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Aufbegehren gegen den Krieg
Gesundheitskräfte verschaffen sich grenzüberschreitend Gehör bei den Regierungen
Die IPPNW wurde vor über 40 Jahren von Ärztinnen und Ärzten aus Russland und den USA im Bewusstsein gegründet, dass die gegenseitige Bedrohung mit totaler Vernichtung durch ein irrational großes Arsenal von Atomwaffen für Ärztinnen und Ärzte, die mit ihrem Beruf dem Leben verpflichtet sind, inakzeptabel ist. Damals war die Bedrohung für jeden Menschen deutlich spürbar. Hundertausende gingen allein in Deutschland gegen das atomare Wettrüsten auf die Straße. Der IPPNW gelang es, eine die Machtböcke übergreifende Initiative zu ergreifen und die Menschen zu beiden Seiten des „Eisernen Vorhangs“ über die nicht beherrschbaren Folgen eines Atomkrieges aufzuklären. Dafür hat sie 1985 den Friedensnobelpreis verliehen bekommen.
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Der Krieg in der Ukraine droht zu eskalieren: Die Gefahr eines vernichtenden Atomkrieges ist aktuell mindestens so akut wie damals. Und obwohl die Information darüber für jede und jeden zugänglich ist, erleben wir keine zum damaligen Aufbegehren vergleichbare Reaktion, in keinem Land. Als Teil der Friedensbewegung ist die IPPNW international wie national gefordert, sich für ein Ende des Krieges und damit der akuten Atomkriegsgefahr einzusetzen, die Menschen aufzuklären und damit zum Handeln zu animieren. Die internationale Föderation der IPPNW versucht diesem Anspruch gerecht zu werden; verschiedene Sektionen der Organisation verfolgen unterschiedliche Ansätze und tauschen sich darüber aus.
Im Februar, vor dem Krieg, veröffentlichte die IPPNW einen medizinischen Appell „No War in Europe“, initiiert von der deutschen Sektion. Er wurde von mehr als 870 Gesundheitsfachkräften unterzeichnet. Fünf Tage vor dem Krieg veranstaltete die IPPNW ein Online-Event zum Krieg in Osteuropa und dessen humanitären Folgen. Eine Zusammenfassung dieser Veranstaltung ist auch auf Deutsch abrufbar: www.ippnw.de/bit/briefing
Zusammen mit anderen medizinischen Organisationen hat die IPPNW am 10. März 2022 eine Erklärung veröffentlicht, in der ein sofortiges Ende des Krieges in der Ukraine gefordert und die Dringlichkeit betont wird, eine nukleare Eskalation zu verhindern. Mehrere Sektionen haben eigene Erklärungen und Aufrufe zur Beendigung des Krieges veröffentlicht, neben der deutschen z.B. die kanadische, die schwedische und die schweizerische. In zahlreichen Interviews, Zeitungsartikeln und Radiobeiträgen fordern IPPNW-Ärzte weltweit ein Ende des Krieges.
Außerdem hat die internationale IPPNW mit 15 weiteren Friedensnobelpreisträgern einen Offenen Brief gegen den Krieg initiiert, der online von über einer Million Menschen unterschrieben wurde. Der Brief ruft Russland und die NATO dazu auf, den Einsatz von Atomwaffen in dem Konflikt auszuschließen, er wurde am 11. April 2022 am Sitz der Vereinten Nationen in New York offiziell an die Leiterin des Büros für Abrüstungsfragen der UN Izumi Nakamitsu übergeben. Petition unter: ippnw.de/bit/avaaz
Ein besonders hoffnungsvolles Zeichen war die gemeinsame Erklärung von IPPNW-Ärzt*innen aus Russland und der Ukraine, die am 16. März 2022, drei Wochen nach Beginn des Krieges, veröffentlicht wurde. Darin werden die humanitären Folgen des Krieges beklagt und auf die Gefahr einer Eskalation bis hin zum Atomkrieg hingewiesen. Die Regierungen der Konfliktparteien werden aufgerufen, alles zu tun, um konstruktive und wirksame Verhandlungen zur Herstellung des Friedens zu beschleunigen.
Der Hauptfokus der internationalen Arbeit liegt bei der Kampagne zur Abschaffung von Atomwaffen (ICAN), die 2007 von der IPPNW begonnen und inzwischen von über 600 Partnerorganisationen getragen wird. Der Atomwaffenverbotsvertrag, mit dessen Inkrafttreten im Januar 2021 Atomwaffen völkerrechtlich illegal wurden, ist das zentrale Objekt der internationalen IPPNWAktivitäten: Kampagnenarbeit, um weitere Staaten zum Vertragsbeitritt zu bewegen und damit den rechtlichen Rahmen für das Verbot von Atomwaffen zu vergrößern. Informationen zur Staaten-
konferenz in Wien finden Sie auf S. 17.
ÜBERGABE VON EINER MILLION UNTERSCHRIFTEN AN DIE UN-DIPLOMATIN IZUMI NAKAMITSU.