dazu wurde anhand bestehender Auditunterlagen, auf die Zugriff genommen werden konnte, geprüft, wie es um die Umsetzung dieser Kriterien in der Realität bestellt ist. Das Schaubild ist dabei keine repräsentative Angabe, sondern zeigt beispielhaft den Vergleichsstaus eines auditierten Unternehmens. Die Ergebnisse konnten mit einem weiteren Unternehmensaudit eines anderen Dienstleisters abgeglichen werden und zeigten eine weitgehende Übereinstimmung trotz eines vollkommen anderen Arbeits- und Einsatzumfeldes.

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Anmerkungen

Preis Qualitativ gutes Personal bis in die Basis

nicht repräsentativ erfasst

Qualitativ gutes Führungspersonal

nicht repräsentativ erfasst

Erkennbare Weiterentwicklung

Abbildung 2: Beispielhafter Abgleich auf Grundlage zweier Unternehmnesaudits

Begeisterung für die Arbeit Diskussionen auf Augenhöhe Fachdiskussionen auf Augenhöhe Sonstige Diskussionen / Finanzen & Vertrag etc. = auf Augenhöhe 20%

40%

Abbildung 2: Beispielhafter Abgleich auf Grundlage zweier Unternehmnesaudits Auffällig hierbei war, dass in keinem der Audits so ausreichende Informationen über das Basispersonal vorgelegt werden konnten, dass dessen Qualität bewertet werden konnte. Zu den im Rahmen des Audits erhobenen Störfaktoren gehörten dabei insbesondere Für das Basispersonal 4 Fehlende Kenntnisse der Aufgaben / fehlendes Bewusstsein für die Aufgaben 4 Gutes Basispersonal eher individuell (nicht auf „Team“ übertragbar) 4 Keine Motivation „von oben“ 4 Keine erkennbare Kultur Für die Führungskräfte 4 Qualitativ gutes Personal vollkommen überlastet. Gute Ideen können nicht umgesetzt werde. „Ich würde ja, aber wann?“ 4 Qualität als individuelle Stärke 4 Keine erkennbare Personalentwicklung, keine Einbindung in „Führungskultur“ 4 Herabwürdigende Unterweisung auf Ordnungsdienstleiterebene 4 Schlechte Unterweisungen auf Gruppenleiterebene Begeisterung für die Arbeit 4 Nur bedingt erkennbar 4 Allgemeine Überlastung 4 Resignation

60%

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4 eher: Abarbeitung, Pflichterfüllung

Im Rahmen der Untersuchungen zeigte sich, dass es vor allem „weiche „Faktoren sind, die einen guten Dienstleister ausmachen. Dies ist zum einen von Bedeutung, da im Rahmen öffentlicher Ausschreibungen häufig der Preis das ausschlaggebende Kriterium ist und die die grundsätzliche Qualifikation für die Arbeit, zum anderen zeigt es, wie einfach eine Steigerung von Qualität und Wahrnehmung erreicht werden kann. Im Folgenden werden einige der Strategien aufgeführt, die die befragten Dienstleister benannt haben, mit den Störfaktoren umzugehen. Basispersonal 4 fehlende Kenntnisse der Aufgaben: Unterweisungen / Handlungsanweisungen schriftlich (Reaktionskarten, Ordnungsdiensthandbuch etc.) 4 fehlendes Bewusstsein für die Aufgaben: Unterweisungen, kleine Teams 4 Gutes Basispersonal eher individuell: Zusammenstellung regelmäßiger Teams („Lernen voneinander“) 4 Keine Motivation „von oben“: Qualifizierung der Führungskräfte in Bezug auf das Thea „Führen und Leiten“ 4 Keine erkennbare Kultur: veröffentlichte Firmenkultur, gelebt durch Führungskräfte Führungskräfte 4 Qualitativ gutes Personal vollkommen überlastet: Ausreichende

Personaldecke, Trennung operatives – organisatorisches Geschäft 4 Qualität als individuelle Stärke: gemeinsame Schulungen Führungskräfte 4 Keine erkennbare Personalentwicklung, keine Einbindung in „Führungskultur“: keine Nennung außer oben bereits genannten Maßnahmen 4 Herabwürdigende Unterweisung auf Ordnungsdienstleiterebene: ggf. Austausch Ordnungsdienstleiter 4 Schlechte Unterweisungen auf Gruppenleiterebene: Qualifizierung der Gruppenleiter, ggf. Austausch Hieraus wird deutlich, dass neben der Erstellung guter Handlungshilfen vor allem die Qualifizierungen des Personals sowie der Umgang miteinander (auf allen Ebenen) von Bedeutung ist. Diese Erkenntnisse wurden in die Befragungen der Mitarbeiter aufgenommen und bestätigt „na klar will ich mehr Kohle. Aber wär‘ auch mal nett, wenn mal jemand Danke sagen würde. Hier kriegt man immer nur mit, wenn man Scheisse gebaut hat“ [I34] „ich finden unserem Teamleiter super. Der macht topp Anweisungen und der ist auch immer da, wenn mal wer was will. Da will ich dann, dass wir dann auch gut sind“ [I35] Wie wichtig aber auch gutes Arbeitsmaterial insbesondere für die Wahrnehmung durch den Kunden ist, zeigt die folgende Aussage


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„Ich wünschte, wir hätten auch solche [Reaktions]Karten. Die sind super. Aber wenn ich die will, muss ich sie wohl selbst machen. Wenn ich (…) darauf anspreche, sagt der immer ‚jaja‘ und es kommt nichts. Beim nächsten schreibe ich das in den Vertrag, dass ich die haben will (…) es wäre super, wenn die ‚was professioneller wären. Ich könnte schreien, wenn die da mit ihren verknickten Zetteln ankommen. Also, ich mein‘ zumindest professionell wirken wäre mal was. [I-36] Die DIN 77200 „Sicherungsdienstleistungen“ sowie die DIN EN 15602 stellen Anforderungen an Organisation, Personalführung und Arbeitsweise eines Unternehmens zur Erbringung von Sicherheitsdienstleistungen, die zumindest teilweise auch auf den Veranstaltungsordnungsdient übertragen werden können: Erfahrungen, Führungsstrukturen und festes Personal sind Kriterien, die im Allgemeinen genauso wichtig sind wie Ortskunde und Erfahrung mit der angefragten Veranstaltungsart im Speziellen. In Ermangelung standardisierter Qualifizierungen für den Veranstaltungsordnungsdient wurde „Erfahrung“ als wesentliches Kriterium benannt und bestätigt. Langjährige Erfahrung des Unternehmens im Veranstaltungsbereich ist eines der wichtigsten Kriterien für die Auswahl. Glaubt man den Beschreibungen vieler Selbstdarstellungen von Unternehmen, so hat nahezu jeder Dienstleister „umfangreiche Erfahrungen“ bei Großveranstaltungen und viele Dienstleister geben entsprechend bekannte Künstler und Musiker als Referenzen an. Hier wird von den Experten auch regelmäßig zur Zurückhaltung aufgefordert: „Der beste Ratschlag (…) ist: nicht übertreiben, sondern auf dem Boden bleiben. Es gibt Anbieter, die das Blaue vom Himmel herunter erzählen und bei der Anzahl ihrer Mitarbeiter übertreiben, aber dann doch nur mit Hilfe von Subunternehmern liefern können“ [Tl, zitiert nach Lünendonk 2015]

„Manche Anbieter fanden sehr schöne Worte in ihren Präsentationen – die allerdings vom Angebot und von der Qualität der Dienstleistung nicht abgedeckt schien“ [LGM, zitiert nach Lünendonk 2015] Da die Branche von einer hohen personellen Fluktuation gekennzeichnet ist, kann lediglich der Nachweis kontinuierlicher Weiterund Fortbildungen und das Führen einer Einsatzhistorie garantieren, dass beworbenes

Erfahrungswissen auch tatsächlich vorhanden ist. In der Umsetzung für die Basiskräfte schwierig, so ist es doch zumindest für diejenigen, die eine führende Position innehaben oder diejenigen, die in besonders anspruchsvollen Bereichen arbeiten (z.B. an einer Bühnenabsperrung bei einem Konzert, bei dem eine hohe Dynamik im Publikum erwartet wird), relevant, über eine entsprechende Erfahrung zu verfügen. Ein erfahrener Dienstleister unterstützt dabei nicht nur die professionelle Umsetzung der Leistung, sondern bietet auch die Möglichkeit, von den Erfahrungen bereits im Rahmen der Planungsphase zu profitieren.

