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Und wie fühlt sich das an? EIN HEFT ÜBER DIE EMOTIONALEN SEITEN DES STUDIUMS.


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Alles außer gewöhnlich.

Liebe Leserin, lieber Leser, es gibt Gefühle, die lernst du während der Zeit an der Hochschule besonders gut kennen. Zum Beispiel die Sorge, jeden Monat mit dem Geld hinzukommen. Oder die Angst, eine Prüfung nicht bestanden zu haben. Oder den Zweifel, überhaupt das Richtige zu machen. In dieser Ausgabe von jetztUNI&JOB erzählen unsere Autoren davon, wie es ihnen manchmal ging. Sie erzählen von persönlichen Kämpfen, aber auch von echtem Glück. Manches wirst du selbst kennen, anderes bleibt dir hoffentlich erspart. Viel Spaß beim Lesen wünscht dir deine Redaktion!

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DIE TEXTE IN DIESEM HEFT WERDEN VON EINER EIGENS PRODUZIERTEN MODESTRECKE DES FOTOGRAFEN MAXIME BALLESTEROS BEGLEITET. STYLING: SEBASTIANO RAGUSA. STYLINGASSISTENZ: EMMA CZERNY. DIE MODELS SIND ULRIKE THEUSNER, JEANNE-SALOMÉ ROCHAT, NIK KOSMAS, RICARDA MESSNER UND CELYN SMYTH. WIR DANKEN MARTIN EDER UND DSTM.

I N H ALT 04 ZUSTAND Klaus erzählt, was er gerade mag. 06 GLÜCK Warum aus vielen Studenten Yogalehrer werden. 10 NÄHE Wie es ist, fürs Studium bei der Oma einzuziehen. 12 NEID Die Hochschulen sind ein Ort der Missgunst geworden. 18 ZWEIFEL Über das seltsame Gefühl, dauernd das Falsche zu machen. 20 ANGST Manchen ist richtig bange vor der Zeit nach dem Studium.

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24 SORGE Es lähmt das Leben, wenn das Geld nicht reicht. 26 GEDULD Ein Student wartet auf den einen Brief.

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28 RÄTSEL Ein Versuch in Sachen Menschenkenntnis. 30 KOLUMNE Nadja Schlüter über das Sichzurechtfinden.

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WER BIST DU GERADE? Unser Geschmack wandelt sich im Lauf des Lebens. Doch zu jeder Zeit sagt das, was wir gerade mögen, ein bisschen was über uns selbst.

Klaus studiert Soziale Arbeit.

WAS KLAUS MAG, HABEN WIR HIER GEFUNDEN: FACEBOOK.COM, DICKEMAEDCHEN.COM, YOUTUBE.COM, AMAZON.DE

1. Auf welcher Website bist du gerade Stammgast? 2. Wo war es zuletzt im Urlaub super? 3. Welchen Film hast du als letzten gesehen und gemocht? 4. Welches Video hast du gerade geliket oder empfohlen? 5. Welches Buch hast du zuletzt gern gelesen? 6. Welche Accessoires magst du gerade? 7. Wen oder was hörst du gerade (Musik)?

VON TIM BRUENING / FOTO

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Durchs Schlüsselloch bei … Beim Bewerben wollen wir den Personalchef beeindrucken. Noch vorher aber muss uns der Job beeindrucken. In der Serie„Durchs Schlüsselloch bei ...“ erzählen verantwortliche Mitarbeiter, wie es ist, in ihrem Unternehmen zu arbeiten. Eva Ulmschneider ist Regionalverkaufsleiterin bei ALDI SÜD und hat das große Ganze genauso im Blick wie einzelne Preisschilder. Frau Ulmschneider, wie sind Sie auf ALDI SÜD als Arbeitgeber aufmerksam geworden? Kurz vor Ende meines Studiums habe ich den Absolventenkongress in Köln besucht und bin am Stand von ALDI SÜD auf die Unternehmensgruppe aufmerksam geworden. Danach stand für mich fest: Da möchte ich hin. Es gibt aber auch noch einige andere Wege, ALDI SÜD kennenzulernen. Zum Beispiel auf weiteren Recruitingmessen, bei einem vierwöchigen Kompaktpraktikum oder bei einem der regelmäßig stattfindenden Praxistage in den 31 Regionalgesellschaften. Was machen Sie als Erstes, wenn Sie morgens ins Büro kommen? Mein Arbeitstag als Regionalverkaufsleiterin beginnt mit einem Rundgang durch eine der sieben Filialen, die ich betreue. Ich begrüße die Mitarbeiter und prüfe zum Beispiel, ob der Verkaufsraum mit genügend Ware bestückt ist, ob alle Preisschilder korrekt platziert wurden und ob die Filiale einen ordentlichen und sauberen Eindruck macht. Was genau steckt hinter Ihrer Bezeichnung als Regionalverkaufsleiterin? Als Regionalverkaufsleiter bei ALDI SÜD übernehme ich die eigenverantwortliche Leitung eines eigenen Bereiches mit circa sechs Filialen und mindestens fünfzig Mitarbeitern. Für welche Bewerber ist ALDI SÜD aus Ihrer Sicht interessant? Bewerber, die sich gern engagieren, sind bei ALDI SÜD genau richtig. Ein überdurchschnittlicher Hochschulabschluss mit

wirtschaftswissenschaftlicher Studienausrichtung wird vorausgesetzt. Wichtig sind aber auch das Interesse für den Handel und Begeisterung für unternehmerisches Handeln. Was erwartet einen Berufseinsteiger bei ALDI SÜD? Direkt nach der offiziellen Begrüßung geht es raus in den Verkauf. Zu Beginn steht eine umfangreiche Einarbeitung in Form eines zwölfmonatigen Trainings on the Job auf dem Programm. Dabei begleitet man einen erfahrenen Regionalverkaufsleiter und lernt auf diesem Weg als Trainee die Unternehmensgruppe intensiv kennen. Was leistet ALDI, um seine Mitarbeiter langfristig zu binden? Auch nach dem Training on the Job erhalten die Mitarbeiter bei ALDI SÜD kontinuierlich Möglichkeiten zur Weiterentwicklung. In der ALDI SÜD AKADEMIE, unserem Seminarund Weiterbildungsprogramm, nehmen Nachwuchskräfte an Veranstaltungen zu Themen wie Führungskommunikation, Arbeitssicherheit, Qualitäts- oder Schulungsmanagement teil. Sie haben selbst bereits eine spannende Karriere hinter sich. Welche Tipps geben Sie Berufseinsteigern? Gibt es ein Erfolgsrezept? Wer eine hohe Leistungsbereitschaft besitzt und Spaß daran hat, schnell Verantwortung zu übernehmen, passt gut zu ALDI SÜD. Ein echtes Erfolgsrezept kenne ich leider auch nicht. Aber ich bin mir sicher: Wer an sich selbst glaubt und für seine Ziele kämpft, wird beruflich erfolgreich sein.


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VON NADJA SCHLÜTER / TEXT

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Warum wollen gerade so viele Studenten und junge Erwachsene Yogalehrer werden? Eine Geschichte über Klarheit und Sinnsucher.

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licht strahlt sie an. Mit geschlossenen Augen und im Schneidersitz streckt sie die Hände zum Himmel. „Ego eradicator“ heißt diese Yogahaltung – Egovernichter. Mit ihrem Facebook-Profilbild scheint Jessica zu sagen: Yoga ist, was ich bin. Nichts weist darauf hin, dass sie vor wenigen Jahren noch eine ehrgeizige Nachwuchswissenschaftlerin war. Jessica, heute 31, hat Soziologie studiert und wollte danach an der Uni bleiben. „Das war eigentlich schon vorgezeichnet. Ich habe den Bachelor ziemlich gut abgeschlossen, Master 1,0, was man sich so wünscht, und die Professoren haben gesagt: Du musst unbedingt promovieren!“ Den Einstieg ins Yoga fand sie 2005, während des Studiums in Berlin. Nach dem Wechsel an die Universität Konstanz blieb sie dabei. Ihre damalige Lehrerin empfahl ihr schließlich die Ausbildung zur Yogalehrerin. „Ich bin aus allen Wolken gefallen und dachte: Was? Ich werde niemals Yogalehrerin! Ich war damals im Masterstudium und voll im Stress.“ Etwa fünf Millionen Menschen in Deutschland üben regelmäßig Yoga. In jeder Stadt kann man Kurse besuchen, auch in den meisten Unisportangeboten sind sie ein fester Bestandteil. Lange Zeit galt Yoga als exotisch und esoterisch, es war der Sport von Aussteigern und Hausfrauen. Inzwischen hat fast jeder es schon einmal ausprobiert, in fast allen Gesellschaftsschichten und Altersklassen. „Die Menschen merken, dass das Leben, wie wir es leben, sie nicht mehr glücklich macht“, sagt Angelika Beßler, Vorstandsvorsitzende des Berufsverbandes der Yogalehrenden in Deutschland. „Ihnen fehlt ein inneres Glück, sie haben den Wunsch, aus dem Stress auszusteigen, den Wunsch nach Stille. Das finden sie im Yoga.“ Fragt man bei verschiedenen Yogaschulen in Berlin und München nach, erfährt man, dass der Anteil der Kursteilnehmer unter dreißig Jahren gestiegen ist. Nicht anders ist es in der Ausbildung zum zertifizierten Yogalehrer: Die Schüler werden immer jünger. Sie hegen die Hoffnung, nach der zwei- bis vierjährigen Lehrzeit und einer Investition von bis zu 8000 Euro ihr Hobby zum Beruf machen zu können. Ist die Yogalehrerausbildung so etwas wie die Alternative zur herkömmlichen Karriere? Und sagt es etwas über die Studenten oder gar das Studiensystem, wenn viele Yoga der Uni vorziehen? Jessica ist dann doch zu der Infoveranstaltung für die Ausbildung gegangen und hat dort den Yogalehrer getroffen, der sie später ausbildete. „Als ich ihn gesehen habe, mit

