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Wie weiter mit dem Atomwaffenverbot?

PALÄSTINA UND SÜDAFRIKA AUF DER KONFERENZ, 21. JUNI 2022

Der Aktionsplan aus Wien zeigt, wie Abrüstung in Zukunft aussehen kann

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Am 23. Juni 2022 ging die zweitägige Konferenz der Vertragsstaaten zum Atomwaffenverbotsvertrag (AVV) in Wien zu Ende.

Es war ein Tag, auf den viele Aktivist*innen lange hingearbeitet, hingefiebert, gewartet hatten, denn die Konferenz repräsentiert einen bedeutenden Schritt auf dem Weg zur Implementierung des Atomwaffenverbots. Wie sie sich die Umsetzung des Vertrags jetzt vorstellen, haben die Staaten in zwei Dokumenten festgehalten: der Wiener Erklärung und einem Aktionsplan.

Der 50-Punkte-Aktionsplan enthält dabei die konkreten Schritte auf dem Weg zur Abschaffung von Atomwaffen und der Umsetzung des AVV. Der Universalisierung (Artikel 12) wird dabei besondere Bedeutung zugemessen. Universalisierung, das bedeutet für die Vertragsstaaten nicht nur andere Staaten für den Vertrag zu gewinnen, sondern auch die Werte und Prinzipien des Vertrags weiterzuverbreiten.

Über die Universalisierung hinaus beschäftigten sich der Aktionsplan und die Wiener Konferenz unter anderem damit, wie Abrüstung aussehen soll. Unter anderem fassten die Staaten den Beschluss, dass atomar bewaffnete Staaten zehn Jahre Zeit haben ihre Atomwaffen zu vernichten, sobald sie dem Vertrag beitreten. Staaten in der atomaren Teilhabe, wie z.B. Deutschland oder die Niederlande, haben 90 Tage Zeit, die Atomwaffen von ihrem Staatsgebiet zu entfernen. Weitere konkrete Rahmenbedingungen, z.B. zur Verifikation von Abrüstung sollen nun ausgearbeitet werden.

Neben den Bestimmungen zur Abschaffung von Atomwaffen beinhaltet der AVV auch sogenannte „positive Verpflichtungen“, insbesondere im Bereich Hilfe für Opfer und Umweltsanierung (Artikel 6) und internationale Kooperation (Artikel 7). In diesem Bereich sind sowohl die Bestimmungen des AVV selbst als auch die geplanten Aktionen besonders progressiv. Unter anderem streben die Staaten an, die Umsetzbarkeit eines internationalen Fonds zur Unterstützung von Atomwaffeneinsatz oder Tests betroffener Staaten zu prüfen. Bei ihren Aktivitäten wollen die Staaten betroffene Gemeinschaften bei jedem Schritt einbinden. Die Prinzipien, die man sich für die Umsetzung von Artikel 6 und 7 gegeben hat sind „Zugänglichkeit, Inklusivität, Nicht-Diskriminierung, Transparenz“ und Koordination mit Betroffenen. Darüber hinaus soll die Hilfe für Betroffene auf „alters- und geschlechtssensible Weise“ geleistet werden, „wegen der überproportionalen Auswirkungen der Atomwaffeneinsätze und -tests auf Frauen, Mädchen und indigene Völker“.

Die Wiener Erklärung ergänzt den Aktionsplan mit weiteren weichenstellenden Aussagen. Sie verurteilt aufs Schärfste jegliche Drohungen mit dem Einsatz von Atomwaffen, sich auf die humanitären Grundlagen des Vertrags berufend. Doch der vielleicht beeindruckendste Satz der Wiener Erklärung ist der Schlussatz: „Wir werden nicht ruhen, bis der letzte Staat dem Vertrag beigetreten, der letzte Atomsprengkopf entschärft und zerstört ist, und Atomwaffen von der Erde getilgt sind.“

Im Kontext einer Welt, in der sich die atomare Blockbildung auszudehnen, die Atomwaffenarsenale modernisiert und an mancher Stelle aufgestockt werden, zeigte die AVV-Staatenkonferenz einen anderen Weg auf: einen Weg von Kooperation und von Abrüstung als schlichter Überlebensnotwendigkeit. Die nächste Vertragsstaatenkonferenz findet vom 27. November bis zum 1. Dezember 2023 in New York statt. Der Wiener Aktionsplan und die Wiener Erklärung zeigen auf, was es bis dahin braucht, um den AVV voranzubringen.

Ruth Rohde studiert internationale Geschichte und Politik in Genf. Sie ist Mitbegründerin des Corruption Tracker Projekts, das Korruption im internationalen Waffenhandel dokumentiert.

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