Qualifikationsansätze Alle im Rahmen des Rechercheprozesses Beteiligten waren sich einig, dass “Das gegenwärtig angewandte Unterrichtungsverfahren bzw. die Sachkundeprüfung nach 34a Gewerbeordnung (GewO) wird der Vielfalt der durchgeführten Tätigkeiten jedoch nicht gerecht [wird]. Die starren, inhaltlich nicht hilfreichen Regelungen sollten durch angepasste Qualifikationsmodule ersetzt werden, die viel stärker als bisher nach Sicherheits- & Ordnungsaufgaben differenzieren (Arc NewMedia, 2016) Gleichermaßen waren sich aber auch alle Beteiligte darüber einig, dass eine spezifische Qualifizierung unbedingt nötig ist. Der häufig gehörte Vorwurf, man wolle mit den Bestrebungen der Konturierung der Ordnungsdienstleistungen nur die Notwendigkeit der Unterrichtung unterwandern, muss entgegengesetzt werden, dass es im Gegenteil nicht um den Verzicht, sondern um die wesentliche Verbesserung der Qualifizierung geht und um einen Anspruch, dass niemand, der im Rahmen der „Sicherheit“ von Veranstaltungen arbeitet, keine Qualifikation hierfür haben darf. Es wurde jedoch nachdringlich darauf verwiesen, dass die Qualifikation nur dann Sinn machen könne, wenn sie auch den Anforderungen an das Einsatzgebiet entspricht und zu einer tatsächlichen Verbesserung der Leistung führt. „Nach Aussage der Mitgiedsunternehmen besteht ein hoher Anspruch an die Qualität der Serviceleistungen durch regelmäßige Weiterbildungsund spezielle Trainingseinheiten“ (Arc NewMedia, 2016)

Betont wurde an dieser Stelle noch einmal die sich aus den Anstellungsverhältnissen ergebenden knappen zeitlichen Ressourcen und der Hinweis auf den finanziellen Spielraum, die Kosten für entsprechende Qualifizierungen auffangen zu können. Angeführt wurden an dieser Stelle immer die vergleichsweise hohen Kosten für die Durchführung der Unterrichtung nach § 34a GewO durch die Industrie- und Handelskammern, die sich bundesweit zwischen 3- 400 Euro bewegen. Viel diskutiert wurde ebenfalls die Frage nach der Art der Vermittlung. Auch hier waren sich die Beteiligten grundsätzlich einig, dass eine persönliche Vermittlung mit direkter Ansprache sicherlich die zielführendste Variante im Hinblick auf den individuellen Lernerfolg darstellt, dass diese aber genau aufgrund der bereits diskutierten Ressourcenfrage aber nur sehr schwer zu realisieren ist – insbesondere dann, wenn die veranstaltungsspezifische Qualifizierung noch zusätzlich zu einer Unterrichtung nach § 34a GewO oder der Ordnerschulung des DFB abgeleistet werden muss. Hervorgehoben wurde die Bedeutung einer notwenigen Qualifikation aber auch aus einem anderen Gesichtspunkt heraus: war es in der Branche lange möglich, Wissen durch Erfahrung zu sammeln und sich durch die verschiedenen Einsatzebenen und -Hierarchien heraufzuarbeiten, müssen in der heutigen Zeit Nachwuchskräfte in viel kürzerer Zeit an den Markt und die Arbeitsrealität herangeführt werden. Die Vermittlung des theoretischen Wissens muss an dieser Stelle auch die Zeit ersetzen, die für das Erlangen eines notwendigen Erfahrungswissens fehlt. „Wenn ich heute einen neuen Abschnittsleiter besetzen muss, dann sind das ganz junge Typen – die haben lange noch nicht so viel Erfahrung wie ich damals, als ich angefangen habe“ [I-20]

Existierende Qualifikationen Standardisierte Anforderungen an Qualifikationen existieren nur im Bereich der Sicherheitsdienstleistungen. Hier existiert ein umfangreiches Angebot an standardisierten Ausbildungsberufen bis hin zum Meister für Schutz und Sicherheit oder hier thematisch angesiedelten Studiengängen. Für die Veranstaltungsordnungsdienste existieren vergleichbare Vorgaben nicht, diese sind allesamt in privatwirtschaftlichen oder organisationsinternen Angeboten zu finden. Nr. 03/2018


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S icherheitsforschung

Damit einher geht das Fehlen von standardisierten Inhalten und abgestimmten didaktischen Herangehensweisen. Eine Ausnahme bildet die Ordnerschulung des DFB, die sich an alle im Rahmen von Fußballspielen arbeitende Kräfte richtet und die Veranstaltungsordnungsdiensttätigkeiten mit abdeckt.

4 Rechtsgrundlagen 4 Zusammenarbeit mit den Behörden 4 Das Verhalten der Veranstaltungsord-

Qualifizierungsanforderungen

4 Führungsstruktur 4 Arbeitsablauf während der

Betrachtet man die bereits beschriebene Lücke zwischen der tatsächlichen Verantwortung, die bei den einzelnen Kräften des Ordnungsdienstes und dem Maß an zur Verfügung stehenden Ausbildungsmöglichkeiten wird deutlich, dass die Entwicklung von Qualifizierungsangeboten sowohl für Basiskräfte als auch für Führungskräfte der Veranstaltungsordnungsdienste von besonderer Bedeutung ist. Als Herausforderung ergab sich hierbei, notwendiges Wissen in einer möglichst geringen Zeit zu vermitteln. Da es sich um eine Zielgruppe handelt, die sich nicht grundsätzlich aus einem lernaffinen Kontext rekrutiert, ist ein besonderes Augenmerk darauf zu legen, notwendige Inhalte im Hinblick auf eine nachhaltige Wissensvermittlung auszuwählen. Die Begrenzung der zur Verfügung stehenden Lehr- und Lernzeit begründet sich zum einen in der hohen Fluktuation und der notwendigen schnellen Reaktionsfähigkeit auf saisonale oder anlassbezogene Bedarfsspitzen, zum anderen aber auch in der Lebensrealität der Zielgruppe, die die Arbeit zum größten Teil als Nebentätigkeit ausführt und sich für eine Ausbildung ggfs. Urlaub von der Hauptbeschäftigung nehmen muss. Darüber hinaus muss unmittelbar berücksichtigt werden, dass die Schulung für eine nachhaltige Durchdringung der Branche langfristig durch organisationsinterne Schulungen umgesetzt werden muss. Zu den notwendigen Grundkenntnissen der eingesetzten Basiskräfte gehören mindestens: 4 Grundlagen des Einsatzes („Die Arbeit bei Veranstaltungen“) 4 Technische Hilfsmittel 4 Materielle Hilfsmittel 4 Aufgabenbereiche

ner im Dienst

4 Einchecken und Bekleidung 4 Serviceorientierung 4 Gesundheitsschutz und

Arbeitssicherheit

Veranstaltungen

4 Das Räumen der Veranstaltung

(Showende)

4 Die Evakuierung (Showabbruch) 4 „Showenglisch“ / Fachausdrücke 4 Kommunikation

Zusammenfassung & Ausblick Bereits als hypothetische Grundlage für das Projekt an sich formuliert und durch Erfahrungen in und mit der Teilbranche schon auf der Basis von erfahrungswissen vermutet, so haben die Rechercheergebnisse noch einmal deutlich bestätigt, welche Bedeutung eine klar abgegrenzte Trennung von Sicherheit und Ordnung im Veranstaltungskontext hat. Die Abgrenzung dient nicht nur einer rechtlichen Absicherung, sondern ist die Grundlage für die Verbesserungs- und Professionalisierungsansätze der Teilbranche an sich. Auch wenn sich insbesondere in Bezug auf die besonderen Herausforderungen (Arbeitszeit, Arbeitsumgebungen, spezielle Aufgaben- und Einsatzgebiete) herausgestellt hat, dass die Problematiken sowohl für die Sicherheitsdienste als auch die Veranstaltungsordnungsdienste bestehen und eine Großteil der notwendigen Änderungen beide Bereiche betrifft, so ist die Trennung doch unbedingt von Nöten, um eine zeitschnelle Veränderung umzusetzen, die nicht auf eine Änderung der Gewerbeordnung wartet. Auch wenn die Terminologie es anders vermuten lässt: Die Ordnungsdiensttätigkeiten sind häufig die anspruchsvolleren Tätigkeiten im Rahmen der Veranstaltungssicherheit, geht es doch hier insbesondere um den Umgang mit Menschen(mengen), um Lenkung und Dynamik, Kommunikation und Ansprache auch im Ereignisfall. Und auch wenn „Sicherheit“, „Schutz“ und

