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Kolumne: Keine zweite Chance
Sie bekommen...
TEXT Heinz Haug FOTO Stefan Wey
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…nie eine zweite Chance, einen ersten Eindruck zu machen. Ich weiss: Das widerspricht jeglicher Fairness. Dabei sind zweite Chancen doch das, was wir brauchen. Immer wieder mal dringend nötig haben. Was wir im ersten Anlauf verbockt haben, dafür sollten wir uns doch rehabilitieren dürfen. Menschen mit Vernunft und Verstand geben uns eine zweite Chance. Damit wir zurechtrücken können, was wir nicht auf Anhieb geschafft haben. Nicht so der erste Eindruck. Der ist gnadenlos. Der lässt sich nicht mehr korrigieren. Der bleibt stur und haften. Im englischen Original tönt’s so: You never get a second chance to make a first impression! Klingt griffiger. Noch unnachgiebiger.
Wenn einer so stur ist, könnte man sagen: «Lass mich in Frieden mit deiner rigiden Haltung.» Das könnte man. In Bezug auf den ersten Eindruck wäre dies aber falsch – ja fatal. Ich versuch’s zu erklären. Anhand von Erlebtem – im KSB notabene.
ZUR PERSON: Heinz Haug, Jahrgang 1951, ist Texter und kennt das KSB als langjähriger Mitarbeiter und Patient in- und auswendig. Ich laufe durch Gänge. In den Händen ein Schreiben, das mich höflich einlädt, mich hier und heute am Schalter X im entsprechenden Stock zu melden. Alles freundlich, verbindlich, klar und deutlich. So weit, so gut. Nun aber: Mit mulmigem Magen (so ein mulmiges Gefühl gehört bei mir vor jedem Untersuch dazu) steuere ich zügigen Schrittes Schalter X an. Was jetzt passiert, ist nicht KSB-typisch – aber passiert: Die Frau hinter dem Schalter wendet sich ab. Sie sieht mich kommen, ich stehe unmittelbar vor dem Schalter und sie – sie wendet sich ab. Kehrt mir den Rücken zu. Auch ein schöner Rücken kann… – Nein, nein! Bitte nicht!
Ich sehe die perfekt hochgesteckten Haare, ihren makellosen Nacken und denke: Ja, was denke ich? Nicht viel denke ich. Stehe halt einfach da. So wie bestellt und nicht abgeholt und harre den Dingen, die da kommen mögen. Nach einer « Der erste Eindruck gefühlten Ewigkeit (es mögen 30 lange ist gnadenlos.» Sekunden gewesen sein), kommen ein Lächeln und die Frage: «Sie wünschen bitte!» Warum nicht gleich?, frage ich mich. Und Sie liebe Leserin, lieber Leser sagen sich wohl, ganz schön empfindlich, dieser Haug.
Ich schreibe, wie immer an dieser Stelle, vor allem als Patient: Der Patient ist ein sensibles Wesen. Er braucht von allem etwas mehr. Vor allem Zuwendung kann er nie genug bekommen. Zuwendung ganz wörtlich genommen: sich ihm zuwenden. Von Anfang an – ohne Zögern.
Der erste Kontakt ist für Patientinnen und Patienten eminent wichtig. Das mag, wer am Schalter als Erstbegegner sitzt, unterschätzen. Die erste Begegnung stellt die Weichen. Was danach kommt, erträgt sich leichter, wenn ich willkommen geheissen werde, wenn ich empfangen wurde. Ja, das ist es: Ich wünsche mir, empfangen zu werden. Ein Empfang, der mir nachhaltig Eindruck macht – auf Anhieb, spontan. So ein erster positiver Eindruck begleitet mich lange Zeit. Ganz sicher durch den anstehenden Untersuch.