DAS MAGAZIN FÜR MITGLIEDER P.b.b. Verlagspostamt 1030 Wien, Zulassungsnr. 03Z034897M
November 2015
Lohnnebenkostensenkung:
DURCHGESETZT!
Gastkommentar von H.-P. Siebenhaar: Auf der Suche nach dem besseren Deutschland Seite 10
Interview mit Außenminister Sebastian Kurz Seite 13
Foto: istockphoto.com/Orla
Die große Unternehmensentlastung ist ein wichtiger Schritt. Jetzt muss das Reformtempo für weniger Bürokratie und mehr Investitionen erhöht werden.
Vorarlberg: Konjunktur: Vorarlberger Industrie warnt vor Trendumkehr Seite 23
economics corner
Trendumkehr
ENTWICKLUNG Die internationale Konjunkturdynamik schwächt sich ab, bevor der Aufschwung in Österreich angekommen ist. Immer wahrscheinlicher wird das Szenario eines gebremsten Jahresauftaktes 2016. Doch durch eine Serie mutiger Reformen ließe sich ein Stimmungsumschwung herbeiführen.
Geschäftslage in 6 Monaten 25
Ursächlich ist – neben der globalen Abschwächung – zum einen die Erosion der heimischen Wettbewerbsfähigkeit infolge unzureichender struktureller Reformfortschritte. Zum anderen wirken vertrauensschädigende fiskalpolitische Maßnahmen weiterhin nach. Diese haben zu einer hartnäckigen Investitionszurückhaltung aufgrund von Zweifeln an der Verlässlichkeit der Rahmenbedingungen am Standort Österreich geführt, was nicht nur einen kurzfristigen Nachfrageausfall zur Folge hat. Die Investitionsschwäche beeinträchtigt auch die Innovationsdiffusion und trübt die mittel- und langfristigen Wachstumsaussichten. Die Stagnation hat begonnen, sich selbst zu nähren. Umso wichtiger ist die kürzlich akkordierte Senkung der Arbeitszusatzkosten in mehreren Etappen. Sie kann den Einstieg in eine nachhaltige Trendumkehr zugunsten einer kostenseitigen Entlastung markieren, sofern die Vorhaben den Auftakt für eine Serie weiterer Maßnahmen bilden. Kostensenkende Reformen sind notwendig, aber nicht hinreichend, um verlorengegangene Wettbewerbsfähigkeit zurückzugewinnen. Zugleich braucht es sowohl vertrauensbildende als auch potenzialerhöhende Maßnahmen, um den Standort Österreich wieder an die europäische Spitze zurückzuführen. Die Gelegenheit dafür wäre günstig. Weder lenken bevorstehende Wahlen ab noch zeichnet sich derzeit ein konjunktureller Fadenriss analog zum Jahr 2008 ab. Eine Sonderauswertung des IV-Standortbarometers „Panel 50“ zu seinem zehnjährigen Bestehen zeigt, dass analog zu früheren Episoden eine mutige Fortsetzung des Reformpfades bereits ab der zweiten Jahreshälfte 2016 positive Konjunkturimpulse erwarten ließe. �
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03/09 06/09 09/09 12/09 03/10 06/10 09/10 12/10 03/11 06/11 09/11 12/11 03/12 06/12 09/12 12/12 03/13 06/13 09/13 12/13 03/14 06/14 09/14 12/14 03/15 06/15 09/15
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Investitionsstandort wieder stärken
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Foto: IV/Prantl
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niedrigsten Wert seit dem letzten Quartal des Vorjahres. Die marginal verbesserte Einschätzung der aktuellen Geschäftslage kann den erheblichen Rückgang bei den Geschäftserwartungen nicht mehr ausgleichen. Mehrheitlich erwarten die Respondenten nunmehr sogar einen ungünstigen Geschäftsgang, sodass der betreffende Saldo aus positivem in „Eine mutige Fortsetzung des Reformpfades negatives Terrain fällt. Der Anteil ließe binnen eines der Unternehmen, halben Jahres Konjunk- die eine weitere turimpulse erwarten.“ Verbesserung des IV-Chefökonom Christian Helmenstein Geschäftsganges sehen, nimmt zwar nur geringfügig als Mittelwert aus den Beurteilungen der um zwei Prozentpunkte ab, hingegen gegenwärtigen Geschäftslage und der Ge- schnellt der Anteil jener, die mit einer schäftslage in sechs Monaten bestimmt Verschlechterung der Lage rechnen, von wird, schwenkt um und sinkt auf den sechs auf 14 Prozent hoch. as globale Konjunkturumfeld hat sich seit dem Sommer abgekühlt. Zwar verliert die Erholung in Europa dadurch an Kraft, doch hat sie Bestand. In Österreich droht hingegen ein Rückfall in die konjunkturelle Lethargie, noch bevor der Aufschwung überhaupt angekommen ist. Das IV-Konjunkturbarometer, welches
Editorial
Entlastung kommt – jetzt Schwung mitnehmen! Mehr Arbeitsplätze entstehen nicht durch mehr Belastung: Warum der wichtigen Lohnnebenkostensenkung ein Paradigmenwechsel folgen muss.
ganzen Land folgen sollte: Es muss endlich damit Schluss sein, dass Betriebe für politische Reformversäumnisse zum Handkuss kommen. Das passiert nicht nur bei der Beschäftigung Älterer, sondern auch im Gesundheitssektor.
Die nach intensiver Arbeit der Industrie nunmehr fixierte Entlastung der Betriebe
Statt gesetzlich verordneter Zwangsrabatte müssen andere Wege beschritten
bei den Lohnnebenkosten ist standortpolitisch ein wichtiger Schritt – und ein
werden. Im Regierungsprogramm ist übrigens eine Studie zur Erhebung von
dringend notwendiges Signal. Damit wurde die größte Lohnnebenkostensenkung
Effizienzpotenzialen bei den Sozialversicherungsträgern vorgesehen. Sie liegt
seit Jahrzehnten für Österreichs Unternehmen durchgesetzt. Diesen positiven
bis heute nicht vor.
Schwung sollten wir jetzt für die weiteren anstehenden Herausforderungen – Stichworte sind Bürokratieabbau und strukturelle Veränderungen in Föderalismus
In diesem Sinn: Nach der Reform ist vor der Reform. Die Lohnnebenkostensen-
oder Bildung – mitnehmen.
kung ist durch, nun muss es mit strukturellen Maßnahmen bei der Arbeitszeitflexibilisierung, im Bildungsbereich und bei den Pensionen weitergehen. Neue
An erster Stelle muss die Bekämpfung der steigenden Arbeitslosigkeit ste-
Belastungen sind ein absolutes Tabu. Nur dann werden unsere Unternehmen
hen. Diese interessiert Arbeitnehmervertreter bisher auffallend wenig. Sie
wieder nachhaltiges Vertrauen in den Standort gewinnen, investieren und
haben sich offenbar in eine Parallelwelt steigender Ansprüche an Staat und
Arbeitsplätze schaffen.
Wirtschaft zurückgezogen, die mit der realen Welt, in der sich Österreichs Unternehmen und Arbeitnehmer bewähren müssen, wenig zu tun hat. Das ist bedenklich. Denn wenn es um Wirtschaft und Arbeit in Österreich geht, sollten alle Stakeholder an einem Strang ziehen – und zwar in die gleiche Richtung. Richtung Wachstum und Beschäftigung. Dies brauchen wir umso mehr, als auch durch die Flüchtlingsbewegungen immer mehr Menschen auf den Arbeitsmarkt kommen.
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Tatsache ist: Die bereits bestehende, enorme Kosten- und Bürokratie-Belastung der österreichischen Betriebe hemmt Investitionen, untergräbt Innovationen und reduziert Wachstum und Beschäftigung. Unsere Unternehmen arbeiten am Limit. Die von uns erreichte Lohnnebenkostensenkung von rund einer Milliarde Euro ist ein entscheidender Schritt, dem nun aber ein Paradigmenwechsel im
Christoph Neumayer, Generalsekretär
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Herausgeber, Medieninhaber und Redaktion: Vereinigung der Österreichischen Industrie (Industriellenvereinigung), Schwarzenbergplatz 4, 1031 Wien, Tel.: 01/711 35-2301, Fax: 01/711 35-2313, E-Mail: positionen@iv-net.at, Homepage: www.iv-net.at, ZVR: 806801248, LIVR-N.: 00160, EU-Transparenzregister Nr.: 89093924456-06, Vereinszweck gemäß § 2 Statuten: Die Industriellenvereinigung (IV) bezweckt, in Österreich tätige industrielle und im Zusammenhang mit der Industrie stehende Unternehmen sowie deren Eigentümer und Führungskräfte in freier und demokratischer Form zusammenzufassen; ihre Interessen besonders in beruflicher, betrieblicher und wirtschaftlicher Hinsicht auf nationaler, europäischer und internationaler Ebene zu vertreten und wahrzunehmen, industrielle Entwicklungen zu fördern, Rahmenbedingungen für Bestand und Entscheidungsfreiheit des Unternehmertums zu sichern und Verständnis für Fragen der Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung zu verbreiten. Chefredaktion: Dr. Raphael Draschtak, Andrea Gabmeyer. Redaktionelle Mitarbeit: Mag. Martin Amor, Mag. Robert Albrecht, BA. Lektorat: Mag. Brigitte Mayr. Verantwortlich für den Inhalt: MMag. Mathias Burtscher, DI Dr. Joachim Haindl-Grutsch, Mag. Johannes Höhrhan-Hochmiller, Mag. Josef Lettenbichler, Dr. Claudia Mischensky, Mag. Gernot Pagger, Dr. Ingrid Puschautz-Meidl, Mag. Michaela Roither, Mag. Irene Schulte. Für den Inhalt der letzten drei Seiten zeichnet die jeweilige Landesgruppe verantwortlich. Grafik: Matthias Penz, Doris Grussmann.
Foto: IV
Druck: Ueberreuter Druckzentrum GmbH, 2100 Korneuburg. Erscheinungsort: Wien. Offenlegung nach § 25 des Mediengesetzes: iv-positionen erscheint 10x jährlich in einer Auflage von 8.300, Unternehmensgegenstand: Information zu industrie- und gesellschaftspolitischen Themen für Mitglieder der Industriellenvereinigung und Meinungsträger in Österreich. Siehe auch unter www.iv-net.at/b80 Aus Gründen der leichteren Lesbarkeit wird auf geschlechtsspezifische Endungen verzichtet. Die verwendeten Bezeichnungen beziehen sich auf beide Geschlechter gleichermaßen.
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Coverstory
Ein erster Erfolg bei den Lohnnebenkosten ENTLASTUNG Die von der Bundesregierung bei ihrem Arbeitsmarktgipfel fixierte Lohnnebenkostensenkung ist ein Erfolg der Industriellenvereinigung. Diesen Schritten in die richtige Richtung müssen weitere folgen. Investitionen und neue Arbeitsplätze in Österreich brauchen ein nachhaltig wirtschaftsfreundliches Klima.