„Bewachung“ eingeführte Begrifflichkeiten im Rahmen des Sicherheitsgewerbes sind, so ist die Aufrechterhaltung der „Ordnung“ jedoch eine der Hauptaufgaben und -Grundlagen für die Durchführung sicherer Veranstaltungen. Es ist im Rahmen der durch die Beschäftigungsverhältnisse und Verdienstmöglichkeiten vorgegebenen Bedingungen also von Nöten, nicht nur von Nöten, die Kräfte der Veranstaltungsordnungsdienste zu qualifizieren, sondern auch anzuerkennen, dass eine Unterrichtung nach § 34a GewO mit den aktuell vermittelten Inhalten den Anforderungen an das notwendige Wissen zur Aufrechterhaltung von „Ordnung“ im Veranstaltungskontext nicht gerecht werden kann. Anstatt also darüber nachzudenken, inwieweit die Qualifizierung der Veranstaltungsordner eine Alternative zur Unterrichtung gem. 34aGewO darstellt, muss überlegt werden, ob diese spezifische Qualifizierung nicht auch für Kräfte, die bereits die Unterrichtung nach § 34a GewO geleistet haben, verbindlich sein muss – geht es doch um die Vermittlung von Wissen, das wesentlich für die Sicherheit von Menschen bei Veranstaltungen ist. Darüber hinaus ergeben sich gerade aus der Tatsache, dass das Sicherheitsgewerbe insgesamt wächst und damit auch der Markt sowohl der Sicherheitsdienstleister bei Veranstaltungen als auch der Veranstaltungsordnungsdienste Anforderungen an eine grundsätzliche Neugestaltung und Neupositionierung der Tätigkeiten und der auf dem Markt agierenden Unternehmen. „Der Sicherheitsdienstleister wird vom Erfüllungsgehilfen zum umfassenden Dienstleister und Lösungsanbieter. Die Veränderungen in der Sicherheitsbranche sind in vielen Bereichen bereits unübersehbar“ (Hänisch 2015, S 26) „Moderne Sicherheitsdienstleister, die sich als ganzheitlicher Sicherheitsmanager und nicht als Bodyleaser und Kostenführer an den Markt stellen, bauen vor dem Hintergrund der sich abzeichnenden Megatrends gezielt ihre Geschäftsmodelle um (…) Sicherheitsdienstleister mit einem lösungs- & ergebnisorientierten

1 Sämtliche Literaturangaben und Quellenverweise wurden aus Platzgründen aus dieser Fassung des Berichts entfernt. Sie sind Bestandteil des Originalberichts. OK = Ordnungsdienstkonzept, AUS = Ausschreibungsunterlagen, 5 www.basigo.de/handbuch/Grundlagen/private_Akteure/Veranstaltungsordnungsdienst


Foto: Serap Lannert

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Serviceorientierung und Kommunikation zählen zu notwendigen Grundkenntnissen eingesetzter Kräfte

Produktionsansatz bieten ihren Kunden einen Mehrwert aus ihrer Tätigkeit heraus und sind bereit, sich eng in Kundenprozesse als Wettschöpfungspartner zu integrieren (Hänisch 2015 S. 26) Dazu gehört auch, dass sich der Umgang mit dem eigenen Personal professionalisieren muss. Dienstleister können es sich in der heutigen Zeit nicht erlauben, Mitarbeiter zu verlieren – schon gar nicht, in deren Qualifikation und Erfahrungsaufbau bereits viele Ressourcen investiert wurden. Die Teilbranche muss akzeptieren, dass auch Veranstaltungsordnungsdienstkräfte nach modernen Ansätzen geführt und in ihren wesentlichen Belangen respektiert werden müssen. Die Zeiten einer „friss oder stirb“ Mentalität sind mit sinkender Arbeitslosigkeit, einem insgesamt steigendem Arbeitsangebot sowie einer konkret steigenden Nachfrage im Bereich der sicherheitsrelevanten Dienstleistungen bei Veranstaltungen nicht mehr akzeptabel. Dies kann dazu führen, dass es letztlich der Umgang mit und die Investition in das Personal zu einem entscheidenden Kriterium für den Markterfolg eines Dienstleisters wird. Auch über den persönlichen Erfolg des Dienstleisters hinaus ist es insgesamt nicht mehr akzeptabel, im Rahmen der aktuellen Sicherheitsdiskussion auch für Veranstaltungen noch einen Zustand zu akzeptieren, der ungeschultes, unvorbereitetes Personal mit der Lenkung von Besuchern betraut.

Zwar garantiert das deutsche Baurecht dort, wo es angewendet wird (zum Beispiel in festen Versammlungsstätten) die grundsätzlichen Möglichkeiten der freien Bewegung und auch Entfluchtung ohne Unterstützung, so zeigen doch die Bilder der jüngeren Vergangenheit deutlich, dass qualifiziertes Personal eine wichtige Ressource nicht nur für die Planung, sondern auch für die Umsetzung ist. Auch hier ist die Trennung von Sicherheitsund Ordnungsdiensten von Nöten – schon allein, um eine zeitschnelle Handlungsfähigkeit in Bezug auf die Verbesserung und Professionalisierung zu erreichen. Es ist kurzfristig nicht zu erwarten, dass sich die Gewerbeordnung oder das Unterrichtungsverfahren ändern. Die formulierte Grundannahme, dass sich die Arbeitsrealitäten der VOD in der Realität häufig nicht mit den geltenden gesetzlichen Regelungen oder Anforderungen decken wurde im Rahmen der Recherche nicht nur umfänglich bestätigt, sondern sogar noch verstärkt. Der hohe finanzielle Druck, der auf der Dienstleistung lastet, führt zu intransparentem Planungsprozessen bis hin zu faktischen Vertrags- & Rechtsbrüchen – oftmals mit Wissen des Auftraggebers. Es zeigt sich eine Branche, die unter einer mangelnden Rechtsicherheit, falschen Vorstellungen und fehlenden Standards nicht nur leidet, sondern in ihrer Weiterentwicklung blockiert wird.

Auch auf Seiten der Auftraggeber und Genehmigungsbehörden zeigt sich ein uneinheitliches bzw. verunsichertes Bild in Bezug auf die Bewertung von Ordnungsdienstleistungen. Dieses wird häufig durch einen Rückgriff auf Anforderungen, die rein rechtlich nur für die Sicherheitsdienste gem. Gewerbeordnung § 34 gelöst, was zu Recht zu Problemen in der Umsetzung (z.B. Zuverlässigkeitsüberprüfungen für Ordner) sowie in der Zusammenarbeit mit den Ordnungsdiensten führt. Im Bereich der Veranstaltungsordnungsdienste können diese bisherigen Regelungslücken aber auch als Vorteil gewertet werden, ermöglichen sie doch das zeitschnelle Handeln und das abgestimmte Schaffen von inhaltlich zielführenden Maßnahmen – sei es in Bezug auf Qualifikationen, dem Setzen von Dienstleistungsstandards oder der Standardisierung von aussagekräftigen Ordnungsdienstkonzepten. Statt also die Praxis in die unpassenden Rechtsgrenzen einzupassen besteht hier eine echte Chance, eine Arbeitsrealität zu schaffen, die zu einer deutlichen Verbesserung der Sicherheit aller Beteiligten führt. „Nur in einem solchen realitätskonformen Umfeld können VOD wirklich professionell agieren und die Sicherheit von Großveranstaltungen generell erhöhen“ (Löhr 2017, S 3)

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H andlungshilfen

Handlungshilfen S I C H E R H E I T S U N T E RW E IS U N G ( T O U R ) P E R S O N A L Als kurz nach den Attentaten in Paris und später Manchester die englischsprachigen Broschüren zum Thema „what to do in a terrorist attack“ erschienen, war die Begeisterung groß: ob RUN – HIDE – TELL oder STAY ALERT NOT ALARMED. Nachdem die IBIT GmbH im Folgenden gebeten wurden, eine solche Broschüre auch für Deutschland und deutsches Tourpersonal zu erstellen, war die Begeisterung auf einmal dahin… „Man kann doch nicht sagen, dass die Leute sich erst mal nach (schuss)sicheren Verstecken umschauen müssen, wenn sie in ein Venue kommen“. Doch. Kann man sehr wohl und muss man auch, wenn man das Thema ernst nimmt – und mal ehrlich: sich mit dem Thema auseinanderzusetzen, bedeutet ja nicht, dass wir es für eintrittswahrscheinlich halten – es bedeutet nur: wir nehmen das Thema ernst und sind lieber vorbereitet als nicht. Im Folgenden möchten wir daher den Entwurf einer von uns erstellten entsprechenden Broschüre veröffentlichen in der Hoffnung, dass es beim Denken, Sich-Vorbereiten und – was wir alle nicht hoffen wollen – sicheren und schnellen Agieren hilft. Von Sabine Funk

Einleitung Es mag trivial klingen – aber eine ordentliche Einleitung, eine ordentliche Ansprache ist wichtig. Eine ordentliche Einleitung sagt: „ACHTUNG! ES GEHT UM EUCH. IHR SEID UNS WICHTIG. ABER DAFÜR MÜSST IHR UNS AUCH ZUHÖREN“ Im Folgenden daher ein Beispiel, wie eine solche Einleitung aussehen könnte. Liebe Kollegen und Kolleginnen, liebe Mitstreiter*innen Eine Tourproduktion ist in ihrer Größe und in ihrer Komplexität immer eine Herausforderung für alle Beteiligten. Sei es das Material, die Vielzahl der Beteiligten oder die immer neuen örtlichen Gegebenheiten, an die es sich anzupassen gilt. Neben der Gewährleistung der Sicherheit der Besucher geht es natürlich auch um die Sicherheit der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, die eine sorgsame Planung, aufeinander abgestimmten Maßnahmen sowie die Kontrolle der Umsetzung dieser Maßnahmen braucht.

