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Innsbruckerinnen im Widerstand

Die vergessenen Frauen der Operation Greenup

In Innsbruck erhielten am 21. Dezember 1989 drei Frauen, Maria Hueber, Ruth Heltzel und Margarethe Kelderer, für ihren Beitrag zur Operation Greenup die Befreiungsmedaille der Republik Österreich.

von Matthias Breit

44 Jahre nach der Operation Greenup: Verleihung der Befreiungsmedaille der Republik Österreich an Frauen der Operation Greenup: (v. l. n. r.) Heinz Mayer, Maria Hueber, Ruth Heltzel, Landeshauptmann Alois Partl, Dr. Franz Weber und Margarethe Kelderer, Innsbruck, 21. Dezember 1989.

Exkursion

Auf den Spuren der Operation

Greenup in Innsbruck, Kematen und

Oberperfuss – eine Fahrradexkursion des Gemeindemuseums Absam: am

Samstag, 15. und 22. Mai, jeweils von 12.00 bis 18.00 Uhr (beschränkte TeilnehmerInnenzahl). Anmeldung unter: Tel.: +43 676 84 05 32 700 E ine Innsbruckerin hat als eine der Ersten die Spur zu den Frauen im Widerstand gelegt: 1989 erschien in Deutschland das Buch der aus Innsbruck stammenden Journalistin Ingrid Strobl „Sag nie, du gehst den letzten Weg. Frauen im bewaffneten Widerstand gegen Faschismus und deutsche Besatzung“. Diese hat damit das vorherrschende Narrativ gestört, dass (bewaffneter) Widerstand gegen die Terror- und Kriegsmaschine der Nazis „Männersache“ war. Die Frauen, die Ingrid Strobl interviewt hat, die historischen Quellen, die sie gegen den Strich gelesen hat, belegen: Frauen, viele davon Jüdinnen, riskierten ihr Leben. Auch in Tirol kann man Frauen im Widerstand finden. Allerdings hat mit ihnen nie jemand ein Interview geführt. Der Historiker Peter Pirker beschreibt in „Codename Brooklyn: Jüdische Agenten im Feindesland. Die Operation Greenup 1945“, wie Anfang 1945 in Italien die beiden amerikanischen Agenten Fred Mayer und Hans Wijnberg zusammen mit dem

aus Oberperfuss stammenden Wehrmachtsdeserteur Franz Weber die Operation Greenup vorbereiteten: „Als Erstes haben sie ausführlich über die Situation in Oberperfuss gesprochen, über Webers Beziehungen und Verbindungen zu den Menschen, die dort lebten. Schnell kristallisierte sich heraus, dass es Frauen waren, auf die sich der Einsatz stützen würde: Webers fünf Schwestern, von denen zwei in Oberperfuss und drei in Innsbruck lebten, und Frauen wie Anna Niederkircher und Maria Hueber als Quartiergeberinnen oder Kurierinnen. Das erklärt Fred Mayers Aussage über die Frauen von Oberperfuss nach der Befreiung Innsbrucks: „Die Einzigen, denen man wirklich trauen konnte, waren die Frauen, die waren stur wie Eisen.“

Konspirativer Sammelpunkt

In Innsbruck hat der Widerstand von Frauen für die Operation Greenup eine konkrete Adresse: die Anichstraße 19. Dort beherbergten Margarethe Kelderer und ihre Schwester Eva Weber, beide aus Oberperfuss, im Frühjahr 1945 illegal Fred Mayer. Sie ermöglichten ihm so, Daten zu den Wehrmachtstransporten auf der Brennerstrecke und andere militärische und politische Informationen zu sammeln. Der in Oberperfuss versteckte Funker Hans Wijnberg leitete diese Informationen dann an die alliierten Kommandostellen in Süditalien weiter. Margarethe Kelderer stellte ihre Wohnung auch für Treffen Mayers mit Innsbrucker Regimegegnern, wie Georg Wallnöfer, Fritz Moser und Josef Heiss, zur Verfügung. Die Wohnung wurde zum konspirativen Sammelpunkt für militärische und politische Informationen, die den Kriegsanstrengungen der USA und Großbritanniens im Kampf gegen NSDeutschland dienten. Die beiden Frauen übermittelten auch die Informationen an Hans Wijnberg. Ende April gerieten die Männer und Frauen des Widerstands in Innsbruck durch einen Verräter in Gefahr. Eine Verhaftungswelle der Gestapo und eine für Anfang Mai geplante Massenhinrichtung sollten den Bestand des NS-Regimes in Tirol absichern. Auf der Flucht vor der Gestapo fand Fred Mayer in den Abendstunden des 20. April 1945 in der Anichstraße 19 Zuflucht. Obwohl die Gauleitung das Beherbergen von Ausländern ohne polizeiliche Erlaubnis bei Todesstrafe verboten hatte, nahm Margarethe Kelderer Fred Mayer in dieser Nacht auf. Um etwa 23.00 Uhr drang eine Gruppe von acht Männern des Sicherheitsdienstes der SS bzw. der Gestapo in die Wohnung ein und nahm Fred Mayer und Eva Weber fest. Margarethe Kelderer bekam einen Haftaufschub, um sich von ihren bei ihrer Familie in Oberperfuss lebenden minderjährigen Kindern zu verabschieden. Sie flüchtete dann aber zu Fuß nach Bayern, wo sie in einem Kloster in München-Pasing bis zur Befreiung durch die US-Armee versteckt wurde. Fred Mayer wurde von der Gestapo in den folgenden Tagen in der Herrengasse schwer gefoltert und Eva Weber im Lager Reichenau inhaftiert.

Kampflose Übergabe

Bereits eine Woche später konnte dank der Vermittlung von Fred Mayer Innsbruck kampflos den Alliierten Truppen übergeben werden. Damit war für Innsbruck das Ende des NS-Regimes und des Zweiten Weltkriegs eingeläutet. Eva Weber, eine jener Frauen, die das Rückgrat der Operation Greenup bildeten, verstarb allerdings nur wenige Wochen nach der Befreiung Innsbrucks vom Nationalsozialismus am 24. Mai 1945 nach einer Operation im Krankenhaus Innsbruck.

Operation Greenup

Die amerikanische SpionageOperation im Frühjahr 1945 hatte durch die Unterbrechung der strategisch wichtigen Brenner-Linie und die aktive Unterstützung des Widerstands zum Ziel, das schon absehbare Ende des Zweiten Weltkriegs zu beschleunigen. Am 3. Mai 1945 wurde

Innsbruck durch Vermittlung von Fred

Mayer und Mitgliedern der Widerstandsbewegung kampflos an die Alliierten übergeben. Dadurch konnte Innsbruck und Innsbrucks Bevölkerung vor weiterem Schaden bewahrt werden.

Hinweise

Peter Pirker

Codename Brooklyn.

Jüdische Agenten im Feindesland. Die Operation Greenup. Innsbruck 2019. Tyrolia Verlag

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