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seinem langen Bart und dem Turban, dachte ich: Von dem kann ich so viel lernen, was mir keiner an irgendeiner Uni beibringen kann. Das war, als hätte er für mich eine Tür zu einem neuen Universum geöffnet.“ Jessica machte die Ausbildung und entfernte sich von einer Karriere als Wissenschaftlerin. Die Promotion fing sie zwar noch an, brach dann aber ab. Seit 2011 hat Jessica mit der Uni nichts mehr zu tun. Ihr früheres, rationales und analytisches Ich gibt es nicht mehr. Dafür gibt es eine Jessica, die freiberuflich Yoga unterrichtet, vegetarisch lebt und keinen Alkohol trinkt, die am Morgen meditiert und sogar einen Yoganamen hat: Sevak Kaur. Das bedeutet „Gottes wahre Dienerin“. Ihr Leben und Yoga sind eins geworden. „Ich merke einfach, dass mir das total guttut. Wenn ich vom Unterricht komme, habe ich oft ein richtiges Glücksgefühl“, erzählt sie. In ihrem Leben, sagt Jessica, hat sich seit der Ausbildung so gut wie alles verändert, „meine ganze Einstellung, mein Blick auf die Welt, meine Beziehungen“. Bei Monika, 29, gab es keinen so radikalen Bruch, aber auch sie hat sich dafür entschieden, Yogalehrerin zu werden. Seit über drei Jahren macht sie schon die Ausbildung in einem Studio im Münchner Westend, im Herbst beginnen die Abschlussprüfungen. Sie wusste lange Zeit nicht, wohin es für sie gehen soll. „Mein Bruder meinte: Du machst doch so gern Yoga. Ich habe gesagt: Aber das kann man doch nicht studieren.“ Sie recherchierte im Internet und fand eine Schule, die eine Yogalehrerausbildung anbietet. „Da wusste ich sofort: Das will ich machen.“ Seitdem besucht Monika neben ihrem Studium der Volkskunde, Slawistik und Indologie einmal im Monat ein Ausbildungswochenende, lernt die Philosophie des Yoga, Anatomie und Physiologie, Haltungen und Übungen. Sie lernt, wie man eine Yogastunde vorbereitet und hält. „Das war die beste Entscheidung meines Lebens“, sagt Monika, „Yoga macht mich glücklich.“ Jeder Student hat irgendwann einmal das Bedürfnis auszusteigen. Wenn das Semester besonders anstrengend, die Prüfung besonders schwer oder das eigene Energielevel bei unter null ist, kommt wie von selbst die Frage: Was wird mir die ganze Lernerei bringen? Auf einmal entsteht die Sehnsucht, das Glück anderswo zu suchen; vielleicht im eigenen Café, auf einem Bauernhof im Kuhstall, vielleicht mit einem Shop für selbst genähte Taschen bei Dawanda. Es entsteht vielleicht das Gefühl, sich mit dem Studium nicht für das

Richtige entschieden zu haben. Wie viele Studenten studieren, einfach weil sie die Möglichkeit dazu haben? Wie viele Studenten wissen genau, wo sie hinwollen? Die Idee vom Café oder vom Bauernhof ist deshalb so attraktiv, weil dabei sofort klar ist, was zu tun ist und für wen man arbeitet. Es entsteht, so die Vermutung, eine klare Vorstellung vom Leben, vielleicht sogar vom Glück, die im Studium manchmal verloren geht. Jessica hat diese Klarheit in den Hörsälen, auf Scheinen und Leistungspunktekonten, in Büchern und Seminaren nicht gefunden. Während das Studiensystem immer sachlicher und leistungsorientierter wird, werden viele Studenten spiritueller und sehnen sich nach etwas anderem oder doch zumindest nach einem Ausgleich. Die meisten träumen aber nur davon und bleiben im Hörsaal sitzen. Vielleicht sind es die Mutigsten, die sich wirklich einer Alternative zuwenden. Oder die, die an ihrer Situation an der Uni nicht nur zweifeln, sondern wirklich leiden. Für Sarah, 33, zum Beispiel war die Ausbildung mehr als eine Alternative. „Yoga“, sagt sie, „war meine Rettung.“ Sarahs Familie gehört einer Freikirche an, sie wurde sehr religiös erzogen. Die Entscheidung für das Studium, Französisch und evangelische Theologie auf Lehramt, wurde stark von ihrem Umfeld beeinflusst. Vor einigen Jahren entlud sich diese Fremdbestimmung in einer schweren persönlichen Krise. Sarah ging in psychologische Behandlung. In jener Zeit nahm sie zum ersten Mal an einem Yogakurs teil. „Ich bin nach zwei Minuten rausgerannt. Es hat bei mir im Brustkorb geknackt, und ich dachte, ich muss sofort aufhören, sonst wird es zu stark“, erzählt sie. Danach hat sie sich eine Weile vom Yoga ferngehalten. Später zog sie nach Berlin, in ein neues Umfeld mit Distanz zu ihrem alten Leben. „Ich habe mich für Kurse angemeldet, um Yoga kennenzulernen und dem Gefühl nachzuspüren“, sagt sie. „Ich habe schnell gemerkt, dass es das Richtige für mich ist, dass ich damit gut zurück ins Leben komme und mein Studium abschließen kann.“ 2011 meldete Sarah sich zur Yogalehrerausbildung an. Es war die erste Entscheidung von großer Tragweite, die sie ohne ihre Familie traf. Yoga, das sei zwar keine Rebellion, aber eben ihr „ganz Eigenes“, sagt Sarah. Yoga gebe ihr eine Perspektive, privat und beruflich. Aber eine berufliche Perspektive gewinnt man nicht allein durch morgendliche Meditation. Genau wie für ein Café oder einen Dawanda-Shop braucht man für die Tätigkeit als

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Jessica trägt einen Turban, warmes Sonnen-


Yogalehrer ein Geschäftsmodell. Da steht dann innere Ruhe auf der einen und Buchhaltung auf der anderen Seite. Geht das zusammen? Catrin Müller, Leiterin des Shakti Yogaloft in Berlin, glaubt, das geht. „Immer mehr junge Menschen sehen Yoga als alternativen Berufsweg“, sagt sie. „Und viele sind da sehr realistisch. Es gibt zum Beispiel Yogacoaches, die die Auszubildenden in Sachen Selbstständigkeit beraten.“ „Yogalehrer/in“ hat mittlerweile sogar eine eigene Berufsbeschreibung im BERUFENET der Bundesagentur für Arbeit, das alle Jobs verzeichnet, die arbeitsmarktrelevant sind. Monika strebt eine Anstellung an, sagt sie. Freiberuflich zu arbeiten wäre ihr erst mal zu unsicher. Jessica gibt zwar schon Unterricht, arbeitet aber nebenher noch in anderen Projekten, um sich zu finanzieren. Und Sarah kann sich mittlerweile vorstellen, nach ihrem Lehramtsstudium ein Referendariat zu machen und nebenher Yogastunden zu geben. Die Doppelbelastung traut sie sich zu. „Seit ich die Ausbildung mache, hat sich viel verändert. Ich kann jetzt viele Dinge leichter bewältigen“, sagt sie. Yoga führt offenbar nicht automatisch weg von der Uni. Manche geraten über diesen Umweg zurück auf die alte

Bahn. Monika will ihr Studium abschließen. Sie hat auch schon eine Idee für eine anstehende Magisterarbeit in Volkskunde. Sie möchte Menschen, die Yoga machen, zu ihren Erfahrungen befragen. „Das Thema soll sein: Glücklich durch Yoga“, sagt sie und lächelt. Es klingt nicht wie eine Frage, sondern wie eine Feststellung.