Die wichtigste Ressource hierfür seid Ihr, die Ihr in den verschiedensten Positionen im Rahmen der Produktion arbeitet, den Betrieb aufrechterhaltet, begleitet und unterstützt. Leider ist in dieser Welt aber nicht alles immer gut – neben den „normalen“ Gefährdungen wie zum Beispiel einem Brand mussten wir erleben, dass auch die Veranstaltungswelt nicht mehr von Anschlägen verschont geblieben ist. Wir haben uns daher entschieden, dieses Papier zusammenzustellen, um einige wichtige Informationen zu vermitteln – sowohl im Hinblick auf präventive Maßnahmen als auch für den Fall, dass … Grundsätzlich gehen wir natürlich nicht davon aus, dass unsere Produktion oder die Venues, in denen wir spielen, besonders gefährdet sind – Es geht uns um Bewusstsein, um Aufmerksamkeit, nicht um Ängstlichkeit. Und wenn dieses Papier am Ende doch hilft, eine Reaktion zu verschnellern oder eine Schwachstelle aufzuzeigen, dann umso besser.

Bitte lest Euch daher diese Informationen gut durch – auch wenn Ihr möglicherweise erst einmal denkt „Was soll das denn jetzt“. Die Engländer haben einen schönen Spruch, den wir als Motto über dieses Papier setzen möchten:

STAY ALERT – NOT ALARMED Aufmerksam sein – nicht alarmiert (und schon gar nicht ängstlich) sein – das gilt für alle Beteiligten. Wie gesagt: Es ist grundsätzlich unwahrscheinlich, dass ausgerechnet wir Ziel eines Angriffs werden, aber das Treffen einfacher Vorbereitungen und das Erlernen simpler Routinen kann uns auch in anderen unerwarteten Situationen helfen In diesem Sinne wünschen wir Euch eine gute und sichere Zeit.


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S I C H E R H E I T S U N T E RW E IS U N G ( T O U R ) P E R S O N A L 4 Vorbereitung Bitte macht Euch mit den folgenden Informationen, aber auch allen anderen Euch zur Verfügung gestellten Unterlagen genauso vertraut wie mit Euren fach- und jobspezifischen Unterlagen. Der Notausgangsplan ist nichts anderes als ein Riggingplan oder der Einkaufszettel für’s Catering – also WICHTIG! Zu diesen Unterlagen können zum Beispiel gehören: 4 Flucht- & Rettungswegepläne des Venues 4 Notfallpläne des Venue 4 Betriebs- / Organisationsinterne Handlungsanweisungen 4 etc.

WA S SIND SICHERE BEREICHE Etwas, was man aus den Ereignissen der Vergangenheit lernen konnte, war, wie wichtig es sein kann, einen Ort zum Verstecken zu kennen. Achtet bereits während des Aufbaus darauf, welche Möglichkeiten es gibt – entweder im Venue oder auch innerhalb der Produktion. Auch hier gilt: macht euch mit eurem Umfeld vertraut. Jedes Venue ist anders und die sicheren Orte und der Weg dahin werden immer unterschiedlich sein – es ist daher wichtig, dass Ihr Euch als Teil der Ankunftsroutinen mit der Veranstaltungsstätte vertraut macht und den sicheren Platz identifiziert. Dies können – je nach Lage – die Dressing Rooms genauso sein wie der Tourbus. Wichtig in diesem Zusammenhang ist, dass ihr nicht nur klären müsst, wie Ihr rein kommt, sondern auch, wie Ihr wieder raus kommt. Denkt daran, dass „sich Verstecken“ nicht unbedingt bedeutet, dass Ihr außer Gefahr seid, dies gilt insbesondere, wenn Schusswaffen beteiligt sind. Container oder Fahrzeuge bieten mehr Schutz als Zelte oder Stellwände. Grundsätzlich gilt aber: außer Sichtweite Sein ist immer noch besser als nichts.

4 Vertrautheit mit der Arbeitsumgebung Die Vertrautheit nicht nur mit Eurer Aufgabe sondern auch mit Eurer Arbeitsumgebung hilft, im Falle eines Ereignisses Ruhe zu bewahren, zügig und strukturiert zu handeln. Erkundet daher bitte Euer direktes Arbeits- und Verantwortungsumfeld und identifiziert Eure Position und Euren Verantwortungsbereich auf den Plänen. Macht Euch mit den Aufbauten und Angeboten im Umfeld vertraut und identifiziert die für Euch nächstgelegenen sicherheitsrelevanten Einrichtungen, z.B.

4 Feuerlöscher 4 Alarmierungseinrichtungen 4 Notausgänge 4 Standort Hilfsmittel 4 Aufenthaltsort Ansprechpartner 4 Abgesprochener Sammelort 4 Ein sicherer Ort, das heisst, ein Ort, an

dem man sich notfalls vor einem Angreifer verstecken kann

4 Piktogramme Haltet insbesondere Ausschau nach den folgenden Piktogrammen: Macht Euch auch außerhalb des Gebäudes mit den Gegebenheiten vertraut – insbesondere mit der Lage und dem Verlauf der Fluchtwege, dem Weg zu den Sammelplätzen und dem Standort der Busse.

4 Ansprechpartner Lernt die für Euch wichtigen Personen und Ansprechpartner kennen. Zu diesen Personen können zum Beispiel gehören:

4 Euer direkter Ansprechpartner in Sicherheitsfragen

4 Die eurem Bereich zugeordneten Mitarbeiter des Sicherheits- & Ordnungs-dienstes

4 Die Mitarbeiter in eurem Verantwortungsbereich

4 Einhalten von Prozederen und Abläufen Ab dem Moment, in dem wir in der Veranstaltungsstätte sind, heisst es, aufmerksam sein und Auffälligkeiten erkennen und melden. Um Auffälligkeiten in einem fremden Umfeld überhaupt erkennen zu können, ist es wichtig, dass unsere Prozedere durchgeplant und überschaubar- Abweichungen also erkennbar sind. Hier gehören die Einhaltung von Zeitplänen genauso wie die Implementierung von Akkreditierungs- oder Kennzeichnungsroutinen. Alle zur Tour gehörigen Cases, Materialien, Taschen etc. sind gekennzeichnet - bitte achtet darauf, dass eure Taschen es auch sind (Anmerkung: Die Kennzeichnung gehört inzwischen sicherlich zu den Standardroutinen und werden daher hier vorausgesetzt).

4 Sicherheitsbesprechungen Nehmt „Sicherheitsbesprechungen“ in Eure Routinen auf. Ihr sprecht über so viel (Aufbau, Abbau, Catering etc.) -…. Sprecht auch über Sicherheit!

Feuerlöscher

Brandmeldetelefon

Wandhydrant

Manueller Brandmelder

Nicht, um Angst zu schüren, sondern, um die Aufmerksamkeit und das Bewusstsein zu erhöhen. Wenn Ihr merkt, dass jemand aus Eurem Team ängstlich reagiert, betont noch einmal die Tatsache, dass es nicht um eine konkrete Bedrohung geht, sondern darum, dass jede/-r einzelne ein besseres (weil sicheres Gefühl) bei der Arbeit hat. Ihr braucht auch keine ausgetüftelten Handlungsstrategien – ein einfacher und dafür aber zuverlässiger Plan ist alles, was Ihr braucht. Je weniger Handlungsschritte, desto einfacher ist die Umsetzung.

Notausgang Nr. 03/2018


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H andlungshilfen

4 Unterstützt die Sicherheitsbemühungen Gerade im Tourgeschäft wird man der ewigen Sicherheitsprozedere schnell müde. Immer die gleichen Akkreditierungsabläufe, immer das gleiche Warten auf Taschenkontrollen, zum hundertsten Mal den Pass vorzeigen etc. Anstatt sich darüber aufzuregen, gilt es, den Kräften das Arbeiten zu erleichtern und Prozedere nicht noch durch unnötige Diskussionen oder gar Verweigerungen zu verlangsamen. Tut nichts, was die Sicherheitsbemühungen des Venues konterkariert: blockiert keine Türen, gebt keine Pässe weiter, gewährt niemanden „als Freundschaftsdienst“ Zugang.

4 Hilfsmittel

Aus diesem Grund erhaltet Ihr für die von euch übernommenen Aufgaben standardisierte Handlungsabläufe.

4 Begeben Euch auf direktem Weg zum

Bitte macht Euch mit den Abläufen vertraut und stellt sicher, dass Ihr sie jederzeit schnell griffbereit habt.

