WOHNEN FÜR HILFE
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Ein Heft über eine alternative Wohnform und die Belange der älteren Generation
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FÜR UND ÜBER DIE ÄLTERE GENERATION
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WOHNEN FÜR HILFE | HALLO SENIOR E i n H e f t ü b e r e i n e a l t e r n a t i ve Wo h n fo r m u n d d i e B e l a n g e d e r ä l t e r e n G e n e ra t i o n
E s h a n d e l t s i c h h i e r b e i u m e i n e exe m p l a r i s c h e A r b e i t . D i e I n f o t ex t e s i n d t e i l we i s e d e r e i g e n e n B a c h e l o ra r b e i t „ J u n g u n d A l t - K o nz e p t i o n z u r N e u g e s t a l t u n g d e r Wo h n ra u m s i t u a t i o n i n K ö l n “ e n t n o m m e n . D i e ve r we n d e t e L i t e ra t u r i s t i n d e r B a c h e l o ra r b e i t i m L i t e ra t u r - u n d Q u e l l e nve r z e i c h n i s a u fg e f ü h r t . D a s I n t e r v i ew a u f S . 2 6 / 2 7 i s t f i k t i v. © 2017
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VORWORT
INTENTION DER AUTORIN Dieses Heft ist im Rahmen meiner Bachelorarbeit „Jung und Alt - Konzeption zur Neugestaltung der Wohnraumsituation in Köln unter Berücksichtigung des demografischen Wandels“ entstanden.
In meiner Bachelorarbeit beschäftige ich mich mit der angespannten Wohnraumsituation in Köln und der daraus resultierenden Problematik für junge Menschen, keinen bezahlbaren und zugleich angemessenen Wohnraum zu finden. Da der demografische Wandel als eine Ursache für diese Problematik festgemacht werden kann, beschäftige ich mich in meiner Bachelorarbeit weiterhin mit der älteren Generation. Der Alterungsprozess stellt eine große Herausforderung für die junge Generation dar. Wichtig ist aber auch, die Lebenslagen der älteren Menschen zu beleuchten da diese, wie die jüngeren auch, unter den Folgen des demografischen Wandels leiden.
Es wurde allerdings festgestellt, dass es dem Projekt an Bekanntheit fehlt. Die entwickelten Magazine sollen als Mittel zur Bekanntheitssteigerung eingesetzt werden und auf informative und zugleich emotionale Art und Weise auf das Projekt aufmerksam machen. Während das Heft „Hallo Junior“ die Belange der jungen Generation genauer beleuchtet, werden im Heft „Hallo Senior“ die Belange der älteren Generation genauer betrachtet. Nachdem über die Folgen des demografischen Wandels berichtet und die jeweilige Sichtweise der Generation beleuchtet wurde, wird auf das Projekt „Wohnen für Hilfe“ im letzten Kapitel näher eingegangen.
Im Rahmen meiner Recherche nach Lösungsansätzen bin ich auf das Projekt „Wohnen für Hilfe“ aufmerksam geworden, welches die Belange beider Generationen zu berücksichtigen versucht.
Die Hefte können getrennt voneinander oder, zum besseren Verständnis der jeweils anderen Generation, zusammen durchgelesen werden.
Jana Klasen
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INHA LT
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1 S.08
Warum soll ich das hier lesen?
Relevanz und Aktualität des Themas.
2 S.11
Der demografische Wandel Folgen fĂźr das Leben im Alter.
3 S.19
Auf der Suche nach Kontakt
Was brauchst du eigentlich?
4 S.23
Jung und Alt
Das alternative Wohnkonzept.
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WARUM SOLL ICH DAS HIER LESEN?
