D THE FRENCH DISPATCH Fröhlich ausgemalt D TITANE Verstörende Gefühle D THE SPARKS BROTHERS Irrwitzig einflussreiche Band D SUPERNOVA Kostbare Momente D BIS AN DIE GRENZE Multiperspektive D ONLINE FÜR ANFÄNGER Drei gegen das Internet D WALCHENSEE FOREVER Fünf Frauengenerationen D HINTERLAND Expressionismus digital D NOWHERE SPECIAL Liebe Sicherheit Trost D HOCHWALD Leben gleich Krise D WHO’S AFRAID OF ALICE MILLER? Familienanalyse D TÖCHTER Ohne Plan D GENDERATION Gendernauts heute D BORGA Traum vom guten Leben D DIE LETZTE STADT Dialoge in fließenden Räumen
Magazin FÜR unabhängigeS KINO
D 14 D OKTOBER 2021
indiekinoMAG
BORGA – Start am 28.10.2021
NILAM
FAROOQ
CHRISTOPH MARIA
HERBST
BALD IM KINO
3rd Edition
SOURA FILM FESTIVAL
Queer south west asian and north african Film festival
Editorial In den letzten zehn Jahren waren die Gewinner der Goldenen Palme des Filmfestivals von Cannes verhältnismäßig wohlerzogene Filme – klug erzählte, genau inszenierte und exzellent gefilmte Dramen, die relevante gesellschaftliche Themen behandeln. Hirokazu Kore-edas SHOPLIFTERS etwa erzählte von Familienwerten jenseits biologischer Verbindungen, Ken Loachs ICH, DANIEL BLAKE folgte einem prekär beschäftigten Paketboten durch den Alltag, DÄMONEN UND WUNDER von Jacques Audiard spielte unter Eingewanderten in der Pariser Banlieue. In diese honorige Reihe kracht nun dieses Jahr TITANE von Julia Ducournau, ein Film, der zunächst und vor allem physisch funktioniert. Eine fantastische Agathe Rousselle als Alexia übt Gewalt nicht nur gegen andere aus, sondern durchlebt auch selbst einen schmerzhaften Transformationsprozess, in dem sich ein – gesellschaftliches, kosmisches, weibliches? – Unwohlsein in physischen Qualen ausdrückt. TITANE wütet und brodelt, ist schwer auszuhalten und geht in jeder Szene eigene, originelle Wege. Das exakte Gegenteil ist Wes Andersons THE FRENCH DISPATCH, ebenfalls ein Cannes-Beitrag, der einen Plot aus ausgeklügelt ineinander verschachtelten Miniaturen wie ein Bilderbuch präsentiert, in dem man nach Belieben blättern kann, und das so viele Details und Schnörkel enthält, dass viele sich erst beim zweiten Mal Hinschauen oder Hinhören erschließen. Sehr gerührt hat uns NOWHERE SPECIAL von Uberto Pasolini, in dem Fensterputzer John, der nicht mehr lange zu leben hat, Adoptiveltern für den eigenen Sohn sucht. Monika Treut hat in GENDERATION die Held*innen ihres queeren Klassikers GENDERNAUTS erneut besucht. Mit A DARK SONG (R: Liam Gavin), HOCHWALD (R: Evi Romen) und BORGA (R: York-Fabian Raabe) melden sich Newcomaer*innen zu Wort, die man im Auge behalten sollte. Viel Spaß beim Lesen und viel Spaß im Kino Eure INDIEKINO Redaktion
OYOUN BERLIN
21-24
Oct 2021 @sourafilmfest www.sourafilmfestival.com
INDIEinhalt
06 Magazin 08 FRÖHLICH AUSGEMALT THE FRENCH DISPATCH 12 VERSTÖRENDE GEFÜHLE TITANE 14 IRRWITZIG EINFLUSSREICHE BAND THE SPARKS BROTHERS
19 LIEBE SICHERHEIT TROST NOWHERE SPECIAL 27 GENDERNAUTS – 20 JAHRE SPÄTER GENDERATION 39 Kinderfilme 40 KinohighlightS 44 KinoS, Impressum, Abo 46 Nachbild
Neu im OKTOBER 16 34 30 21 36 21 32 36 26 35 37
Auf alles, was uns glücklich macht Bis an die Grenze Borga Contra Cry Macho Daido Moriyama A Dark Song Dear Evan Hansen Dear Future Children Endlich Tacheles Es ist nur eine Phase, Hase
Die letzte Stadt Lobster Soup Nowhere Special Online für Anfänger Ottolenghi und die Versuchungen von Versailles Résistance The Sparks Brothers Supernova Tagebuch einer Biene Titane Töchter
22 23 31 22 17 34
Uta Wagner, Bayreuth und der ganze Rest Walchensee Forever Who’s Afraid of Alice Miller? Der wilde Wald Zimmer 212
38 10 27 28 18 23 36 22 18 24 29
Die fabelhafte Reise der Marona The French Dispatch Genderation Ghosts Gloria Mundi Das Glück zu leben Das Haus Here We Move, Here We Groove Hinterland Hochwald Klassenkampf
31 37 19 20 28 36 14 16 38 12 26
38 12 26 22 17
Tagebuch einer Biene Titane Töchter Uta Der wilde Wald
21.10.
28.10.
36 10 27 18 31 28 31
30 21 21 36 20 23 22
Starts der Woche 30.9. 34 38 23
Bis an die Grenze Die fabelhafte Reise der Marona Glück zu leben
7.10. 32 28 36 22 18 24 29 19 14
D4
A Dark Song Ghosts Das Haus Here We Move, Here We Groove Hinterland Hochwald Klassenkampf Nowhere Special The Sparks Brothers
D OKTOBER 2021
14.10. 16 26 35 37 37 36 16 34
Auf alles, was uns glücklich macht Dear Future Children Endlich Tacheles Es ist nur eine Phase, Hase Lobster Soup Résistance Supernova Zimmer 212
Cry Macho The French Dispatch Genderation Gloria Mundi Die letzte Stadt Ottolenghi und die Versuchungen von Versailles Walchensee Forever
Borga Contra Daido Moriyama Dear Evan Hansen Online für Anfänger Wagner, Bayreuth und der ganze Rest Who’s Afraid of Alice Miller?
BIRGIT MINICHMAYR
ALEXANDRA MARIA LARA
AB 7. OKTOBER IM KINO
JOSEF BIERBICHLER
Vento Seco
INDIEMagazin
Hamburg International Queer Film Festival Nach 32 Jahren
haben die Lesbisch-Schwulen Filmtage Hamburg (19.-31.10.) einen neuen Namen: Erstmals finden sie 2021 unter dem Titel Hamburg International Queer Film Festival statt. Was 2010 als Zusatzprogramm begonnen hatte, wird nun zur Hauptüberschrift. Auf dem Weg dorthin gab es viele Diskussionen, doch am Ende war klar, dass alle queeren Menschen, die längst schon Teil des Filmprogramms waren, nun auch im Titel eingeschlossen werden sollen. „Lesbisch und schwul werden sich weiterhin in unserem Programm finden, das wir auch in Zukunft politisch, empowernd und auffordernd gestalten werden“, verspricht die Festivalleitung. Alle Filme sind in diesem Jahr online verfügbar, können aber zum Glück auch in den Kinos Metropolis, Passage und 3001 gezeigt werden. Das Programm eröffnet der Dokumentarfilm GENDERATION (Besprechung auf Seite 27) in Anwesenheit der Regisseurin Monika Treut. Weitere Filmhighlights sind NICO (Deutschland 2021) von Eline Gehring, in dem ein rassistisch motivierter Überfall das Leben der Heldin schlagartig verändert, oder Ümüt Ünals LOVE, SPELLS AND ALL THAT (Türkei 2019), der sich mit lesbischer Liebe in der Türkei beschäftigt. Es gibt ein Rahmenprogramm mit Videoinstallationen und eine Schulvorstellung mit Materialien für Lehrkräfte. www.lsf-hamburg.de
GRIT LEMKE: KINDER VON HOY – FREIHEIT, GLÜCK UND TERROR Grit Lemke, bis 2017 Programmchefin des Festivals für Dokumentar- und Animationsfilm DOK Leipzig, hat seit ihrem Ausscheiden unter anderem den herausragenden Dokumentarfilm GUNDERMANN REVIER (2019) gedreht. Zum 30. Jahrestag der tagelangen rassistischen Pogrome in Hoyerswerda, die im September 1991 die Flitterwochen des wiedervereinigten Deutschlands beendeten, erscheint nun ihr dokumentarischer Roman „Kinder von Hoy“ im Suhrkamp Verlag. Lemke wuchs in Hoyerswerda auf und schildert in ihrem Buch die Kindheit und Jugend ihrer Freunde in der für das Gaskombinat „Schwarze Pumpe“ in den fünfziger und sechziger Jahren hochgezogen Stadt. ¢ Grit Lemke: Kinder von Hoy. Freiheit, Glück und Terror, Suhrkamp, 255 Seiten Nasim
Moon Rock für Monday
DOK LEIPZIG
KINDERFILMFEST SCHLINGEL
Das Internationale Leipziger Festival für Dokumentar- und Animationsfilm, kurz DOK Leipzig, findet vom 25.-31.10. zum 64. Mal statt. Das diesjährige Filmprogramm soll sich in erster Linie in den Kinos abspielen. „Wir werben damit für einen physischen Neustart nach einer kulturellen Durststrecke“, so Festivalleiter Christoph Terhechte. Weil die Organisator*innen den Kinos Vorrang geben möchten, veröffentlichen sie ihren deutschlandweit verfügbaren „DOK-Stream“ mit einer Auswahl an Filmen und Filmgesprächen erst im Anschluss an das Festival (1.-14.11.). Nach einem reduzierten Lineup 2019 stehen diesmal wieder rund 200 Produktionen auf dem Plan. www.dok-leipzig.de
Beim 26. Kinderfilmfest Schlingel (9.-16.10.) lädt der Sächsische Kinder- und Jugendfilmdienst in verschiedenen Chemnitzer Spielstätten ein. Das Filmfestival zeigt Zuschauer*innen von 4 bis 16 Jahren Filme aus aller Welt. Unter den Langfilmhighlights sind Produktionen aus Australien (MOON ROCK FÜR MONDAY), Indonesien (YUNI) oder Russland (PIRATENSEELE). Einzelne Vorführungen sind als Schulveranstaltungen konzipiert und nur in Gruppen buchbar. Parallel zum Festival bietet das Schlingel Industry Forum einen Branchentreffpunkt für die Kinder- und Jugendfilmszene. Eine Fachtagung zum Thema „DDR-Alltag im Film“ richtet sich gezielt an Lehrkräfte. Auch in diesem Jahr werden wieder Schüler*innen, ausgestattet mit professioneller Filmtechnik, als „Schlingel-Reporter“ vom Festival berichten. www.ff-schlingel.de
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D OKTOBER 2021
STARKOCH UND BESTSELLER-KOCHBUCHAUTOR YOTAM OTTOLENGHI PRÄSENTIERT GESCHICHTE IN SÜßEN HÄPPCHEN!
UND DIE VE R S U C H U N G E N VON
Die Kinder der Toten
OKTOBER IM INDIEKINO CLUB Noch bis zum 7.10. präsentiert das Soura Film Festival eine Auswahl von Kurzfilmen aus den letzten Festivaleditionen im Indiekino Club und bis zum 10.10. können Mitglieder das „Friends & Family“-Programm des Festival of Animation Berlin anschauen. Das Programm versammelt eine schöne Mischung animierter Kurzfilme, die von Teammitgliedern sowie Freund*innen des Festivals in den Jahren 2011 bis 2020 realisiert wurden. Zum 75sten von Elfriede Jelinek zeigen wir die Verfilmung ihres „Heimatromans“ DIE KINDER DER TOTEN, die vor Ort in der Steiermark unter Mithilfe der Bevölkerung und auf Super-8 gedreht wurde, und wir feiern den großen, im letzten Monat verstorbenen Jean-Paul Belmondo mit Jean-Pierre Melvilles kühlem Gangstermelodram DER TEUFEL MIT DER WEISSEN WESTE (LES DOULOS, F 1962). www.indiekino-club.de
VERLOSUNG: THE OUTSIDERS & THE OUTSIDERS: THE COMPLETE NOVEL Francis Ford Coppolas THE OUTSIDERS war der Karrierestart für eine ganze Reihe Stars, darunter Tom Cruise, Ralph Macchio, Matt Dillon, Emilio Estevez und nicht zuletzt der früh verstorbene Patrick Swayze. Die Verfilmung des Jugendromans von S.E. Hinton um zwei rivalisierende Gangs in den fünfziger Jahren, den armen „Greasern“ und den reichen „Socks“, avancierte in den USA zum Kultfilm, in Deutschland war der stylische und romantische Film schon in den achtziger Jahren etwas zu weit weg von der Lebensrealität. 2005 legte Coppola noch einmal Hand an seinen Film und veröffentlichte den 22 Minuten längeren Director’s Cut THE COMPLETE NOVEL, mit neuer Musik und einigen unveröffentlichten Szenen. Mit etwas Glück zieht Patrick Swayze ein zweites Mal das Hemd aus. Wir verlosen eine Limited Collector’s Edition, die beide Versionen des Films und umfangreiches Bonusmaterial enthält, als BluRay oder DVD. Schickt uns bis zum 15.10. eine E-Mail an Info@indiekino.de. Stichwort: Outsiders.
EIN FILM VON L AURA GAB B ERT
AB 21. OKTOBER IM KINO!
