DAS MAGAZIN FÜR MITGLIEDER
April 2016
P.b.b. Verlagspostamt 1030 Wien, Zulassungsnr. 03Z034897M
WASSER BEWEGT DIE INDUSTRIE Wie ganz Österreich von einer zukunftsfähigen Wasserpolitik profitiert
Gastkommentar von Othmar Pruckner: Die Arbeit hoch! Seite 10
LKW-Maut: Auf der Mautstraße in die Sackgasse Seite 12
Vorarlberg: Breite Front gegen flächendeckende LKW-Maut Seite 20
economics corner
Einkommenszuwachs und der Blick vom Millenniums-Tower ANALYSE Geht es um den Realeinkommenszuwachs aufgrund richtig gesetzter Reformanstrengungen, ist nicht Deutschland das Maß aller Dinge. Vor allem Österreichs östliche Nachbarschaft kann sich sehen lassen.
D
ie nachstehende Grafik weist die Veränderung des verfügbaren Einkommens der privaten Haushalte im OECD-Raum während der vergangenen Dekade aus. Die Werte werden inflationsbereinigt in nationaler Währung dargestellt, sodass sich die durchschnittliche Veränderung der tatsächlichen Kaufkraft der privaten Haushalte auf dem heimischen Markt direkt ablesen lässt. Vier Gruppen von Ländern fallen dabei ins Auge.
Italien als negativer Spitzenreiter In Italien und Ungarn schrumpften die Realeinkommen. Italien sticht mit einem Realeinkommensverlust von einem Prozent pro Jahr (!) hervor, ein Prozess, welcher schon über zwanzig Jahre, wenngleich nicht in diesem Ausmaß, anhält. Einkommensmäßig ist Italien also mit einer verlorenen Generation konfrontiert.
Deutschland nicht die alleinige Benchmark für Reformen
mehrfach so hohen Realeinkommenszuwachs im selben Zeitraum erreicht haben – und dies im Falle der Schweiz trotz ihres bereits weit überdurchschnittlich hohen Einkommensniveaus und dem Gegenwind aus der beständigen Aufwertungstendenz des Schweizer Franken. Schließlich stechen drei weitere Länder mit den höchsten Zuwachsraten heraus: Australien, die Slowakei und Polen. Mitunter reicht der Blick vom Millenniums-Tower, um herauszufinden, wie gut wirklich gut ist. �
Charakteristisch für die zweite Ländergruppe, jene der Niedrigwachstumsökonomien, ist eine geringe Zunahme der Wirtschaftsleistung in einer Größenordnung von bis zu einem halben Prozent p.a. Zu dieser Gruppe zählen sowohl Österreich als auch Deutschland. Letztere Volkswirtschaft sollte daher trotz ihrer positiven Arbeitsmarktentwicklung im Allgemeinen nicht als Benchmark für Reformanstrengungen in Öster„Deutschland ist nicht reich herangedie Benchmark für zogen werden. Weitaus besser Reformen. Bei den Läneignen sich dafür dern mit den höchsten Länder der dritten Zuwächsen beim RealKategorie, wie die einkommen sticht die Schweiz, SchweSlowakei heraus.“ den oder NeuseeIV-Chefökonom Christian Helmenstein land, die einen
Verfügbares Einkommen privater Haushalte
Durchschnittliche Veränderung der tatsächlichen Kaufkraft in der vergangenen Dekade 3,5 3,0 2,5 2,0 1,5
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Foto: IV/Prantl
Australien
Slowakei
Polen
Chile
Süd-Korea
Schweden
Norwegen
Schweiz
Kanada
Neuseeland
Estland
USA
Irland
Finnland
Tschechien
Belgien
Japan
Dänemark
Niederlande
Österreich
Quelle: OECD
-1,0
Slowenien
Deutschland
0,3 Spanien
-0,5
Eurozone-15
0,0
Ungarn
0,5
Italien
1,0
Editorial
Abschottung ist keine Lösung Nicht nur eine Beschädigung des Schengen-Systems hätte fatale Auswirkungen auf Wirtschaft und Wohlstand, auch die Diskussion um die Entsenderichtlinie geht in die falsche Richtung.
für Unternehmen machen, muss das vorrangige Ziel die korrekte Durchsetzung der existierenden Bestimmungen in den Mitgliedstaaten sein. Gerade jetzt ist noch mehr Bürokratie für Europas und Österreichs Wirtschaft,
Wird Abschottung wieder zur Normalität in Europa? Die Rede soll hier nicht nur
die unter massivem Regulierungsdruck leidet, mehr als entbehrlich. Wir werden
von physischen Grenzzäunen zwischen europäischen Staaten sein, diese sind
keinen einzigen zusätzlichen Arbeitsplatz schaffen, indem wir die bürokratischen
rasch durch sichere EU-Außengrenzen abzulösen – vor allem der Warenaus-
Hürden und Belastungen für heimische Unternehmen noch weiter erhöhen
tausch ist ohne Verzögerungen sicherzustellen. Das Thema Abschottung ist
oder gar das Rad der europäischen Integration zurückdrehen. Wer das glaubt,
darüber hinaus eines der europäischen Wirtschafts- und Sozialgesetzgebung
unterliegt einer gefährlichen Fehleinschätzung und lenkt damit bewusst von
geworden. Dieser Eindruck drängt sich jedenfalls auf, wenn man sich die Ent-
notwendigen wirtschaftspolitischen Reformen ab – genau die braucht es aber,
wicklungen rund um die Entsenderichtlinie ansieht. Der vorliegende Entwurf der
wenn wir dringend benötigtes Wachstum und mehr Arbeitsplätze schaffen
EU-Kommission sieht unter dem wohlklingenden Titel „Gleicher Lohn für gleiche
wollen. Deshalb gehen auch Forderungen wie Arbeitszeitverkürzung oder
Arbeit am gleichen Arbeitsort“ strengere Vorschriften für die Entsendung von
„Überstundeneuro“ in die falsche Richtung. Arbeit ist keine fixe, planbare Größe
Arbeitskräften vor. Das könnte jedoch – überzogen gemacht – massiv an der
und kann daher auch nicht Gegenstand simpler Umverteilung sein.
Dienstleistungsfreiheit als tragender Säule der EU rütteln – und dem Standort nachhaltig schaden. Die geplante Neuregelung würde in Kombination mit klas-
Was weiterhilft, sind weder Abschottung noch das Aufwärmen alter Ideen. Wir
sischen Grenzkontrollen nicht nur mehr Bürokratie und Regulierung bringen, sie
müssen jene nach Kräften unterstützen, die Arbeitsplätze schaffen – die Un-
wäre kontraproduktiv für vernetztes Arbeiten über europäische Binnengrenzen
ternehmen. Es braucht Rahmenbedingungen, die dies zulassen: in Österreich
hinweg und für moderne industrielle Produktionsformen („just-in-time“), die im
und in einem wirtschafts- und wachstumsfreundlichen Europa. Dazu gehört
harten internationalen Wettbewerb erfolgsentscheidend sind.
auch eine Entsenderichtlinie, die Maß an der wirtschaftlichen Wirklichkeit nimmt.
Tatsache ist: Österreich hat mit dem nationalen Lohn- und Sozialdumpingbekämpfungsgesetz bereits ein sehr hohes Schutzniveau für entsandte Arbeit-
Ihr
nehmer. Probleme bei der grenzüberschreitenden Entsendung liegen nicht an Defiziten der geltenden Entsenderichtlinie, sondern an einer mangelhaften Durchsetzung bestehender Regeln, z.B. durch Unzulänglichkeiten in der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit nationaler Behörden. Bevor wir uns also Gedanken über Verschärfungen und damit über noch mehr lähmende Bürokratie
Christoph Neumayer, Generalsekretär
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Herausgeber, Medieninhaber und Redaktion: Vereinigung der Österreichischen Industrie (Industriellenvereinigung), Schwarzenbergplatz 4, 1031 Wien, Tel.: 01/711 35-2301, Fax: 01/711 35-2313, E-Mail: positionen@iv-net.at, Homepage: www.iv-net.at, ZVR: 806801248, LIVR-N.: 00160, EU-Transparenzregister Nr.: 89093924456-06, Vereinszweck gemäß § 2 Statuten: Die Industriellenvereinigung (IV) bezweckt, in Österreich tätige industrielle und im Zusammenhang mit der Industrie stehende Unternehmen sowie deren Eigentümer und Führungskräfte in freier und demokratischer Form zusammenzufassen; ihre Interessen besonders in beruflicher, betrieblicher und wirtschaftlicher Hinsicht auf nationaler, europäischer und internationaler Ebene zu vertreten und wahrzunehmen, industrielle Entwicklungen zu fördern, Rahmenbedingungen für Bestand und Entscheidungsfreiheit des Unternehmertums zu sichern und Verständnis für Fragen der Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung zu verbreiten. Chefredaktion: Dr. Raphael Draschtak, Andrea Gabmeyer. Redaktionelle Mitarbeit: Mag. Martin Amor, Mag. Robert Albrecht, BA. Lektorat: Mag. Brigitte Mayr. Verantwortlich für den Inhalt: MMag. Mathias Burtscher, DI Dr. Joachim Haindl-Grutsch, Mag. Johannes Höhrhan-Hochmiller, Mag. Josef Lettenbichler, Dr. Claudia Mischensky, Mag. Gernot Pagger, Dr. Ingrid Puschautz-Meidl, Mag. Michaela Roither, Mag. Irene Schulte. Für den Inhalt der letzten drei Seiten zeichnet die jeweilige Landesgruppe verantwortlich. Grafik: Matthias Penz, Doris Grussmann.
