Das Hockey-Magazin der Schweiz
CHF 7.50 • Mai 2012 • Nr. 7 • Saison 2011/2012
Schweizer Meister ZSC Lions:
Mission erfüllt! Martin Steinegger: Wie er über seine Karriere spricht
Sean Simpson: Was er von der WM erwartet
Philippe Seydoux: Wo er eine harte Zeit verbrachte
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Face Off
Anstand und Hühnerhaut... Warum war es ein grandioser Playoff-Final? Wir versuchen, in dieser Nummer auf diese Frage eine Antwort zu geben. Wir beleuchten alle möglichen Aspekte eines wahrlich grandiosen Schauspiels. Aber einen Punkt möchte ich hier noch ganz besonders erwähnen. Es geht nur um einen einzigen Begriff: Anstand. Die Art und Weise, wie sich Spieler, Trainer, Schiedsrichter, Manager und Zuschauer während dieses Finals verhalten haben, verdient eine ganz besondere Würdigung. Ein paar Aussetzer (Johann Morant) vermögen das schöne Bild nicht zu trüben. Es hat mit der Bereitschaft von SCBGeneral Marc Lüthi begonnen, der es den ZSC Lions durch das Einverständnis zur Verschiebung ermöglicht hat, alle Heimspiele im eigenen Stadion auszutragen.
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Und es hat im Berner Hockeytempel mit der sportlichen Art und Weise geendet, wie alle den Entscheid von Schiedsrichter Danny Kurmann akzeptiert haben. Nicht mit einem Wort sind die Leistungen der ZSC Lions durch die Spieler oder Funktionäre des unterlegenen SC Bern mit dem Hinweis geschmälert worden, der Siegestreffer sei umstritten. Und auch das sei hier erwähnt: Unsere Schiedsrichter waren in diesem Finale ganz einfach Weltklasse. Wenn in einem so intensiven Ringen um den höchsten Preis der Anstand immer gewahrt bleibt, dann ist das ein Zeichen für eine starke, wunderbare Hockeykultur. Mein alter kanadischer Kollege Pierre Durocher, der sich, ganz im Gegensatz zu mir, in Montréal bei der grössten fran zösischsprachigen Zeitung Kanadas immer wieder zu Polemik hinreissen lässt, hat während dieser Finalserie das Staunen gelernt. Er meinte, schon alles geschaut und gehört zu haben. Aber er hat vor dem Spiel beim Fahnenaufzug zum Berner Marsch im Berner Hockeytempel Hühnerhaut bekommen. Ich übrigens auch.
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Klaus Zaugg SLAPSHOT-Autor
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Inhalt Snapshot 2,5 Sekunden...
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Schweizer Meister 2012
Krutows legendäre Nächte
ZSC Lions – Ein Sieg für die Ewigkeit 12
Vizemeister 2012 SC Bern – Das neue Gesicht des SCB
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Schiedsrichter Danny Kurmann – «Das Tor war regulär»
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Liga-Qualifikation HC Ambrì-Piotta – Abstieg? Sanfter Abstieg? Kein Abstieg? 30 SC Langenthal – Achtung, da wächst etwas... 32
Meister Regio League 2012 Red Ice Martigny – Fedulovs letzter Streich
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Aufsteiger der Saison Harry Rogenmoser – Schwimmen gelernt 44 Das Aufsteiger-Team 48
Eine Legende tritt ab Martin Steinegger – Ein halbes Leben NL A Auch sie verlassen uns – Danke und Adieu!
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Persönlich Philippe Seydoux – Lost in California
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Nationalmannschaft Das Interview – Sean Simpson «Manchmal benehme ich mich nicht wie ein Gentleman...»
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Schweizer im Ausland Junioren im Ausland 69 Christian Weber – «Hier ist es wie in Bern oder Zürich» 70
Vor der Karriere Mirco Müller – Der nächste grosse Verteidiger
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Nach der Karriere Nando Wieser – Die Karriere ging, der Name blieb
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Overtime Tolles Hockey-Jahr für die Büssers
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Wenn Bob Hartley trainieren lässt, geht es auf der Kunsteisbahn Oerlikon (KEBO) jeweils hart zur Sache. Trotzdem dürfte wohl der eine oder andere Lions-Spieler geschmunzelt haben, als er die Bandenwerbung in der Nordwest-Ecke des Rinks zum ersten Mal bemerkt hatte. In grossen Lettern wirbt dort das Restaurant Waldgarten aus dem Quartier Schwamendingen-Mitte mit den Nächten, die sich der legendäre Wladimir Krutow vor rund 20 Jahren dort um die Ohren geschlagen hatte. Wie lange der Slogan schon an der Bande prangt, weiss Waldgarten-Wirt Kurt Schnetzer auch nicht genau:
«Anscheinend hatte derjenige, der die Fläche zuvor gebucht hatte, nicht gezahlt. ZSC-Präsident Ernst Meier ist deshalb auf mich zugekommen.» Slogan und Gestaltung seien vom ehemaligen ZLEVerwaltungsrat und langjährigen Kampagnen verantwortlichen der Lions Fredy Weisser um gesetzt worden. Bleibt noch die Frage nach der Erinnerung an die durchzechten Nächten im Lokal. «Da kann ich keine Auskunft geben – damals war ich noch nicht am Ruder. Aber Krutow war ja kürzlich in Zürich und hat uns natürlich wieder einen Besuch abgestattet», so Schnetzer stolz. l
Gegen die Kärntner-Mafia Für viele Schlagzeilen hätte die B-WM in Ljublijana (Slo) hierzulande eigentlich nicht gesorgt. Einzig ein Aussetzer, den sich der österreichische Lugano-Verteidiger Stefan Ulmer (21) leistete, sorgte plötzlich für Auf sehen. Ulmer, der sich u.a. darüber beklagte, zum Sündenbock für die Niederlage gegen Japan gemacht worden zu sein, liess sich in Anspielung auf das Trainerteam Manny Viveiros und Christian Weber (der eine Ex-, der andere amtierender Trainer
des Klagenfurter AC) von den Vorarlberger Nachrichten wie folgt zitieren: «Als Vorarlberger kann man gegen die Kärntner Mafia nichts machen.» Die Retourkutsche kam prompt: Vor dem letzten Spiel wurde er nach Hause geschickt. Ulmer kam übrigens danach schnell zur Raison und entschuldigte sich bei Trainern, Mitspielern und Teamkollegen. Damit war die Sache bereits wieder aus der Welt. Ulmer wird auch künftig für unsern Nachbarn auflaufen. Und zwar wieder an der A-WM. Österreicht ist trotz l dieses Mini-Eklat aufgestiegen.
Titelbild Er hatte es schon 2009 beim Sieg in der Champions Hockey League getan und er tat es 2012 wieder: ZSC Lions-Captain Mathias Seger, gab den Meisterpokal direkt weiter und gewährte Patrik Bärtschi, dem Stürmer, für den dies der erste Titel war, somit die grosse Ehre, die Trophäe als erster in die Höhe zu stemmen. Es war ein Akt der Würde und der Brüderlichkeit. Ein Sinnbild dafür, wie die ZSC Lions diesen Titel geholt hatten. Bärtschi auf unserem Cover zeigt aber etwas anderes. Nämlich wie gross die Ausgelassenheit ist, wenn man den Sieg 2,5 Sekunden vor dem Ende der regulären Spielzeit einer Finalissima ins Trockene bringt. Foto: Pius Koller
SLAPShots Mach’s noch einmal, Slawa Mit SF an die WM 13 Jahre ist es mittlerweile her, seit der grosse Slawa Bykow seine Schlittschuhe an den Nagel gehängt hatte. Für ein Benefiz-Hockeyspiel der Organisation «Stars for Life» hat er sie zu Gunsten der Krebsliga Schweiz noch einmal hervorgeholt. Zusammen mit zahlreichen anderen Sport-Prominenten wie Werner Günthör, Paul Laciga oder Bruno Risi zeigte er in der Eishalle Düdingen vor rund 1000 Besuchern noch einmal sein Können. Dabei kamen satte 10 000 Franken an Spenden geldern zusammen. l
Nach der Finalissima ist vor der WM. Nach dem enttäuschenden 9. Platz im Vorjahr will die Mannschaft von Trainer Sean Simpson im finnischen Helsinki wieder angreifen, um die Viertelfinals zu erreichen (siehe Interview mit Sean Simpson ab S. 62). Sie selber können dank dem Schweizer Fernsehen in der ersten Reihe sitzen. Auf SF zwei werden ab dem 5. Mai alle Spiele der Schweizer Nati live und in HD übertragen. Im Einsatz werden u.a. Steffi Bucheli und André Rötheli sowie Jan Billeter und l Mario Rottaris stehen.
hotSHOT des Monats
Fotos : Florida Redline Lady Panthers
Die Florida Panthers sind die am südlichsten angesiedelte Organisation der NHL und haben als erste überhaupt Cheerleaders eingesetzt (2006). Alexis von den Redline Lady Panthers erzählt uns, warum sie im «Sunshine State» Florida Cheerleaderin eines Eishockey-Teams ist. Alexis, du lebst im Sonnenschein-Staat Florida. Warum cheerst du für ein EishockeyTeam? Ich mag Sport allgemein, aber ich entschied mich für ein Eishockey-Team, weil diese Sportart Spannung und Intensität in den Süden Floridas gebracht hat. Wie bist du eine der 30 Cheerleaderinnen der Redline Lady Panthers geworden? Nach dem Besuch eines Florida Panthers-Spiel war ich so beein druckt von der Begeisterung der Fans und der Aggressivität des Spiels. Die Möglichkeit, in dieser Umgebung zu tanzen und zu per formen hat mich angetrieben, für das darauf folgende Jahr bei den Cheerleader vorzusprechen. Ihr habt an den Spielen viele verschiedene Kleidchen. Welches trägst du am liebsten?
Wir haben verschiedene tolle Uniformen, die wir bei den Spielen tragen. Meine Lieblings-Uniform ist aber unser Originalkleidchen. Es hat die Farben unseres Teams und zeigt unseren Team-Spirit am besten. Die Lady Panthers sind bei sehr vielen Events engagiert. Hast du noch einen Beruf oder ist das ein «full time job»? Neben dem Cheeren für die Panthers besuche ich das College als Vollzeit-Studentin im Hauptfach Massenkommunikation. Ich hoffe, eines Tages bei einem Sportsender Fuss fassen zu können. Zum Schluss noch eine persönliche Frage. Was sollten wir von dir wissen, was niemand weiss? Niemand weiss, dass ich heimlich mit dem «Broward County Sheriff’s SWAT-Team» hier in Süd Florida trainiert habe und eine Meisterin der Selbsverteidigung geworden bin. l
Hol Dir die Redline Lady Panthers das ganze Jahr nach Hause! Geniesse die hübschen Cheerleaderinnen am Strand von Ford Lauderdale in Florida. Du kannst Dir den Swimsuit-Kalender 2012-2013 online bestellen. http://panthers.nhl.com/club/page. htm?id=65989
Virtual National League
Fribourg Schweizer Meister der Virtual National League Der HC Fribourg-Gottéron ist Schweizer Meister der Virtual National League! Die Fribourger besiegten im Final das virtuelle Team vom EHC Biel mit 2:1 Siegen. Im kleinen Final konnte sich der SC Bern gegen die Rapperswil-Jona Lakers mit 2:0 Siegen durchsetzen. Spannende Duelle im Halbfinal Nachdem alle Halbfinalisten ihre Duelle im Viertelfinal mit 3:0 Siegen für sich entscheiden konnten, verliefen die Halbfinals sehr spannend. Sowohl Fribourg als auch Biel gewannen knapp mit 2:1 Siegen gegen die Lakers und den SC Bern.
Im Kleinen Final setzte sich schlussendlich der SC Bern gegen die Lakers mit zwei Siegen durch.
Fribourg Meister der VNL Im Final kam es zum Romand-Duell zwischen dem HC Fribourg-Gottéron und dem EHC Biel. Der EHC
Was ist die Virtual National League? In der Virtual National League stellte jeder National League A-Club eine eigene «Gamer Mannschaft» zusammen, die in einer Qualifikationsphase und den anschliessenden Playoffs um den offiziellen, virtuellen Schweizer Meistertitel kämpfte. An fünf verschiedenen Standorten, verteilt über die ganze Schweiz, bestritten die virtuellen Teams die 300 Qualifikationsspiele, je zehn Spielrunden pro Event, an PlaySation3-Konsolen und vor High-End Sony-Screens und TVs. Im PlayoffEvent kämpften die acht bestplatzierten Mannschaften um den offiziellen virtuellen Meistertitel.
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Biel, Zweiter in der Qualifikation, konnte das erste Spiel mit einem 4:2-Sieg für sich entscheiden. Auch im zweiten Spiel führten die Seeländer bis sechs Sekunden vor Schluss, ehe dem Qualifikationssieger aus Fribourg der Ausgleich zum 2:2 und schliesslich der Sieg im Penaltyschiessen gelang. Im dritten und alles entscheidenden Spiel setzten sich die Saanestädter schlussendlich mit einem 3:1 Sieg durch. Die National League gratuliert dem HC FribourgGottéron für den Schweizermeister-Titel der Virtual National League. Weiter möchten wir uns bei allen Teams für die Teilnahme bedanken, v.a. aber bei «Jumbo» Monopoli und seinem Team und allen weiteren Helfern für die tolle Arbeit! l
SLAPShots Torres toppt History-Test: Johann Morant Tristan Scherwey, SCB 14 Spielsperren und 1000 Franken Busse hat der Berner Johann Morant für die rüde Attacke in Spiel 3 des Playoff-Finals gegen ZSC-Spieler Cyrill Bühler und das Stossen eines Linesman erhalten. Es handelte sich um die härteste Strafe, die die National League je ausgesprochen hat. Das Urteil polarisierte – einige fanden die Strafe gerecht, andere verwiesen auf die NHL, in der solche Vergehen angeblich weniger hart oder gar nicht geahndet würden. Letztere dürften vielleicht seit Spiel 3 der PlayoffsSerie zwischen Chicago und Phoenix ihre Meinung revidieriert haben. Dort checkte Phoenix-Stürmer Raffi Torres Chicago-Star Marian Hossa, der nicht in Puck-Besitz war, auf offenem Eis. Während des Checks verliessen Torres' Schlittschuhe das Eis. Da sich Hossa verletzte und Torres Wiederholungstäter ist, sprach Brendan Shanahan, NHL Senior Vice President für Spielersicherheit, ein Sperre von satten 25 Spielen aus. Angesichts der Tatsache, dass es sich dabei «nur» um einen Check handelte, dürfte Morant wohl froh sein, dass er in der Schweiz spielt. Wie hätte Shanahan wohl erst eine PrügelAttacke von hinten mit einem anschliessenden l Vergehen an einem Offiziellen bestraft?
Powerskating in den Bergen Wie wichtig Powerskating ist, weiss mittlerweile fast jeder Hockeyspieler. Und dass man immer dazu lernen kann, zeigte in dieser Saison das Beispiel von Nino Niederreiter, der vor seiner ersten NHL-Saison hierfür eigens in ein zweiwöchiges Camp nach Portland reiste. Auch hier in der Schweiz gibt es Möglichkeiten, sich in diesem Bereich weiterzu entwickeln. Eine davon ist das Trainingscamp von Besa Tsintsadze, der schon mit Grössen wie Sydney Crosby, Ewgeni Malkin oder Sergei Malkin zusammengearbeitet hat und derzeit in der Organisation der Boston Bruins tätig ist. Das Camp findet vom 11. bis zum 16. Juni in Arosa statt. Weitere Informationen finden Sie unter www.sismhockey.com. l
Nie mehr das Wichtigste verpassen!
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«Nur wer die Geschichte kennt, kann die Zukunft gestalten», hatte einst der preussische Philosoph, Politiker und Schulreformer Wilhelm von Humboldt gesagt. Diese Lebensweisheit gilt auch für den Sport. Deshalb hat sich SLAPSHOT aufgemacht, unsere Hockeystars auf ihre Geschichtskenntnisse zu testen. Dabei werden ihnen je fünf Fragen zu zwei Themenfeldern gestellt. In dieser Ausgabe ist Bern-Stürmer Tristan Scherwey (21) an der Reihe. Tristan Scherwey, als früherer Gottéron-Junior können Sie sich sicher noch an das geniale Sturm-Duo Bykow/Chomutow erinnern. Wissen Sie, wer die beiden in die Schweiz geholt hat? Das müsste ich eigentlich wissen, oder? (überlegt) Nein, keine Ahnung... Es war der damalige Präsident Jean Martinet. Das Team erreichte in dieser Zeit 1992, 1993 und 1994 den Final. Welche SCB-Legende war zu dieser Zeit dort Trainer? Sein Sohn spielt heute in der NL A. Cadieux? Richtig, Paul-André Cadieux. Der war übrigens dort schon an der Bande, als Gottéron 1983 zum ersten Mal Vizemeister wurde. Welcher Spieler galt damals als Leitwolf dieser Mannschaft? Das wüsste mein Vater sicher (lacht) Jean-Charles Rotzetter... Tatsächlich? Das war ja mein Trainer bei Fribourg-Gottéron! Dann haben Sie vielleicht gemerkt, dass er neue Zähne hat. Sein damaliger Zahnarzt ist heute der höchste Eishockeyfunktionär der Welt. Wie heisst er? IIHF-Präsident René Fasel. Dass der Zahnarzt war, wusste ich gar nicht... Richtig. Ausserdem wurde ein ehemaliger Fribourg-Junior als erster Schweizer Stanley Cup-Sieger.
(Unterbricht) David Aebischer. Auch das stimmt. Schauen wir mal, wie gut Sie über den SCB Bescheid wissen. Wo hat der Klub gespielt, bevor er 1967 an den heutigen Standort umzog? Im Weyermannshaus? Nein, in der Ka-We-De. Voilà. Der SCB pflegt, lange auf seine Tor hüter zu setzen. Seit 1955 gab es nur fünf Keeper, die für die erste Mannschaft des SCB aufliefen. Wissen Sie, wer der Vorgänger von Renato Tosio war? Oh… René Kiener? Nein, Kiener ist zwar der Dienstälteste – von 1955 bis 1973 –, aber nicht der Mann vor Tosio. Das war Edgar Grubauer von 1980 bis 1987. Machen wir einen kleinen Zeitsprung: Zwischen 1989 und 1992 wurde der SCB drei Mal Meister. Wer stand bei diesen drei Titeln an der Bande? (Überlegt lange) Da muss ich passen. Der Amerikaner Bill Gilligan. Im nächsten Meisterjahr, 1997, war beim SCB gewissermassen eine «Italo-Fraktion» am Werk. Wie hiess damals der grosse Star? Puuuh... Muss nochmals passen. Gaetano Orlando. Noch kurz zum Meistertitel 2004: Wer war damals Meisterschütze? Unser SCB Future-Chef Marc Weber. Genau. Damals schoss Weber im letzten Spiel der Finalserie in Lugano in der 15. Minute der Verlängerung das entscheidende 4:3. Dafür gibt es von uns 5 Punkte und die Note 3,5.
Hockey-News Für SMS: Senden Sie Eisho Start an 164 (50 Rp./SMS). Fürs Telefon: Wählen Sie 164 (90 Rp./ Anruf und Min.). Fürs iPhone: Senden Sie SMS mit Stichwort iPhone an 164. Für alle übrigen Handys: Senden Sie Stichwort Sport an 164. Mehr Infos unter: www.sport164.ch 28.02.12 15:06
Frauen-Nationalmannschaft
Ein Exploit, aber kein Zufall Die Schweizer Frauennationalmannschaft hat an an der WM im US-amerikanischen Burlington dank einem 6:2-Sieg gegen Finnland sensationell Bronze gewonnen. Text: Matthias Müller Foto: freshfocus
Mit dem Gewinn der Bronzemedaille haben die Schweizer Eishockeyfrauen Geschichte geschrieben. Als drittes Schweizer Auswahlteam im modernen Eishockey haben sie an einer Weltmeisterschaft den Sprung aufs Podest geschafft. Zuvor war dies erst der U20-(Bronze 1998) und der U18-Nationalmannschaft (Silber 2001) gelungen. In diesen drei Fällen finden sich zwei Gemeinsamkeiten: Bei allen drei Erfolgen brauchte es einen überragenden Goalie (1998 David Aebischer, 2001 Tobias Stephan, 2012 Florence Schelling) und einen Exploit auf der Basis einer Entwicklung. Lange war die Fraueneishockeywelt in drei Welten aufgeteilt: In der besten spielten Kanada und die USA, in der zweiten Finnland und Schweden und in der dritten der Rest. Mittlerweile haben sich die tektonischen Platten verschoben. Während die nordamerikanischen Mannschaften noch immer
Der Weg zur Bronzemedaille Gruppenspiele: Schweiz – Deutschland Schweiz – Slowakei Schweiz – Schweden Viertelfinal: Schweiz – Russland Halbfinal: Schweiz – USA Spiel um Platz 3: Schweiz – Finnland
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2:3 (1:1, 1:2, 0:0) 2:1 (1:0, 0:1, 1:0) 3:2 (1:1, 0:0, 2:1) 5:2 (2:1, 3:1, 0:0) 0:10 (0:3, 0:1, 0:3) 6:2 (2:2, 1:0, 3:0)
Gold und Silber unter sich ausmachen, hat sich der Rest den Skandinaviern angenähert. Mit dem Bronzemedaillengewinn der Schweizerinnen konnte (mit Ausnahme von Russlands Bronze 2001), erstmals jemand aus diesem «Rest» einen WM-Podestplatz erringen. Es ist deshalb wenig erstaunlich, dass Trainer René Kammerer, der die Mannschaft seit mittlerweile acht Jahren als Cheftrainer betreut, den Schlüssel zu diesem Erfolg nicht nur im Turnierverlauf, sondern auch in der Vorbereitung und in der Erfahrung der Mannschaft sieht: «Wir waren haben diese Situation, ein Bronzespiel gegen Finnland, bereits an der WM 2008 erlebt.»
Es ist enger geworden Erstaunlich ist dabei der Fakt, dass die Mannschaft ausserordentlich jung ist – mit Ausnahme der zurücktretenden Kathrin Lehmann (32) waren alle Spielerinnen jünger als 26 – und bis auf vier Akteurinnen alle schon an der WM im Vorjahr mit von der Partie waren. Das würde darauf schliessen lassen, dass vor einigen Jahren bewusst ein Umbruch eingeleitet worden ist. Doch Kammerer verneint: «Hinter Kanada und den USA ist es unglaublich eng geworden. Die Schweiz, Russland,
Deutschland, die Slowakei, Japan und auch Tschechien sind näher zusammengerückt. Es ging auch immer ums Überleben, eine langfristige Planung war unmöglich. Wir mussten diese Turniere mit den besten Spielerinnen bestreiten, egal welcher Generation sie angehören.» Gleichwohl sind die Perspektiven zumindest in sportlicher Hinsicht rosig: Mit den ZSC Lions ist in der LKA neben Lugano eine zweite grosse Kraft entstanden, die auch international zu überzeugen vermag, mit Dominique Slongo (Brandis) und Sophie Anthamatten (Saastal) stehen zwei Keeperinnen in Diensten eines 1.-Ligisten und mit der Kloten-Stürmerin Phoebe Staenz (18) hat im März erstmals eine Frau in einem Novizen-Elite-Final ein Tor geschossen. Überdies spielen immer mehr Akteurinnen in nordamerikanischen CollegeTeams. Interessant wird indessen werden, wie sich der Erfolg nun auf die Professionalisierung im Betreuungs- und Coachingstaff auswirken wird. Der zu 100 Prozent berufstätige Kammerer hatte im letzten Jahr öffentlich sein Verbleiben davon abhängig gemacht, geändert hat sich wenig. An der WM hat er nun nicht nur eine Medaille, sondern auch ein weiteres Argument gewonnen. l
Journal de Montréal
Kanada staunt... Zum ersten Mal hat eine grosse kanadische Zeitung das Playoff-Finale in der Schweiz thematisiert. Das Boulevard-Blatt «Le Journal de Montréal». Die wichtigste francophone Publikation in Kanada mit einer Auflage von knapp 300 000 Exemplaren. Die Eishockey-Bibel in der Welthauptstadt des Eishockeys mit täglicher Polemik über die «Canadiens de Montréal», mit 24 Stanley Cups das erfolgreichste Hockeyunternehmen der Welt. Text: Foto:
Klaus Zaugg Herbert Lehmann
Pierre Durocher (57) kommt also aus der besten aller Hockeywelten. Er ist mehr als ein Sportreporter. Er ist ein Poet. Seit 1975 schreibt er nicht nur über NHL-Eishockey, über die Montréal Canadiens, über die Stanley Cup-Finals. Er hat schon zündende Reportagen über die Formel 1, über die Heldentaten der kanadischen Sportler bei Olympischen Spiele oder über Baseball geschrieben. Es braucht schon viel, damit Pierre Durocher staunt. Das «Journal de Montréal» hat ihn in die Schweiz entsandt. Um über das Playoff-Finale zwischen dem SC Bern und den ZSC Lions zu berichten. Pierre Durocher hat die zwei ersten Partien live im Stadion verfolgt. Sein Besuch hatte durchaus einen Zusammenhang mit den Montréal Canadiens: Nach der schlimmsten Saison der Geschichte dreht sich Ende März/ Anfang April in Montréal alles um die Frage: Wer wird neuer General Manager? Wer wird neuer Trainer? ZSC-Trainer Bob Hartley ist in Montréal nicht nur als Trainer (Stanley Cup-Sieger 2001 mit Colorado) ein Begriff. Er war darüber hinaus in den letzten Jahren ein populärer TV- und Radio-Hockeyexperte und schreibt auch während seiner Zeit in Zürich regelmässig Kolumnen. Wir treffen uns vor dem ersten Spiel vor d e m PostFinance-Tempel in Bern. Und gleich ist Pierre Durocher in seinem Element: Sébastien Bordeleau läuft uns über den Weg. Ein ehemaliger Spieler der Montréal Canadiens, Meister mit dem SC Bern und zuletzt beim EHC Biel. Der gute Pierre hat eine prima Story. Noch ist er nicht sonderlich beeindruckt von der helvetischen Hockeywelt. Von aussen sieht ja der Berner Hockey-Tempel keineswegs imposanter aus als die NHL-Paläste. Aber dann lernt der weitgereiste Reporter das Staunen. Fasziniert sieht er zu, wie zu den Klängen des Berner Marsches die riesige Fahne über
SLAPSHOT-Author Klaus Zaugg (l.) mit Pierre Durocher vom Journal de Montréal in der Berner PostFinance-Arena.
der grossen Steh rampe aufgezogen wird. Er sagt, so etwas habe er noch nie gesehen und seine solche Atmosphäre habe er noch in keinem H o ckey st adion erlebt. Und er wird es auch so in seiner Zeitung beschreiben: «Une ambiance sans pareille à Berne». Den Lärm findet er ohrenbetäubend und er kann es fast nicht fassen, dass die Fans zum Wirbel der Tambouren während des ganzen Spiels ihr Team unermüdlich vorwärts treiben. Beeindruckt ist er auch von der Trinkfestigkeit der Zuschauer und er wird seinen Lesern schreiben: «Laissez-moi vous dire qu’il s’en boit de la bière ici.» Und er fragt mich, ob es wahr sei, dass es beim Finale hin und wieder sogar zu Prügeleien zwischen den Fans komme. Nein, sage ich ihm, schon lange nicht mehr und sowieso nicht in Bern. Das sei nur früher so
gewesen. Als Lugano im Final gewesen sei – aber das sei schon lange, lange her, Lugano habe seit 2006 nie mehr eine Playoffserie gewonnen. Das hat er dann aber so nicht geschrieben. Nach dem Spiels staunt Pierre Durocher auch über unsere Hockey-Folklore. Er kann es nicht fassen, dass es keinerlei Torhüterstatistik gibt in einem Land, das mit Jonas Hiller sogar einen der besten NHL-Goalies hervorgebracht hat. Dass es keine Torschussstatistik, keine Plus/Minus-Statistik, keine Statistik über die Eiszeit der einzelnen Spieler und nach Spielschluss keinen Spielrapport gibt. Wo doch jede Liga auf der Welt solche Statistiken seit Menschengedenken führt. Er ist fast ein w enig hilflos. Wie ich ihm diesen Mangel an Statistiken erklärt habe, bleibt unter uns. Er hat es auch nicht geschrieben. Und was denkt ein Mann, der seit mehr als 30 Jahren die NHL beobachtet, über das Niveau unserer Liga? Er ist echt beeindruckt. Vom Tempo und auch von der Intensität, vor allem in der zweiten Partie in Zürich, die von den ZSC Lions 2:1 gewonnen wird. l
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2,5 Sekunden...
