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Mehr Sicherheit – für Land, Telekommunikation und die digitalen Räume

In Zeiten von Krieg und Krisen strebt der Bundesrat nach mehr Sicherheit. Er krempelt die Sicherheitspolitik um, will das Fernmeldegesetz revidieren und hat gleich drei neue Verwaltungseinheiten im VBS an den Start geschickt.

Die Zeichen der geopolitischen Entwicklung stehen auf Sturm, die internationale Sicherheitslage hat sich verschlechtert. Auf europäischem Terrain tobt seit zwei Jahren ein absurder Krieg und die vom Nationalen Zentrum für Cybersicherheit (NCSC) für 2023 publizierte CybercrimeStatistik (siehe gesonderter Bericht in dieser Ausgabe) zeigt, dass die Kriminalität im digitalen Raum auch in unserem Land weiterhin stärker floriert als nahezu jedes Wirtschaftsunternehmen.

Die Zeichen der geopolitischen Entwicklung stehen auf Sturm – in der Realität ebenso wie im digitalen Raum.
© shutterstock.com

Alles zusammen bereitet Sorge – und insbesondere der Russland-Ukraine-Krieg zeigt auf, dass rohe menschengesteuerte Kriegsgewalt, vorgetragen mit Panzern, Haubitzen und Mörsern, in unserer digitalisierten Welt zunehmend ins Hintertreffen gerät. Im Vordergrund stehen heute vermehrt Angriffe mit unbemannten Systemen, namentlich Drohnen jedweder Art, sowie mithilfe «hybrider» militärischer Mittel. Wobei, und das sei explizit erwähnt, die Opferzahlen dadurch keineswegs abnehmen. Das Gegenteil ist der Fall.

Desinformation, Beeinflussung über Druckausübung und Erpressung bis hin zu Cyberangriffen, manipulierten Wahlen und verdeckten Cyberoperationen gehören ebenso zum modernen Kriegs ge schäft wie Sprengköpfe, Maschinengewehre und Uniformen. Zudem nutzen längst nicht mehr nur (schreib-)faule Schüler und Erwachsene KILösungen wie ChatGPT. Auch Cyberkriminelle und Staatsführungen sowie Propaganda-Spezialisten setzen auf mithilfe von KI geschickt und nahezu nicht erkennbar gefälschte Bilder und Videos (siehe Bericht in dieser Ausgabe). Und da Bilder mehr sagen als tausend Worte, ist diese Entwicklung enorm gefährlich.

Kein Wunder, dass sich auch der Bundesrat im Versuch übt, die eigene Sicherheitspolitik massiv zu stärken und adäquat, angemessen, wirkungsvoll und schnell auf die Welle zunehmender Bedrohungen und Gefahren, auch geopolitischer Natur, zu reagieren. Der Ansatz unserer Regierung: gleich drei neue Verwaltungseinheiten im VBS, die per 12. Januar 2024 die Arbeit aufgenommen haben.

Staatssekretariat für Sicherheitspolitik (SEPOS)

Staatssekretär Markus Mäder (SEPOS)
© VBS

Das unter der Leitung von Staatssekretär Markus Mäder, bisher Chef Internationale Beziehungen Verteidigung, HSO, stehende SEPOS ist das neue VBS-Kompetenzzentrum für Sicherheitspolitik und Informationssicherheit. Es entwickelt und koordiniert – mit der Bundesverwaltung und den Kantonen – die Sicherheitspolitik, soll sicherheitspolitisch relevante Entwicklungen antizipieren und strategische Handlungsoptionen zuhanden der politischen Entscheidungsträger erarbeiten. Zudem soll es innerhalb des VBS die Umsetzung sicherheitspolitischer Vorhaben sicherstellen und die internationale Kooperation sowie die Verteidigungs- und Rüstungspolitik begleiten. Überdies wurden ihm die Begleitung der Entwicklung der Armee auf strategischer Ebene und die Vorbereitung politischer Entscheide über deren Einsätze – in der Schweiz und im Ausland – auferlegt. Last but not least soll das Staatssekretariat zur Umsetzung des Informationssicherheitsgesetzes beitragen.

Bundesamt für Cybersicherheit (BACS)

Florian Schütz (Direktor des BACS)
© VBS

Als Nachfolge-Institution des bisher im Eidgenössischen Finanzdepartement (EFD) angesiedelten Nationalen Zentrums für Cybersicherheit (NCSC) koordiniert das zum VBS gehörige BACS die Umsetzung der Nationalen Cyberstrategie (NCS). Zudem ist es Ansprechpartner im Bereich Cyberrisiken und harmonisiert die Arbeiten zu Cyberbedrohungen auf Stufe Bund. Des Weiteren sensibilisiert und informiert das BACS die Öffentlichkeit in Bezug auf Cyberbedrohungen und präventive Massnahmen, nimmt Meldungen zu Cybervorfällen und Cyberbedrohungen entgegen und unterstützt die Betreiber kritischer Infrastrukturen im Bereich Cybersicherheit und Cyberabwehr. Überdies erstellt es unter anderem technische Analysen zur Bewertung und Abwehr von Cybercrime sowie zur Identifikation und Behebung von Schwachstellen.