Foto: IV
Druck: Ueberreuter Druckzentrum GmbH, 2100 Korneuburg. Erscheinungsort: Wien. Offenlegung nach § 25 des Mediengesetzes: iv-positionen erscheint 10x jährlich in einer Auflage von 8.300, Unternehmensgegenstand: Information zu industrie- und gesellschaftspolitischen Themen für Mitglieder der Industriellenvereinigung und Meinungsträger in Österreich. Siehe auch unter www.iv-net.at/b80 Aus Gründen der leichteren Lesbarkeit wird auf geschlechtsspezifische Endungen verzichtet. Die verwendeten Bezeichnungen beziehen sich auf alle Geschlechter gleichermaßen.
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Coverstory
Wasser bewegt die Industrie SCHWERPUNKTE Mit ihrem Aktionspapier zum Thema Wasser zeigt die Industriellenvereinigung auf, wie eine zukunftsfähige Wasserpolitik für den gesamten Standort aussehen muss.
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auch der intensive Einsatz der Wasserkraft zur sauberen und emissionsfreien Energiegewinnung haben in Österreich eine lange Tradition. Der im europäischen Vergleich hohe Anteil von 33 Prozent an erneuerbaren Energien am Endenergieverbrauch in Österreich ist nur durch die Wasserkraft möglich.
Mit Wasser wachsen Wasser ist in vielen Industriebetrieben ein zentrales Thema: Wassernutzung, Elektrizitätserzeugung, Wasserversorgung, Abwasserentsorgung, Wasserbau oder Wassertechnologie „made in Austria“ (sh. Kasten S. 7) beschäftigen zahlreiche Branchen und Unternehmen. Die Industrie ist eben nicht nur Wassernutzer, sondern sorgt durch neue Technologien in hohem Maße dafür, dass der Wasserkreislauf sauber und effizient aufrechterhal-
Fotos: IV/OÖ-Krügl, istockphoto.com/Korovin
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uf der globalen Ebene bereitet die Knappheit der Ressource Wasser große Sorgen: Die Auswirkungen des Klimawandels auf den Niederschlag und der steigende Wasserbedarf durch weltweit wachsende Bevölkerung und „Wir haben im Bereich Städte prägen der Wasserwirtschaft internationale klare Schwerpunkte Debatten. Unser erarbeitet, um die ResLand kennt solche source Wasser nachhal- Sorgen nicht. Östig und gleichzeitig leist- terreich und sein Wasserschatz sind bar zu bewirtschaften.“ untrennbar mitIV-Präsident Georg Kapsch einander verbunden. Nicht nur die ausgezeichnete Trinkwasserqualität und die zahlreichen Flüsse und Seen, sondern
Coverstory
FACTBOX Forschungsbedarf in der Wasserwirtschaft Im Bereich der Wasserversorgung, Abwasserentsorgung und der industriellen Wassernutzung gab es in der Vergangenheit große Fortschritte. So konnte der Produktionswert der wasserintensiven Industrie zwischen 2003 und 2013 um 72 Prozent gesteigert werden, während die Wassernutzung nur um 25 Prozent gestiegen ist. Forschungs- und Innovationsbedarf bestehen in Zukunft u.a. in folgenden Bereichen: ressourcenschonende Wasseraufbereitungsprozesse, Rückgewinnung von Wertstoffen aus dem Abwasser, Zustandserkennung der Trinkwassernetze, Auswirkungen von Spurenstoffen aus dem Abwasserpfad auf die zukünftige Wasserversorgung.
ten wird. „Wasser und damit verbundene Dienstleistungen sind die Voraussetzung für eine funktionierende Volkswirtschaft. Investitionen in die Wasserwirtschaft können zur Stabilisierung des Wirtschaftswachstums beitragen“, so IV-Präsident Georg Kapsch.
Mehr als 400.000 Beschäftigte Die volkswirtschaftliche Bedeutung der heimischen Wasserwirtschaft ist erheblich: Die Bereiche „Wasserversorgung, Abwasserentsorgung und Wasserbau“, „wasserintensive Industrie“ und „Wasserkraft“ generieren mit 118.300 Beschäftigten einen Produktionswert von insgesamt 41 Mrd. Euro bei einer Wertschöpfung von 9,9 Mrd. Euro. Direkt und indirekt sichert die Wasserwirtschaft in der heimischen Volkswirtschaft insgesamt 429.800 Beschäftigte, einen Produktions-
wert von 78,8 Mrd. Euro und eine Wertschöpfung von 26,3 Mrd. Euro ab. Das entspricht einem gesamtwirtschaftlichen Wertschöpfungsanteil von mehr als 13 Prozent.
IV-Aktionspapier für integrierte Wasserpolitik „Wasser verschafft uns dank seines reichlichen Vorkommens einen ökologischen und ökonomischen Standortvorteil. Viele Unternehmen sind direkt oder indirekt von der Wasserpolitik betroffen. Deshalb kann unsere Wirtschaftspolitik durch wasserbezogenes Handeln gestärkt oder auch geschwächt werden“, erklärt der stellvertretende IV-Generalsekretär Peter Koren. Vor diesem Hintergrund hat die IV-Fokusgruppe Wasser unter seinem Vorsitz ein Aktionspapier unter dem Titel „Wasser bewegt die Industrie“ erarbeitet.
Wasserkraft in der EU Die Studie „Macroeconomic Study on Hydropower“1 zeigt: In der Europäischen Union (EU-28) trägt der Wasserkraftsektor mit 25 Mrd. Euro, in der EU-28 plus Schweiz, Norwegen und Türkei mit 38 Mrd. Euro zum Bruttoinlandsprodukt bei. Darüber hinaus erspart sich die Europäische Union durch die Wasserkraft jährlich rund 24 Mrd. Euro importierte fossile Energieträger. Europäische Wasserkraftausrüster sind weltweit führend und investieren fünf Prozent des jährlichen Umsatzes in Forschung und Entwicklung. Österreich ist in der Wasserkraft in Europa exzellent positioniert und als Know-howTräger überaus anerkannt. 1
direkt zur Studie:
www.hydropower.org
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Coverstory
Dessen zentrales Anliegen: eine ganzheitliche Wasserpolitik, die auf die einzelnen Branchen und ihre Anforderungen Rücksicht nimmt. Da„Österreichs Wasser soll für sollen Stakeholder, Industrie, überlegt, effizient, nach- forschende Einhaltig und kostengünstig richtungen, NGOs genutzt werden.“ und die Politik mehr denn je an Peter Koren, Vize-Generalsekretär der Industriellenvereinigung & Leiter einem Strang zieder IV-Fokusgruppe Wasser hen. „Österreichs Wasser soll überlegt, effizient, nachhaltig und kostengünstig genutzt werden“, so Koren.
bei der Wasserinfrastruktur aus. Sie fordert die Berücksichtigung von Qualitätskriterien bei deren Erneuerung, um die hohe Versorgungssicherheit weiterhin zu gewährleisten. Wichtig: Die Zweckbindung der Gebühreneinnahmen für Re-Investitionen muss gewährleistet sein. Es darf keine Querfinanzierung anderer kommunaler Aufgaben geben. Rechtsumsetzung: Abwasseremissionsverordnungen sind behutsam weiterzuentwickeln, da Emissionsgrenzwerte für einzelne Parameter zuweilen bereits unter den geogenen Hintergrundkonzentrationen liegen. Mögliche Spielräume bei EU-Vorgaben sollen unter Berücksichtigung ökologischer und ökonomischer Gesichtspunkte genutzt werden.