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Unsere Autorin ist pünktlich zum Studienbeginn bei ihrer 87-jährigen Oma eingezogen. Klingt anstrengend, war aber super. VON FIONA WEBER-STEINHAUS / TEXT

Das Ende der Schulzeit birgt einen entscheidenden Vorteil: Endlich streift man die Rollen ab, die seit der sechsten Klasse an einem kleben wie festgetretener Kaugummi vor dem Schultor. Man kann neu beginnen und herausfinden, wie man leben möchte. Am besten funktioniert diese Selbstfindung weit weg von der Familie. Auch ich wollte weit weg. Aber dann bekam ich kurzfristig eine Zusage von der Universität in der Kleinstadt, in der meine Großmutter lebte. Die Zeit drängte, und ich fand kein WG-Zimmer. Schließlich fragte ich meine Großmutter, ob ich vorübergehend bei ihr unterkommen könne. Zunächst war sie skeptisch. Sie murmelte: „Probieren können wir’s ja mal.“ So packte ich im Spätsommer vor sechs Jahren Fahrrad, Laptop und einen wackligen Schrank ins Auto und zog zu meiner damals 87-jährigen Oma in die westfälische Heimat meiner Familie. Die ersten Uniwochen waren aufregend, vollgepackt mit Einführungsvorlesungen, Kennenlern-Kneipenrunden und schrecklichen Ersti-Partys.

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Ein normaler Semesterstart. Doch während meine Kommilitonen mit ihren neuen WG-Kollegen den Platz im Kühlschrank systematisch aufteilten, richtete ich mich in dem Backstein­haus ein, in dem ein Teil meiner Familie seit über sechzig Jahren lebt: im Erdgeschoss meine Großmutter, im ersten Stock die Großtante, im Dachstuhl ein Cousin, zwei weitere Cousins nur fünf Minuten Fußweg entfernt. Statt ungespülter Tassen stapelten sich bei mir Kreuzworträtsel auf dem Esstisch, an der Wand hingen Zierteller. Wenn ich nach Hause kam, war es, als tauchte ich vom hektischen Unileben zurück in die Vergangenheit – in eine Wohnung, in der seit Jahrzehnten kein neues Möbelstück platziert wurde. Öffnete ich den Kleiderschrank auf dem Dachboden, glaubte ich den Staub des Wirtschaftswunders von den Kleidern meiner Großmutter abklopfen zu können. Fuhr ich sie in ihrem Rollstuhl durch die Innenstadt, erzählte sie zu jeder Straßenecke eine eigene Geschichte: Am Denkmal hatte sie sich immer mit


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meinem Großvater verabredet. In einer der Hochschulsport-Turnhalle hatte sich ein Verwandter fast den kleinen Zeh am Barren abgerissen, sagte sie. Noch heute zeuge ein Blutfleck auf dem Linoleumboden von seiner missglückten Grätsche. Auch wenn ich diesen Fleck nie fand: Mit meiner Großmutter sah ich die Stadt nicht nur durch die Augen der Erstsemesterin, welche die Lebensqualität der Stadt nach Liegewiesen-, Kneipen- und Cafédichte bewertet. Jeder Tag war genau getaktet. 16 Uhr: Kaffee und Kuchen. 20 Uhr: Tagesschau. Sonntag, 13 Uhr: Braten mit Kartoffeln, Erbsen und Möhren. Sonntag, 13.05 Uhr: ein erstauntes: „Dass du keinen Braten magst!“ Meine Großmutter bewältigte den Tag in kleinen Etappen. Die Zeiten hatten sich auch beim Rest der Familie eingebrannt, sodass oft Cousins, Onkel und Bekannte zur bekannten Uhrzeit auf einen Kaffee vorbeikamen. Ich war tagsüber meist an der Universität. Allein der Gedanke an diesen straff organisierten Tagesablauf engte mich ein. Gleichzeitig mochte ich die Berechenbarkeit meiner Großmutter und das Gefühl zu wissen, dass sie immer da war. Sie ließ mir Freiräume. Sie war eine dieser älteren Frauen, die das Leben mit all seinen Schicksalsschlägen entspannter gemacht hatte. Sie wuchs in den Nachwehen des Ersten Weltkrieges auf, durchlebte den Zweiten, verlor früh ihren Mann — da würde sie mit mir schon fertig werden, sagte sie einmal mit einem Lachen. Nie schrieb sie mir vor, wann ich zu Hause sein sollte oder was ich zu tun hatte. Sie fragte: „Willst du nicht lieber nachts radeln als laufen?“ oder „Bist du auch schön warm?“ — Fragen, die, von den Eltern gestellt, maßlos stören. Aber sie war halt die Oma. Durch die Nähe im Alltag sah ich meine Großmutter nicht nur als liebenswürdige Frau, die bestens tröstete, buk und strickte. Ich lernte auch ihre Sorgen, Ängste und auch ihre Kauzigkeiten kennen. Für jede Situation hatte sie einen eigenen Spruch. Wenn ich Jungsgeschichten erzählte, dann hob sie wichtig den Finger und zitierte Schiller: „Drum prüfe, wer sich ewig bindet.“ Ging es um Eskapaden jeglicher Art, murmelte sie: „Jedem Tierchen sein Pläsierchen.“ Kosmetik hielt sie für Teufelszeug. Sie schüttelte jedes Mal den Kopf, wenn sie meine Cremetiegel im Badezimmer sah. Als Beweis, dass es auch ohne geht, führte sie immer ihre knittrige, aber rosige Haut an. Je besser ich meine Großmutter kennenlernte, umso mehr sorgte ich mich auch um sie. Eine Großmutter alle paar Wochen anzurufen, sie an Geburtstagsfeiern kurz zu drücken, das ist etwas anderes, als sie jeden Tag zu erleben und Zeuge ihres Älterwerdens zu sein. Ich fühlte mich verpflichtet, ihr in all den Dingen zu helfen, die sie nach und nach nicht mehr allein bewältigen konnte. Ich ging einkaufen, fuhr sie im Rollstuhl zur Krankengymnastik, zur Dauerwelle und auf den Markt. Oft wetzte ich zwischen Vorlesungen zu ihr oder rollte sie im flotten Dauerlauf zu ihren Terminen, wenn ich zu spät war. Mit ihr zu wohnen bedeutete allerdings auch, mein Unileben und mein Zuhause zu trennen. Meine neuen Bekannten zum Kochen in ihrer Küche einzuladen oder zum Biertrinken im Wohnzimmer, das war ausgeschlossen. Zu viele fremde Leute strengten sie an. „Dafür bin ich einfach zu alt“, sagte sie und lachte. Im zweiten Studienjahr suchte ich mir ein eigenes WG-Zimmer. Als ich mein Rad, meine Kleidung und meinen Laptop einpackte, drückte sie mich fest. „Nach vierzig Jahren allein ist es nicht einfach, die Wohnung zu teilen. Ich hätte nicht gedacht, dass es so gut klappt“, sagte sie. Und dann: „Ich werde dich vermissen.“

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Deloitte bezieht sich auf Deloitte Touche Tohmatsu Limited, eine „private company limited by guarantee“ (Gesellschaft mit beschränkter Haftung nach britischem Recht), und/oder ihr Netzwerk von Mitgliedsunternehmen. Jedes dieser Mitgliedsunternehmen ist rechtlich selbstständig und unabhängig. Eine detaillierte Beschreibung der rechtlichen Struktur von Deloitte Touche Tohmatsu Limited und ihrer Mitgliedsunternehmen finden Sie auf www.deloitte.com/de/UeberUns. © 2013 Deloitte & Touche GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft


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VON CHARLOTTE HAUNHORST / PROTOKOLLE

Eigentlich sollte das Studium eine neidbefreite Zone sein: Jeder studiert, was ihm gef채llt, die Noten der anderen sind total egal. Die Wahrheit sieht dann doch anders aus. Ein Drama 체ber Neid und wie man ihn 체berwindet.

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1. AKT ICH BIN DOCH NICHT NEIDISCH

BERNHARD GOODWIN, DER KOMMUNIKATIONSWISSENSCHAFTLER

MARLITT, 25, PROMOVIERT IN JURA

Neid erlebe ich eher indirekt, zum Beispiel wenn die Studenten kommen, weil sie um Noten feilschen wollen. Meistens liegt das daran, dass sie sich selbst anders einordnen und denken, sie müssten im Vergleich zu anderen besser dastehen. Oftmals sind sie es auch aus der Schule einfach nicht gewohnt, mal eine Drei zu haben. Prinzipiell finde ich es ja nicht schlecht, wenn sich Studenten über ihre Noten informieren. Dann kann man ein detailliertes Feedback zu ihrer Arbeit geben, das ist wichtig und sollte häufig geschehen. Wenn es aber nur darum geht, eine bessere Note zu bekommen, dann ist es anstrengend.

Es ist schwer, Neid im Studium konkret festzumachen. Das ist immer eher ein subtiles Gefühl als eine belegbare Tatsache. TIANYU, 24, STUDIERT JURA UND STEHT VOR DEM ERSTEN JURISTISCHEN STAATSEXAMEN

Prinzipiell kümmern mich die Werturteile anderer wenig, ich gönne jedem Erfolg. PETRA KUCHER-STURM, DIPLOM-PSYCHOLOGIN, STUDENTENWERK STUTTGART

Wenn, dann ist Neid ein Wahrnehmungsproblem für jemanden, der sich eher am Misserfolg statt an seinen Erfolgen orientiert. Besonders häufig aufgetaucht ist das hier bisher nicht.