Zeitkritische sofortige Räumung

Ergänzt Sie ggfs. durch venuespezifische Anweisungen und Informationen.

mungshelfers alle Personen in Eurem Verantwortungsbereich 4 Widersetzt sich jemand der Aufforderung, informiert unmittelbar Euren Ansprechpartner oder einen erkennbaren Vertreter vom Sicherheits- und Ordnungsdienst 4 Stellt nach Möglichkeit Aufbauten noch zeitschnell zusammen (maximal 1 Handgriff) 4 Schließt die vorhandenen Türen (NICHT abschließen) 4 Begebt Euch unmittelbar zum Sammelplatz / Treffpunkt 4 Tretet niemals den Heimweg / den Weg ins Hotel an, ohne dass Euer direkter Ansprechpartner und / oder der Räumungsleiter (zu erkennen an der Weste mit der Aufschrift „Räumungsleiter“) Kenntnis davon hat 4 Nach dem Verlassen des Venues darf dies nicht ohne Freigabe betreten werden

WICHTIG: GEFÄHRDET EUCH NIEMALS SELBST! 4 Räumung / Verlassen des Venues:

die wichtigsten Informationen für den Fall, dass Ihr Euren Arbeitsbereich / das Venue verlassen müssen

4 Meldung / Alarmierung: Sorgt dafür – sofern es Euch in Eurer Position betrifft – dass die für die Ausübung sicherheitsrelevanter Tätigkeiten notwendigen Hilfsmittel immer vollständig und griffbereit sind.

die wichtigsten Informationen und Meldewege, wenn ihr etwas Außergewöhnliches / Dringendes melden möchtet

Zu diesen Hilfsmitteln gehören

4 Reaktionskarten (wenn vorhanden) 4 Markierer für das Markieren von Türen

4 Reaktionshilfe Räumung

4 Weste mit Aufschrift „Räumungshelfer“ /

Situationsbedingt kann es nötig werden, einen Bereich oder auch das gesamte Venue zu räumen.

(Ölkreide / Magnettafen / Signalklebeband) „Räumungsleiter“ / „Leiter Sammelplatz“

4 Trillerpfeife 4 Taschenlampe 4 etc. Egal, welche Funktion Ihr innehabt: stellt bitte sicher, dass Ihr Euch mit allen Aspekten Eurer Aufgabe in dem jeweiligen Venue vertraut macht. Jedes Venue ist anders – es ist daher wichtig, sich in jedem neuen Produktionsort neu zu hinterfragen, sich die notwendige Ortskunde zu beschaffen und sich mit den jeweiligen Abläufen vertraut zu machen.

4 Pläne Für alle Venues existieren Flucht- & Rettungswegpläne. Identifiziert die für Euch relevanten Pläne und habt diese immer in der aktuellsten Version zur Verfügung.

4 Handlungshilfen Auch bei einer gut geplanten Organisation kann es zu Ereignissen kommen, die strukturiertes und möglicherweise schnelles Handeln erfordern.

Räumung / Verlassen des Venues

Dies kann spontan geschehen mit der Notwendigkeit einer sofortigen Umsetzung oder auch mit einem zeitlichen Vorlauf, der es Euch erlaubt, Vorbereitungen für die Räumung zu treffen. Dies geschieht immer auf Anweisung – entweder durch Euren direkten Vorgesetzten / Ansprechpartner, den Räumungshelfer (zu erkennen an der Weste „Räumungshelfer“), durch Kräfte der Polizei oder der Feuerwehr – oder aber im schlimmsten Fall – durch die Ereignisse selbst.

Allgemeine Anweisungen Versucht, ruhig zu bleiben und folgt den Anweisungen der Sicherheitskräfte bzw. der Räumungshelfer

4 Äußert keine Spekulationen über den

Sammelplatz bzw. zum abgesprochenen Treffpunkt

4 Stellt die Arbeit unverzüglich ein 4 Informiert nach Vorgabe des Räu-

Geplante Räumung

4 Fahrt elektrische Geräte herunter 4 Sichert notwendige Daten / Dokumente 4 Informiert nach Aufforderung der Räu-

mungshelfer andere Personen in eurem Verantwortungsbereich 4 Informiert euren Ansprechpartner über besonders hilfebedürftige (z.B. mobilitätseingeschränkte) Personen in eurem Verantwortungsbereich 4 Baut mobile Aufbauten zurück – bittet ggfs. um Hilfe 4 Schließt die vorhandenen Türen (NICHT abschließen) 4 Begebt euch zum Sammelplatz und bleibt 4 Tretet niemals den Heimweg / den Weg ins Hotel an, ohne dass Euer direkter Ansprechpartner und / oder der Räumungsleiter (zu erkennen an der Weste mit der Aufschrift „Räumungsleiter“) Kenntnis davon hat 4 Nach dem Verlassen des Gebäudes darf dieses NICHT ohne Freigabe betreten werden

Anlass

4 Gebt konkrete Informationen nur weiter

nach Weisung durch ihren jeweiligen Ansprechpartner oder unmittelbar durch Kräfte der Polizei oder der Feuerwehr 4 Benutzt nur ausgewiesene Fluchtwege bzw. die vorgeplanten Wege 4 Unterstützt nach Möglichkeit hilfebedürftige Personen (ACHTUNG: Ihr dürft euch selbst nicht zusätzlich in Gefahr bringen)

4 Reaktionshilfe Meldung / Alarmierung Damit in einer so großen Produktion keine Informationen verloren gehen und Meldungen schnell weitergegeben werden können, sind einige wesentliche Regelungen zu beachten. Für Meldungen gibt es zwei Wege:


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4 In einem direkten Notfall, bei drohender Gefahr, verletzten Personen, Angriffen gegen Euch oder andere etc. kontaktiert bitte unmittelbar telefonisch die _________________________________ bzw. _________________________________

4 An Euren jeweiligen Ansprechpartner oder einen für Euch unmittelbar erreichbaren Offizielen (bitte diesem mitteilen, solltet Ihr die o.g. Nummer bereits informiert haben)

Danach informiert bitte euren direkten Ansprechpartner und teilt ihm bitte auch mit, wen Ihr bereits verständigt habt.

VERDÄCHTIGE GEGENSTÄNDE NICHT BERÜHREN

4 Ist keine direkte Eile, kein unmittelbarer

Handlungsbedarf oder eine Gefährdung geboten, informiert bitte Euren direkten Ansprechpartner – dieser wird die notwendigen Schritte einleiten.

Darüber hinaus gilt immer: versucht, möglichst konkrete Informationen zu geben – dies hilft den Beteiligten, Euch zu helfen. Zu den unbedingt notwendigen Informationen gehören immer:

4 Wo ist es passiert (Ereignisort) 4 Was ist passiert? 4 Wer ist betroffen? 4 Wieviele Personen sind betroffen? 4 Wer meldet? Ihr Name. 4 Ihr Standort (möglichst konkret) Dann:

4 Warten auf Rückfragen Bitte verlasst – sofern es Euch nicht selbst gefährdet – den genannten Standort nicht, damit Ihr für Nachfragen erreichbar seid. Bitte meldet auch, wenn Ihr etwas Ungewöhnliches entdeckt, oder etwas, dass Euch „nicht richtig“ vorkommt. Dies kann eine Beschädigung genauso sein wie ein desorientierter und oder hilfebedürftiger Besucher, ein herrenloses Gepäckstück oder ein Mensch, von dem Ihr nicht wisst, ob er zur Produktion oder zum Venue gehört Wenn möglich (Eigenschutz beachten), versucht selbst, euch ein Bild zu machen – verlasst Euch nicht nur auf „Hörensagen“.

KEINE MELDUNG IST UNWICHTIG!

Wichtige Fragen

4 Wo befindet sich der Gegenstand? 4 Wie sieht der verdächtige Gegenstand aus? 4 Wer hat den verdächtigen Gegenstand gefunden?

4 Wann wurde der verdächtige Gegenstand gefunden?

4 Existieren Informationen, seit wann er dort liegt?

4 Sind Geräusche oder Gerüche

wahrnehmbar? 4 Wurde der Gegenstand bewegt / transportiert? 4 Was befindet sich im Umfeld des Fundortes? 4 Wie viele Personen halten sich im Umfeld aktuell auf? 4 Gibt es Hinweise in Bezug auf verdächtige Personen?

Das bedeutet NICHT, dass von Konzerten oder Shows ein besonderes Risiko ausgeht - es bedeutet nur, dass auch wir uns vorbereiten müssen um im (wenn auch unwahrscheinlichen) Falle eines Angriffs oder einer Bedrohungslage handlungsfähig zu sein. Im Falle eines tatsächlichen Angriffes wird es immer eine Phase des Chaos geben. Hier gilt es, so schnell wie möglich wieder den Überblick zu gewinnen und zu den vereinbarten und gelernten Prozederen zurückzukehren. Die allerwichtigsten Reaktionen im Falle eines Angriffes lassen sich kurz zusammenfassen

Run 8 Hide 8 Tell 8 RUN: im Falle einer direkten Gefährdung z.B. durch einen Angriff: Lauft weg. Das ist das einzige, was Ihr tun könnt (und sollt)

Meldung von Auffälligkeiten z.B.: notwendiger medizinischer Einsatz:

Versucht, aus dem Sichtfeld eines Angreifers zu kommen.

Bitte melden die Notwendigkeit eines Einsatzes immer telefonisch über die ____________________________

Wenn Ihr die Möglichkeiten habt: blockiert die Türen.