Wasserressourcenund undWassernu Wassern Wasserressourcen Top-Prioritäten der Industrie
Die wichtigsten Prioritäten der IV für eine vorausschauende Wasserpolitik auf einen Blick:
Gesamtzur zurVerfügung Verfügungstehendes stehendes Wasser Gesamt Wasser Inkludiert: Niederschlag, Zuund Abfluss Inkludiert: Niederschlag, Zuund Abfluss AusA Wasserressourcen und Wassernutzung in Österreich Wasserinfrastruktur: Die IV spricht sich für den Erhalt des öffentlichen Auftrags
Umweltbetrachtung: Der Wasserverbrauch alleine soll kein Umweltqualitätsindikator sein, da er nur vor dem Hin-
Gesamt zur Verfügung stehendes Wasser; Inkludiert: Niederschlag, Zu- und Abfluss Ausland, Verdunstung
Ungenutzte Ungenutzte Ressourcen Ressourcen
3 3 74,5 km /Jahr 74,5 km /Jahr 96,8 %% 96,8
Gesamte Wassernutzung Gesamte Wassernutzung durch Haushalt, Gewerbe, durch und Haushalt, Gewerbe, Industrie Landwirtschaft
Industrie und Landwirtschaft
2,5 km3/Jahr 3 2,5 km /Jahr 3,2 %
3,2 %
Foto: IV/Johannes Zinner
3 77 km 3 77 km/Jahr /Jahr 100 % 100 %
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Coverstory
tergrund der lokalen Wasserverfügbarkeit eine besondere ökologische Relevanz ausweist. Die IV spricht sich für die Etablierung einer ganzheitlichen Umweltbetrachtung für die insgesamt beste Umweltoption an einem Standort mit Blick auf Luft, Wasser und Boden aus. Wasserrahmenrichtlinie: Die IV fordert eine pragmatische nationale Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie – ohne „golden plating“ und unter Berücksichtigung der ausgezeichneten lokalen Wasserverfügbarkeit. Ziel muss ein ausgewogenes Verhältnis aus Bewirtschaftung und Ökologie sein. Von einseitigen Regelwerken soll abgesehen werden, um die Verhältnismäßigkeit bei vorgeschriebenen Investitionen zu gewährleisten.
Wasserkraft soll auf Basis eines öffentlichen Bekenntnisses zum Wasserkraftausbau erschlossen werden. Wassertechnologie: Notwendig ist die Etablierung einer wasserbezogenen Technologieförderschiene. Sie soll zur weiteren Steigerung der Ressourceneffizienz mit zusätzlich 20 Mio. Euro jährlich dotiert werden. Ziel muss die EU-weite, harmonisierte Zulassung von Wassertechnologie samt gegenseitiger nationalstaatlicher Anerkennung von Produktzulassungsverfahren sein. „Wir haben im Bereich der Wasserwirtschaft klare Schwerpunkte erarbeitet, um die Ressource Wasser nachhaltig und gleichzeitig leistbar zu bewirtschaften. Die Industrie ist nicht das Problem, sondern Teil der Lösung für die Herausforderungen im Zusammenhang mit der Zukunftsressource Wasser“, bilanziert IV-Präsident Georg Kapsch. Das Aktionspapier zum Download finden Sie unter www.iv-net.at/wasser. �
utzung in Österreich Energiesystem: Die IV setzt sich für die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der Wasserkraft durch einen volkswirtschaftlich effizienten Umbau des Energiesystems nach marktwirtschaftlichen Prinzipien ein. Das Ausbaupotenzial für
sland, Verdunstung
Wassernutzung Industrie
Quelle: BMLFUW, 2015
Erfolgsbeispiele: So innovativ ist unsere Wasserwirtschaft ANDRITZ HYDRO GmbH HYDROMATRIX®: Innovative Wasserkraftlösung Das HYDROMATRIX®-Konzept erlaubt es, das energetische Potenzial von Flussbauwerken mit niedrigen Gefällestufen zu nutzen (z.B. Bewässerungsanlagen und Schleusen). Referenzanlagen sind bereits in Betrieb. Die Technologie erhielt 2010 den Österreichischen Staatspreis für Umwelt- und Energietechnologie.
Energie AG Oberösterreich Wasser GmbH Wasserkanal-Kläranlage: Betriebsoutsourcing für Gemeinden und Städte Der Betrieb der kommunalen Wasser- und Abwasserinfrastruktur wird von Gemeinden und Städten ausgelagert. Seit 2008 wurden dadurch Wasserverluste um 30 Prozent reduziert, Netzstörungen um über 35 Prozent verringert, Grenzwerte zu 100 Prozent eingehalten und der spezifische Stromverbrauch um neun Prozent gesenkt.
Geberit Produktions GmbH & Co KG Environmental Management: Weniger Wasserbedarf durch Prozessoptimierung
Tatsächliche Wassernutzung 33 % 0,5 km3/Jahr
67 %
FACTBOX
Der Wasserbedarf am Standort Pottenbrunn lag im Jahr 1995 noch bei 25.600 Kubikmeter pro Jahr – und wurde seither durch unterschiedliche Maßnahmen auf 10.600 Kubikmeter jährlich mehr als halbiert (z.B. regeltechnische Optimierung der Nasskühltürme, Anschluss verschiedener Verbraucher an den Kühlkreislauf, Errichtung eines Nutzwasserbrunnens).
Gereinigte und rückgeführte Kühlwässer 1,0 km3/Jahr
Quelle: BMLFUW, 2015
Siemens AG Österreich Wasser 4.0: Sicherung unserer Lebensgrundlage Daten geben Hinweise auf ineffektive Verbräuche, Verluste und Nutzungsänderungen. Siemens-Anwendungen ermöglichen es durch intelligente Systeme, die richtigen Entscheidungen schnell zu treffen. Mehr Erfolgsbeispiele österreichischer Firmen im Bereich der Wassertechnologie finden Sie auf www.iv-net.at/wasser
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Während der Preisverleihung des Paternoster Pitches (Ausschnitt aus einem 360° Panorama der Panono Camera)
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gründete er dann mit seinen Kommilitonen Björn Bollensdorff und Qian Qin das Unternehmen Panono, um aus dem Prototypen ein serienfähiges Produkt zu machen. Heute ist die Idee von damals Realität. Die Panono Kamera hält mit nur einem Klick und in einer Auflösung von mehr als 100 Megapixeln ihre komplette Umgebung fest. Panono bietet aber nicht nur die Hardware, sondern eine Komplettlösung zur automatischen Verarbeitung, Speicherung und Ansicht der hochwertigen Bilder. Seit September 2015 liefert das Startup an Kunden auf der ganzen Welt aus. Inzwischen umfasst die Panoramenplattform von Panono über 25.000 Aufnahmen. Wöchentlich werden durchschnittlich
Dahinter stehen rund fünf Jahre Arbeit und der Glaube an eine Idee. Diese kam dem Erfinder und späteren Gründer von Panono, Jonas Pfeil, während eines Urlaubs auf der Insel Tonga. Dort wollte er die beeindruckende Landschaft in einem Panorama festhalten – auf dem bis dato üblichen Weg, den Horizont Bild für Bild abzulichten. „Das hat die Geduld meiner Mitreisenden und auch meine eigene auf einer harte Probe gestellt“, erklärt er. Pfeil hat den Gedanken seit 2009 vorangetrieben und entwickelte im Rahmen seiner Diplomarbeit an der Technischen Universität Berlin den Prototypen der Ballkamera. 2012
STARTUP Beim „Pitch im Paternoster“ belegte Panono den ersten Platz. Das Berliner Startup hat mit seiner hochauflösenden 360°-Kamera die Jury überzeugt.
Hardware bedeutet Risiko „Die Entwicklung und Produktion von Hardware ist risikoreicher und teurer als die von Software-Anwendungen, in Deutschland oder Mitteleuropa als Hardware-Startup Investoren zu finden, entsprechend schwierig“, erklärt Pfeil. Deshalb hat sich Panono über Crowdfunding und Crowdinvesting teilfinanziert – und daraus zugleich wichtige Erkenntnisse über Nutzerwünsche und konkrete Anwendungsfälle gewonnen. „Auf einige Anwendungsfelder für die Kamera, gerade solche im industriellen Bereich, sind wir erst aufgrund der Nachfrage aufmerksam geworden“, sagt Pfeil. Zu den Panono-Nutzern gehören neben Early Adopters und Technikenthusiasten immer mehr Geschäftskunden. Die Kamera wird im Baugewerbe zur regelmäßigen Erfassung des Baufortschrittes ebenso eingesetzt wie zur Dokumentation von Schadensfällen von Versicherungen. „Entscheidend ist unterm Strich, das Potenzial einer Idee zu erkennen und dieses auch anderen zu vermitteln“, erklärt Jonas Pfeil: „Das erfordert unsere Überzeugungskraft, aber auch immer den Mut und die Vorstellungskraft des Gegenübers. Nur so kann eine Idee am Ende Revolutionäres bewirken.“ �
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Fotos: PANONO
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knapp 2.000 neue Panoramen in die Cloud geladen, Tendenz steigend.