„Es darf nicht bei der Lohnnebenkostensenkung bleiben. Wir brauchen weitere strukturelle Maßnahmen zur Wiederherstellung des Vertrauens in den Standort. Das ist der einzig nachhaltige Weg, damit unsere Unternehmen durch mehr Investitionen wieder mehr Arbeitsplätze für Österreich schaffen können.“ IV-Präsident Georg Kapsch
eine enorm wichtige Maßnahme. Damit hat die Industriellenvereinigung die größte Lohnnebenkostensenkung seit Jahr-
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zehnten für Österreichs Unternehmen durchgesetzt“, bilanziert IV-Präsident Georg Kapsch. So werden von 2016 bis 2018 die Dienstgeberbeiträge zum Insolvenz-Entgeltsicherungsfonds sowie zum Familienlastenausgleichsfonds gesenkt (sh. Kasten). „Dies ist ein erster konkreter Beschluss, mit dem verloren gegangenes Vertrauen von Investoren und Unternehmen in die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen am Standort Österreich teilweise wieder zurückgewonnen werden kann“, so Kapsch.
Senkung war dringend notwendig Dass die Senkung der Lohnnebenkosten mehr als überfällig war, zeigt der internationale Vergleich: Die heimischen Lohnnebenkosten liegen mit 49,4 Prozent weit über dem OECD-Durchschnitt von 36 Prozent. Die Arbeitskosten in Österreich sind zwischen 2008 und 2014 um enorme 21 Prozent gestiegen. Österreich hat die zweithöchste Arbeitszusatzkostenbelastung in der Sachgütererzeugung weltweit. Das ist eine massive Gefährdung für die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie, die nun deutlich entschärft wird. IV-Generalsekretär Christoph Neumayer: „Die Unternehmen erhalten mit der durchge-
Foto: IV-OÖ/Krügl
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u viel staatliche Bürokratie, zu wenig politischer Reformwille, schlechte Stimmung der Wirtschaft: Auf diese Herausforderungen für den Standort hatte die Bundesregierung beim Arbeitsmarktgipfel am 30. Oktober zumindest teilweise gute Antworten. Wichtigster Erfolg der Industrie: Die geforderte Lohnnebenkostensenkung ist unter Dach und Fach. „Die Entlastung der Betriebe bei den Lohnnebenkosten von fast einer Milliarde Euro pro Jahr ab 2018 ist standortpolitisch
Coverstory
setzten Lohnnebenkostensenkung eine klare, rechtlich verbindliche Perspektive der stufenweisen Lohnnebenkostensenkung für die nächsten Jahre. Das ist ein wesentliches Signal.“
Foto: dieindustrie.at/Mathias Kniepeiss
Konkrete Konjunkturimpulse Positiv sieht die Industrie auch das Wohnbaupaket: Experten schätzen, dass durch die Investitions- und Nachfrageeffekte eine Erhöhung des jährlichen BIP um 1,3 Mrd. Euro oder 0,4 Prozentpunkte zu erwarten ist. Wichtig für den Standort ist zudem, dass Österreichs Elektrizitätsinfrastruktur rascher als bisher ausgebaut werden kann: Durch eine unbürokratische Verfahrensbeschleunigung wird das Aufrüsten von 220 kV- auf 380 kV-Stromleitungen erleichtert. „Das macht den Netzausbau im Vergleich zu einem Neubau um bis zu 60 Prozent günstiger und beschleunigt die Umsetzung der von den Netzbetreibern geplanten Investitionen“, so Neumayer. Das Investitionsvolumen liegt bei bis zu 700 Mio. Euro.
Restriktionen sind falscher Weg So positiv diese Maßnahmen für den Standort sind, so kritisch sind die beim Arbeitsmarktgipfel beschlossenen Vor-
haben in den Bereichen Arbeitsmarkt und Arbeitsrecht. So will die Regierung mit Stichtag 31.10.2017 die bekanntlich sehr ambitionierte Zielsetzung im Regierungsprogramm für Beschäftigungsquoten Älterer überprüfen. Unternehmen, die bei der Beschäftigung Älterer über ihrem Branchenvergleich liegen, sollen ab 1.1.2018 eine zusätzliche Senkung der Lohnnebenkosten in Höhe von 0,1 Prozentpunkten des FLAF erhalten. Unternehmen, die unter dem Branchenvergleich liegen, müssen bei Beendigung von Dienstverhältnissen die Auflösungsabgabe in doppelter Höhe leisten. Das sind 236 Euro statt 118 Euro wie bisher.
„Wir lehnen Beschäftigungsquoten für Ältere klar ab. Die Beschäftigungsquote Älterer liegt eben nicht in der Alleinverantwortung der Wirtschaft, sondern hängt von zahlreichen Faktoren wie dem Pensionssystem, dem Senioritätsprinzip sowie Weiterbildungsaspekten ab. Die Unternehmen hierbei nun allein in die Pflicht zu nehmen, ist eine grobe Vereinfachung und sachlich durch nichts zu rechtfertigen“, kritisiert IV-Präsident Kapsch.
Verpasste Flexibilisierungs-Chance IV-Kritik gibt es auch hinsichtlich der Änderungen bei den Arbeitsvertragsklauseln. IV-Generalsekretär Neumayer: „So
FACTBOX IV-Erfolg auf einen Blick: Größte Lohnnebenkostensenkung seit Jahrzehnten In Summe werden die Lohnnebenkosten stufenweise bis 2018 um rund eine Milliarde Euro pro Jahr gesenkt. Stufe 1: Senkung des IESG-Beitrags um 0,1 Prozentpunkte ab 1.1.2016 (90 Mio. Euro pro Jahr) Stufe 2: Senkung des FLAF-Beitragssatzes ab 1.1.2017 um 0,4 Prozentpunkte (520 Mio. Euro pro Jahr) und ab 1.1.2018 um weitere 0,2 Prozentpunkte (in Summe 790 Mio. Euro pro Jahr) Stufe 3: Weitere Senkung um 0,1 Prozentpunkte ab 1.1.2018 im Rahmen der Beschäftigungsquoten für Ältere (bis zu 920 Mio. Euro pro Jahr)
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„Die Unternehmen erhalten mit der durchgesetzten Lohnnebenkostensenkung eine klare, rechtlich verbindliche Perspektive der stufenweisen Lohnnebenkostensenkung für die nächsten Jahre. Das ist ein wesentliches Signal.“ IV-Generalsekretär Christoph Neumayer
des Arbeitsrechts werden weitere Restriktionen eingeführt. Anstatt mehr Flexibilität für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie für die Unternehmer zu erreichen, sollen Maßnahmen kommen, die man eher als De-Flexibilisierung bezeichnen könnte. Der heimischen Wettbewerbsfähigkeit ist das alles andere als zuträglich“, kritisiert IV-Präsident Kapsch.
Akuter Handlungsbedarf Die Ergebnisse des Arbeitsmarktgipfels sind für die Politik jedenfalls kein
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Grund, sich zurückzulehnen. Relevante Investitionen und neue Arbeitsplätze in Österreich entstehen nicht durch punktuelle Maßnahmen, sondern brauchen ein nachhaltig wirtschaftsfreundliches Klima. Wie akut der Handlungsbedarf ist, unterstreicht die aktuelle IV-Konjunkturprognose. Sie zeigt klar, dass Österreich ein fünftes Jahr der Stagnation und damit keine Entspannung am Arbeitsmarkt bevorsteht. „Österreich droht der Rückfall in die konjunkturelle Lethargie“, bringt IV-Generalsekretär Neumayer das Problem auf den Punkt. Gemessen am OECD-Durchschnitt klafft eine immer größere Lücke zwischen der Dynamik in Österreich und jener in den Vergleichsländern. „Unzureichende strukturelle Reformfortschritte tragen nach wie vor zur Erosion der heimischen Wettbewerbsfähigkeit bei. Und auch vertrauensschädigende fiskalpolitische Maßnahmen wirken noch nach. Diese haben zu einer hartnäckigen Investitionszurückhaltung aufgrund von Zweifeln an der Verlässlichkeit des Standortes Österreich geführt“, so Neumayer. Das Ergebnis: Nachfrageausfall, trübe mittel- und langfristige Wachstumsaussichten, eine Stagnation, die sich inzwischen selbst nährt. Die hausgemachte Investitionsschwäche im privaten Sektor kommt Österreich teuer zu stehen: Die OECD schätzt,
Fotos: Jenbacher, IV/Prantl
ist zwar eine begrüßenswerte Anhebung der Tageshöchstarbeitszeit auf zwölf Stunden bei der aktiven Reisezeit vorgesehen, nicht aber bei Gleitzeit – wie eigentlich im Regierungsprogramm festgeschrieben.“ Wünschenswert wären aus Sicht der IV aber weitergehende Schritte für zeitgemäße, wettbewerbsfähige Arbeitszeitregelungen gewesen. „Statt einer längst überfälligen Modernisierung
Coverstory
dass dadurch derzeit ein BIP-Verlust von sechs bis zwölf Milliarden Euro pro Jahr auftritt. Zusätzlich zur – ungelösten Strukturproblemen geschuldeten – Investitionszurückhaltung belastet die Bürokratie die heimischen Unternehmen. Neumayer: „Wir müssen weiter damit rechnen, dass Unternehmen ihre Investitionsschwerpunkte verstärkt im Ausland setzen – das ist die logische Konsequenz des Vertrauensverlustes in die Lösungskompetenz der Politik.“
Schluss mit Belastungen Entscheidend ist für den Standort natürlich auch, dass geplante Zusatzbelastungen definitiv ausbleiben. „Wir müssen endlich Arbeitsplätze in die Mitte aller unserer Bemühungen stellen. Es ist geradezu absurd, dass trotz allen Kosten- und Bürokratiedrucks auf unsere Unternehmen – die einzig und alleine at-
traktive Arbeitsplätze schaffen und halten können – noch weitere Belastungen eingefordert, ja propagiert werden“, stellt IV-Präsident Kapsch klar. In der derzeitigen gesamtwirtschaftlichen Lage sei es unzumutbar, eine Arbeitszeitverkürzung oder eine weitere Erhöhung der Lohnnebenkosten, wie z.B. einen „Überstundeneuro“, zu fordern. Tatsache ist zudem: Arbeitszeitverkürzung als vermeintliches Rezept gegen Arbeitslosigkeit ist kläglich gescheitert, wie das Beispiel Frankreich zeigt. Was etwa die Einführung der geforderten sechsten Urlaubswoche für alle für den Standort bedeutet, hat das Wirtschaftsforschungsinstitut EcoAustria berechnet: Auf Basis von 740.000 zusätzlich Anspruchsberechtigten würde eine sechste Urlaubswoche für alle bewirken, dass im Jahr 2030 die Beschäftigung um 3.750
Personen und das BIP (bezogen auf das BIP des Jahres 2014 mit rund 329 Mrd. Euro) um rund 1.6 Mrd. Euro geringer ausfällt. Die Verkürzung der effektiven Jahresarbeitszeit pro Arbeitnehmerin und Arbeitnehmer würde dazu führen, dass die gesamtwirtschaftliche Produktion fällt und Investitionen zurückgehen. Ein Szenario, das beim Blick auf den Arbeitsmarkt fatale Konsequenzen hätte. Fazit von IV-Präsident Georg Kapsch: „So sehr sich unsere Unternehmen und der Arbeitsmarkt darüber freuen können: Es darf nicht bei der Lohnnebenkostensenkung bleiben. Wir brauchen eine weitere Senkung der Lohnnebenkosten sowie der Steuern und Abgaben. Das ist der einzig nachhaltige Weg, damit unsere Unternehmen durch mehr Investitionen wieder mehr Arbeitsplätze für Österreich schaffen können.“ �
FACTBOX Lohnnebenkostensenkung Dienstgeberbeiträge 2014 – 2018
In Summe rund 1 Mrd. Euro
-1/10 UV -1/10 IESG -1/10 IESG -4/10 FLAF
-2/10 FLAF*
2014
2015
2016
2017
2018
Unternehmensbeispiele (Entlastung in Summe ab 2018) Betrieb mit 5.000 Mitarbeitern
Entlastung von 195.000 Euro pro Jahr Entlastung von 2,0 Mio. Euro pro Jahr
Das ist die größte Entlastung der Betriebe bei den Lohnnebenkosten seit Jahrzehnten. Entscheidend ist, dass dieser Trend durch weitere strukturelle Reformen fortgeführt wird. * -3/10 für Unternehmen, die bei der Beschäftigung Älterer über dem Branchenvergleich liegen (Details in Diskussion).