Beantwortet die folgende Fragen:

8 TELL: erst, wenn Ihr in Sicherheit seid: Ruft die Polizei etc.

4 Wo ist es passiert (ereignisort) 4 Was ist passiert? 4 Wer ist betroffen? 4 Wieviele Personen sind betroffen? 4 Wer meldet? Ihr Name. 4 Ihr Standort. 4 Warten auf Rückfragen. Wenn es zu einem Einsatz von Sanitätsdienst und / oder Feuerwehr in Eurem Bereich kommt,

Meldung von Auffälligkeiten z.B.: Fund eines verdächtigen / unbekannten Gegenstandes

4 Räumt Hindernisse / Aufbauten etc. zur 4 Sprecht Personen an, den Weg frei zu

Seht Ihr einen Gegenstand, der euch verdächtig vorkommt, meldet dies

4 Äußert keine Spekulationen über das

(bei einer erkennbaren Gefährdung)

Die jüngsten Terroranschläge haben gezeigt, dass eigentlich jeder Ort, an dem sich Menschen aufhalten, Ziel eines Anschlags werden kann. Hierzu gehören nicht nur die großen Stadien und Arenen, sondern auch kleine Clubs und Open-Air Flächenzeigen.

8 HIDE: Wenn Ihr aus den direkten Gefahrenbereich weggelaufen seid ODER wenn Ihr keine Möglichkeiten habt, wegzulaufen, versucht Euch zu verstecken – je massier der Schutz, desto besser.

Ihr könnt ganz sicher sein, dass jeder Meldung immer nachgegangen wird – im besten Falle besteht kein Handlungsbedarf, aber Eure Meldung war immer dennoch wichtig und richtig!

4 Telefonisch an die ____________________________

4 Angriff

Seite

machen

Ereignis

Seid ansprechbar, falls weitere Maßnahmen notwendig werden.

Stellt Euer Telefon lautlos!

Versucht, möglichst viele Informationen zu geben, z.B.

4 Um wie viele Angreifer handelt es sich? 4 Womit greifen sie an? 4 Wo befindet Ihr Euch? 4 Was wisst Ihr über den Verbleib anderer? Versucht, ansprechbar zu bleiben.

AUCH WENN DIE SITUATION SCHLIMM ERSCHEINT: VERSUCHT, RUHE ZU BEWAHREN. Wenn Hilfe eintrifft:

4 Gebt Euch zu erkennen 4 Lasst Dinge in Eurer Hand fallen 4 Versucht, klare Angaben zu machen Nr. 03/2018


Was bisher geschah

2018 APRIL Facebook “f ” Logo

CMYK / .eps

Facebook “f ” Logo

CMYK / .eps

01.04.

(FRA) Unfall auf Kirmes 07.04.

Mann fährt in Münster mit Auto in Personengruppe

Nach dem Schlusspfiff des Spiels attackierten sich die Fans auf den Tribünen. Sieben Polizisten und acht Fans wurden verletzt.

Der mutmaßliche Brandstifter wurde im Anschluss festgenommen. Er soll nach einem Streit den Eingangsbereich mit seinem Motorrad blockiert und das Feuer gelegt haben.

Partyschiff mit Rakete beschossen

Brandunfall in Diskothek Während einer Feuershow spuckte ein Besucher Alkohol auf die Szenefläche. Es kam zu einer Verpuffung. Mehrere Personen erlitten teils schwere Verbrennungen. 19.04.

(BGR) Polizistin bei Fußballspiel durch Explosion verletzt Durch eine Explosion im Eingangsbereich wurde sie durch umherfliegende Glasscherben verletzt. Laut Polizei handelte es sich um einen bewusst eingesetzten Sprengsatz. Insgesamt wurden mehr als 20 Fans festgenommen.

Unbekannte hatten vom Ufer aus mit einer Silvesterrakete auf das Schiff geschossen. Zwei Personen wurden verletzt.

Bei der Einfahrt einer historischen Dampflok in Trier stürzte ein Mann ins Gleisbett. Er wurde vom Tender der Bahn eingeklemmt und lebensbedrohlich verletzt.

28.04.

Schlägereien bei DFB-Pokal-Halbfinale

08.04.

23.04.

18.04.

(CHN) 18 Tote nach Brand in Karaoke-Bar

23.04.

Der psychisch gestörte Mann fuhr mit seinem PKW in den bestuhlten Außenbereich einer Gaststätte. Zwei Personen wurden getötet, mehr als 20 andere zum Teil schwer verletzt. Der Täter erschoss sich anschließend selbst.

Unfall bei Dampflokfestival in Trier

Auf einer Kirmes in Neuville-sur-Saône brachen Teile eines Fahrgeschäftes zusammen. Ein Mann wurde aus dem Fahrgeschäft geschleudert. Er erlag seinen Verletzungen.


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Buchrezensionen Wir versuchen immer offen zu sein für Neues, den Blick über den Tellerrand zu werfen. Nicht nur, weil uns interessiert, was „die anderen“ so machen, sondern auch, weil man nie aufhören sollte zur lernen. Aus diesem Grund lesen wir. Und einen Teil der Publikationen die wir lesen, möchten wir an dieser Stelle des MAGAZINs regelmäßig vorstellen.

Sicherheit und Kommunikation bei Fußballgroßveranstaltungen Thomas Kubera (Hrsg.) (2018) Praxishandbuch für Akteure im Netzwerk der Sicherheitsgewährleistung Boorberg Verlag Von Christoph Heiliger Mit diesem im Boorberg erschienenen Werk finden alle wesentlichen Akteure der Durchführung sicherer Fußballspiele Unterstützung in ihrer täglichen Arbeit. In der Einleitung des 2018 erschienen Handbuchs beschreibt Herausgeber Thomas Kubera ganz gut selbst, was hier im Rahmen des BMBF geförderten Forschungsprojekts SiKomFan geschaffen wurde: „Ein Werkzeugkasten […], der es den Akteuren in der Sicherheitsgewährleistung im Fußball ermöglicht, den eigenen Standort zu bewerten, Optimierungsmöglichkeiten zu

identifizieren und in eine entsprechende Umsetzung einzutreten.“ Rund 200 Fachbeiträge, die im Rahmen der Arbeitspakete des Forschungsprojektes von Kubera und 24 weiteren Autoren erstellt wurden, wurden in diesem Nachschlagewerk gebündelt und in Form eines Lexikons aufbereitet. Die einzelnen Begriffe werden immer nach demselben Schema abgehandelt. Nach einer kurzen Definition erhält der interessierte Leser Handlungsempfehlungen und –tipps sowie abschließende Quellen und Literaturempfehlungen für weitere Informationen. Dabei finden sich im Handbuch Begrifflichkeiten aus den Bereichen Veranstaltungsdurchführung, Vor- und Nachbereitung sowie Kommunikation. Dabei werden Akteure des Spieltags, Abläufe, oder Regelwerke ausführlich vorgestellt werden. Die Artikel enthalten darüber hinaus Querverweise zu anderen Texten, was einen schnellen und effektiven Überblick erleichtert.

56 - The Story of the Bradford Fire Martin Fletcher (2015) Bloomsbury Sport Verlag Von Christoph Heiliger Die Hillsborough-Katastrophe, bei der am 15.04.1989 96 Menschen starben, sollte auch über Großbritannien hinaus jedem ein Begriff sein, der sich je mit der Sicherheit auf Veranstaltungen beschäftigt hat. Bis in die Gegenwart reichen die Folgen der Katastrophe – nicht nur für den englischen Fußball, der in

Folge des Taylor Reports u.a. ohne Stehplätze auskommen muss. Mit einem, zumindest im deutschsprachigen Raum weitgehend unbekannten, aber kaum minderschweren Unglück bei einem Fußballspiel, setzt sich Martin Fletcher im 2015 im Bloomsbury Sport Verlag erschienenen 56 – The Story oft he Bradford Fire auseinander und schafft dabei ein spannendes, hochinteressantes, aber vor allem auch trauriges Stück teils autobiographische, teils investigative, Fußballliteratur. Nr. 03/2018


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Was sich im ersten Teil des Buches wie ein Stück Fußball-Romantik im Stil von Nick Hornbys Fever Pitch liest, wenn er seine Familie, seine Heimatstadt und den Weg in die Fußballvernarrtheit beschreibt, ist genau das, was einen im zweiten Teil erschaudern lässt. Hier beschreibt Fletcher, wie er als 12-jähriger samt Vater, Bruder, Onkel und Großvater zum Spiel der Saison ins Bradforder Valley-Parade-Stadion aufbricht, aber nur er selbst am 11.05.1985 lebend das Stadion verlassen sollte. Alle vier Familienmitglieder gehören zu den 56 Zuschauern, die den Tag nicht überlebten. Dazu wurden 265 verletzt, als ein plötzlich ausbrechendes Feuer innerhalb von nur vier Minuten die gesamte aus Holz bestehende Haupttribüne verwüstete. Während der Autor noch in Schockstarre ist, sind die Untersuchungen zum Feuer auch schon abgeschlossen und die festgestellte (vermeintliche) Brandursache - eine unachtsam weggeworfene Zigarette soll einen Müllhaufen unter der Tribüne entzündet haben - beschert dem Besitzer des Stadions eine hohe Versicherungssumme. Es dauert Jahre, bis sich Flechter investigativ mit dem Brand und dem angefertigten Report auseinander setzt. Seine eigenen Untersuchungen bestimmen den letzten Teil des Buches. Dass dem Stadionbesitzer in den Vorjahren der Katastrophe bereits acht Immobilien abgebrannt sind, dieses hohe Maß an Pech in der glattgebügelt erscheinenden Untersuchung aber noch nicht einmal berücksichtigt wurde, ist einer von vielen Fakten, die erstaunlicherweise gar nicht so tief verborgen liegen, wie Fletcher es zunächst erwartet. Das regt zum Nachdenken an und erinnert häufig an die Vertuschungsversuche bei der Hillsborough-Katastrophe durch Teile der Polizei und Politik sowie Schmierenkampagnen des Boulevards.