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Ein
aum eine andere Branche ist so groß wie der Kameramarkt – und muss zugleich seit Jahren ohne wirkliche Innovationen auskommen. 360°-Technologien scheinen nun die Revolution herbeizuführen, auf die der Markt gewartet hat. Das Berliner Startup Panono hat das Potenzial dahinter erkannt – und will mit seiner Kamera die Revolution maßgeblich mitgestalten. Revolutionär ist schon das Design: ein Ball, groß wie eine Grapefruit. Über die Oberfläche sind 36 Kameralinsen verteilt. Die Panono Camera ist die weltweit erste hochauflösende 360°-Kamera, die mit nur einem Klick ihre gesamte Umgebung festhält.
www.panono.com
Junge Industrie
Ein Armutszeugnis Der Pensionsgipfel hat leider deutlich gemacht, dass sich die jüngeren Generationen nichts mehr von der aktuellen Politik erwarten sollten. Probleme werden einfach in die Zukunft „verräumt“ – auf Kosten der Jungen.
haben sich alle JI-Landesgruppen medial zu Wort
keinesfalls akzeptabel ist: dass die Politik ständig
gemeldet – teilweise war da bereits vom „Verrat
alle Probleme über weitere Schulden in die Zukunft
an der Jugend“ die Rede. Der Ärger ist umso ver-
verlagert.
ständlicher, als wir vor dem Gipfel den zweiten Teil der Studie des Forschungsinstitutes EcoAustria zu
In bestehende Pensionen dürfe nicht eingegriffen
den Umverteilungseffekten im Pensionssystem ver-
werden, heißt es immer. Vertrauensschutz und
Viel mehr als ein paar symbolische Maßnahmen hat
öffentlicht hatten. Die Details dazu findet ihr hier unter
so. Was aber ist mit dem Vertrauen der Jugend?
sich ohnehin niemand mehr vom Pensionsgipfel der
www.jungeindustrie.at/b962
Bezeichnend ist dabei, dass es (neben der JI und
Bundesregierung erwartet. Dennoch wurden selbst
anderen Jugendorganisationen) im Vorfeld des Gip-
die größten Kritiker am Ende überrascht: Die Ergeb-
Die Studie zeigt, kurz zusammengefasst, eines
fels nur eine Politikerin gab, die eine Einbeziehung
nisse waren sogar schlechter als befürchtet. Die
überdeutlich: Das viele Herumdoktern am Pen-
der Jugend gefordert hatte: Ingrid Korosec, die
wenigen, im Vorfeld noch diskutierten Forderungen,
sionssystem in den vergangenen Jahren hat zu
Bundesobfrau des Seniorenbundes. Das ehrt Frau
wie etwa eine frühere Anpassung des Antrittsalters
einer erheblichen Schieflage bei Fairness und
Korosec – für die Bundesregierung ist es hingegen
für Frauen, wurden noch vor dem Gipfel aufgege-
Gerechtigkeit geführt. Nicht nur, dass verschieden
ein Armutszeugnis.
ben. Billiger wird damit gar nichts, tendenziell wohl
Pensionsarten ganz unterschiedlich subventioniert
eher im Gegenteil. Ob in dieser Legislaturperiode
werden – die Jüngeren werden erheblich weniger
überhaupt noch irgendwelche Reformen möglich
aus dem Pensionssystem herausbekommen, als
sind, scheint zudem mehr als fraglich.
frühere Generationen.
Mit dem Bekanntgeben des Pensionsgipfels be-
Bis zu einem gewissen Grad ist das – so hart es
reits im Vorjahr hatte die Bundesregierung eine
klingen mag – vollkommen ok. Ein nachhaltiges
gewisse Erwartungshaltung geweckt. Dass nun
Pensionssystem ist ohne gewisse Einschränkun-
die Ergebnisse derart mager sind, hat damit zu
gen kaum möglich. Die Jungen sind sicher bereit,
Therese Niss,
Recht viele verärgert. In Reaktion auf den Gipfel
ihren Teil zur Nachhaltigkeit beizutragen. Was aber
Bundesvorsitzende der Jungen Industrie
Herzlichst Eure
Jugendarbeitslosigkeit – Verlorene Generation oder Versagen der Politik?
F Fotos: JI, JI-Wien
ast 250 Schülerinnen und Schüler fanden sich auf Einladung der Jungen Industrie Wien und der Landesschülervertretung (LSV) im Haus der Industrie ein, um mit Jugendparteivertretern über Jugendarbeitslosigkeit zu diskutieren. Marina Hanke, Landtagsabgeordnete in Wien, betonte in ihrer Keynote, wie wichtig einerseits nationale Maßnahmen gegen Arbeitslosigkeit seien, andererseits auch den dringend notwendigen Kurswechsel der europäischen Politik – weg von Sparmaßnahmen, hin zu Investitionen. Inve-
stieren müsse man vor allem auch in das Bildungs- und Ausbildungssystem, waren sich alle Jugendvertreter einig. Vor allem die fehlende Berufsorientierung macht den jungen Menschen im Hinblick auf den Berufseinstieg zu schaffen. In diesem Kontext wurde den Schülern und Schülerinnen geraten, den eigenen Interessen bei der Berufswahl zu folgen und auch den Mut zu haben, nicht den „klassischen“ Weg zu gehen. Die Jugendlichen würden sich auch mehr Möglichkeiten für Praktika wünschen, um unterschiedliche Tätigkeiten auszuprobieren und Arbeitserfahrung zu sammeln. �
Die Podiumsdiskutanten mit den Organisatoren der LSV und der JI-Wien
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Kommentar von außen
Die Arbeit hoch! Asylwerber und Migranten brauchen vor allem eines: Beschäftigung. Erleichterter Zugang zum Arbeitsmarkt ist oberstes Integrationsgebot und sichert sozialen Frieden.
dem Billiglohn-Arbeitsmarkt etwas geschehen. Und
Bekanntlich gibt es in Österreich genug Baufirmen,
zwar pronto. Es ist eine Binsenweisheit: Nichts ist
die keine Maurer mehr finden! Statt Asylwerber zum
schlimmer als Nichtstun. Langzeitarbeitslose – und
Nichtstun oder in die Schwarzarbeit zu zwingen,
das sind die meisten Asylanten de facto – verlieren
sollten sie noch mehr als bisher für Hilfsarbeiten bei
sukzessive Motivation wie Arbeitsfähigkeit und lan-
Gemeinden, bei NGOs, bei Unternehmen, in der
Hässliche Bilder dominieren die Abendnachrich-
den im ohnedies strapazierten sozialen Netz. Men-
Landwirtschaft herangezogen werden. „Training
ten. Die Flüchtlingskrise bestimmt Innenpolitik und
schen in Beschäftigung können im Gegensatz dazu
on the job“ ist das Gebot der Stunde. Neue Regle-
EU-Agenda. Derzeit werden in der Öffentlichkeit vor
ihre Qualifikationen erweitern, für die Gesellschaft
ments wie ein vereinfachter Dienstleistungsscheck,
allem die Themen Routenschließung, Abschottung
Nutzen stiften, auch in den regulären Arbeitsmarkt
der auch von privaten Haushalten genützt werden
und Abschiebung diskutiert. Wie hoch, wie lang
Eingang finden. Sie können konsumieren und nicht
kann, beziehungsweise Ein-Euro-Einstiegs-Jobs
müssen die Grenzzäune sein? Wie viele Migranten
zuletzt Steuern zahlen. Und damit ihr Scherflein
parallel zur Mindestsicherung wären allemal besser
passen in eine Herkules und wohin darf die dann
zum Wachstum der Volkswirtschaft beitragen.
als gar keine Beschäftigung. Statt über flächige
überhaupt fliegen?
Kürzungen der Mindestsicherung zu diskutieren, Es braucht also Arbeit. An allen Fronten, in der
sollte das Augenmerk auf den Abbau der Arbeits-
Über diesen Debatten vergisst man gerne, dass
Stadt und auf dem Land. Qualifizierte Asylwerber
prohibition gerichtet sein.
Zuwanderung bereits geschehen ist und weiter ge-
sollten umgehend erfasst und an mögliche Ar-
schieht. Man scheint zu verdrängen, dass bis Ende
beits- und Fortbildungsstätten vermittelt werden.
Die Einwände sind bekannt und ernst zu nehmen. Sie lauten „Sprachbarriere“, „Sozialdumping“,
„Der Zugang zum Arbeitsmarkt sollte allerspätestens ein halbes Jahr nach Asylantrag möglich sein, ebenso der Zugang zu offenen Lehrstellen.“ Othmar Pruckner, Redakteur Wirtschaftsmagazin „trend“
„Verdrängungswettbewerb“ und „Ausbeutung“. Die Antworten lauten: Sprachbarrieren können bei gutem Willen durch Übersetzer und Übung überwunden werden. Die Ein-Euro-Jobs des HartzIV-Systems haben in Deutschland zumindest teilweise funktioniert. Und die Einstiegsjobs müssen selbstredend befristet sein.
Das empfiehlt schon der Hausverstand, dennoch
dere Zeiten erfordern besondere Anstrengungen.
sich mindestens 70.000 Personen zusätzlich am
passiert hier wenig bis gar nichts. Sie bräuchten
Arbeit ist für alle, die hier in Europa leben wollen,
heimischen Arbeitsmarkt drängeln werden. Was
allerdings Coaches, die ihnen in den ersten, harten
existenziell nötig und gleichzeitig kann nur so der
tun mit ihnen? Und vor allem: Was sollen sie tun?
Arbeitsmonaten von den Unternehmen zur Seite
soziale Friede gesichert werden. Arbeit ist Teilha-
Migranten brauchen in erster Linie Einkommen, und
gestellt werden.
be am richtigen Leben, ist Grundbedingung und
zwar möglichst nicht aus der Mindestsicherung.
gleichzeitig Motor der von allen Seiten angestrebten
Das sagt sich leicht, ist aber schwer getan, denn
Der Zugang zum Arbeitsmarkt sollte allerspätes-
„Integration“. Sie ist, nebenbei bemerkt, auch der
reguläre Arbeitsplätze sind knapp. Genau deshalb
tens ein halbes Jahr nach Asylantrag möglich
nachhaltigste Wertekurs, der Kriegs- und Elends-
muss auf dem ersten, dem zweiten und auch auf
sein, ebenso der Zugang zu offenen Lehrstellen.
flüchtlingen geboten werden kann.