INDIEFEATURE
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D OKTOBER 2021
INDIEFEATURE
OKTOBER 2021 D
9D
INDIEFEATURE
The French Dispatch Fröhlich ausgemalt
Der neue Wes Anderson ist wie russische Matroschka-Puppen organisiert. Eingebettet in eine fröhlich ausgemalte Rahmenhandlung sind pittoreske Episoden, die sich ihrerseits bevorzugt in schräg-niedlichen Nebenschauplätzen verlieren. Ein Haupthandlungsstrang ist dabei nach einiger Zeit nicht mehr auszumachen, aber vielleicht ist das gar nicht so sehr ein Fehler als vielmehr das Ziel der Übung. Das Kaleidoskop von Geschichten und Beobachtungen ist Mitte des vergangenen Jahrhunderts in einem imaginären französischen Örtchen namens Ennui angesiedelt. Von hier berichtet das ebenso imaginäre amerikanische Auslandsmagazin „The French Dispatch“, dessen idiosynkratischer Herausgeber, gehätschelte Starjournalist*innen und liebevoll grafisch gestaltete Titelbilder nicht von ungefähr an „The New Yorker“ erinnern, über Weltpolitik, Kulinarik und Vermischtes. Herausgeber Arthur Horwitzer Jr. (Bill Murray) hat verfügt, dass das Magazin unmittelbar mit seinem Tod eingestellt wird. Der ist eingetreten, und der Film illustriert nun sowohl die Entstehung der letzten, speziellen Ausgabe, als auch einige der Artikel, die in ihr erscheinen werden. Zu den Beiträgen gehören unter anderem eine Ortsbeschreibung des „radelnden Reporters“ (Owen Wilson), ein ausführlicher Bericht über den Meister der rauflustigen französischen Spritztechnikschule Mr. Moses Rosenthaler (Benicio del Toro) und ein Porträt des berühmten Kochs des Polizeichefs, Monsieur USA/Deutschland 2020 D 103 min D R: Wes Anderson D B: Wes Anderson D K: Robert Yeoman D S: Andrew Weisblum D M: Alexandre Desplat D D: Benicio Del Toro, Adrien Brody, Tilda Swinton, Léa Seydoux, Frances McDormand, Timothée Chalamet, Lyna Khoudri, Jeffrey Wright, Mathieu Amalric, Bill Murray, Owen Wilson, Henry Winkler D V: Walt Disney Company D 10
D OKTOBER 2021
Nescaffier (Stephen Park), in dem Nescaffier allerdings nur am Rande vorkommt, während die Entführung des kleinen Sohns des Polizeichefs und dessen spektakuläre Befreiung ausführlich verhandelt werden. Die wilden Geschichten, obskuren Hintergrundinformationen und visuellen Ideen sprudeln nur so und sind beim einmaligen Sehen kaum zu erfassen. Zusammengehalten werden sie von einer großen Liebe für den Print-Journalismus und von einer Sehnsucht nach mutigen, integeren Männern und Frauen. Egal, ob es sich um einen Künstler, einen Koch oder studentische Revolutionär*innen handelt, oder um die Reporterin Lucinda Kremenz (Frances McDormand), die das studentische Manifest korrekturliest und mit einem umstrittenen Appendix versieht – Andersons Figuren zeigen immer Haltung und Berufsethos. Sie sind meist freundlich im Umgang, oft ausgefallen in ihrer Persönlichkeit, immer aber unverrückbar in ihren Prinzipien. Anderson träumt seine Geschichten in einem verklärten Kultur-Europa und in einer Vergangenheit, die es so nie gegeben hat. Es sind letztlich Kindergeschichten, in denen die Erwachsenen so sind, wie sie eigentlich sein sollten. Die verspielten Szenarien erzählen davon, dass Anderson sich dessen durchaus bewusst ist, und beharren dennoch darauf, die Sehnsucht wach zu halten. D Hendrike Bake ¢ Start am 21.10.2021
In his most recent film Wes Anderson tells stories about the last edition of an imaginary American magazine in an imaginary French town.
INDIEFEATURE
Titane
Verstörende Gefühle
Beim diesjährigen Filmfestival in Cannes gewann TITANE die Palme d’Or. Es scheint unwahrscheinlich, dass dieses Jahr ein aufregenderer Film in die Kinos kommen wird. Julia Ducornaus (RAW) zweiter Film erzählt von Alexia (Agathe Rousselle), die als Erotik-Performerin auf Underground-Automessen auftritt. Nach einer vereitelten Vergewaltigung flüchtet sie aus ihrem alten Leben, ändert ihr Äußeres drastisch, und gibt sich als lange verschollener Sohn eines Feuerwehrkommandanten aus. „Papa“ Vincent (V. Lindon) verteidigt „Adrien“ so energisch gegen jegliche Zweifel an seiner Identität, dass Alexia ihren ursprünglichen Plan, bald weiter zu flüchten, verwirft. Vincent, der seinen Ochsenkörper mit Spritzen vor dem Alter zu retten versucht, sieht etwas in dem kaputten, androgynen Wesen, und Alexia fühlt sich in einer Weise gesehen, die anders ist als die in ihrem alten Leben, als sie sich auf Sportwagen erotisch räkelte. Aber Adrien zu sein wird schwieriger, denn ihr Körper zeigt Zeichen einer Schwangerschaft …
The comparison to David Cronenberg‘s CRASH is obvious. However, Cronenberg‘s film is cold and intellectual and TITANE is emotional and disturbing.
D 12
D OKTOBER 2021
INDIEFEATURE
Das Titan des Titels ist ein Implantat in Alexias Kopf, mit dem ihr nach einem Autounfall der Schädel repariert wurde, und stellt eins der drei Elemente dar, die sich durch den Film ziehen. Während die Handlung (Gender-)Identität als instabil und flüssig zeigt, interagieren Metall, Feuer und Fleisch direkt und physisch miteinander, immer angetrieben von einer starken Sexualität. Der Vergleich zu David Cronenbergs CRASH ist naheliegend. Wo dieser aber kalt und intellektuell ist, ist TITANE emotional und lässt Publikum und Charaktere immer etwas spüren, selbst wenn die Gefühle verwirrend und verstörend sind. Der erste Akt ist durchzogen von explosiven Schockmomenten und Reizüberflutung, während die destruktive Energie danach ständig unter der Oberfläche brodelt, und die Frage, wann und in welcher Form sie ausbrechen wird, zum Nervenkitzel wird. Denn der Ausbruch ist sicher. D Christian Klose ¢ Start am 7.10.2021
Frankreich 2021 D 108 min D R: Julia Ducournau D B: Julia Ducournau D K: Ruben Impens D S: Jean-Christophe Bouzy D D: Agathe Rousselle, Vincent Lindon, Garance Marillier, Myriem Akheddiou, Dominique Frot D V: Koch Films
OKTOBER 2021 D
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INDIEFEATURE
The Sparks Brothers Irrwitzig einflussreiche Band
Die Band Sparks erlebt mit dem aktuellen Dokumentarfilm und mit dem in Cannes präsentierten Film ANNETTE (Kinostart am 16.12.) von Leos Carax gerade den dritten bis vierten Höhepunkt ihrer Karriere, nach den Glam-Rock-Hits in den siebziger Jahren, den Elektropop-Alben mit Giorgio Moroder und dem Comeback und der Zusammenarbeit mit Franz Ferdinand in den letzten Jahren. Edgar Wright (SHAUN OF THE DEAD, BABY DRIVER) hat mit THE SPARKS BROTHERS einen langen Film über die sehr lange Karriere der Band der Brüder Ron und Russel Mael gedreht. Ein großer Teil der Pop-Prominenz der letzten sechs Jahrzehnte huldigt hier den Brüdern, von der Psychedelic-Legende Todd D 14
D OKTOBER 2021
Rundgren, der das erste Album der Band produzierte, über New Order, Jane Wiedlin von der Power-Pop-Girl-Group The Go-Go’s, Duran Duran, Vince Clark von Depeche Mode und andere Elektropop-Prominenz der 80er Jahre bis hin zu Beck und Alex Kapranos von Franz Ferdinand. Das Denkmal für Sparks ist mehr als verdient und sehr unterhaltsam, was weniger an der Form liegt als am Charme von Ron und Russel Mael selbst, die auch Niederlagen und gescheiterte Experimente mit der Souveränität von Elder Statesmen des Pop kommentieren. Der Film klappert die einzelnen Alben der Brüder in chronologischer Reihenfolge ab und garniert Konzertausschnitte, TV-Auftritte und Musikvideos
INDIEFEATURE
Großbritannien 2021 D 135 min D R: Edgar Wright D K: Jake Polonsky D S: Paul Trewartha D V: Universal Pictures
mit Animationen, die die Erzählungen der vielen Talking Heads illustrieren. So ganz hinter das Geheimnis der ironisch-humorvollen, manchmal auch bitteren Texte von Ron Mael dringt der Film aber nur selten, etwa wenn Ron erzählt, dass sie früher alte Filme immer nur zum Teil gesehen hätten, weil ihre Mutter nie auf die Anfangszeiten im Kino geachtet hätte. Den fehlenden Teil der Geschichten hätten sie sich ausgedacht. Das erklärt zum Teil die Montage-Technik in der irrwitzigen Drei-Minuten-Pop-Oper „This Town ain’t Big Enough for Both of Us“, in der sich Szenen über männliche Unsicherheit und Killer-Fantasien aus Hollywood-Filmen aneinanderreihen.
Sparks waren sicher ihrer Zeit voraus, weil sie immer wieder Spott über Konventionen der Männlichkeit in der Pop-Kultur in ihre Songs eingewoben haben, aber Ron Maels Lyrics zählen auch formal zum Aufregendsten, was die Popgeschichte zu bieten hat. Eine gute Einführung in das Werk einer irrwitzig einflussreichen Band. D Tom Dorow ¢ Start am 7.10.2021
Edgar Wright (SHAUN OF THE DEAD, BABY DRIVER) has made a long and very entertaining film about the very long career of the band of brothers Ron and Russel Mael.
OKTOBER 2021 D
15 D
INDIEKRITIKEN Großbritannien 2020 D 95 min D R: Harry Macqueen D B: Harry Macqueen D K: Dick Pope D S: Chris Wyatt D M: Keaton Henson D D: Stanley Tucci, Colin Firth, James Dreyfus, Ian Drysdale D V: Weltkino
Supernova Kostbare Momente
Originaltitel: Gli anni più belli D Italien 2020 D 135 min D R: Gabriele Muccino D B: Gabriele Muccino, Paolo Costella D K: Eloi Molí D S: Claudio Di Mauro D M: Nicola Piovani D D: Pierfrancesco Favino, Micaela Ramazzotti, Kim Rossi Stuart, Claudio Santamaria D V: Prokino
Auf alles, was uns glücklich macht Paolo, Giulio & Ricardo … und Gemma
Solange es Filme wie SUPERNOVA von Harry Macqueen gibt, müssen sich auch mittlerweile über sechzigjährige Stars wie Colin Firth und Stanley Tucci keine Sorgen um tolle Angebote machen. Natürlich bringt ein kleiner britischer Film wie dieser sicher nicht die größte Gage ein. Aber allein die Qualität des Drehbuchs dürfte alle Beteiligten über jenes Detail hinwegtrösten. Mit seiner Geschichte über ein schwules Ehepaar mittleren Alters, das sich auf eine letzte gemeinsame Reise durch England begibt, nachdem Tusker (Tucci), ein Schriftsteller, an Demenz erkrankt ist, reiht sich Macqueens bewegendes Drama zunächst nahtlos in die bereits seit einer ganzen Weile Konjunktur habenden Filme zum Thema ein. Doch während beispielsweise Florian Zellers Oscar-Gewinner THE FATHER eher auf die zermürbenden Konflikte setzt, die sich mit zunehmendem Gedächtnisschwund zwangläufig zwischen dem Erkrankten und seinem unmittelbaren Umfeld ergeben, konzentriert sich SUPERNOVA in erster Linie auf die kostbaren Momente der noch verbleibenden Zeit. Zu diesem Zweck hat Tuskers Partner Sam (Firth), seine Karriere als erfolgreicher Pianist aufgegeben. Ein Trip im Wohnmobil, um noch einmal Familie und Freunde zu besuchen, soll einen angemessenen Abschied bieten. Auf dem Weg kommt es natürlich trotzdem immer wieder auch zu Problemen, schließlich gehören kleine Stichelleien und Streitigkeiten selbst zu besten Zeiten gerne und regelmäßig zum Programm in der sonst zutiefst liebevollen Ehe der beiden Männer. Zugleich bewegen sich Firth und Tucci in jeder Einstellung stets wie zwei Seelenverwandte durch diesen Film, der nicht nur zu Tränen rührt, sondern in seiner klugen Auseinandersetzung mit der Krankheit wie mit dem Tod zugleich ausgesprochen nachdenklich stimmt. D Pamela Jahn
Das melodramatische italienische Generationen-Epos AUF ALLES, WAS UNS GLÜCKLICH MACHT handelt von Liebe, Freundschaft, Konkurrenz und Klassenkonflikten zwischen drei Männern und einer Frau, die sich 1982 als Teenager kennenlernen. Der Film erzählt in leuchtenden Farben aus der zurückblickenden Perspektive von Giulio, dem erfolgreichsten, aber auch unglücklichsten der Freunde. Der sensible Paolo und der draufgängerische Giulio retten den verletzten Ricardo, als sie aus Versehen in eine Demo geraten, die von der Polizei gewalttätig auseinandergetrieben wird. Ricardo überlebt und erhält den Spitznamen „Sopravissuto“, der Überlebende. Die erotischen Interessen der jungen Männer konzentrieren sich auf die schöne Gemma, die aus Gründen kurz nach dem ersten Kuss mit Paolo die Stadt verlassen muss und auf die schiefe Bahn gerät. Paolo sehnt sich und will Gemma retten, Giulio macht Karriere und wird korrupt, Ricardo scheitert immer wieder, bleibt aber ungebrochen integer. In seinem bewusst altmodischen, symbolbeladenen Stil erinnert AUF ALLES, WAS UNS GLÜCKLICH MACHT an die späten Fassbinder-Melodramen, die sich wiederum an den Douglas Sirk-Filmen der Vierziger und Fünfziger Jahre orientierten. Paolo züchtet Vögelchen, die entsprechend seiner Gefühlslage fröhlich herumzwitschern, ausfliegen und tragisch gegen Scheiben prallen. Der Popsong „Dreams are My Reality“ aus dem Teenie-Film LA BOUM (1980) ist das Leitmotiv der Geschichte, in die immer wieder historische Aufnahmen aus den vergangenen Jahrzehnten eingeflochten sind. Der italienische Publikumserfolg ist optimistischer und versöhnlicher als Fassbinder. Trostkino fürs Herz einer Generation, die heute zwischen 50 und 60 ist – und ein wenig Politik. D Tom Dorow
¢ Start am 14.10.2021
¢ Start am 14.10.2021
Sam (Colin Firth) and Tusker (Stanley Tucci) travel across England in their caravan and visit the places of their childhood. It is a goodbye trip because Tusker has dementia.