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01 RELEVANZ UND AKTUALITÄT DES THEMAS Dieses Heft ist sowohl für Menschen auf der Suche nach Raum, als auch für Menschen auf der Suche nach Kontakt und Unterstützung im Alltag interessant. Aber auch für all diejenigen, die sich für alternative Wohnformen und die Zusammenführung zweier unterschiedlicher Generationen interessieren. Das Leben in der Stadt wird immer mehr zur Herausforderung. Der demografische Wandel führt zu Bevölkerungsrückgängen auf dem Land und zu Wohnungsmangel in den Großstädten. Sowohl die junge, als auch die ältere Bevölkerung leidet unter den Herausforderungen, die der demografische Wandel mit sich bringt. Er ist von so hoher Relevanz, dass er bereits als Megatrend bezeichnet werden kann. Während junge Menschen, insbesondere Studenten, einem Wettkampf um Wohnraum ausgesetzt sind, stellt besonders der Verlust von familiären und sozialen Beziehungen eine Herausforderung für die ältere Generation dar. Um den Folgen des demografischen Wandels entgegenzuwirken, muss sich vorab mit diesen auseinandergesetzt werden. Auch ist eine Auseinandersetzung mit der jeweils anderen Generation dringend erforderlich, um eine Gemeinschaft herzustellen und die sozialen Beziehungen zu stabilisieren. Während vorab über die Ursachen des demografischen Wandels aufgeklärt wird, informiert das Heft „Hallo Junior“ über Belange der jungen Generation in Bezug auf die Wohnraumsituation in Köln. Das Gegenstück „Hallo Senior“ vermittelt die Belange der älteren Generation, bezogen auf das Leben im Alter. Beide Hefte vermitteln schließlich den Lösungsansatz „Wohnen für Hilfe“, welcher den demografischen Wandel, sowie die Belange beider Generationen berücksichtigt.
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DER DEMO GRAF ISCHE WANDEL
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er Begriff „Demografie“ dient zur Beschreibung der Veränderung einer Bevölkerung in ihrem Umfang und Strukturen. Einflüsse für die Veränderung sind besonders das generative Verhalten, das Sterben sowie das Wanderungsverhalten. Für die Problematik der Wohnungsknappheit ist besonders die Geburtenentwicklung von Bedeutung, während Ursachen wie die Zuwanderung in Zusammenhang mit der Wohnraumsituation sehr unsicher einzuschätzen sind und hier deshalb nicht thematisiert werden. BEVÖLKERUNGSENTWICKLUNG IN DEUTSCHLAND Dass die Bevölkerung zukünftig aus mehr älteren und weniger jüngeren Menschen bestehen wird, ist Fakt. Phasen mit niedrigem Geburtenniveau lassen sich durch Ursachen wie die beiden Weltkriege oder die Weltwirtschaftskrise Ende der 1920er Jahre erklären. Das letzte Geburtenhoch gab es nach dem Zweiten Weltkrieg. Es kommt zu einem sogenannten Timing-Effekt, wenn sich die gesellschaftlichen oder wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, wie es nach dem Zweiten Weltkrieg der Fall war, verbessert haben und Geburten nachgeholt werden. Die sogenannte „Baby-Boom“-Phase ist mit dem damaligen Rollenverständnis zwischen Mann und Frau zu begründen. Heute hat sich dieses Verständnis wieder geändert, da ein „Ein-Ernährer-Modell“ in den meisten Fällen nicht mehr funktioniert und wieder viel mehr Wert auf Selbstständigkeit gelegt wird. Auch die Gesetzesänderungen zum Schwangerschaftsabbruch aus dem Jahr 1972, sowie die Freigabe von Antikonzeptiva spielen für den Geburtenrückgang eine Rolle. Seit den 1970er-Jahren liegen die Geburtenziffern somit deutlich unter dem Bestand-