CHRISTIANE MORRÉ, DIE MUTTER

MIRA, 24, IST MIT IHRER ZWILLINGSSCHWESTER ZUR SCHULE UND AN DIE HOCHSCHULE GEGANGEN

Privat sind meine Schwester und ich ein Dream­team. Besser geht’s nicht. EVA, 25, ARBEITET SEIT KURZEM IN EINER KOMMUNIKATIONSAGENTUR

2. AKT WIE NEID ENTSTEHT

Vieles, was an der Uni wie Neid aussieht, ist in Wirklichkeit eher Angst. Da wird man auf einmal in eine Welt geworfen, die grausam zu sein scheint. Man muss um Noten, Praktika und einen Masterplatz kämpfen und zeitgleich um sein eigenes Selbstbild. Der Neid ist dann eher eine Abwehrhaltung, weil man einfach überfordert ist. Im Master wird das meiner Erfahrung nach viel besser, da entwickelt man sich dann weiter und schafft etwas Positives aus dem Neid.

MIRA, 24, DER ZWILLING

BERNHARD GOODWIN, KOMMUNIKATIONSWISSENSCHAFTSDOZENT AN DER LUDWIGMAXIMILIANS-UNIVERSITÄT MÜNCHEN

Ich habe meine Ehefrau im Studium kennengelernt. Wir haben uns niemals etwas geneidet, sondern stets voneinander profitiert. JAN CRUSIUS, NEIDFORSCHER AN DER UNIVERSITÄT KÖLN

Menschen geben nicht gern zu, dass sie neidisch sind. Neid signalisiert uns selbst nicht nur, dass wir gegenüber anderen im Nachteil sind, er ist sozial auch sehr unerwünscht. Wir versuchen daher, Neid zu kontrollieren oder zu verstecken. Jüngere Forschung zeigt aber, dass Neid durchaus positive Konsequenzen haben kann. Es gibt eine gutartige Form des Neids, die nicht mit Feindseligkeit und Missgunst einhergeht. Auch dieser „weiße Neid“, wie er im Russischen genannt wird, tut weh. Er führt aber dazu, dass man sich mehr anstrengt, um die besseren Leistungen anderer auch zu vollbringen.

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Ich war mit meiner Schwester das komplette Gymnasium über in einer Klasse. Das war oft sehr schwierig, weil viele uns automatisch miteinander verglichen haben, auch wenn wir das gar nicht wollten. Im Abi hatten wir dann auch noch die gleichen Fächer. Der Tag der mündlichen Prüfung war ganz schrecklich: Wir hatten beide sehr viel zusammen gelernt und warteten auf einer Treppe auf das Ergebnis. Der Lehrer kam irgendwann raus und las die Noten vor. Ich hatte eine Zwei, sie eine Fünf minus. Das war auch von dem Lehrer scheiße, das einfach so vor allen zu sagen. Wie kann man so was machen? Meine Schwes­ ­ter ist dann ganz weiß geworden und auf dem Weg zum Auto weinend zusammengebrochen. Den Tag werde ich nie vergessen. CHRISTIANE MORRÉ, MUTTER VON VIER KINDERN, VON DENEN DREI STUDIEREN

Mir erzählte eine Mutter stolz, dass sie die Konkurrenz zwischen ihren beiden Kindern ganz bewusst schüre, um sie zu besseren Leistungen anzuspornen. Der Neid auf den anderen war ihre Erziehungsmethode. Da gab es dann beispielsweise Geld, gestaffelt nach Noten — der bessere Schüler bekam deutlich mehr Geld als der schlechtere. Ich finde das schrecklich. Geschwisterbeziehungen sind immer anfällig für Neid, deshalb sollten Eltern genau das vermeiden. Sie sollten ihre Kinder in den individuellen Begabungen fördern und ihr Selbstbewusstsein stärken.

Meiner Erfahrung nach reagieren Kinder sehr unterschiedlich, wenn sie jemand anderen um eine Fähigkeit beneiden. Beim Schleifemachen auf dem Schuh kann man das ganz gut beobachten: Manche Kinder wollen es unbedingt selber tun. Da ist der Neid ein Ansporn. Oder aber sie entziehen sich dem Wettbewerb und tragen Klettverschlussschuhe, wenn Mama ihnen die Schuhe nicht mehr binden will. JAN CRUSIUS, DER NEIDFORSCHER

In einer Untersuchung haben wir Studenten darum gebeten, sich an eine Neidsituation im Uni- oder Schulkontext zu erinnern. Eigentlich alle konnten sich tatsächlich an so eine Situation erinnern, oft war es nicht einmal lange her. Meistens ging es dabei um Noten oder Prüfungen, denn die Uni bietet für solche Leistungen viele Gelegenheiten, sich mit anderen zu vergleichen. 3. AKT SZENEN VON NEID & KONKURRENZ MIRA, 24, DER ZWILLING

Am Ende meines Bachelorstudiums zählte ich mit einem Schnitt von 1,2 zu den besten Studenten des Jahrgangs. Als Belohnung habe ich meine gezahlten Studiengebühren zurückbekommen — in Bayern gibt es dazu eine entsprechende Regelung. Ich habe das allerdings niemandem aus meinem Semester erzählt. Ich dachte, die anderen fänden das vielleicht unfair; immerhin hatte ich meine Kurse einfach nur klug gewählt. Andere hatten sicher viel mehr ins Studium investiert und haben trotzdem einen schlechteren Schnitt. Ich weiß nicht, ob ich es aus Angst vor dem Neid nicht erzählt habe — ich hätte es schließlich auch allen anderen gegönnt, wenn sie ihre Studiengebühren zurückbekommen hätten.


MARLITT, 25, DIE JURADOKTORANDIN

Über Juristen hört man oft das Klischee, sie würden voreinander Bücher verstecken, um selbst die beste Hausarbeit schreiben zu können. Das stimmt leider, mir selbst ist das auch schon mal mit zwei Aufsätzen passiert, die dann einfach nicht zu finden waren. Dabei ist doch Neid bei Jura, wenn überhaupt, erst im Staatsexamen angemessen. Vorher zählen die Scheine eh nichts, erst die Examensnote entscheidet zumindest über gute und schlechte Referendariatsstationen. Allerdings habe ich auch schon von anderen Studenten gehört, dass Kommilitonen auf einmal nicht mehr mit ihnen gesprochen haben — weil sie eine bessere Examensnote hatten. EVA, 25, DIE JOBEINSTEIGERIN

Im Bachelorstudium füllten wir in manchen Kursen Übungsblätter als Hausaufgabe aus. Wenn man die bis zu einem gewissen Prozentsatz richtig hatte, gab es Zusatzpunkte für die Klausur am Ende. Einmal war auf einem Blatt eine Frage, die niemand aus unserer Arbeitsgruppe lösen konnte. Wir dachten erst, der Prof habe sich vertan und das Thema war noch gar nicht dran. Auch aus der anderen Arbeitsgruppe kannte niemand die Lösung. Als wir die Aufgaben in der darauffol-

genden Woche zurückbekamen, hatte die andere Gruppe die volle Punktzahl. Wir nicht. „Das steht auf Seite 107 im Buch XY“, erwiderte eine Kommilitonin auf unsere Frage nach der Lösung. Das hatte sie im Gespräch am Tag zuvor wohl „vergessen“ zu erwähnen.

wer nicht ausgewählt worden war, der musste draußen vor der Tür bleiben. Wer welchen Job bekommen hat, konnten wir dann später im Absolventenmagazin nachlesen. Das Klima war wirklich sehr unangenehm. Hinter jeder Ecke stand jemand mit gewetztem Messer.

DENNIS, 26, STUDIERT WIRTSCHAFT IN WIEN

Die Bologna-Reform hat den Neidfaktor im Studium aus meiner Perspektive erhöht. Auf einmal ist jede Prüfung vergleichbar geworden. Mit ein bisschen Interesse weiß man sofort, wer besser ist als man selbst. Wer einen guten Master haben will, muss sowieso zu den Besten gehören. Meinem Eindruck nach ist deshalb das Kalkül von Anfang an recht groß. Kurse werden nach der Notenvergabe des Profs ausgewählt, nicht mehr primär nach Interesse. Das ist schade, denn die Freude an der Wissenschaft und der Mut zu neuen Forschungswegen bleiben dabei auf der Strecke. Als ich in den Achtzigerjahren studierte, gab es keine Noten, sondern nur Scheine für bestandene Prüfungen. Da war man dann eher mal neidisch, wenn ein Kommilitone einen tollen Forschungsansatz entdeckt hatte, auf den man selber nicht gekommen war.