Foto: Herbert Lehmann
Bührer versucht die Scheibe festzuhalten, Hänni liegt im Torraum, Tambellini stochert, Rüthemann stochert, Ambühl stochert, Jobin stochert, McCarthy drückt ab, Kurmann entscheidet sofort auf Tor. 2,5 Sekunden vor Ablauf der regulären Spielzeit in der Finalissima. 2:1, die ZSC Lions sind Meister. Ein Moment für die Ewigkeit – festgehalten in diesem einen Bild.
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Schweizer Meister 2011/2012
Ein Sieg für die Ewigkeit
Wer an diesem 17. April 2012 in der PostFinance-Arena war, wird dieses Spiel nicht mehr vergessen. Es war eine Finalissima, die unter die Haut ging. An die Nerven. Ins tiefste Innerste. Und am Ende auch in die Geschichtsbücher. Die ZSC Lions entrissen dem SCB den Meistertitel. ZSC-Coach Bob Hartley coachte wie ein Löwe, seine Spieler kämpften mit einem Löwenherz. Mit Biss und Beharrlichkeit arbeiteten sie sich in dieser Finalserie zurück, befreiten sich aus einer aussichtslos scheinenden Lage und wurden dann zu grossen Party-Löwen. Die ZSC Lions schafften ein Eishockey-Wunder, das am 23. Dezember 2011 in Genf begann – wobei dies damals fast niemand merkte... 12
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Mission erf端llt!
Schweizer Meister 2011/2012 Text: Klaus Zaugg Fotos: Pius Koller, Herbert Lehmann, Reto Fiechter
Siege und Niederlagen sind im Sport nur Momentaufnahmen und verlieren sich bald in den Gärten unserer Erinnerungen. Aber hin und wieder erleben wir grandiose Siege und tragische Niederlagen, die sich in unser Gedächtnis einbrennen und die sich im Laufe der Zeiten zu Legenden und Mythen und Sagen verdichten. Wie das Wunder von Lake Placid, dieser wundersame Olympia-Sieg der US-Boys von 1980. Oder das Tor von Paul Henderson 34 Sekunden vor Schluss des achten und letzten Spiels, das Kanadas NHL-Profis 1972 den Sieg in den «Super Series» gegen die Sowjetunion bescherte. Oder der Sieg der Schweiz gegen Russland an der WM 2000 in St. Petersburg. Auch das Playoff-Finale 2012 werden wir nie mehr vergessen. Wenn sich schon lange niemand mehr an den Titel der ZSC Lions von 2008 oder die Triumphe des SC Bern in den 1990er Jahren erinnern kann, wenn vielleicht die Städte Zürich und Bern zu einer Megapolis verschmolzen sind, werden wir noch immer mit leuchtenden Augen unseren Urenkeln von diesem heroischen Ringen der Hockeyhelden im Frühjahr 2012 erzählen. Diese Finalserie lebte, wie noch keine andere, von der Dramatik. Von der imposanten Kulisse. Dem gewaltigen Medienecho – und von Zürchern, die keine Zürcher waren. Wenn wir draussen in der Schweiz «Zürich» hören, dann denken wir auf dem Land draussen an arrogante Schnösel, wohlstandsverwahrloste Partygänger und Egoisten, die keine Ahnung mehr haben von den konser vativen Werten, die im Bernbiet hinten oder in Davos oben gepflegt werden. Aber nun verneigen wir uns vor den Zürchern und entschuldigen uns in aller Form für solche Vorurteile.
Gebaut für grosse Momente Die ZSC Lions haben nicht einfach die Meisterschaft 2012 gewonnen. Sie haben diesen Titel erkämpft, erlitten, erduldet, sie haben gehofft und gebangt, wie nie zuvor eine Mannschaft. Diese meisterlichen ZSC Lions sind, wie es Simon Graf, der Chronist des «Tages Anzeiger» so schön geschrieben hat, «gebaut für grosse Momente». Sie haben uns den grössten Moment in der Geschichte unserer Playoffs beschert. Hätte Hollywood einen Sportfilm über die ZSC L ions gedreht, der Streifen wäre beim Publikum durchgefallen: zu kitschig, zu romantisch, zu dramatisch. So etwas ist im richtigen Leben nicht möglich. Alles beginnt eigentlich schon im Weinmonat, am 21. Oktober 2011. SCB-Manager Marc Lüthi wirft seinen Trainer Larry Huras nach einem 1:2 n.V. gegen die ZSC Lions aus dem Tempel und ersetzt ihn durch Antti Törmänen. Niemand ahnt, dass dieser Törmänen sein persönliches Waterloo im April auch durch eine, noch viel dramatischere, 1:2-Niederlage gegen die ZSC Lions erleiden wird. Von da
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HARTLEY
ZSC Lions
an holpert der SCB durch die Saison, rauft sich schliesslich zusammen, beendet die Qualifikation nach einem 1:4 gegen Ambrì im letzten Spiel auf dem 5. Platz und steht schliesslich nach Triumphen über Kloten und Gottéron im Finale. Es ist bereits jetzt eine der kurzweiligsten SCB-Saisons seit dem Wiederaufstieg von 1986. Auch der Weg der ZSC Lions ist mühselig. Die Saison beginnt mit einem 5:6 n. V. gegen Zug, es folgt eine beängstigende Serie von Heimnieder lagen. Kurz vor Weihnachten, am 23. Dezember, blitzt in Genf erstmals auf, was sich später in den Playoffs wie ein Gewitter über den Gegnern ent laden wird. Die Lions müssen Servette besiegen. Sonst rutschen sie unter den Strich und verpassen womöglich die Playoffs. In der letzten Minute die verrückte Wende: Mit drei gegen fünf Feldspieler trifft Leitwolf Mathias Seger zum Ausgleich und im Penaltyschiessen gewinnen die Zürcher. Hier zeigt sich zum ersten Mal, warum diese Mannschaft für grosse Momente gebaut ist. «Welch eine verrückte Bande», wird Trainer Bob Hartley seine Meistermannschaft nennen und
Der Mann, der das Unmögliche möglich machte: Trainer Bob Hartley hat die ZSC Lions mit ungblaublicher Akribie, Gradlinigkeit und Kompromisslosigkeit zu einem Meisterteam geformt.
sagen, er könne nicht in Worte fassen, was er empfinde. «Denn Stolz ist als Wort nicht genug.» Die Zürcher zeigen an diesem 23. Dezember eine Leidenschaft, einen unerschütterlichen Glauben an die eigenen Möglichkeiten und einen Wagemut, die jeden gegnerischen Coach erschrecken müssten. Aber niemand sieht die Gefahr. Schliesslich schaffen die ZSC Lions die Playoffs auf dem 7. Platz und stehen in den Viertelfinals vor einer unlösbaren Aufgabe: Es wartet Meister Davos, das erfolgreichste Team des 21. Jahrhunderts.
Der Schlüssel zum Drama Dieser Blick zurück ist wichtig. Nur so können wir verstehen, wie dieses grandiose Finale, dieser
T itelgewinn der ZSC Lions möglich geworden ist. Zwei Mannschaften, die nach einer vergnüglichen Qualifikation leichten Fusses ins Finale gestürmt wären, hätten uns kein Drama bieten können. Nur Spieler, die schon zuvor so oft unten durch mussten, die aus einem Stahlbad der Emotionen und Enttäuschungen kamen, waren robust genug, um in diesem Finale allen Belastungen standzuhalten. Es ist kein Zufall, dass schliesslich die ZSC Lions zweieinhalb Sekunden vor Schluss triumphierten. Sie mussten zuvor in der Qualifikation noch härter unten durch als die Berner. Die uneinnehmbar scheinenden Festungen brechen in den Playoffs in sich zusammen: Meister Davos und Qualifikationssieger Zug verlieren
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Schweizer Meister 2011/2012
Der Playoff-MVP: Als es darauf ankam, war Andres Ambühl besser als je zuvor. Unermüdlicher Antreiber und zusammen mit Thibaut Monnet produktivster Zürcher in den Playoffs.
viermal hintereinander. Die ZSC Lions stehen im Finale. Aber da werden sie chancenlos sein. Die Meinungen der Experten sind längst gemacht. Der SCB wird höchstens fünf Spiele brauchen, um die vier Siege einzufahren. Niemand erkennt, dass diese ZSC Lions eben eine Mannschaft sind, «gebaut für grosse Momente». Dabei hätten wir das eigentlich schon zu diesem Zeitpunkt wissen oder doch erahnen können. Wissen müssen. Hatten uns die ZSC Lions denn nicht schon früher grosse Momente beschert? Den Meistertitel von 2001 nach einem 1:3 Rückstand im Finale gegen Lugano. Den Triumph in der Champions Hockey League 2009. Den ersten Schweizer Sieg über ein NHL-Team und den Gewinn des Victoria Cups im Herbst 2009. Gut, aber das war doch schon eine Weile her. Seither hatten wir in Zürich vor allem OperettenHockey erlebt. Die ZSC Lions hatten nach dem Titel von 2008 dreimal hintereinander bereits das Viertelfinale verloren. Weder Zauberlehrling Colin Muller noch Weltmeister und Olympiasieger Bengt-Åke Gustafsson konnten als Trainer etwas
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ausrichten. Eine uncoachbare Interessengemeinschaft von Jungmillionären. Zu viel Geld, zu w enig Geist. Zürich halt.
Hartley ist kein Schwätzer Bob Hartley hat das alles geändert. Er nimmt im Ährenmonat 2011 seine Arbeit auf dem Eis gänzlich unbelastet auf. Er weiss nichts von den Vor urteilen gegen faule und überbezahlte Stars. Von der Unmöglichkeit, aus Lukas Flüeler einen Meistergoalie zu machen und dass es ausgeschlossen ist, dass aus Luca Cunti ein guter NL A-Spieler werden kann. Und als er schon nach wenigen Wochen von der Leidenschaft dieser Spieler, von der enormen Lern- und Leistungsbereitschaft erzählt, ja schwärmt, wird der Stanley Cup-Sieger von 2001 heimlich belächelt. Wir wissen es ja: Die Kanadier reden halt so. Immer positiv.
Aber Bob Hartley ist kein Schwätzer. Er ist ein ehrlicher, leidenschaftlicher Motivator und Ausbildner. Er ist von seiner Mission besessen, in Zürich etwas Aussergewöhnliches zu erreichen. Weil es nicht läuft, wie es laufen sollte, beschwört er seine Spieler und sagt, die schlechte Klassierung in der Tabelle entspreche nicht den Leistungen im Training und im Spiel. Wenn jeder jeden Tag weiter arbeite und den Glauben nicht verliere, werde man im Frühjahr die Hockey-Welt schocken. Wer die Zeichen an diesem 23. Dezember in Genf bei diesem 4:3 n.P. richtig zu deuten vermag, kann erstmals die Konturen des kommenden Eishockey-Wunders erkennen. Nur einer tut es und ist nun felsenfest überzeugt, ein Hockeywunder schaffen zu können. Bob Hartley. Er spricht am 23. Dezember nach dem Spiel so e nthusiastisch über dieses Spiel, als hätte er einen Titel gewonnen. Der Trainer ist eben immer schuld. Auch die besten Mannschaften brauchen einen Leitwolf an der Bande. Einen Coach mit einer feinen Antenne für Stimmungen in der Kabine, der die Emotionen zu steuern vermag. Einen Coach, der die Stärken und Schwächen des Gegners
ZSC Lions 4:3
2:4, 2:1, 0:3, 0:2, 2:1 n.V., 6:3, 2:1
0:4
1:4
(1:7, 1:2, 2:3 n.V., 1:5)
(2:4, 2:3 n.P., 1:6, 2:1 n.P., 0:3)
4:1
0:4
4:2
1:4
(3:1, 4:1, 5:4 n.V., 3:4, 5:2)
(2:4, 1:6, 1:2, 0:1)
(2:3, 4:2, 2:4, 2:0, 6:2, 5:4 n.V.)
(2:3, 3:6, 3:0, 1:4, 2:3)
erkennt und die richtige Gegentaktik ent wickelt. Einen Coach, der an der Bande nie die Übersicht verliert und auch in der Hitze des intensivsten Ringens die richtigen Entscheidungen trifft. Wenn eine gute Mannschaft keinen guten Trainer hat, dann kommt es so wie in der österreichischen Armee zu Zeiten Napoléons: Löwen, geführt von Eseln. Doch diesmal wird es nicht sein wie in Österreich zu Zeiten Napoléons: Diesmal werden die Löwen geführt von einem Löwen. Wenn zwei so ausgeglichene Mannschaften mit einer fast identischen Spielanlage wie der SCB und die ZSC Lions um den Titel antreten, wenn es zu einem finalen siebten Spiel kommt – dann entscheiden Details. Die Hockeygötter würfeln zwar. Aber Bob Hartley hat ihnen die Würfel entrissen und selber das Schicksal bestimmt.
Der Kampf gegen den Mythos Die ZSC Lions haben alles ausgehalten. Sie liegen in diesem Finale 1:3 zurück und können nur noch Meister werden, wenn sie dreimal hintereinander gewinnen. Dreimal hintereinander einen Gegner besiegen, gegen den sie soeben drei von vier Spielen verloren haben? Einen selbstbewussten Gegner, den sie nie von A bis Z dominiert, geschweige denn je an die Wand gespielt haben. Einen Gegner, der nun zwei dieser möglichen drei letzten Spiele auf eigenem Eis austragen darf. Im Berner Hockeytempel PostFinance-Arena. Im grössten Stadion ausserhalb von Amerika. Es ist nicht nur ein Kampf gegen eine Mannschaft.
Es ist viel mehr: Es ist das Ringen gegen einen Mythos. Den Mythos SCB. Selbst in Ehren ergraute Zyniker, die glauben, alles gehört und geschaut zu haben, bekommen in diesem Tempel eine Hühnerhaut und lernen das Staunen, wenn sie sehen, wie zu den Klängen des Berner Marsches die riesige Fahne über der grossen Stehrampe aufgezogen wird. Nichts passt so gut zum SCB wie dieser «Marche de Berne». Mit einem viel zu martialischen Text, um politisch korrekt zu sein. Aber passend zum Hockey. Fremder, höre den Berner Marsch und Du wirst die SCB-Seele verstehen. Und die Chancenlosigkeit der ZSC Lions. «Träm, träm trädiridi Alli Manne standet i! Die vor Ämme, die vor Aare, Stark und frey in Not und Gfahre! Träm, träm trädiridi Mir wei freyi Schwyzer sy! Rüeft is's Land zum Schutz a d'Gränze, Lue, wie d'Ouge allne glänze! Träm, träm trädiridi Üse Mutz isch gärn derby! Stellet ne a d'Spitzi füre, Sachermänt, är stieret's düre! Träm, träm trädiridi Bis zum Tod muess g'stritte sy! Üser Buebe müesse säge: «Si sy gstorbe üsetwäge!»
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Foto: W. Da Rin
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HERZLICHE GRATULATION ZUR SCHWEIZERMEISTERSCHAFT. Die Löwen haben Herz gezeigt. Wir sagen Danke für all die unvergesslichen Momente. Gratulieren zu einem überragenden Play-off. Und freuen uns, Partner der besten EishockeyMannschaft der Schweiz zu sein.
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G SE
ZSC Lions
ER
Der Meisterschütze Es scheint ein Naturgesetz zu sein, dass bei den ZSC Lions ein Ausländer zum Meisterschützen wird. 2000 war es Adrien Plavsic (CAN), 2001 Morgan Samuelsson (SWE), 2008 Domenico Pittis (CAN), 2012 ist es Steve McCarthy. Für den Kanadier war es das erste Tor in den Playoffs und das wohl wichtigste seiner Karriere. Der 31-jährige Verteidiger war erst im Oktober mit einem einmonatigen Probevertrag zu den Lions gestossen. Als Junior hatte er die U20-WM 2001 als Captain einer Auswahl bestritten, in der so grosse Namen wie Bouwmeester, Spezza oder Heatley standen. Doch den grossen NHL-Durchbruch schaffte der Erstrundendraft nicht. 2006/2007 spielte er unter Bob Hartley bei den Atlanta Thrashers, später verletzte er sich 2009 in der AHL schwer am Knie. Die letzte Saison bestritt McCarthy mit TPS Turku, punktemässig kam er nicht über eine «Brille» hinaus. Hartley gab ihm nun in Zürich noch einmal eine Chance, der läuferisch und technisch starke Verteidiger nutzte sie. Zuerst verdrängte er Cory Murphy aus der Aufstellung, dann mutierte er in den Playoffs zum besten Verteidiger der Lions. Eine schöne Story, die durch dieses Meistertor, 2,5 Sekunden vor Schluss, sogar noch zum Märchen wurde.
In diesem Hockeytempel siegen die ZSC Lions 2:1. Wer dabei war, wird diese letzten Minuten dieses grandiosen Dramas nie mehr vergessen. Es ist, als könnten sich die Hockeygötter einfach nicht entscheiden, wem sie die Gunst erweisen wollen. Es ist längst kein Spiel mehr. Es ist ein zähes Ringen um jeden Zentimeter, jeden Puck. Mit einer Intensität, die irgendwo zwischen NHL und NL A steht. In einer elektrisierenden Atmosphäre, die es so in diesem HockeyTempel noch nicht gegeben hat. Erst zweieinhalb Sekunden vor Schluss (!) gewähren die Hockeygötter den ZSC Lions die meisterliche Krönung. Der kanadische Verteidigerhaudegen Steve McCarthy trifft zum ersten Mal in diesen Playoffs. Zum 2:1. Er ist der Meisterschütze. Andres Ambühl, der dominierendste Stürmer dieser ganzen Finalserie, hatte sich zuvor durch die SCB-Abwehr gepflügt. Aber weil es ein Drama ist, geben die hervorragenden Schiedsrichter das Tor, das diese Meisterschaft entscheidet, nicht sofort. Erst nach Konsultation des Videos, nach bangem Warten, bestätigen sie das 2:1. Die ZSC Lions sind Meister. Vielleicht hat es in der Geschichte unserer Playoffs noch nie eine so gute Defensivleistung gegeben wie jene der ZSC Lions in diesem finalen 7. Spiel. Die Berner sind wohl optisch leicht überlegen. Sie mobilisieren alle Kräfte. Aber
Der Leitwolf: Obwohl Captain Mathias Seger spielerisch nicht an seine besten Jahre herankam, war er der Spieler, der das Team zusammenhielt und führte. Mit seinem Gamewinner in Spiel 5 leitete er die Wende ein.
sie vermögen die ZSC-Abwehr nur einzudrücken und mit einer einzigen Ausnahme (die führte zum Ausgleich) nie auszuhebeln, auszuspielen, auszumanöverieren. Die Zürcher zelebrieren perfektes defensives Eishockeyschach. Wenn es denn stimmt, dass ein Torhüter nur so gut ist, wie die Vorderleute ihn machen – hier wird der Beweis für diese These erbracht. Lukas Flüeler wird von seinen Vorderleuten zum Meistergoalie gemacht.
«No fear!» – «Habt keine Angst!» Viereinhalb Minuten vor Schluss stehen die Zuschauer auf. Als wollten sie ihren SCB zur Schlussattacke, zum Titelgewinn vorwärts treiben. Aber es sind die Zürcher, die diese finalen Minuten dominieren. Für diese allerletzte Phase
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Löwenstark. Sympany gratuliert den ZSC Lions zum Meistertitel 2012. Vielen Dank an die Mannschaft und den Club für die herausragende Leistung. Mission erfüllt – jetzt wird gefeiert. www.sympany.ch
LER FLÜE
Schweizer Meister 2011/2012 Spieler Stats 2011/2012 Torhüter
30 Lukas Flüeler 2389 Min. 5 SO 2,17 GGA 906 Min. 1 SO 1,53 GGA 31 Ari Sulander 650 Min. 3 SO 2,14 GGA 6 Min. – 0,00 GGA
90,72 SV% 2 PIM 93,92 SV% 2 PIM 88,42 SV% 2 PIM 100,00 SV% 0 PIM
Verteidiger
Der Meistergoalie: Lukas Flüeler wurde von vielen schon abgeschrieben. In den Playoffs wuchs er über sich hinaus und legte damit die Basis für den Titel.
vor der unvermeidlich scheinenden Verlängerung setzt ZSC-Coach Bob Hartley zum ersten Mal alles auf eine Karte. Er ahnt, dass der Gegner vom vergeblichen Ansturm ermüdet und ermattet ist. Dass er jetzt auf die Pause hofft, um durchatmen zu können. Wir erleben einen der grössten Momente in der Geschichte des Coachings. Ein Bandengeneral entscheidet das Ringen. Schon in der zweiten Pause hat Bob Hartley seine Jungs aufgestachelt und ihnen wohl zwanzig Mal ein gebläut: «No fear!» («Habt keine Angst!»). Hartley spürt, dass seine Spieler konditionell stärker sind als die Berner. Er fasst die besten Kräfte zusammen, stellt Jeff Tambellini und Andres Ambühl wieder in eine Reihe. Die Zürcher reiten die finale Attacke mit der gleichen Tollkühnheit wie einst Lord Cardigans leichte Kavallerie-Brigade im Krimkrieg den Sturmangriff vor Balaklawa – und damit überraschen sie den Gegner. Das ist das verrückte Ende eines Dramas: Der SCB wird in seiner eigenen Arena in den Schlusssekunden um den Lohn seiner Anstrengungen gebracht. Es ist die bitterste Niederlage der Vereinsgeschichte.
3 Steve McCarthy (CAN) 28 Sp. 3 T. 5 As. 8 Pt. 12 PIM 15 Sp. 1 T. 5 As. 6 Pt. 6 PIM 4 Patrick Geering 47 Sp. 3 T. 15 As. 18 Pt. 20 PIM 15 Sp. 0 T. 0 As. 0 Pt. 8 PIM 5 Severin Blindenbacher 40 Sp. 5 T. 16 As. 21 Pt. 77 PIM 15 Sp. 0 T. 2 As. 2 Pt. 16 PIM 6 Robin Breitbach (GER/SUI-Liz.) – Sp. – T. – As. – Pt. – PIM – Sp. – T. – As. – Pt. – PIM 11 Andri Stoffel 49 Sp. 0 T. 1 As. 1 Pt. 4 PIM 15 Sp. 0 T. 1 As. 1 Pt. 12 PIM 15 Mathias Seger 43 Sp. 4 T. 17 As. 21 Pt. 30 PIM 14 Sp. 2 T. 4 As. 6 Pt. 4 PIM 18 Daniel Schnyder 50 Sp. 2 T. 5 As. 7 Pt. 14 PIM 15 Sp. 0 T. 3 As. 3 Pt. 2 PIM 22 Luca Camperchioli 19 Sp. 0 T. 0 As. 0 Pt. 2 PIM 0 Sp. 0 T. 0 As. 0 Pt. 0 PIM 27 Cory Murphy (CAN) 24 Sp. 3 T. 7 As. 10 Pt. 4 PIM 0 Sp. 0 T. 0 As. 0 Pt. 0 PIM 43 John Gobbi 41 Sp. 1 T. 4 As. 5 Pt. 42 PIM 15 Sp. 0 T. 0 As. 0 Pt. 0 PIM
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HDK
Wir gratulieren dem Meister zum Sieg!