serhaltungsniveau. Neben weiteren politischen und wirtschaftlichen Veränderungen, wie dem Beitritt der DDR zum Bundesgebiet im Jahr 1990, ist auch der Anstieg des durchschnittlichen Erstheiratsalters der Frauen als Ursache für die Entwicklung festzumachen. Die heutige Generation schiebt den Kinderwunsch oft so lange auf, bis dieser nicht mehr existent oder eine Geburt nicht mehr möglich ist. Auch die Partnerschaftssituation, sowie die Vereinbarkeit von Beruf und Kindern spielt hier eine Rolle. Das niedrige Geburtenniveau erklärt außerdem den steigenden Anteil an älteren Menschen. Erneut ist festzuhalten, dass der Anteil der 60-Jährigen und Älteren an der Gesamtbevölkerung laut Prognosen auf einen Wert von 36,7 % (27,6 Millionen Personen) bis zum Jahr 2050 ansteigen soll. Im Jahr 2001 lag der Anteil bei 24,1 % (19,9 Millionen Personen). Auch die steigende Lebenserwartung begründet die Alterung der Gesellschaft. Diese ist wiederum durch verbesserte Lebensbedingungen wie beispielsweise Hygiene- oder Arbeitsbedingungen und die bessere medizinische Versorgung zu begründen. FOLGEN FÜR DAS LEBEN IM ALTER Die Alten bilden zum ersten Mal zahlenmäßig die stärkste Gruppe. Die ältere Generation wird also zum einen über maßgebliches Gestaltungspotenzial verfügen, zum anderen werden die Lebenslagen der älteren Menschen aber erheblich durch externe Faktoren beeinflusst. Die steigende Anzahl der Älteren führt folglich zu einer wachsenden Anzahl von Pflege- und Hilfsbedürftigen, da die Pflegebedürftigkeit in hohem Maße altersabhängig ist. „Nach Vollendung des 60. Lebensjahres steigt die Pflegequote, d.h. der Anteil der Pflegebedürftigen an der Gesamtbevölkerung in der glei-
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chen Altersgruppe, deutlich an.“ Fraglich ist, wie die Versorgung pflegebedürftiger Menschen in Privathaushalten zukünftig aussehen wird, da durch den steigenden Anteil älterer Menschen und durch die sinkende Zahl von erwerbstätigen BeitragszahlerInnen die Einnahmen und Ausgaben der Kranken- und Pflegeversicherung in eine Schieflage geraten. Doch neben der Pflegebedürftigkeit ist besonders die Einschränkung der Mobilität oder der Kraft auch eine Einschränkung des Lebensraums älterer Menschen. Unter diesem Gesichtspunkt stellt sich heraus, dass die ältere Generation neben der Pflege auch verstärkt Unterstützung im Alltag benötigt. Beispielsweise sind viele ältere Menschen nicht mehr in der Lage, eigenständig einkaufen zu gehen oder den Haushalt zu erledigen. Neben den Nöten der älteren Generation ist aber auch ihr Produktivitätspotenzial herauszustellen. Bei vielen älteren Menschen hat das Interesse an kulturellen und ehrenamtlichen Tätigkeiten zugenommen. Auch sind viele Ältere von der gesellschaftlichen Bedeutsamkeit ihres Engagements überzeugt. Die ältere Generation charakterisiert sich also nicht nur durch ihre Pflegebedürftigkeit, sondern stellt auch ein Humankapital dar. Sie kann der Gesellschaft durch ihr Engagement und ihre Erfahrung einen hohen Nutzen bringen.
A n g s t vo r d e m A l t e r We n n S i e a n d a s A l t e r d e n ke n , wovo r fürchten Sie sich am meisten?
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H i l f s b e d ü r f t i g ke i t E i n s a m ke i t
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ALTER -
Die verdrängte Lebensphase?
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Die neuen Lebensformen, die mit dem demografischen Wandel einhergehen, werden nicht selten im Alter zum Problem. Viele Menschen sind auf professionelle Hilfe bzw. eine alternative Lebensform angewiesen, wenn es an Pflege- und Hilfspotenzial innerhalb der Familie durch einen fehlenden Partner oder fehlende
Kinder mangelt. Neben kinderlosen Älteren gibt es natürlich auch viele, bei denen die Kinder keine Möglichkeit zur Unterstützung haben oder der Kontakt abgebrochen wurde. Hier bildet sich eine weitere Gruppe älterer Menschen, für die ein außerfamiliäres Netzwerk von großer Bedeutung ist.
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GENERATIONENKONFLIKT
GERECHTIGKEIT
Auch wenn der demografische Wandel und das Thema dieses Heftes durchaus eine sozialpolitische Frage ist, lässt sich feststellen, dass der Staat nur wenig Einfluss beispielsweise auf den privaten Wohnungsmarkt hat. Versuche wie die Mietpreisbremse seitens des Staates sind nur schwer realisierbar, weshalb es umso wichtiger ist, alternative Konzepte zu entwickeln, um den privaten Wohnungsmarkt zu umgehen. Von sozialstaatlichen Interventionen ist abzusehen, da diese nicht auf die Durchsetzung von Interessen einer Minderheit zielen dürfen.