10 iv-positionen | April 2016
Fotos: Philipp Forstner, istockphoto.com/malerapaso
Leicht ist das alles nicht umzusetzen, aber beson2017 mindestens 100.000 Menschen Asyl erhalten,
5 Fragen an
Porträt
Vorstandsvorsitzender der Generali Holding Vienna AG und der Generali Versicherung AG in Wien
1
Warum engagieren Sie sich, neben Ihrer Tätigkeit als Unternehmer, als Bundesvorstandmitglied der Industriellenvereinigung? Versicherungen nehmen in der Wirtschaft eine wichtige Rolle ein. Sie decken Risiken von Unternehmen ab, die deren Existenz bedrohen, und leisten damit einen maßgeblichen Beitrag zur wirtschaftlichen Entwicklung Österreichs. Mit meinem Engagement als Bundesvorstandmitglied der Industriellenvereinigung möchte ich als Vertreter einer der führenden Versicherungsgruppen des Landes dazu beitragen, heimische Unternehmen zu unterstützen und die Attraktivität des Wirtschaftsstandortes Österreich zu festigen.
Foto: generali
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Alfred Leu
Was sind die drei wichtigsten standortpolitischen Herausforderungen für das Industrieland Österreich? Österreich hat sich als Industrienation in den letzten Jahrzehnten hervorragend entwickelt. Mit der Öffnung der zentral- und osteuropäischen Märkte hat die Wirtschaft einen wahren Boom erlebt. Es gilt nun, diese Dynamik aufrecht zu erhalten. Innovation und Gründungsgeist sollten nicht nur Schlagworte sein, sondern durch dringend notwendige Bildungsinitiativen und Förderung von Forschung und Entwicklung vorangetrieben werden. Auch der Abbau von Bürokratie ist ein wichtiger Schritt, Unternehmer zu zukunftsträchtigen Investitionen
zu motivieren, Arbeitsplätze zu schaffen und damit langfristig den sozialen Frieden zu gewährleisten.
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Was macht Ihr Unternehmen erfolgreich? Die Generali hat es in ihrer fast 200-jährigen Geschichte immer verstanden, sich ändernden Marktgegebenheiten anzupassen und mit einem hohen Maß an Flexibilität den Bedürfnissen der Versicherungsnehmer zu entsprechen. Unsere strategische Ausrichtung stellt den Kunden in den Mittelpunkt unserer Aktivitäten. Viele zufriedene Kunden sprechen der Generali mit ihren smarten und simplen Versicherungslösungen seit Jahrzehnten ihr Vertrauen aus. Daneben sichern wir unsere Marktposition mit einer gesunden Versicherungstechnik und einem disziplinierten und konsequenten Kostenmanagement auch für die Zukunft.
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Wie sehen Sie die Zukunft der österreichischen Industrie und der mit ihr verbundenen Sektoren? Die gesamte Wirtschaft geht einer neuen Epoche entgegen. Die Digitalisierung und die damit verbundenen neuen technologischen Möglichkeiten durchdringen nicht nur alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens, sondern erlangen auch kontinuierlich größere Bedeutung im Wirtschaftsprozess. Es bedarf mutiger
Unternehmen, Vorreiterrollen bei der Entwicklung innovativer Produkte und Leistungen durch die Nutzung digitaler Technologien zu übernehmen. Durch Kooperationen und durch damit einhergehenden Informations-, Wissens- und Erfahrungsaustausch wird die Leistungsfähigkeit der österreichischen Industrie gestärkt und die internationale Wettbewerbsfähigkeit bleibt erhalten.
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Wie gestalten Sie Ihre Freizeit? Als Ausgleich zu meinem Beruf ist für mich Bewegung sehr wichtig. Bergwandern, Fahrradfahren und Golf sind meine liebsten Freizeitaktivitäten. �
FACTBOX Alfred Leu ist seit 1.1.2016 Vorstandsvorsitzender der Generali Holding Vienna AG und der Generali Versicherung AG in Wien. Davor war Leu in führenden Management- als auch Vorstandsfunktionen in Unternehmen der Generali-Gruppe in der Schweiz tätig. So leitete er von 2005 bis 2015 die Generali (Schweiz) Holding AG in Adliswil als Vorsitzender des Vorstandes. Nach Absolvierung des Studiums der Rechtswissenschaften an der Universität Bern promovierte Leu 1987. www.generali.at
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Auf der Mautstraße in die Sackgasse AUSGEBREMST Neue Debatten über eine flächendeckende LKW-Maut verheißen nichts Gutes für den Wirtschaftsstandort. Der heimischen Infrastruktur droht die Abschnürung als Lebensader für Unternehmen, Wachstum und Arbeitsplätze.
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obilität sowie ein leistungs- und wettbewerbsfähiges Infrastruktur- und Transportsystem – beides sind zentrale Faktoren für die internationale Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandortes Österreich. Bereits jetzt leidet diese unter einer Vielzahl von bürokratischen Hemmnissen und hausgemachten finanziellen Belastungen, mit entsprechend negativen Auswirkungen auf Konjunktur und Arbeitsmarkt. Umso alarmierender sind daher Diskussionen über weitere, einseitige Belastungen für den Güterverkehr in Österreich. Denn die Einführung einer flächendeckenden LKW-Maut könnte sehr rasch zu einer echten Bremse für Wohlstand, Wachstum und Arbeitsplätze werden. Ein Vorgehen, das daher bundesweit sowohl von Industriellenvereinigung als auch Wirtschaftskammer klar und deutlich abgelehnt wird.
Zusatzbelastung nicht nur für Unternehmen Es liegt auf der Hand, dass mit einer Verteuerung des Güterverkehrs gerade in
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einem Land wie Österreich die heimische Wirtschaft massiv zur Kasse gebeten werden würde. Laut Berechnungen der Wirtschaftskammer (WKÖ) würde eine Ausdehnung der Maut eine Mehrbelastung von 650 Millionen Euro für die heimische Wirtschaft bedeuten – ein gewaltiger Kostenrucksack, der gerade in einer konjunkturell herausfordernden Phase noch schwerer zu schultern wäre. Aber auch die Menschen würden nicht verschont bleiben. Laut einer Studie der Wirtschaftsuniversität Wien würde eine Bemautung der Bundesstraßen jeden Bürger 77 Euro im Jahr kosten. Offen sei zudem auch, ob sich nicht dadurch die Schülerfreifahrten verteuern würden. Denn auch Busse zahlen derzeit auf den Autobahnen und Schnellstraßen eine LKW-Maut.
Wettbewerbsfähigkeit als Gegenargument Im Rahmen der aktuellen Maut-Debatte spielen umweltpolitische Überlegungen sowie bestimmte Lenkungseffekte auch eine gewisse Rolle. Die IV lehnt eine dogmatische Versteifung auf einzelne
Verkehrsträger ab und sieht in einem multimodalen Verkehrssystem das größte Potenzial für weitere Effizienzsteigerungen des Verkehrssystems insgesamt. Derzeit kämpfen multimodale Güterströme jedoch mit hohen Transaktionskosten. Insgesamt sind daher aus Sicht der Industrie bei den Straßenbenützungsentgelten europaweite Lösungen anzustreben, sodass Wettbewerbsverzerrungen zwischen einzelnen Mitgliedstaaten oder ver-
Fotos: istockphoto.com/ollo, IV-Johannes Zinner
schiedenen Verkehrsträgern vermieden werden. Österreich hat bereits jetzt sehr hohe LKW-Mauttarife im EU-Vergleich. Bevor die Belastung des Güterverkehrs auf das niederrangige Straßennetz ausgedehnt wird, bedarf es daher eines fairen Straßenbenützungsentgeltes für den Personenverkehr.
Verkehrsabgaben dienen Verbesserung der Infrastruktur Seit 2010 erbringt der LKW-Verkehr einen leistungsabhängigen Beitrag durch
die fahrleistungsabhängige Maut. Die Industrie hat diese Ökologisierung des Güterverkehrs auf der Straße jedoch mitgetragen. Denn Verkehrsabgaben dienen Erhaltung, Verbesserung und Ausbau der heimischen Infrastruktur. Davon profitieren Menschen und Unternehmen gleichermaßen. Wer aber in Verkehrsabgaben bloß ein Mittel zum Stopfen allfälliger Budgetlöcher sieht, begeht eine klare Themenverfehlung – und für eine solche wird die Industrie auch in Zukunft nicht zu haben sein. �
„Eine solche Maßnahme wäre ineffizient. Neben der Verteuerung des Transports würde sie den ländlichen Raum benachteiligen und auch nicht zu einer Verlagerung auf die Schiene oder sonstigen verkehrspolitisch positiven Effekten führen.“ Peter Koren, Vize-Generalsekretär der Industriellenvereinigung (IV) und Bereichsleiter Ressourcen & Infrastruktur/Innovation & Technologie
Konferenz
Talente in Bewegung VERANSTALTUNG Migration, Begabung, Potenzial – diese drei Begriffe standen heuer im Zentrum der internationalen ECHA-Konferenz. Denn im Rahmen der aktuellen Flüchtlingsbewegung kann Europa von zugewanderten Talenten profitieren, die richtige Förderung vorausgesetzt.