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cash ist offizieller Club Sponsor der ZSC Lions in der Saison 2011/2012.
ZSC Lions Und es ist zugleich der grösste Sieg, den die ZSC Lions in der nationalen Meisterschaft je errungen haben. Ein finaler Triumph im Berner H ockey-Tempel. Da bleibt nur noch das grösste Lob, das es in Bern zu vergeben gibt: Die Zürcher waren die besseren Berner. Träm, träm trädiridi.
Bei Frey überwiegt die Zufriedenheit
CU
NT
I
Doch das letzte Wort geben wir dem Milliardär Walter Frey, dem Gründer, Besitzer und Präsidenten der ZSC Lions, dem Mann, der sozusagen als Kultursponsor dieses einmalige Schauspiel ja erst möglich gemacht hat. Und dessen Bescheidenheit so treffend die Meistermannschaft der ZSC Lions charakterisiert. Er stand nach dem grossen Triumph unten im Kabinengang, umringt von Gra-
Das Genie: Von Hartley aus der NL B geholt, spielte Luca Cunti endlich sein riesiges Talent aus. Er war der mit Abstand spektakulärste Spieler dieser Playoffs.
tulanten und um ihn herum war das Delirium ausgebrochen. Auf die Frage, wie er sich fühle, sagt er mit der Gelassenheit eines Gentleman: «Die Zufriedenheit überwiegt.» l
Stürmer
7 Thibaut Monnet 48 Sp. 5 T. 16 As. 15 Sp. 5 T. 9 As. 8 Sven Ryser 29 Sp. 1 T. 1 As. 0 Sp. 0 T. 0 As. 9 Domenico Pittis 49 Sp. 12 T. 19 As. 13 Sp. 5 T. 4 As. 10 Cyrill Bühler 49 Sp. 3 T. 2 As. 15 Sp. 2 T. 1 As. 12 Luca Cunti 35 Sp. 9 T. 14 As. 15 Sp. 1 T. 7 As. 13 Niki Altorfer – Sp. – T. – As. – Sp. – T. – As. 14 Jeff Tambellini 50 Sp. 23 T. 22 As. 15 Sp. 4 T. 8 As. 16 Juraj Kolnik 6 Sp. 0 T. 2 As. 9 Sp. 1 T. 2 As. 19 Reto Schäppi 45 Sp. 5 T. 5 As. 15 Sp. 4 T. 1 As. 25 Tim Ulmann 11 Sp. 0 T. 0 As. 0 Sp. 0 T. 0 As. 38 Thomas Ziegler 36 Sp. 0 T. 2 As. 6 Sp. 0 T. 0 As. 39 Mark Bastl 50 Sp. 9 T. 8 As. 15 Sp. 4 T. 3 As. 41 Chris Baltisberger 11 Sp. 0 T. 1 As. 15 Sp. 0 T. 2 As. 44 Andres Ambühl 48 Sp. 15 T. 16 As. 15 Sp. 6 T. 8 As. 71 Patrik Bärtschi 48 Sp. 10 T. 9 As. 15 Sp. 9 T. 2 As. 72 Blaine Down 24 Sp. 6 T. 9 As. 8 Sp. 1 T. 3 As. 84 Patrick Schommer 40 Sp. 1 T. 7 As. 9 Sp. 0 T. 0 As. 91 Ronalds Kenins 47 Sp. 6 T. 12 As. 15 Sp. 0 T. 4 As.
21 Pt. 14 Pt.
4 PIM 0 PIM
2 Pt. 0 Pt. 31 Pt. 9 Pt.
12 PIM 0 PIM (CAN) 46 PIM 27 PIM
5 Pt. 3 Pt.
12 PIM 2 PIM
23 Pt. 8 Pt.
18 PIM 6 PIM
– Pt. – Pt.
2 Pt. 3 Pt.
– PIM – PIM (CAN) 16 PIM 4 PIM (SVK) 0 PIM 4 PIM
10 Pt. 5 Pt.
10 PIM 6 PIM
0 Pt. 0 Pt.
0 PIM 0 PIM
2 Pt. 0 Pt.
10 PIM 0 PIM
17 Pt. 7 Pt.
26 PIM 4 PIM
1 Pt. 2 Pt.
2 PIM 2 PIM
31 Pt. 14 Pt.
60 PIM 6 PIM
19 Pt. 11 Pt.
8 PIM 4 PIM (CAN) 18 PIM 2 PIM
45 Pt. 12 Pt.
15 Pt. 4 Pt.
8 Pt. 6 PIM 0 Pt. 0 PIM (LAT/SUI-Liz.) 18 Pt. 48 PIM 4 Pt. 6 PIM
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Das neue Gesich Ein wichtiger Grund für den Titelgewinn der ZSC Lions ist, dass man sich von Beginn weg auf Kräfte aus der eigenen Nachwuchsabteilung besann und auch in schwierigen Zeiten nie von dieser Linie abrückte. Ein wichtiger Grund dafür, dass der SCB den Zürchern absolut gleichwertig war, ist, dass er genau das gleiche getan hatte. Text: Matthias Müller Fotos: Pius Koller
Statistik 2011/2012 Torhüter
39 Marco Bührer 2236 Min. 5 SO 2,32 GGA 1053 Min. 3 SO 1,71 GGA 35 Olivier Gigon 800 Min. 2 SO 2,83 GGA 13 Min. – 0,00 GGA
91,60 SV% 8 PIM 94,40 SV% 0 PIM 90,60 SV% 0 PIM 100,00 SV% 4 PIM
Verteidiger
2 Beat Gerber 49 Sp. 2 T. 6 As. 17 Sp. 1 T. 2 As. 4 Dominic Meier 29 Sp. 0 T. 0 As. – Sp. – T. – As. 8 Joel Kwiatkowski 42 Sp. 8 T. 12 As. 14 Sp. 2 T. 2 As. 9 Martin Höhener 43 Sp. 2 T. 3 As. 17 Sp. 0 T. 1 As. 19 Geoff Kinrade 7 Sp. 0 T. 4 As. 17 Sp. 0 T. 3 As. 29 Philippe Furrer 43 Sp. 6 T. 15 As. 17 Sp. 1 T. 8 As. 49 Andreas Hänni 35 Sp. 0 T. 12 As. 17 Sp. 0 T. 4 As. 72 David Jobin 42 Sp. 1 T. 14 As. 16 Sp. 2 T. 4 As. 74 Johann Morant 18 Sp. 0 T. 2 As. 3 Sp. 0 T. 0 As. 77 Travis Roche 25 Sp. 2 T. 13 As. 3 Sp. 0 T. 1 As.
24
8 Pt. 3 Pt.
16 PIM 4 PIM
0 Pt. – Pt.
10 PIM – PIM (CAN) 52 PIM 16 PIM
20 Pt. 4 Pt. 5 Pt. 1 Pt. 4 Pt. 3 Pt.
24 PIM 2 PIM (CAN) 35 PIM 8 PIM
21 Pt. 9 Pt.
48 PIM 4 PIM
12 Pt. 4 Pt.
44 PIM 4 PIM
15 Pt. 12 PIM 6 Pt. 2 PIM (FRA/SUI-Liz.) 2 Pt. 37 PIM 0 Pt. 25 PIM (CAN) 15 Pt. 25 PIM 1 Pt. 4 PIM
2,5 Sekunden. Das sind gut 25 Flügelschläge eines Spatzen, die den SC Bern von der rettenden Sirene getrennt hatten. Im wohl ausgeglichensten Final aller Zeiten waren die ZSC Lions, das trifft e s wohl ziemlich gut, um 2,5 Sekunden, um ein klitzekleines 100 000tel einer ganzen Saison besser. Neben all den grossen Meisterwürdigungen, Ehren- und Lobgesängen auf Bob Hartley & Co. darf, ja muss man sich auch die Frage stellen: Wie hat es der SCB geschafft, diese völlig entfesselten Lions dermassen herauszufordern? Je nach Bedarf kann die Antwort darauf vielschichtig und komplex oder aber einfach und klar
Pascal Berger
formuliert werden. Wir entscheiden uns für Letzteres und sagen: Die Berner waren wie die ZSC Lions. Sie spielten ein ähnliches Grundsystem, sie hatten einen guten Goalie, sie hatten drei Aus länder, die überzeugen, aber letztlich nicht überragen konnten (je zwei Stürmer und einen Ver teidiger) und sie hatten junge Stürmer aus dem eigenen Nachwuchs, die Verantwortung bekamen und die sich dafür mit phasenweise tollen Leistungen revanchierten. Im Falle des SC Bern sprechen wir hier von Joël Vermin (20), Pascal Berger (23), Etienne Froidevaux (23), Tristan Scherwey (20) und Christoph Bertschy (18), die nicht erst in den Playoffs, sondern besonders auch in der Regular Season zu glänzen wussten.
Talent, Charakter, Fleiss Dass man in der PostFinance-Arena dermassen stark auf die eigenen Jungen setzt, mag über raschend wirken. Tatsächlich ist das Ganze aber ein Prozess, den man in Bern schon vor zehn Jahren, als die SCB Future AG gegründet wurde, eingeleitet hatte. Dementsprechend vehement verneint SCB-GM Sven Leuenberger die Frage, ob ein Paradigmenwechsel stattgefunden habe. «Der SCB verfügte schon immer über guten Nachwuchs. Seit acht oder neun Jahren versuchen wir, einen oder zwei pro Jahrgang nachzuziehen. Doch damit die Jungen bei uns in der ersten Mannschaft integriert werden können, müssen sie zu den absoluten Top-Spielern in ihren Jahrgängen gehören. Die anderen müssen einen Umweg machen.» Leuenberger spricht weiter von drei Tugenden, die heute ein Junior mitbringen müsse, um den Sprung in die NL A zu schaffen: Talent, Charakter und Fleiss. Wem nur eine dieser Eigenschaften fehle, dem reiche es nicht. Und dass in den letzten vier Jahren gleich fünf (mit Roman Josi waren es sogar sechs) zu Stammspielern geworden sind? War das Zufall oder Glück? Nein, findet Leuenberger: «Im Falle solch grosser Talente wie Josi oder Vermin war zwar ein wenig Glück dabei. Aber wir haben diese Jungen zu den Top-Spielern ihres Jahrgangs gemacht.» Ein gutes Beispiel für dieses «Made in Bern»- Siegel ist sicherlich der Fall von Pascal Berger. Der 23-Jährige spielt seit eh und je für den SCB, seit 2008 ist er NL A-Stammspieler. Er steigerte sich kontinuierlich, in diesem Jahr hatte er nun seine
Vize-Meister
ht des SCB
Stürmer
Byron Ritchie, Pascal Berger, Joël Vermin & Co. bewiesen auch in der Niederlage Grösse.
Joël Vermin
grosse Saison. Mit 32 Punkten in der Qualifikation (18 Tore) konnte er sine Ausbeute aus dem Vorjahr mehr als verdoppeln, in den Playoffs kamen zehn weitere Punkte hinzu. Phasenweise, besonders als dem Team weniger gut lief, war er gar der beste Berner. «Ein tolles Jahr», bestätigt Berger, doch er wisse es auch entsprechend einzuordnen: «Ich konnte praktisch immer mit den Ausländern spielen, das darf man nicht unterschlagen.» Es sei dieses Vertrauen gewesen, das es ihm ermöglicht habe, sich so gut in Szene zu setzen. Er findet, dass man damit das richtige Zeichen setzte: «Wir Jungen haben sicher eine gute und wichtige Rolle gespielt.»
10 Tristan Scherwey 48 Sp. 2 T. 7 As. 9 Pt. 16 Sp. 1 T. 2 As. 3 Pt. 11 Jean-Pierre Vigier 37 Sp. 7 T. 7 As. 14 Pt. 3 Sp. 0 T. 0 As. 0 Pt. 17 Jean-Pierre Dumont 31 Sp. 8 T. 23 As. 31 Pt. 14 Sp. 6 T. 7 As. 13 Pt. 20 Etienne Froidevaux 50 Sp. 6 T. 4 As. 10 Pt. 17 Sp. 3 T. 5 As. 8 Pt. 24 Caryl Neuenschwander 42 Sp. 3 T. 4 As. 7 Pt. 17 Sp. 1 T. 2 As. 3 Pt. 26 Marc Reichert 40 Sp. 4 T. 3 As. 7 Pt. 17 Sp. 2 T. 2 As. 4 Pt. 27 Thomas Déruns 40 Sp. 4 T. 11 As. 15 Pt. 13 Sp. 2 T. 5 As. 7 Pt. 28 Martin Plüss 49 Sp. 11 T. 18 As. 29 Pt. 17 Sp. 6 T. 4 As. 10 Pt. 32 Ivo Rüthemann 50 Sp. 9 T. 16 As. 25 Pt. 17 Sp. 7 T. 4 As. 11 Pt. 51 Ryan Gardner 49 Sp. 11 T. 21 As. 32 Pt. 17 Sp. 4 T. 6 As. 10 Pt. 61 Kevin Lötscher – Sp. – T. – As. – Pt. – Sp. – T. – As. – Pt. 83 Christoph Bertschy 31 Sp. 8 T. 8 As. 16 Pt. 17 Sp. 1 T. 1 As. 2 Pt. 89 Pascal Berger 50 Sp. 18 T. 14 As. 32 Pt. 17 Sp. 4 T. 6 As. 10 Pt. 92 Joël Vermin 33 Sp. 11 T. 9 As. 20 Pt. 17 Sp. 2 T. 3 As. 5 Pt. 93 Byron Ritchie 47 Sp. 22 T. 21 As. 43 Pt. 17 Sp. 2 T. 12 As. 14 Pt. 97 Adrian Brunner 22 Sp. 1 T. 2 As. 3 Pt. 3 Sp. 0 T. 0 As. 0 Pt.
18 PIM 6 PIM (CAN) 24 PIM 4 PIM (CAN) 22 PIM 4 PIM 12 PIM 18 PIM 47 PIM 6 PIM 8 PIM 18 PIM 6 PIM 4 PIM 28 PIM 6 PIM 10 PIM 2 PIM 10 PIM 2 PIM – PIM – PIM 8 PIM 8 PIM 6 PIM 6 PIM 0 PIM 2 PIM (CAN) 50 PIM 18 PIM 2 PIM 0 PIM
Alle News zu Deinem Team:
SCB START an 898 (CHF –.50/SMS) Abo löschen: SCB STOP an 898
travel Alle Klub Keywords: 898mobile.ch
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peugeot.ch
Merci SCB! Seit 1989 unterstützen wir den Sc Bern und selten haben wir eine so turbulente Saison wie diese erlebt. Auch wenns nicht ganz zum Titelgewinn gereicht hat, möchten wir uns beim ScB und allen Fans für die spektakulären Spiele und die grossartige Atmosphäre bedanken. Wir wünschen euch allen eine erholsame Sommerpause und freuen uns schon auf den Herbst, wenns wieder heisst: ScB olé!
WIR SIND STOLZ AUF EUCH!
MOTION & EMOTION
Vize-Meister Vermin bester Schweizer auf Draft-Liste Ein anderer, der sich speziell hervortat, war Joël Vermin. Der 20-Jährige spielte so gut, dass er, direkt vor seinem Teamkollegen Christoph Bert schy, in der europäischen Draft-Liste des NHL Central Scouting Bureau als bester Schweizer auf Rang 34 geführt wird. Und dies notabene, obwohl er nicht mehr zum eigentlichen DraftJahrgang gehört. Eine so genannte «Sophomore-Season» – eine harte zweite Saison, wie sie für Junge eher die Regel denn die Ausnahme ist – hat er nicht erlebt. «Ich habe immer peinlichst vermieden, an dieses Phänomen zu denken», erklärt Vermin, der regelmässig in den Toplinien zum Einsatz kam und insbesondere auch im Playoff-Final eine hervorragende Leistung ablieferte. Ihm kam entgegen, dass er eine schwache Phase des Teams um die Jahreswende wegen der U20-WM verpasste.
gen dabei so prominente Rollen übernehmen konnten. «Das Gemisch ist wichtig», weiss er. «Dazu braucht es junges Blut, mit ein wenig Blauäugigkeit und ein wenig Naivität. Wir sind in weniger guten Phasen eher unbekümmerter und können so Impulse verleihen.»
Christoph Bertschy
«Das Gemisch ist wichtig: Junges Blut, mit ein wenig Blauäugigkeit und ein wenig Naivität.»
Tristan Scherwey
Die kurze und prägnante Analyse von Joël Vermin.
Törmänens feine Antenne Einen Teil der Lorbeeren darf sich natürlich auch Trainer Antti Törmänen abholen. Der ehema lige Topspieler gehört einer neuen Generation von Trainern an, die eine feinere Antenne für die Befindlichkeiten der Spieler haben und versuchen, individuelle, technische Skills hervorzuheben. Rundum werden sein Umgang und seine Kommunikation gelobt. Als er sein Amt im Oktober antrat, war eine seiner ersten Handlungen, den talentierten Junior Christoph Bertschy neben die Routiniers Ivo Rüthemann und Martin Plüss zu stellen. Dasselbe hatte Larry Huras übrigens vor einem Jahr bereits mit Vermin gemacht. Die ganze Sache hatte durchaus auch Kalkül. «Als Organisati-
Etienne Froidevaux
Für ihn war dieses Jahr nicht nur im sportlichen, sondern auch im menschlichen Bereich lehrreich. Auf der einen Seite war es hart zu sehen, wie schnell man beim anspruchsvollen Berner Publikum in die Kritik kommt, wenn es mal nicht läuft. «Ich habe zwar nichts direkt abbekommen, aber es tut schon weh, wenn die Leute finden, dass wir schlecht spielen und uns keine Mühe geben. Wir haben ja immer alles versucht», so Vermin. Andererseits waren diese Playoffs für ihn eine der grössten Erfahrungen im Leben. «Es ist schon ganz speziell, wenn plötzlich die ganze Stadt nur noch über Hockey redet. Echt krass.» Wie Berger freut sich Vermin darüber, dass er und seine Kolle-
on haben wir unsere jungen Akteuren in wichtige Positionen gesetzt und sind nicht davon abgewichen. Man hätte ja wie andere Klubs mehr auf die Toplinien mit den Nationalspielern und Ausländern setzen können. Der Platz Ende der Regular Season war vielleicht auch deshalb nicht wirklich gut. Dafür konnten wir in den Playoffs gemeinsam aufdrehen», erklärt GM-Leuen berger. Ob man im kommenden Jahr gleich handeln wird und kann, hängt von den Talenten ab, die folgen. Julian Schmutz, Reto Amstutz und Marco Müller werden zusammen quasi den 14. Stürmer bilden, die beiden Ver teidiger Silvan Hebeisen und Samuel Kreis zumindest im Sommer mittrainieren und ein wenig an der Profi-Luft schnuppern. «Es wird sich zeigen, wie sich diese Spieler verhalten», meint Leuenberger viel sagend. So viel ist klar: Der SCB muss sich in Sachen Nachwuchsförderung nicht hinter den ZSC Lions l verstecken.
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Check gegen Knie.
Der professionelle Amateur Stefan Eichmann (39) ist seit beinahe 25 Jahren Schiedsrichter und hat sich nebenbei ein eigenes Unternehmen aufgebaut.
Spielerwechsel.
Als Stefan Eichmann 1992 sein Debüt als Linesman in der Nationalliga gab, waren diverse Spieler, die heute in dieser Liga spielen, noch nicht einmal geboren. Als alt gilt er deswegen noch lange nicht. Die meisten Schiedsrichter haben mehr Jahre auf dem Buckel. Und trotzdem darf man den Berner ohne schlechtes Gewissen zur «alten Schule» zählen. Er ist einer, der sich mit Trainern und Spielern nicht gross auf Diskussionen einlässt, einer, der sich nicht mit Gesten inszeniert. Obwohl er mittlerweile zehn Jahre Headschiedsrichter ist, kennt man ihn in der Öffentlichkeit kaum. «Ich habe Grundsätze, die ich verteidige», sagt der 39-Jährige. Er beharre darauf, ein Minimum an Respekt zu erhalten. «Auch wenn ich mit einer Entscheidung falsch liege.» Ein einschneidendes Erlebnis war für Eichmann in diesem Zusammenhang wohl das letzte Wochenende im Januar 2010. Zuerst wurde er vom Thurgauer Andreas Küng, zwei Tage später von
Servettes Juraj Kolnik mit dem Stock tätlich angegangen. «Das ist schon verrückt: In gut 2000 Spielen ist mir so etwas zwei Mal passiert. Und das an nur einem Wochenende», blickt er zurück. Obwohl er keinem der beiden Bösartigkeit unterstellt, griff er damals hart durch, beide Sünder wurden mit mehrfachen Spielsperren bestraft. «Irgendwo muss man einfach eine Grenze ziehen. Auch für das Schiedsrichterwesen als Ganzes.» Genauso wie auf dem Eis, hat Stefan Eichmann auch neben dem Eis stets eine klare Linie verfolgt. Der zweifache Familienvater hat sich eine eigene Vermögensverwaltung aufgebaut. Das bedeutet besonders in den Playoffs sehr viel Stress – in dieser Zeit fallen für ihn 300 bis 400 Steuerklärungen an –, gewährt ihm aber gleichzeitig Unabhängigkeit und Sicherheit. Den Vollprofistatus, wie ihn beispielsweise sein bester Freund Daniel Stricker inne hat, findet er zwar eine gute Sache, wäre für ihn aber undenkbar: «Eine Kombination mit meinem Beruf, wäre nur als Halbprofi denkbar.» Die Doppelbelastung sei für ihn kein Problem. Eine Partie sauber über die Bühne zu bringen, ist für den Pragmatiker auch nach 20 Jahren im emotionalen Dampfkessel National League ● noch immer Herausforderung genug.
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Danny Kurmann
Schiedsrichter
«Tor war regulär» Danny Kurmann wie Gottfried Dienst: Ein Schiedsrichter bekommt Kultstatus durch die Anerkennung eines umstrittenen Tores. Ein Treffer fiel am 17. April 2012 in der PostFinance-Arena in Bern, der andere am 30. Juli 1966 im Londoner Wembley-Stadion. Text: Klaus Zaugg Fotos: Pius Koller
Diese Szene gibt zu reden: Zweieinhalb Sekunden (!) vor Schluss liegt der Puck im Netz von SCBTorhüter Marco Bührer. 2:1 für die ZSC Lions. Mitten drin und gut postiert: Schiedsrichter Danny Kurmann (46). Er gibt das Tor. Die ZSC Lions sind Meister. Aber landesweit geht die Diskussion los: War dieser Treffer regulär? Danny Kurmann sagt am nächsten Tag: «Inzwischen habe ich bald das Gefühl, ich hätte das Wembley-Tor gegeben…» Das Wembley-Tor ist der Treffer zum 3:2, der den WM-Final 1966 zu Gunsten von England und gegen Deutschland entschieden hat (Schluss resultat 4:2). Aber bis heute ist nicht klar, ob der von der Latte nach unten springende Ball über der Torlinie war. Schiedsrichter Gottfried Dienst, der den Treffer gab, wurde weltberühmt. Danny Kurmann sagt, er habe am Mittwoch danach die ganze Szene nochmals durchgesehen und sei beruhigt. «Das Tor ist wirklich regulär.» Das bestätigt auch sein Chef Reto Bertolotti. Selbst SCB-General Marc Lüthi mag nicht polemisieren: «Es war ein Tatsachenentscheid. Fertig. Nur Verlierer führen jetzt noch Diskussionen.»
Es fiel kein böses Wort Und wie reagierten die Spieler? Danny Kurmann verteilt Blumen. «Alle Berner haben den Entscheid sportlich akzeptiert. Die Spieler auf dem Eis, aber nachher auch alle Funktionäre. Es ist kein böses Wort gefallen. Marco Bührer brachte mir, als alles vorüber und die Emotionen verebbt waren, ein Bier. Er war nicht sicher, ob der Treffer wirklich regulär war. Ich habe ihm in aller Ruhe meine Sicht der Dinge dargelegt und er hat meinen Entscheid akzeptiert. Wenn ich daran denke, was auf dem Spiel stand, so ist die Sportlichkeit, mit der alle Schiedsrichterentscheide akzeptiert worden sind, wirklich bemerkenswert. Das soll auch mal gesagt sein.» Auch die Fans haben mit Danny Kurmann ihren Frieden geschlossen. Er erzählt, er sei zur Entspannung am Mittwoch nach Emmen ins Kino gefahren. «Hunger games» wurde gespielt.