Fazit Martin Flechter, der die Hillsborough-Katastrophe übrigens ebenfalls im Stadion selbst erlebt hat, hat ein packendes und vor allem vielseitiges Buch geschaffen. Das Stück Familien- und Fußballgeschichte ist unterhaltsam, die Beschreibung der Katastrophe samt ihrer Folgen bedrückend, unglaublich aufreibend und spannend zugleich, aber auch aufklärend und lädt dazu ein, sich mit dem Hergang im Mai 1985 selbst genauer zu beschäftigen.

Die Logik des Misslingens Dietrich Dörner, 2003 10. Auflage März 2011 Rowohlt Taschenbuch Verlag 300 Seiten Von Dennis Hurschmann „In komplexen, vernetzten und dynamischen Handlungssituationen macht unser Gehirn Fehler: Wir beschäftigen uns mit dem ärgerlichen Knoten und sehen nicht das Netz. Wir berücksichtigen nicht, dass man in einem System nicht eine Größe allein modifizieren kann, ohne damit gleichzeitig alle anderen zu beeinflussen. Können wir daran etwas ändern?“ In einer Reihe von Computersimulationen werden Versuchspersonen aus verschiedenen Tätigkeitsbereichen mit komplexen, dynamischen und vernetzten Systemen konfrontiert und müssen verschiedenste Aufgaben meistern, wie z.B. als Entwicklungshelfer oder Bürgermeister. Dörner bezieht sich auch auf die Realität, um Fehlentscheidungen zu untersuchen. Hierbei hilft ihm das Reaktorunglück von Tschernobyl im Jahre 1986. Durch Analysen des Verhaltens der Versuchspersonen nach den Simulationen schafft es Dörner, vor allem auf das Fehlverhalten und die Fehleinschätzung in Planung und Durchführung einzugehen, dies zu erklären und zu beschreiben. Folgende Themen sind beschrieben:

4 Fiktive Beispiele in Bezug zur Realität 4 Anforderungen an die Akteure 4 Der Umgang mit Zielen 4 Information und Modelle 4 Zeitabläufe 4 Planen 4 Die Gruppe 4 Was tun? Rezension Übersichtlich und vor allem für jedermann verständlich wird das Verhalten verschiedenster Personen aus vielen Bereichen der Arbeitswelt beschrieben. Erstaunlich ist hierbei zu erkennen, dass anhand der Berufe der Testpersonen kein vorheriger Aufschluss über das Ergebnis gegeben werden kann. Medizinische Versorgung, Verbesserung der Lebensqualität, Umwelt, Urbanität – all dies wird individuell behandelt und es kommt zu verschiedenen Ausgängen. Sehr gut jedoch ist zu erkennen, dass bei Fehlplanungen und

dadurch entstehenden Problemen, betroffene Versuchspersonen sehr uneinsichtig reagieren. Man versucht die Schuld von sich abzuwenden und die Gründe anderweitig zu suchen. Jeder versucht jedoch auf die bestmöglichste ihm bekannte Art und Weise das vorliegende Problem anzugehen und zu lösen. Was jedoch, wenn man aus besten Wissen und Gewissen handelt, einem jedoch einfach die entsprechende Kompetenz fehlt? Kann man von bewusster Absicht sprechen?

Fazit Dörner verwendet eine anschauliche und gut nachzuvollziehende Art, die Probleme von Planung, Organisation, Fachwissen und Erlerntem zutage zu bringen. Seine fiktiven Szenarien orientieren sich am wahren Leben und sind somit für jedermann gut verständlich. Er beschreibt ausführlich und erklärend, warum menschliches Fehlverhalten trotz der Annahme, alles richtig zu machen, zu Verschlimmerung und Entstehung von Problemen (auch neuen) führen kann. Er untermalt seine Analysen mit Tabellen und Bildern, so dass man seine Auswertungen gut verstehen kann. Teilweise wiederholt sich dies im Verlaufe des Buches, dies jedoch nahezu zwangsläufig bedingt durch den Aspekt, dass er verschiedene Beispielszenarien beschreibt, die Testpersonen beschreibt und anschließend ihr Verhalten erneut analysiert. Durch seine gut strukturierte und klar zu erkennende Schreibweise und Berichterstattung ist es für den Leser äußerst einfach, das Ganze zu verstehen. Sehr positiv zu erwähnen ist, dass man dies auch auf Alltägliches beziehen kann. Denn seien wir mal ehrlich: Irgendwo versucht jeder sein Bestes zu geben, auch wenn das Ergebnis nicht immer zufriedenstellend ist.


Was bisher geschah

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2018 MAI 01.05.

03.05.

(UK) 10 Verletzte durch Explosion Bei einer Explosion während eines jüdischen Festes in London wurden zehn Menschen verletzt. Es kam aus ungeklärter Ursache zu einer Verpuffung.

(FR) Unruhen in Fußgängerzone nach Schuss aus Schreckschusspistole Ein Mann feuerte nach einem Streit mit der Pistole um sich. Menschen in der Umgebung flüchteten. Dabei wurden 12 Personen verletzt.

11.05.

Eröffnung eines Burgerladens abgebrochen 12.05.

Krawalle bei Abstieg des HSV Kurz vor Ende des Spiels zündeten einige Besucher Pyrotechnik. Eine Hundertschaft und eine Reiterstaffel rückten aufs Spielfeld aus, um weitere Eskalationen zu verhindern.

Burger für einen Cent und der kostenfreie Auftritt eines deutschen Rappers lockten 3.000 größtenteils jugendliche Besucher in die Wiesbadener Innenstadt. Die Polizei beendete die Veranstaltung. Zwei Polizisten wurden leicht verletzt.

13.05. 15.05.

(ESP) Holztribüne mit Zuschauern stürzt ein Beim Zusammenbruch einer mobilen Tribüne auf dem Fußballfeld Satalia in Barcelona wurden 18 Personen verletzt. Die Holzkonstruktion wurde provisorisch für Zuschauer eines Fernsehinterviews errichtet.

Reizgasattacke auf Schützenfest Nach einem Streit versprühte eine 31-Jährige im Festzelt ihr als Asthma-Spray getarntes Pfefferspray. Fünf Personen wurden leicht verletzt.

17.05.

Betrunkener schlägt auf Heidelberger Partyschiff um sich 19.05.

(SRB) Mannschaftsbus von Roter Stern Belgrad bei Meisterfeier abgebrannt Beim Autocorso im Rahmen der serbischen Fußball-Meisterfeier ist der offene Bus, in dem sich Spieler den feiernden Fans präsentierten, vollständig abgebrannt. Verletzt wurde niemand. Das Feuer brach laut Medienberichten aus, als Pyrotechnik von Fans an Spieler im Bus übergeben wurde.

26.05.

Brand im Europa-Park Rust Der Brand brach aufgrund eines technischen Defektes aus. Es befanden sich rund 25.000 Besucher im Park. Sieben Feuerwehrleute wurden bei der Brandbekämpfung verletzt.

Ein 21-Jähriger verletzte ohne ersichtlichen Grund zwei Gäste des Fahrgastschiffs sowie anschließend mehrere Mitarbeiter von Polizei und Sicherheitsdienst bei seiner Festnahme.

21.05.

Einlaufkind erleidet Verbrennungen im Gesicht Zu Beginn des Rheinlandpokal-Finales, einem Stadt-Derby zwischen TuS Koblenz und Rot-Weiß Koblenz, wurden Raketen aus einem Fanblock auf das Feld geschossen. Hierbei wurden drei Personen verletzt, darunter ein sechsjähriges Einlaufkind.

27.05.

Relegationsspiel nach Krawallen abgebrochen Beim Aufstiegsspiel in die 3. Liga zwischen Waldhof Mannheim und dem KFC Uerdingen sind am Sonntag 45 Menschen verletzt worden, darunter sechs Polizisten. Anhänger des SV Waldhof Mannheim hatten Rauchbomben und weitere Pyrotechnik eingesetzt. Im Anschluss an das Spiel wurden Polizeibeamte attackiert.