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Chancengerechtigkeit als Türöffner Begabungen und Hochbegabung sind über alle kulturellen, ethnischen, religiösen und sozioökonomischen Gruppen gleich verteilt. Kinder, Jugendliche und Erwachsene, unabhängig von ihrer Herkunft, bedürfen daher in Bildung sowie Ausbildung, in der Arbeitswelt und in der Gesellschaft einer adäquaten Förderung ihrer Begabungen. Damit die vielfältigen Talente zur Entfaltung kommen können, muss daher jeder die gleiche Chance erhalten, sie zu entdecken, zu erforschen und für sich nutzen zu können. Chancengerechtigkeit ist dementsprechend ein unverzichtbarer Türöffner, wenn Potenziale nicht sinnlos vergeudet werden sollen.
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Talente und Begabungen von Migranten erkennen, fördern und nutzbar machen – das zentrale Thema des Kamingesprächs bei der ECHA-Konferenz 2016
Innovation durch Vielfalt Kulturelle, ethnische, religiöse und sprachliche Vielfalt wird als gesellschaftlicher und bildungsrelevanter Mehrwert begriffen, der Integration und Wachstum fördert sowie die Innovationskraft Europas stärkt. Im Zuge der Konferenz entstand diesbezüglich ein interdisziplinärer Dialog mit namhaften Vertretern der Migrations- und Begabungsforschung. Neben Psychologe Robert Sternberg sowie den Universitätsprofessoren Clemens Sedmak und Heinz Fassmann waren auch Caritas-Präsident Michael Landau und IV-Präsident Georg Kapsch vertreten. In einem Kamingespräch wurde unter anderem diskutiert, wie Flüchtlinge ihre Talente gezielt einbringen können.
Industriellenvereinigung (IV) wiederholt gefordert worden. Menschen, die nach Österreich kommen, böten sich dann die besten Chancen, wenn möglichst sofort erkannt wird, wo deren Fähigkeiten und Begabungen liegen. Nur dann sei eine gezielte Förderung möglich. Einig war man sich auch über den hohen Stellenwert von Kenntnissen der deutschen Sprache. Als unverzichtbarer Schlüssel für eine rasche Integration in Gesellschaft und Arbeitsmarkt ist und bleibt deren zügige Vermittlung eine zentrale Herausforderung für die kommenden Jahre. �
Kompetenzchecks entscheidend Der Fokus des einstündigen Gespräches unter der Moderation von Alexandra Föderl-Schmid, Chefredakteurin der Tageszeitung „Der Standard“, lag bei der frühzeitigen Kompetenzfeststellung. Deren rasche und flächendeckende Umsetzung war unter anderem auch von Seiten der
INFORMATION Alexandra Schöngrundner a.schoengrundner@iv-net.at
Web-Tipp:
www.echa2016.info
Foto: TIBI Institute, Vienna, Austria
egabungen sind vielfach ein seltenes Gut, welches langfristig zu den wertvollsten Ressourcen für Gesellschaft und Wirtschaftsstandort zählt. Umso mehr ist deren frühzeitiges Erkennen sowie das Setzen gezielter Förderimpulse entscheidend. „Talents in Motion. Begabungsförderung und Migration – gestern, heute, morgen“ war daher der ganz bewusst gewählte Titel der 15. internationalen Konferenz des „European Council for High Ability“ (ECHA), die vom 2. bis 5. März 2016 in Wien und Krems stattfand. Denn gerade die derzeitige Migrationsbewegung birgt neben vielen Herausforderungen auch zahlreiche Chancen. Im wahrsten Sinne des Wortes machen sich mit den Migranten nämlich auch Begabungen und Talente auf den Weg nach Europa. Dieses Potenzial gilt es als Chance zu erkennen und für die Gesellschaft nutzbar zu machen. Dafür die richtigen Impulse zu setzen und Begegnung zu ermöglichen, war daher das Ziel des interkulturellen Austausches der Konferenz.
Gratulation an die Absolventinnen ZUKUNFT.FRAUEN 9 Am 29. Februar 2016 lud das BMWFW gemeinsam mit der IV und der WKÖ zur feierlichen Abschlussveranstaltung und Diplomverleihung des 9. Durchgangs des Führungskräfteprogramms.
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n acht Modulen wurde den Teilnehmerinnen während der vergangenen Monate fachliches Know-how zu Themen wie Unternehmensführung, Personalmanagement oder Aufsichtsratstätigkeit näher gebracht. Das Programm bietet zudem durch abendliche Kamingespräche eine wertvolle Plattform des Austausches und der Vernetzung. Ziel des Programms ist es, mehr Frauen in Management- und Aufsichtsratspositionen zu etablieren und österreichische Unternehmen für dieses Thema zu sensibilisieren. Das erfolgreiche Führungsprogramm blickt mittlerweile auf genau
200 Absolventinnen aus neun Lehrgängen zurück und kann somit eine mehr als erfreuliche Bilanz aufweisen. Christoph Neumayer, Generalsekretär der Industriellenvereinigung, meinte bei der Abschlussveranstaltung: „Gerade für Unternehmen der Industrie, in denen der Frauenanteil in Führungspositionen bisher noch recht niedrig ist, sind Frauen ein äußerst wichtiges Potenzial der Zukunft. Es gilt daher, Frauen für technische und naturwissenschaftliche Schlüsselpositionen zu gewinnen und auf ihrem Weg in Aufsichtsratsund Vorstandspositionen zu stärken und zu fördern. Unser Führungskräftepro-
gramm ,Zukunft.Frauen‘ setzt genau dort an. Wir freuen uns, dass wir heuer mit dem zehnten Durchgang bereits ein Jubiläum feiern können.“ �
INFORMATION Die Bewerbungsfrist für den im September startenden 11. Durchgang läuft noch bis 30. Mai 2016. Mehr Informationen sowie Link zur Aufsichtsrätinnendatenbank: www.zukunft-frauen.at
Kontakt
Melanie Eckl-Kerber m.eckl-kerber@iv-net.at
Netzwerken nach Abschluss von Zukunft.Frauen ERFOLG Auf Initiative einiger engagierter Absolventinnen des Führungskräfteprogrammes Zukunft.Frauen wurde im Jahr 2013 der “Zukunft.Frauen Alumnae Club” gegründet. Der Verein hat bereits mehr als 150 Mitglieder.
Fotos: Zukunft.Frauen, AT Kearney
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er Zukunft.Frauen Alumnae Club hat sich zum Ziel gesetzt, weiblichen Top-Führungskräften eine Plattform zu bieten, auf der sie sich sowohl intern als auch extern mit Persönlichkeiten aus Wirtschaft, Politik und Kultur vernetzen können und wo gleichzeitig ein Empowerment und ein Knowledge-Transfer stattfinden kann. Der Alumnae Club lädt seine Mitglieder in der Regel alle vier bis sechs Wochen zu einer Abendveranstaltung. Im Anschluss an eine Keynote eines/r hochrangingen Vortragenden oder an eine kulturelle Veranstaltung bittet der Vorstand des Vereines zum gemütlichen Austausch. Zusätzlich organisiert der Alumnae Club heuer schon seine zweite Clubreise, die die Mitglieder im V.l.n.r.: Ingeborg Bauer-Kunst, Manuela Lindlbauer, Gerlinde Layr-Gizycki, Karin Schmidt-Mitscher, Beatrice Schobesberger, Karin Meier-Martetschläger
Mai nach Barcelona führen wird. Sowohl die Zusammenarbeit mit den Trägerorganisationen von Zukunft.Frauen (Industriellenvereinigung, Wirtschaftskammer und Wirtschaftsministerium) als auch Kooperationen mit gleichgesinnten Vereinen stellen einen wichtigen Schritt in Richtung eines österreichweiten Netzwerkes von und für Top-Managerinnen und Unter-
nehmerinnen dar. Unter den Mitgliedern des Zukunft.Frauen Alumnae Clubs befinden sich zahlreiche Frauen, die eine Position in der ersten Führungsebene renommierter Unternehmen sowie Mandate in Aufsichtsräten innehaben. Wer Frauen sucht, die bereit sind, in der ersten Reihe zu stehen, der findet sie hier. Infos unter: zf-alumnae@gmx.at. �
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Dienstleistungsfreiheit innerhalb der EU keinesfalls schwächen BÜROKRATIE Am 8. März hat die Europäische Kommission einen Entwurf für strengere Vorschriften über die Entsendung von Arbeitskräften vorgelegt. IV bewertet geplante Einschränkungen der Dienstleistungsfreiheit kritisch.
