büchermenschen 2/2021

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LESE VERGNÜGEN

Das Schicksal Doppelleben im falschen Film SOMMER 1968: In Paris protestieren die Studenten, in Vietnam wütet der Krieg, in den USA wird Martin Luther King ermordet. Die Welt ist im Aufruhr – auch hinter den Kulissen im südenglischen Seebad Brighton. Fieberhaft wird hier an einem Film gearbeitet, dessen Titel eine „außerordentlich hilfreiche Leiter zum Mond“ verheißt, während die Dreharbeiten ein Himmelfahrtskommando befürchten lassen. Zwischen Aufstieg und Fall liegt nur ein winziger Schritt – vor allem für drei schillernde Gestalten, deren Wege sich am Set kreuzen. Und weil alle drei ein Doppelleben führen, legen sie größten Wert auf die Maske: Elfrida Wing, einst gefeiert als die neue Virginia Woolf, fällt keine Zeile mehr ein. Seit zehn Jahren leidet die Schriftstellerin an einer Schreibblockade und fast ebenso lang an ihrer zerrütteten Ehe. Ihr Hauptgrund, überhaupt aufzustehen: Im Liegen kann man schlecht trinken. Ihre wichtigsten Verbündeten und Gegner zugleich: Wodka und Gin. Whiskey zieht hingegen der mit allen Wassern gewaschene Filmproduzent Talbot Kydd vor, der immer mehr Verdacht schöpft, dass ihn sein Geschäftspartner auszubooten versucht. Doch auch er selbst hat keine weiße Weste. Ganz zu schweigen von der betörenden jungen Schauspielerin Anny Viklund, der nicht nur ihr jüngster heimlicher Geliebter den Schlaf raubt, sondern auch noch ein paar weitere Männer und das FBI, das ihr im Nacken sitzt. Wer spielt seine Rolle am besten? Wer führt Regie? Wer inszeniert das größte Drama? Meister-Romancier William Boyds neues Bravourstück – ein literarischer Blockbuster!

William Boyd „Trio“ Kampa, 22,– €  220 Lesepunkte sammeln Auch als eBook auf Hugendubel.de erhältlich

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Todsicher für Gerechtigkeit Simon Urban: „Wie alles begann und wer dabei umkam“ Kiepenheuer & Witsch, 24,– € 240 Lesepunkte sammeln Auch als eBook auf Hugendubel.de erhältlich

EINE GROSSE ZUKUNFT als Jurist prophezeien ihm alle, aber Justus Hartmann selbst ahnt schon früh, dass sein Weg als Diener von Justitia kein konventioneller werden wird. Mit 13 bereitet er sein erstes Verfahren vor. Und zwar gegen die eigene Großmutter, eine Familientyrannin. Bei der Hauptverhandlung im Wohnzimmer verhängt Justus in Abwesenheit der Angeklagten die Höchststrafe – Berufung ausgeschlossen. Justus scheint seine Rolle gefunden zu haben. Und darin kann ihn das Jurastudium im beschaulichen Freiburg nur bestärken. Sein Metier elektrisiert ihn – und es schockiert ihn. Je genauer er die Koryphäen seines Fachs kennenlernt und je tiefer er in Präzedenzfälle und Prozessakten vordringt, desto mehr schwindet sein Glaube an das Rechtssystem. Und das bessert sich keineswegs auf seiner weiten Reise bis nach Singapur und Neuguinea zu Recherchen in Sachen Recht und Unrecht. Doch wo endet ein kluger Kopf, der sich zum Anwalt der Gerechtigkeit berufen fühlt und in seiner Verzweiflung das Gesetz in die eigene Hand nimmt? Wohl oder übel in einer Gefängniszelle? Immerhin weiß er, welches Motto er sich für seine Memoiren wünscht: „Je bewusster man seine Entscheidungen trifft, desto besser kann man damit sterben.“ Eine literarisch brillante Auseinandersetzung mit den Regelwerken, die unser Leben bestimmen, und ein furioser Schelmenroman über einen Juristen, dem die Sicherungen durchbrennen. Noch dazu ein Held, wie man ihn bisher nicht kennt, und das Meisterwerk des preisgekrönten Ausnahmetalents Simon Urban. Gnadenlos entlarvend und voll bitterbösem Witz!

Morgentau & weiblicher Aufbruch DER SENSATIONSERFOLG aus Südkorea erobert weltweit die Bestsellerlisten: „Kim Jiyoung, geboren 1982“, ein literarischer Paukenschlag, der die Autorin Cho Nam-Joo bekannt machte – als fernöstliche Pionierin der MeToo-Bewegung, die Frauen rund um den Globus aus dem Herzen spricht. Lebensnah, einfühlsam und psychologisch präzise erzählt Cho die Geschichte ihrer Titelheldin, die immer fügsam war, aber plötzlich völlig von der Rolle wirkt. Seoul im Herbst 2015: Jiyoung löst bei ihrem Ehemann Befremden aus, als sie erklärt, wie sie das Kümmern um ihr Baby anstrengt. An Erntedank produziert sie außer Reiskuchen & Co. auch einen Familieneklat. Nun soll ein Psychiater klären, was in die Mittdreißigerin gefahren ist. Erstmals geht es um Jiyoung und ihre prägenden Erfahrungen, z.B. als Tochter eines Vaters, der stets ihr die Schuld gab, wenn sie belästigt wurde. Oder als vorbildliche Angestellte, die trotzdem nie befördert wird – im Gegensatz zu den männlichen Kollegen. Und als junge Mutter, die – wie von ihr erwartet – ihren Beruf für Kind und Mann aufgibt, dennoch Vorwürfe bekommt, aber kaum eine Chance zum Wiedereinstieg. Leidvoller Alltag in einer Welt, in der Männer das Sagen und die Privilegien haben und Frauen zu Opfern von Unterdrückung und Sexismus machen, wie Cho NamJoo aus ihren Recherche-Gesprächen weiß. Sie hat mit ihrem zwei Millionen Mal verkauften, erfolgreich verfilmten Roman wichtige Debatten ins Rollen gebracht. Und sie hat sich fest versprochen, weiterzukämpfen – für eine bessere Zukunft der Generation ihrer kleinen Tochter!

Cho Nam-Joo: „Kim Jiyoung, geboren 1982“ Kiepenheuer & Witsch, 18,– €  180 Lesepunkte sammeln Auch als eBook auf Hugendubel.de erhältlich

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