«Da stand auf einmal ein Mann hinter mir und frage mich: ‹Sind Sie nicht der Kurmann?› Als ich bejahte, sagte er, er sei ein grosser SCB-Fan. ‹Aber es isch scho rächt, Herr Kurmann, Sie haben richtig entschieden.›»
Nach Olympia 2014 ist Schluss Für Danny Kurmann ist die nationale Saison nicht vorbei. Er hat die während der Playoffs sistierten Vertragsverhandlungen mit Schiri-Chef Reto Bertolotti wieder aufgenommen: Wie ein Spieler oder Trainer hat auch Danny Kurmann eine zeitlich befristete Anstellung. Sein Vertrag läuft nach dieser Saison aus. Durchschnittlich hat er seit 1997 pro Saison rund 100 000 Franken verdient. Ungefähr so viel wie in seinem Beruf als Klimatechniker. Mit dem Unterschied, dass er ja nicht bis 65 Schiedsrichter sein kann. In zwei Jahren, also nach der Saison 2013/2014 sei Schluss. Obwohl für ihn als Profi die Alterslimite für Amateurrefs von 50 Jahren nicht gilt. «Mein grosses Ziel sind die Olympischen Spiele 2014. Dann trete ich nach der Saison 2013/2014 zurück und steige wieder ins Berufsleben ein. Was ich machen werde, weiss ich noch nicht. Am liebsten würde ich natürlich Nachfolger von Sepp Blatter werden. Aber das schaffe ich vermutlich nicht…» Eigentlich müsste ja Danny Kurmann mehr verdienen. Damit er, wie die Spieler und Trainer, für die Zeit nach der aktiven Karriere etwas Geld beiseitelegen kann. Aber die Klubs, die für die Löhnung der fünf Profi-Refs (Kurmann, Reiber, Rochette, Stricker und Massy) aufkommen müssen, sind knausrig. Reto Bertolotti rechnet trotzdem mit einer Lohnerhöhung für Danny Kurmann. «Wir verhandeln mit der Liga über höhere Entschädigungen.» l
Liga-Qualifikation
Abstieg? Sanfter Abstieg? Kein Abstieg? Ambrìs Leiden bescheren unserem Hockey wieder einmal eine Grundsatzdiskussion: Soll der Abstieg abgeschafft werden? Text: Klaus Zaugg Fotos: Pius Koller
Ambrìs Präsident Filippo Lombardi ist ein kluger Politiker. Er sitzt für die CVP im Ständerat und er wird der nächste Ständeratspräsident sein. So ist es nur logisch, dass er nach der zweiten LigaQualifikation hintereinander für sein Ambrì politische Lösungen sucht. Am liebsten würde er den Abstieg abschaffen. «Wenn wir ein neues Stadion bauen wollen, dann geht das nur, wenn wir den
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Geldgebern die Sicherheit bieten können, in die NL A zu investieren. Wir können in Ambrì in zwei Jahren mit dem Bau eines Stadions beginnen. Die Finanzierung durch die öffentliche Hand und private Investoren ist aber nur möglich, wenn ich garantieren kann, dass wir in der NL A bleiben.» Lombardi spürt, dass die Zeit wieder reif ist für dieses Anliegen. Auch in Genf und Biel sind Stadionprojekte aufgegleist, in Langnau sind die Bagger bereits für die Stadionsanierung aufgefahren. In diese neuen Arenen werden in den nächsten Jahren über 150 Millionen Franken investiert. Aber Ambrì, die SCL Tigers, Servette und Biel sind keineswegs unabsteigbar. Hockeypaläste für die NL B? Wohl kaum. Also: Die Liga schliessen, kein Absteiger mehr. Für die Abschaffung des Abstieges braucht es allerdings an einer Liga-Versammlung bei 56 Stimmen eine Dreiviertelmehrheit.
Die NL A-Klubs haben drei, die NL B Klubs zwei Stimmen. Das ist eine sehr, sehr hohe Hürde.
Geringe Chancen Deshalb sind die Chancen auf die Abschaffung des Abstieges vorerst gleich null. Denn die Grossen sind dagegen. ZSC-Manager Peter Zahner sagt: «Wenn in Ambrì nicht einmal mehr das Tessiner Derby ausverkauft ist, dann müssen wir uns unsentimental die Frage stellen: Braucht das Eishockey des 21. Jahrhunderts Ambrì noch? Ich weiss, niemand will das so klar sagen. Aber mit dieser Frage müssen wir uns befassen, bevor wir durch politische Massnahmen einen Klub schützen, den der Markt nicht mehr will.» So wie Filippo Lombardi für die Abschaffung des Abstieges ist, so konsequent wehrt sich Peter Zahner dagegen. Inzwischen hat sich der ZSC-Manager mit
HC Ambrì-Piotta SCB-General Marc Lüthi verbündet und ist fikation berücksichtigt werden.» Sein Lösungs dadurch einer der mächtigsten Hockeypolitiker ansatz: «Ich bin für eine Abschaffung der Playouts geworden: In den nächsten Jahren wird die Politik und der Ligaqualifikation. Dafür spielen die vier der Nationalliga auf der Achse Zürich-Bern Letztplatzierten unter Berücksichtigung aller gemacht. Es wird für die «Kleinen» und für die zuvor in der Qualifikation erspielten Punkte eine Welschen die «Achse des Bösen» sein. Doppelrunde. Der Letzte steigt ab. Aber nur, wenn Es gibt aber noch eine er zwei Saisons hinterdritte Variante, die einander auf dem letzinzwischen diskutiert ten Platz landet.» ir können den au eines tadions wird: der sanfte AbFilippo Lombardi und nur finanzieren wenn wir garantieren Ruedi Zesiger haben stieg. Langnaus Manableiben ger Ruedi Zesiger hat können dass wir in der gute Argumente. Aber sie ausgearbeitet. Dass am Ende des Tages Filippo Lombardi, Ambrì-Präsident er, wie es sich in der werden sich vorerst Schweiz gehört, einen noch die Hardliner um Kompromiss möchte, ist kein Zufall: Seine SCL Peter Zahner durchsetzen. Der Sport ist so erfolgFilippo Lombardi Tigers werden nie gross und unabsteigbar wie reich, wie er wahr ist. Es gibt Sieger und Verlierer. Peter Zahners ZSC Lions. Aber andererseits Niederlagen haben Konsequenzen. Das Drama werden sie unter normalen Umständen auch nicht des sportlichen Überlebenskampfes gehört zu den mehr in so grosse sportliche und wirtschaftliche Kernelementen des Sportes. Im richtigen Leben ren. Die Zahl der NLA-Vereine wurde mit elf unNot geraten wie Ambrì. Und weil Zesiger einst ein und in der Politik gelingt es immer mehr, mit aller- gerade. Also kehrte man nach nur einem Jahr zum erfolgreicher Politiker war (er sass im Berner lei Winkelzügen die Folgen von Versagen und Modus mit dem Absteiger zurück. Relegation und Kantonsparlament), weiss er nur zu gut: Wenn Niederlagen abzufedern. Im Eishockey nicht. Promotion gehören zur europäischen Hockey überhaupt, hat hockeypolitisch nur ein sanfter Bisher hat es seit der Einführung der Playoffs kultur wie Eis, Puck und Schläger. Abstieg eine Chance. (1985/1986) erst eine NLA-Saison ohne Abstiegs- Filippo Lombardi kann nicht aufatmen. Der AbLangnaus Hockeygeneral sagt es so: «Ich habe gefahr im Modus gegeben: 1996/1997. Aber es stieg wird vorerst nicht abgeschafft. Der aktuelle grosses Verständnis für Filippo Lombardis Ideen. funktionierte nicht. Erstmals seit über einem Jahr- Modus mit der Liga-Qualifikation ist der beste Stellen Sie sich vor, wir wären ausgerechnet jetzt, zehnt gingen damals die Zuschauerzahlen liga- Modus, den wir je hatten. Ambrìs Präsident bleibt unmittelbar vor Beginn der aufwändigen Sanie- weit zurück. In Ambrì von 4086 auf 2973 – um bei nur ein Weg: Peter Zahner und der ganzen rungsarbeiten an der Ilfishalle, in die NL B abge- Wiedereinführung des Abstieges 1997/1998 Hockeyschweiz beweisen, dass der Mythos Ambrì stiegen. Der Druck der Verantwortung lastete wieder auf 3929 zu steigen. Dem NLB-Meister lebt und das Eishockey-Business des 21. Jahrhunschwer auf uns.» Er hat deshalb seine eigenen Herisau konnte man den Aufstieg nicht verweh- derts Ambrì will und braucht. ● Vorstellungen, wie die Auf-/Abstiegsfrage neu geregelt werden könnte: «Wir müssen den Abstieg nicht gleich abschaffen. Aber mit der Alle News zu Deinem Team: derzeitigen Regelung bin ich nicht zufrieden. Es travel kann nicht sein, dass eine Mannschaft, die eine gute Saison spielte und lediglich ganz knapp die Playoffs verpasst, in ein Loch fällt und schliesslich Alle Klub Keywords: sogar in Abstiegsgefahr gerät. Deshalb muss eine 898mobile.ch Abo löschen: AMBRI STOP an 898 Lösung her, bei der die Leistungen in der Quali
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Liga-Qualifikation
Achtung, da wäch Der SC Langenthal hat zum ersten Mal an die Türe zur NL A geklopft. Noch sind die Langenthaler in der Ligaqualifikation gescheitert. Aber im Oberaargau entsteht ein neues NL A-Unternehmen. Text: Klaus Zaugg Fotos: Marcel Bieri / Pius Koller
Im Frühjahr 1984 sind die Langenthaler in der Aufstiegsrunde zur NLA zwar chancenlos. Aber sie besiegen den Titanen SC Bern zu Hause 7:2 und auswärts 4:2. So gut waren die Langenthaler seit ihrer Gründung im Jahre 1946 noch nie. Spieler wie Stürmer Bernhard Hugi, Heinz Läderach oder Verteidiger Paul Kühni geniessen in der Stadt die Popularität von Rockstars. Im «Langenthaler Tagblatt» schreibt Kultreporter Walter Ryser (er bringt es später bis zum Chefredaktor) auf der Frontseite einen Kommentar, der in die Geschichte eingeht. Titel: «SC Langenthal, wie hoch willst du noch hinaus?» Es rockt und rollt. Hockey- Hollywood in Langenthal. Aber es ist der Hochmut vor dem tiefen Fall. In der durchschnittlichsten Stadt der Schweiz (Markt forscher testen Produkte in Langenthal um zu wissen, ob ein Verkauf in der Schweiz möglich ist) wachsen die Bäume nicht in den sportlichen Himmel. Ein Jahr später sitzt SCL-Präsident HansJürg Käser auf einem Schuldenberg und einem sport lichen Trümmerhaufen: Abstieg in die 1. Liga. Käser sieht ein, dass er nicht zum Sportgeneral taugt, steigt in die Politik ein, wird erst Stadtpräsident und später Regierungsrat des Kantons Bern und damit hinter Bundesrat Johann Schneider-Ammann zum zweitmächtigsten Langenthaler. Nach diesem Abstieg ist für Walter Ryser klar: So hoch wie im Frühjahr 1984 wird der SCL nie mehr steigen. Der wohl beste Kenner der Oberaargauer Sportkultur irrt sich. Im Frühjahr 2012 erlebt er live im Stadion den Gewinn der NL B-Meisterschaft und die Liga-Qualifikation. Er ist jetzt Mitinhaber einer erfolgreichen Werbeagentur. Die Matchberichte schreibt nun sein Sohn Leroy. Wie ist das alles möglich geworden? Wie hat es der SC Langenthal geschafft, in die NL B zurückzukehren und im globalisierten Hockey-Business des 21. Jahrhunderts noch erfolgreicher zu werden
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als in der «guten alten Zeit», als alles noch viel einfacher war?
Kontinuität statt Kurzschlussreaktionen Das Erfolgsrezept ist ganz banal: Kontinuität. Will heissen: aus Fehlern lernen. Der Kardinalfehler in den meisten Sportunternehmen: In der Krise werden Manager gefeuert und Präsidenten treten zurück. Sie können aus ihren Fehlern nicht mehr die richtigen Schlüsse ziehen und ihre Nachfolger machen wieder die gleichen Fehler. Der SCL braucht 17 Jahre, um in die NL B zurückzukehren. 2002 sind die Langenthaler endlich wieder oben. Eigentlich wollten sie damals gar nicht aufsteigen.
Es sei nicht mehr möglich, in Langenthal ein NLBUnternehmen zu finanzieren, ein Aufstieg sei Wahnsinn und nicht machbar. Es sind dieselben Argumente, die soeben gegen einen Aufstieg in die NL A vorgebracht worden sind. Stephan Anliker ist ein erfolgreicher Architekt. Er ist bereit, im Frühjahr 2002 das Präsidium zu übernehmen. Aber er stellt eine Bedingung: Wir steigen auf. Die Geschichte vom Hochmut, der vor dem Fall kommt, ist vergessen. Unter Präsident Stephan Anliker und seinem Freund Heinz Schlatter stürmen die Langenthaler nach langem Anlauf erneut in den Hockeyhimmel. Im Frühjahr 2007 gewinnt
SC Langenthal
hst etwas... Mit Trainer Heinz Ehlers (l.) und den beiden Kanadiern Jeff Campbell (m.) und Brent Kelly hat der SC Langenthal die Schlüsselpositionen im sportlichen Bereich endlich richtig gut besetzen können.
der SC Langenthal erstmals die NL B-Qualifikation. Vor dem EHC Biel. Stephan Anliker lässt eine Studie über eine Zukunft in der NL A ausarbeiten und an einer Medienkonferenz präsentieren. Sein Manager und Hockeygeneral Heinz Schlatter breitet auf den Kartentischen die Pläne für den Aufstieg in die höchste Spielklasse aus. Die SCL Tigers und den SCB herausfordern? Warum nicht? Es rockt und rollt. Hollywood in Langenthal. Die Ernüchterung kommt schnell: Der SC Langenthal übersteht nicht einmal die Viertelfinals, scheitert schmählich an den GCK Lions und feuert den Trainer während der Playoffs. Wieder sitzt der SCL auf einem Schuldenberg. Aber diesmal ist es anders als 1985. Der Präsident wirft das Handtuch nicht. Diesmal werden Lehren gezogen. Stephan Anliker startet umsichtig und beharrlich die Operation «zurück zur Bescheidenheit» – so wie er es später auch im Fussball als Sanierer des heruntergewirtschafteten Nobelklubs GC tun wird. Ein tüchtiger Geschäftsführer (Gian Kämpf) und ein umsichtiger Sportchef (Reto Kläy) reorganisierten das Unternehmen. Es ist eine harte Lehrzeit. Es gibt Irrungen und Wirrungen beim Engagement der Ausländer und bei der Anstellung der Trainer. Der Präsident glaubt, den ungeliebten Trainer Kevin Ryan im Amt halten zu können – und muss doch kapitulieren. Aber auch jetzt wirft er das Handtuch nicht. Wieder lernt er. Die nächsten Ausländer (Jeff Campbell und Brent Kelly) sind die richtigen. Auch der nächste Trainer ist ein Glücksfall: Der dänische Calvinist Heinz Ehlers formt aus dem SC Langenthal in seiner ihm eigenen Beharrlichkeit ein Spitzenteam. Das alles ist nur möglich, weil Anliker und seine Crew aus ihren Fehlern lernen und die aus dem Scheitern gewonnenen Erkenntnisse umsetzen können. Auch der 2007 gescheiterte Manager Heinz Schlatter, der dann in Langnau zusammen mit Präsident Hans Grunder die SCL Tigers in einen Hockey- Zirkus verwandelte, ist wieder ins Boot geholt worden. Schlatter ist in Frieden und ungewohnter Bescheidenheit heimgekommen nach Langenthal und stellt seine reiche Erfahrung im Hockey-Business als Verwaltungsrat zur Verfügung. Vieles deutet darauf hin, dass die Liga-Qualifikation 2012 nicht ein einsamer Höhepunkt in der Oberaargauer Sportgeschichte bleiben wird. Sollte es Stephan Anliker auch gelingen, ein neues Stadion zu b auen, war die Ligaqualifikation gegen Ambrì der erste Schritt auf dem Weg in die NL A. Durchaus möglich, das dereinst Walter Rysers Grosskinder Matchberichte in der NL A schreiben werden. Das Erfolgsmodell Langenthal basiert nicht auf Geheimwissenschaften. Sondern auf der einfachen Erkenntnis, dass sich Beharrlichkeit, Geduld und Kontinuität am Ende des Tages auszahlen. Wer die gleiche Beharrlichkeit und Geduld aufbringt, kann es kopieren. ●
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Näher geht nicht.
100% Eishockey
Spielberichte, Analysen, Hintergrundstorys, Statistiken, Interviews, Datencenter, Vereinsnews, Gerüchte…
Red Ice Martigny
Fedulovs letzter Streich Es schien, als wollte Hockey-Methusalem Igor Fedulov (45) partout nicht aufhören. Sein Durchhaltewillen hat sich ausgezahlt. Nun kann der langjährige NL A-Star seine tolle Karriere mit einem Erfolgserlebnis abschliessen: Als Captain hat er Red Ice Martigny in die NL B geführt. Text: Matthias Müller Foto: Swiss Ice Hockey / Patricia Gmeinder
Er hat es gemacht wie viele ehemalige Profis, die nicht aufhören wollten. Nachdem er in der NL B bei Lausanne abgeschlossen hatte, wechselte der 45-jährige Igor Fedulov noch einmal nach Martigny in die 1. Liga. Das Motto für die Saison 2011/2012 hatte dieser Klub, der einst zwangs relegiert wurde und seit drei Jahren vom russischstämmigen Investor Andrej Nascheskin alimentiert wird, schon früh definiert: Der Aufstieg, und nichts als der Aufstieg zählt. Für dieses Ziel bediente man sich, wo man konnte. Mit Corey Ruhnke (Ajoie), Reto Lory (Visp) oder eben Fedu lov wurden mehrere Spieler mit National LeagueErfahrung geholt. Zudem konnte man sich nach dem verweigerten Aufstieg beim letztjährigen Regio League-Meister, den Huttwil Falcons, fast beliebig bedienen. An den personellen Voraussetzungen, soviel war klar, sollte es nicht scheitern. Doch obwohl die vom ehemaligen Profi Albert Malgin gecoachten Walliser bis zur Finalrunde nur ein einziges Spiel verloren hatten, wurde es zum Schluss spannend. Wegen einer Heimniederlage gegen den EHC Winterthur musste Martigny quasi in die Verlängerung. Das allesentscheidende Spiel gegen die Zürcher konnte man schliesslich doch mit 3:0 für sich entscheiden. Fedulov, zum ersten Mal in seiner 20-jährigen Karriere Captain, durfte den Pokal als erster in die Höhe stemmen. «Es war fantastisch, vor diesem Publikum und bei dieser Stimmung einen solchen Triumph feiern zu können», schwärmt der schweizerisch-russische Doppelbürger. Es war gleichzeitig auch seine letzte Amtshandlung als Spieler. In der kommenden Saison wird er Albert Malgin, seinen lang jährigen Freund, als Assistenztrainer in der NL B unterstützen und die Hockeyschule in Martigny leiten. Erfahrung bringt er dafür mit: Zwischen
2009 und 2011 war er Trainer bei den Mini Top in Lausanne, wo er 2009 den Westschweizer Titel holte.
Schwierige Umstellung Die Saison sei sportlich nicht so einfach gewesen, wie es auf den ersten Blick aussehen mag. Das Team verlor in der Regular Season zwar nur ein einziges Mal. «Doch wir wussten, dass in den Finalspielen mit Zuchwil und Winterthur harte Brocken warteten. Darauf mussten wir uns einstellen und das war schwierig», so der Stürmer. Dass er die Karriere mit diesem Triumph abschliessen kann, ist für den Stürmer, der 1999 mit Lugano Meister wurde und 2002 mit Servette in die NLA aufstieg, eine Genugtuung. In der letzten Saison in Lausanne hatte er nur 19 Spiele absolvieren können. «Eine wunderbare Saison zum Abschluss», findet Fedulov. Genau deshalb habe er noch ein Jahr angehängt. «Ich wollte noch l einmal gewinnen.»
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Benjamin Conz
Bricht er endlich den Goalie-Fluch? Nach Jahren der Irrungen und Wirrungen hat der HC Fribourg-Gottéron endlich einen Schweizer Torhüter, mit dem alle glücklich werden können: Benjamin Conz. Text: Klaus Zaugg Foto: Peter Eggimann
Wenn es stimmt, dass der Fluch des Drachen Gottéron heimsucht, weil das Untier auf dem Dress prangt und so aus seiner Verbannung befreit worden ist, dann hat dieser Fluch vor allem die Schweizer Goalies getroffen. Restlos glücklich ist Gottéron bis heute nur mit einem Schweizer Torhüter geworden: mit Robert «Robelon» Meuwly. Er ist mit Gottéron den ganzen Weg von der 1. Liga bis in die NLA und dort bis in die Spitzengruppe gegangen. Einige seiner Nachfolger haben zwar Kultstatus erlangt. Vor allem Dino Stecher, der es bis heute als ein
ziger geschafft hat, Gottéron ins Playoff-Finale zu hexen. Aber nicht für diese ruhmvollen Taten ist er legendär geworden. Sondern dafür, dass er mit Fehlgriffen Mitverantwortung am dreimaligen Scheitern im Finale trägt. Viele Schweizer standen bei Gottéron schon im Kasten, nur der berühmteste von allen nie während einer ganzen Saison: David Aebischer ist bereits mit 19 Jahren ausgezogen, um Amerika zu erobern. Hier ein Auszug aus der Liste der letzten Männer Gottérons: Beat Aebischer (mit David nicht verwandt), Gian-Luca Mona, Thomas Berger, Thomas Liesch, Matthias Lauber, Pascal Caminada – doch ein Held ist keiner geworden. Und so experimentierte Gottéron schon früh
mit ausländischen Schlussmännern. Der Schwede Thomas Östlund war der Beste. Der Kanadier Cor rado Micalef galt hingegen als Schluckspecht, sein bibelfester Landsmann Dan Bouchard blieb eine Episode, Adam Munro spielt nie sein bestes Hockey und Sébastien Caron hexte nur in den Playoffs. Nicht einmal mit Cristobal Huet ist Gottéron restlos glücklich geworden. Nach dem Gastspiel des eingebürgerten Franzosen steht die Frage im Raum: War das wirklich der wahre Cristobal Huet? Der Stanley Cup-Sieger von 2010? Der Mann, der 5,625 Millionen Dollar im Jahr verdient? Nein, er war es nicht.
Kossmanns Ahnung Trainer und Sportchef Hans Kossmann ahnte im Lauf dieser Saison, dass sein künftiges Glück über Stabilität auf der Torhüterposition führt. Jetzt, da Huets Vertrag mit den Chicago Black Hawks aus gelaufen ist, wäre ein Mehrjahresvertrag möglich geworden. Aber Huet hat sich verpokert. Statt den unterschriftsreifen Vertrag unter dem Weih nachtsbaum zu signieren, fabulierte sein Agent von einem möglichen neuen Vertrag in der NHL – da wusste Kossmann, dass er nach einer anderen Lösung suchen musste. Er hat Benjamin Conz geholt. Er ist erst 20 Jahre alt – und doch steht sein Name schon in den Schweizer Hockey-Geschichtsbüchern: Er hat im Frühjahr 2011 die SCL Tigers zum bisher einzigen Mal in die NL A-Playoffs gehext. Hans Kossmann kennt den Jurassier aus seiner Zeit als Assistent bei Servette-General Chris McSorley. Und er hat nun dem berühmtesten Hockey-Verdingbuben endlich eine Heimat gegeben. Benjamin Conz stand eigentlich noch bis Ende der nächsten Sai son bei Servette unter Vertrag. Weil aber Servette mit Tobias Stephan bereits eine Nummer 1 hat, musste er bei fremden Herren dienen. Zuerst den SCL Tigers und dann diese Saison dem HC Lugano. Nun hat Gottéron den weltweit besten Goalie mit Jahrgang 1991 erlöst, aus dem Vertrag bei Servette herausgekauft und für drei Jahre verpflichtet. Zwei Jahre ist garantiert Ruhe: Erst ab Frühjahr 2014 hat Gottérons neuer Goalie eine Ausstiegsklausel für einen Wechsel in die NHL oder in die KHL. ●
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SLAPSHOT Das Hockey-Magazin der Schweiz, gratuliert den ZSC Lions zum Meistertitel 2011/2012. N채her geht nicht!
#89 Pascal Berger
Schweizer Meis
ster 2011/2012
Lausanne gehört nicht in die NL A Lausanne ist im Aufstiegskampf kläglich gescheitert. Und trotzdem sagen alle, Lausanne gehöre in die NL A. Höchste Zeit, dass endlich die Dinge so gesehen werden, wie sie sind und der Vertrag mit Trainer John van Boxmeer bis 2020 ver längert wird. Im Sport zählt nur die Leistung. Des halb ist Sport so populär. Im Sport nützen – anders als in der Politik – viel Geld, gute Beziehungen, schlaue Anwälte und mächtige Verbündete nichts, wenn die Leistung nicht stimmt. Die Redewendung «...ge hört in die NL A» stammt aus der Politik. Und wer im Sport so redet, versteht die ungeschriebenen Geset ze des Sportes, des Eishockeys nicht. Ich erinnere mich, wie es einst geheissen hat, Basel gehöre in die NL A. Basel sei eine der grössten Schweizer Städte, der Wirtschafts raum Basel sei wichtig fürs Eishockey und zudem habe Basel ein tipptoppes Stadion. Tatsächlich schafften die Basler zuletzt auf Kosten von Lausanne den Aufstieg in die höchste Spielklasse. Aber 2008 sind sie mit einem Zuschauer schnitt von 2358 pro Spiel sang- und klanglos wieder verschwunden. Die sportliche und die wirtschaftliche Leistung genügten nicht für die NL A. Obwohl Basel eigentlich in die NL A gehören würde. Lausanne ist im Aufstiegskampf zum siebten Mal hintereinander ge scheitert. Diesmal bereits im NL BFinale gegen den SC Langenthal.
Und dabei hat sich Lausanne den dümmsten Check der neueren Hockeygeschichte geleistet: In der letzten Minute der letzten Final partie verletzte Josh Primeau Lan genthals Topskorer Jeff Campbell so schwer, dass der Kanadier die LigaQualifikation nicht mehr bestreiten konnte. Das ist deshalb eine schier unfassbare Dummheit, weil die Lan genthaler mit ihrem Leitwolf Ambrì höchstwahrscheinlich besiegt und in die NL A aufgestiegen wären – und in einem Jahr hätte Lausanne die Chance gehabt, gegen ein tief erschüttertes Ambrì die NL B zu ge winnen und in der Liga-Qualifikation gegen Langenthal den Aufstieg zu schaffen. Aber lassen wir diese Spekulationen. Es geht um etwas ganz anderes: Lau sanne hat tatsächlich das Potenzial, um so etwas wie ein SC Bern der Romandie zu werden. Diese Saison sind in der NL B-Qualifikation im Schnitt 4798 Fans gekommen. Mehr als in Ambrì, Lugano, RapperswilJona, Davos und Biel. Gehört der HC Lausanne deswegen notfalls per Dekret in die höchste Spielklasse? Nein. Ganz im Gegenteil. Wenn das Management nicht fähig ist, in der besten aller NL B-Welten eine Mann schaft aufzubauen, die den Aufstieg sportlich schaffen kann, dann ist es gut, dass Lausanne in der NL B bleibt. Denn mit diesem Management würde Lausanne in der NL A nur ein Operetten-Unternehmen sein, un fähig, sportlich eine Rolle zu spielen und bald einmal in den Schulden wie ein Hund in den Flöhen.