D 16
D OKTOBER 2021
The melodramatic Italian generational epic AUF ALLES, WAS UNS GLÜCKLICH MACHT, is about love, friendship, competition, and class conflicts between three men and a woman who met as teenagers in 1982.
Termine unter www.indiekino.de
Deutschland 2021 D 89 min D R: Lisa Eder D K: Tobi Corts, Heiko Knauer, Dietmar Nill, Robin Jähne D S: Georg Michael Fischer D M: Sebastian Fillenberg D V: mindjazz Pictures
Der wilde Wald
Nationalpark ohne menschlichen Einfluss
Noch knapp 1% der Fläche Europas ist frei von menschlichem Einfluss. So steht es im Dokumentarfilm DER WILDE WALD, in sachlichen Buchstaben über das Bild einer vielbefahrenen Brücke gelegt. Der Nationalpark Bayerischer Wald, der sich über 900 km2 bis nach Tschechien erstreckt, ist Teil dieses Prozents. Einer Revolution gleich sei die Idee in den 1970ern gewesen, den Park ohne Eingriff durch den Menschen sein Ding machen zu lassen, und es war auch nicht immer schön anzusehen. Die Zerstörung durch den Orkan „Wiebke“ 1990 und den darauf folgenden Borkenkäferfraß musste nicht nur der Wald, sondern auch der Mensch aushalten. Den Bayern fiel es schwer, der „zerstörerische Umweltschutz“ wurde zum Politikum, aber die Leitung des Naturparks blieb standhaft, und der Wald rettete sich selbst. Denn was dem gewöhnlichen Waldnutzenden als Katastrophe erscheint, nennen Naturpark-Profis Dynamik. Lisa Eder bietet fantastische Naturaufnahmen und lässt Wald-Forschende und -Liebende zu Wort kommen. Eine Öko-Philosophin, die bayerische und tschechische Parkleitung, eine Borkenkäferforscherin, einen nachhaltigen Forstwirt, einen wandernden Fotografen. Sie alle sind sich einig: Der Wald kommt ohne uns gut aus, aber wir nicht ohne ihn. Das gespaltene Verhältnis zeigt auch ein Blick ins angrenzende Dorf Bodenmais. Hier ziehen die Bewohner seit 300 Jahren lärmend durch die nächtlichen Straßen um die Wolfsaustreibung zu zelebrieren. Der Wolf kam trotzdem zurück und mit ihm der Luchs. Im Dorf sieht man das skeptisch. Im Kontrast dazu: Bilder von Sonntagsausflüglern im Nationalpark. 2018–2020 verendeten 18 Millionen Bäume in Deutschland aufgrund von Hitze, Brand, Sturm und Borkenkäfern. Auch den Bayerischen Wald hat es getroffen. Klimaveränderungen machen sich nichts aus Nationalparkgrenzen. D Clarissa Lempp ¢ Start am 7.10.2021 In the 70s it was decided that there should be no regulative intervention in the eco system of the Bavarian forest natonal park. After hurricanes and bark beetle infestations, the result wasn’t always pretty and there was talk of the “destructive enironmental protection”.
Termine unter www.indiekino.de
„Janna Ji Wonders erzählt berührend, voller Liebe und Humor.“ rbb inforadio
„Ein emotionales und tief berührendes Generationenporträt.“ BR Kulturmagazin Capriccio
„Ein Bayerisches Epos. Ein absoluter Höhepunkt auf der Berlinale.“
Zum Trailer
Abendzeitung
DER FESTIVAL-PUBLIKUMSLIEBLING
AB 21. OKTOBER IM KINO
INDIEKRITIKEN Frankreich/Italien 2019 D 107 min D R: Robert Guédiguian D B: Robert Guédiguian, Serge Valletti D K: Pierre Milon D S: Bernard Sasia D D: Ariane Ascaride, Jean-Pierre Darroussin, Gérard Meylan, Anaïs Demoustier D V: Film Kino Text
Gloria Mundi Arbeiterklassentragödie
Schon Robert Guédiguians letzter Film DAS HAUS AM MEER war eine Familiengeschichte, die sich immer mehr in eine Tragödie verwandelte und schließlich mit einer großen Geste endete. GLORIA MUNDI beginnt mit einer Geburt, auch wenn der Titel auf den Tod verweist: Sic transit Gloria Mundi („So vergeht der Ruhm der Welt“). Daniel war über 20 Jahre im Gefängnis. Jetzt wird er entlassen, kurz nachdem seine Tochter Mathilda ein Baby bekommen hat. Um die kleine Gloria zu sehen, fährt er nach Marseille zu seiner Ex-Frau Sylvie, die nachts im Krankenhaus putzt und mit dem Busfahrer Richard verheiratet ist. Die Verkäuferin Mathilda will eigentlich nichts von ihrem biologischen Vater wissen, Richard hat sie aufgezogen. Aber sie willigt ein, Daniel zu treffen, und bald wird seine Fürsorge gebraucht: Mathildas Ehemann Nico hat sich ein teures Auto gekauft, um als Uber-Fahrer zu arbeiten, und wird von feindseligen Taxifahrern zusammengeschlagen. So lange Daniel im Krankenhaus liegt, fährt Daniel die kleine Gloria spazieren. Aber bald kommen weitere kleine Katastrophen mit großen Auswirkungen auf die Familie zu. Guédiguians Hang zur Tragödie und zum christlichen Opfermythos unterscheidet seinen Stil von materialistischeren britischen Regisseuren wie Mike Leigh oder Ken Loach. Auch Guédiguian zeigt, wie Kleinigkeiten für Menschen in prekären Arbeits- und Klassenverhältnissen gewaltige Folgen haben können. Die Passagen in Marseille porträtieren nebenbei eine Stadt zwischen Migrationskrise, Rassismus und Terrorangst – überall patrouillieren bewaffnete Soldaten. Das Finale bietet dagegen eine bewusst exzessiv theaterhafte Auflösung, so schicksalhaft und deterministisch, dass durch sie selbst die vorgeblich erreichte Rettung in Zweifel gezogen wird. Harter Stoff. D Hannes Stein ¢ Start am 21.10.2021 Saleswoman Mathilda and Uber driver Nicolas are having a baby. They‘re happy, but money is scarce for them and their friends.
D 18
D OKTOBER 2021
Österreich/Luxemburg 2021 D 99 min D R: Stefan Ruzowitzky D B: Robert Buchschwenter, Hanno Pinter, Stefan Ruzowitzky D K: Benedict Neuenfels D D: Murathan Muslu, Liv Lisa Fries, Max von der Groeben, Marc Limpach, Margarethe Tiesel D V: Square One
Hinterland Expressionismus digital
1920 war ein wichtiges Jahr für den Expressionismus. Nach dem Ersten Weltkrieg, kurz nach Gründung der ersten Republiken in Deutschland und Österreich explodierte diese Stilrichtung förmlich. In allen Kunstgattungen drängten subjektive Wahrnehmung und die oft schräg-verzerrte Darstellung der radikal veränderten Wirklichkeit in den Vordergrund. Mit DAS CABINET DES DR. CALIGARI wurde der expressionistische Film schlechthin gedreht. In diesem historischen Moment spielt HINTERLAND. Der Film nimmt ästhetisch den expressionistischen Stil auf und erzählt aus der Perspektive der Geschichtsverlierer. Der ehemalige Kriminalpolizist Perg (Murathan Muslu) kehrt mit seiner Truppe nach verlorenem Krieg aus der Gefangenschaft zurück in ein Wien, das aus den Fugen ist. Der Kaiser und das alte Wertsystem sind verschwunden, die neue Welt ist den kriegstraumatisierten Männern ein Rätsel. Durch eine brutale Mordserie an Bekannten aus der Kriegszeit wird Perg von der Vergangenheit eingeholt und muss ermitteln, um sich zu schützen. Regisseur Stefan Ruzowitzky versucht, den Expressionismus mit heutigen Mitteln wieder aufleben zu lassen. Der Film wurde vor einem Bluescreen gedreht, die Hintergründe digital eingefügt – schräg ineinander stürzende Stadtlandschaften, verzerrte Perspektiven, manche Bilder wirken gemalt wie altertümliche Theaterkulissen. Die Referenz an CALIGARI ist deutlich, und der Effekt funktioniert: Man taucht ein in die verstörte, depressive Wahrnehmung der vom Lauf der Geschichte überrollten Ex-Soldaten. Dabei bleibt es, mit diesem Weltbild passiert genau so wenig Auseinandersetzung wie mit Pergs Verklärung der Soldatenehre. Auch die reißerisch inszenierte Brutalität hat einen unangenehmen Beigeschmack. Ein kritischerer Umgang mit den Bildern fehlt. D Susanne Stern ¢ Start am 7.10.2021 In 1920, former detective Perg and his troop return to Vienna from imprisonment after the lost war. The past catches up with Perg when a brutal series of murders kill his wartime friends. Digitally added backgrounds of slanted, falling city landscapes invoke expressionism.
Termine unter www.indiekino.de
INDIEKRITIKEN
Nowhere Special Liebe, Sicherheit, Trost
Großbritannien/Italien 2020 D 96 min D R: Uberto Pasolini D B: Uberto Pasolini D K: Marius Panduru D S: Masahiro Hirakubo, Saska Simpson D M: Andrew Simon McAllister D D: James Norton, Bernadette Brown, Chris Corrigan, Valene Kane D V: Piffl Medien
John (James Norton) sieht aus wie ein harter Typ: eine Narbe über der Nase, Tattoos bis zum Hals. Er hat gelernt, seine Gefühle zu verbergen, und dass ist ihm in seiner aktuellen Situation sehr wichtig. Der nordirische alleinerziehende Fensterputzer sucht Adoptiveltern für seinen kleinen Sohn Michael, denn John weiß, dass er bald sterben wird. Uberto Pasolinis sensibler, liebevoller Film NOWHERE SPECIAL nimmt uns mit auf den Weg von Vater und Sohn zu vier möglichen Elternpaaren und einer Single-Frau, die sich um die Adoption beworben haben. Hier sind es nicht die großen Momente, die besonders bewegen. Weder die Mitteilung des Arztes über Johns verbleibende Lebenszeit noch sein Tod selbst sind Teil des Films. Dafür zieht die Erzählung in Johns Gedankenwelt und in seine Traurigkeit hinein. In den kurzen Szenen, in denen er die Menschen kennenlernt, bei denen Michael aufwachsen soll, muss er über die Zukunft entscheiden. Die reiche Familie bietet eine gute Ausbildung und den in modernen Gesellschaften kaum möglichen Klassenwechsel an, aber sollte A Northern Irish window cleaner has cancer and knows he doesn’t have much time left. Before he dies, he wants to find the right adoptive family for his son.
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der stille, zarte Michael nach dem Verlust seines Vaters wirklich auf ein Elite-Internat gehen? Die Postbotenfamilie hat schon viele Pflegekinder betreut und es gäbe eine liebevolle große Schwester, aber ist der Vater nicht zu derb? Die dominante Frau, die von Michael den Plüschhasen zurückverlangt, den er von ihrem Mann bekommen hatte und an dem er sich schüchtern festhält – John würde ihr nicht einmal einen Hund anvertrauen. Und doch hat das System sie alle als mögliche Adoptiveltern ausgewählt. Die Sozialarbeiterinnen werden unruhig, die junge Shona, die Johns Fall betreut, riskiert ihren Job, wenn herauskommt, wie viele Regeln sie schon gebrochen hat. Die Zeit läuft davon. Wer bietet genug Liebe, Sicherheit, Trost? Wirklich berührend sind kleine Beobachtungen: John hält an einem Zebrastreifen und folgt mit seinem Blick einem Jungen, etwas älter als Michael, während der in seiner Schuluniform mit dem Rucksack auf dem Rücken über den Zebrastreifen geht. Er wendet sich im Fahren noch einmal um. Es ist ein innerer Abschied von einer Zukunft seines Sohnes, die John nicht erleben wird. Für Filme wie diesen gibt es den Abspann im Kino: Man kann noch ein paar Minuten im Dunkeln sitzen und sich die Tränen trocknen. D Tom Dorow ¢ Start am 7.10.2021 OKTOBER 2021 D
19 D
INDIEKRITIKEN
Online für Anfänger Drei gegen das Internet
Originaltitel: Effacer l’historique D Frankreich/Belgien 2020 D 110 min D R: Benoît Delépine, Gustave Kervern D B: Benoît Delépine, Gustave Kervern D K: Hugues Poulain D S: Stéphane Elmadjian D D: Blanche Gardin, Denis Podalydès, Corinne Masiero, Yolande Moreau D V: X Verleih
Benoît Delépine und Gustave Kervern sind die Anwälte des kleines Mannes. In ihrem Erstling Aaltra legen sich zwei Rollis mit einem Landmaschinenkonzern an, LOUISE HIRES A CONTRACT KILLER schickt Yolande Moreau auf Rachefeldzug gegen den Arbeitgeber und in MAMMUTH fährt Gérard Depardieu quer durch Frankreich, um offene Belege einzufordern. In ONLINE FÜR ANFÄNGER sind es nun Nachbarn in einer Reihenhaussiedlung, die sich mit den großen Techkonzernen anlegen. Marie (Blanche Gardin) sieht sich nach durchzechter Nacht mit einer Sextape-Erpressung konfrontiert, der gutgläubige Bertrand (Denis Podalydès) hat sein Geld an Werbeanrufe verloren und Christines (Corinne Masiero) Job bei einem Mietwagenservice steht auf dem Spiel, weil ihr jemand eine 1-Sterne-Bewertung gegeben hat. Gemeinsam ziehen sie in den Krieg gegen das Web 2.0 und fordern Gerechtigkeit und die Freigabe ihrer Daten. Delépine und Kervern erzählen das gewohnt lakonisch mit einer Vorliebe fürs Surreale. So setzt sich Marie gleich zu Beginn zu Christine aufs Sofa vor dem Haus. „Warum hast du deine Möbel rausgestellt?“ – „Na ja, ich erwarte Besuch.“ Woraufhin eine muslimische Gebetsgruppe in ihr Haus pilgert, das sie als Gebetsraum untervermietet. Hinter dem absurden D 20
D OKTOBER 2021
Humor steckt bei dem Regiegespann aber auch immer alltägliche Tragik. Wenn die Sonne untergeht, ist Marie allein. Ihr Sohn lebt bei seinem Vater. Bertrands Tochter wird im Internet gemobbt, Christine hat ihre Arbeit im Atomkraftwerk verloren, weil sie süchtig nach Serien ist. Hinter all dem stehen die enttäuschten Hoffnungen der Gelbwesten-Proteste, für die das Gespann einst auf die Straße ging. Ein kluger, komischer Film, der sich allerdings gerne von Nebensächlichkeiten ablenken lässt. D Lars Tunçay ¢ Start am 28.10.2021
Online trading, cyber bullying, a sex tape gone out of control – three neighbors are having problems with their online lives and decide to go up against the internet giants.