Betrachtet man Solidarität als eine beliebig vermehrbare Ressource, muss der Alterungsprozess kein größeres Problem darstellen. Da Solidarität aber schnell zu einem knappen Gut werden kann, ist eine Balance zwischen beiden Generationen wichtig. Diese kann geschaffen werden, indem beide voneinander profitieren und das Alternativkonzept nicht als zu erbringende Dienstleistung gesehen wird, sondern als Chance.
Soziale Gerechtigkeit herzustellen ist ein sehr komplexes Thema, weshalb der Begriff auch als Illusion wahrgenommen werden kann. Ziel muss es dennoch sein, Interessen durch alternative Lösungen durchsetzen zu können.
gestaltende Aufgabe.“
Konflikte entstehen nicht nur durch die verschiedenen Interessen, sondern auch durch die verschiedenen Prägungen der Generationen. Sie unterscheiden sich in ihren Stärken, Schwächen sowie ihrer eigenen Entwicklungsgeschichte. Auch haben beide Generationen mit Vorurteilen zu kämpfen.
„Der demografische Wandel ist eine zu
Der demografische Wandel kann weder verhindert noch umgekehrt werden. Es sind allenfalls Anpassungen möglich. Allgemein sollten sich die Politik wie auch die Gesellschaft auf eine alternde Bevölkerung mit ihren Konsequenzen einstellen und Reformmaßnahmen entwickeln. Generationengerechtigkeit muss zu einem seriösen Konzept werden, das dazu beitragen kann, die Solidarität der Generationen
zu stärken. Ein Konzept, das also sowohl die Nöte der Jungen, als auch die Nöte der Alten zu befriedigen versucht, ist ein guter Ansatz, um die Folgen des demografischen Wandels zu minimieren. In diesem Fall ist hier auf die Wohnungsnot der jungen Generation und auf den Bedarf an Unterstützung und gesellschaftlicher Integration der älteren Generation hinzuweisen. Denn nur wenn beide Parteien das Konzept vorurteilsfrei angehen, kann es funktionieren. Wichtig ist auch, sich in die jeweils andere Generation hineinversetzen zu können, um sich den jeweils anderen Nöten bewusst zu werden und gemeinsam eine Lösung zu entwickeln. Der demografische Wandel ist also eine zu gestaltende gesellschaftliche Aufgabe. Es ist an der Zeit, Lösungen zu entwickeln, um ihn nicht zur ernsthaften Bedrohung werden zu lassen. Lösung für den Konflikt zwischen Jung und Alt soll die Zusammenführung beider Generationen sein, durch die beide voneinander profitieren.
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„ Denn Fairness zwischen Jung und Alt heißt: Jeder muss seinen Beitrag für die Zukunft des Landes leisten. Dieser kann durchaus unterschiedlich sein, weil sich die Möglichkeiten (...) unterscheiden.