Jahrelang hat es geheissen, Biel, der Meister von 1978, 1981 und 1983 gehöre in die NL A. Die Bieler haben nach dem Abstieg 13 Jahre ge braucht, um in die höchste Spielklas se zurückzukehren. Und als es die Spieler im Frühjahr 2008 schliesslich sportlich einwandfrei schafften, waren sie so gut gerüstet, dass sie nun im Frühjahr 2012 bereits die Playoffs erreicht haben. Lausanne gehört nicht in die NL A. Aber Lausanne ist, wenn es den Auf stieg schafft, in der NL A herzlich willkommen. Ich habe aber den leisen Verdacht, dass die meisten Spieler nicht in die NL A wollen. Denn in Lausanne leben sie wie «fette Katzen» in der NL B besten aller Hockeywelten: Nichts ist schö ner und bequemer, als kurz vor dem Aufstieg zu scheitern und in der nächsten Saison wieder einen An lauf zu nehmen. So geht es allen gut.
Der Autor und die Rubrik : Klaus Zaugg (54) war zwölf Jahre lang Chefreporter bei «Blick» und «SonntagsBlick». Er arbeitet heute als freier Publizist für in- und ausländische Medien und gilt in Fachkreisen zu Recht als
der wohl einflussreichste Eishockeyjournalist der Schweiz.
Die Vorteile sind augenscheinlich: Weil die Playoffs nicht in Gefahr sind, darf jeder im Sommertraining zu sich selber gnädig sein. Erst wenn es kälter wird, beginnt der Steige rungslauf, der mit Hockeyfestspielen in den Playoffs gekrönt wird. Ein Narr, wer dieses wunderbare Leben gegen die Mühsal eines Existenz kampfes in der NL A eintauschen würde. So ist eigentlich der tüchtige John van Boxmeer der perfekte Trainer: Er verliert immer, wenn es drauf ankommt. Garantiert. Sein Vertrag läuft in einem Jahr aus. Höchste Zeit für eine vorzeitige Verlängerung bis 2020. l
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Aufsteiger der Saison
Schwimmen
Harry Rogenmoser
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Harry Rogenmoser ging ein Risiko ein, als er vor knapp einem Jahr seinen Job als CEO der Dieci AG aufgab und Trainer und Sportchef der Lakers wurde. Auf eine harte Saison folgte das Happy End mit dem Playout-Sieg gegen Servette – und Rogenmoser kann sagen: «Es war ein grosses Risiko, doch es hat sich auf jeden Fall gelohnt.» Text: Andy Maschek Fotos: Pius Koller, zVg
Ein Freitagnachmittag Ende März in RapperswilJona. Harry Rogenmoser schlendert über den Fischmarktplatz und muss immer wieder Hände schütteln. Es sind Zeichen der Freundlichkeit, die ihm entgegen gebracht werden. Und Zeichen der Anerkennung. Denn als Rogenmoser nach zwölf Jahren weg vom Eishockey als Headcoach bei den Lakers begann, hatte er in der Schweizer Medienlandschaft kaum Kredit. Dies erschwerte wohl seinen Start, «aber ich spürte eine Unterstützung in der Region Rapperswil-Jona und im Klub selber. Die Leute, mit denen ich zu tun hatte, gingen positiv an die Sache ran».
Jeden Tag ein Ultimatum Positives Denken war in dieser Saison denn auch gefragt. Die Lakers gerieten von Beginn an arg ins Straucheln, kassierten viel mehr Niederlagen als sie Siege feiern konnten und steckten schon bald in der Krise. Klar gehe in solchen Zeiten auch mal der Gedanke durch den Kopf, den Bettel hinzuschmeissen, sagt Rogenmoser, Headcoach und Sportchef in Personalunion, rückblickend. «Ich wusste, dass ich mich selber ins kalte Wasser geworfen habe, und da gibt es nur zwei Möglichkeiten – entweder man geht unter oder man lernt ganz schnell schwimmen. Ich wusste, wie ich als Typ in solchen Situationen bin, dass ich den Kopf nicht hängen lasse, ihn schnell wieder übers Wasser bringe. Das war sicher ein Vorteil.» Dass jemand Trainer und Sportchef ist, ist vor allem in
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Aufsteiger der Saison schlechten Zeiten schwierig. Hat der Sportchef Rogenmoser dem Trainer Rogenmoser mal ein Ultimatum gestellt? «Jeden Tag», sagt der ehemalige Internationale, der mit dem SCB 1992 Schweizer Meister geworden war. «Es war ein identisches Denken, vor allem auch in der Krise. Der Verwaltungsrat und Geschäftsführer Roger Sigg haben mich immer unterstützt und mir die Stange gehalten. Es war eine Glaubensfrage, wenn man einen Trainerneuling einstellt.» Diese Beharrlichkeit hat denn auch den Weg zum Happy End geebnet. Im Januar und Februar schlauchte Rogenmoser seine Spieler in harten Trainings, brachte sie so künstlich in ein Loch – und bereitete sie auf die bevorstehenden Playouts
vor. Da wartete auf den Letzten der NL A ausgerechnet Servette mit Trainerfuchs Chris McSorley an der Bande. Jener McSorley, der vielerorts als
«Ich musste das unbedingt machen. Es war wie eine Midlife Crisis.» Harry Rogenmoser, Trainer R apperswil-Jona L akers
der beste Coach der Schweiz gesehen wird. Eine schier unlösbare Aufgabe für Neuling Rogen moser, der nicht einmal über ein Trainerdiplom verfügt – dachte man. Doch wie so oft kam auch hier alles anders, als man glaubte. Rogenmoser coachte McSorley aus,
Trainer und Sportchef Harry Rogenmoser mit seinem Transfercoup: Er verpflichtete auf die neue Saison hin Robbie Earl von Salzburg – obwohl der Amerikaner in der Schweiz bei vielen Klubs heiss begehrt war.
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die Lakers sicherten sich mit 4:1 Siegen den Ligaerhalt im Schnellzugstempo. «Das war für mich vielleicht gut, vor allem weil viele Leute immer gesagt haben: Ein Trainer ohne Diplom ist kein richtiger Trainer. So war es für mich eines der grössten Diplome, dass ich einen der grössten Trainerfüchse der Schweiz auscoachen konnte. Wir hatten McSorley in einer guten Zeit als Gegner. Servette war gerade an den Playoffs vorbeigerauscht und wir waren top vorbereitet auf den Gegner. Es war ein gutes Erlebnis.» Und ja, für einen Trainerlehrgang hat er sich jetzt auch angemeldet...
«Wow, das ist komplex»
Dass er von SLAPSHOT zu einem der TrainerAufsteiger des Jahres gesehen wird, mag er nicht so einfach akzeptieren. Mit bestimmtem Tonfall sagt er: «Nein, bitte! Ich habe ohne Erfahrungen angefangen, aber das haben wir alle gewusst. Es kam eine Aufgabe auf mich zu, von der ich sagen musste: Wow, das ist komplex. Es ist nicht dasselbe, wie in einem Dieci ein paar hundert Leute zu führen. Es ist viel intensiver, komplexer.» Wie bitte? Trainer eines NL A-Klubs zu sein ist schwieriger, als ein Gross-Unternehmen zu führen? «Ja, das sehe ich so», erklärt Rogenmoser. «Es hat mit Sport zu tun, und die sportliche Leistung hat immer einen direkten Einfluss. Zudem steht man in der Öffentlichkeit. Dazu kommen der Druck, der durch jede Ritze in ein Sportstadion eindringen kann und den man sich teilweise selber auferlegt.» Das sei eine massive Aufgabe und auch intensiver gewesen als seine Zeit als CEO bei Dieci. «Ich musste immer wieder Zuversicht verkörpern, wieder aufstehen. Man darf auch in der Krise keine Schwächen zeigen. Es ist eine Lebensschule.» Die Krise hat er gemeistert und die Lebensschule soll noch weitergehen. Die Lust aufs Eishockey, die in den Playouts 2011 wieder geweckt wurde, als Rogenmoser dem damaligen Headcoach Igor Pawlow als Unterstützung zu Seite gestellt worden war, ist riesig. Dass er danach das Traineramt gleich selber übernommen hat, sei vielleicht auch der Ausdruck einer gewissen Midlife Crisis gewesen, sagt der 44-Jährige. «Man folgt immer einer inneren Stimme, und ich habe gemerkt, dass ich im Eishockey wieder Blut geleckt habe, dass ich nach dem Playout im letzten Jahr im Eishockey bleiben möchte, dass ich mich in diesen Sport wieder wie verliebt habe. Ich musste das unbedingt machen. Es war wie eine Midlife Crisis, die ich als Mensch vermutlich durchgemacht habe. Deshalb war ich für diesen Schritt bereit, ich suchte eine neue Herausforderung.»
travel Mit Leib und Seele Trainer Alle Klub Keywords: 898mobile.ch
Harry Rogenmoser war beim damaligen SCRJ als Stürmer eine Kultfigur und ist heute als Headcoach und Sportchef eine Integrationsfigur, der grosse Hoffnungsträger. Während der abge-
Harry Rogenmoser laufenen Saison hat der Klub vom Zürichsee mit der «Mission Lakers» eine Mehrjahresplanung vorgestellt, die für 2016 die Playoff-Halbfinalqualifikation vorsieht. «Der Klub muss eine langfristige Ausrichtung haben und diese stimmt für mich», erklärt Rogenmoser, der bei der Erstellung der Mission natürlich aktiv mitgearbeitet hat. Dass er auch 2016 noch an der Lakers-Bande stehe, sei nicht unmöglich, sagt der Trainer, der vertraglich noch für eine Saison an den Klub gebunden ist. «Ich habe gemerkt, dass ich mit Leib und Seele Trainer bin. Auch wenn ich keine einfache Saison hatte und es wohl auch nächste Saison nicht einfach werden wird. Als Trainer hat man wohl gar nie eine wirklich einfache Saison. Aber ich habe Freude an meinem Job und kann mir durchaus vorstellen, auch 2016 dabei zu sein.» Ist der Trainerjob also die neue Berufung und nicht nur ein Intermezzo bei der Bewältigung einer Midlife Crisis? «Ich denke schon, dass dieser Job mein Job sein könnte. Ich liebe diesen Klub und habe es vielleicht auch für diesen Klub und für mich gemacht. Mir gefällt dieser Job und ich möchte ihn so lange gut machen, wie es auch nur geht. Das zu erreichen, was ich mir unter Erfolg vorstelle, braucht aber Zeit. Ich hoffe, ich habe diese Zeit in Rapperswil, denn ich glaube, dass hier etwas wächst und wir auf dem richtigen Weg sind.» Doch zuerst will Harry Rogenmoser die Gegenwart geniessen und die Batterien wieder auf laden. Denn das erste Trainerjahr hat Spuren hinterlassen. «Es war eine mental sehr harte Saison, doch am Schluss ist alles aufgegangen und wir erlebten eine Erlösung. Es war eine grosse innere Befriedigung nach all dem Leid während der Saison», sagt er. «Ich brauchte eine Weile, um das zu verarbeiten. Ich merkte, wie ich am Anfang immer wieder zwischen Höhenflug und Depression pendelte. Es ist enorm, was nach einer Saison auch emotional abgeht. Man ist während der ganzen Saison zielorientiert, jeder Tag hat eine Aufgabe, ein Ziel, man muss sich jeden Tag verbessern. Dann hört die Saison auf und man steht plötzlich einfach da. Man muss sich wieder orientieren. Ich habe schon viel gehört, dass die Trainer nach einer Saison ihre Batterien wieder aufladen müssen. Ich habe das nie erlebt, doch jetzt weiss ich, um was es geht. Man fällt in die absolute Leere.» l
Harry Rogenmoser Geboren: 13. März 1968 | Grösse: 180 cm | Gewicht: 85 kg. | Karriere als Spieler: Bern (1991 bis 1994), RapperswilJona 1994 bis 1999. | Statistik: 278 Spiele/118 Tore/132 Assists in der NLA. | Erfolge: Meister 1992 mit Bern | Karriere danach: Seit 2011 Trainer in Rapperswil.
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Aufsteiger der Saison
Die Überflieger 2011 Es gibt viele Typen von Aufsteigern: Rookies, die auf sich aufmerksam machen, junge Spieler, die den Durchbruch schaffen oder Gestandene, die aufblühen. SLAPSHOT würdigt 17 Spieler und 2 Trainer mit der Wahl ins Team der NL A-Aufsteiger 2011/2012.
Reto Berra (25) Der Aufsteiger der Saison schlechthin. Berra spielte seine beste NL A-Saison und war hauptverantwortlich für die erstmalige Playoff-Teilnahme der Bieler. Nach Hiller wohl derzeit der beste Schweizer Torhüter. Geht es nun in die NHL?
Christian Marti (19) Ron a l ds Joë l V e r
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L uc a Cun
Der Klotener hat seine erste Chance in der NL A gleich genutzt. Gross, hart, defensiv solid aber auch mobil und schnell. Hat noch viel Luft nach oben. Macht er so weiter, ist er bald ein Nati-Kandidat.
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Anthony Huguenin (20) A l e ss a n d r
Cl a re nce
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L uk a s F l
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Lukas Flüeler (23)
Joël Vermin (20)
Viele Zweifler trauten dem Pfäffiker nicht zu, aus dem langen Schatten von Ari Sulander zu treten. In diesen Playoffs hat er sie definitiv eines Besseren belehrt. Er ist jetzt ein Meistergoalie.
Vermin übersprang quasi seine «SophomoreSeason»: Auf eine tolle erste Saison liess er eine noch bessere zweite folgen. Zweifelsohne eines der grössten Talente im Schweizer Eishockey.
Clarence Kparghai (27)
Luca Cunti (22)
Vor dieser Saison hatte der Bieler zwei Törchen in 203 NL A-Spielen auf seinem Konto. Heuer liess er gleich 7 (!) folgen. Aus dem durchschnittlichen Defensiv-Soldaten ist ein Top-Verteidiger geworden.
Bob Hartley sei Dank: Das Riesentalent Luca Cunti ist endlich aufgeblüht. Unglaublich schnell und trickreich, stark an der Scheibe, geniale Spielübersicht: Der Center kann diese Liga künftig dominieren.
Alessandro Chiesa (25)
Ronalds Kenins (21)
Technisch limitiert, langsam, hüftsteif. NL A-tauglich? Absolut. Wenn Chiesa wie in dieser Saison sein bestes Hockey spielt, ist der Tessiner beim EVZ sogar viel mehr als ein Ergänzungsspieler.
Der junge Lette ist neben Cunti die Entdeckung bei den ZSC Lions. Der torgefährliche Wirbelwind mit Grid war nicht nur in den Playoffs, sondern auch in der lahmen ZSC-Quali stets ein Lichtblick.
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Hugue-Wer? Anthony Huguenin ist eine der Bieler Entdeckungen dieses Jahres. Der Chaux-de-Fonnier spielte seine erste NL A-Saison und beeindruckte mit smartem Spiel und 15 Assists.
Christoph
Bertschy
Re t o Sch
Christian
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Marti
Saison 2011/2012
11/2012 Christoph Bertschy (18)
Antti Törmänen
Harry Rogenmoser
Trotz Kaltstart und wenig Kredit führte er den SCB bis ins Finale. Überraschend? In Finnland hatte er bereits zuvor als ganz grosses Trainer-Talent gegolten. Dieser Erfolg kann auch als logische Fortsetzung seiner Entwicklung gesehen werden.
Ohne jegliche Erfahrung hat der erfolgreiche Unternehmer Rogenmoser die Lakers in der NL A gehalten. Während der schwachen Quali hielt das Management eisern an ihm fest. Zurecht, wie sich in den Playouts zeigte.
Eigentlich nur zum Schnuppern in die NL A berufen, hat er sich sofort festgesetzt. Mit acht Toren in der Quali eine überragende Rookie-Saison und als Underager eine tolle U20-WM. Reicht das für den NHL-Draft?
Reto Schäppi (21) Wie Vermin hat auch Schäppi die übliche «Sophomore-Season» übersprungen. Der grosse DefensivCenter war insbesondere in den Playoffs einer der wichtigsten Eckpfeiler in Bob Hartleys System.
Pascal Berger (23)
L uk a s H a Tobias Bu
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Alain M
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Berger war schon etabliert, hat nun aber den absoluten Durchbruch geschafft. Spielte neben Dumont und Ritchie gross auf und war mit 32 Punkten (18 Tore) Berns zweitbester Skorer in der Quali.
Mathias F r a nco Co
Pascal B
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Joggi
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Tobias Bucher (23) Vor zwei Jahren hatte der Ostschweizer in der NL B 74 Punkte erzielt. Nun kommt er auch in der NL A auf Touren. Mit 20 Punkten fünftbester Skorer der Tigers. Seine stetige Entwicklung lässt Gutes hoffen.
A n t hon y
Re t o Be r
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Huegenin
Franco Collenberg (26)
Alain Miéville (26)
Der sympathische Bündner hat in Fribourg zwar nicht seine produktivste, aber seine beste Saison gespielt. Zudem zeigte er mit Vitkovice einen tollen Spengler Cup. Der Lohn: ein Vertrag beim SCB.
Der einzige Top Scorer in unserem Aufsteiger-Team. In seiner erst zweiten A-Saison stieg der Center zum Anführer des ersten Blocks auf und war mit seinen total 28 Vorlagen der Motor der Bieler Offensive.
Mathias Joggi (26)
Lukas Haas (24)
Von vielen schon abgeschrieben, erlebte Mathias Joggi beim HCD einen zweiten Frühling: Der eigentliche Rumpel-Flügel spielte seine neu zugewiesene Rolle als Verteidiger äusserst solid.
Das enge finanzielle Korsett in Langnau zwingt John Fust dazu, den Eigengewächsen Verantwortung zu übertragen. So entstehen neue Lokalhelden. Im letzten Jahr war es Simon Moser, heuer Lukas Haas.
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Eine Legende tritt ab
Martin Steinegger
Ein halbes
Leben NL A Martin Steinegger und die NL A: Diese beiden Begriffe gehörten während 22 Jahren unweigerlich zusammen. Nach dem Playoff-Out des EHC Biel hat der 40-Jährige im März nun die Schlittschuhe an den Nagel gehängt. Für SLAPSHOT blickt er noch einmal auf seine einmalige Karriere zurück. Text: Matthias Müller Fotos: Pius Koller/zVg
Es soll den Eishockeyspielern nicht anders als dem Normalbürger ergehen. Wer weiss schon, wenn er aus der Schule kommt, was er denn eigentlich eines Tages wirklich werden soll? Auch Martin Steinegger wusste es nicht. «So weit ich mich noch erinnern kann, wollte ich damals Maurer werden», sagt der 40-Jährige heute. Stattdessen trat er wegen des Sports eine KV-Lehre an. Es sei trotzdem alles andere als klar gewesen, dass er Profi werden würde. Daran habe er als Jugendlicher nicht einmal gedacht, schliesslich habe er nie zu den Talentiertesten gehört. «Da können Sie gerne meine damaligen Trainer fragen. Ich glaube nicht, dass mir einer von ihnen das zugetraut hätte.» Wohl wahr, von einer solchen Karriere dürfte auch der kühnste Optimist damals nicht zu träumen gewagt haben. Zwei Meistertitel mit dem SC Bern, eine Playoff-Teilnahme mit dem EHC Biel, 10 AWeltmeisterschaften und die Olympischen Spiele in Salt Lake City stehen auf der Soll-, ein Abstieg auf der Haben-Seite. Wie in Kultur oder Politik üblich, gilt es aber, nicht nur die einzelnen Errungenschaften, sondern das Gesamtwerk zu würdigen. Unter dem Strich werden es folgende Zahlen sein, die für die Ewigkeit stehen: 22 Saisons für nur zwei Vereine, 1025 Spiele in der National League A und 219 Einsätze im Nationaldress – gefüllt mit Erinnerungen, Anekdoten und Gefühle.
Im Bann der Geschichte Um «Stoneys» Gedächtnis ein wenig auf die Sprünge zu helfen, haben wir uns zum Gespräch im inoffiziellen SCB-Museum von Jürg Wymann in Bern verabredet. «SCB-Jüre», wie Wymann umgangssprachlich genannt wird, hat den zweiten Stock seines Reihenhauses bis unters Dach mit Bildern, Büchern, Zeitungsausschnitten, Pokalen,
Ausrüstungsgegenständen und Stöcken gefüllt. Das Prunkstück seiner Sammlung sind die vielen Trikotständer respektive das, was an ihnen hängt. «Es sind wohl mehr als 650 Leibchen», erklärt er sichtlich stolz über die Faszination, welche die unzähligen Relikte auf seine Gäste ausüben. «Unglaublich, Jüre, das ist ja einfach ein Stück Holz», sagt Steinegger lachend, während er einen Stock aus den 70er-Jahren aus einer Ecke kramt. «Scho verruckt, gäu? Wenn du etwas für den SCBJüre hast, einfach Bescheid geben», antwortet Wymann lächelnd. Nach einer halben Stunde des Schmökerns lassen wir das Tonband laufen. Auch wenn es noch viel zum Anschauen und Anfassen gibt – die Zeit steht auch im Museum nicht still. Steinegger muss später noch seine Kinder abholen und sein neuer «Chef», als designierter Sportchef des EHC Biel hat er mit Kevin Schläpfer einen Fordernden, hat scheinbar noch Pläne mit ihm. Zumindest wird er später während des Gesprächs anrufen und um Rückruf bitten. Stressen lässt sich der dreifache Familien vater nicht, sich an alle Details zu erinnern, fällt ihm aber nicht immer leicht. Immerhin geht es nun über mehr als zwei Jahrzehnte Profi-Eishockey. ●
Martin Steinegger Geboren: 15. Februar 1972 | Grösse: 187 cm | Gewicht: 92 kg | Position: Verteidiger | Privat: Verheiratet, 3 Kinder | Stationen: EHC Biel (1990-1995), SC Bern (1995-2008), EHC Biel (2008-2012) | Statistik: 1025 Spiele in der NL A (107 G, 245 A, 1868 PIM), 218 Länderspiele (12 G, 27 A), 10 WM-Teilnahmen, Olympia-Teilnahme 2002 | Grösste Erfolge: Schweizer Meister mit dem SCB 1997, 2004 |
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Eine Legende tritt ab Der erste NLA-Einsatz
«
Der Tod von Meistertrainer Lefley
Der Wechsel zum SCB
Ich glaube, es war 1990 in Biel gegen Kloten. Ich spielte an der Seite von Köbi Kölliker, es war etwa das 6. oder 7. Spiel der Saison. Es lief gar nicht so schlecht. Das zweite Spiel ist mir besser in Erinnerung geblieben – obwohl ‹besser› wohl das falsche Adjektiv ist. In Ambrì hat mich Mike Bullard in einem Drittel etwa 17 Mal sturm gespielt. Dann hat mich der Trainer rausgenommen. Dasselbe schlechte Erinnerungsvermögen habe ich übrigens auch beim Nati-Debüt. Das war wohl anlässlich eines Nissan-Cups. Läck, damals hat es noch Nissan-Cups gegeben! (lacht) Ich glaube, das war 1992 gegen irgendein Team Canada.
muss ich kurz ausholen: Noch während «der DaMeistersaison hatte ich ein Super-Angebot aus
damals schon während der Abstiegs«saisonIch hatte beim SCB unterschrieben. Aufgrund der finanziellen Probleme wurde ich auch dazu angestossen, mir einen Klub zu suchen, der bereit war, die Ablösesumme per sofort zu überweisen. Das war der SCB. Die Summe war letztlich eine Finanzspritze für den EHC Biel, die es ermöglichte, die Saison noch fertig zu spielen. Dieser Umstand war aber nicht der einzige Grund für meine Klubwahl. Ich hatte die Atmosphäre in Bern erlebt. Das war bombastisch, einmalig. Ausserdem haben sich Sportchef Bill Gilligan, Präsident Fred Bommes und Trainer Bryan Lefley sehr um mich bemüht.
»
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Lugano, dem ich nicht widerstehen konnte. Ich habe zugesagt und dem SCB mitgeteilt, dass ich seine Vertragsofferte nicht annehmen werde. Dann hat Bryan auf mich eingeredet und mich überzeugt, angesichts dessen, was wir gemeinsam noch hätten erreichen können, doch zu bleiben. Nach dem Titelgewinn hat er auf einmal den Rücktritt gegeben, das war für mich komisch. Und plötzlich kam im Oktober die Nachricht seines Todes – der Riesenschock! Bryan war ein riesiger Gentleman. Ein Trainer, der schon in dieser Zeit, als es noch üblich war, viel zu schreien, ein sehr gutes Verhältnis zu den Spielern pflegte und sie auf subtile Art motivieren konnte. Ein echter Monsieur, eine Person, deren natürliche Autorität du einfach akzeptiert hast.
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1990
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Der einzige Abstieg
einer der Tiefpunkte meiner Karriere. «ManDasmusswaraber die Entwicklung anschauen, die der EHC Biel in den drei Jahren zuvor durchgemacht hat. Es ging jedes Jahr schlechter, wir hatten riesige finanzielle Probleme. Es war fast vorhersehbar, dass wir absteigen würden. Wäre es nicht in diesem Jahr passiert, dann im Jahr darauf. Im Moment war es sehr hart – immerhin bin ich mit meinem Heimklub abgestiegen –, rückblickend aber wohl unvermeidbar.
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Der erste Titel
hat die sportliche Situation natürlich «auchBeimeineWechsel Rolle gespielt. In der ersten Saison sind wir mit dem SCB bereits im Final gestanden, das Team wurde auf die kommende Saison weiter punktuell verstärkt. Im zweiten Jahr sind wir Meister geworden. Das war in erster Linie eine Genugtuung, die Erfüllung des Ziels, das ich mir beim Wechsel gesetzt hatte und eine riesige Bestätigung: Ich hatte alles richtig gemacht. Toll war auch, dass Björn Schneider, mein langjähriger Verteidigungspartner im Juniorenalter und ein sehr guter Freund, ein Jahr zuvor mit Kloten den Titel geholt hatte. Nun war gewissermassen unser gemeinsames Werk vollbracht.