Quelle: : Berechnungen der IV auf Basis der Daten der LSE 2013 (Statistik Austria) sowie der Wifo-Herbstprognose 2015
Betrieb mit 500 Mitarbeitern
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Aktuell
N O V – A P EURO R U Z E I P O DER UT ? T I E K H C WIRKLI TAGUNG Die Bundestagung 2015 führte 56 JI-Mitglieder nach Brüssel. Vor Ort konnten sich die Mitglieder ein Bild davon machen, wie die EU ihre bisher größte Krise überwinden will.
W
Mehr Sachlichkeit in Brüssel Auffallend war diesbezüglich, dass durch die Bank in Brüssel über die Rolle der Mitgliedländer geklagt wurde. Die Institutionen der EU in Brüssel, ob nun die EU-Parlamentarier oder die Beamten des Rates, können noch so konstruktive Lö-
INFORMATION Alle Berichte zur JI-Bundestagung finden sich unter: www.jungeindustrie.at/b871
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sungsansätze erarbeiten – wenn die einzelnen Mitgliedländer nicht mitspielen, geht gar nichts. Hier zeigte sich auch deutlich, wie schwierig es ist, eine Union mit 28 teilweise grundverschiedenen Mitgliedländern unter einen Hut zu bringen. Die Teilnehmer wurden beispielsweise vom Vizepräsidenten der EU-Kommission, Jyrki Katainen, auf das Thema TTIP angesprochen: Nirgendwo in der EU ist die Skepsis gegenüber TTIP größer als in Österreich. In Österreich wird aber über TTIP kaum bis gar nicht diskutiert – zumindest nicht seitens der Bundesregierung. Das Thema wird dem Boulevard überlassen. Ähnliches passiert im Rahmen der Flüchtlingskrise, – hier müssten – auch diese Kritik war deutlich zu hören – die neueren Mitgliedländer auch verstehen, dass Europa eben nicht nur eine wirtschaftliche Union sein kann, sondern auch eine politische, solidarische Union sein müsste, um gemeinsame Lösungen finden zu können. Die Politik „fürchte sich“ ganz allgemein
vor den Wählern und wage es daher nicht, heiße Eisen aufzugreifen, „Überzeugungsarbeit zu leisten und Mehrheiten zu schaffen“, so etwa der lange diente EU-Parlamentarier Otmar Karas. Seiner Meinung nach sei hier jeder Einzelne gefragt, auch Organisationen wie die JI könnten hier wichtige Überzeugungsarbeit leisten.
Kein Europa ohne Europäer Wie wichtig die Verteidigung europäischer Errungenschaften aktuell ist, brachte Yenel am besten auf den Punkt: In den letzten Jahren seien alle großen Erfolge der EU – wie etwa Schengen, der Euro, der Binnenmarkt und die Erweiterung auf 28 Mitglieder – wieder in Frage gestellt worden. Europa könne an diesen Herausforderungen wachsen, aber „es fehlt das politische Leadership – wo sind die starken politischen Persönlichkeiten, die vorangehen und Europa eine Richtung geben?“ Man könnte hinzufügen: Nicht nur in der EU, sondern in ganz Europa. �
Fotos: JI, istockphoto.com/dem10
irtschaftskrise, Verschuldungskrise, die Turbulenzen des Euro, Grexit, Brexit, Flüchtlingskrise, zunehmender Nationalismus und geopolitische Unsicherheit in den benachbarten Regionen – das Projekt des gemeinsamen Europa stand selten so unter Druck wie derzeit. Die Teilnehmer der JI-Bundestagung nahmen eine Vielzahl neuer Eindrücke und Informationen mit – vieles davon stimmte mit Blick auf die Zukunft der EU aber vor allem nachdenklich. Denn einerseits betonten viele (unter ihnen etwa auch der Generaldirektor von BUSINESSEUROPE, Markus Beyrer, sowie der türkische Botschafter bei der EU, Selim Yenel), dass Europa in der Vergangenheit gerade an Herausforderungen gewachsen sei. Demgegenüber skizzierte etwa Fabian Zuleeg, Direktor des European Policy Centers, die geradezu apokalyptische Zukunftsperspektive einer zerbröckelnden europäischen Gemeinschaft.
Junge Industrie
Fragiles Europa Die aktuelle Flüchtlingskrise ist nur der Höhepunkt einer Reihe von Herausforderungen, an denen das Projekt des gemeinsamen Europas zu scheitern droht.
Flüchtlingsproblematik wird zu Recht als zu „groß“
eigentlich recht simpel: Damit die EU besser funk-
wahrgenommen, um von einzelnen Ländern im
tionieren, schneller reagieren könnte, müssten die
Alleingang gelöst zu werden. Der Ruf nach „Brüssel“
Mitgliedstaaten ein wenig mehr ihrer Souveränität
ist aber bestenfalls scheinheilig.
nach Brüssel abgeben. Aktuell eine Forderung nach
In den vergangenen Jahren war die „Krise“ – eigent-
der Quadratur des Kreises.
lich viele Krisen in verschiedenen Bereichen – ein
Dann nämlich, wenn man einerseits der eigenen
ständiger Begleiter, eigentlich kann man das Wort
Bevölkerung erklärt, Brüssel müsse handeln, an-
Aber was wir ebenfalls in Brüssel hören konnten:
selbst schon nicht mehr hören. Die aktuelle Krise,
dererseits in Brüssel aber eben diese Handlungs-
Europa fängt mit jedem Einzelnen von uns selber
die „Flüchtlingskrise“, ist nur eine weitere Herausfor-
möglichkeiten der EU blockiert. Denn solange die
an. Wir müssen das Europa auch einfordern, das wir
derung – nach der Finanz- und Verschuldungskrise,
Mitgliedländer nicht aktiv werden, Entscheidungen
wollen – vor allem auch hier in Österreich. Es würde
dem drohenden Grexit sowie Brexit. Im Rahmen der
auf EU-Ebene mittragen und im eigenen Land
ja schon reichen, würde man seltener vergessen,
Bundestagung in Brüssel war von mehreren Seiten
umsetzen, kann die EU gar nichts tun, geschweige
dass „die da in Brüssel“ wir alle gemeinsam sind.
ein Fazit zu vernehmen: Nie sei die Solidarität unter
denn lösen. Unangenehme Entscheidungen werden
den Mitgliedstaaten kleiner gewesen als derzeit.
auch in Österreich gerne auf „die da in Brüssel“
Die Flüchtlingskrise polarisiert, bringt Ängste, neue
geschoben – reiner Populismus, immerhin ent-
Nationalismen zum Vorschein. Tatsächlich scheinen
scheidet Österreich in Brüssel mit – „die da“ sind
die Gräben innerhalb Europas so tief wie noch nie.
auch „wir da“.
Klar wurde beim Besuch in Brüssel aber auch eines:
Aktuell ist das Spiel ähnlich: Populisten verlangen
An der EU bzw. ihren Institutionen soll eine Lösung
Lösungen seitens der EU und machen derweil die
auch dieser Herausforderung nicht scheitern. Tat-
Grenzen dicht, solidarisch mögen andere sein. Wenn
sächlich rufen ja viele in Europa, vor allem auch
es aber um konkrete Maßnahmen der EU geht, dann
Therese Niss,
hierzulande, nach einer Lösung durch die EU. Die
werden diese ebenfalls blockiert. Das Problem ist
Bundesvorsitzende der Jungen Industrie
Herzlichst Eure
„Digitale Revolution“ in der Bankenwelt
I
m Kamingespräch der Jungen Industrie NÖ/Bgld. diskutierte Vorstandsmitglied Christoph Kurtz mit Unicredit Bank Austria-CEO Willibald Cernko über die Zukunft in der Bankenwelt.
Vorsitzteam neu gewählt
Fotos: JI
A
m 11. November fand die Neuwahl des Vorsitzteams der JI statt. Therese Niss wurde einstimmig für weitere drei Jahre als Bundesvorsitzende bestätigt. Als ihre Stellvertreter fungieren Nikolaus Griller (JI-Wien, links im Bild) und Andreas Wimmer (JI-Salzburg, rechts im Bild). Alle Details unter: www.jungeindustrie.at/b920 �
V.l.n.r.: Christoph Kurtz diskutierte mit Willibald Cernko über die Zukunft der Bankenbranche.
Der Topbanker sieht eine „digitale Revolution“ auf die Finanzinstitute zukommen, bei der die Geschäftsmodelle radikal neu zu denken sind. Wenig Verständnis zeigt er für den mangelnden Reformgeist in der österreichischen Politik und die Stigmatisierung „gescheiterter“ Unternehmer. �
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Kommentar von außen
Auf der Suche nach dem besseren Deutschland Österreich muss seine Selbstgefälligkeit überwinden, um aus der ökonomischen Stagnation zu kommen. Doch Wirtschaft spielt für die Menschen nur eine Nebenrolle. Dabei hängt von ihr alles ab.
Österreich gehört zu den wenigen Ländern in
das fünfte Jahr der Stagnation. Hohe Steuern und
Europa, in dem es selbst in den Hauptnachrichten
Abgaben, gewaltige Sozialkosten, dramatische
des öffentlich-rechtlichen Rundfunks nicht einmal
Überregulierung sowie überbordende Bürokratie
eine Börsenberichterstattung gibt. Dabei spielen
ersticken das Unternehmertum. Aus der groß
ökonomische Entwicklungen und die Reaktion
angekündigten Steuerreform ist am Ende nur ein
Deutschland beneidet Österreich. Denn in der
des Wertpapierhandels für Hunderttausende von
Reförmchen geworden.