“ Katrin Göring-Eckhardt, Bündnis 90/Die Grünen
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AUF DER SUCHE NACH KONTAKT
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DIE BEDEUTUNG VON INTEGRATION
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wischen den Generationen sind solidarische, familiäre Leistungen nur bedingt möglich, weil Eltern und Kinder aufgrund der wachsenden beruflichen Mobilität oft weit voneinander entfernt leben. Auch die sinkenden Kinderzahlen bedingen ein Alleinbleiben im Alter. Zudem kommt es durch die starken Veränderungen in familiären Strukturen, wie die zunehmenden Scheidungsquoten, den steigenden Anteil an Unverheirateten sowie die steigende Zahl von Single-Haushalten dazu, dass die ältere Bevölkerung vereinsamt, denn es wird tendenziell zu einer Zunahme partnerlos alternder Menschen kommen. „Um 2020 wird etwa ein Drittel der über 65-Jährigen weder Kinder noch Enkel haben. (...) Für das Jahr 2030 ist davon auszugehen, dass der Anteil von alleinlebenden alten Menschen auf 41 % ansteigen wird (...). Hinzu kommt, dass – derzeit jedenfalls beobachtbar – Alleinlebende auch geringere außerfamiliäre Kontakte haben. Allerdings muss Alleinbleiben nicht unbedingt Einsamkeit bedeuten, wohl aber soziale Isolation.“
Von Vorteil wäre, wenn sich andere gesellschaftliche Gruppen an der Bewältigung dieses Problems beteiligen. Die Einbindung in Gemeinschaften ist „ein wichtiges Kriterium für subjektiv erfahrene Lebensqualität“. Die Auswirkungen des demografischen Wandels erhöhen also die Wahrscheinlichkeit für das Zusammenleben von Generationen und die Vielfalt der Lebenskontexte im Prinzip. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Verlust von familiären und sozialen Beziehungen eine Herausforderung für die ältere Generation bedeutet und für diese deshalb über besondere Integrationsmaßnahmen sowie Kontakt- und Unterstützungsnetze nachgedacht werden muss. Von den jeweiligen Maßnahmen profitieren aber nicht nur die Älteren. Denn
WAS BRAUCHST DU EIGENTLICH | 21
03 deren Erfahrungen und Potenziale sind auch für die junge Generation unverzichtbar. Im Vordergrund sollte ein „bedarfsgerechtes soziales und kulturelles Angebot“ stehen, was durch ein alternatives Wohnkonzept geleistet werden kann.
« Sozialkontakt ist das einzige, was Menschen langfristig befriedigt, was uns länger leben lässt und was uns glücklich macht. Nichts sonst. » Prof. Manfred Spitzer, Neurowissenschaftler
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JUNG UND ALT
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Das Projekt „Wohnen für Hilfe“ existiert in mehreren Städten Deutschlands sowie in vielen verschiedenen anderen Ländern weltweit. In Köln ist „Wohnen für Hilfe“ eine Kooperation zwischen dem Amt für Wohnungswesen und der Universität zu Köln in Zusammenarbeit mit der Seniorenvertretung der Stadt Köln. Das Konzept wurde bereits mit Preisen wie dem „Pulsus Award – Gesundheitspreis der Techniker Krankenkasse und der Bild am Sonntag“ ausgezeichnet. In Köln gibt es die Wohnpartnerschaften zwischen den Generationen bereits seit 2009. Die Idee besteht darin, Menschen mit unterschiedlichen Bedürfnissen zusammenzuführen.
ter und stellt dem/der Studierenden freien Raum zur Verfügung. Gerade bei der älteren Bevölkerung kommt es oft vor, dass früher genutzter Wohnraum infolge von Auszug der Kinder oder Tod des Partners nicht mehr genutzt wird. Hier bietet sich die Möglichkeit, diesen Raum jungen Menschen zur Verfü-
Wie die beiden Hefte „Hallo Junior“ und „Hallo Senior“ vermitteln, gibt es ein Bedürfnis nach kostengünstigem Wohnraum der Studierenden und ein Bedürfnis nach sozialem Kontakt und Unterstützung im Alltag der Senioren. „Wohnen für Hilfe“ versucht beide Bedürfnisse zu befriedigen, indem es auf eine Wohnpartnerschaft zwischen Jung und Alt abzielt. Der/die SeniorIn dient dabei als Wohnraumanbie-
gung zu stellen. Im Gegenzug dazu leistet der/die Studierende Hilfestellung im Alltag. Das Projekt beschränkt sich jedoch nicht nur auf die Vermittlung zwischen Studierenden und SeniorInnen, sondern auch Familien, Alleinerziehende oder Menschen mit Behinderung, die einen eigenen Haushalt führen und sich Gesellschaft, Unterstützung oder Sicherheit durch eine/n Studierenden wünschen, können
IN EINER ECHTEN GEMEINSCHAFT WIRD AUS VIELEN ICH EIN WIR. Erwin Ringel (1921-1994)
Wir können voneinander profitieren.