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Bürokratie und Belastungen schaffen keine Jobs Österreich hat mit dem nationalen Lohn- und Sozialdumpingbekämpfungsgesetz bereits ein sehr hohes Schutzniveau für entsandte Arbeitnehmer. Aus Sicht der IV sind Probleme bei der grenzüberschreitenden Entsendung daher nicht auf inhaltliche Defizite der Entsenderichtlinie zurückzuführen. Stattdessen liegen sie an einer mangelhaften Durchsetzung bestehender Regeln, z.B. durch Unzulänglichkeiten in der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit nationaler Behörden. Genau deshalb wurde erst im Mai vergangenen Jahres die Durchsetzungsrichtlinie zur Entsenderichtlinie vom 15. Mai 2014 verabschiedet. Deren Umsetzungsfrist läuft noch bis zum 18. Juni 2016. Mit einer Richtlinienrevision zum jetzigen Zeitpunkt ist die Implementierung der Durchsetzungsrichtlinie gefährdet. Es droht neue Rechtsunsicherheit für Unternehmen. „Bevor wir uns also Gedanken über Verschärfungen und damit
über noch mehr lähmende Bürokratie für Unternehmen machen, muss das vorrangige Ziel die korrekte Durchsetzung der existierenden Bestimmungen in den Mitgliedstaaten sein – alles andere wäre absolut kontraproduktiv“, so Christoph Neumayer. Auch BUSINESSEUROPE teilt diese Bedenken und warnte daher bereits mehrfach und nachdrücklich vor einer Überarbeitung der Entsenderichtlinie zum aktuellen Zeitpunkt. Denn gerade jetzt ist noch mehr Bürokratie für Europas und Österreichs Wirtschaft mehr als entbehrlich. �
KONTAKT Julia Enzelsberger (IV-Bund) j.enzelsberger@iv-net.at Evangelia Pipergia (IV-Brüssel) e.pipergia@iv-net.at
Foto: istockphoto.com/gremlin
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er europäische Binnenmarkt bietet einen dynamischen Rahmen für die länderübergreifende Erbringung von Dienstleistungen. Das veranlasst eine ständig wachsende Zahl von Unternehmen, Arbeitskräfte für eine zeitlich begrenzte Arbeitsleistung in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats zu entsenden, der nicht der Staat ist, in dem diese normalerweise beschäftigt werden. Zwischen 2010 und 2014 ist die Anzahl der Entsendungen um fast 45 Prozent gestiegen. Im Jahr 2014 wurden etwa 1,9 Mio. europäische Arbeitskräfte in andere Mitgliedstaaten entsandt. Mit dem neuen Vorschlag wird angestrebt das Prinzip „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit am gleichen Arbeitsort“ EU-weit verpflichtend zu verankern, eine Festsetzung einer Maximaldauer für Entsendungen festzulegen und Regelungen für Untervergabeketten vorzusehen sowie Leiharbeitskräfte besser zu schützen. Was zunächst sinnvoll klingt, hat jedoch Schattenseiten.
Bücher
Marcel Koller – Die Kunst des Siegens Wie Marcel Koller die Nationalmannschaft in ein erfolgreiches Team verwandelte; wie er Menschen formt, führt und stark macht. Das Buch begibt sich auf eine Zeitreise zu den Orten, die das Leben und Denken des populärsten Schweizer Österreichers prägten, und versteht sich auch als Handbuch für richtiges und erfolgsorientiertes Führen weit über den Sport hinaus – hin zu modernem Management als Bestandteil eines erfolgreichen Wirtschaftsstandortes. Die Biographie enthält exklusive Würdigungen von Gerhard Roth, Heinz Fischer, Lukas Podolski und Clemens Hellsberg. Hubert Patterer, Kleine Zeitung Edition, 304 Seiten, 24,80 Euro
Marcel Koller – Die Kunst des Siegens
Ungleichheit. Warum wir nicht alle gleich viel haben müssen
Harry G. Frankfurt, Suhrkamp Verlag, 107 Seiten, 10,30 Euro
Hinter der gesellschaftspolitisch weit verbreiteten Debatte um ökonomische Ungleichheit steht – neben Neid – die Ideologie des Egalitarismus, die in ihrer ökonomischen Variante auf eine einfache Formel hinausläuft: Je gleicher eine Gesellschaft ist, desto moralisch gerechter ist sie auch. Der amerikanische Moralphilosoph Harry G. Frankfurt, Emeritus der Princeton University, unterzieht in seinem neuen Essay „Ungleichheit. Warum wir nicht alle gleich viel haben müssen“ das moralische Ideal der ökonomischen Gleichheit einer Fundamentalkritik. „Ökonomische Gleichheit ist als solche von keiner besonderen moralischen Bedeutung; aus demselben Grund ist ökonomische Ungleichheit nicht an sich moralisch anstößig. Aus moralischer Perspektive ist es nicht wichtig, dass jeder dasselbe hat. Was moralisch zählt, ist, dass jeder genug hat“, so der Philosoph in seiner Streitschrift gegen den ökonomischen Egalitarismus. Ungleichheit. Warum wir nicht alle gleich viel haben müssen
Wir sind hier. 45 Jugendliche. 45 Geschichten. 45 Orte in Wien. Das Buch porträtiert junge Menschen an Orten, die für sie eine besondere Bedeutung haben, und erzählt so auch die Geschichte einer Großstadt der Gegenwart. Die Jugendlichen sind in Wien geboren oder erst seit einem Jahr hier. Sie wohnen in verschiedenen Bezirken, gehen auf verschiedene Schulen, sprechen unterschiedliche Sprachen, haben unterschiedlichste Interessen und Träume. Sie haben eines gemeinsam: Sie sind Wiener und sie werden vom START-Stipendienprogramm für engagierte Schüler mit Migrationsgeschichte auf ihrem Weg zum Schulabschluss gefördert. „Wo kommst du her?“, fragt man – nicht: „Wo fühlst du dich wohl?“ Man fragt nicht nach der Gegenwart, man fragt nach der Vergangenheit. Nach einer Vergangenheit, auf die man keinen Einfluss hatte. Man fragt nicht, was man will. Man fragt nicht, wie man sich fühlt. Man fragt nicht nach der Person ... Wir sind hier. 45 Jugendliche. 45 Geschichten. 45 Orte in Wien.
Katrin Triebswetter, Luna Al-Mousli, Marie-Christine Gollner-Schmid, Verlag Mandelbaum, 160 Seiten, 19,90 Euro
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Vorarlberg
Reformstillstand bei Pensionen beenden Der gescheiterte Pensionsgipfel ist ein weiterer Beleg dafür, dass die Bundesregierung selbst offenkundige Probleme nicht lösen kann. Die Staatszuschüsse zum Pensionssystem erhöhen sich beinahe jährlich und man muss kein Experte sein, um zu erkennen, dass sich das auf Dauer nicht ausgehen kann.
Notwendige Reformen dürfen deshalb nicht weiter
von den Betroffenen selbst und nicht mit öffentlichen
zu Lasten der jüngeren Generation gehen, denn
Geldern finanziert werden. Eine weitere Baustelle
die ist bereits übermäßig belastet. Frauen werden
sind die Landeslehrer, denn zwischen 2008 und
besonders drastische Einschnitte verkraften müs-
2013 haben lediglich drei Landeslehrer ihre Pension
sen, da ihr Pensionsantrittsalter erst 2033 an jenes
mit dem gesetzlichen Pensionsantrittsalter ange-
der Männer vollständig angeglichen sein wird. Eine
treten. Das entspricht einem Anteil von 0,7 Prozent
vorzeitige Anhebung des Frauenpensionsantrittsal-
aller pensionierten Landeslehrer. Wäre es nicht ein
Eine von der Jungen Industrie in Auftrag gege-
ters ist deshalb eine wichtige Maßnahme gegen die
so ernstes Thema, hätte man die drei betreffenden
bene Studie von EcoAustria belegt die derzeit
Altersarmut und darf nicht länger auf die lange Bank
Lehrer schon längst für das Verdienstzeichen des
generationenübergreifende Schieflage: Wer in den
geschoben werden.
Landes Vorarlberg vorschlagen sollen.
Siebziger- und Achtzigerjahren geboren wurde, eine durchschnittliche Erwerbskarriere hinter sich
Aber auch Vorarlberg ist keine Insel der Seligen,
hat und in Regelpension geht, bekommt im Ruhe-
wenn es um Auswüchse des Pensionssystems geht.
stand hunderte Euro weniger pro Monat als ein in
Im Zuge der geringfügigen Einschränkung von Son-
den Fünfzigern geborener Pensionist. Hauptgrund
derpensionen wurde 2014 beispielsweise bekannt,
für das Absinken der Pensionsansprüche ist die
dass 240 Landespolitiker, Beamte und Mitarbeiter
Lebensdurchrechnung, mit der seit 2003 nicht nur
von Landesgesellschaften eine Pension von über
die besten Jahre, sondern alle Beitragsjahre zur Be-
4.521 Euro beziehen. Hier schlage ich weitere An-
Andreas Karg,
rechnung der Pensionshöhe herangezogen werden.
passungen vor, denn hohe Zusatzpensionen sollten
Vorsitzender der Jungen Industrie Vorarlberg
Ihr
Startups – „Just do it“ oder „Ich bin doch nicht blöd“?