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INDIEKRITIKEN Japan 2019 D 108 min D R: Gen Iwama D K: Gen Iwama D S: Gen Iwama D M: Kazunori Miyake D V: rapid eye movies
Daido Moriyama
The Past is always new, the Future is always nostalgic Tokyo, 2018, mitten in der Verwandlung für die olympischen Spiele. Ein älterer, schwarz gekleideter Mann streift durch die Stadt, mit einer kleinen Kamera am Handgelenk, die er scheinbar zufällig anhebt: mal im großen Abstand zu seinem Gesicht, mal auf Hüfthöhe fängt er das Stadtgeschehen ein. Es ist Daido Moriyama, heute über 80 Jahre alt und weltberühmt als „Pate der japanischen Straßenfotografie“ – eine Legende unter den internationalen Fotografen, seit er 1968 mit dem Bildband „Japan, a Photo Theater“ zur gefeierten Entdeckung wurde. Um die Neuauflage dieses längst vergriffenen Meisterwerks dreht sich Gen Iwamas Dokumentarfilm mit dem bedeutungsschweren Untertitel „The Past is always new, the future is always nostalgic“. Daido Moriyamas Fotografie ist körnig, verschwommen, nicht fokussiert – ist das überhaupt Fotografie, Kunst? Haben die jungen Wilden die alten Meister der Fotografie zurecht vertrieben? Und was sagt die Wiederentdeckung von Moriyama, der sich immer für die Randfiguren der Gesellschaft interessierte, über Japan selbst aus? Mit großer Detailverliebtheit zeigt der Film nicht nur die bekanntesten Aufnahmen Moriyamas – ein Straßenhund mit menschlichen Zügen, eine Frau im Kimono mit rotem Lippenstift und Brustbehaarung -, sondern stellt vor allem den Prozess der Buchproduktion in den Mittelpunkt. Der Film begleitet Verleger und Buchdesigner ab dem ersten Tag, von der Idee über ihre Gespräche mit Moriyama bis hin zur Veröffentlichung bei der Paris Photo, einer der größten Fotografie-Messen der Welt. Der Film beschäftigt sich mit Moriyamas Werdegang und Rezeption, ist aber vor allem eine große Liebeserklärung an die spezifische, kontrastreiche, verwaschene und sehr persönliche Ästhetik des Fotografen. D Anna Hantelmann ¢ Start am 28.10.2021
Daido Moriyama is over 80 years old and is considered the “godfather of Japanese street photography”. The film accompanies the production of a reissue of his out of print masterpiece “Japan, a Photo Theater” from 1968, which was Moriyama’s breakthrough.
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Deutschland 2020 D 120 min D R: Sönke Wortmann D B: Doron Wisotzky D K: Holly Fink D S: Martin Wolf D M: Martin Todsharow D D: Nilam Farooq, Christoph Maria Herbst, Hassan Akkouch, Ernst Stötzner, Meriam Abbas D V: Constantin Film Verleih
Contra
Rassistischer Prof So einen richtigen Plan hat Naima (Nilam Farooq) noch nicht. Sicher ist nur, sie möchte studieren und etwas Besseres mit ihrem Leben anfangen als ihr kleinkrimmineller Bruder und ihre Mutter, mit denen sie in einem Plattenbau in Frankfurt lebt. Doch das Leben zwischen Studium und Familie ist nicht einfach unter einen Hut zu bringen, und als Naima ausgerechnet am ersten Tag zu spät in die Vorlesung von Professor Pohl (Christoph Maria Herbst) kommt, beleidigt er sie vor versammelter Studierendenschaft mit rassistischen Sprüchen. Naima fühlt sich herausgefordert und meldet sich für den Debattierwettbewerb an, um Pohl zu beweisen, dass sie mehr ist als seine Ressentiments. In Zeiten von Social Media dauert es aber nicht lange und ein Video seiner Sprüche landet im Netz. Pohl wird zum Direktor zitiert und dazu verdonnert, Naima bei dem Wettbewerb zu helfen. Die Geschichte mag bekannt vorkommen, basiert sie doch auf DIE BRILLANTE MADEMOISELLE NEÏLA von Yvan Attal aus dem Jahr 2018. Wie bereits äußerst erfolgreich bei DER VORNAME geschehen, nahm Sönke Wortmann die französische Vorlage und adaptierte sie gemeinsam mit Drehbuchautor Doron Wisotzky (SCHLUSSMACHER) für ein deutsches Publikum. Dabei ist das Thema Diskriminierung durchaus geschickt auf zweierlei Ebenen präsent. Wisotzky, der in Frankfurt aufwuchs, behandelt die Alltagsrealität von Menschen mit Migrationshintergrund ebenso wie die von Frauen im akademischen Umfeld. Daneben bringt er mit Elementen wie der „Kartoffelparty“ zur Feier der deutschen Staatsangehörigkeit einige eigene Ideen in die deutsche Version, setzt am Ende aber vor allem auf einen publikumswirksamen Plot. Christoph Maria Herbst glänzt nach „Stromberg“ erneut als chauvinistisches Arschloch. Getragen wird der Film aber von der „Soko Leipzig“-Kommissarin Nilam Farooq. D Lars Tunçay ¢ Start am 28.10.2021 A student with Arab roots and a racist professor have to work together. A remake of the French comedy LE BRIO.
OKTOBER 2021 D
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INDIEKRITIKEN Schweiz 2020 D 101 min D R: Daniel Howald D V: Arsenal Filmverleih
Here We Move, Here We Groove
Who’s Afraid of Alice Miller? Familienanalyse
Alice Miller, die Psychoanalytikerin und Autorin, die der westlichen Welt beibrachte, dass Kindesmisshandlung dauerhafte Verletzungen zur Folge hat, Alice Miller, die großen Anteil daran hatte, dass in den achtziger Jahren endlich ein Bewusstsein für den sexuellen Missbrauch von Kindern entstand, sah über Jahre zu, wie ihr Sohn Martin vom Vater geschlagen wurde. Martin Miller, selbst Psychotherapeut, diagnostiziert bei seiner Mutter eine tiefe Spaltung: In ihren Büchern erklärte sie der Welt, dass es kindliche Seelen zu respektieren gilt. In ihrem Leben ignorierte sie die von Andrzej Miller ausgeübte Gewalt gegen den Sohn. Im Film WHO IS AFRAID OF ALICE MILLER sucht Martin Miller gemeinsam mit der Psychotherapeutin Irenka Taurek, einer Cousine Alice Millers nach der Ursache für die psychische Grausamkeit seiner Mutter, die den Sohn in Briefen sogar mit Adolf Hitler verglich. Der Dokumentarfilm ist spannender, erschütternder und erhellender als die meisten Familiendramen, in denen lange gehütete Geheimnisse gelüftet werden – vielleicht auch, weil das halbe Personal aus Psychoanalytikern besteht. Der Jüdin Alice Miller, 1925 in Polen geboren, gelang es mit gefälschten Papieren den Holocaust in direkter Nachbarschaft zur Gestapo wohnend zu überleben, und dank ihrer Kontakte auch ihren Geliebten Janek, ihre Schwester, eine Tante und einen Onkel aus dem Ghetto zu befreien. Die Eltern wurden ermordet. Ihren Mann bezeichnete sie ihn Briefen als ihren „Peiniger“ und „Verfolger“. Waren ihre Bücher der positive Ausdruck einer verdrängten Gewalterfahrung, und war ihre Ignoranz gegenüber Martins Leiden der Ausdruck einer unbewussten Projektion, oder war da noch mehr? D Tom Dorow ¢ Start am 28.10.2021
A documentary about Martin Miller and his mother Alice Miller, the author of “The Drama of the Gifted Child”, and their complex relationship.
Seit mehr als zwei Jahrzehnten ist Robert Soko mit seinen „Balkan Beats“ als DJ Soko unterwegs. Mit 19 kam er aus Bosnien nach Berlin, kurz nach dem Fall der Mauer und noch vor dem Krieg in seiner Heimat. Er verdingte sich als Taxifahrer. Am Steuer begann seine Karriere als DJ. Gegen das Heimweh begann er, Balkanmusik für die Taxigäste aufzulegen. Das Berliner Lido wurde sein zweites Zuhause. Jetzt, dreißig Jahre später, ist er auf der Suche nach neuen Klängen und musikalischen Mitstreiter*innen aus aller Welt. Also steigt er in seinen Mercedes und fährt an den Balkan … Niederlande 2020 D 91 min D R: Sergej Kreso
Uta Malerei, Bildhauerei, Performance oder Musik, auf das Medium kommt es Uta nicht an. Die 70-jährige Berliner Künstlerin nutzt, was je nach Situation am besten zu ihr passt. „Ich wollte nie ein blinder Sänger sein, schon gar keine blinde Sängerin“, singt Uta, doch nun ist sie es, und eine begnadete dazu. Mit ihrem Akkordeon steht sie mal auf der Kleinkunstbühne, mal allein als Straßenmusikerin in der Fußgängerzone, sie spielt, auch wenn ihr die Finger abfrieren. Viel kommt dabei nicht herum, doch: „Das hat mich nie gestört. Und Armut würde ich das auch nicht nennen.“ Deutschland 2020 D 90 min D R: Mario Schneider
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D OKTOBER 2021
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INDIEKRITIKEN
Das Glück zu leben
Wagner, Bayreuth und der Rest der Welt
Inspiriert von Éva Fahidis Autobiografie „Die Seele der Dinge“, in der sie auch über das Trauma erzählt, als einziges Mitglied ihrer fünfzigköpfigen Familie Auschwitz überlebt zu haben, hat die Regisseurin Réka Szabo mit der heute 90-Jährigen und der Tänzerin Emese Cuhorka eine Tanzperformance entwickelt. Die Probenarbeit mit der jüngeren Tänzerin und die Erinnerungen bringen Fahidi körperlich und emotional an ihre Grenzen. Doch während der drei Monate, die der Film die Proben begleitet, entwickeln sich ganz neue Verbindungen zwischen den drei Beteiligten.
Wagnerianer – die Punks unter den Klassikhörer*innen. So versucht lachend eine Anhängerin ihre Faszination für der Musik des deutschen Komponisten in Worte zu fassen. In 40 Ländern gibt es gut vernetzte Wagnervereine, die sich mit einer Leidenschaft für die Aufführung ihres Komponisten einsetzen, die in der Welt der Klassik einzigartig ist. Axel Brüggemann versucht ein vielschichtiges Porträt der weltweiten Fangemeinde zu zeigen: von Musikstudent*innen in Tokio über Gospelchöre in New Jersey bis zum Vorsitzenden des Wagnervereins in Tel Aviv.
¢ Start am 30.9.2021
¢ Start am 28.10.2021
Originaltitel: A létezés eufóriája D Ungarn 2019 D 83 min D R: Réka Szabó
Deutschland 2021 D 98 min D R: Axel Brüggemann
INDIEFEATURE
Mario fällt auf. Er tanzt, liebt Disco-Musik und lackiert sich die Nägel. Die Südtiroler Dorfgemeinschaft toleriert ihn. Beliebt ist er aber nicht. Ganz anders der schöne Lenz, Marios bester Freund und Winzersohn, der in Wien Schauspiel studiert und bald nach Rom zieht. Lenz hat was Mario will. Ein bisschen Neid ist da, aber auch Vertrautheit, die über Freundschaft hinausgeht. Als Lenz ins Dorf zurückkehrt, beschließt Mario, mit ihm nach Rom zu gehen. Dort werden die beiden in einem Queer-Club Opfer eines islamistischen Anschlags. Lenz stirbt. Mario, überlebt und kann es nicht ertragen. Er kehrt allein ins Dorf zurück und alles gerät aus den Fugen, bis er Nadim trifft. Ein ehemaliger Mitschüler und Moslem. Die Südtiroler Regisseurin Evi Romen schüttelt ein Potpourri an Themen aus. Sexuelle Identität, religiöser Terror, Survivor-Guilt, Rassismus, Sucht. Das könnte zu viel sein, ist es aber nicht. Mit Feingefühl erweitert sie das thematische Spannungsfeld. So erzählt sie fast nebenbei Marios prekäre Situation. Er lebt von Aushilfsjobs und zahlt nach einem Dreier mit Lenz und Dorf-Beauty Claudia Alimente an ein Kind, zu dem er keine Beziehung hat. Für Mario scheint das Leben immer gleich Krise. Romen stellt ihm aber Verbündete bei. Den Vater, Nadim, Lenz und den Tanz. Neben der Originalmusik von Florian Horwarth ist der tragende Song vom französisch-libanesischen Schlagerstar Ricky Shayne, der in den 1960ern als melancholischer Rock’n’Roller in Italien und Deutschland Karriere machte. 2019 setzte Stephan Geene dem fast vergessenen Sänger ein gefeiertes filmisches Denkmal. Dass Mario Shayne-Fan ist, ist ein schöner Kniff. Und die Perspektive Romens zeigt: Sie ist Fan von Mario. Das und die Besetzung machen Hochwald eindringlich und berückend. Dafür gab es den Großen Diagonale Preis und für Hauptdarsteller Thomas Prenn den Österreichischen Filmpreis. D Clarissa Lempp ¢ Start am 7.10.2021
Österreich/Belgien 2020 D 108 min D R: Evi Romen D B: Evi Romen D K: Martin Gschlacht, Jerzy Palacz D S: Karina Ressler D M: Florian Horwath D D: Thomas Prenn, Noah Saavedra, Josef Mohamed, Kida Khodr Ramadan D V: Edition Salzgeber D 24
D OKTOBER 2021
Mario‘s friend Lenz dies in an islamist terrorist attack in Rome. In Mario‘s South Tyrol home village, Nadim, a former classmate and Muslim, is Mario‘s ally. The film explores sexual identity, religious terrorism, survivor guilt, addiction, and racism.