Republik ist das Lebensglück zuhause. Die Wirt-
Beschäftigten eine zentrale Rolle. Auch in den
schaft hängt durch, die Binnenkonjunktur lahmt,
Schulen nimmt das Vermitteln von wirtschaftlichen
Solange Unternehmen und Finanzwirtschaft in
die Arbeitslosigkeit steigt, die Reallöhne stagnieren
Zusammenhängen oder gar die Erziehung zu selbst-
Österreich ein so miserables öffentliches Ansehen
– überall gehen die Alarmlichter an. Und die Österrei-
verantwortlichem, unternehmerischem Handeln
genießen, wird es schwer werden, dass sich die
cher? Sie sind trotz der wirtschaftlichen Stagnation
keine oder nur eine sehr geringe Rolle ein. Das ist
politischen Eliten zu grundlegenden Veränderungen durchringen, um Österreich für den globalen
„Solange Unternehmen und Finanzwirtschaft in Österreich ein so miserables öffentliches Ansehen genießen, wird es schwer werden, dass sich die politischen Eliten zu grundlegenden Veränderungen durchringen.“ Hans-Peter Siebenhaar, Korrespondent für Österreich und Südosteuropa des „Handelsblatt“
Wettbewerb fit zu machen. Noch immer gilt ein Schreibtisch in der byzantinisch organisierten Bürokratie als höchstes Karriereziel. Krisenfest, bequem und mit zahlreichen Vergünstigungen. Wer sich hingegen für das Unternehmertum entscheidet und mit seinem ersten Start-up eine Bruchlandung hinlegt, erhält in Österreich nur schwer eine zweite Chance. Eine Kultur des Scheiterns wie in den USA gibt es hierzulande nicht. So viel Barmherzigkeit gewährt der österreichische Ständestaat jungen Internetunternehmern doch nicht.
weiter überdurchschnittlich zufrieden. Das geht aus
einer der Gründe, weshalb Österreich in der weltweit
einer Untersuchung der Statistik Austria hervor. Felix
boomenden Internetökonomie keine Rolle spielt.
Dabei braucht Österreich dringend ein neues Ge-
Austria, glückliches Österreich?
Vor Jahren noch galt Österreich als das bessere
schäftsmodell, in dem der Staat Freiräume schafft
Deutschland. Voller Bewunderung wurde dort auf
und unternehmerisches Handeln nicht behindert und
Was die Demoskopen aus ihren Fragen destilliert
die Alpenrepublik geblickt, in der sich Wirtschaft und
ökonomisches Denken fördert. Denn das Land lebt
haben, ist eine gefährliche Selbstgefälligkeit. Denn
Wohlstand scheinbar mühelos vermehrten. Seit der
zu sehr von der Vergangenheit und seiner Substanz.
die Autosuggestion reduziert das Verlangen in der
Finanzkrise 2008 reibt man sich in Deutschland die
Eine gefährliche Entwicklung.
Gesellschaft nach tiefgreifenden Veränderungen
Augen. Österreich ist umzingelt von Wachstumslän-
quasi auf null. Dabei muss Österreich dringender
dern, jedoch ohne Rückkoppelungseffekt.
denn je seine Selbstgefälligkeit überwinden, um aus
Nicht nur Deutschland legt seit Jahren
der wirtschaftlichen Lethargie mit Wachstumsraten
ordentliche Wachstumsraten hin, Tsche-
im Promillebereich zu kommen.
chien und die Slowakei brillieren sogar mit mehr als drei Prozent Wachstum.
Natürlich trägt die Große Koalition in Wien mit ihrem
Selbst Slowenien hat die selbst
mangelnden Reformwillen in Wirtschaft, Finanzen
verschuldete Bankenkrise
und Sozialpolitik die Hauptverantwortung für das
überwunden. Doch
Auf-der-Stelle-treten. Doch der geringe Verände-
in
rungseifer wird gespeist von einem irrationalen
droht
sellschaft. Ein Grund dafür ist: Wirtschaft spielt in den Köpfen der Menschen zwischen Neusiedler See und Bodensee nur eine bescheidene Nebenrolle. Dabei hängt vom ökonomischen Wohlergehen alles ab, sogar das persönliche Glück.
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Fotos: Handelsblatt, istockphoto.com/ Benguhan
Beharrungsvermögen in der österreichischen Ge-
Österreich
5 Fragen
Porträt
an
1
Warum engagieren Sie sich, neben Ihrer Tätigkeit als Unternehmerin, als Bundesvorstandsmitglied der Industriellenvereinigung? Ich halte es für die Verantwortung eines jeden Vorstandsmitgliedes, sich über die Aktivitäten des eigenen Unternehmens hinaus, für eine Stärkung des Wirtschaftsstandortes Österreich einzusetzen. Über 90 Prozent der am Standort Österreich produzierten Arzneimittel gehen in den Export in rund 100 Länder. Als Standort stehen wir in direktem Konkurrenzkampf mit den elf anderen Produktionsstandorten des Konzerns.
2
Was sind die drei wichtigsten standortpolitischen Herausforderungen für das Industrieland Österreich? Um auch weiterhin in Österreich produzieren und vor allem forschend tätig sein zu können, müssen wir in erster Linie eine Flexibilität der Rahmenbedingungen erwirken. Eine Neudefinition des Begriffs der Arbeitszeit ist notwendig. Wir müssen auch sicherstellen, dass einer unserer größten derzeitigen Vorteile – Mitarbeiter mit toller Ausbildung und hoher Arbeitsethik – erhalten bleibt. Die Ausbildung ist die wichtigste Investition für die Zukunft. Und wir müssen auch beim Kostenfaktor kompetitiv bleiben.
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Human Resources & Member of the Board, Baxalta AG
bensqualität zurückzugeben. Wir sind in einem Nischensegment der chronischen und seltenen Erkrankungen tätig. Wir kennen fast jeden unserer Patienten persönlich, da baut man Beziehungen auf und kann flexibel auf Bedürfnisse reagieren. Neben den Produkten sind sicherlich auch unsere Unternehmenswerte unser Erfolgsgarant. Wir bauen einerseits auf eine lange Tradition, sind uns der Verantwortung bewusst und denken jeden Tag über Innovation nach. Auch das Engagement für unsere Gemeinschaft ist uns wichtig. Ob das im Moment verstärkt beim Thema Flüchtlinge ist, oder das Thema Diversity, welches wir als Unternehmen schon viele Jahre aktiv betreiben.
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Wie sehen Sie die Zukunft der österreichischen Industrie und der mit ihr verbundenen Sektoren? Im Großen und Ganzen positiv. Wir haben viel zu bieten, in erster Linie tolle und gut ausgebildete Mitarbeiter, aber auch eine gute Infrastruktur, die eine stabile Produktion zulässt. Auch wenn die Sozialpartnerschaft neu definiert gehört, so ist sie dennoch in ihrer Grundidee ein Garant für ein stabiles und faires Miteinander. Wir müssen uns sehr intensiv alle gemeinsam mit der Globalisierung und der neuen volatilen Weltordnung befassen. Und wir müssen erkennen, dass die Lage der österreichischen Industrie von vielen Einflussfaktoren abhängt, und bereit sein, uns aktiv einzubringen.
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Wie gestalten Sie Ihre Freizeit? In erster Linie gehört meine Freizeit meiner Familie und meinen Freunden. Ich schätze es, Zeit mit jenen Personen zu verbringen, zu denen ich uneingeschränktes Vertrauen habe und die mich einfach als Privatperson wahrnehmen. Hier hole ich mir meine Energie zurück, denn auch mein Tag hat nur 24 Stunden. In der Zeit, die bleibt, reise ich gerne – am liebsten ans Meer und in die Sonne. Darüber hinaus genieße und wertschätze ich ein gutes Essen. �
FACTBOX Simone Oremovic ist seit 2013 bei der Firma Baxalta (vormals Baxter) beschäftigt. Seit 2014 ist sie Teil des Vorstandes und in erster Linie für die über 4.000 Mitarbeiter als HR-Verantwortliche zuständig. Darüber hinaus betreut sie alle Produktionsstandorte außerhalb der USA. Baxalta kann in Österreich eine große F&E-Abteilung, sowie Produktion und Vertrieb vorweisen. Das Unternehmen ist federführend bei Produkten in der Hämatologie, Immunologie und Onkologie. www.baxalta.at
Foto: Baxalta AG
Was macht Ihr Unternehmen erfolgreich? Der Erfolg unseres Unternehmens basiert auf mehreren Säulen, in erster Linie sind es natürlich unsere Produkte. Wir arbeiten jeden Tag daran, unseren Patienten ein besseres Leben zu ermöglichen und ihnen ein Stück Le-
Simone Oremovic
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Interview
Ukraine: „Erwarten BIP-Wachstum von bis zu 2,5 Prozent“ INTERVIEW Der ukrainische Handelsminister Aivaras Abromavičius blickt optimistisch in die Zukunft. Eine Reihe an Reformen soll dem Land zum Aufschwung verhelfen.
IV-Generalsekretär Christoph Neumayer (li.) begrüßt Minister Aivaras Abromavičius im Haus der Industrie.
Welche sind die bedeutendsten Maßnahmen in diesem Zusammenhang? Wenn es um die Reformen der vergangenen zehn Monate geht, sind vor allem die Reform des Gasmarktes, des Bankensektors und der Verkehrspolizei von besonderer Bedeutung. Auch im Bereich der öffentlichen Auftragsvergabe gibt
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es Fortschritte. In Zukunft wird der Bereich elektronisch gehandhabt, so sollen Einsparungen vorgenommen werden. Der Finanzminister bereitet derzeit eine Reform des Steuersystems vor. Beispielsweise soll die Sozialsteuer, die Firmen auf ihre Lohnsumme zahlen, um mehr als die Hälfte von 41 auf 20 Prozent reduziert werden. Des Weiteren werden wir den Privatisierungsprozess beschleunigen. Aber alle wirtschaftlichen Reformen bringen nichts, wenn die Korruption nicht bekämpft wird, weshalb natürlich hier ein Schwerpunkt liegt. Wie wichtig ist Ihrer Ansicht nach das EU-Ukraine-Freihandelsabkommen, welches mit Jänner 2016 in Kraft tritt? Das EU-Ukraine-Freihandelsabkommen ist sowohl aus wirtschaftlicher als auch aus politischer Sicht wesentlich für uns. Wir sind zuversichtlich, dass es nicht weiter nach hinten verschoben wird und dass es zu keinen Veränderungen im Text mehr kommt. Die Ukraine wird weiterhin Exporteur natürlicher Ressourcen bleiben, wie Eisen und Stahl, wahrscheinlich verändert sich aber die Zusammenset-
zung unserer Exporte – auch um einen optimalen Wert für unsere Partner darzustellen, aber das wird Zeit brauchen. Ein besonderes Augenmerk legen wir darauf, dass kleine und mittlere Unternehmen (KMU) von dieser Möglichkeit, die sich durch das Abkommen bietet, optimal profitieren und bieten in diesem Zusammenhang Trainings an. Welche Aspekte umfasst die ukrainische Handelspolitik und wie wichtig ist Freihandel Ihrer Meinung nach generell? Ich glaube an den freien Handel und daran, dass protektionistische Maßnahmen nicht funktionieren. Unternehmen müssen selbst entscheiden können, wo und wann sie was verkaufen. Diese Einstellung erwarten wir uns auch von unseren Handelspartnern. Leider sind manche Nachbarländer nie zuverlässige Handelspartner gewesen. Wir werden deshalb damit weitermachen, andere Partner zu finden. Neben der EU beispielsweise auch Afrika, Asien und den Nahen Osten. Momentan sind wir gerade dabei, ein Freihandelsabkommen mit Kanada abzuschließen. �
Foto: IV
Wie würden Sie die aktuelle wirtschaftliche Situation in der Ukraine beschreiben und welche Entwicklungen erwarten Sie sich in den kommenden Monaten? Ich denke, dass wir das Schlimmste überstanden haben. Es wurde eine Reihe an – teilweise auch unpopulären – Maßnahmen vorgenommen, wie zum Beispiel ein temporärer Einfuhrzuschlag, Kapitalverkehrskontrollen und Devisenbewirtschaftung. Durch diese Maßnahmen konnten wir eine fragile Stabilität erreichen. Im nächsten Jahr erwarten wir ein BIP-Wachstum von bis zu 2,5 Prozent. Der Wechselkurs ist seit sechs Monaten stabil und die Industrieproduktion wächst. Die Situation wird sich in den kommenden Monaten weiter verbessern – vorausgesetzt natürlich, an der Front bleibt es stabil.