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ihren Wohnraum zur Verfügung stellen. Die Voraussetzungen, um Wohnraumanbieter zu werden, sind also einfach, solange man über freien Wohnraum verfügt und sich vorstellen kann, mit einem jüngeren Menschen zusammenzuleben. Die Zielgruppe der potenziellen MieterInnen beschränkt sich auf ordentlich eingeschriebene Studierende einer Hochschule. Vorausgesetzt wird, dass der Student über gute Deutschkenntnisse sowie soziales Engagement verfügt. Genau wie der/die WohnraumanbieterIn muss natürlich auch der/die Studierende am Zusammenleben mit der anderen Generation interessiert sein. Die Hilfeleistung seitens des/der Studierenden ist dabei immer individuell festzulegen und richtet sich nach den Bedürfnissen des jeweiligen Wohnraumanbieters/der jeweiligen Wohnraumanbieterin. Unterstützungsleistungen können zum Beispiel das Helfen im Haushalt, Gartenarbeit oder das Einkaufen sowie Spaziergänge und das einfache Leisten von Gesellschaft sein. Da es bei der Zusammenführung von Jung und Alt hauptsächlich um die Unterstützung im Alltag und um die gesellschaftliche Integration geht, können pflegerische Tätigkeiten innerhalb dieses Projektes nicht berücksichtigt werden. Für pflegerische Aufgaben bedarf es geschulten Personals. Durch das Projekt „Wohnen für Hilfe“ bietet sich den Senioren aber in jedem Fall die Möglichkeit, am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben. Der individuell vereinbarte Umfang der Unterstützungsleistung sowie die Höhe der Mietbeteiligung werden zwischen den Wohnpartnern in einem Vertrag festgehalten. Es gilt die Faustregel: „Pro Quadratmeter überlassenen Wohnraum leisten die Studierenden eine Stunde Hilfe im Monat. Die Nebenkosten, wie Strom, Heizung und Wasser, tragen die Studierenden.“ Bei Interesse an dem Projekt kann man einen unverbindlichen Beratungstermin vereinbaren, oder das Online-Portal zur schnelleren Vermittlung eines Wohnpartners nutzen. Auch wird der Service geboten, den/die Interessierte/n zu Hause zu besuchen, um Wünsche und Bedürfnisse zu ermitteln,
um schließlich bei der Vermittlung des passenden Wohnpartners helfen zu können. Wurde ein passender Wohnpartner gefunden, besteht bei Sympathie die Möglichkeit des Probewohnens, das bis zu zwei Wochen dauern kann und der Sicherheit dient, die richtige Entscheidung zu treffen. Bei erfolgreichem Verlauf des Probewohnens wird ein Wohnraumüberlassungsvertrag aufgesetzt.
WIR WOLLEN AUFSTEHEN, AUFEINANDER ZUGEHEN, VONEINANDER LERNEN, MITEINANDER UMZUGEHEN. Sven Schuhmacher (*1977)
Zusammengefasst werden also die persönliche Beratung, die Unterstützung bei der Auswahl und Vermittlung des Wohnpartners, Hilfe beim Vertragsabschluss sowie die Betreuung bestehender Wohnpartnerschaften geboten. Die Vermittlung der Universität zu Köln ist kostenfrei. Mit der langfristigen Förderung des Projektes reagiert die Stadt Köln auf die schwierige Wohnsituation der Studierenden und auf die demografisch bedingten Herausforderungen des Lebens im Alter. Die Vermittlungsarbeit wird derweil von den MitarbeiterInnen der Stadt Köln und der Universität zu Köln durchgeführt. „Die Förderung und Nachhaltigkeit von Wohnen für Hilfe wird durch die Kooperation städtischer und universitärerer Mitarbeiter sichergestellt.“
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PETER SCHMITZ, 72 Rentner
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EIN SENIOR IM INTERVIEW Peter Schmitz (72) ist ehemaliger Bauingenieur. Zusammen mit seiner verstorbenen Frau, hat er sich vor 15 Jahren eine Eigentumswohnung in Köln gekauft. Nach dem Tod seiner Frau, fühlte er sich einsam und fand durch „Wohnen für Hilfe“ einen Mitbewohner.
WIE BIST DU AUF DAS KONZEPT AUFMERKSAM GEWORDEN?