INDIEFEATURE
Hochwald Leben gleich Krise
OKTOBER 2021 D
25 D
INDIEKRITIKEN Deutschland/Großbritannien/Österreich 2021 D 89 min D R: Franz Böhm D K: Friedemann Leis D S: Daniela Schramm Moura D M: Hannes Bieber, Leonard Küßner D V: Camino
Dear Future Children Mutige Aktivistinnen
Deutschland 2021 D R: Nana Neul D B: Lucy Fricke, Nana Neul D K: Bernhard Keller D S: Stefan Stabenow D D: Alexandra Maria Lara, Birgit Minichmayr, Josef Bierbichler D V: Warner Bros.
Töchter
Berlinerinnen, planlos
Nicht nur in Schweden und Deutschland engagieren sich intelligente, selbstbewusste junge Frauen wie Greta Thunberg oder Luisa Neubauer. Weltweit gehen sie für mehr Klimaschutz, Gerechtigkeit und Demokratie auf die Straße. Filmemacher Franz Böhm und sein Team begleiten in DEAR FUTURE CHILDREN drei Aktivistinnen auf drei Kontinenten. In Santiago de Chile kämpft die 23-jährige Rayen für mehr Chancengleichheit, auch für ihre zukünftigen Kinder. Obwohl Chile als reichstes Land Lateinamerikas gilt, spalten niedrige Löhne und Renten und die große Kluft zwischen Arm und Reich das Land, dessen Verfassung noch unter Diktator Pinochet entstand. Rayen protestiert trotz teils massiver Polizeigewalt für ein gerechteres System. Hilda, 22, lebt in Uganda und bekam dort die Folgen der Klimakrise unmittelbar zu spüren. Auf der Plantage ihrer Eltern vertrockneten die Pflanzen, und als der ersehnte Regen kam, rissen heftige Wassermassen alles mit sich. Hildas Eltern mussten ihr Land verkaufen, die Familie verlor wie viele andere ihr Zuhause. Hilda konnte monatelang nicht zur Schule gehen. Heute macht sie sich als Gründerin von Fridays for Future Uganda für das Klima stark. Die 22-jährige „Pepper“, die in Hongkong geboren und dort mit demokratischen Werten aufgewachsen ist, setzt sich gegen die politische Einflussnahme Chinas ein. Dafür nimmt sie große Risiken in Kauf und führt ein Doppelleben. Böhm porträtiert die drei mutigen jungen Frauen, beleuchtet ihre Beweggründe und Zweifel und ergänzt seinen aufrüttelnden Film durch Bilder der Proteste und Ausschnitte aus den Nachrichten. Rayen, Hilda, Pepper und ihre Mitstreiter*innen zeigen, dass die Generation der um das Jahr 2000 Geborenen rund um den Globus demonstriert, für ihre Rechte kämpft – und nicht lockerlassen wird. D Stefanie Borowsky
Betty (Birgit Minichmayr) ist gerade dabei, sich in einer italienischen Kirche danebenzubenehmen, da erreicht sie ein Anruf ihrer besten Freundin Martha (Alexandra Maria Lara) aus Berlin. Sie soll dringend zurückkommen, um gemeinsam mit Martha deren verkrachten, kettenrauchenden Vater Kurt (Josef Bierbichler) in Dortmund abzuholen und die beiden dann mit Kurts altem Golf in die Schweiz zu fahren, wo der Vater vorgeblich einen Termin bei der Sterbehilfe-Organisation Exit hat. Denn Kurt hat Krebs. Die Stimmung im Auto ist mäßig. Kurt hustet und röchelt auf dem Rücksitz und gibt seine Meinung zum Leben im Allgemeinen „Ich brauche keine Freunde. Freunde brauchst du für die guten Zeiten. Das Leid wird immer nur verdoppelt.“ und zur Emanzipation im Besonderen „Wer hat denn die ganzen Latzhosen finanziert!“ zum Besten. Martha kurbelt betont genervt das Fenster runter und ist ständig kurz davor, ihn rauszusetzen und das Vater-Tochter-Ding ein für alle Mal zu beenden. Betty fährt und teilt sich mit Kurt Zigaretten. Die lange, genervte Autofahrt gen Süden gehört zu den besten Momenten des Films. Später dann, als Kurt anstatt sich das Leben zu nehmen eine alte Flamme in Italien aufgesucht hat – was, wie sich herausstellt, von Anfang an der Plan war und Martha und Betty zunächst gemeinsam, dann getrennt weiter durch Italien mäandern, diesmal auf der Suche nach Bettys vorgeblich verstorbenem Stiefvater, verläuft sich die Erzählung. Während der Plot – gleichzeitig zu lose und zu vertraut – zu wünschen übriglässt, bleiben Betty und Martha durchweg angenehm neurotisch und verpeilt. Nur sehr langsam weicht die südliche Sonne den mauligen und dabei doch irgendwie lässigen Großstadthabitus der beiden auf, der auch an ein etwas weniger hippes Berlin erinnert. D Hendrike Bake
¢ Start am 14.10.2021
¢ Start am 7.10.2021
Filmmaker Franz Böhm and his team accompanied three activists on three continents in DEAR FUTURE CHILDREN: Rayan (22) fights for more equality in Chile, Hilda (22) founded Fridays for Future Uganda, and “Pepper” demonstrates for more democratic rights in Hong Kong.
D 26
D OKTOBER 2021
Martha and Betty, two best friends with difficult fathers, drive Martha’s father towards Switzerland where he wants to be euthanized.
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INDIEKRITIKEN
Genderation
GENDERNAUTS, zwanzig Jahre später 1999 drehte Monika Treut einen Dokfilm mit ihren Freund*innen: transidenten Künstler*innen und Aktivist*innen aus San Franciscos Bay Area, dem Mekka der amerikanischen LGBTQ+-Szene. Heute ist GENDERNAUTS einer der legendärsten queeren Dokumentarfilme und unverzichtbares Zeitzeugnis der damals so neuen und radikalen Thesen und Lebensweisen in Bezug auf Körper und Geschlecht. Über zwanzig Jahre später widmet Treut nun den Dokumentarfilm GENDERATION dem Erbe der Pionier*innen. Sie holt einige ihrer Freund*innen, darunter Gendertheoretikerin Susan Stryker, Queer- und Klimaaktivistin Annie Sprinkle und Poet Max Wolf Valerio, erneut vor die Kamera und zeigt, wie sie in Zeiten des Spätkapitalismus und des rechten Backlashs weiter für sich und ihre Community kämpfen. Dabei beginnt GENDERATION direkt mit dem Verlust jener verschworenen Gemeinschaft in der Bay Area, die im ersten Film in all ihrer von Gendernormen befreiten Lebensfreude die zentrale Rolle einnimmt. Gentrifizierung hat die Kunst- und queere Szene aus San Francisco verdrängt, seit die Tech-Bros in Silicon Valley im Süden der Bay Area Einzug hielten. Statt gemütlicher Altbauwohnungen sehen wir schwarz gestrichene Kastenbauten im „Tech Pro Modern“-Stil. Normale Menschen können sich die Miet- und erst recht die Kaufpreise hier längst nicht mehr leisten – San Francisco ist das „Ground Zero“ der Gentrifizierung
In 1999 Monika Treut filmed the documentary GENDERNAUTS about the queer and trans communities in San Francisco. 20 years later, Treut dedicates the documentary GENDERATION to the legacy of the pioneers of what was then new gender theory.
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Deutschland 2021 D 88 min D R: Monika Treut D B: Monika Treut D K: Elfi Mikesch, Robert Falckenberg, Nola Anwar, Monika Treut D S: Angela Christlieb, Margot Neubert-Maric D M: Mona Mur D V: Edition Salzgeber
amerikanischer Städte. Zum Glück bietet das Internet Möglichkeiten, weiter vernetzt zu bleiben: Während Medientheoretikerin Sandy Stone in GENDERNAUTS den Cyberspace noch als Zukunftsvision beschwor, ist das Online-Leben längst Alltag und der Mensch mit seinem Smartphone wahrhaft zum Cyborg verschmolzen. Auch die autonome Selbstgestaltung der eigenen Genderidentität verstand die Wissenschaftlerin als Teil des beginnenden „Cyborg-Ismus“. Doch tatsächlich scheint Sexualität heute in der Mainstreamgesellschaft – abseits der queeren Bubbles – fast noch normierter als damals. Und auch einige der Porträtierten scheinen milder geworden zu sein, sich in ihrer Gendernische eingerichtet zu haben. Max Wolf Valerio macht aber klar: Die Reise durch das Spektrum der Geschlechter ist kein Spektakel für andere, sondern ein individuelles Abenteuer, dessen Ausgang niemand zu bestimmen hat. Manche legen sich fest, andere hören nie auf zu suchen, sagt Sandy Stone, die selbst mit 80 Jahren immer noch nirgendwo „angekommen“ ist. Für viele queere Personen ist ein langes, erst recht ein erfülltes Leben in dieser Gesellschaft alles andere als selbstverständlich – GENDERATION zeigt seine Held*innen in glücklichen Beziehungen, zelebriert ihre beruflichen Erfolge und träumt mit ihnen. Allen ist gemein, dass sie weiter unermüdlich im Einsatz bleiben: Als Botschafter*innen und Mentor*innen, als Kämpfer*innen für Gerechtigkeit und gegen den Klimawandel und nicht zuletzt als Gastgeber*innen, deren kostbaren Wohnräume für ihre kunterbunten Familien stets offen stehen. D Eva Szulkowski ¢ Start am 21.10.2021 OKTOBER 2021 D
27 D
INDIEKRITIKEN Originaltitel: Ottolenghi and the Cakes of Versailles D USA 2021 D 75 min D R: Laura Gabbert D K: Judy Phu D M: Ryan Rumery D V: MFA+
Ottolenghi und die Versuchungen von Versailles
Originaltitel: Hayaletler D Türkei/Frankreich/Qatar 2020 D 90 min D R: Azra Deniz Okyay D B: Azra Deniz Okyay D K: Barış Özbiçer D S: Ayris Alptekin D M: Ekin Uzeltuzenci D D: Nalan Kuruçim, Dilayda Günes, Beril Kayar, Emrah Ozdemir D V: Antiheld Filmverleih
Ghosts
Schicksale und Ambitionen
Der israelisch-britische Koch Yotam Ottolenghi gehört zu den populärsten Kochbuchautoren der Welt. Ottolenghi machte zunächst einen Abschluss in Vergleichender Literaturwissenschaft in Tel Aviv, bevor er nach London zog und zum Koch umsattelte. Mittlerweile ist er mit einer Mini-Kette von Delis, zwei Restaurants und der Brasserie NOPI zu einer festen Größe in London geworden und hat acht Kochbücher herausgegeben, darunter „Jerusalem“, „Sweet“ und „Simple“. Hinzu kommen eine Kolumne mit vegetarischen Gerichten im Guardian und Fernsehauftritte. Ottolenghis Spezialität sind mediterrane Fusion-Küche, Rezepte für Gemüse und Hülsenfrüchte und – Backwaren. Als das Metropolitan Museum of Art in New York im Jahr 2018 die Ausstellung „Visitors to Versailles“ über Versailles als internationalen Knotenpunkt plant, wird Ottolenghi eingeladen, ein „Feast of Versailles“ zu kreieren. Dafür lädt er seinerseits internationale Talente ein, darunter auch den Erfinder der „Cronut“ und die Wackelpudding-Spezialisten Sam Bompas und Harry Parr. Die interessantesten Kuchen stammen von der ukrainischen Bäckerin Dinara Kasko. Ursprünglich Architektin, entwirft sie geometrische Kuchenformen, die wie modernistische Bauten aussehen. Der Trick liegt dabei auch in einer Füllung, die genau die richtige Konsistenz haben muss um die filigranen Gebilde auszufüllen, und in der New Yorker Sahne ist der Fettgehalt anders… Wie das Buffet, besteht OTTOLENGHI aus schmackhaften Häppchen: ein bisschen Porträt des sympathischen Kochstars, ein bisschen Kochshow und ein wenig erfährt man dabei auch über den Hof von Versailles und die Törtchenkultur im 17./18. Jahrhundert. D Hendrike Bake
Ein Stromausfall kann alle möglichen Ursachen haben. Azra Deniz Okyay interessiert sich in ihrem eindringlichem Spielfilmdebut allerdings in erster Linie für seine Auswirkungen. Als es am Morgen des 26. Oktober 2020 in der Türkei zu einem nationalen Blackout kommt, beginnt das ohnehin komplizierte Leben von Didem (Dilayda Güneş) ganz aus den Fugen zu geraten. Gerade hat sie noch unbeschwert in einem Hotelzimmer getanzt, das sie eigentlich putzen sollte. Kurze Zeit später ist sie ihren Job los, weil ihr Chef wenig Verständnis für die künstlerischen Ambitionen seiner Angestellten aufzubringen weiß. Dabei hat Didem für einen wichtigen Wettbewerb geübt, auf den sie sie sich bereits seit Wochen zusammen mit ihren Freundinnen vorbereitet hat. Es ist der einzige Lichtblick in ihrem Alltag, der von den widrigen Umständen in ihrem Land ebenso geprägt ist wie von der Gewalt einer Gesellschaft im Umbruch. Das Ausmaß der Brutalität bekommt auch Iffet (Nalan Kuruçim) zu spüren, die verzweifelt versucht, Schutzgeld für ihren Sohn aufzutreiben, der im Gefängnis von seinen Mitinsassen bedroht wird. Didem hilft ihr dabei, ohne groß Fragen zu stellen. Man kennt sich und unterstützt sich gegenseitig, das genügt, egal wie zwielichtig das Geschäft ist, auf das sich Iffet dafür mit Rasit (Emrah Özdemir), dem bekannten Schlepper aus ihrem Viertel, einlassen musste. Und dann ist da noch die Aktivistin Ela (Beril Kayar). In der ungezwungenen Verknüpfung der Figuren, ihrer Schicksale, Ambitionen und Sorgen liegt der besondere Reiz von Okyays wachsam beobachtendem, klug inszeniertem Drama, das immer wieder auch die Konflikte mit der Polizei thematisiert und die Konsequenzen des Stromausfalls, der im Laufe des Tages zunehmend für Chaos sorgt und zu Aggressionen führt. D Pamela Jahn
¢ Start am 21.10.2021
¢ Start am 7.10.2021
Kulturtörtchen
Star chef Yotam Ottolenghi is invited to create the opening buffet of a MOMA exhibit about Versailles and invites patisserie artists from all over the world.