Industrie auch für Startups interessant Klassische Startup-Modelle, wie sie in London oder Berlin zu finden seien, könne man nur schwer auf Vorarlberg übertragen, erklärte der Entrepreneur den Gästen.
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Es gelte, sich genau zu überlegen, was in Vorarlberg überhaupt funktioniere. „Die Industrie ist in Vorarlberg sehr stark vertreten und funktioniert oftmals in nicht-digitalen Segmenten. Die beste Möglichkeit für ein heimisches Startup ist es also, genau in diesem nicht-digitalen Bereich tätig zu werden“, rät Breidenbrücker den Teilnehmern. Dann könne man heimische Industriebetriebe als Kunden gewinnen oder im besten Fall mit ihnen zusammen ein innovatives Produkt entwickeln.
Finanzierung oftmals ein Problem Einig waren sich viele Gäste des Mittagsstammtisches, dass die Finanzierung heimischer Startups oftmals ein Problem darstelle, da klassische Bewertungsmethoden den wirklichen Wert eines digitalen Newcomers nur schwer abbilden können. Zudem sei die heimische Risikokapitalgeber-Landschaft äußerst
Michael Breidenbrücker im Gespräch mit der Jungen Industrie
überschaubar. Nicht ohne Grund fordert die Industriellenvereinigung Vorarlberg deshalb in ihrer kürzlich präsentierten Strategie für ein wettbewerbsfähiges, lebenswertes Vorarlberg eine Aktivierung des privaten Beteiligungsmarktes in der Region und regt auch beispielsweise Garantieübernahmen bei Unternehmensgründungen in Zukunftsindustrien an. �
Fotos: Junge Industrie
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as provokante Motto des JI-Mittagsstammtisches und natürlich Stammtisch-Gast Michael Breidenbrücker lockten zahlreiche JI-Mitglieder am 25. Februar ins Dornbirner Gemsle. Breidenbrücker war Mitbegründer und langjähriger Geschäftsführer von last.fm, einer sozialen Musiksoftware, die schlussendlich um 280 Millionen Dollar verkauft wurde. Aus dieser spannenden Zeit in London berichtete der Bregenzerwälder ebenso wie von seiner Arbeit beim Venture Capital Fond „Speedinvest“ und beim in Dornbirn beheimateten „Speed Start Studio“, eine von ihm mitbegründete Company Building-Plattform.
Vorarlberg
Schüler überzeugen bei Fremdsprachenwettbewerb OPEN YOUR MIND IV-Vorarlberg unterstützt wichtigen Wettbewerb zur Förderung von Schlüsselqualifikationen.
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ehr als 80 Schüler aus 19 höheren Schulen haben Ende Februar und Anfang März an den Fremdsprachenwettbewerben in Englisch, Französisch, Spanisch, Italienisch und Russisch teilgenommen. Freie Reden und Diskussionsrunden zu aktuellen Themen aus Kultur, Gesellschaft und Wirtschaft sowie spontane Rollenspiele forderten beim Wettbewerb von den Teilnehmern sowohl höchste sprachliche als auch kommunikative und interkultu-
relle Kompetenz. Dabei mussten sich die jungen Sprachtalente einer Expertenjury bestehend aus Lehrpersonen und Native Speakers stellen. Beurteilt wurden gleichermaßen Sprache, Inhalt und Sozialkompetenz. Die Erstplatzierten werden Vorarlberg beim Bundesfinale in Linz vertreten.
IV-Vorarlberg unterstützt Wettbewerb Die Industriellenvereinigung Vorarlberg unterstützt den jährlich stattfindenden Wettbewerb regelmäßig und sponserte heuer die beiden Hauptpreise in der
Kategorie Englisch für die AHS- und BHS-Schulen. „Die IV-Vorarlberg setzt sich sehr für einen Ausbau der Sprachkompetenzen, insbesondere Englisch, in den Schulen ein. Mehr Internationalität an den Schulen bereitet die Schüler besser auf das Arbeitsleben vor und wird von den Arbeitgebern stark nachgefragt. Deshalb unterstützen wir gerne diesen Wettbewerb und insbesondere die teilnehmenden Schüler, die tolle Leistungen erbracht haben“, begründet IV-Vorarlberg-Geschäftsführer Burtscher die Unterstützung. �
VALUE DAY AWARD an der FHV vergeben
Foto: Alexandra Serra
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ereits zum sechsten Mal fand Mitte März – in enger Kooperation mit der IV-Vorarlberg – an der FH Vorarlberg der VALUE DAY statt. Die überregionale Wirtschaftstagung widmete sich heuer dem Thema Führung. Einer der Schwerpunkte war auch heuer wieder der wissenschaftliche Wettbewerb unter Absolventen verschiedener Hochschulen aus Österreich, Deutschland und Liechtenstein. Junge Betriebswirte prä-
sentierten ihre Forschungsbeiträge einer hochkarätigen Wettbewerbsjury, die anschließend die besten Arbeiten mit dem VALUE DAY AWARD auszeichnete. IV-Geschäftsführer Mathias Burtscher, war unter anderem als Jury-Mitglied vor Ort und zeigte sich beeindruckt: „Die Veranstaltung entwickelt sich von Jahr zu Jahr weiter, die Qualität spiegelt sich auch im wissenschaftlichen Anspruch der Teilnehmer wider. Der VALUE DAY fördert die
Vernetzung von Hochschulen und Studierenden der Region und wir sind als Kooperationspartner gerne dabei.“
Hochkarätige Vorträge Mit Vorträgen des Buchautors Sebastian Purps-Pardigol und Simon Gächter zum Thema Führung bot der VALUE DAY den Besuchern auch zwei hochkarätige Keynotes, die für angeregte Diskussionen sorgten. �
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Vorarlberg
VORARLBERG
Breite Front gegen flächendeckende LKW-Maut EINIGKEIT IV-Vorarlberg und WKV bekräftigen: Zusätzliche Belastungen gefährden den Wirtschaftsstandort Vorarlberg und vernichten Arbeitsplätze.
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iese unsägliche Geldbeschaffungsidee solle endgültig begraben werden, fordert WKV-Präsident Manfred Rein. Hinter dieser kruden Bürokratenidee stecke nichts weiter als der Versuch, Budgetlöcher zu stopfen. IV-Vorarlberg-Präsident Martin Ohneberg stößt ins gleiche Horn: „Wir haben bereits jetzt sehr hohe LKW-Mauttarife im EU-Vergleich. Einzelne Stimmen aus den Bundesländern, die solchen Maut-Ideen positiv gewogen sind, verstehen die angespannte Wettbewerbssituation des Wirtschaftsstandorts und heimischer Arbeitsplätze nicht.“
„Mega-Maut“ – Nein danke!
Anschlag auf die Nahversorgung
IV-Vorarlberg und WKV hatten schon letztes Jahr auf die Pläne aufmerksam gemacht und klargestellt, dass zusätzliche Belastungen den Wirtschaftsstandort Vorarlberg gefährden und Arbeitsplätze vernichten. Gerade in einer Zeit, in der um jeden Auftrag und jeden Arbeitsplatz gerungen werden muss, sind weitere Kosten kontraproduktiv und abzulehnen. Eine LKW-Maut auch auf dem niederrangigen Straßennetz würde in erster Linie nicht nur die Verkehrswirtschaft treffen, sondern auch den Handel, den Tourismus und letztendlich die Konsumenten.
Die flächendeckende Maut sei ein massiver Anschlag auf die ländlichen Regionen und die Nahversorgung. Die Wege der Nahversorgung würden sich nämlich nicht verschieben lassen. Werden die Transporte auch in entlegene Gebiete teurer, gefährde das massiv die Versorgungsstrukturen, so WKV-Präsident Rein. Auch Präsident Ohneberg unterstreicht: „Eine weitere Verteuerung des Transports trifft am Ende den Konsumenten und schadet dem Wirtschaftsstandort insgesamt. Ab sofort darf es aber nur noch um Entlastungen gehen!“ �
Rappoport durch den Tag und schaffte es, hoch komplexe Technologie verständlich zu erklären und Einsichten zu bieten, die helfen, Entscheidungen für die Zukunft zu treffen. �
„It’s all about connections“ war das Credo der Studienreise.
Industrie 4.0 goes West
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Fotos: IBM Research, Istockphoto/ DarthArt
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m Rahmen des „V-Netzwerk Intelligente Produktion“ (eine Initiative von WISTO, Land Vorarlberg, WKV und IV) organisierte die Industriellenvereinigung Vorarlberg gemeinsam mit Partnern am 3. März eine Studienreise zu IBM Research nach Rüschlikon nahe Zürich. Eine 30-köpfige Vorarlberger Delegation lernte das 1956 gegründete europäische Forschungszentrum von IBM hautnah kennen. Trends in Bezug auf Cloud Computing, Internet of Things, Cognitive Computing und Big Data wurden ebenso besprochen wie die „Watson“-Technologie und Industrie 4.0-Projekte. Als besonderes Highlight führte der bekannte IBM-Trendforscher Moshe