Direktor des BACS ist Florian Schütz, bisheriger Delegierter des Bundes für Cybersicherheit. Ihm zur Seite steht sein Stellvertreter Manuel Suter, bis Ende 2023 Co-Leiter der Geschäftsstelle des NCSC.

Kommando Cyber der Armee (Kdo Cy)

Oberst i Gst Simon Müller (Kdo Cy)
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Das Kdo Cy unter Führung von Oberst i Gst Simon Müller verantwortet den Schutz der IKT-Infrastruktur der Schweizer Armee gegen Cyberangriffe. Es übernimmt von der Führungsunterstützungsbasis, die Ende 2023 aufgelöst wurde, den Status eines Bundesamtes. Das Kdo Cy verantwortet –im gesamten Aufgabenspektrum der Armee – permanent die operationellen Fähigkeiten in den Bereichen Eigenschutz im Cyber- und elektromagnetischen Raum (CER), Lageverständnis und vernetzte Führung, robuste und sichere Datenbearbeitung sowie Aktionen im CER. Dazu überwacht es die Lage im CER im Alltag, bei Einsätzen und in Krisensituationen – und soll dafür sorgen, dass die Armee ihre Mittel zur richtigen Zeit und am richtigen Ort einsetzen kann. Mit dem für einen Erfolg nötigen Wissens- und Entscheidungsvorsprung.

Minimierung der geopolitischen Risiken im Zusammenhang mit digitalen Infrastrukturen

Ende Dezember 2023 verabschiedete der Bundesrat einen Bericht in Erfüllung des von SP-Nationalrat Jon Pult bereits im September 2020 eingereichten Postulats zur Sicherheit kritischer digitaler Strukturen vor geopolitischen Risiken. Das Postulat mit dem Titel «Digitale Infrastruktur. Geopolitische Risiken minimieren» forderte den Bundesrat auf, zu analysieren, «wie geopolitische Risiken beim Ausbau und der Weiterentwicklung von digitalen Infrastrukturen wie 5G minimiert werden können». Insbesondere sorgte sich Jon Pult um die sorgfältige Auswahl der Technologieanbieter sowie die Berücksichtigung wesentlicher Aspekte wie Produktqualität, die Zuverlässigkeit von Technologie-Lieferketten, die Unternehmensstruktur der Anbieter und die Frage, welchem Rechtsrahmen der Hauptsitz eines liefernden Unternehmens unterliegt. Dies alles vor dem Hintergrund, dass die Schweizer Technologieinfrastruktur nicht durch geoökonomische Wettbewerbe, namentlich zwischen den USA und China, beeinträchtigt wird.

Der nun vom Bundesrat verabschiedete Bericht zeigt: Ungeachtet diverser bereits ergriffener Massnahmen bestehen heute wie zum Zeitpunkt der Postulatseinreichung diverse Risiken für die Sicherheit der Fernmelde- und der digitalen Infrastrukturen in unserem Land, insbesondere durch Cyberangriffe.

Zur Stärkung der Schweizer Infrastrukturen will der Bundesrat daher die Bekämpfung dieser Risiken in einem «allgemeinen und nicht-diskriminierenden Ansatz» verstärken – und dazu eine ganze Reihe von Massnahmen ergreifen. Diese zielen schwerpunktmässig auf eine verstärkte Diversifizierung sowohl der Lieferanten von Ausstattungen für Mobilfunknetze als auch der Anbieter von kritischen Ausrüstungen, aber auch für kommende Ausschreibungen von Mobilfunkfrequenzen. Darüber hinaus sollte laut Bericht «der Schweizer Cybersicherheitssektor in der Lage sein, langfristig geeignete nationale Kontroll- und Zertifizierungsstellen bereitzustellen».

Konkret hält der Bundesrat eine Ergänzung des Fernmeldegesetzes nach dem Vorbild der 5G-Toolbox der EU für notwendig. Daher soll eine neue Bestimmung eingeführt werden, die dem Bundesrat die Möglichkeit gibt, bei Eintreten eines geopolitischen Risikos die erforderlichen Massnahmen zu ergreifen. Insbesondere soll das Siebener-Gremium «die Beschaffung, die Errichtung und den Betrieb von Ausrüstungen verbieten können, welche von Lieferanten stammen, die als problematisch für die Sicherheit unseres Landes gelten oder die sich im Besitz, unter der Kontrolle oder dem Einfluss eines ausländischen Staates befinden, der ein geopolitisches Risiko für die Schweiz darstellt».

Die vorgeschlagenen Massnahmen sollen auf Grundlage des Fernmeldegesetzes getroffen werden, weshalb das UVEK beauftragt wurde, einen entsprechenden Entwurf für dessen Revision auszuarbeiten.

Mit diversen sicherheitspolitischen Massnahmen will der Bundesrat, hier in der Zusammensetzung von 2023, die Sicherheit der Schweiz auf allen Ebenen stärken.
© Schweizerische Bundeskanzlei

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