HAST DU ETWAS VON DER JÜNGEREN GENERATION LERNEN KÖNNEN?
Durch meine Enkel. Die wohnen sehr weit weg und besuchen mich nur selten. Ich glaube die dachten, dass ich Gesellschaft brauche. Das hätte ich selbst nicht zugegeben, aber die beiden hatten Recht. Bei der Suche nach Informationen haben sie mich auch unterstützt und mir den Internetauftritt von „Wohnen für Hilfe“ gezeigt.
Ich habe gelernt, wie man ein Handy bedient. Mein Student war der Meinung, ich müsste anrufen können wenn irgendwas ist. Ich habe jetzt ein Smartphone und kann damit telefonieren. Ich habe auch vieles über die heutige Zeit gelernt und verstehe die jüngere Generation jetzt ein bisschen besser.
WAS HAT DICH BEWOGEN MITZUMACHEN?
WÜRDEST DU DAS KONZEPT WEITEREMPFEHLEN?
Am Anfang dachte ich, das ist nichts für mich, aber meine Enkel haben mich dann überredet. Wir haben uns an einem Sonntag zusammengesetzt und uns im Internet Studentenprofile angeschaut. Da waren einige nette Personen dabei, aber mein Student hat mir sofort zugesagt, weil er den gleichen Karriereweg einschlagen möchte, wie ich es getan habe. Auch hat er angegeben Spaß an der Gartenarbeit zu haben. Nun ist er mir eine große Hilfe im Garten. Außerdem finde ich es gut, wenigstens ein paar Stunden in der Woche einen Menschen um mich herum zu haben.
Das würde ich. Man sollte aber nichts überstürzen und auf den passenden Wohnpartner warten. Wenn sich zwei gefunden haben, ist das eine tolle Sache. Mir geht es jedenfalls viel besser als vorher.
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SCHLUSSWORT
VON DER IDEE ZUR UMSETZUNG In der Hoffnung, dass dieses Heft zur tieferen Auseinandersetzung mit der anderen Generation geführt und eine Bewusstseinssteigerung stattgefunden hat, freuen wir uns, wenn das Konzept auf positive Resonanz stößt. Um das Konzept in die Tat umzusetzen und aufrecht zu erhalten ist nun Ihr Handeln gefordert. Egal ob auf der Suche nach Raum oder Kontakt Ihre Ansprechpartner: Heike Bermond Sandra Wiegeler Frangenheimstr. 4 50931 Köln Tel. 0221-470-7933 Fax 0221-470-7934 wfh-hf@uni-koeln.de www.wfh-koeln.de
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BILDNACHWEIS
TEXTNACHWEIS
Fotos:
Die Infotexte sind teilweise der eigenen Bachelorarbeit „Jung und Alt - Konzeption zur Neugestaltung der Wohnraumsituation in Köln“ entnommen. Die verwendete Literatur ist in der Bachelorarbeit im Literatur- und Quellenverzeichnis aufgeführt.
Die Fotos wurden der Plattform Pexels entnommen. Alle Bilder auf Pexels sind unter der Creative Commons Zero (CC0) Lizenz veröffentlicht. Die Bilder dürfen kostenlos für alle legalen Zwecke benutzt werden. Eine Namensnennung ist nicht notwendig. Siehe hierzu: https://www.pexels.com/de/ fotolizenz/, abgerufen am: 14. Juni 2017. Grafik: Angst vor dem Alter: Eigene Darstellung, nach: Senicur Altenpflege. n.d. Wenn Sie an das Alter denken, wovor fürchten Sie sich am meisten?. Statista, https://de.statista. com/statistik/daten/studie/5516/umfrage/was-amalter-angst-macht/, abgerufen am: 14. Juni 2017.
Bei dem Interview auf S. 26/27 handelt es sich um ein fiktives Interview. Es dient als Vorschlag, um das Konzept zu bewerben. Klasen, J. (2017): Bachelorthesis: Jung und Alt Konzeption zur Neugestaltung der Wohnraumsituation in Köln unter Berücksichtigung des demografischen Wandels. Unveröffentlicht. Kapitel 1.1 - 3.2.1.
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