D 28
D OKTOBER 2021
On October 26 2020 there was a national blackout in Turkey. Azra Deniz Okyay‘s feature film GHOSTS revolves around the consequences of the blackout for three women: Didem, who actually just wants to dance, Iffet, who has to get protection money, and Ela the activist.
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Deutschland 2020 D 78 min D R: Sobo Swobodnik D B: Sobo Swobodnik D K: Sobo Swobodnik, Elias Gottstein D S: Manuel Stettner D M: Elias Gottstein D D: Margarita Breitkreiz, Lars Rudolph D V: Partisan Filmverleih
„Traumhaft gefilmte Wildnis: Eine berührende Zukunftsvision für Mensch und Natur.“ BUND Naturschutz in Bayern
Klassenkampf Wütender Thesenfilm
NATUR NATUR SEIN LASSEN
Ab
Sobo Swobdoniks Film KLASSENKAMPF nimmt sich Didier Eri7. Oktober bons Bestseller „Rückkehr nach Reims“ zum Vorbild, in dem der im Kino französische Linke seine eigene proletarische Herkunft und den Ein Film von Lisa Eder Rechtsruck seiner Eltern und ihrer Nachbarn analysiert. Swobodmindjazz-pictures.de/der-wilde-wald nik ist in einem schwäbischen Dorf aufgewachsen, sein Vater insderwildewaldfilm tallierte Rollläden, seine Mutter war Hausfrau. Das bildungsferne (und bildungsfeindliche) Elternhaus war ein Grund zur Scham für Swobodnik, der auf dem zweiten Bildungsweg Abitur machte, Schauspiel studierte, als Regisseur an mehreren Theatern arbeitete, Rundfunkredakteur war, zahlreiche Erzählungen, Romane Der wilde Wald - Anzeigen.indd 1 23.09.21 und Theaterstücke schrieb und seit 2005 Filme dreht. Swododnik arbeitet offenbar pausenlos. In seinem Film wird klar, dass die Arbeitswut mit der Herkunft des Regisseurs zu tun hat. In KLASSENKAMPF stapft die Schauspielerin Margarita Breitkreuz im Blümchenkleid und DocMartens-Boots durch Wiesen, mampft Hühnchen im Zug und wütet in dörflichen Wohnzimmern, während sie Swobodniks autobiografische Texte liest. Den Worten ist die Panik vor dem Eingesperrt-Sein in der eigenen Klasse, und der Furor und die Anstrengung, die es erfordert, die Klasse zu wechseln, jederzeit anzumerken. KLASSENKAMPF ist ein wütender Thesenfilm, der Erfahrungen widerspiegelt, die Viele gemacht haben dürften, die sich als erste Generation in der Familie Bildung aneignen konnten. Aufsteiger-Aspirant*innen sind nicht willkommen, die Codes erlernen sich nicht so einfach, Strukturen und Mechanismen sind darauf ausgerichtet Klassenfremde fernzuhalten, gerade auch im Kulturbetrieb. Swobodnik ist es gelungen, sich in diesem Betrieb zu etablieren, aber hat er es wirklich geschafft, wenn er sich immer noch wie ein proletarisch-prekärer Tourist fühlt, der „nicht dazugehört“. Sein Film nervt, und das ist gut so. D Tom Dorow ¢ Start am 7.10.2021
Sobo Swobodnik reflects upon his proletarian upbringing and the near impossibility of leaving ones class and joining another.
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INDIEKRITIKEN
Borga
Traum vom guten Leben
Ghana/Deutschland 2021 D 104 min D R: York-Fabian Raabe D B: York-Fabian Raabe, Toks Kömer D K: Tobias von dem Borne D M: Tomer Moked, Ben Lukas Boysen D D: Eugene Boateng, Christiane Paul, Adjetey Anang D V: Across Nations Filmverleih
Klirrendes Metall, Schrott wohin das Auge reicht und dazwischen Kinder, die im Schutt graben. Auf der Elektro-Deponie vor Accras Toren wachsen die Brüder Kojo und Kofi auf. Für sie ist es Spielplatz, Lebensort und Goldgrube zugleich. Zwei Kilo Elektroteile bringen genug Geld für eine Cola. Ihr Vater will aber mehr für seine Söhne. Sie gehen zur Schule, können, anders als ihre Freunde, schreiben und lesen. Und doch liegen sie Jahre später als junge Männer in der gleichen Hütte, graben sich noch immer durch den Schrott und träumen von einem guten Leben. So wie die Borgas es führen, die Ghanaer, die es im Ausland zu Geld brachten. Als sich Kojo die Chance bietet, mit einem Freund zu dessen Borga-Onkel nach Deutschland zu flüchten, ergreift er sie.
Empfangs, wartet ein bitterer Kofi. Weil Kojo jetzt der reiche Borga-Onkel ist, wird die Familie gegängelt und zahlt überteuerte Lebensmittelpreise. Bald erkennt Kojo auch, welche Gefahren die Elektro-Schrott-Lieferungen aus Deutschland bergen. Regisseur York-Fabian Raabe stieß auf das Thema, als er Kurzfilme in Ghana drehte. Kojo-Darsteller und Co-Produzent Eugene Boateng brachte eine wichtige Perspektive ein. BORGA zeigt: Die kapitalistische Krise ist auch immer eine humanitäre. Für diesen filmischen Verdienst gab es gleich vier Auszeichnungen des Max-Ophüls-Festivals 2021: als bester Spielfilm, den Publikumspreis, den Preis der ökumenischen Jury und den Preis für den „gesellschaftlich relevanten Film“. D Clarissa Lempp ¢ Start am 28.10.2021
BORGA folgt konsequent Kojo. Seine Geschichte erzählt sich nicht als Erfolgs- oder Leidensgeschichte. Er ist Agent seines Lebens, auch wenn er Mittelwege einschlagen muss. Landsmann Bo, Elektro-Schrott-Exporteur und Drogenhändler, bietet Kojo eine Verdienstmöglichkeit, mit der er seine Familie unterstützen kann und die ihn zurück nach Accra bringt. Doch statt eines freudigen D 30
D OKTOBER 2021
Brothers Kofi and Kojo are growing up on the electronic scrap landsfill by the gates of Accra, but they dream of a good life like the ones the “Borga” have, the Ghanaians who have made money abroad.
Termine unter www.indiekino.de
INDIEKRITIKEN Deutschland 2020 D 100 min D R: Heinz Emigholz D B: Heinz Emigholz D K: Heinz Emigholz D S: Till Beckmann D M: Alexander Paulick, Andreas Reihse D D: John Erdman, Jonathan Perel, Young Sun Han, Dorothy Ko, Susanne Sachsse, Laurean Wagner D V: filmgalerie 451
Die letzte Stadt Dialoge in fließenden Räumen
Man kann nicht behaupten, dass Heinz Emigholz in den letzten dreißig Jahren einem breiteren Publikum bekannt geworden ist, zu spröde und sperrig sind seine Architekturfilme, in denen er in starren, oft leicht verkanteten Einstellungen Bauwerke filmt, ja, seziert. Die Architektur steht diesmal nicht im Vordergrund, spielt als wechselnder Hintergrund jedoch eine wichtige Rolle. In der Berlinale-Sektion Encounters wurde DIE LETZTE STADT im letzten Jahr gezeigt, wo er gut aufgehoben war: ein schwer zu greifender Film, ganz eigen, ungewöhnlich und anspruchsvoll. Erzählt wird von einem Archäologen und einem Waffenhändler, die sich daran erinnern, in früheren Leben ein Filmemacher bzw. Psychiater gewesen zu sein. Das Duo befindet sich in der israelischen Stadt Be’er Sheva, anfangs in einem Ausgrabungsfeld, später in einer Schule und einem Hotelzimmer. Sie führen zwar einen fast ununterbrochenen Dialog, bewegen sich durch den Schnitt jedoch kaum merklich transportiert durch die Geografie der Stadt und bald der Welt: Fließend geht es weiter nach Athen und Berlin, Hong Kong und São Paulo, doch nicht nur die Orte wechseln, sondern auch die Schauspieler der Rollen wechseln immer wieder, lassen Raum und Zeit, letztlich die Menschheit, zu einem großen Ganzen verschwimmen. Und so frei und grenzenlos Orte und Rollen wechseln, so frei bewegt sich Emigholz durch wechselnde Themenfelder: Familie, das Verhältnis von Jung und Alt, Waffendesign, Kosmologie und Kriegsschuld. In dichten Dialogen sprechen seine Protagonisten über diese Themen, reihen Gedanken und Überlegungen aneinander, die mal zum Absurden, dann wieder zum Ernsthaften neigen. D Michael Meyns ¢ Start am 21.10.2021
Deutschland 2020 D 110 min D R: Janna Ji Wonders D B: Janna Ji Wonders, Nico Woche D K: Janna Ji Wonders, Sven Zellner, Anna Werner D S: Anja Pohl D M: Markus Acher, Cico Beck D V: farbfilm Verleih
Walchensee Forever Fünf Frauen-Generationen
Der Walchensee, einer der tiefsten Alpenseen Deutschlands, liegt südlich von München und bildet den Schauplatz einer außergewöhnlichen Familiengeschichte, die vor allem Frauen schreiben. Sie beginnt mit der Urgroßmutter Apa, die nach dem Tod einer Tochter mit ihrem Mann ein Ausflugscafé am Walchensee eröffnet. Großmutter Norma führt das Café letztlich allein weiter, um sich nicht von einem Mann abhängig machen zu müssen, und wird 104 Jahre alt. Normas Tochter Anna, eine Fotografin, reist mit ihrer Schwester Frauke in den 60ern mit Hackbrett und Gitarre durch die USA und Mexiko, lebt in indischen Ashrams und begründet später den „Harem“ um Rainer Langhans mit. Annas Tochter, Regisseurin und Drehbuchautorin Johanna alias Janna Ji Wonders, wird in einem Hippieort in Kalifornien geboren und dreht von klein auf Videos, in denen sie Familienmitgliedern Fragen stellt. Collagenhaft stellt sie in WALCHENSEE FOREVER alte und neue Filmaufnahmen, Fotos, Briefe, Tagebucheinträge und Zeitungsartikel zur fünf Generationen und ein Jahrhundert umspannenden Chronik ihrer Familie, einer bewegenden filmischen Zeitreise, zusammen. Vor der Kamera erinnern sich Norma und Anna Werner, Rainer Langhans und die 2017 verstorbene Jutta Winkelmann etwa an Frauke Werner, deren frühen Tod und die Anfänge des „Harems“. Wonders entfaltet die Lebensentwürfe der Frauen ihrer Familie vor dem Hintergrund der Zeitgeschichte und beleuchtet so fast beiläufig, wie sich die Rolle der Frau und das Verständnis von Familie und Heimat im Laufe der Jahrzehnte verändern. Der titelgebende Walchensee dient dabei immer wieder als Ruhepol für die im Film porträtierten, sehr verschiedenen Frauen. Während der Dreharbeiten wird die Regisseurin selbst Mutter einer Tochter – die Geschichte der Frauen vom Walchensee geht weiter. D Stefanie Borowsky ¢ Start am 21.10.2021
An archeologist and an arms dealer, who remember being a filmmaker and a psychiatrist in a previous life, have an uninterrupted conversation about family, the relationship between youth and old age, weapons design, cosmology, and war guilt.
Termine unter www.indiekino.de
Janna Ji Wonder’s documentary about her own family takes her from Bavaria to the US, to Rainer Langhan‘s commune, and back to Walchensee.