Bei uns im Studiengang gibt es einen Typen, der das Folienkaraoke perfekt beherrscht. Einmal hatte eine Gruppe eine Präsentation vorbereitet, und er hat die einfach so gehalten, ohne die Folien vorher je gesehen zu haben. Da bin ich schon neidisch drauf. Ich kann zwar auch ganz gut präsentieren, aber das ist wirklich zu gut. KATHARINA, 25, STUDIERTE KUNST UND ARBEITET NUN IM ERSTEN JOB

Mein Masterstudium war eine Zuchtperlenfarm der Missgunst. Erst wurden nach intransparenten Kriterien die Studienplätze und dann auch die Praxisprojekte vergeben — in der Folge gingen deshalb lauter Mails von angekratzten Egos hin und her, das war wirklich unangenehm. Beim Absolventenfest wurden auch noch vom Professor an ein paar Leute Jobs im Kulturbetrieb verteilt. Diese Gespräche fanden im Hinterzimmer statt,

CHRISTIANE MORRÉ, DIE MUTTER

TIANYU, 24, DER JURASTUDENT

Manchmal frage ich mich, ob ich vielleicht

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doch bewusst den Neid anderer provoziere. Irgendwie habe ich als „Ausländer“ das Gefühl, den „Deutschen“ beweisen zu müssen, dass ich trotz deren „Heimvorteil“ besser bin. Dabei bin ich seit meinem dritten Lebensjahr in Deutschland. Und wenn dennoch mal jemand besser gewesen sein sollte, dann war er in meinem Kopf oft nur fleißiger. CHRISTIAN, 25, PROMOVIERT IN CHEMIE

Klar bin ich manchmal mit Neid konfrontiert. Regelmäßig sogar. Der Begriff ist nur sehr negativ belegt, weil da ja oft auch Missgunst reinspielt. Ehrlichen Neid im Sinne von einem Bedauern, selbst nicht so toll dran zu sein, erlebe ich regelmäßig, wenn Kollegen schöne Ergebnisse im Labor haben, die auch wirklich interessant sind. Aus Selbstschutz tut man die Ergebnisse anderer gern mal etwas ab; neidisch bin ich dann, wenn ich die Ergebnisse tatsächlich selber cool finde. Das geschieht aber immer ohne die Missgunstkomponente. PETRA KUCHER-STURM, DIE PSYCHOLOGIN

In der Beratung erleben wir selten Neid, eher Vergleiche. Aber das war schon immer so, dass bei den anderen der Rasen grüner ist als bei einem selbst. 4. AKT DEM NEID BEIKOMMEN KATHARINA, 25, DIE FRÜHERE KUNSTSTUDENTIN

Kollaborativ arbeitete es sich im Studium viel besser. Denn unerträglicher als unsere Kommilitonen fanden wir zum Glück noch eine andere Person: den Professor. Das hat dann vieles gekittet, und mittlerweile — seit wir nicht mehr an der Uni sind — hat auch schon jeder Absolvent eine eigene Nische für sich gefunden. Privat sehen wir uns deshalb wieder gern. PETRA KUCHER-STURM, DIE PSYCHOLOGIN

Wie sehr man sich vergleicht, hängt auch stark vom Studium ab: Meiner Erfahrung nach ist es bei den Architekten oder Ingenieuren weniger schlimm, die sind ja darauf angewiesen, im Team zu arbeiten. Bei Fächern wie Ernährungswissenschaft hingegen, in denen es einen Numerus clausus gibt, sind die Studenten eher Einzelkämpfer. Die arbeiten schon wegen der Struktur des Studiums weniger zusammen. JAN CRUSIUS, DER NEIDFORSCHER

Es kann manchmal sinnvoll sein, wenn man versucht, bösartigen in gutartigen Neid umzuwandeln. Zum Beispiel, indem man überlegt, wie einem die andere Person als Vorbild dienen kann. Wenn das nicht möglich ist —

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zum Beispiel, weil es keine Chance gibt, die eigene Note noch zu verbessern —, dann kann man versuchen, sich dem Vergleich zu entziehen oder sich in Bezug auf eine andere Eigenschaft zu vergleichen, bei der man besser abschneidet. Wenn das alles nichts hilft: Eine der bewährtesten Strategien im Kampf gegen ungewollte Emotionen ist simple Ablenkung. 5. AKT EIN LEBEN MIT UND OHNE NEID JAN CRUSIUS, DER NEIDFORSCHER

Es ist sehr plausibel, dass Neid für Studierende eine sehr relevante Emotion ist. An der Uni kommen viele Faktoren zusammen, die Neid besonders wahrscheinlich machen. Gute Leistungen zu vollbringen ist den Studierenden besonders wichtig, schließlich ist ihr Fach sehr häufig ein wichtiger Teil ihrer Identität. Schlechter als andere abzuschneiden tut dann besonders weh. Außerdem sind an der Uni viele andere Studenten, die einem ähnlich sind, die ähnliche Voraussetzungen haben und mit denen man sich deshalb gut vergleichen kann. Vergleiche finden meistens auf gleicher Ebene statt. Deshalb misst sich eine

Studentin nicht mit ihrer Professorin, sondern mit Kommilitonen. MIRA, 24, DER ZWILLING

Durch die Erlebnisse in der Schule vergleicht sich meine Schwester auch heute noch manchmal mit mir. Wir studieren beide ganz unterschiedliche Studiengänge, sie macht ihr Fach wirklich super gut, und ich bin sehr stolz auf sie. Aber trotzdem befürchtet sie häufig, mein Studium sei weniger aufwendig als ihres und werde doch als das „härtere“ von beiden wahrgenommen. Dabei ist das gar nicht so. Sie arbeitet wirklich viel. CHRISTIAN, 25, DER CHEMIEDOKTORAND

Ich selbst hatte viel Glück im Studium. Mir wurde so viel Gutes zuteil, dass ich mich manchmal frage, ob es nicht eigentlich richtig dumm und arrogant und ignorant ist, diesen Neid zu empfinden. KATHARINA, 25, DIE FRÜHERE KUNSTSTUDENTIN

Im Nachhinein bin ich ziemlich dankbar für das Training im Masterstudium. So habe ich ein bisschen Hornhaut auf den Ellenbogen bekommen, noch vor dem Start in die freie Wirtschaft.


CHRISTIANE MORRÉ, DIE MUTTER

Ich sehe doch aktuell, welches Rattenrennen meine Kinder in ihren Studiengängen mitmachen. Das können sie nur unbeschadet überstehen, wenn sie in der Familie Anerkennung und Wertschätzung auch bei nicht so guten Ergebnissen erfahren. Wenn die Geschwister auch noch gegeneinander antreten müssten, würde das auf Dauer die familiären Beziehungen nachhaltig beschädigen. EVA, 25, DIE JOBEINSTEIGERIN

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Neid kann man nur überwinden, indem man ehrlich zu sich ist. Hätte ich bei der Geschichte mit dem Übungsblatt selbst genauer im Buch nachgelesen, wäre das Problem nicht entstanden. Also: Warum bin ich nicht mit mir zufrieden und gestehe mir ein, dass ich einfach etwas anderes lieber gemacht habe? Beim nächsten Mal kann ich es anders machen und muss nicht mehr neidisch sein. Zufriedenheit, das ist das Geschenk, das ich mir wünsche.

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ZWei fe l VON MERCEDES LAUENSTEIN / TEXT

Da machst du die eine Sache — und musst dafür zehn andere sein lassen. Dieses Entscheidenmüssen kann einen in den Wahnsinn treiben.

