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Atomwaffen sind illegal

Die Proteste in Büchel 2021

Jedes Jahr gibt es im Juli Proteste und das Friedenscamp in Büchel, dem Ort in Rheinland-Pfalz, wo 20 US-amerikanische Atombomben abschussbereit lagern. Doch dieses Jahr waren sie besonders. Besonders wichtig. Besonders bunt. Besonders sportlich. Aber von vorn.

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Im Januar dieses Jahres trat der Atomwaffenverbotsvertrag (AVV) in Kraft und wurde somit zu geltendem internationalen Recht. Und dieses internationale Recht erklärt Atomwaffen für illegal. Von diesem Meilenstein beflügelt erlebten die Proteste in Büchel dieses Jahr besonderen Rückenwind: Deutschland boykottiert einen rechtskräftigen UN-Vertrag. Das ist Fakt – und es ist so eine greifbare Aussage. Viel greifbarer als die totgeschwiegenen Atomwaffen auf dem Gelände des Fliegerhorsts. Denn auf diesen Boykott kann nun verwiesen werden: Deutschland weigert sich, eine UN-Vertrag beizutreten, der Atomwaffen ächtet. Diese Aussage ist gleichzeitig auch eine schwere Anklage an die Bundesregierung und gibt den Protesten in Büchel mehr Gewicht. Übrigens hatten schon im Januar, kurz nach dem Inkrafttreten des AVV, Aktivist*innen vor dem Haupttor einen Schilderwechsel vorgenommen. Nun warnen und mahnen dort die Worte „Achtung Massenvernichtungswaffen – Atombomben sind seit heute verboten!“.

Und genau wegen eben jener Bomben ist Büchel, das Protestcamp in Büchel, ein unglaublich paradoxer Ort. Die friedliche Atmosphäre im Protestcamp scheint dem Anlass des Protests vollkommen zu widersprechen, schließlich lagern auf der einen Seite des Zaunes Massenvernichtungswaffen, mit denen NATO Manöver geübt werden. NATO Manöver, deren Ziel auch der Einsatz und Abwurf dieser unmenschlichen Waffen ist. Und auf der gegenüberliegenden Seite kommen Menschen verschiedenster Generationen und Hintergründe zusammen, die lachen, diskutieren, tanzen und gemeinsam kochen, sich gegenseitig inspirieren. Diese Vielfalt war auch dieses Jahr spürbar. Bereichert wurde das Camp dabei auch wie letztes Mal von Sachiko Hara: In Kooperation mit der Universität der Künste konnte in Büchel die bewegende Aufführung „Büchel, we claim your space!“ entstehen. Studierenden aus Berlin und Campteilnehmer:innen waren daran gleichermaßen beteiligt und entwickelten gemeinsam die Aufführung. Neben den politisch-sachlichen Workshops, in denen über den AVV und Friedenspolitik gesprochen und gestritten wurde, konnte das Theaterstück die Zuschauer:innen auf einer anderen, emotionaleren Ebene abholen. Dies gelang zum Beispiel durch eine szenische Darstellung der Strahlenkrankheit.

Ebenfalls zum kulturellen Programm gehörte ein anderer, bunter Aspekt Büchels, der seit einigen Jahren dort nicht mehr fehlen darf: Der Auftritt der Nuke-Girls! Im strömenden Regen tanzte fast das gesamte Protestcamp zu den drei Hits „Raus aus Büchel“, „Ban the Bomb from Netherlands“ (eigens geschrieben für einen internationalen Auftritt in Volkel, NL) und „Zeit zu handeln“. Die Stimmung unter den Zuschauern war bombig und niemand störte sich daran, dass bei der Zugabe dieselben Lieder immer wieder gespielt wurden. Im Gegenteil – fast alle Teilnehmenden, jung und alt, stürzten sich in den Regen, um gemeinsam den Ulmentanz zu tanzen. 1

Jedes Jahr entschließen sich auch immer einige Aktivisti, in ihrem persönlichen Protest noch einen Schritt weiter zu gehen und eine Aktion zivilen Ungehorsams durchzuführen. Das hat in der Vergangenheit bereits zu einigen Gerichtsprozessen geführt, mit denen die mediale Aufmerksamkeit ein Stückchen mehr auf Büchel gelenkt werden konnte. Dieses Jahr wurden alle drei Tore zum Fliegerhorst gleichzeitig blockiert. Eine Gruppe sorgte bei der Polizei für besondere Verwirrung, und zwar mit einem 4 Meter hohen Tripod. Die Tripods finden mittlerweile bei vielen Waldbesetzungen Verwendung und stellen für die Polizei eine besondere Herausforderung dar: Sie dürfen aus Sicherheitsgründen nicht einfach so geräumt werden. So konnte die Blockade des Tors der Räumung durch die Polizei etwas länger standhalten. An einem anderen Tor wurde übrigens Lachyoga gemacht, auch eine kreative Form des Protests.

Und zuletzt war der Protest in Büchel dieses Jahr auch sehr sportlich: Jedes Jahr gibt es die Friedenswanderung, die circa 3 Kilometer am Zaun des Fliegerhorstes vorbei führt. Doch auch schon die Anreise war für einige Protestierenden mit viel Bewegung verknüpft. Denn dieses Jahr wurde eine Fahrradsternfahrt organisiert, unter dem Motto „Bikes not Bombs“. Sie führte von Bonn, Mainz oder Trier beginnend teils über Koblenz nach Cochem und schließlich nach Büchel. Viele Radler:innen machten sich auf, die Strecken zu bewältigen und sportlich gegen Atombomben zu protestieren. Sie legten dabei Wege von bis zu 150 Kilometern zurück. Außerdem wurde auch in Büchel der #run4ratification fortgeführt, der früher in diesem Jahr von uns IPPNW Studis organisiert wurde – zwei sportbegeisterte junge Menschen (unter anderem die Autorin dieses Textes) machten sich am Samstag auf, um in einer 15 Kilometer langen Tour den Fliegerhorst joggend zu umrunden. Und waren erfolgreich.

Wenn man zum Abschluss des Protestcamps sagt „bis nächstes Jahr“ oder „Auf Wiedersehen!“, so geschieht das meist mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Lachend weil es so schön ist, sich wieder zu sehen und gemeinsam kreativ und energetisch zu protestieren. Und weinend, weil man ja eigentlich hofft, dass es nächstes Jahr keinen Grund gibt, um wieder kommen zu müssen, dass Deutschland endlich dem Atomwaffenverbotsvertrag beitritt. Die Redaktion des Amatoms sagt: Bis nächstes Jahr, Büchel! :’)

Sophia Christoph

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