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GIT Sicherheit + Management Magazin: GIT SICHERHEIT + Management – Magazin für Safety und Security Herausgeber: Wiley Verlag Ausgaben / Jahr: 12/1991 Abonnement: 113,00 EUR zzgl. MwSt. (Einzelheft: 15,70 EUR zzgl. MwSt.) Website: www.GIT-SICHERHEIT.de Von Stefan Kiefernagel Seit 26 Jahren informiert die GIT SICHERHEIT + Management als „Magazin für Safety und Security“ die gesamte Bandbreite der Sicherheitswirtschaft. In ständigen Rubriken wie Management, Security, IT und IT-Security, Brandschutz und Safety werden im Magazin sowohl neue Produkte und Unternehmen betrachtet, als auch Anwendungen, Dienstleistungen oder Trends der Branche vorgestellt.

Wie die Rubriken ist auch die Zielgruppe weit gefasst, was sich in der hohen Auflage von rund 30.000 Exemplaren je Ausgabe wiederspiegelt. Vom Entscheider über das Management bis zum Endanwender oder Behördenmitarbeiter sollte fast jeder, der sich beruflich wie privat in irgendeiner Form mit dem Thema Sicherheit auseinandersetzt, einen Mehrwert aus dem Magazin ziehen – und sei es durch den achtseitigen Firmenindex, der das Heft abrundet und Unternehmen der Branche auflistet. Darüber hinaus finden Leser im regelmäßig Tagungs- und Kongressberichte, Produkttests oder Experteninterviews, aber auch die Dokumentation von Änderungen in Gesetzestexten oder Verordnungen. Durch immer gleiche Kategorien wirkt das regelmäßig über 120 Seiten umfassende Heft bei aller Vielfältigkeit trotzdem gut strukturiert und sympathisch-persönliche Kategorien wie „Jerofskys Sicherheitsforum“ binden den Leser an das Heft.


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Über Die Autoren Dieser Ausgabe Sabine Funk

Christian Raith

Fabian Möllenbeck

Sabine Funk ist Geschäftsführerin der IBIT GmbH und Leiterin der Fachbereiche Bildung und Forschung. Sie hat in England „Crowd and Safety Management, BA (Hons)” studiert und zählt zu den führenden Fachleuten für Veranstaltungssicherheit und Crowd Management in Deutschland. Mit mehr als 20 Jahren Erfahrung im Veranstaltungsbereich, davon mehr als 10 als geschäftsführende Gesellschafterin und Produktionsleiterin der RhEINKULTUR, einem der größten eintrittsfreien Festivals in Deutschlands, verfügt Sabine Funk über umfangreiche Erfahrungen in der Planung und Durchführung von (Groß-) Veranstaltungen.

Christian Raith ist geschäftsführender Gesellschafter der Eberhard, Raith & Partner GmbH, einem seit über 30 Jahren agierenden Spezialversicherungsmakler im Entertainmentbereich. Mit seinem 30-köpfigen Team beschäftigt er sich täglich mit den Versicherungsfragen rund um Veranstaltungen aller Art, sowie den damit verbundenen Dienstleistern. Er selbst war von 1989 bis 1995 bei einem großen deutschen Versicherer tätig und befasste sich dort bereits mit Haftpflichtrisiken aus dem Veranstaltungs- und Entertainmentbereich. Seit seinem Wechsel vom Versicherer zum Makler vor über 20 Jahren kümmert er sich um Spezialkonzepte für die einzelnen Risikobereiche der Szene. Seit Jahren engagiert er sich auch dafür, die Firmen der Branche zu informieren und zu sensibilisieren. Er berät Veranstalter, Verbände und Dienstleister in Bezug auf die versicherungsrechtlichen Fragen rund um Events und welche Lösungen die Assekuranz dafür bereit hält. Dabei entstehen immer neue Klauseln und Bedingungen, welche sich am Markt etabliert haben.

Fabian Möllenbeck, der in der Registratur eines Bundesministeriums beschäftigt ist, leidet an einer genetisch bedingten Muskeldystropie. Trotz verkrümmter Wirbelsäule und der Angewiesenheit auf einen elektrischen Rollstuhl ist er leidenschaftlicher Konzertbesucher. Wir freuen uns sehr, dass er seine Erfahrungen im Magazin mit uns teilt!

Ralf Zimme Ralf Zimme hat in England „Crowd and Safety Management, BA (Hons)” studiert und zählt zu den anerkannten Fachleuten für Sicherheitskonzepte und Crowd Management in Deutschland. Seit 2004 war er der Leiter Veranstaltungstechnik und Veranstaltungssicherheit in der ESPRIT arena in Düsseldorf und war bis 2018 Leiter des Sicherheitsmanagements von Düsseldorf Congress Sport und Event. Mit mehr als 30 Jahren Erfahrung im Veranstaltungsbereich, davon mehr als 15 Jahre als technischer Leiter und Produktionsleiter für einen großen Veranstalter in NRW, verfügt Ralf Zimme über umfangreiche Erfahrungen in der Veranstaltungsbranche.

Alex ander Zippel

Sabine Reise Sabine Reise, Gründerin und Geschäftsführerin der easyRAUM GmbH, bringt durch Ihre Tätigkeit in Protokoll, auf Agenturund Locationseite Erfahrung in den verschiedensten Bereichen des Eventbusiness mit. Sie machte sich 2004 mit der Idee eine einfache 2D- und 3D Raum- & Bestuhlungssoftware auf den Veranstaltungsmarkt zu bringen selbständig. Die easyRAUMpro Software findet inzwischen bei über 1.500 Kunden aus allen Leistungsbereichen der Eventund Tagungsplanung ihre Anwendung. Darunter auch Feuerwehren, die die Software zur Einsatzplanung bei Events, bei Bombenräumungen, oder zur Belegplanung von öffentlichen Einrichtungen nutzen.

Alexander Zippel hat in England Sicherheits- und Risikomanagement (M.Sc.) studiert und ist seit 2007 ehrenamtlich in verschiedenen Führungspositionen beim Malteser Hilfsdienst e.V. tätig. Als Einsatzsanitäter und Zugführer sammelte er umfangreiche Erfahrungen und führt praxisrelevante Einsatztrainings, Workshops und Fachvorträge durch. Schwerpunktthemen: Notfallmanagement, Krisenmanagement und Psychosoziale Notfallvorsorge.

Nr. 03/2018


2018 Juni

Was bisher geschah

02.06. 03.06.

Übergriffe und Ausschreitungen bei Schlossgrabenfest Eine vermummte Menschengruppe hatte um kurz nach 02.00 Uhr Polizisten angegriffen. 15 Polizeibeamte wurden verletzt, mehr als 100 Personen festgenommen. 10.06.

Sieben Verletzte bei Autoslalom Während der Veranstaltung verlor ein Fahrer die Kontrolle über sein Fahrzeug und kam von der Strecke ab. Neben dem Auto schleuderte auch ein Strohballen in die Zuschauer. Drei der sieben Personen wurden schwer verletzt. 17.06.

(USA) Ein Toter und 20 Verletze nach Schüssen bei Kunstfestival Zu der Schießerei kam es in den Morgenstunden der Veranstaltung. Ein Verdächtiger wurde getötet, 20 weitere Besucher teilweise schwer verletzt.

01.07.

Verletzte durch herabstürtzende Äste Die Äste lösten sich während eines Volksfestes durch Wind von einem Baum. Neun Personen wurden verletzt, fünf von ihnen mussten in Krankenhäusern behandelt werden.

Hüpfburg vom Strom getrennt Ein Unbekannter drehte im laufenden Betrieb den Strom der Hüpfburg ab. 16 Kinder und ein Erwachsener wurden leicht verletzt.

16.06.

(VEN) 17 Tote in Disco In dem Club war nach einem Streit eine Tränengasgranate gezündet worden. Als die rund 500 Besucher das Lokal verlassen wollten, kamen 17 von ihnen ums Leben.

18.06.

(NLD) Van fährt in Besuchergruppe des Pinkpop-Festivals Gegen 04.00 Uhr morgens erfasste der Van die Besuchergruppe, die sich auf dem Weg zum Zeltplatz befand. Eine Person wurde getötet, drei weitere schwer verletzt.

2018 JuLi 07.07.

Brand auf Festivalparkplatz 10.07.

(FRA) 30 verletzte bei Public Viewing Kurz vor Ende des Halbfinalspiels wurden im Zuschauerbereich Feuerwerkskörper gezündet. Erschrockende Gäste verliesen unkontrolliert das Gelände. Dabei wurden 30 Personen leicht verletzt.

Auf einem offiziellen Parkplatz des Splash Festivals brandten mehrere Autos aus. 88 Feuerwehrmänner waren im Einsatz. Der ca. 1km entfernte Festivalbetrieb wurde nicht beeinträchtigt.

12.07.

(UK) „Build a Bear“-Workshop in Belfast abgebrochen Die Anzahl teilnahmewilliger Besucher überschritt die Kapazitäten des Workshops. Nach Handgreiflichkeiten der Besucher gegenüber dem Personal wurde die Veranstaltung durch die Polizei abgebrochen.



5. IBIT Fachtagung

Veranstaltungssicherheit te 20.-21.11.2018 a D e h t e v a S Barclaycard Arena Hamburg

Fotos: matzke-foto, Anke Hesse Fotografie & Fotomarketing

www.ibit.eu/fachtagung Wir danken unseren Partnern:

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