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Kolumne: Denis Jeitziner
BEI BG BLEIBT ALLES BEIM ALTEN – AUSSER DAS NEUE
Ende der 1980er-Jahre trafen beim SCB verschiedene Fankulturen aufeinander: Hier die Fans, die den lauten englischen Schlachtgesängen frönten – da die Anhänger, die der italienisch-geprägten Ultra-Fankultur huldigten. Und schliesslich alle Mitläufer, die brav ihre Sektionsfahnen schwangen und sich am liebsten mit dem Gegner verbrüderten.
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Die Fronten waren verhärtet: Die «Engländer» forderten stimmgewaltigen Support ohne Schnickschnack. Die Fans der aufkommenden, italienisch angehauchten Ultra-Fraktion setzten sich für Trommeln und Megafone ein. Ein paar klärende Gespräche später schloss man sich zusammen und fand einen Kompromiss: Megafone nein. Trommeln okay. Das war die Geburt des SCB-Fanclubs Bäregrabe (BG), der bis heute treibenden Kraft der Berner Fanszene.
Mit dem Slogan «Der etwas andere Fanclub» positionierten sich die Macher beim Club und im gesamten Umfeld. Und lebten die neue, gemeinsam kreierte Fankultur: Man organisierte eigene Carfahrten, lancierte Extrazüge, kreierte eine eigene Car-Zeitung, die bei
Denis Jeitziner
Denis Jeitziner ist seit 1971 mit dem SCB verbunden. Er war 1989 Mitbegründer des Kult-Fanclubs Bäregrabe und arbeitete später jahrelang als freier Journalist für diverse Medien. Denis Jeitziner ist seit 25 Jahren selbständig. Heute führt er seine eigene Kommunikationsagentur Amber Kommunikation AG. jedem Auswärtsspiel verteilt wurde, verhöhnte und beleidigte die Gegner auf ironische Art und Weise, gestaltete ein eigenes Radio im Car (Radio Batschchlatsch) und sorgte nicht zuletzt überall für Stimmung und Klamauk. Gefeiert wurde nicht nur die eigene Fanherrlichkeit, sondern zum Grossteil auch sich selbst.
Zualleroberst aber stand stets die Liebe zum SCB und zum Eishockey. Freundschaft, Zusammenhalt, bedingungslose Treue zum Club wurden nicht nur in den Statuten verewigt, sondern auch (vor-)gelebt. Soziale Verantwortung, Familiensinn, Lebensstruktur, Verantwortungsbewusstsein: Bäregrabe war (und ist) auch ein Auffangbecken für Menschen, die es nicht ganz so einfach haben im Leben.
33 Jahre später: Die Gesellschaft und die Fankultur haben sich weiterentwickelt und verändert. Choreos lösten die Wunderkerzen ab. Capos mit Megafonen die stimmgewaltigen Antreiber. Die nächsten Generationen wachsen heran und hinein. Aber das meiste ist gleichgeblieben: Die Faszination SCB, die Clubliebe,
BEI BG BLEIBT ALLES BEIM ALTEN
der meist schräge und schwarze Humor, die religiöse Anbetung, die Unzertrennlichkeit. Aber auch die Nähe der Macher zur Clubführung. Der Austausch auf Augenhöhe. Die Neutralität in Bezug auf die politische Positionierung. Der familiäre Zusammenhalt.
Die alten Bäregräbeler haben sich vor Jahren schon aus der aktiven Szene verabschiedet und zum Old Clan Bäregrabe vereint. Die junge Generation übernahm die Grundwerte und lebt sie auf der Stehrampe weiter. Unkonventionell und unabhängig. Noch heute gehört «BG» zu den grössten und vor allem einflussreichsten Gruppierungen der Fankurve. Und trotzdem gilt bis heute immer noch: Qualität vor Quantität. Die Mitglieder werden nicht aktiv gesucht. Sie können sich bewerben und werden geprüft, ob sie den Grundprinzipien von «BG» entsprechen.
BG lebt also. Einzig sein Sprachrohr ist tot: Tuni, der BG-Kultschreiber, verstarb vor vier Jahren. Das Herz von Bäregrabe aber, das schlägt unaufhörlich weiter.