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INDIEFEATURE
Irland/Grossbritannien 2020 D 100 min D R: Liam Gavin D B: Liam Gavin D K: Cathal Watters D M: Ray Harman D D: Steve Oram, Catherine Walker, Susan Loughnane, Mark Huberman, Nathan Vos D V: Drop-Out Cinema
Sofia wants occultist Joseph to conduct the “Abremalin Operation,“ a long process that is meant to end with her facing her guardian angel who will be able to fulfil any wish. A Welsh indie occult horror film. D 32
D OKTOBER 2021
INDIEFEATURE
A Dark Song Reinigungsrituale
Mit einem Bündel Bargeld mietet Sofia ein verfallenes, unbeheiztes Schloss auf den walisischen Hochmooren, für ein Jahr. Was sie vorhat dauert eine Weile. Am Bahnhof wartet der Okkultist Joseph, ein wichtigtuerischer Internet-Bär mit Glatze und Fusselbart. Sofia, der die Depression die Augenwinkel verdunkelt, will, dass Joseph das „abramelinische Ritual“ durchführt, eine lange Prozedur, an deren Ende sie dem eigenen Schutzengel gegenüberstehen soll und jede nur erdenkliche Aufgabe verlangen kann. Angeblich soll Aleister Crowley versucht haben, das auf ein „Abraham von Worms“ zugeschriebenes Zauberbuch zurückgehende Ritual durchzuführen, es aber abgebrochen haben. Das kommt im Film nicht vor, ist aber als Hintergrund präsent. „Abramelinisches Öl“, mit dem man sich nicht nur einreiben, sondern auch „Lichtkuchen“ backen können soll, gibt es für um die zehn Euro zu kaufen. Joseph hat einen Salzkreis um das Haus gezogen. Bis das Ritual abgeschlossen ist, könnten beide das Haus nicht wieder verlassen, sagt Joseph. Vorräte für viele Monate sind angelegt. Das Ritual beginnt mit vielen Mandalas und Zauberkreisen auf dem
Boden, Zeichen werden auf die Haut gemalt, Waschungen mit eiskaltem Wasser durchgeführt. Das „Blutopfer“ findet Sofia ziemlich ekelhaft, aber sie bleibt entschlossen. Nur passiert wenig, außer dass ein Vogel gegen eine Fensterscheibe fliegt. Die Beziehung zwischen Joseph und Sofia eskaliert. Im ersten Teil des Films stellt sich vor allem die Frage, ob Joseph Sofia betrügt und missbraucht. Die „Reinigungszeremonien“, die er mit ihr durchführt, sind sadistisch-sexuell aufgeladen. A DARK SONG ist über lange Strecken mehr sexuelles Psychodrama als Horrorfilm, aber wenn man es kaum noch erwartet, passiert natürlich doch etwas. Ironisch-katholischer war Okkult-Horror selten. D Tom Dorow ¢ Start am 7.10.2021
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INDIEKRITIKEN Originaltitel: Police D Frankreich 2020 D 98 min D R: Anne Fontaine D B: Claire Barré, Anne Fontaine D K: Yves Angelo D S: Fabrice Rouaud D D: Virginie Efira, Omar Sy, Grégory Gadebois D V: STUDIOCANAL
Bis an die Grenze Multiperspektive
Die Arbeit der Polizei, gerade in den migrantisch geprägten Vororten von Paris, beschäftigt französische Filmemacher*innen immer wieder. Eine gut beobachtete Innenansicht lieferte Maiwënn mit POLISSE. Ladj Li sorgte mit seinem explosiven Langfilmdebüt LES MISERABLES für Gesprächsstoff. Unzählige Flic-Thriller erfreuen sich großer Beliebtheit beim Publikum. Mit einem Blick in den Alltag der Einsatzkräfte beginnt auch Regisseurin Anne Fontaine. Sie nutzt die Perspektive einer Frau, um auf Sexismus und Machtmissbrauch in einer Männerwelt hinzuweisen. Ihre Protagonistin Virginie ist tough und abweisend. Das hat allerdings auch seine Gründe, wie sich in ihrem Tagesablauf zeigen wird. Dann wendet sich der Blick der Kamera ihrem Kollegen Erik zu und zeigt die Ereignisse aus seiner Sicht. Dann heftet sie sich an Aristide für eine dritte. Alle drei Episoden führen zu Asomidin Tohirov, einem Einwanderer ohne Aufenthaltserlaubnis, der abgeschoben werden soll. Virginie, Aristide und Erik übernehmen den Job und BIS AN DIE GRENZE bekommt noch ein zentrales moralisches Dilemma verpasst. Was Anne Fontaine hier liefert, gibt Stoff für drei Filme oder eine ganze Serienstaffel. Zudem bricht sie den Handlungsfluss dieser schicksalhaften Nacht immer wieder durch Rückblenden. So entsteht trotz der brisanten Handlung kaum Spannung. Da kann auch die hervorragende Besetzung wenig ändern. Virginie Efira (BERNADETTE) spielt sich unter die Haut der Zuschauer. Omar Sy nervt erst mit seinem losen Mundwerk, wenn es ernst wird, wirkt sein Aristide verloren. Grégory Gadebois schließlich ist der regeltreue Erik, dem privat die Dinge entgleiten. Payman Maadi, der unter der Regie von Asghar Farhadi glänzte, hat hier zu wenig Futter, um etwas aus seiner Figur zu machen. D Lars Tunçay ¢ Start am 30.9.2021
Originaltitel: Chambre 212 D Frankreich/Belgien 2019 D 90 min D R: Christophe Honoré D B: Christophe Honoré D K: Rémy Chevrin D D: Chiara Mastroianni, Carole Bouquet, Camille Cottin, Vincent Lacoste D V: Olymp Film
Zimmer 212
Beziehungs-Geister-Stunde Christophe Honoré hat ein Schwäche für romantische Dramen, vor allem solche, die sich im Grenzgebiet zwischen Realität und Traum, Fantasie und Wirklichkeit, Vergangenheit und Gegenwart bewegen. Sein Metier ist die Liebe in all ihren Formen: ob verboten, hoffnungslos, unerwidert oder besitzergreifend, der französische Regisseur und Filmautor findet seit seinem viel beachteten Erotikdrama MA MÈRE (2004) nach einer Novelle aus dem «Obszönen Werk» Georges Batailles stets neue Wege und Geschichten, um sich mit seinem Herzensthema auseinanderzusetzen – diesmal als pfiffig leichte Komödie über ein wohlhabendes Pariser Paar, dessen Ehe sich festgefahren hat. Im Zentrum steht die Professorin Maria (Chiara Mastroianni), die sich gleich mit einem Auftritt in den Film spielt, der sich gewaschen hat. Sie ist schön und direkt, eine Frau, die weiß, was sie will, und die sich nimmt, was ihr gefällt. „Ich mag eine gute Farce!“, sagt sie zu Beginn und Honoré macht sich eilig daran, ihr diese zu bieten. Als ihr Mann Richard (Benjamin Biolay) entdeckt, dass sie ihn betrügt, zieht Maria ins Hotel gegenüber und wird dort – ähnlich wie Ebenezer Scrooge in Charles Dickens‘ Weihnachtsgeschichte – von Geistern aus Vergangenheit und Zukunft heimgesucht: Neben ihrer Mutter und einer Schar früherer Verehrer, gehören eine jüngere Version ihres Gatten (Vincent Lacoste) als auch ein Charles Aznavour-Verschnitt zu denjenigen, die ihr in einer schlaflosen Nacht mit ein bisschen Magie und viel klugem Gerede zur Einsicht verhelfen sollen, ob ihre Ehe noch zu retten ist oder nicht. Aber die frische Luft, nach der sich Maria sehnt, kann ihr auch Honoré nicht bieten. Zu sehr bewegt sich der Film auf abgetretenen Pfaden, auch wenn durchaus schwungvolle Momente und unterhaltsame Passagen die Beziehungskomödie vorantreiben. D Pamela Jahn ¢ Start am 14.10.2021
Three crisis-ridden police officers are meant to escort an immigrant without a residence permit to the airport.
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After 20 years of marriage Maria moves to the hotel across her apartment and looks at her marriage from the outside.
Termine unter www.indiekino.de
Deutschland 2020 D 104 min D R: Jana Matthes, Andrea Schramm D B: Jana Matthes, Andrea Schramm D K: Lars Barthel D V: Real Fiction
Endlich Tacheles Holocaust-Computerspiel
Der in Israel geborene Yaar studiert Gamedesign in Berlin und hat den Plan, ein Spiel über die Shoah zu entwickeln. Vorbild soll die Geschichte seiner Großmutter sein, die Spieler sollen die Rollen eines jüdischen Mädchens und eines SS-Offiziers spielen. Juden sollen nicht nur Opfer sein, sondern zurückschießen. Dafür sollen Nazis auch nicht nur „böse“ sein: „Provokant, huh?“ Seine Mutter und sein Vater sind beide sehr skeptisch, zumal Yaar dem Vater den brutalen Shooter „Wolfenstein“ als Beispiel zeigt. Yaars Gamer-Perspektive wirkt zunächst unglaublich naiv, aber auch wie der unbeholfene Versuch eines rebellischen Befreiungsschlags. Immerhin beginnt ein Prozess der Auseinandersetzung. Zwei Jahre später treffen die Dokumentarfilmerinnen Jana Matthes und Andrea Schramm sich wieder mit Yaar. Inzwischen hat sich das Konzept des Spiels verändert. Jetzt sollen die Spieler in die Rolle von Nachfahren eines jüdischen Mädchens, das ihren kleinen Bruder beschützen will, und eines SS-Mannes schlüpfen. Yaar hat sich mit Marcel einen deutschen Partner gesucht, der darauf beharrt, dass der Holocaust nichts mit ihm und seiner Generation zu tun habe und dafür plädiert, dass der SS-Mann die Türen eines Eisenbahnwaggons öffnet und die Kinder freilässt. In einem Haus in Krakau wollen sie das Spiel fertigstellen. Aber Besuche im Konzentrationslager, in dem Yaars Großonkel ermordet wurde, ein Treffen mit den Nachkommen der Familie Paslawski, die Yaars Großmutter Rena und ihren Bruder Roman vor den Deutschen versteckten, und Gespräche zwischen Roman und seinem Vater ändern allmählich Romans Perspektive. Die Spielentwicklung tritt immer mehr in den Hintergrund, je mehr über die tatsächliche Geschichte der Großmutter Rina und ihren Bruder Roman herauskommt, und Yaar spürt, dass er die Geschichte weder verfälschen, noch sie einfach hinter sich lassen kann. D Hannes Stein ¢ Start am 14.10.2021 Game developer Yar develops a Shoah game.
RAPID EYE MOVIES PRÄSENTIERT
DAIDO MORIYAMA THE PAST IS ALWAYS NEW – THE FUTURE IS ALWAYS NOSTALGIC EIN FILM VON GEN IWAMA AB 28.10. IM KINO
RAPIDEYEMOVIES.DE
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Geburtsdatum: 10.10.1980
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.6.2022
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INDIEKRITIKEN
Das Haus
Résistance – Widerstand
Deutschland in einer nahen Zukunft. Rechte Kräfte schüren mit Hilfe von „false flag“-Operationen den Umsturz, und dem Journalisten Johann (Tobias Moretti) droht Berufsverbot. Mit seiner Frau Lucia (Valery Tscheplanowa) zieht er sich in ihr Luxus-Smarthome auf einer Insel zurück. Während die Nachrichten aus der Außenwelt immer bedrohlicher werden, scheint auch das Haus, der heimliche Protagonist des Films, eine feindselige Haltung gegen seine Bewohner*innen zu entwickeln: Es beginnt, Misstrauen zu säen und den Ausweg zu blockieren.
Bevor Marcel Marceau der Nachfolger von Jean-Louis Barrault als berühmtester Pantomime der Welt wurde, war er Mitglied der französischen Resistance und rettete jüdischen Waisenkindern das Leben, indem er sie beherbergte und in die Schweiz brachte. In diesem Historiendrama nach der Lebensgeschichte von Marcel Marceau spielt Jesse Eisenberg den Clown und Widerstandskämpfer. Matthias Schweighöfer erntete viel Lob für seine Darstellung des SS-Massenmörders und Familienvaters Klaus Barbie.
¢ Start am 7.10.2021
¢ Start am 14.10.2021
Deutschland 2021 D 90 min D R: Rick Ostermann D D: Tobias Moretti, Valery Tscheplanowa, Lisa Vicari, Max von der Groeben, Hans-Jochen Wagner
Originaltitel: Resistance (2019) D Frankreich/USA/Deutschland/Großbritannien 2020 D 120 min D R: Jonathan Jakubowicz D D: Jesse Eisenberg, Clémence Poésy, Ed Harris, Edgar Ramirez, Alicia von Rittberg
Cry Macho
Dear Evan Hansen
Der pensionierte Rodeocowboy Mike (Clint Eastwood, der auch Regie führt) macht sich auf den Weg nach Mexiko, um den Sohn seines ehemaligen Bosses nach Texas zu holen. Der junge Rafo ist von der Idee begeistert, aber seine Mutter schickt den beiden einen Schlägertrupp hinterher, um sie aufzuhalten. In den Ruhepausen ihrer Flucht entwickelt sich eine Freundschaft zwischen dem alten Cowboy und dem jungen Hahnenkämpfer, und am Lagerfeuer diskutieren sie, wie wichtig es wirklich ist, „macho“ zu sein. Nachdem er die Rolle 1988 ablehnte, beschloss Clint mit inzwischen 91, dass er jetzt im richtigen Alter sei. ¢ Start am 21.10.2021
Als ein Brief, den der schüchterne Evan Hansen eigentlich als therapeutische Übung an sich selbst geschrieben hatte, nach dem Selbstmord eines Mitschülers in dessen Tasche gefunden wurde, blickt die ganze Schule plötzlich auf seinen „einzigen Freund“. Begeistert davon, Schüler*innen mit Problemen helfen zu können, steigert sich Evan immer mehr in die Lüge hinein. Die Wahrheit darf schon deswegen nicht rauskommen, weil seine große Liebe an ihm besonders das liebt, was er angeblich für ihren Bruder getan hat. Coming-of-Age-Musical.