Interview
Kurz: „Handelspolitik schafft Wachstum und Beschäftigung in Österreich“ GESPRÄCH Österreichs Außen- und Integrationsminister über TTIP, die Ukraine und die Bedeutung der europäischen Nachbarschaftspolitik. Zur Ukraine: Wie entwickelt sich die Stabilität im Land nach dem Minsker Abkommen? Seit Anfang September wird der Waffenstillstand endlich eingehalten und es wurden schwere Waffen von der Frontlinie zurückgezogen. Leider ist aber der Großteil des Minsker Abkommens noch nicht umgesetzt. Vor allem sind die Machthaber in Donezk und Lugansk bisher nicht bereit, freie Wahlen in den von ihnen kon„Wir müssen mit den Ländern des Westbalkans, trollierten Gebieten abhalten zu insbesondere Mazedonien und Serbien, bei der lassen. Wichtige Bewältigung der aktuellen Flüchtlingskrise noch noch ausstehende stärker zusammenarbeiten.“ Schritte sind dann Sebastian Kurz, Außen- und Integrationsminister noch der Abzug nicht-ukrainischer hohen Sozial- und Umweltstandards nicht Truppen aus dem Donbass und die Konnach unten nivelliert werden und die Ver- trolle der ukrainischen Grenze durch handlungen so transparent wie möglich ukrainische Beamte. Das Wichtigste ist jetzt aber auch angesichts des nahenden verlaufen. Winters humanitäre Hilfe. Die USA sind für Österreich, nach Deutschland und Italien, der drittwich- Mittel- bis langfristig sehen wir jedenfalls tigste Exportpartner. Besonders vorteil- große Chancen für österreichische Inveshaft für die österreichischen und europä- toren in der Ukraine – vor allem in jenen ischen Unternehmen kann eine Öffnung 85 Prozent des Landes, die nicht vom des US-Beschaffungsmarktes sein. Dieser Konflikt betroffen sind. Die Reformen, Punkt ist für uns daher in den Verhand- die die Regierung in Kiew derzeit durchführt, gehen in die richtige Richtung. lungen sehr wichtig.
Foto: BMEIA
Das transatlantische Freihandelsabkommen (TTIP) wird in Österreich äußerst kritisch betrachtet. Worin sehen Sie die größten Chancen und auf welche Verhandlungspunkte muss besonders Wert gelegt werden? TTIP stellt für ganz Europa, aber vor allem für Österreich als eines der erfolgreichsten Exportländer, eine große Chance dar. Allerdings muss die Europäische Kommission darauf achten, dass unsere
Laut einer im Auftrag des Wirtschaftsministeriums erstellten Analyse diverser TTIP-Studien, gehen diese von Wohlfahrtseffekten für die EU in der Größenordnung von 0,5 bis fünf Prozent über einen Zeitraum von zehn bis zwanzig Jahren aus. Durch die Abschaffung noch immer bestehender Zölle und den Abbau weiterer Handelshemmnisse würde es österreichischen und europäischen Unternehmen erleichtert, am großen US-Markt erfolgreich zu sein.
Wie sehen Sie aktuell die europäische Perspektive der Kandidatenländer am Westbalkan? Die Aufnahme der Staaten des Westbalkans liegt in unserem ureigensten Interesse, auch aufgrund der engen historischen, wirtschaftlichen und menschlichen Verbundenheit mit diesen Ländern. Dennoch ist jeder EU-Beitritt an strenge Bedingungen geknüpft, die von den jeweiligen Kandidatenländern vollständig erfüllt werden müssen. Der Wie-
ner Westbalkan-Gipfel letzten August hat gezeigt, dass dieser Prozess bereits erste Resultate bringt, insbesondere was die grenzüberschreitende Zusammenarbeit im Infrastrukturbereich betrifft oder die Beilegung bilateraler Streitigkeiten über den Grenzverlauf. Und es wurde mehr Bewusstsein dafür geschaffen, dass wir mit den Ländern des Westbalkans, insbesondere Mazedonien und Serbien, bei der Bewältigung der aktuellen Flüchtlingskrise noch stärker zusammenarbeiten müssen. �
INFORMATION Lesen Sie das ganze Interview unter
www.iv-net.at/b3768
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Bildung
Wissenschaft traf Wirtschaft im Haus der Industrie ERFOLGSREZEPT Am 20. Oktober 2015 lud die IV erstmals zu einer Veranstaltung zum Thema Kooperationen Wissenschaft – Wirtschaft ein.
N
amhafte Vertreterinnen und Vertreter aus Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und Industrie diskutierten unter dem Titel „Wissenschaft trifft Wirtschaft: Dialog – Kooperation – Innovation“ Erfolgsfaktoren und notwendige Rahmenbedingungen für gelungene Kooperationen zwischen Unternehmen und Hochschulen. Vizekanzler und Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft, Reinhold Mitterlehner, und IV-Präsident Georg Kapsch erörterten eingangs die Bedeutung und den Stellenwert von Kooperationen für den Wissenschaftsund Wirtschaftsstandort Österreich. Unter dem Titel „Lessons Learned: Einblicke aus der gelebten Kooperationspraxis“ sprachen WU-Rektorin Edeltraud Hanappi und Markus Posch sowie Elisabeth Engelbrechts-
V.l.n.r.: IV-Präsident Georg Kapsch, IV-GS Christoph Neumayer, Vizekanzler Reinhold Mitterlehner
müller-Strauß (Fronius International Gmbh) und Rektor Harald Kainz (TU Graz) anschließend über Erfolgsrezepte für gelungene Kooperationen. In der abschließenden Podiumsdiskussion wurden die Zukunft der Kooperationen und künftig erforderliche Rahmenbedingungen
diskutiert. Während Elisabeth Engelbrechtsmüller-Strauß die Unternehmenswelt am Podium vertrat, repräsentierten Rektor Heinz Engl (Universität Wien), Gerald Reisinger (FH Oberösterreich) die Hochschul- und Forschungscommunity. Komplettiert wurde das Podium durch den 1. Vizepräsidenten der Christian Doppler Forschungsgesellschaft, Lorenz Sigl, und Klara Sekanina, Mitglied des Rates für Forschung- und Technologieentwicklung. �
INFORMATION Gudrun Feucht g.feucht@iv-net.at
Positionspapier: www.iv-net.at/b3538
Standortasset HTL – IV-Strategie in Umsetzung QUALITÄT Als Innovationsschmieden der Industrie stellen HTL einen entscheidenden Standortfaktor Österreichs im internationalen Wettbewerb dar. Das liegt nicht zuletzt auch am Lehrpersonal.
Beste Bildung für Österreichs Zukunft. Allgemeine und berufliche Bildung : Von der Sekundarstufe II zur Spezialisierungsphase.
14 iv-positionen | November 2015 www.iv-net.at
(HTL) gesetzt. „Neben der frühzeitigen Förderung von Naturwissenschaften und Technik (MINT) bereits ab dem Kindergarten und der international sichtbaren Aufwertung von HTL-Qualifikationen engagiert sich die IV gegenwärtig vor allem für die Sicherstellung des HTL-Personals. Es muss auch künftig gelingen, eine ausreichende Zahl an qualifizierten Experten aus Wirtschaft und Industrie als quereinsteigende Lehrpersonen für die HTL zu gewinnen. Die optimale Anrechnung der im Vorberuf erworbenen praktisch-pädagogischen und technischen Kompetenzen stellt dabei ein Schlüsselkriterium dar. Im Dialog mit Politik und BildungsverStandort waltung fordert die IV asset HTL daher mit Nachdruck verStrategie papier zur Stä und Weite rentwick rkung lung der „Ingenie urssch in Österrei ulen“ ch
bindliche Richtlinien der Anrechnung in den Curricula der „PädagogInnenbildung NEU“ ein. Erste Teilerfolge lassen sich bereits verbuchen. Laut aktuellem Erlass des Bildungsministeriums wird – im Gegensatz zu allen anderen Schultypen – ein Masterstudium künftig nicht mehr zwingend Voraussetzung für eine dauerhafte Anstellung als BMHS-Lehrerin oder -Lehrer in fachtheoretischen oder fachpraktischen Fächern sein. �
INFORMATION Viktor Fleischer v.fleischer@iv-net.at Wolfgang Haidinger w.haidinger@iv-net.at
Foto: IV/Andi Bruckner
I
m Rahmen ihrer Initiative „Beste Bildung“ hat die IV mit den Positionspapieren „Von der Sekundarstufe II zur Spezialisierungsphase“ und insbesondere „Standortasset HTL“ einen bereichsübergreifenden Schwerpunkt zur Stärkung der Höheren Technischen Lehranstalten
CSR
Das war der 10. CSR-Tag JUBILÄUM Am 16. Oktober 2015 feierte der österreichische Kongress für verantwortungsvolles Wirtschaften bei Infineon Technologies in Villach sein zehnjähriges Bestehen. V.l.n.r.: Reinhard Herok (Moderation), Ursula Simacek (Simacek Facility Management), Herta Stockbauer (BKS Bank), Oliver Heinrich (Infineon Technologies)
D
er CSR-Tag zählt zu den wichtigsten österreichischen Veranstaltungen zu Corporate Social Responsibility (CSR) und Nachhaltige Entwicklung und wird von respACT – Österreichs CSR-Unternehmensplattform – veranstaltet. Das Programm stand ganz im Zeichen von Innovation und Nachhaltigkeit. Zahlreiche internationale und nationale Experten brachten vor 200 Teilnehmern aus Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft ihr Know-how zu Innovation und Nachhaltigkeit ein: Zukunftsforscher Harry Gatterer ging auf das Thema Arbeit der Zukunft ein und plädierte für Innovati-
on als Quelle zur Lösung echter Probleme. Stanford-Professor Christian Seelos warf in seiner Keynote „Why Innovation is not the holy grail!“ einen kritischen Blick auf Innovationsideologien und betonte, dass sich Innovation daran messen müsse, wie sie auf den Boden gebracht wird. In einem Talk zum Thema „Jugend involvieren – Zukunft gestalten“ diskutierten HTL-Absolventen mit Innovationsexperten Gerald Steiner, Donauuniversität Krems und Harvard University, darüber, wie Nachhaltigkeit besser in Schulen und Universitäten integriert werden kann und welche Rolle Unternehmen dabei spielen.