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Alterungsprozess Bei der Suche nach den 22 offiziellen Porträtbildern von Steineggers Karriere mussten wir feststellen, dass die Digitalisierung die Medienwelt ebenso verändert hat, wie die Professionaliserung das Eishockey. Immerhin: Die letzten 17 konnten wir ausfindig machen. Geniessen Sie Stoneys Wandlung vom Jungspunt zum Routinier.
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Martin Steinegger Der zweite Titel
Der Rücktritt
funktionierendes Team gekommen, das kontinuierlich mit einzelnen Spielern ergänzt worden war. Beim Titel 2004 war ich von Anfang an mit dabei und wichtiger Teil des Neuaufbaus. Wir haben von Jahr zu Jahr ganz kleine Schritte nach vorne gemacht, aber auch immer wieder grosse Rückschläge hinnehmen müssen. Letztlich haben wir, ja hat ganz Bern, 7 Jahre lang auf diesen Titel gewartet. Das war eine unglaubliche Erlösung.
gut gespielt. Ich hatte Freude, war körperlich fit. Doch in diesem Jahr hatte ich zu Beginn zwei kleine Hirnerschütterungen, dann brach ich mir die Hand. Zum ersten Mal in meiner Karriere musste ich drei Monate pausieren. In dieser Zeit habe ich gemerkt, dass der Moment gekommen war. Es hat noch mit den Playoffs geklappt – das war sensationell. Aber ich habe gemerkt, dass ich die Energie nicht mehr aufbringen kann, um mich wieder in Topform zu bringen, und damit auch wieder den Spass zu haben, der nötig ist.
Triumph hat eine ganz andere Bedeutung «als Dieser der erste. 1995 bin ich als Puzzleteil in ein
hat mich lang begleitet. Es ist in den «letztenDie Frage zwei Jahren sehr gut gelaufen, wir haben
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Der SCB vor dem Aus
Zurück zum EHC Biel
war. Während der WM-Vorbereitung, wir waren noch in Kanada, haben wir ständig andere News gekriegt. Einmal hiess es, es ginge weiter, mal, es sei Lichterlöschen. Ich habe mich aber nicht wirklich ablenken lassen, ich hatte ein anderes Ziel. Erst danach wurde mir das volle Ausmass bewusst. Rückblickend kann man wohl sagen, dass diese Rettungsaktion – auch von Seiten der Fans – für einen Schweizer Sportklub etwas Einmaliges war. Was damals passierte, hat den Verlauf meiner Karriere stark beeinflusst. Plötzlich war es mit dem Spitzenteam und den Titelambitionen vorbei, wir mussten wieder etwas Neues aufbauen. Dass ich damals geblieben bin und in dieser Wiederaufbauphase eine wichtige Rolle eingenommen habe, hat mein positives Image hier in Bern sicher stark mitgeprägt.
sein sollte. Nach dem frühen Viertelfinal-Out gegen Gottéron war für mich klar, dass es unter diesen Voraussetzungen nicht mehr passt. Der Spass war mir abhanden gekommen. Ich hatte den Vertrag beim SCB bereits während der Saison verlängert, wusste aber, dass – wenn ich noch die Leistungen erbringen will, die ich von mir erwarte – ein Wechsel nötig wird. Ich habe um die Freigabe gebeten und habe sie bekommen. Allerdings nur für das Angebot, das ich aus Biel vorliegen hatte. Dass ich zuvor beim SCB unterzeichnet hatte, war im Nachhinein ein Fehler, zeigt aber auch, wie schwierig es ist, einen Klub wie den SCB nach so vielen Jahren zu verlassen.
Die ganze Krise ist damals ein wenig an mir vorbei «gegangen, weil ich mit der Nationalmannschaft unterwegs
Es war damals mit dem Trainer (John van Boxmeer, «Anmerkung der Redaktion), sagen wir mal, nicht so, wie es
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Martin Steinegger
Highlights aus 22 Jahren Der grösste Sieg «Dass ich so lange spielen und mein Spiel immer verbessern konnte. Ich habe das Gefühl, dass ich – auch wenn die körperliche Leistungsfähigkeit nachliess – mit jedem Jahr ein besserer Hockeyspieler wurde. Ich konnte mich den veränderten Anforderungen unseres Spiels während zwei Jahrzehnten anpassen und immer mithalten. Es war so also praktisch ein 22-jähriger Steigerungslauf.»
Die grösste Niederlage «Es ist eher eine Enttäuschung als eine Nieder lage: Ich wollte immer mit der Nationalmannschaft eine Medaille gewinnen. Als ich 1992 mein Nati-Debüt gegeben hatte, war dieses Ziel noch utopisch. Mit der Zeit sind wir diesem Ziel immer näher gekommen. An der Heim-WM 1998 waren
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wir dann nur noch ein Spiel davon entfernt. Zu diesem Zeitpunkt hat sich dieser Wunsch in meinem Kopf festgesetzt. Wir wussten, dass dafür alles stimmen musste. Es war mein Traum und auch die Motivation, nach jeder Saison wieder an die WM zu gehen. Leider hat es nicht geklappt.»
Die grösste Wende «Das war mit 2009 mit dem EHC Biel. Wir mussten in die Liga-Qualifikation und gerieten gegen Lausanne mit 0:2 in Rückstand. Wir hatten kaum mehr Spieler, ich selber habe praktisch nur noch mit einem Bein gespielt, weil ich mich am Knie verletzt hatte. Alles war geschwollen, jeden Tag musste ich Wasser rausziehen lassen. Trotzdem schafften wir es, diese Serie noch mit 4:3 zu gewinnen.»
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Martin Steinegger Der härteste Check «Leider bleiben meist die Checks in Erinnerung, bei denen sich jemand verletzt hat. Da gab es den einen oder anderen und ich möchte und sollte ich mich nicht festlegen. Schliesslich wird der härteste Check gern positiv konnotiert, obwohl es ja eigentlich nichts Posititves ist. Der an der WM 2001 gegen den Deutschen Mark MacKay gehört wohl dazu.»
Das schönste Tor «Das war im dritten Playoff-Viertelfinalspiel 2003 mit dem SCB gegen Genf. Wir gewannen 1:0 und ich erwischte Reto Pavoni zwischen den Beinen. Es war ein Solo über den ganzen Platz, zum Schluss hat mich noch einer gefoult. Es war mehr ein Verzweiflungsschluss, denn gewollt (lacht).»
Das schockierendste Erlebnis «1995, der Unfall von Pat Schaffhauser in Davos. Zwei oder drei Jahre zuvor hatte ich den gleichen Unfall am genau gleichen Ort. Ich flog kopfvoran in die Bande und erlitt einen Halswirbelbruch, zum Glück aber ohne Verletzung der Nerven bahnen. Als ich im Fernsehen sah, wie Pat in die Bande gestürzt war, ist mir das sehr, sehr nahe gegangen.»
Das kurioseste Erlebnis «1998 mit Feldkirch am Spengler Cup. Ein Jahr zuvor hatte dieses Team noch unter Ralph Krueger die Euroliga gewonnen, das war echt eine europäische Top-Mannschaft. In Davos habe ich dann während eines Spiels gemerkt, dass ich die Schlittschuhe schleifen lassen muss. Man sagte mir, ich müsse warten, der Zuständige sei gerade auf dem Eis. Da war also tatsächlich ein Flügel der dritten Linie zuständig fürs Schleifen! Ich habe die Schlittschuhe aus gezogen und der Spieler hat sie nach seinem Einsatz – während das Spiel lief – in der Kabine geschliffen.»
Der härteste Gegenspieler «Slawa Bykow. Du konntest machen was du willst, der hat kein einziges Mal reagiert. Das ist für mich echte Härte. Ich konnte ihn hart checken, ich konnte ihn mit Stockschlägen eindecken – damals
haben wir ja noch massenhaft Stockschläge ausgeteilt, für die man heute sofort auf die Strafbank muss. Bykow hat nie reagiert, das war mit der Zeit echt frustrierend.»
Der härteste Trainer «Irgendein Osteuropäer bei den Junioren. Leider ist mir der Name entfallen. Wenn wir bei schönem Wetter joggten, kam er mit dem Fahrrad. Bei schlechtem Wetter ist er uns jeweils mit dem Auto voraus gefahren.»
Die vier Torhüter
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«Als Marco Bührer 2001 zum SCB kam, hatten wir am Anfang das Gefühl, dass niemand eine so grosse Figur wie Renato Tosio ersetzen kann. Aber Marco war schnell auf der Höhe und hat schnell das Vertrauen der Mannschaft gewonnen. Ganz allgemein bin ich sehr froh, dass ich nie einen Fliegenfänger hinter mir hatte. So konnte ich travel immer ruhig aufspielen. Zu Beginn verteidigte ich vor Olivier Anken, dann in Bern vor Renato Tosio und Marco Bührer und zum Schluss vor Reto Alle Klub Keywords: Berra. Sie sehen, ich konnte mir immer ein wenig 898mobile.ch ● etwas erlauben.»
Auch sie verlassen uns
Danke und Adieu! Im Schatten von Martin Steinegger enden auch die NL A-Karrieren von sechs anderen verdienten Spielern. Allein durch ihren Abgang wird die Liga um 3984 Spiele Erfahrung ärmer.
Kimmo Rintanen (38, 579 NL A-Spiele) Der zuletzt für Lugano spielende Flügel galt über Jahre als bester Stürmer auf Schweizer Eis. Dank seiner Fähigkeit, in der neutralen Zone so viel Tempo zu holen, dass er ab der blauen Linie nur noch zu gleiten brauchte, konnte er die gegnerische Defensive schwindlig spielen und die Fans verzaubern. Seine 643 Punkte (258 Tore) stehen für sich. Doch die Erfüllung seines Traums, der Titelgewinn mit Kloten, blieb dem Finnen verwehrt.
Stacy Roest (38, 476 NL A-Spiele)
Der Kanadier weiss wohl kaum mehr wie es sich anfühlt, die selben Farben wie seine Mitspieler zu tragen. Acht Mal wurde der Stürmer Top Scorer seines Teams, der gelbe Helm war sein Markenzeichen. Mit den Lakers erlebte er den Überflug in höchsten Sphären (Playoff-Halbfinal 2006) und den Fall in tiefe Täler. Er ist der klubtreuste
Ausländer und Rekordschütze (497 Punkte, 149 Tore) in Personalunion. Eine Integrationsfigur, die auf und neben dem Eis fehlen wird.
SCB, einer mit den Lions) und 114 Nationalspiele erinnern uns daran, welch grosse Laufbahn der zuletzt überzählige Defensiv-Center hingelegt hat.
Ari Sulander (43, 625 NL A-Spiele)
Patrick Oppliger (37, 829 NL A-Spiele)
Der Goalie hat die ZSC Lions zu dem gemacht, was sie sind. Mit seiner stoischen Ruhe und der fast einmaligen Qualität, auch «faule Eier» ohne Wimper zucken wegzustecken, hat der Finne seinen Klub in 14 Saisons zu vier Meistertiteln und dem Sieg der Champions Hockey League geführt.
14 Saisons lang spielte der Romand für den EVZ. Obwohl – oder vielleicht weil – er sich nie in den Vordergrund drängte, wurde Oppliger zu einer Integrations figur. Anfangs noch Center der zweiten Linie, wurde er im Laufe der Jahre in die hinteren Linien relegiert und oft als Verteidiger eingesetzt. Trotzdem buchte er in seiner Karriere 303 Punkte (106 Tore).
Thomas Ziegler (33, 635 NL A-Spiele) Der Zürcher beendet seine Karriere im Stillen dort, wo er sie vor 17 Jahren begonnen hatte: In der Lions-Organisation. Einst ein grosses Talent, kam er 2000 zu 5 NHL-Partien mit den Tampa Bay Lightning. 201 Punkte für Ambrì, den SCB und die ZSC Lions, dazu der Gewinn dreier Titel (zwei mit dem
Michel Zeiter (37, 840 NL A-Spiele) Jahrelang war der Mann mit den weissen Schlittschuhen die ZSCKultfigur. 2000 und 2001 wurde er mit den Zürchern Meister, ehre er nach seinem schweren Unfall via Langnau und Kloten zu Visp kam, wo er nächste auch ● Saison Headcoach ist.
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Persรถnlich
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Philippe Seydoux
Lost in California Im vergangenen Sommer entschloss sich Philippe Seydoux, ein «Austauschjahr» in Nordamerika einzuziehen. Es folgten eine Odyssee mit vier Spielen bei den Ontario Reign in der Minor-League ECHL, eine Gehirnerschütterung und die drei schlimmsten Monate seines Lebens. Was andere als verlorenes Jahr abhaken würden, möchte der Berner auf keinen Fall missen. Text: Matthias Müller Fotos: Pius Koller
Es gab sicher diese Momente, in denen Philippe Seydoux die Welt verflucht hat. Draussen Los Angeles, Sonnenschein, Palmen, 25 Grad – er in seiner Wohnung, alleine, dunkel, Kopfschmerzen. Fast drei Monate lang lebte der Berner Verteidiger unter diesen Bedingungen, nachdem er sich in seinem erst vierten Meisterschaftsspiel für die Ontario Reign in der East Coast Hockey League (ECHL) eine Gehirnerschütterung zugezogen hatte. «Die schlimmste Zeit meines Lebens», gibt er zu. Seydoux konnte weder lange ins Freie, noch unter Leute. Mit mehr als einer Person auf einmal zu sprechen, überforderte ihn. Er konnte nicht länger als einige Minuten fernsehen, mehr als einige Zeilen lesen, länger als drei Stunden am Stück schlafen. «Ich erwachte am Morgen und fragte mich, was ich tun sollte, damit der Tag so schnell als möglich vorbei ist und ich wieder schlafen kann.»
Irgendwie wirkt es ein wenig skurril, wie locker der 27-Jährige diese harte Zeit beschreibt. Er wirkt entspannt, lacht oft und spricht viel. Es fühlt sich an, als läge diese Erfahrung bereits Jahre zurück. Tatsächlich sind seit dem Abbruch dieses Projekts knapp etwas mehr als drei Monate vergangen, die er in seinem Elternhaus in Bern verbracht hatte. Seit anfangs Mai lebt er wieder in einer eigenen Wohnung. Der Agent sondiert den heimischen Markt, Seydoux selbst befindet sich wieder im Aufbautraining und zeigt sich betreffend Gesundheit und sportlicher Zukunft optimistisch. Es geht ihm heute sicher nicht schlecht, das sieht man ihm an.
Ein echtes Abenteuer
wieder Verletzungen und Missverständnisse mit dem Trainer. Auch deshalb war ihm früh klar, dass er nun sein «Auslandjahr» einziehen würde. «Hätte ich nicht Eishockey gespielt, wäre ich sicher schon in der Jugend einmal gegangen», sagt er. Und tatsächlich sollte zumindest der erste Teil zu einem echten Abenteuer werden. Begonnen hat er die Reise Ende September in der westkanadischen Provinz. Bei den Abbotsford Heat, dem AHL-Team der Calgary Flames, rückte Seydoux ins Trainingscamp ein. Sein Agent André Rufener hatte ihn diesem Klub über Calgarys GM Jay Feaster, mit dem er den Vertrag für Erstrundendraft Sven Bärtschi ausgehandelt hatte, empfohlen. Dass es schwierig werden könnte, habe er gewusst, immerhin standen dort bereits acht Verteidiger unter Vertrag. «Nach drei, vier Tagen
«Ich erwachte am Morgen und fragte mich, was ich tun sollte, damit der Tag so schnell wie möglich vorbei geht.» Philippe Seydouxs Morgenritual
Nicht wenige hatten sich im letzten Sommer gefragt, weshalb Seydoux sich überhaupt in Nordamerika versuchen wollte. Zwar galt der frühere SCB-Junior lange als grosses Talent, 2003 wurde er von den Ottawa Senators bereits in der dritten Runde (Nr. 100) gedraftet. Ein Star ist er aber nie geworden. In Kloten zum NL A-Spieler gereift, zog es ihn 2006 zum finnischen Meister Häämenlinna, wo er nach sechs Partien ausgemustert wurde. Es folgten zweieinhalb Jahre bei Gottéron, dann zwei Saisons in Biel. Als er dort zuletzt nur noch in den hinteren Backpaaren eingesetzt wurde, war klar, dass sich die Wege trennen würden. Vieles war nicht so gelaufen, wie man es vorhergesehen hatte, es gab immer
fühlte ich mich gut. Das Spielsystem und die Philosophie haben mir zugesagt. Ich spürte, dass ich hier eine gute Rolle spielen könnte. Dann teilte mir der Coach mit, dass er mich zwar gut gefunden habe, im Moment aber keinen Platz habe. Es könne gut sein, dass er bald anrufe, um mich zu holen», blickt er zurück. Der übliche Weg wäre nun gewesen, zu den Elmira Jackals, dem ECHLPartnerteam von Abbotsford, zu gehen. Während die Heat sich auf einen Roadtrip begaben, sollte Seydoux auf den Anruf des Jackals-GM warten. Als das Telefon nach einer Woche noch immer nicht geklingelt hatte, forderte ihn sein Agent auf,
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Persönlich die Liste der ECHL-Teams durchzuschauen. Die Wahl war schnell getroffen: «Die Ontario Reign, ein Partnerklub der Los Angeles Kings im Grossraum LA – das schien mir cool.» Nur wenige Stunden später sass er im Flugzeug von Vancouver nach Los Angeles. Dort angekommen, wurde er von einem verletzten Spieler abgeholt, für Checks zum Arzt und danach zu seiner Wohnung gefahren. Die Zeit reichte gerade noch, um in den Anzug zu schlüpfen, dann ging es ab ins Stadion wo das erste Vorbereitungsspiel auf dem Programm stand. Seine Performance sei dementsprechend zurückhaltend gewesen: «Nur 16 Stunden nach meiner Abfahrt in Abbotsford lief ich in Kalifornien auf. Ich hatte eine Woche nicht trainiert, praktisch nicht geschlafen und kaum gegessen.» Und am nächsten Tag war am Morgen bereits die Besammlung für das Nachmittagsspiel in Las Vegas angesetzt.
Wie im Club Med Nach diesen Startturbulenzen konnte sich Sey doux umso intensiver damit beschäftigen, seine neue Wohngegend – «schön, fast wie ein Club Med» – näher zu betrachten. Als nämlich seine Teamkameraden kurz darauf mit der Meisterschaft begannen, musste der Berner zuschauen – er hatte noch keine Arbeitserlaubnis erhalten. Eigentlich hätte diese innert einer Woche erteilt werden sollen, doch aus einigen Tagen wurden schliesslich fast fünf Wochen – Komplikationen, mit denen man als Normalo-Schweizer seit 9/11 in den USA leben muss. Seydoux beschränkte sich deshalb auf das Training, das für ihn jeweils noch ein wenig länger dauerte. Nach den regulären Einheiten blieb er mit dem kanadischen Assistenztrainer Mark Hardy (der übrigens der erste in der Schweiz geborene NHL-Spieler war), auf dem Eis, um Extra-Schichten zu schieben. Hart weil alleine, aber intensiv und gut, habe er diese Trainings gefunden. Als dann endlich der Bescheid kam, er könne sein Arbeitsvisum in Calgary abholen, war die Erleichterung gross. Man muss kein Prophet sein um zu ahnen, was jetzt kommt: Seydoux flog nach Calgary, wo ihm Luc Robitaille von den LA Kings einen Termin im US-amerikanischen Konsulat verschafft hatte.
Philippe Seydoux Geboren: 23. Februar 1985 | Geburtsort: Bern | Grösse: 1,87 m | Gewicht: 83 kg | Position: Verteidiger | Stationen: SC Bern (bis 2003), Kloten Flyers (2002-2006), Häämenlinna (2006), Fribourg-Gottéron (20062009), EHC Biel (2009-2011), Ontario Reign (2011) | Erfolge: 2003 von den Ottawa Senators im NHL-Entrydraft in der dritten Runde an 100. Stelle gezogen.
Philippe Seydoux eplant wäre gewesen, am nächsten Tag sofort G wieder zurückzufliegen. Doch dort angekommen, wurde ihm nach einer gründlichen Leibesvisita tion der Pass abgenommen und nach einigen
gerechnet. Am 23. Januar knickte er schliesslich doch noch: «Ich rief meine Eltern an und sagte ihnen, dass ich sofort heimkommen werden.»
Silvesterparty auf dem Ipad
Es ist vielleicht die unbekümls ich gegangen bin haben viele elacht ch habe merte Art, die ihn diesem Trip mir deshalb geschworen dass ich nicht heimkehren auch eine positive Seite abgewinnen lässt. So habe er gewerde bevor die aison zu nde ist merkt, was er an seinen NächsPhilippe Seydouxs Antrieb, trotz Gehirnerschütterung in Ontario zu bleiben. ten hat. Auch wenn er seinen Eltern nicht erzählen wollte, wie schlecht es ihm Fragen mitgeteilt, dass er das entsprechende ging, stand er mit ihnen – Skype sei Visum in sieben Tagen zugestellt bekomme. Sey dank – permanent in Kontakt. Gerührt doux, der nicht mehr als ein Paar Unterhosen und war er speziell von einer Aktion seiner eine Zahnbürste dabei hatte, war schon wieder Freunde: In der Silvesternacht schalgestrandet. teten sie ihn über Videotelefonie zu ihrer Party zu. «Sie sahen mich über Drei Assists und eine Gehirnerschütterung ein Ipad und gaben es während «Als ich den Trainer anrief, sagte der mir, dass ich Stunden von Person zu Person mir keine Sorgen machen sollte. Ich wollte eigentweiter! Das hat wirklich sehr, sehr lich Sportklamotten kaufen und mich in einem gut getan.» Zudem habe er – trotz Fitness-Center ein wenig auf Trab bringen, doch der wenigen Ernstkämpfe – wieder Coach sagte mir, dass ich das nicht zu tun bräuchte. Man werde mich sofort da raus holen.» Passiert ist natürlich nichts, Seydoux vertrieb sich die Zeit in Calgary, bis die Sache mit dem Visum abgeschlossen war. Entsprechend ausser Form kehrte er nach Ontario zurück, um seine erste Partie zu absolvieren und danach die Maschine nach Anchorage zu besteigen. Dort stand mit drei Spielen innert drei Tagen sein erster Roadtrip an. «Grausam» sei es gewesen, «zu wenig trainiert, zu wenig gegessen». Trotz drei Assists im letzten Spiel musste er nach einigen harten Checks mit Kopfschmerzen zurückfliegen. Die Neurospezialistin, die sich das Ganze danach ansah, brauchte nicht lange, um ihre Diagnose zu stellen. Nach dem Motto «die Hoffnung stirbt zuletzt» seuchte sich Seydoux durch. Zwei kurze Comebackversuche auf dem Ergometer musste er abbrechen. «Ich habe fest daran geglaubt, bald wieder mittun zu können», sagt der 27-Jährige. Er sei von den Ärzten und vom Klub, der ihm alle zwei Wochen 300 Dollar Lohn auszahlte und für Logis und Behandlungskosten aufkam, fair und professionell behandelt worden. Aufgeben wollte er auf keinen Fall: «Als ich gegangen bin, haben viele gelacht. So à la: Was will der? Der kann dies nicht, er hat zu wenig von dem... Ich habe mir deshalb geschworen, dass ich nicht heimkomme, bevor diese Saison zu Ende ist.» Auf Widerstände, unfaire Behandlung, ja, gar die Verbannung auf die Tribüne sei er vorbereitet gewesen. Dass ihm eine Gehirnerschütterung einen Strich durch die Rechnung macht, damit habe er nicht
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der neues Selbstvertrauen in seinem Spiel gefunden. Und zu guter Letzt habe er, seinem Wesen entsprechend, auch aus dem Tiefschlag selbst gelernt: «Ich bin ein von Grund auf sehr optimistischer Mensch. Ich hatte zuvor schon einige Rückschläge einstecken müssen, richtig schlecht habe ich mich deswegen nie gefühlt. Dieser Unfall hat mich nun sehr runtergezogen, ich habe die andere Seite der Medaille gesehen und freue mich nun umso mehr wieder auf das, was kommt.» Was das sein wird, ist bis dato noch nicht abschliessend geklärt. Sicher ist, dass Verhandlungen mit diversen A- und B-Klubs laufen. Und dass Philippe Seydoux wieder optimistisch ist. l
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Schweizer Nationalmannschaft
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Sean Simpson
«Manchmal benehme ich mich nicht wie ein Gentleman…»
Nationaltrainer Sean Simpson spricht im Interview über die Belastung durch den neuen WM-Modus, seine umstrittene Wahl von Assistent Lance Nethery und er erklärt, warum er nach Niederlagen manchmal für seine Umgebung ungeniessbar ist.
Schweizer Nationalmannschaft Sie belieben zu scherzen: 2010 in Mannheim die Triumphe über Kanada und Tschechien. 2011 mussten wir sogar gegen Frankreich in die Verlängerung… …was uns letztlich wohl die Viertelfinals gekostet hat. Aber es gibt zwischen diesen beiden Turnieren von 2011 und 2011 letztlich kaum Unterschiede. Wir haben 2011 nicht schlechter gespielt. Ein paar Details, ein paar Szenen trüben die Aussenwahrnehmung: Die Verlängerung gegen Frankreich und ein schlechtes Drittel gegen Norwegen. Gegen Norwegen haben wir ja auch 2010 verloren. 2010 ist der Puck unseren Weg gegangen. 2011 nicht. Nun kommt ein neuer Modus: Keine Vor- und Zwischenrunde. Die Viertelfinals werden in einer Achtergruppe ausgespielt. Wird es bei diesem Modus schwieriger, die Viertelfinals zu erreichen? Wir müssen differenzieren: Für die Fans und die TV-Zuschauer ist dieser Modus viel besser. Alles wird planbar. Jeder weiss jetzt schon, wann wir gegen wen spielen. Das war ja beim Modus mit der Zwischenrunde nicht so. Ob der Modus sportlich besser ist, müssen wir erst sehen. Text: Klaus Zaugg Fotos: Pius Koller
Sean Simpson, Sie haben nun beides erlebt: Honeymoon an der WM 2010 in Deutschland und den tristen Alltag beim Turnier 2011 in Kosice mit dem Verpassen der Viertelfinals. Was dürfen wir nun 2012 in Helsinki er warten? Honeymoon oder Alltagstristesse? Ich teile Ihre Einschätzung nicht. Es gibt kaum eine Differenz zwischen den Turnieren von 2010 und 2011.