USA 2021 D R: Clint Eastwood D D: Clint Eastwood, Dwight Yoakam, Fernanda Urrejola, Alexandra Ruddy
USA 2021 D R: Stephen Chbosky D D: Ben Platt, Julianne Moore, Kaitlyn Dever, Amy Adams
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D OKTOBER 2021
¢ Start am 28.10.2021
Termine unter www.indiekino.de
INDIEKRITIKEN
Lobster Soup
Es ist nur eine Phase, Hase
Als Krilli klein war, hatte der isländische Küstenort Grindavik noch 500 Einwohner. Irgendwann war es das Doppelte, und 1970 begegnete Krilli auf der Straße zum ersten Mal einem Anwohner, den er gar nicht kannte. Kurz darauf gründete er das Café Bryggjan im Hafen. Seit es im Internet gute Bewertungen bekommen hat, finden immer mehr Touristengruppen hierher, aber die Stammkundschaft bleibt eine Handvoll Männer, die täglich auf einen Kaffee oder eine Schale der berühmten Hummersuppe reinkommen. Sie müssen sich jetzt mit dem Undenkbaren befassen: Krilli will in Rente.
Einem Paar (Christiane Paul und Christoph Maria Herbst) – Eltern von drei Kindern von Grundschüler bis Teenagerin, Großstadtbewohner, Kreativberufe – ist das Knistern abhandengekommen ist. Sie hat eine Affäre und will eine „Pause“, in der nun beide ihre Prioritäten neu sortieren. Lose angelehnt an das gleichnamige Buch der eigentlich netten Kolumnisten Maxim Leo und Jochen Gutsch klappert ES IST NUR EINE PHASE, HASE mit wenig glaubwürdigem Personal deutsche Standard-Komödien-Situationen ab.
Spanien/Island/Litauen 2020 D 98 min D R: Pepe Andreu, Rafael Molés
Deutschland 2021 D R: Florian Gallenberger D D: Christoph Maria Herbst, Christiane Paul, Jürgen Vogel, Jytte-Merle Böhrnsen, Bettina Lamprecht, Nicola Perot, Peter Jordan
¢ Start am 14.10.2021
INDIEKInder
Tagebuch einer Biene Enorm viele Fakten
Ein traumhaftes Tal in den Bergen. Ein Baum auf einer grünen Wiese, davor ein einsamer Bienenkasten. „Der Winter soll sehr schön sein. Ich weiß es nicht. Seit Monaten harren wir hier aus“, beginnt die Winterbiene ihre Erzählung. Später wird die kleine Sommerbiene, die jetzt noch ein Ei in einer der Bienenwaben ist, ihre Erzählung fortführen. In die Ich-Erzählungen der Bienen sind enorm viele Fakten eingeflochten, die auch für ein erwachsenes Publikum interessant sind. Sehr genau erzählt die Winterbiene, wie die zukünftigen Sommerbienen gehätschelt und gefüttert werden, bis sie selbst den ersten Ausflug wagen und als Scouts oder Honigsammlerinnen das Bienenvolk ernähren. So erfährt man, dass eine Biene 1 Gramm Honig auf 800 km verbraucht, dass Bienen sich nur bei Sonnenlicht orientieren können, oder dass in kargen Zeiten die Nahrung so lange solidarisch geteilt wird, bis, im schlimmsten Fall, alle verhungern. Die Nahaufnahmen, die die Bienen im Flug, im Innern des Bienenstocks, bei der Abwehr von Hornissen oder bei der Besiedelung einer neuen Baumhöhle zeigen, sind rundum spektakulär. Wer hat schon mal im Detail gesehen, wie Bienen einander den Weg vortanzen, wie D 38
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Deutschland 2020 D 88 min D R: Dennis Wells D B: Dennis Wells, Heile Sperling D K: Brian McClatchy D S: Stefan Kolbe D M: Darren Fung D V: Filmwelt Verleihagentur D FSK: 0
sie Wasser sammeln, um den Nachwuchs zu kühlen, oder wie zwei Königinnen um die Macht kämpfen? Besonders beeindruckend ist eine Szene im Regen, die in Zeitlupe und Großaufnahme zeigt, wie groß und bedrohlich so ein Regentropfen im Vergleich zu den kleinen Bienen ist. Wenn eine Biene nämlich nass wird, ist sie in Lebensgefahr: Die Flügel wiegen schwer und durch ein nasses Fell kann sie nicht atmen. D Hendrike Bake ¢ Start am 7.10.2021
A winter and summer bee shows her fascinating and short life from her own perspective. The close-ups of the beehive are simply spectacular.
Termine unter www.indiekino.de
INDIEKInder
Die fabelhafte Reise der Marona Fantastische Bilder
Anca Damians DIE FABELHAFTE REISE DER MARONA (2019) ist ein bunter, surrealistischer Animationsfilm über das Leben – und Sterben – der Mischlingshündin Marona. Für Kinder und Erwachsene, die sich mit den lichten und dunklen Seiten des Daseins auseinandersetzen möchten, bietet die Geschichte des Drehbuchautoren Anghel Damian mit fantastischen Bildern von Illustratorin Sara Mazetti viele Impulse. Nachdem Marona als Baby ausgesetzt wird, führt ihre Reise sie von einem Menschen zum nächsten. Sie gerät dabei in wunderbare, schmerzhafte Situationen, die sicher jedem Hund (und vielen Menschen) bekannt vorkommen. „Hunden stehen alle Berufe offen, so lange ein Mensch ihnen die Ohren krault.“ Egal ob Akrobat oder Bauarbeiter: Wenn Marona sich in einen Menschen verliebt, verlieben sich die Zuschauer*innen A mixed-breed dog looks back on moments in her life. Animated.
Originaltitel: L’extraordinaire voyage de Marona D Frankreich/Rumänien D 93 min D R: Anca Damian D FSK: 0
mit. Den Herzschmerz beim Abschied fühlen wir ebenso. Lebhafte Animationen bringen die Charaktere mit ihren Eigenheiten präzise zur Geltung und sorgen immer wieder für Überraschungen. Für jede Figur, die Marona trifft, hat Damian eine eigene Bildsprache entworfen – mal knallig bunt, mal dezent in Linien gezeichnet. Sie arbeitet mit verschiedensten Materialien und Trickfilmtechniken. Dieser Einfallsreichtum und die emotionale Tiefe machen MARONA aus. Schade, dass der Film in punkto Geschlechterrollen jene Tiefe vermissen lässt. Shopping, Stöckelschuhe und Hund in der Handtasche: Die Freundin von Maronas zweitem Menschen hypnotisiert und kontrolliert den gutmütigen Istvan, der „unter ihrer Fuchtel“ steht. Die kinderlose Frau wird als selbstsüchtig dargestellt, die alleinerziehende Mutter von Maronas dritter Familie ist derweil komplett überarbeitet und existiert nur in Beziehung zu ihrer Familie. Die Sorgfalt, mit der der Film vor allem die „Herrchen“ Manole und Istvan zeichnet, fehlt bei den weiblichen Charakteren überwiegend. D Eva Szulkowski ¢ Start am 30.9.2021
Termine unter www.indiekino.de
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INDIEKINOHIGHLIGHTS
MET OPERA: FIRE SHUT UP IN MY BONES – LIVE AUS NEW YORK Opernübertragungen im Kino gehörten zu den ersten Versuchen, digitalen Content ins Kino zubringen, die neue Technik weiterzuverbreiten, und ein bürgerlicheres Publikum, das sonst nur zu „gehobenen“ Kulturveranstaltungen geht, in die Blockbuster-Säle zu locken. Inzwischen sind es nicht mehr nur die Plex-Kinos, die Live-Übertragungen anbieten, und die Programme sind vielfältiger geworden, gelegentlich finden sich interessante Events, auch für Menschen, die mit der endlosen Parade der Verdi-Pucchini-Mozart-Hits wenig anfangen können. Die Metropolitan Opera
in New York eröffnet die aktuelle Saison mit einer Adaption der Memoiren des Schwarzen Journalisten Charles M. Blow nach einem Libretto von Kasi Lemmons (Regisseurin von HARRIET), und mit der Musik von Terence Blanchard. Der Jazz-Trompeter und Komponist hat seit den neunziger Jahren zahlreiche Film-Scores komponiert, darunter zu vielen Filmen von Spike Lee wie JUNGLE FEVER, MALCOLM X und zuletzt DA FIVE BLOODS. Es wird die erste Premiere der Oper eines Schwarzen Komponisten an der „Met“ sein. metimkino.de OKTOBER 2021 D
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INDIEFEATURE
Das Zeughauskino Berlin zeigt vom 17. September bis 19. Dezember 2021 die fantastische und sehr umfangreiche Retrospektive „Flapper, It-Girls, Funny Ladies - Lust und Lachen im amerikanischen Stummfilm der zwanziger Jahre“, eine aufregende Ergänzung zur Retrospektive der Berlinale dieses Jahres, in der es um Mae West, Rosalind Russell und Carole Lombard ging, die Stars der klassischen Hollywood-Komödie der dreißiger Jahre. Die Stummfilmkomikerinnen sind von der Filmwissenschaft lange weniger gewürdigt worden als ihre männlichen Kollegen Charlie Chaplin, Buster Keaton oder Stan Laurel und Oliver Hardy. Aber Mabel Normand und Marion Davies, Gloria Swanson und Clara Bow, Colleen Moore und Norma Talmadge waren weltweite Stars, und können es locker mit männlichen Kollegen aufnehmen. Die Filme der zwanziger Jahre sind rebellisch und wild, und zeigten Frauen mit einem neuen Selbstbewusstsein und neuen Rollenbildern. Zu unseren Favoritinnen zählt auf jeden Fall das Duo Anita Garvin und Marion Byron, die vor allem Kurzfilme drehten. Die lange Anita Garvin und die kleine Marion Byron waren ein ähnliches Duo wie Laurel und Hardy, und ihre Slapstick-Nummer in A PAIR OF TIGHTS über die Unmöglichkeit, ein Eis zu kaufen, kann es selbst mit deren Zerstörungsvergnügungen aufnehmen. Wer es nicht nach Berlin ins Kino Unter den Linden schafft, findet übrigens die meisten Filme, wenn auch in sehr unterschiedlicher Qualität – bei Youtube. Das komplette Programm der Retrospektive gibt es unter www.zeughauskino.de
Gloria Swanson, Stage Struck, 1925 Colleen Moore, Orchids and Hermine, 1927 Clara Bow, Mantrap, 1926 D 42
D OKTOBER 2021
INDIEFEATURE
Retrospektive: Flapper, It-Girls, Funny Ladies
Lust und Lachen im amerikanischen Stummfilm der zwanziger Jahre
Clara Bow, It, 1927 Mabel Normand, The Extra Girl, 1923
Norma Talmadge, Kiki, 1926 Gloria Swanson, Stage Struck, 1925 OKTOBER 2021 D
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INDIESERVICE
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Hillesheim: Eifel Filmbühne Kaiserslautern: Union-Studio für Filmkunst Kassel: Bali, Gloria, Filmladen Kiel: Traumkino Koblenz: Apollo Odeon Köln: Filmpalette, Lichtspiele Kalk, Odeon Kino, OFF Broadway, Weisshaus Kino Lich: Kino Traumstern Ludwigsburg: Caligari Kino, Luna Lüneburg: Scala Programmkino München: Arena, Monopol Münster: Cinema Münster Nürnberg: Casablanca Filmkunsttheater Oberhausen: Kino im Walzenlager Ochsenfurt: Casablanca Kino Oldenburg: Cine k Pforzheim: Cineplex Pforzheim, Kommunales Kino, Rex Filmpalast Rendsburg: Kommunales Kino e.V., Schauburg Rottweil: Central Kino Schneverdingen: LichtSpiel Schneverdingen Schramberg: Subiaco Kino Templin: Multikulturelles Centrum Weimar: Kommunales Kino mon ami Sie möchten das INDIEKINO MAGAZIN in Ihrem Kino auslegen? Wir beliefern Sie gerne kostenfrei. Sprechen Sie uns an: Telefon 030-209 89724, Mail: info@indiekino.de
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Bildnachweis: Filmbilder/Plakatmotive: Filmverleiher/Filmfestivals MET OPERA: FIRE SHUT UP IN MY BONES (S. 40/41): Clasart Classic / Metropolitan Opera Retrospektive „Flapper, It-Girls, Funny Ladies“ (S. 42/43): Zeughauskino Berlin/Deutsches Historisches Museum
Redaktion: Hendrike Bake, Thomas Dorow redaktion@indiekino.de Filmtexte: Hendrike Bake, Yorick Berta, Stefanie Borowsky, Tom Dorow, Christian Klose, Clarissa Lempp, Elinor Lewy, Michael Meyns, Pamela Jahn, Toni Ohms, Hannes Stein, Susanne Stern, Eva Szulkowski, Lars Tunçay Texte Kinohighlights: INDIEKINO MAGAZIN und Kinos Grafik: Michael Zettler, Nora Wiesner (Zett Media) Akquise/Marketing: Hendrike Bake, info@indiekino.de Druck: Bonifatius Druck, Paderborn Auflage: 25.000
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The French Dispatch The Royal Tenenbaums
Wes Andersons Filme sind im Grunde Was-Passiert-Dann-Maschinen. Eine Sache passiert, dann noch was, dann trifft jemand jemand anderen, das löst eine Kettenreaktion aus, dann rennen alle von rechts nach links und wieder zurück, und dann ist der Film irgendwann zu Ende. Ganz entscheidend bei Was-Passiert- Dann-Maschinen – wie auch für den demokratischen Prozess – ist, dass man die Mechanik versteht, also nachvollziehen kann, wie es sich zuträgt, dass Dinge so und nicht anders passieren. Vielleicht kommt die nahezu zeitgleiche digitale Welt deshalb so wenig in Andersons Filmen vor. Stattdessen werden Nachrichten per Kurier, per Morsezeichen oder über Tilda Swinton in der Telefonzentrale übermittelt.
Moonrise Kingdom The Grand Budapest Hotel
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vorschau INDIEKINO im NOVEMBER
D 46
D OKTOBER 2021
EIN MEISTERWERK. ” MAN WIRD IHN EIN, ZWEI, DREI MAL SEHEN WOLLEN UND ES WIRD NICHT GENUG SEIN.“ DIE WELT
EIN FILM VON
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