Anschließend wurden in 15 Innovationlabs Themen wie Open Innovation, Social Entrepreneurship oder die Zukunft der Energieversorgung diskutiert. Das Social Business „Erdbeerwoche“ setzte sich bei einem Pitch von zehn Teilnehmern als nachhaltigste Business Innovation Österreichs durch. �
INFORMATION Barbara Coudenhove-Kalergi b.coudenhove-kalergi@iv-net.at
Web-Tipp:
www.respact.at
Wachstum 2.0 – Umbau bei laufendem Motor
Fotos: Gebrüder Pixel, Martinadraper
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m 20. Oktober 2015 diskutierten beim CSR-Circle im Haus der Industrie vor rund 100 Teilnehmern Clemens Wallner (Wirtschaftspolitischer Koordinator der IV), Gottfried Haber (Leitung des Forschungsbereichs Wirtschaftsund Finanzpolitik der Donauuniversität Krems), Max Schachinger (Geschäftsführer Schachinger Logistik Holding) und Susanna Zapreva (Geschäftsführerin der Wien Energie) das Thema Wachstum in all seinen Facetten. Weitere Informationen erhalten Sie unter www.csr-circle.at/review und bei Barbara Coudenhove-Kalergi, b.coudenhove-kalergi@iv-net.at �
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NEUSTART SCHULE
Enormes Interesse an prominenten Stimmen für eine Bildungsreform VIDEO Die am Nationalfeiertag veröffentlichte Botschaft an die Bundesregierung für beste Bildung in Österreich stieß auf großes Interesse in der Bevölkerung. Bisher wurde sie über 100.000mal aufgerufen.
A
uf Initiative von NEUSTART SCHULE wendeten sich zahlreiche Prominente in Form eines Videos direkt an die Bundesregierung. Im Namen der Zivilgesellschaft fordern sie ein Ende des jahrzehntelangen Stillstands in der Bildungspolitik. Das Video konnte bisher mehr als 100.000 Aufrufe, über 800 Shares und knapp 2.000 Likes verbuchen. Mit dem Näherrücken des 17. November bemerken wir ein besonders großes Interesse der Bevölkerung an den bildungspolitischen Agenden der Regierung. Die vielen Kommentare
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zeigen uns: Alle hoffen auf den großen Wurf und fordern, dass es danach mit inhaltlichen Themen weitergeht. Was die Reform der Schulorganisation betrifft, fordert NEUSTART SCHULE eine Verschlankung der Verwaltung und eine Stärkung der Autonomie. Es muss gelingen, Personal und Geld von den Büros in die Klassenzimmer bringen. Und die Pädagoginnen und Pädagogen sollen mit Blick auf den Bildungserfolg der Kinder deutlich mehr Spielraum und Eigenverantwortung haben als jetzt. Entscheidende Reformschritte sind auch in der Elementarbildung zu setzen. Es geht um ein Bundesrahmengesetz für Qualität und Standards in den Einrichtungen und die Anhebung
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Hier geht’s zum Video:
Weitere Infos unter: Tina Dworschak t.dworschak@iv-net.at
der Ausbildungsqualität. Und auch das zweite verpflichtende Kindergartenjahr ist weiterhin auf der Agenda. Einig sind sich alle Unterstützer darin, dass mit dem 17. November die Bildungsreform nicht zu Ende ist. Nach der Organisationsreform sind inhaltliche Herausforderungen zu bewältigen. Konkret geht es darum, Bildungsziele zu definieren, die Pflichtschulqualität zu steigern, kontraproduktive Übergänge und soziale Selektion zu beseitigen und zeitgemäße Arbeitszeitmodelle für die Pädagogen zu schaffen. „Österreich braucht eine ‚Bildungsrevolution‘ – und dafür benötigt es ein gemeinsames Vorgehen der Politik mit den Betroffenen, der Zivilgesellschaft und der Wissenschaft“, so der einstimmige Tenor. �
NEUSTART SCHULE auf Tour durch ganz Österreich
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FACTBOX Über NEUSTART SCHULE
Weitere Informationen unter www.neustart-schule.at und auf Facebook unter www.facebook.com/neustartschule
NEUSTART SCHULE ist eine Initiative der Industriellenvereinigung und ihrer Partner, die Bewegung in die österreichische Bildungspolitik bringt. Sie thematisiert die Zukunft von Bildung in Österreich und wird bisher von über 20.000 Personen unterstützt. Ziel von NEUSTART SCHULE ist es, mit der Unterstützung von Partnern, Experten und der Bevölkerung auf die Notwendigkeit einer Bildungsreform aufmerksam zu machen und die Politik dafür zu gewinnen.
Fotos: Neustart Schule
eim zweiten Teil der Tour wurden das Burgenland, die Steiermark, Kärnten und Niederösterreich besucht. Im Gespräch mit Schülern, Eltern, Pädagogen und Unternehmen wurden die Wünsche an das Bildungssystem von morgen gesammelt. Ziel der Tour ist es, Good Practice-Beispiele vor den Vorhang zu holen. Denn trotz der Missstände in unserem Bildungssystem gibt es viele engagierte Menschen und Initiativen, die einen wertvollen Beitrag für den Bildungsstandort Österreich leisten. �
Cyber-Briefing
Kampf der Wirtschafts- und Industriespionage CEO-BRIEFING Von Wirtschafts- und Industriespionage kann jedes österreichische Unternehmen, unabhängig von dessen Größe und Branchenzugehörigkeit, betroffen sein. Am 30. September 2015 fand dazu im Haus der Industrie eine Veranstaltung statt. „Österreichs Industrie ist bereit und willens, Verantwortung zu tragen und die notwendigen Schritte für mehr ‚Cybersecurity‘ und effektiven Wirtschaftsschutz aktiv und in enger Abstimmung mit den Behörden voranzutreiben – ohne dass es zu Überregulierung und flächendeckender Überwachung kommt.“ IV-Vize-Generalsekretär Peter Koren
D
ie Vorgehensweisen und eingesetzten Mittel bzw. Ressourcen können bei gezielter Wirtschaftsspionage, dies ist die Ausspähung von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen eines Unternehmens durch ausländische private oder staatliche Akteure zum Vorteil der Gesamtwirtschaft des ausländischen Staates, und bei Industriespionage, d. h. der klassischen Konkurrenzspionage zu Zwecken der Generierung von direkten Wettbewerbsvorteilen, sehr unterschiedlich ausgestaltet sein. Hinsichtlich des unmittelbaren Schadens für das Unternehmen ist diese Unterscheidung nicht relevant. Ebenso wenig ist sie für den Schutz des Unternehmens vor Ausspähungsversuchen von Bedeutung.
Sicherheitsinvestitionen als Schlüsselfaktor
Foto: Thomas Cerny
V.l.n.r.: IV-Vize-GS Peter Koren, GD Peter Layr (EVN AG), BM Johanna Mikl-Leitner (BMI), Univ.Prof. Thomas Grechenig (TU Wien), GF Gerald Steger (cafe + co)
KONTAKT Monika Schuh m.schuh@iv-net.at
Im Anschluss an die Begrüßung durch den Vize-Generalsekretär der Industriellenvereinigung, Peter Koren, und Univ.Prof. Thomas Grechenig (INSO), hielt Bundesministerin Mikl-Leitner einen Kurzvortrag über die Bedeutung der Zusammenarbeit zwischen den Sicherheitsbehörden und den Unternehmen für den Innovationsstandort Österreich. Insbesondere sei es für Unternehmen sehr wichtig, über die Möglichkeiten Bescheid zu wissen, wie Wirtschaftsund Industriespionage verhindert werden kann. Investitionen in die Sicherheit des Unternehmens würden zum langfristigen Erfolg beitragen, und zwar
auf der individuellen Ebene sowie zur wirtschaftlichen und sozialen Sicherheit Österreichs. Wobei es Aufgabe des Innenministeriums sei, den erfolgreichen Wirtschaftsstandort Österreich durch Investitionen in die Sicherheit und den Schutz der österreichischen Unternehmen zu stärken. Das bedeute, neben den repressiven Maßnahmen auch Präventionsmaßnahmen zu setzen. Auch in diesem Zusammenhang sei die Kooperation mit Wirtschaft und Wissenschaft ein entscheidender Faktor, betonte der Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit, Kogler, in seiner Keynote am Nachmittag.
Optimierung durch Vernetzung Veranstalter des CEO-Briefings waren das Bundesministerium für Inneres / Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) in Kooperation mit dem Institut für Industrial Software (INSO) der TU Wien und mit Unterstützung der Industriellenvereinigung. Hintergrund für diese Kooperation im Rahmen des Präventionsprogramms WIS ist das aktuelle Regierungsprogramm, das die Bekämpfung von Wirtschafts- und Industriespionage auch im Zusammenwirken mit der Industrie und Wirtschaft vorsieht. Ziel der Veranstaltung war es, den knapp 70 teilnehmenden Geschäftsführern und Sicherheitsverantwortlichen Expertise aus erster Hand sowie die Möglichkeit zur Vernetzung zu bieten. Insgesamt betonten die Vortragenden die Bedeutung der laufenden Sensibilisierung der Mitarbeiter, den Austausch unter Experten und deren Zugang zu fundierten Informationen als Schlüsselfaktoren für die Optimierung unternehmensindividueller Sicherheitskonzepte. Neben interaktiven Vorträgen über die Möglichkeiten der Informationsgewinnung durch den Einsatz spezieller Spionage-Software standen die das Zusammenspiel von Nachrichtendiensten mit der Politik und Wirtschaft und deren unterschiedliche Vorgehensweisen sowie die psychologischen Anknüpfungsmöglichkeiten bei Geheimnisträgern im Mittelpunkt der Vorträge. Neben Experten des BVT und der TU Wien referierten CEOs aus international tätigen Unternehmen sowie der deutsche Staatsminister a.D. Bernd Schmidbauer. �
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Aktuell
„Tipps und Lösungen“ für alternsgerechtes Arbeiten VERANSTALTUNG Alternsgerechtes Arbeiten, einfach umsetzbar, für jede Betriebsgröße und Branche – dazu können Betriebe nun online Unterstützung finden.
INFORMATION Lesen Sie mehr auf www.arbeitundalter.at Kontakt: Julia Enzelsberger, j.enzelsberger@iv-net.at Ferdinand Schludermann, f.schludermann@iv-net.at
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Vor dem Hintergrund des demografischen Wandels, der modernen Arbeitswelt und der Anhebung des Pensionsantrittsalters wird es in den Betrieben immer wichtiger, eine „alternsgerechte Gestaltung der Arbeit“ zu etablieren. Alternsgerechtes Arbeiten heißt, Mitarbeiter lange und gut in der Arbeitsorganisation einzusetzen sowie gesund im Erwerbsleben zu halten. Auch zielgerichtete Weiterbildung ist wesentlich, damit sie ihren Erfahrungsschatz, ihr Können und ihr Fachwissen optimal in den Betrieb einbringen können. Die
„Tipps und Lösungen“ auf der Website www.arbeitundalter.at behandeln daher die Themenbereiche: Führung, Weiterbildung, Gesundheit und Arbeitsorganisation. Mit einfachen, verständlichen Handlungsanleitungen, Fallbeispielen und Maßnahmen werden dort Theorie und Praxis verknüpft. Konkrete Tipps und praktische Beispiele unterstützen bei der Umsetzung im Betrieb, sodass nicht immer externe Berater eingebunden werden müssen.