Ich habe schon immer dieses Idealbild von mir selbst im Kopf, auf dem ich die

große, unabhängige Freidenkerin bin, die alles haben kann, was sie nur will; die sich nie auf faule Kompromisse einlässt, die sich nie mit dem Zweitbesten zufrieden gibt und die alles umschmeißt, was ihr nicht passt. Nur: Es funktioniert ja einfach nicht. Ich entscheide nicht allein über mein Leben. Das Leben verlangt mir ständig Kompromisse ab. Wenn ich mich für etwas entscheide, ist diese Entscheidung auf einer einzigen Ebene die beste, aber auf anderen Ebenen ist sie vielleicht nur die zehntbeste. Ich hege so viele Träume darüber, wer ich sein könnte und sein wollte, wo ich leben könnte und wie. Warum lebe ich nicht in New York, Reykjavik, Rom? Warum bin ich nicht schriftstellernde Malerin, Filmemacherin, Möbel-, Schmuck-, Modedesignerin? Klar, ich versuche mich mit dem zu trösten, was ich stattdessen erreicht habe. Aber ich muss immer wieder an das denken, was ich nicht erreicht habe. Zur Beruhigung rede ich mir ein, dass genau das meine eigentliche Aufgabe ist: dieses Selbstverwirklichungsideal bröckeln zu lassen und mir einzugestehen, dass ich so unabhängig gar nicht bin. Viel bedeutsamer ist wahrscheinlich, dass ich, wenn ich eines Tages wirklich zufrieden sein will, gar nicht zu hundert Prozent unabhängig sein kann. Denn ich will ja Beziehungen, ich will ein Zuhause, ich will Ruhe, und ich will Sicherheit, ich will Kinder. Auch wenn mir all diese Verpflichtungen Angst machen, weil ich weiß, dass sie neben Halt und Zufriedenheit auch Langeweile und Selbstverrat bedeuten könnten. Es ist immer dieser Grenzkampf: Wie weit darf ich das Leben einfach laufen lassen, und wann und wie oft muss ich es radikal umschmeißen? Ab wann wird Unzufriedenheit zerstörerisch, und ab wann macht Zufriedenheit lahm? Ich will das, was ich jetzt tue, nicht aufgeben. Ich will nur so gern noch so viel mehr. Warum ist das nicht möglich? Ich werde dieses Jahr 25. Viele Chancen habe ich bereits ungenutzt gelassen. Daran zu denken tut weh. Und ich habe eine höllische Angst vor den Momenten, in denen noch mehr Chancen an mir vorbeigerauscht sein werden. Ich fange dann wieder an, mich zu trösten: Ich will es ja auch nicht anders, ich will gar nicht, dass mein Leben ein perfekt durchgeplanter, geradliniger Fluss wird. Dieses Streben nach der absoluten Macht über das eigene Leben ist ja auch wieder vergeudete Hirnkraft, weil das Leben ja ohnehin eine Ansammlung von winzigen Entscheidungen und Zufällen ist. Deshalb macht es doch nur Sinn, es so zu tun, wie ich es tue: Ich lasse mich treiben, steuere ab und zu, mal unbeholfen, mal bestimmt, lasse oft genug den Zufall entscheiden. Am Ende ist es doch so: Man setzt sich hin, schaut zurück und sagt: So, das war es jetzt, das Leben. Ich habe es versucht, ist doch ein ganz reichhaltiges Ding geworden, passt schon. Weil einem sowieso nichts anderes übrig bleibt. Aber so entlastend dieser Gedanke ist, er fühlt sich gleichzeitig auch wieder wie Versagen an. Ich kann mich doch nicht darauf ausruhen. Ist das, was ich jetzt tue, wirklich gut, oder rede ich mir nur ein, dass es gut ist, weil ich das Risiko scheue? Und selbst wenn ich alles, was ich jetzt tue, sein lasse und etwas Neues starte, wird mich ein Gedanke nie loslassen: Wie wäre der andere Weg weitergegangen? Dass ich immer nur von allem ein bisschen und nie von allem genug haben werde, macht mich verrückt. Ich frage mich, wann das aufhört, wann endlich einmal Ruhe und Stolz in einen hineinkommen, so wie man eines Tages aufhört zu wachsen und dann seine Größe kennt. Oder kommt dann irgendwann nur noch der Verfall – und mit ihm das Bedauern?


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Wer das Studium liebt, der hasst die Masterarbeit. In der Regel bedeutet sie vor allem eines: Abschied nehmen. Das Protokoll eines Hin- und Hergerissenen.

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Mein Leben könnte sich bald radikal verän-

dern, und das macht mir Angst. Ich schreibe meine Masterarbeit, das ist die letzte große Aufgabe meines Studiums. Meine Zeit an der Universität geht damit endgültig zu Ende. Was danach auf mich wartet, bereitet mir Sorgen. Werde ich mir meine Tage noch so frei einteilen können, wie das jetzt zum Beispiel während meiner Abschlussarbeit geht? Wird die Suche nach einem Arbeitsplatz kompliziert? Werde ich meine lieb gewonnene Studienheimat Leipzig verlassen müssen? Die Universität hat in den vergangenen Jahren mein Leben strukturiert. Ziele und Ablauf des Studiums waren klar. Nun bin ich am Ende des schützenden Geländers der Ausbildung angekommen. Danach erwartet mich ein erwachsenes Leben voll Verantwortung, Pflichten und Unterordnung. So geht zumindest meine Befürchtung. Die Psychologin Elisabeth Kübler-Ross hat einmal fünf Phasen beschrieben, die Todkranke erleben. Zunächst wollen sie ihr Sterben nicht wahrhaben, dann sind sie wütend auf ihr Schicksal und neidisch auf diejenigen, die weiterleben dürfen. Schließlich verhandeln sie um eine Verlängerung ihres Lebens, sie betrauern den Abschied von ihren Angehörigen. Und schließen dann, wenn alles gut geht, eine Art Frieden mit dem bevorstehenden Tod. Ich habe Angst, dass das Studium die schönste Zeit in meinem Leben gewesen sein könnte. Mit der Masterarbeit geht sie zu Ende. Und das fühlt sich manchmal wie ein kleines Sterben an.

und Computerpools. Ahnungslos lassen die Abiturienten ihre Blicke über Bücher und Arbeitsplätze schweifen. Sie tuscheln mit ihren Nachbarn, die sie gerade erst kennenlernen. Alle Zeit der Welt liegt vor ihnen: neue Freunde und Liebschaften, aufregende Partys in frisch bezogenen Wohngemeinschaften, Auslandsabenteuer. Ich dagegen muss die heiligen Hallen der Wissenschaft bald verlassen und fürchte mich vor dem kalten Wind, der auf dem Arbeitsmarkt für Geisteswissenschaftler weht. In diesem Moment werde ich ein bisschen neidisch und wünsche den Erstis aus purer Missgunst alle Pein harter Klausuren und erbarmungsloser Prüfer, unendlich anstrengender Praktika und frustrierender Kleinstjobs. Sterbenden hilft es sehr, wenn sie ihren Groll gegen ihr Schicksal und die Welt einmal aussprechen dürfen, sagt Elisabeth Kübler-Ross. So lasse sich die zornige Phase oft entspannen. Ich lästere mit anderen Abschlusskandidaten vor den Bibliothekstüren und fühle mich bald besser. PHASE 3 – V E R H A N D E L N Um die Verhandlungsphase zu illustrieren, wählt Kübler-Ross eine kleine Anekdote. Ein Kind, dem ein Wunsch nicht erfüllt wird, rennt

PHASE 1 – L E U G N E N Wieso denn überhaupt anfangen?, frage ich mich, nachdem ich im Sommer alle nötigen Klausuren bestanden, alle Hausarbeiten abgegeben und ein Abschlussarbeitsthema gefunden habe. Jetzt habe ich die Möglichkeit, die Freiheit der Studienzeit noch einmal voll auszukosten. Ich schreibe Reportagen, beginne aufwendige Recherchen, besuche Konzerte, Kunstfestivals, Kabarettabende. Lange hält das gute Gefühl dabei nicht an. Als von den sechs für meine Arbeit eingeplanten Monaten noch fünf übrig sind, merke ich, dass ich endlich anfangen muss. Ich verlege meinen Arbeitsplatz in die Bibliothek. PHASE 2 – Z O R N Es wird Herbst, und Gruppen junger Erstsemester strömen durch die langen Regalreihen

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will mir nur das Gefühl eines legitimen Aufschubs verschaffen. Meine Kommilitonin Nilo, die auch ihre Masterarbeit schreibt, erkennt plötzlich ungeahnte Gefahren in ihrer Wohngemeinschaft. Fünf Jahre lang hat sie nie hinter der Waschmaschine geputzt. Nun vermutet sie an dieser Stelle einen ganz gemeinen Allergieherd. Mittlerweile ist es dort richtig sauber. Beide gehen wir viel zu häufig einkaufen. Wir verbringen mehr Zeit mit Jobs anstatt weiterzuschreiben. Diese Tätigkeiten fühlen sich zwar sinnvoll an. Trotzdem bekommen wir ein schlechtes Gewissen. Denn eigentlich ist das alles nur Verzögerungstaktik. Wir treffen uns in der Bibliothek wieder. PHASE 4 – T R A U R I G K E I T Die Ungebundenheit während meiner Studienjahre wird mir fehlen, wenn ich fertig bin. Aber Student auf Lebenszeit sein, das ist keine Alternative. Auch wenn es wehtut: Ich reduziere meine Verabredungen und lehne Einladungen von Freunden ab. Nun muss ich wirklich vorankommen. Die Masterthese ist ein kompliziertes Stück Arbeit. Mir wird ganz elend zumute, wenn ich an all die Details denke, die noch zu erledigen sind. Es geht nicht, ohne dass ich mich zwinge. Eine Bekannte zum Beispiel stellt gerade ihre Doktorarbeit fertig und hat jede Menge Erfahrung mit „Ausweichtätigkeiten“. Nun lagert sie ihr Essen im Büro. Wenn sie frühstücken will, muss sie an ihren Arbeitsplatz gehen. Und kann nach Müsli und Kaffee sofort weiterpromovieren. PHASE 5 – R U H E

wutentbrannt aus dem Zimmer seiner Eltern. Nur wenig später klopft es artig wieder an und fragt: „Wenn ich ganz, ganz lieb bin und brav meine Aufgaben mache — darf ich dann?“ Sterbende versuchen, ihrem Schicksal ein Angebot zu machen, etwa indem sie versprechen, besonders viele gute Taten zu vollbringen. Sie versuchen ihren Tod hinauszuzögern. Ich mache meine Steuererklärung und vereinbare einen Termin beim Arzt. Ist mit meinem Herz noch alles in Ordnung? Jetzt könnte die letzte Gelegenheit sein, mich noch einmal gründlich untersuchen zu lassen. Nichts, was ich gerade mache, ist wirklich wichtig. Ich

Irgendwann ist man drin im Thema, und dann ergibt plötzlich alles einen Sinn. Ich verstehe, wie mein Studium und meine Forschungsarbeit zusammenhängen. Nun will ich an allem bisher Aufgeschriebenen noch etwas ändern: Die Zusammenfassung des Forschungsstands lässt sich doch noch klarer formulieren. Meine Daten geben doch noch mehr Möglichkeiten zur Interpretation her. Auf mir unerklärliche Weise scheine ich meinen Frieden mit der Masterarbeit gemacht zu haben. Zwei Wochen bleiben noch bis zur Deadline. Was nach der Abgabe kommt? Ich weiß es nicht. Aber ich bin ganz ruhig.