Wo könnte denn das Problem liegen? Da ist einmal eine sehr hohe Belastung: Wir spielen in elf Tagen sieben Spiele. Das ist mit einer best-of-seven-Serie in den Playoffs vergleichbar. 2011 haben wir nur einmal an zwei Tagen hintereinander gespielt. Die zwei letzten Partien der Zwischenrunde. In Helsinki müssten wir dreimal zwei Partien in zwei Tagen spielen und zweimal erst noch gegen Teams, die zuvor einen Ruhetag hatten. Einer solchen Belastung waren wir noch nie ausgesetzt. Die Viertelfinals werden ja unter den Teams der gleichen Gruppe ausgetragen. Eine delikate Ausgangslage. Ja, es muss sich weisen, welche Folgen das hat. Wir können nicht ausschliessen, dass Teams, die sich vorzeitig für die Viertelfinals qualifizieren, darauf schauen, welchen Gegner sie bekommen. Dann kann es sich eventuell lohnen, ein Spiel zu verlieren. Wohlverstanden: Ich sage nicht, dass das so sein wird. Aber es ist nicht auszuschliessen. Es ist wichtig, dass wir von allem Anfang an unter den ersten vier der Tabelle sind. Aber wird es schwieriger? Ich denke nicht. Wir sehen halt jetzt bei einem Blick auf den Spielplan, dass wir wohl Finnland, Kanada, USA oder die Slowakei hinter uns lassen müssen. Beim vorherigen Modus mit der Zwischen runde war das jeweils nicht gleich so dramatisch auf den ersten Blick ersichtlich. Bei der WM 2009 in der Schweiz war die Forderung an Ralph Krueger klar: Die Vier
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telfinals oder das Ende der Zusammenarbeit. Stehen Sie auch so unter Druck? Nein. Niemand sagt, ich müsse die Viertelfinals erreichen, um im Amt zu bleiben. Solche Art von Druck ist sowieso nicht nötig. Ich setzte mich selber stärker unter Druck als es jemand von aussen könnte. Was muss gegenüber 2011 besser werden, damit wir die Viertelfinals erreichen? Wie ich schon sagte: Wir waren 2011 nicht schlechter als 2010. Es braucht bloss ein Tor im richtigen Augenblick. Damit Punktverluste wie gegen Frankreich und Norwegen nicht passieren, müssen wir mental noch stärker werden. Ihr Vorgänger Ralph Krueger hat uns selbst in grösster Not Luftschlösser gebaut und Optimismus verbreitet. Er hat den Traum von einer Medaille geradezu zelebriert. Ver glichen mit Ralph Krueger sind Sie, bitte
Sean Simpson entschuldigen Sie den Ausdruck, eher ein Griesgram. Das geht in Ordnung. Jeder hat eben seinen Stil und jeder versucht auf verschiedene Art und Weise letztlich das Gleiche: das Beste aus den Spielern herauszuholen. Wie ist Ihr Führungsstil? Ich bin eher ein «players coach»: Ich bin offen und ehrlich zu meinen Spielern. Ich versuche, die Freude an unserem Spiel zu vermitteln und es kommt nicht in Frage, dass einer aufgibt. Jeder Coach prägt sein Team, und meine Mannschaften sollen die Zuschauer begeistern, die Spieler sollen Spass haben. Glauben Sie so fest an eine Medaille wie Ralph Krueger? Ja, natürlich. Schliesslich haben wir an der WM die Grossen ja schon oft besiegt. Nun müssen wir dafür sorgen, dass alles bei einem einzigen T urnier
zusammenpasst. Wenn wir über die Viertelfinals hinauskommen wollen, müssen wir mindestens drei Grosse beim gleichen Turnier besiegen. Eine gute Spielorganisation und mentale Stärke sind die Voraussetzungen. Diesen dritten Sieg gegen einen Grossen im Viertelfinale schaffen wir einfach nicht. Wie können wir diese «Wand» der Viertelfinals endlich durchbrechen? Es ist tatsächlich eine Wand, die wir durchbrechen müssen. Damit uns das gelingt, müssen wir lernen, auch dann ein Spiel zu gewinnen, wenn wir nicht unser bestes Hockey spielen. Das ist die Stärke der Grossen. Auch sie kommen nicht ohne Durchhänger über die Dauer des Turniers. Wir besiegen die Grossen in den Gruppen spielen. Aber nach sechs Spielen sind bei uns die Tanks eigentlich immer leer und wir bleiben im Viertelfinal stehen. Hat das etwas damit zu tun, dass wir zu wenig Spieler haben, die in der NHL gelernt haben, eine Saison mit über 80 Spielen durchzustehen? Das spielt eine Rolle. Unsere Spieler sind gut genug, um diese Belastung auszuhalten. Aber letztlich kann man eine solche Belastung nur durch eigene Erfahrung aushalten. Mehr als 80 Spiele in einer Saison – das macht einen Spieler härter. Aber eben: Wir haben nach wie vor nicht genug Spieler in der NHL. Aber es werden immer mehr. Wir haben Torhüter und Verteidiger in der NHL und es ist nur eine Frage der Zeit, bis es auch unsere Stürmer schaffen. Wir führen jetzt Diskussionen darüber, welche Torhüter wir nominieren sollen. Es kommt die Zeit und Sie können vor jedem WM-Aufgebot auch über die Nomination der Verteidiger und Stürmer polemisieren. Weil die Auswahl immer grösser wird.
bei den anderen der Gedanke: Warum der, warum nicht ich? Und Sie wissen besser als ich, wie heikel es ist, einen Klubtrainer als Assistenten zu holen. Das führt früher oder später zu politischen Schwierigkeiten. Wen hatte Ralph Krueger als Assistenten? Peter John Lee, den Manager der Berliner Eisbären. Sehen Sie. Auch er kam aus Deutschland, auch er hatte keinerlei Verbindungen zu Schweizer Klubs.
Sie haben Lance Nethery als Assistenten geholt. Warum um alles in der Welt Lance Nethery? Wir haben doch so viele gute Coaches in unserer Liga, die einen Platz in Ihrem Coachingteam verdient hätten: John Fust, Kevin Schläpfer, Hans Kossmann… ...da haben Sie recht. Wir haben in unserer Liga sehr viele sehr gute Coaches. Eben. Warum haben Sie dann Lance Nethery geholt? Weil ich einen Assistenten wollte, der von aussen kommt. Warum? Gerade weil wir so viele gute Coaches in der Liga haben. Zu allen habe ich sehr gute Beziehungen. Wenn ich jetzt einen von vielen Guten nehme, dann störe ich die Harmonie und es bleibt immer
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Schweizer Nationalmannschaft Coach Manuele Celio in der Schweiz hart kritisiert worden. War er überfordert? Das ist kompletter Unsinn. Mauele Celio hat sehr Es war also eine politische Wahl des Assis gut gearbeitet und ich kann das beurteilen. Ich tenten? war dabei. Er hat einfach ein verrücktes Spiel Nicht nur. Lance Nethery kennt unser Eishockey verloren. Das kann jedem Coach passieren. Und aus eigener Erfahrung als Spieler und Trainer. oft wird vergessen: Wir haben mit Sven Bärtschi Er spricht Deutsch und – das ist wichtig – unseren besten Spieler gleich zu Beginn er ist für die ganze Vorbereitungsphase des Turniers durch eine Gehirnerschütteverfügbar. Zudem kennt er auch Andy rung verloren. Der Verlust des besten ag sein dass es nicht mein ehler war Murray in unserem Coachingteam bereits Spielers bringt jede Mannschaft durcheinwenn wir verloren haben ber ich trage dafür sehr gut. ander und Bärtschi hätte wahrscheinlich immer die erantwortung gegen die Slowaken ein entscheidendes Den Playoff-Final haben der 7. und der Tor erzielt oder das Spiel beruhigen Sean Simpson, Schweizer Nationaltrainer 5. der Qualifikation bestritten. Ist das können. Die Kritik aus der Ferne war billig. Niveau besser geworden oder zeigt dies eine Nivellierung nach unten? Da auch andere wichtige Ligen das gleiche Prob- Sie haben auch diese Saison wieder mehr als Das Niveau ist höher geworden. Die guten Spieler lem haben, auch die NHL, hat es möglicherweise 40 Spieler aufgeboten. Ist es heute nicht zu sind jetzt über die ganze Liga verteilt. etwas mit dem immer schneller werdenden Spiel einfach, Nationalspieler zu werden? Ende der 1980er Jahre waren meistens nur zu tun: Ein höheres Tempo führt zu heftigeren Nein. Wer für die Nationalmannschaft gespielt zwei Teams – Lugano und Bern – dazu in der Zusammenstössen. hat, ist für mich noch kein Nationalspieler. Ein Lage, die Meisterschaft zu gewinnen. Heute ist es echter Nationalspieler ist für mich erst, wer an so, dass beinahe jeder, der die Playoffs erreicht, Sie waren in beratender Funktion auch bei WM oder an einem Olympiaturnier gespielt hat. eine Chance hat, das Finale zu erreichen. Beun- der U20-WM dabei. Durch die Niederlage ruhigt bin ich etwas über die grosse Zahl von gegen die Slowakei haben wir die Viertel Sie reagieren auf Kritik empfindlich und nach Verletzungen. finals verpasst und nach diesem Spiel ist einem verlorenen Spiel wirken Sie manch Ich habe meinen Assistenten also nach den gleichen Kriterien ausgewählt wie Ralph Krueger.
Hat das möglicherweise etwas damit zu tun, dass wir an zwei Tagen hintereinander spielen? Dieses Argument habe ich schon oft gehört. Aber ich glaube nicht, dass das eine Rolle spielt. Eine solche Belastung müssen die Spieler in der NHL auch aushalten. Es gibt keine plausible Erklärung.
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Sean Simpson mal, als hätten Sie einen Tritt in den Hintern bekommen. Nehmen Sie Niederlagen als persönliche Beleidigung? Auch wenn ich in dieser Frage eine gewisse Polemik spüre: So Unrecht haben Sie nicht. Ich bin wie ich bin. Ich kann zwar meine Emotionen als Coach an der Bande und in der Kabine sehr gut kontrollieren. Ich habe mich zu 90 Prozent unter Kontrolle und eigentlich bin ich meistens ein netter Kerl. Aber irgendeinmal müssen die Emotionen raus und, ja, das stimmt, manchmal benehme ich mich nicht wie ein Gentleman. Ich hasse es zu verlieren und ich bin kein Schauspieler, der das überspielen kann. Ich bin dann einfach hässig und, ja, ich nehme Niederlagen persönlich. So soll es sein. Schliesslich habe ich die Mannschaft zusammengestellt, vorbereitet und gecoacht. Mag sein, dass es nicht mein Fehler war, wenn wir verloren haben. Aber ich trage dafür immer die Verantwortung.
Sean Simpson: «Wir müssen lernen, ein Spiel zu gewinnen, auch wenn wir nicht unser bestes Hockey spielen.»
Ich habe Sie schon hin und wieder äusserst grantlig erlebt. Und dann habe ich heimlich dem lieben Gott gedankt, dass ich nicht Spieler unter Coach Sean Simpson sein muss. So schlimm ist es nicht. Aber es muss wohl doch so sein, dass die Stimmung nach einer Niederlage anders ist als nach einem Sieg. Die Spieler sollen spüren, dass ich nach einer Niederlage nicht zufrieden bin. l
Sean Simpson Geboren: 4. Mai 1960 | Karriere als Spie ler: Chicagos Nr. 141 (7. Runde) im NHLDraft 1980 – vor späteren NHL-Stars wie Randy Cunneyworth (Nr. 167), Patrick Sundström (Nr. 175) und Hakan Loob (Nr. 181). – Keine NHL-Spiele. – U20-WM 1980 mit Kanada (5. Schlussrang, 5 Spiele, 2 Assists, beide erzielt beim 9:5 gegen die Schweiz). 151 AHL-Partien zwischen 1981 und 1983 (34 Tore, 37 Assists). – Superstar in Holland (1983 bis 1989) 218 Spiele/272 Tore, 392 Assists. – Ab 1989 als Ersatzausländer in Olten (NLA), Ajoie und Lyss (NLB): 7 Spiele/6 Tore/4 Assists in der NLA, 7 Spiele/ 3 Tore/6 Assists in der NLB. | Wichtigste Erfolge als Trainer: Schweizer Meister mit Zug (1998), Deutscher Meister mit den München Barons (2000) – Sieger Champions Hockey League mit den ZSC Lions (2009), Gewinn des Victoria Cup mit den ZSC Lions (2009), Sieger Spengler Cup mit Team Canada (2007). – Ab WM 2010 Schweizer Nationaltrainer. WM 2010: 5. Schlussrang (Viertelfinal gegen Deutschland verloren). – WM 2011: 9. Schlussrang (Viertelfinals verpasst).
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Schweizer Nationalmannschaft Eishockey WM 2012 in Finnland und Schweden
Hartwall Arena, Helsinki (13‘394 Sitzplätze)
Ericsson Globe, Stockholm (13‘850 Sitzplätze)
Gruppe 1 in Helsinki/FIN
Gruppe 2 in Stockholm/SWE
Finnland
Russland
Kanada
Schweden
USA
Tschechien
Schweiz
Deutschland
Slowakei
Norwegen
Weissrussland
Lettland
Frankreich
Dänemark
Kasachstan
Italien
Neuer Modus Die diesjährige Eishockey-WM in Finnland und Schweden wird in einem neuen Modus ausgetragen. Die Mannschaften wurden nach der IIHF-Rangliste in zwei Gruppen mit je acht Teams aufgeteilt. Jede Nation bestreitet somit sieben Gruppenspiele am selben Ort. Die Zwischenrunde wurde abgeschafft, neu steigt der Letzte jeder Gruppe direkt ab. Die besten vier Mannschaften spielen innerhalb ihrer Gruppe die Viertel finals an ihrem ursprünglichen Gruppenspielort, für die Fünft- bis Achtplatzierten ist das Turnier beendet. Ab den Halbfinals, bei denen übers Kreuz gespielt wird, zieht das Turnier nach Helsinki. In der finnischen Hauptstadt werden alle Halbfinal- und Medaillenspiele ausgetragen. Dieser neue Modus bringt den Vorteil mit sich, dass von Anfang fest steht, wer wann wo spielt.
Schweizer Spiele: Sa. 5. Mai 2012 So. 6. Mai 2012 Di. 8. Mai 2012 Mi. 9. Mai 2012 Sa. 12. Mai 2012 So. 13. Mai 2012 Di. 15. Mai 2012
Nati-Trainer Sean Simpson ist gefordert: Mit dem neuen Modus wird seine Mannschaft nun sieben Spiele in elf Tagen bestreiten.
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Schweiz – Kasachstan Schweiz – Weissrussland Finnland – Schweiz Kanada – Schweiz Schweiz – Frankreich Schweiz – Slowakei USA – Schweiz
Schweizer im Ausland
Da waren es nur noch zwei... Für den grössten Teil der Schweizer Junioren im Ausland sind die Playoffs frühzeitig zu Ende gegangen. Nur noch zwei Spieler hatten zum Zeitpunkt des Redaktionsschlusses (24. April) noch eine Chance, um die Titel zu spielen. Zeit, ein Fazit zu ziehen. Text: Matthias Müller Fotos: zVg Swiss Icehockey
Western Hockey League (WHL)
Die Brandon Wheat Kings haben in den Playoff-Achtelfinals die besser klassierten Calgary Hitmen mit 4:1-Siegen ausgeschaltet. Im Viertelfinal unterlag man aber dem favorisierten Edmonton mit 0:4. Alessio Bertaggia (18) war mit 7 Punkten (4 Tore) aus 9 Spielen Brandons bester Skorer.
Die Playoffs knapp verpasst hat zum zweiten Mal in Serie Dave Sutter (20) mit den Seattle Thunderbirds. Der grosse und schwere Defensiv-Verteidiger wies mit Minus 36 eine der schlechtesten Plus-Minus-Bilanzen des Teams auf, mit 19 Punkten (5 Tore) war er aber auch der drittbeste Skorer unter den Verteidigern. Eric Arnold (19) hat die Regular Season mit den Moose Jaw Warriors auf dem zweiten Platz in der Eastern Conference abgeschlossen. In den Playoffs ging der gute Lauf des Teams weiter. Zuerst fegte man Regina (4:1), dann Medicine Hat (4:0) weg. Im Conference-Finalg gegen Edmonton scheint es nun schwerer zu werden. Zum Zeitpunkt des Redaktionsschlusses lagen die Warriors mit 0:2 im Rücktreffen. Erfreulich aber dies: Stürmer Arnold ist mit zehn Punkten (6 Tore) der viertbeste Skorer des Teams. Sven Bärtschi (19) hat mit seinen Portland Winterhawks einen starken Lauf. Das Team steht nach einem Sweep gegen Kelowna und einem 4:3 in der Serie gegen Kamloops (mit Tim Bozon) im Western Conference-Final und führt dort mit 2:0. Bärtschi
selbst ist auch nach seiner Rückkehr aus Calgary kaum zu stoppen. Zum Ende der Regular Season kam er auf 94 Punkte in nur 47 Spielen, in den Playoffs bislang auf 24. Direkt hinter seinem Linienpartner Ty Rattie liegt er damit auf Rang 2 in den WHLPlayoffs. Schiessen die beiden Portland zum Titel?
Ontario Hockey League (OHL)
Stürmer Tanner Richard (19), unterlag mit den Guelph Storm in den Achtelfinals den favorisierten Plymouth Whalers mit 2:4. Richard, der sich gerade recht zeitig für die Playoffs von einer Verletzung erholt hatte, kam dabei auf 5 Punkte. Die Saison war für ihn trotzdem überaus erfolgreich. Total 53 Punkte in 49 Spielen und Platz 41 unter den Nordamerikanern im finalen Ranking des Central Scouting Bureau machen ihn zum Schweizer mit den grössten Draftchancen. Mittlerweile ist klar, dass Lino Martschini (19) nach zwei Jahren in Nordamerika zu seinem Stammverein Zug zurückkehren wird. Sein Wunsch, sich mit den Peterborough Petes doch noch für die Playoffs zu quali fizieren, hat sich indessen nicht erfüllt. Persönlich kam der Flügel trotz eines schwachen Saisonstarts auf 56 Punkte in 63 Spielen. Dario Trutmann (19) und die Plymouth Whalers waren mit grossen Erwartungen in die Playoffs gestiegen. Als zweitbestes Team der OHL-Quali hatte man sich Chancen auf den Memorial Cup ausgerechnet. Die Whalers konnten in der Folge zwar Tanner Richards Guelph ausschalten, im Viertelfinal unterlagen sie dann bereits aber den Kitchener Rangers in Spiel 7 der Serie. Trutmann selbst spielte eine gute Saison mit 24 Punkten in der Regular Season und 8 in den Playoffs. In der kommenden Saison verteidigt er für den EHC Biel.
Québec Major Junior Hockey League (QMJHL)
Für die Rouyn-Noranda Hus kies ist die Saison mit dem 0:4-Achtelfinal-Out gegen Shawiginan zu Ende gegangen. Sven Andrighetto (19) gelangen dabei 2 Assists. Die Saison war für den Zürcher Stürmer dennoch ein grosser Erfolg: Mit 74 Punkten (36 Tore) war er der beste Skorer des Teams und der drittproduktivste Rookie der ganzen Liga.
J20-SuperElit (Schweden) Im Gegensatz zur CHL haben die Junioren in Schweden ihre Saison beendet. Die Teams der vier Schweizer Cédric Hächler (18/ Malmö), Dean Kukan (18/Lu leå), Flavio Schmutz (17/Väs terås) und Luca Boltshauser (18/Färjestad) hatten sich in der Zwischenphase allesamt durchgesetzt. In den Playoffs C. Hächler musste dann in den, im Best-ofThree-Modus ausgetragenen Achtelfinals Dean Kukan mit Luleå die Segel streichen. Der Verteidiger, der sich in der Serie gegen Rögle zwei Assists gutschreiben liess, konnte danach aber direkt ins Nationalkader von Sean Simpson einrücken, wo er zu sechs Nati-Einsätzen kam. D. Kukan Für die verblieben drei Schweizer war danach in den Viertelfinals Schluss. Der Halbfinal-Qualifikation am nächsten kam dabei Goalie Luca Boltshauser. Im entscheidenden dritten Spiel unterlag Färjestad MODO erst in der Verlängerung. Der Stammkeeper kam in seinen fünf Playoff-Partien letztlich auf einen Gegen torschnitt von 2,69 und eine L. Boltshauser Fangquote von 91,36. Cédric Hächler (keine Playoff-Punkte) unterlag mit Malmö Luleå- Bezwinger Rögle in zwei Spielen, Stürmer Flavio Schmutz (ebenfalls punktelos) mit Västerås dem späteren Meister Linköpings. Für ihn stand kurz darauf die U18-WM in Tschechien l F. Schmutz auf dem Programm.
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Schweizer im Ausland
«Hier ist es wie in Vor 15 Monaten wurde Christian Weber bei den Lakers gefeuert, jetzt wird er in Klagenfurt gefeiert. Er wechselte an den Wörthersee, um den Nachwuchs neu aufzubauen. Im Februar wurde er zum Headcoach befördert, führte das Team in den österreichischen Playoff-Final, der gegen Linz aber mit 1:4 Siegen verloren ging. Text: Andy Maschek Foto: freshfocus
Christian Weber, vor einigen Monaten gingen Sie nach Klagenfurt, um den Nach wuchs aufzubauen – jetzt wurden Sie VizeMeister. Das tönt wie ein Märchen... Das ist so, ja. Ich kam nach Klagenfurt um zu sehen, wie der Nachwuchs aussieht. Ich hatte dann verschiedene Optionen, auch in anderen Ländern – Deutschland, Finnland und auch Japan – zu arbeiten, doch ich entschied mich, das Ange bot von Klagenfurt anzunehmen und unterschrieb einen Dreijahresvertrag. Gleichzeitig führte ich die österreichische U20-Nationalmannschaft – das war für mich sehr reizvoll.
Haben Sie also Ihr Glück in Österreich ge funden? Das sieht so aus. Das ging alles so schnell, aber manchmal ist es einfach so. Man plant etwas, doch es kommt etwas anderes. Als das Angebot kam, die erste Mannschaft des KAC zu über nehmen, habe ich gerne zugesagt. Es ist eine gute Mannschaft, und zuvor hat es aus irgendwelchen Gründen einfach nicht geklappt. Ich war einfach zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort. Ist es, wie in der Schweiz oft angenommen, eine Operetten-Liga? Das ist überhaupt nicht so, die Liga ist sehr stark. Man darf nicht vergessen, dass es hier vor sieben, acht Jahren noch zwei oder drei Ausländer gab,
«Seit Weber hat sich alles geändert» Auf dem Weg in den Final schaltete Christian Webers Klagenfurt im Halbfinal den kroatischen Vertreter KHL Medvescak Zagreb aus. In dessen Diensten stand in dieser Saison der Schweiz-Kroate Dario Kostovic (5 Punkte in 48 Spielen). Der grossgewachsene Stürmer aus Neuenhof (AG) durchlief die Juniorenabteilung der Kloten Flyers und spielte danach für Lausanne, Ambrì, die ZSC Lions und zuletzt für den HC Lugano. Auf die Gründe nach dem Aus angesprochen, fragt Kostovic: «Haben Sie die Massenschlägerei im ersten Spiel gesehen?» Dabei habe das Team mit Frank Banham (vormals Gottéron, Biel, Lausanne) und Joel Prpic, die beide für mehrere Spiele gesperrt wurden, zwei absolute Schlüsselspieler ver loren. «Unser Team hatte nicht genug Tiefe, um diese Absenzen zu ersetzen», erklärt der 31-Jähri ge und ergänzt: «Es war schon komisch. Zuvor hatten wir Klagenfurt in der Regular Season in fünf von sechs Spielen geschlagen. Aber als Weber Trainer wurde, hat sich dort alles geändert.» Seiner Meinung nach hätte die Mannschaft nach dieser tollten Saison den Finaleinzug verdient. Einen etwas speziellen Trost gab es für die Zagreber aber doch noch: Als die Saison zu Ende war, wurden die Spieler kurzerhand in die zweite Mannschaft gesteckt, wo sie für ihren Klub die kroatische Meisterschaft holten. Immerhin. ●
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heute sind es viel mehr. Zagreb beispielsweise hat mit 16 Ausländern gespielt, Meister Linz mit 13. Das macht die Liga stark. Wenn man wie in der Schweiz mit nur vier Ausländern spielen würde, wäre das sicher anders, dann würde das Niveau brutal sinken. Das ist das Problem des österreichi schen Eishockeys. Weil so viele Ausländer spielen, schaffen die heimischen Spieler den Sprung in die se Liga fast nicht mehr. Das ist auch der Grund, weshalb die Österreicher international in den letzten Jahren eine Liftmannschaft waren, es fehl te eine Konstanz, eine Dichte an guten Spielern. Aber ich musste meine Meinung über diese Liga ändern. Es wird ähnlich gespielt wie in der Schweiz, sehr schnell, zum Teil härter und auch unfairer. Die Top-Mannschaften der Liga können mit den besten Schweizer Teams mithalten. Im Februar haben Sie beim KAC Manny Vivei ros als Headcoach abgelöst. Dieser Viveiros ist Trainer des Nationalteams, wo Sie Assis tent sind. Gibts da keine Probleme? Am Anfang war es komisch. Er wurde beim KAC als Coach entlassen, gleichzeitig wurde für ihn eine Stelle als Sportdirektor geschaffen. So führen wir in Klagenfurt nun gemeinsam die Abteilung Sport. Jetzt wollen wir gemeinsam mit den Öster reichern Erfolg haben und verfolgen ein Drei jahresprojekt, in dem wir ein junges Team auf bauen, mit dem wir uns in der Top-Gruppe etablieren wollen. Vor etwas über einem Jahr bei den Lakers gescheitert, nun am Wörthersee gefeiert – was ist der Grund? Im Sport geht es schnell. Ich ging nach Rappers wil, weil ich dort etwas aufbauen wollte. Aus verschiedenen Gründen hat das nicht funktio niert, das gibt es. Ich möchte über diese Zeit aber nicht mehr viele Worte verlieren, es war einfach ein schwarzes Kapitel und ist Vergangenheit. In Österreich hat das Eishockey nicht den selben Stellenwert wie in der Schweiz. Steht man als Trainer auch weniger unter Druck? Klagenfurt ist eine hockeyverrückte Stadt. Wenn du Erfolg hast, stehen alle hinter dir. Wenn nicht, dann gute Nacht! Wir haben in Klagenfurt drei Zeitungen – und eine hat unglaublich Gas gege ben, als es der Mannschaft mit Manny Viveiros nicht mehr lief. Das ist wie in Zürich.