Alternsgerechte Arbeitswelt – eine Herausforderung Im Rahmen der Veranstaltung wurden von den Experten der beteiligten österreichischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmerorganisationen ausgewählte Inhalte und Beispiele der vier Themenbereiche vorgestellt und wichtige Erkenntnisse für die Gestaltung einer alternsgerechten Arbeitswelt hervorgehoben.
Foto: istockphoto.com/GregorBister
I
ndustriellenvereinigung (IV), Arbeiterkammer (AK), Gewerkschaftsbund (ÖGB) und die Wirtschaftskammer (WKÖ) präsentierten mit Unterstützung durch die AUVA am 29. September 2015 in der Wirtschaftskammer Wien ihr erweitertes Onlineangebot „Tipps und Lösungen“ zum Thema alternsgerechtes Arbeiten.
Veranstaltung
Führung Maria Kaun von der WKÖ betonte insbesondere, dass ein wertschätzendes Führungsverhalten einen besonders hohen und positiven Einfluss auf Kompetenz und Arbeitsfähigkeit für alle Generationen hat.
gemäß einsetzen zu können. Wenn Junge und Ältere alternsgerechte Arbeiten verrichten, kann nicht nur das Wohlbefinden der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, sondern auch die Produktivität des Betriebes gesteigert werden.
Weiterbildung Hildegard Weinke von der AK nannte als wesentliche Erfolgsfaktoren die Ermutigung zum Lernen und den Nutzen von Teamarbeit, bei der Ältere und Jüngere miteinander arbeiten und voneinander lernen können. Der Austausch von neuem und erlerntem Wissen stellt eine Win-Win-Situation für alle Mitarbeiter eines Unternehmens dar.
Praxiserfahrungen
Gesundheit Ingrid Reifinger vom ÖGB stellte fest, dass das Älterwerden ein Umbauprozess, aber kein Abbauprozess ist. Geistig-soziale Fähigkeiten und fachliche Kompetenz nehmen mit dem Alter zu. Arbeitsorganisation Julia Enzelsberger von der IV betonte, wie wichtig es ist, die Altersstruktur im Unternehmen zu kennen, um die unterschiedlichen Generationen ihren Fähigkeiten und Stärken
Über Erfahrungen aus der beruflichen Praxis zum Thema alternsgerecht Arbeiten berichteten die Expertinnen Renate Czeskleba und Irene Kloimüller mittels eines Rollenspiels und beleuchteten dabei relevante Aspekte aus verschiedenen Branchen und Alternsgerechtes Arbeiten heißt, Mitarbeiter unterschiedlichslange und gut in der Arbeitsorganisation einzuten Betriebsgrösetzen sowie gesund im Erwerbsleben zu halten. ßen. Motivierend Dadurch kann nicht nur das Wohlbefinden der hielten sie abschließend fest: Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, sondern auch die „Es sind oft die Produktivität des Betriebes gesteigert werden. kleinen Schritte, die bereits sehr viel bewirken! Wichtig ist es, sich dem Thema alternsgerechtes Arbeiten sowohl arbeitnehmer- als auch arbeitgeberseitig zu widmen, denn dieses Thema geht alle an!“ �
Freihandel zwischen Mythos und Wahrheit
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Foto: Pfluegl
motionale Diskussionen prägen die Debatte um das geplante transatlantische Freihandelsabkommen. Eine gemeinsame Veranstaltung von IV und Oberbank widmete sich daher Fakten statt Mythen. Ein gut gemachtes, ausgewogenes Abkommen mit den USA schafft gleiche und faire Spielregeln für die Teilnehmer und könnte einen wesentlichen Beitrag zur Sicherung von Europas Wettbewerbsfähigkeit leisten. Soweit die grundsätzliche Position der Industriellenvereinigung, wie sie auch IV-Präsident Georg Kapsch am Abend des 12. Oktober im Rahmen einer gemeinsamen Veranstaltung mit der Oberbank im Haus der Industrie zusammenfasste. Mehrere hundert interessierte Gäste hatten sich eingefunden, um die Möglichkeit zur fundierten Information über dieses komplexe The-
V.l.n.r.: Florian Hagenauer (Vorstandsdirektor Oberbank), Vizekanzler Reinhold Mitterlehner, IV-Präsident Georg Kapsch, Univ.-Prof. Fritz Breuss (Österreichisches Institut für Wirtschaftsforschung), Univ.-Prof. August Reinisch (Institut für Europarecht, Internationales Recht und Rechtsvergleichung), Rainer Nowak (Chefred. „Die Presse“)
ma wahrzunehmen. Mit Vizekanzler Reinhold Mitterlehner stand zudem ein Spitzenvertreter der österreichischen Politik am Podium, der die verschiedenen Aspekte von TTIP (Transatlantic Trade and Investment Partnership) beleuchtete. Der Grundtenor des Abends: Als Projekt von historischer Dimension schürt TTIP viele Sorgen, Ängste und Mythen. Diese gilt es zu berücksichtigen und durch eine sachliche Debatte zu ersetzen. Es geht nicht darum, hart erarbeitete Standards aufzugeben, sondern
sie weiterzuentwickeln. Europa und die USA könnten in einer noch intensiveren Kooperation gemeinsam die internationalen Standards der Zukunft und somit die Globalisierung aktiv gestalten – für mehr Wachstum und Arbeitsplätze auch in Österreich. �
INFORMATION www.wahrheitueberttip.at
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Einige der „Vier im Jeep“ GEDENKPLAKETTE Nicht nur der Industrie diente das Haus am Schwarzenbergplatz 4 in der Vergangenheit als Sitz. Zwischen 1945 und 1955 war unter anderem die britische Militärpolizei hier stationiert.
H
eute das Gebäude der Industriellenvereinigung, hatten von 1945 bis 1955 der Alliierte Rat sowie die Internationale Militärpatrouille am Schwarzenbergplatz 4 ihren Sitz. Die „Vier im Jeep“ sind nach wie vor ein wichtiges Symbol für diese Zeit geblieben. Grund genug, mit einer Gedenktafel am Seiteneingang in der Lothringerstraße (seinerzeit der Eingang für die Militärpolizei) an ein weiteres Kapitel der historischen Vergangenheit
des Hauses zu erinnern. Im Beisein der britischen Botschafterin in Österreich, Susan le Jeune d‘Allegeershecque, sowie militärischen Vertretern der ehemaligen Alliierten und Österreichs fand am 22. Oktober die feierliche Enthüllung statt. Und auch einige Veteranen der „105 Provost Company“ der Königlich-Britischen Militärpolizei haben, gemeinsam mit ihren Familien, den weiten Weg nach Wien nicht gescheut, um noch einmal vor ihrem ehemaligen Hauptquartier Aufstellung zu nehmen. �
DIGITALISIERUNG Plattform „Industrie 4.0 Österreich“ startete im Oktober 2015 ihren operativen Betrieb. Neuer Geschäftsführer ist Roland Sommer.
D
ie Industrie ist der Schlüsselfaktor für Export und Beschäftigung. Um Wohlstand und Beschäftigung am Standort sichern und ausbauen zu können, muss Österreichs Industrie die Chancen durch Industrie 4.0 nützen und proaktiv mitgestalten. Nach intensiven Vorbereitungen wurde der Verein „Industrie 4.0 Österreich – die Plattform für intelligente Produktion“ vom BMVIT gemeinsam mit IV, FEEI, FMMI sowie AK und PRO-GE gegründet. Vorstandsvorsitzender der Plattform ist Kurt Hofstädter, Siemens/Leiter der Digital Factory Central Eastern Europe. Nun sollen im branchenübergreifenden Austausch Maßnahmen und Rahmenbe-
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dingungen – insbesondere für F&E, für die Veränderung der Arbeitswelt sowie Aus- und Weiterbildung – erarbeitet werden, um die industrielle Leistungs- und Innovationsfähigkeit zu unterstützen. Des Weiteren gilt es, nationale Industrie 4.0. Aktivitäten aufeinander abzustimmen und Kooperationen mit internationalen Initiativen zu verstärken. Roland Sommer übernimmt nun die Geschäftsführung der Plattform. Sommer arbeitete als Experte für Forschungs- und Innovationspolitik in der IV, bevor er zu AVL List nach Graz wechselte. Sommer ist Member des International Council der Organization for International Economic Relations (OiER) sowie Vice-Chair des Business
and Industry Advisory Committee to the OECD (BIAC). �
Der 43-jährige Wiener Roland Sommer leitet als Geschäftsführer die Geschicke der Plattform Industrie „4.0 Österreich“.
Fotos: IV, Roland Sommer
Österreichische Plattform Industrie 4.0 nimmt Betrieb auf
Aktuelles
Fact Finding Mission: Die Schulorganisation Neu VERANSTALTUNG NEUSTART SCHULE und die Volksbegehren-Bildungsinitiative luden zum Gespräch mit RH-Präsidenten Moser und Vertretern der Politik.
Foto: NEUSTART SCHULE
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in klares Signal aus der Zivilgesellschaft für einen Paradigmenwechsel in der Schulverwaltung in Richtung Bildungsreformkommission – das war das Fazit einer hochkarätigen Veranstaltung im Haus der Industrie am 5. November. In seiner einleitenden Keynote legte RH-Präsident Josef Moser den Finger auf altbekannte Wunden: eine komplexe Kompetenzverteilung und Mehrfachgleisigkeiten, Intransparenz und Ineffizienz, fehlende bildungspolitische Ziele und das Problem eines hohen Inputs an Geld, aber vergleichsweise genringen Outputs an Schülerleistungen. Viel zu viel Geld bunkere in der Struktur, warnte Moser, und ohne eine Kompetenzbereinigung sei jede Reform nichts anderes als Kosmetik. Anschließend diskutierten Hannes Androsch, Initiator der Volksbegehren-Bildungsiniti-
ative, Elisabeth Grossmann, Bildungssprecherin der SPÖ, Brigitte Jank, Bildungssprecherin der ÖVP, IV-Präsident Georg Kapsch und RH-Präsident Josef Moser mit Blick auf den 17.11. darüber, wie der Wandel von der „Schulverwaltung“ hin zu einer modernen Organisation von Bildung
gelingen kann und welche Reformschritte es darüber hinaus noch braucht. Tenor von Georg Kapsch zu: Es brauche eine echte und keine Feigenblattautonomie, eine komplette Entpolitisierung des Systems und eine faire Finanzierung über ein Trägermodell. �
Mit der Großstadt aus der Armut. Industrialisierung im globalen Vergleich Der Schlüssel zum Weg aus der Armut ist eine steigende Produktivität der menschlichen Arbeit. Sie wurde seit dem späten 18. Jahrhundert vor allem durch die Industrialisierung erreicht. Industrialisierung findet statt, wenn Großstädte entstehen. Konzentrierte Massenmärkte sind notwendig, damit industrielle Massenproduktion für potenzielle Unternehmer Sinn macht. Großstädte als entscheidende Ursache für Industrialisierung – eine neue These, die alle bisherigen Erklärungsversuche zumindest in Frage gestellt, indem sie durch einen weltweiten Vergleich empirisch untermauert wird. Mit der Großstadt aus der Armut. Industrialisierung im globalen Vergleich Franz Mathis, innsbruck university press, 264 Seiten, 27,90 Euro
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Vorarlberg
„Wandel ist eine Chance“ TREFFPUNKT Rund 600 Gäste aus Wirtschaft, Politik und Gesellschaft kamen zum 32. Vorarlberger Wirtschaftsforum und ließen sich von den Referenten inspirieren.