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Es zehrt an den Nerven, wenn du ganz allein für deinen Kontostand verantwortlich bist. Ein Erfahrungsbericht. VON MICHÈLE LOETZNER / TEXT

Mein Kopf brummt, in meinen Beinen und Armen klebt

ein zäher Gliederschmerz, mein Blick wandert über die vielen bunten Tische, an denen fröhliche, sonnenbebrillte Menschen an ihren (vermaledeiten) Latte macchiatos und Apfelschorlen nippen. Die zwei Teller in meiner linken Hand wiegen gefühlte zwanzig Kilo, dabei liegen nur schnöde Schnitzel drauf. Der Kellnergeldbeutel an meiner Hüfte zieht mich gen Boden. Weiche Knie. Meine Nase läuft. Mein Hals fühlt sich an wie zusammengekleistertes, halb feuchtes Küchenpapier. Ich will heim. Sofort. Leider geht das nicht. Während alle anderen den ersten Frühlingstag genießen, habe ich mich trotz Erkältung zu meinem Kellnerjob geschleppt. Meine Eltern unterstützen mein Studentenleben, indem sie einen Teil meiner Miete zahlen, für den Rest muss ich selbst aufkommen. Das ergibt an diesem Morgen folgende Gedankenkette: Eine Schicht macht achtzig Euro. Achtzig Euro haben oder nicht haben — scheiss auf die Erkältung, ab ins Café. Der Monat ist erst halb rum, und auf dem Konto befindet sich ein höhnisch winziger Betrag. An solchen und an vielen anderen Tagen während meines Studiums habe ich mich in die Arbeit geschleppt, auch wenn ich ins Bett gehört hätte. Um Geld zu sparen, habe ich nachts Gewaltmärsche absolviert. Ein Taxi wäre zu teuer gewesen. Ich habe Brot mit Senf oder Nudeln mit Ketchup gegessen, weil der Kühlschrank genauso leer wie das Konto war. Wie viele Nächte ich rechnend im Bett lag, will ich nicht zählen. So oder ähnlich geht es vielen deutschen Studenten. Im vergangenen Wintersemester waren mehr als zweieinhalb Millionen eingeschrieben, die meisten von ihnen haben laut Umfragen weit weniger als 900 Euro pro Monat zur Verfügung. In einer Stadt wie München, Hamburg oder Frankfurt ist das ein lächerlicher Betrag, schon allein wegen der Mietkosten. BAföG oder Studienkredite sind da

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ein Tropfen auf den heißen Stein. Wer nicht gerade Papas Kreditkarte Gassi führt, geht arbeiten, nachts und am Wochenende, andere Zeiten lassen die straffen Bachelorund Masterstundenpläne kaum zu. So findet man sich bei den beklopptesten Geldbeschaffungsmaßnahmen wieder. Einer meiner Kommilitonen zerlegte nachts im Schlachthof Schweine. Auch im Sommer steht er im Kühlhaus.


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Einmal stieg er mit gefrorenen Fleischresten am Schuh übermüdet in das Auto seiner Eltern. Es war ein heißer Tag, und bald entstand im Auto ein bestimmter Geruch. Eine andere Kommilitonin besorgte sich ihr Geld auf Erotikmessen. Als Hostess. Das hielt die fettwanstigen Soziopathen dort trotzdem nicht davon ab, sie anzugrabschen. Die Nächste verteilte Flyer, im tiefen Winter und im tollsten Sommer. Bei allen wurden die privaten Aktivitäten gegen Ende des Monats immer weniger. Weil das Geld aus, aber noch so viele Tage übrig waren. Viele Abiturienten überlegen, ob sie überhaupt studieren sollen. Denn eine Hochschulausbildung ist mit massiven persönlichen Entbehrungen verbunden. Vielen Studenten widerstrebt es, dafür einen Kredit oder BAföG zu beantragen. Ich kann das völlig verstehen. Ich habe selbst zwei Semester BAföG bezogen. Der administrative Aufwand erinnerte an Asterix auf der Suche nach dem Passierschein A 39 in Asterix erobert Rom. Für die 116 Euro, die ich dann pro Monat bekam, lohnte weder die Regenwaldabholzung für das Papier noch das Termintheater. Also wieder zwei Kellnerschichten mehr. Das Geld wurde da cash ausgezahlt. Ich verwahrte es in einer Schachtel neben meinem Bett, bis mich eine Mitbewohnerin in meiner runtergekommenen Fünfer-WG beklaute. Eine Zeit lang aß ich wieder Ketchupnudeln und lag vor allem während der Prüfungsphase nächtelang wach. Nicht wegen der Tests, sondern weil ich wusste, dass ich während der Lernzeit nicht zum Arbeiten kam. Ich habe Germanistik studiert und viele Nächte mit Rechnen verbracht. Tagsüber musste ich mich dann zwischen Mittagessen oder Kopierkarte entscheiden. Klar gibt es verschiedene Möglichkeiten, die Geldprobleme in den Griff zu bekommen. Ein Haushaltsbuch oder ein Monatsplan sind ein Anfang. Ich habe mir eine Zeit lang für jede Woche sechzig Euro in den Geldbeutel gesteckt. Das musste reichen. Natürlich formt Sparzwang den Charakter. Man schätzt Geld und Wohlstand viel mehr, wenn man Entbehrungen ertragen musste. Aber man will doch nur eine gute Ausbildung absolvieren. Muss das mit so viel Belastung verbunden sein? Zwischendurch stellt man dieses Lebensmodell schwer infrage und beneidet dann doch die früheren Mitschüler, die lieber gleich eine Lehre gemacht haben. Hier aber jetzt die gute Nachricht: Irgendwann wird es anders. Verdientermaßen.

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Im Studium entscheidet manchmal ein Brief über die Zukunft. Das Warten darauf kann die Hölle sein, sagt Johannes. Hier erzählt er, wie er vom Ergebnis seines ersten juristischen Staatsexamens erfuhr.

MONTAG, 11. FEBRUAR In dieser Woche

muss der Brief vom Landesprüfungsamt kommen. Zwei Wochen vor den mündlichen Prüfungen, allerspätestens. So steht es zumindest in der Prüfungsordnung, eine spätere Ladung wäre nicht rechtens. Vor vier Monaten habe ich mich zum letzten Mal mit so was auseinandergesetzt. Da waren die schriftlichen Examensprüfungen. Bis Weihnachten bin ich noch recht ruhig geblieben. Mit dem neuen Jahr kommt allerdings die Anspannung. Ich will wieder mit dem Lernen anfangen, für den Fall, dass ich wirklich zur mündlichen Abschlussprüfung zugelassen werde. Klappt aber nicht. Es ist zu schwer, sich zu motivieren, wenn man gar nicht weiß, ob die Prüfung überhaupt stattfindet. In dieser Woche bleibe ich also zu Hause und warte auf die Post. Eigentlich ist mir schon klar, dass heute nichts kommt – keine Behörde verschickt am Wochenende Briefe. Ich behalte recht: Der Briefkasten bleibt leer.

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DIENSTAG Auch heute wieder nichts in der

Post. Abends kommt ein Schock: Eine Freundin ruft an und fragt nach meiner Note. Sie selbst hat das Examen schon vor zwei Jahren nach nur sieben Semestern Studium locker bestanden. Ich habe mir zehn Semester Zeit gelassen und finde, dass ich damit noch ganz gut dastehe. Es gibt immerhin auch Leute, die erst nach zwanzig Semestern schreiben. „Ich hab noch nichts bekommen. Wie kommst du drauf?“, frage ich sie. Ich bin nervös und habe Angst, eine wichtige Info verpasst zu haben. Sie erzählt, dass Freundinnen von ihr heute den Brief erhalten hätten. Keine von ihnen hat die Vier-Punkte-Grenze geknackt, an der sich alles entscheidet. Sie sind durchgefallen. Ein Gedanke durchzuckt mich: Vielleicht ist das ja ein gutes Zeichen, und ich habe bestanden? Irgendwer muss schließlich durchkommen. Das Bundesland hat doch kein Interesse daran, dass möglichst viele durchfallen. Das spräche ja nicht gerade für ein faires Examen. Andererseits – vielleicht verstehe ich auch einfach die Denkweise dieser Prüfungsämter nicht. Manche bilden sich ja ein, eine hohe Durchfallquote werte den Abschluss auf. Das Examen im vergangenen Jahr fiel schon katastrophal aus. Wir hatten uns in der Folge Hoffnung gemacht, dass es dieses Jahr leichter wird. War offenbar eine falsche Annahme. Ich lege den Hörer auf und will möglichst schnell meine Kommilitonen fragen, wer schon Post hat. Den Rest des Abends hänge ich am Telefon. Über ein paar Ecken höre ich von weiteren Leuten, die durchgeflogen sind. Andere, wie mein Kumpel Gustav, haben auch noch nichts bekommen. Bestanden hat bisher, soweit ich das überblicke, niemand. Meine Familie will mir am Telefon einreden, dass das doch eigentlich gute Nachrichten sind. Ich versuche, nicht zu optimistisch zu werden. Die Enttäuschung am Ende wäre einfach zu groß.