Christian Weber
n Bern oder Zürich» Aber sehen Sie sich als Entwicklungshelfer? Jetzt nicht mehr. Das war ich, als ich mich ent schieden habe, den Nachwuchs zu optimieren. Aber in der ersten Mannschaft kann ich kein Entwicklungshelfer mehr sein. Hier ist es wie in Bern oder Zürich, hier muss man sofort Erfolg haben, sonst ist man weg. Sehen Sie das Engagement in Klagenfurt auch als Neulancierung Ihrer Trainerkarriere, die in Rapperswil ins Stocken geraten war? Das kann man so sagen. Ich habe immer gesagt, dass ich mal ins Ausland gehen möchte, wenn die Kinder das Elternhaus verlassen haben. Ich wollte erleben, wie es in anderen Ländern zu und her geht, auch wenn es «nur» Österreich ist, über das andere lachen. Aber in der Liga ist alles sehr gut organisiert und es ist interessant zu schauen, wie gearbeitet wird. Das bringt mich in meiner Entwicklung weiter. Ist es möglich, dass wir in der nächsten Saison weitere Schweizer beim KAC sehen? Das glaube ich nicht. Für die Löhne, die hier gezahlt werden, kommt kein einziger Schweizer Spieler aus der NL A. Ist auch Ihr Salär tiefer als in der Schweiz? Auf jeden Fall, das kann man nicht vergleichen, da liegen Welten dazwi schen.
«Es wird ähnlich gespielt wie in der Schweiz, sehr schnell, zum Teil härter und auch unfairer.» Christian Weber über die österreichische Meisterschaft.
Ihr Assistent muss gehen – da liegt es nahe, dass jemand wie Ihr ehemaliger Sturm partner Rolf Schrepfer zum Thema wird... Wir sind zwar Freunde, aber das kann ich ausschliessen. Ich habe andere Plä ne und denke, dass er sich seine Spo ren in der Schweiz abverdienen sollte. Es wird niemand aus der Schweiz, auch wenn ich viele Anfragen hatte. Sie haben einen Dreijahres vertrag als KAC-Trainer. Heisst das, dass Sie mit der Schweiz vorläufig abgeschlossen haben? Auf keinen Fall. Ich verfolge das Schweizer Eishockey nach wie vor intensiv und wenn eine Anfrage aus der Schweiz käme, müsste ich mir das gut überlegen. Im Moment fühlen wir uns aber sehr wohl in Klagenfurt und haben die nähere Zukunft hier geplant. Aber im Sport kann es immer sehr schnell gehen. ●
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Vor der Karriere
Mirco Müller
Der nächste grosse Verteidiger Mirco Müller ist der einzige Spieler mit Jahrgang 1995, der in dieser Saison in der NL A zum Einsatz kam. Dem 17-jährigen Klotener wird eine grosse Zukunft vorausgesagt.
Mirco Müller Text: Matthias Müller Foto: freshfocus
Wir schreiben den 19. Februar, sein siebtes und letztes Spiel im Rampenlicht der Profis. Da geht der «Gitterbub» mit in den Angriff, erhält die Scheibe, umkurvt LakersKeeper Daniel Manzato und schiebt cool zum 1:0 für die Flyers ein. Was dieses Tor noch spezieller macht: Der Schütze ist erst 16-jährig, Verteidiger und der jüngste Spieler, der in der NL A in dieser Saison eingesetzt wurde. Spätestens von da an ist auch der breiten Masse klar, dass man sich den Namen Mirco Müller merken sollte. Es mag auch für die Verantwortlichen bei den Kloten Flyers und beim Verband eine freudige Überraschung gewesen sein, wie gut sich Müller in seinen ersten NL A-Einsätzen schlug. Dass er über das nötige Potenzial verfügt, stand dagegen kaum zur Debatte. Der Winterthurer gilt, zusammen mit dem bereits an selber Stelle porträtierten Phil Baltisberger von den ZSC Lions (SLAPSHOT 2011/2012 Nr. 3), als nächste grosse Verteidigerhoffnung im Schweizer Eishockey. Es wäre jedoch falsch, die beiden Alterskollegen deshalb in einen Topf zu werfen. Zwar haben beide überdurchschnittliche Qualitäten, allerdings in verschiedenen Bereichen. Während sich Baltisberger mit seiner Physis, seiner Aufopferungsbereitschaft und seinem tollen Defensiv-Spiel hervortut, bringt Müller gute technische Voraussetzungen mit und besticht vor allem durch eine hervorra-
Geboren: 21. März 1995 Grösse: 188 cm Gewicht: 77 kg Position: Verteidiger Stock: Links Bisherige Klubs: Winterthur, Kloten Flyers Total 21 Spiele für die U16-, U17- und U18-Nationalmannschaft
gende Spielübersicht und ein sehr gutes Stellungsspiel. Er trägt den Kopf stets hoch, was es ihm ermöglicht, das Spiel gut zu lesen und ebenso gut zu antizipieren. Indem er die richtigen Laufwege nimmt und überlange Einsätze kategorisch vermeidet, kann er zudem seine Kräfte ökonomisch einteilen und Müdigkeit vermeiden. Das alles führt dazu, dass er auch in hektischen Situationen immer ruhig bleibt.
Wie Josi vor fünf Jahren U20-Nationaltrainer Manuele Celio geht mit seiner persönlichen Einschätzung noch einen Schritt weiter: Müller mahne ihn zu diesem Zeitpunkt an Roman Josi (21) vor fünf Jahren. Seine Grösse (188 cm), seine Präsenz auf dem Eis und seine technischen Qualitäten seien durchaus mit denjenigen des heutigen Nashville-Verteidigers vergleichbar. Einzig bei der offensiven Gefährlich-
keit hinke er dem Berner hinterher. «Alles in allem ist er für mich aber der nächste grosse Verteidiger. Mit ihm haben wir wieder einen, der den nächsten grossen Schritt machen kann», adelt ihn Celio. Diesem schmeichelhaften Vergleich gilt es aber unbedingt etwas Wichtiges hinzuzufügen: Roman Josi hat bis heute kontinuierlich grosse Fortschritte gemacht. Will Mirco Müller weiter auf Josis Spuren wandeln, darf er deshalb den Fokus nie verlieren – der Weg ist noch sehr lange. Es gilt jetzt, Muskelmasse aufzubauen und Kilogramme zuzulegen, ohne dass dabei die Koordination beeinträchtigt wird und selbstredend weiter an der Technik zu feilen. Eine weitere Schwäche, an der es noch zu arbeiten gibt, ist die Adjustierung. Auch wenn es paradox klingen mag: Durch die Tatsache, dass Müller sehr gut mit Druck um gehen kann, neigt er – wenn es gerade gut läuft – zeitweise dazu, eine Situation ein wenig zu unterschätzen. So kann es passieren, dass ihm auf höherem Niveau beispielsweise ein Fehler beim Pinching unterläuft oder er einen Check ein stecken muss, den er nicht erwartet hat. Ein weiter wesentlicher Faktor wird sein, wo Müller seine Karriere fortsetzt. Zum Zeitpunkt des Redaktionsschluss war der Entscheid noch nicht gefallen, ob der 16-Jährige in Kloten bleibt, oder sich einem Team in der nordamerikanischen Juniorenliga CHL anschliesst. Beide Wege haben ihre Vorteile, wie das Beispiel der beiden Schweizer NHL-Verteidiger mit Jahrgang 1990 zeigt: Roman Josi ist damals mit seinem Verbleib beim SCB gut gefahren, Luca Sbisa hat seine Karriere durch den Wechsel in die WHL forciert. Hoffentlich entscheidet auch Müller richtig. ● In dieser Rubrik stellt SLAPSHOT im Laufe dieser Saison in jeder Ausgabe ein hoffnungsvolles Eishockeytalent aus den Jahrgängen 93 bis 95 vor. Die Auswahl der Spieler wurde unter verschiedenen Gesichtspunkten (Position, Klub, Spielweise) getroffen. Diese Beiträge entstehen unter der Mithilfe von U20-Nationaltrainer Manuele Celio.
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Nando Wieser
Nach der Karriere
Der Davoser Goalie Nando Wieser wurde Ende der 1990er-Jahre hart kritisiert. In seinem Fall gilt aber auch: Schlechte Presse ist gute Presse. Heute führt er eine Garage in Lyss (Be) und kann dabei mitunter von seinem Namen profitieren.
Die Karriere ging, der Name blieb Text: Foto:
Matthias Müller Pius Koller
Die Schlagzeilen waren an Deftigkeit nur schwer zu überbieten: «Ein Fliegenfänger spaltet sein Dorf», «HCD-Wieser: Halbfinalflops in Serie! Heute weite re Folge?» oder «Zug am Ziel – Wieser half wie der». Davos-Keeper Nando Wieser war während den Playoffs 1998 wahrlich nicht zu beneiden. Heu te sitzt der 41-Jährige in seinem schönen Büro in der Autobahn-Garage Zwahlen & Wieser AG in Lyss und kann über die damaligen Ereignisse lachen. «Das war schon eine ganz spezielle Geschichte», sagt er rückblickend. «In den Viertelfinals gegen Lugano hat dieser Knatsch um meine Person angefangen. Die Boulevardpresse waren voll damit. Man wollte mich loswerden, obwohl mir Arno gesagt hatte, dass er auch k ünftig auf mich setzen möchte.» Es sei unter diesen Umständen schon sensationell gewesen, dass die Mannschaft über haupt in den Final gegen Zug kam: «Meine mentale Verfassung war grausam und dann habe ich mich auch noch am Handgelenk verletzt. Ich wollte unter diesen Umständen im Final nicht mehr spielen, aber
Arno hat mich überredet. Im Nachhinein hätte ich es besser sein lassen.» Der S kurrilität noch nicht genug, unterschrieb Wieser danach noch einmal einen Vertrag beim HCD – mit der Auflage, dass er im Ausland spielt. «Unter normalen Umständen hätten wir eine reelle Chance auf den Titel gehabt», ist er überzeugt.
Eine Zäsur im Leben Das alles mag im Nachhinein amüsant klingen. Für Wiesers Leben war es allerdings eine Zäsur: «Zuvor war es immer nur bergauf gegangen. Doch plötz lich wusste ich, dass ich mich auf das Leben nach dem Sport vorbereiten muss.» So kehrte der gelern te Hochbauzeichner nach seinem Auslandsjahr bei einem texanischen Klub einer Minor League zum EHC Chur in die NLB zurück und begann die Aus bildung zum technischen Kaufmann. Der Vater seiner Frau Manuela, Willy Zwahlen, hatte dem Schwiegersohn bereits zu verstehen gegeben, dass er ihn künftig gerne in seiner Garage sehen würde. Nachdem er 2002 seine Karriere beendet hatte, zog er mit der Familie ins Seeland und begann seinen Weg im Kundenservice der Firma. Heute, zehn
J ahre später, hat sich der Vater aus dem operativen Geschäft zurückgezogen und die Führung der 45 Mitarbeiter starken Garage seinem Sohn Fred und Nando Wieser überlassen. Die beiden haben sich die Kompetenzen aufgeteilt: Zwahlen ist für die Fahrzeuge der Nissan-Gruppe, Wieser für diejenigen der Fiat-Gruppe (Fiat, Alfa Romeo, Lancia und Jeep) verantwortlich. Vom Eishockey habe er einiges mitnehmen können, findet der Bündner. «Insbesondere im emotionellen Bereich. Man kann den Mitarbeitern glaubwürdiger vermitteln, dass sie nicht nur für den Lohn, sondern für ein gemeinsames Ziel am Morgen zur Arbeit erscheinen.» Nicht zuletzt komme ihm im Verkauf und in der Kundenbetreuung auch sein Name zugu te. Wenn er eine Visitenkarte aushändige, komme besonders von den Leuten im mittleren Alter oft die Frage nach dem Hockey auf. «Ja, einige erkennen mich und stellen mir sogar direkt Fragen zum Eishockey», erklärt er lächelnd. Was den Sport selber betrifft, ist er seit dem Aus stieg aber nicht mehr aktiv gewesen. Kontakt mit ehemaligen Mitspielern hat er nur noch selten. Trotzdem hat er das Interesse nicht verloren. Der ältere seiner beiden Söhne (13) spielt im Nachwuchs des EHC Biel und er selbst hat Donatoren-Karten des NL A-Teams, in erster Linie zu Networking- Zwecken. «Sei es bei meinem Sohn oder an den Biel-Spielen: Ich wundere mich oft, wie emotional die Leute beim Eishockey werden können. Mich kann das nicht mehr aus der Ruhe bringen», sagt Wieser und ergänzt: «Ab und zu lese ich, wie beispielsweise ein Marco Bührer in der Presse ange griffen wird. Dann denke ich mir schon: Ui! Ist jetzt der dran? Ich weiss, wie dieses Spiel läuft.» ●
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Red Bull Crashed Ice World Championship 2012
Bruder-Fight au dem harten Eis von QuÂŹbec
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Québec / Kanada Dem Kanadier Kyle Croxall reichte beim Saison-Finale der Red Bull Crashed Ice-Serie in Québec ein zweiter Rang hinter dem Finnen Arttu Pihlainen zum Worldcup-Sieg – ein Sturz seines Bruders Scott half ihm dabei. Die Schweiz beendete den Winter im Nations Cup auf dem hervorragenden dritten Platz. Text: Fotos:
Red Bull Crashed Ice Joerg Mitter, Sebastian Marko / Red Bull Contentpool
Mehr als 100 000 Zuschauer wurden Mitte März im kanadischen Québec Zeugen eines dramatischen Finals, des vermutlich dramatischsten in der Geschichte von Red Bull Crashed Ice: Der Vorjahres-Weltmeister, der Finne Arttu Pihlainen, hatte eigentlich schon wie der sichere Sieger der Red Bull Crashed Ice-Serie ausge sehen. Der Kanadier Kyle Croxall, der die ersten beiden Rennen der Saison gewonnen hatte und sowohl 2010 als auch 2011 auf den zweiten Rang gefahren war, wusste, dass er beim Abschlussevent in Québec mindestens Zweiter werden musste, um noch eine Chance darauf zu haben, den Finnen abzufangen. In Åre hatte er sich zwar mit dem 13. Rang einen Ausrutscher gleistet, führte das Ranking aber vor dem letzten Rennen knapp an. «Mein Sturz in den Viertelfinals von Åre war nichts Besonderes», sagt Kyle Croxall. «Crashed Ice ist einfach ein Sport, in dem alles passieren kann.» Der Druck, am letzten der vier Rennen in Québec den ersten oder zweiten Rang erreichen zu müssen, machte Kyle Croxall denn auch keinen allzu grossen Eindruck: «Ich wusste, dass ich den ersten oder zweiten Platz erreichen könnte. Der Druck machte mir nicht viel zu schaffen.» Am Rennen selber kam eine gute Fee dem kanadischen Feuerwehrmann zu Hilfe: Kurz vor dem Ziel stürzte ausgerechnet Kyles Bruder Scott Croxall, der zu diesem Zeitpunkt hinter Pihlainen Zweiter war und damit vor seinem Bruder lag, nach einem Sprung und einem A nhänger an der Bande.
Ein Finne stiehlt den Kanadiern die Show Scott scheint diese Saison wirklich vom Pech verfolgt: Bereits in Åre hatte er sich im Training die Hand ge brochen, war aber trotzdem an den Start gegangen. Das neuerliche Pech seines Bruders eröffnete Kyle die Gelegenheit zum Angriff. Obwohl der finnische Sportlehrer Arttu Pihlainen das Rennen von Québec gewann und sich damit seinen sechsten Sieg an einem Red Bull Crashed Ice-Rennen holte, brachte der Kanadier mit seinem zweiten Rang einen «Winzigst-Vorsprung» von 40 Punkten ins Ziel. Scott Croxall beendete die Meisterschaft auf Platz drei. Vierter in der Saisonschlusswertung wurde ebenfalls ein Kanadier, auch er ein Feuerwehrmann: Adam Horst, der Überraschungssieger von Åre, machte das kanadische Trio in den Top Five komplett. Paavo Klintrup war neben Pihlainen der zweite Finne unter den besten Fünf. Der muskulöse Kyle Croxall gab später zu, den Sturz seines Bruders mit einer gewissen Freude zur Kenntnis genommen zu haben. «Ich sah, wie er einhängte und wich aus, um eine Kollision zu vermeiden», erinnert sich Kyle. «Ich dachte noch: Das ist super! Und dann holte ich mir den zweiten Platz und den Titel.» Sowohl Kyle als auch Scott betonten später vor der Presse, der Sturz habe nichts mit einer Absprache zu tun. «Es fühlt sich wunderbar an», sagte der frischgebackene Weltmeister, der sich dank seiner Dominanz am Anfang der Rennserie neben der Ehre ein Mini-Cabrio ergattert hat. «Nach zwei zweiten Plätzen in den vergangenen Jahren bin
ich überglücklich, dass ich es heuer geschafft habe – und erst noch in Kanada!» Den Mini-Rookie Award für den besten Neueinsteiger holte sich Ross Thompson aus Kanada. Auch der Titel der Frauen blieb nach den Finals von Québec in Kanada: Er ging an Fannie Desforges. Das Schweizer Team schloss die Wertung des Nations Cup auf dem dritten Rang ab – hinter den traditionell unschlagbar starken Nationen Kanada und Finnland, die schon mit Kufen an den Füssen auf die Welt kommen. Holland, Russland und die USA sind dabei, die Lücke zur Weltspitze zu verkleinern.
Tolle Schweizer Bilanz Für die grösste Überraschung in Québec sorgte aus Schweizer Sicht Derek Wedge: Der Wild-Card-Empfänger fuhr in den kleinen Final und auf den 8. Schlussrang. Damit besserte er die gute Bilanz der drei Nationalteam-Fahrer auf, die in der Weltcup-Schlusswertung die Ränge 7 (Jim de Paoli), 8 (Kilian Braun) und 9 (Kim Müller) belegen. Kilian Braun allerdings war in Québec vom Pech verfolgt: In der Round of 64 foulte ihn ein Kanadier. «Der VideoJudge hat die Aktion gesehen und ihn folgerichtig disqualifiziert», sagt Braun, «aber mir nützte das nichts mehr – ich war schon draussen.» Damit hat Braun sein Saisonziel knapp verpasst: «Ich hatte mir eigentlich vorgenommen, alle vier Rennen in den Top Ten abzu schliessen und einmal aufs Podest zu fahren.» Nun sind daraus drei Top-Ten-Resultate geworden, mit dem Podestplatz hat es aber nicht geklappt. Frustriert ist er deswegen nicht: «So ist es halt im Sport, und im Crashed Ice sowieso: Es geht einfach brutal schnell, da kann so etwas passieren.» Trotz dieses bitteren Abschlusses hat ihm die Zeit seit Mitte Januar Spass gemacht. «Es war zwar streng, die Rennen und das Studium aneinander vorbeizu bringen, aber es hat sich auf jeden Fall gelohnt», sagt Kilian Braun. Obwohl die Möglichkeit besteht, dass der Rennkalender nächstes Jahr noch umfangreicher und sein Winter damit noch strenger wird, ist er jetzt schon sicher: «Das ist so eine tolle Zeit im Jahr – ich bin auch bei der nächsten Red Bull Crashed Ice-Saison wieder dabei!» l Weltmeisterschaftswertung: 1. Kyle Croxall (CAN) 3000 Punkte. 2. Pihlainen (FIN) 2960. 3. Scott Croxall (CAN) 2300. 4. Horst (CAN) 2190. 5. Klintrup (FIN) 1660. 6. Mels (GER) 1296. 7. De Paoli (SUI) 1260. 8. Braun (SUI) 1164, 9. Müller (SUI) 1019. 10. Lavrov (RUS) 760. Nations Cup: 1. Kanada 7530.0 Punkte 2. Finnland 5565.5 Punkte 3. Schweiz 3744.0 Punkte 4. Deutschland 2159.4 Punkte 5. Tschechien 1722.0 Punkte Das Video zum Event: www.redbull.ch/crashedice Weitere Infos unter www.redbullcrashedice.com
Impressum Das Hockey-Magazin der Schweiz 26. Jahrgang, Saison 2011/2012 Redaktionsschluss dieser Ausgabe: 24. April 2012 Herausgeber: IMS Sport AG SLAPSHOT-Magazin: IMS Sport AG Gartenstadtstrasse 17, Postfach 683 3098 Köniz Telefon: 031 978 20 20 Telefax: 031 978 20 25 ims@ims-sport.ch Verlags- und Anzeigenleitung: Michel Bongard Telefon: 031 978 20 31 michel.bongard@ims-sport.ch Anzeigenverkauf: Fabian Furrer Telefon: 031 978 20 35 fabian.furrer@ims-sport.ch Publizistischer Leiter: Andy Maschek Telefon: 031 978 20 55 andy.maschek@ims-sport.ch Redaktion: Matthias Müller Weitere Textmitarbeiter: Klaus Zaugg, Reto Fiechter Fotos/Grafics: Pius Koller, Reto Fiechter, Red Bull, Herbert Lehmann, Peter Eggimann, Florida Lady Panthers, zVg, Swiss Ice Hockey / Patricia Gmeinder, freshfocus Vorstufe: IMS Sport AG Gartenstadtstrasse 17, 3098 Köniz Layout/Litho: Reto Fiechter, Christine Boschung, Ralf Küffer Druck: Stämpfli Publikationen AG Wölflistrasse 1, Postfach 8326 CH-3001 Bern Telefon: 031 300 66 66 ©W iedergabe von Artikeln und Bildern, auch auszugsweise oder in Ausschnitten, nur mit ausdrücklicher Genehmigung des Verlages. Für unverlangte Zusendungen wird von der Redaktion und dem Verlag jede Haftung abgelehnt. Auflage: ø 18 000 Exemplare, bei zusätzlichen saisonalen Mehrauflagen 27 000 Exemplare Abonnement: Abonnementspreis Inland CHF 75.– Abonnementspreis Ausland CHF 95.– 9 Ausgaben September bis Juni inkl. Hockey Guide (gilt als Ausgabe Nr. 1) Abonnementsbestellungen / Adressänderungen: SLAPSHOT, Industriestrasse 37, 3178 Bösingen Telefon: 031 740 97 67 Telefax: 031 740 97 76 abo@slapshot.ch Einzelverkauf: SLAPSHOT ist an über 1000 Verkaufsstellen der KIOSK AG für CHF 7.50 auf erhältlich.
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Overtime
Tolles Hockeyjahr für die Büssers Die Schweizer U18-Nationalmannschaft hat schon bessere Zeiten erlebt. Das Team von Trainer Alfred Bohren unterlag in der Vorrunde den Gegnern auf Augenhöhe (gegen Lettland mit 2:4, gegen Deutschland mit 2:6) und war gegen die grossen Nationen chancenlos (2:7 gegen Schweden, 0:6 gegen Russland). Erst in der Relegationsrunde vermochten die jungen Schweizer das Ruder rumzureissen. Zuerst schlugen sie die Tschechen mit 4:2, dann die Dänen mit 2:1. Unter dem Strich sieht die Bilanz dank diesen zwei Siegen mit dem siebten Platz nicht gar so schlecht aus, wie man es nach der unglücklichen Vorrunde hätte befürchten müssen. Die Teamstatistiken lesen sich trotzdem miserabel: Die Schweiz belegt Platz 8 im Boxplay, Platz 8 im Powerplay und trägt das Schlusslicht bei der Tor hüterstatistik und bei der Toreffizienz. Letzteres zeigt sich auch durch die Tatsache, dass LionsVerteidiger Xeno Büsser mit 4 Punkten (1 Tor) der produktivste Spieler des Teams war. Für ihn persönlich war dieses Turnier sicherlich ein Erfolg. Erst vor wenigen Tagen 17 Jahre alt geworden, war er neben seinem hoch gehandelten Lions-Teamkollegen Phil
altisberger der einzige Underager. B Mit den Elite-Junioren war der eher kleine und wendige Verteidiger im März Schweizer Meister geworden, mit den GCK Lions konnte er in diese Saison ausserdem drei NL B-Spiele bestreiten. Den grössten Hockey erfolg hat in diesem Jahr allerdings sein Vater Gerry gefeiert. Der wurde nämlich als Mannschaftsarzt der ZSC Lions zum vierten Mal in seiner «Karriere» Meister. Wer weiss, vielleicht holen die beiden den fünften Titel für die Familie eines Tages gemeinsam. l
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