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Mehr Mut, Risiko und Leistung Bei seinen Begrüßungsworten griff IV-Vlbg.-Präsident Martin Ohneberg das Motto auf und verriet, dass Wandel für ihn positiv besetzt sei. „Wandel ist eine Chance und diese Stimmung brauchen wir auch in der Bevölkerung. Wir dürfen uns nicht davor fürchten und ich sage sogar, Veränderung ist die einzige Konstante heutzutage“, so Ohneberg. Eine Studie belege, dass acht von zehn Fehlentscheidungen darauf zurückzuführen seien, dass man nicht bereit sei, loszulassen und man an alten Strukturen, Prozessen und Ver-
22 iv-positionen Vorarlberg | November 2015
IV-Vlbg.-Präsident Ohneberg bei der Begrüßung
V.l.n.r.: Martin Ohneberg (IV), Eugen Russ (VN), Alwin Lehner (Alpla) mit Ehefrau Herma, Manfred Rein (WKV)
haltensweisen festhalte. „Daher plädiere ich ganz klar für mehr Mut, mehr Risiko, mehr Leistung und Begeisterung für Veränderung“, appellierte Ohneberg an die Gäste.
Ehrenpreis für Alwin Lehner Der im vergangenen Jahr ins Leben gerufene „Ehrenpreis der Vorarlberger Wirtschaft für das unternehmerische Lebenswerk“ wurde heuer an Alpla-Gründer Alwin Lehner verliehen. Was 1955 in der Waschküche im Elternhaus mit viel Unternehmergeist und Erfindungsreichtum begann, ist 60 Jahre später ein international führender Kunststoffkonzern mit weltweit über 16.000 Mitarbeitern (Vorarlberg: über 900) und einem
Konzernumsatz von 3,13 Mrd. Euro. In einem unterhaltsamen Interview erzählte Alwin Lehner von den Anfängen sowie prägenden Ereignissen wie etwa einem Brand samt anschließendem Wideraufbau in einem Werk in Venezuela. Die Gäste des Wirtschaftsforums zollten dem Industrie-Pionier während der anschließenden Preisverleihung mit stehenden Ovationen ihren Respekt. Beim traditionellen Ausklang mit Weißwürsten, Bier und Bretzel nutzten die Gäste am späteren Nachmittag die Gelegenheit zum Austausch und Netzwerken und viele waren sich bereits sicher, dass sie beim 33. Wirtschaftsforum am 3. November 2016 wieder dabei sein werden. �
Fotos: russmedia
it dem Motto „Wirtschaft im Wandel – Wie wir an Herausforderungen wachsen“ haben die Veranstalter Vorarlberger Nachrichten, Industriellenvereinigung Vorarlberg und Wirtschaftskammer Vorarlberg aktuelle Entwicklungen aufgegriffen. Nicht nur, dass durch die Wirtschaftskrise zahlreiche Unternehmen einen Wandel durchlaufen mussten, es stehen – bedingt durch die zunehmende Digitalisierung von Produkten und Produktion (Stichwort Industrie 4.0) – auch weitere Veränderungen vor der Tür, die einen erheblichen Wandel mit sich bringen werden. Bereits jetzt sind moderne Produktionsstätten nicht mehr mit jenen vor zehn Jahren zu vergleichen. Potenzial genug, um hochkarätige Referenten über den Wandel sprechen zu lassen.
Vorarlberg
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Der Geschäftsklimaindex (Mittelwert der Einschätzung zur aktuellen Geschäftslage und jener in sechs Monaten) sank von 34,90 auf 28,50.
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INDUSTRIEKONJUNKTUR Die IV-Vorarlberg und die Sparte Industrie der WKV warnen nach der Auswertung der aktuellen Konjunkturumfrage vor einer Trendwende. Wichtig sind nun Reformmaßnahmen, weitere Entlastungen sowie ein Belastungsstopp.
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n der aktuellen Konjunkturumfrage zum dritten Quartal haben sich 46 Vorarlberger Unternehmen mit über 21.000 Beschäftigten beteiligt. Der Geschäftsklimaindex, der sich aus dem Mittelwert der Einschätzung zur aktuellen Geschäftslage und jener in sechs Monaten ableitet, sank dabei von 34,90 auf 28,50 (Österreich-Schnitt: 15,80). Die drohende Trendumkehr solle nicht auf die leichte Schulter genommen werden, warnt der IV-Vorarlberg-Geschäftsführer. Es sei zwar positiv, dass sich die derzeitige Geschäftslage mit einem Saldo von 57 Prozent zwischen gut und schlecht weiterhin auf einem guten Niveau bewege, trotzdem gebe die prognostizierte Geschäftslage in sechs Monaten Anlass zum Nachdenken. „Das soll allen eine Warnung sein, die längst überfälligen Hausaufgaben endlich anzugehen, denn das Herumwurschteln, insbesondere bei Bildung, Pensionen und Verwaltung im Bund, muss endlich beendet werden. Am besten tritt die Regierung den Be-
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weis dafür am 17. November bei der Präsentation der Bildungsreform an“, rät Burtscher.
Verkaufspreise weiterhin problematisch Weiterhin hemmende Konjunkturfaktoren sind, neben der längst bekannten überproportionalen Belastung des Faktors Arbeit, die Erwartungen zu den Verkaufspreisen innerhalb der nächsten drei Monate, trotz leichter Entspannungstendenz. 13 Prozent der Befragten erwarten zwar steigende Verkaufspreise, dem stehen mit 28 Prozent aber mehr als doppelt so viele Befragte gegenüber, die weiterhin fallende Preise erwarten und damit die entstehenden Kosten nicht zufriedenstellend weitergeben können. Stark unter Druck stehende Preise können nur mit einer schlanken Kostenstruktur abgefedert werden. Deshalb hat die beim Arbeitsmarktgipfel angekündigte und erreichte Entlastung der Lohnnebenkosten für die Industrie oberste Priorität, weitere Schritte auf Mitarbeiter und Unternehmensseite müssen aber folgen. „Wenn wir
den heimischen Wirtschafts- und Industriestandort weiterhin konkurrenzfähig halten wollen, dann muss mit zusätzlichen Belastungen endlich Schluss sein, es braucht einen unmissverständlichen Belastungsstopp. An Reformen im Bereich der öffentlichen Hand und weiteren Entlastungen führt kein Weg vorbei, wenn wir nicht weiter zurückfallen möchten“, so IV-Vorarlberg-Geschäftsführer Mathias Burtscher.
Auslandsaufträge geben Hoffnung Zuversicht herrscht nach wie vor bei den aktuellen Auslandsaufträgen, die mit einem positiven Saldo von 57 Prozent eindrucksvoll darlegen, wie sehr die heimische Industrie und damit zehntausende Arbeitsplätze vom Export profitieren. „Die gute Auslandsauftragslage im Exportland Vorarlberg trägt wesentlich dazu bei, dass Vorarlberg österreichweit am besten dasteht. Der Wettbewerb spielt sich aber längst nicht mehr nur national ab, und international hat der Industriestandort Vorarlberg sicherlich Aufholbedarf“, stellt Burtscher fest. �
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Vorarlberg
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Braucht die Welt Europa? Braucht Europa die Welt? MARKUS J. BEYRER Der Generaldirektor von BUSINESSEUROPE spricht am 23. November über die Bedeutung von Europa in einer globalisierten Welt.
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TIP, Eurokrise, Flüchtlingskrise, uvm., Europa sieht sich mit vielen inneren Zerreißproben konfrontiert. Doch wie sieht es mit der globalen Bedeutung Europas aus? Ist die Welt noch auf den „alten Kontinent“ angewiesen? Und wie abhängig ist Europa von der restlichen Welt? Zu diesem Thema hat die Industriellenvereinigung Markus J. Beyrer für einen Vortrag gewinnen können. Der Generaldirektor von BUSINESSEUROPE, dem führenden Industrie- und Arbeitgeberverband auf europäischer Ebene und Sprachrohr der
FACTBOX Montag, 23. November 2015 Zeit: 19.00 Uhr Ort: Foyer CCR, Millennium Park 4, 6890 Lustenau Weitere Informationen unter www.iv-vorarlberg.at
Generaldirektor Markus J. Beyrer
Mitglieder aus 34 europäischen Ländern, war vormals langjähriger Generaldirektor der Industriellenvereinigung. Er wird in der anschließenden Diskussion und beim Ausklang bei Buffet und Getränken für Fragen zur Verfügung stehen. Es erwartet Sie ein spannender Vortrag und ein interessanter gesellschaftlicher Austausch. �
JI-Stammtisch mit Präsidenten Martin Ohneberg – ein Rückblick uf den Tag genau sechs Monate nach seiner Wahl zum Präsidenten der Industriellenvereinigung Vorarlberg traf sich die Junge Industrie am 27. Oktober mit Martin Ohneberg zu einem ersten Zwischenresümee. Den Rahmen dazu bildete der JI-Mittagsstammtisch im Panoramahaus in Dornbirn. IV-Vlbg.-Präsident Ohneberg erzählte dabei den Gästen der Jungen Industrie von seinen Eindrücken eines spannenden und intensiven ersten Halbjahres. Der Zeitaufwand sei zwar größer als anfänglich erwartet, dennoch ließen sich sowohl seine Funktion als geschäftsführender Gesellschafter bei Henn als auch seine ehrenamtliche Tätigkeit in der Industriellenvereinigung so vereinbaren, dass höchstens der Schlaf ein wenig zu kurz komme. Die erste Zeit sei besonders geprägt gewesen von Treffen mit Entscheidungsträgern
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aus Politik, Sozialpartnerschaft, Medien, IV-Mitgliedern und weiteren wichtigen Organisationen. Man sei aber auch mit der Ausarbeitung neuer Veranstaltungsformate beschäftigt gewesen, die demnächst umgesetzt werden sollen. Außerdem beleuchtete der Präsident die Fortschritte seiner zu Beginn der Amtszeit angekündigten Schwerpunkte Wirtschaftspartnerschaft und Bewusstseinsbildung im Sinne
von Unternehmertum sowie dem industriepolitischen Standortabkommen, an dem man aktuell arbeite. �
TERMINE 23. November 2015 | 19:00 Uhr
11. Jänner 2016 | 18:00 Uhr
Vortrag mit Markus J. Beyrer
IV-Neujahrsempfang
Foyer, CCR, Millenium Park 4
Otten Gravour Hohenems; nur für geladene Gäste
24. November 2015 | 07:00 Uhr
16. Jänner 2016 | 11:00 – 16:30 Uhr
JI-Betriebsbesuch bei ZF Friedrichshafen
Jobmesse der IV und FHV
Werk 2, Friedrichshafen
FH Vorarlberg, Dornbirn
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16. Jänner 2016 | 17:00 Uhr
JI-Weihnachtsfeier
Verleihung Newway Award
La Forchetta, Lustenau
FH Vorarlberg, Dornbirn
Fotos: BUSINESSEUROPE, JI
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