MITTWOCH Gustav ruft an. Statt des Postbo-

DONNERSTAG Mein Bett steht in meinem

FREITAG Ich versuche, möglichst lange zu

ten ging heute zufällig unser Repetitor an seinem Haus vorbei, er hat ihn abgefangen. Der Repetitor hat uns das vergangene Jahr über auf das Examen vorbereitet. Er sagt, dass es dieses Semester besonders schlecht ausgefallen sei. Viele haben bereits angekündigt, Rechtsmittel einzulegen, er muss das alles bearbeiten. Als Gustav ihm erzählt, dass wir noch nichts bekommen haben, sagt er direkt, wir sollten uns keine falschen Hoffnungen machen. Beim Landesprüfungsamt gingen bisher immer alle Briefe gleichzeitig raus. Das war es dann mit dem Optimismus. Wir haben nun eine neue Theorie: Höhere Semester haben mal gesagt, dass nicht alle Briefe mit der Deutschen Post, sondern manche auch mit privaten Kurieren versandt werden. Vielleicht sind die langsamer? Vielleicht müssen auch die Briefe von denen, die bestanden haben, per Einschreiben verschickt werden — das würde Zeit brauchen. Diese Möglichkeiten führen dazu, dass ich nun auch nachmittags auf den Briefträger warte. Schließlich haben private Unternehmen oft andere Lieferzeiten. Am Ende des Tages ist trotzdem nichts da.

WG-Zimmer direkt am Fenster. Wenn ich daraufstehe, kann ich die Straße drei Stockwerke tiefer perfekt beobachten. Ich stehe den ganzen Tag auf dem Bett und glotze raus. Nur zum Rauchen gehe ich ab und an ins Wohnzimmer. Mein Zigarettenkonsum hat sich in dieser Wartezeit noch einmal stark erhöht. Ich hätte nicht gedacht, dass das möglich sei. Ich muss dringend aufhören, wenn das hier alles vorbei ist. Egal, wie viel ich nach draußen starre, kein Briefträger. Trauen die sich nur ran, wenn man wegschaut? Ab und zu mache ich einen Statusabgleich mit Gustav, der wartet ja genauso wie ich. Er hat mittlerweile versucht, das Prüfungsamt telefonisch zu erreichen. Da hebt nicht mal jemand ab. Die Mittagszeit ist mittlerweile um. Über Gustav höre ich das Gerücht, jemand habe das Amt erreicht. Die behaupten angeblich, alle Briefe seien gleichzeitig rausgeschickt worden. Das hat auch der Repetitor gesagt. Aber dann müsste doch mittlerweile was da sein, oder? Meine Theorien variieren zwischen „Der Brief ging verloren“ und „Vielleicht wurden die Briefe nach dem Alphabet geordnet“. Das ergibt für mich allerdings keinen richtigen Sinn, mein Nachname beginnt mit H. Die werden ja nicht erst den Anfang und dann das Ende des Alphabets verschicken — und sich die Mitte für den Schluss aufheben. Kurzzeitig will ich doch daran glauben, dass es einfach ein gutes Zeichen ist. Aber dann fällt mir wieder der Repetitor ein.

schlafen, weil ich dann nicht so lange warten muss. Funktioniert tatsächlich auch bis um neun. Danach starre ich wieder raus. Das Telefon klingelt. Es ist Gustav. „Du hast bestanden!“, brüllt er. Ich verstehe gar nichts mehr. Bei ihm war der Briefträger schon (genau in dem Moment, als Gustav nicht aus dem Fenster schaute). Neben den Noten bekam er eine Ladung zur mündlichen Prüfung. Mein Name steht in seiner Prüfungsgruppe. Ich kann es nicht glauben. Ich lege auf, hüpfe durchs Zimmer und zurück auf das Bett, auf dem ich in den vergangenen Tagen immer stand. Rufe meine Familie an, Freunde. Bin krass erleichtert. Darüber verpasse ich, natürlich, den Briefträger. Als ich eine halbe Stunde später rausgehe, liegt was im Kasten. Ich reiße den Umschlag noch auf dem Weg zur Wohnung auf. Meine Noten. Hui, das war knapp. Der Rest ist Freude.

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Studieren, allein. VON NADJA SCHLÜTER / TEXT

KLEID VON AUGUSTIN TEBOUL / augustin-teboul.com

Das Schönste an meinem Studium war das Gebäude. Das mag vielleicht tragisch klingen, ist es aber nicht, wenn man bedenkt, dass es ein herausragend schönes Gebäude war, in dem ich meine Seminare besucht, meine Klausu­ ren geschrieben und meine Referate gehalten habe. Ein altes, kurfürstliches Schloss mit einem großen Park davor und mit riesigen Fenstern, durch die immer mehr Licht hereinzukommen schien, als draußen überhaupt vorhan­ den war. So ein Gebäude war das. Leider war es auch sehr verwirrend. Dritter Stock war zum Beispiel nicht unbedingt gleich dritter Stock. Wenn man die falsche Treppe nahm, landete man unter Um­ ständen in einem ganz anderen Flügel als geplant, und dann gab es keinen Durchgang in den anderen Teil. Man musste also wieder runter und die richtige Treppe suchen oder auf einen Wink des Schicksals hoffen, der einem ei­ nen geheimen Übergang in den anderen Gebäudeteil

wies. Manchmal hatte ich das Gefühl, mich in Hogwarts zu befinden, wenn ich die Treppe, die ich beim letzten Mal genommen und die mich an den richtigen Zielort ge­ führt hatte, einfach nicht mehr finden konnte. Oder wenn ich vor dem Lageplan des Hauptgebäudes stand und trotz aller Anstrengung nicht verstand, wie dieser eine Raum dort, bitte schön, zu erreichen sein sollte. Ich kann mich nicht mehr genau erinnern, aber ich bin mir ziemlich si­ cher, dass ich im ersten Semester mindestens einmal ein Seminar nur geschwänzt habe, weil ich den Raum nicht finden konnte. Dass ich mich im Unigebäude verirrte, lag nicht allein an meinem extrem schlechten Orientierungssinn, der mich sogar im eigenen Viertel immer wieder in die Irre führt. Es lag vor allem auch daran, dass ich ihn nicht mithilfe der Schwarmintelligenz ausgleichen konnte. An der Uni hat man nicht mehr den Pulk bekannter Mitschüler, an den man sich halten kann und in dem irgendeiner zum Schuljahresbeginn schon wissen wird, wo es langgeht. Je­ des Semester standen auf dem Stundenplan neue Räume, in denen man mit neuen Menschen sitzen würde, die zu unterschiedlichen Zeiten und aus unterschiedlichen Rich­ tungen, aus einem anderen Raum, dem Park oder von zu Hause dorthin kamen. Da war niemand, dem man hinter­ herlaufen konnte, zumindest die ersten drei oder vier Wo­ chen nicht. Und manchmal auch für immer nicht. Wenn ich an der Uni etwas gelernt habe, dann ist es das: mich allein zu verlaufen, allein wieder zurechtzufinden, allein anzukommen und allein wieder zu gehen. Und ich glaube, dass ich nicht die Einzige bin, sondern dass im besten Falle jeder an der Uni lernt, sein eigenes Ding zu machen: allein in der Pflichtvorlesung zu sitzen, ein Buch auf den Knien; sich im Seminar zu melden und zu wider­ sprechen, ohne Rückhalt durch einen vertrauten Neben­ sitzer; sich scheinbar rettungslos in einem Hausarbeits­ thema zu verrennen und niemanden zu haben, der das gleiche Thema bearbeitet und einem heraushelfen kann. All das ist ein bisschen wie verloren auf dem Treppenab­ satz im dritten Stock stehen und merken, dass das ein an­ derer dritter Stock ist, als man dachte. Aber dann wuselt man sich durch und kommt doch noch irgendwo an. Fin­ det den Raum beim nächsten Mal schneller, wählt das Hausarbeitsthema weiser, hat ein Gespür dafür bekom­ men, neben wem es sich gut sitzt. Vielleicht war das Schönste an meinem Studium doch nicht das Gebäude. Sondern dieses Gefühl, dass am Ende alles hinhauen wird. Dass da immer irgendwo riesige Fenster sind, durch die Licht reinkommt.

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