Vielbefahren
Vielseitig
Vielschichtig
Mit 186 Metern Länge und vier Hauptmotoren schickt SeaFrance die beiden Schiffe „Rodin“ und „Berlioz“ ins Rennen auf dem Ärmelkanal. 25 Knoten pro Stunde gegen den Wind und den Eurotunnel.
Am Klavier ist sie für ihre ungewöhnlichen Interpretationen bekannt. Bei uns im Interview reflektiert Starpianistin Hélène Grimaud auch über eine andere ungewöhnliche Leidenschaft: ihre Wölfe.
In der spannenden Polke-Retrospektive des Baden-Badener Museums Frieder Burda zeigt das Gemälde „So sitzen Sie richtig“ die Vielschichtigkeit von Bild-, Farbund Bedeutungsebenen in der Kunst von Sigmar Polke.
Rhein-Neckar-Zeitung Ausgabe Nr. 46 – Samstag/Sonntag, 24./25. Februar 2007
Wer fastet, gewinnt neue Horizonte dazu. Davon sind viele Menschen überzeugt und nutzen die Zeit zwischen Fastnacht und Ostern, Körper und Geist zu reinigen, zum Beispiel mit gesunden Fruchtsäften. Foto: Christine Frei
Neue Kraft durch Verzicht Seit drei Tagen sind die fetten Wochen vorbei: Es wird wieder gefastet. Die Motive sind höchst unterschiedlich: Die einen möchten endlich abnehmen, die anderen suchen im hektischen Berufsalltag mehr Gelassenheit. RNZ-Mitarbeiter Jan Thomas Otte hat sich gefragt, was es mit dem Fasten auf sich hat. Seit Aschermittwoch ist die Party vorbei. Den letzten Faschingsfans brummt noch der Schädel. Jetzt ist erstmal für Hunderttausende Fasten angesagt. Jeder fünfte Deutsche fastet nach Angaben einer Forsa-Umfrage und verzichtet auf Dinge, die ihm wichtig sind. Rund zwanzig Prozent der Deutschen entbehren in dieser Zeit Alkohol, Süßigkeiten oder Zigaretten. Die Kirchen laden ein, eine Atempause zu machen. Sieben Wochen auf eingefahrene Gewohnheiten verzichten. Wer fastet, schafft neue Freiräume. Immer mit
der Frage im Hinterkopf: Bereichern mich meine Gewohnheiten noch oder bestimmen sie mich schon? Das Lebenstempo im Berufsleben wird immer schneller. Zeit zum Leben bleibt meist nur noch wenig. Experten sind sich einig: Schlafstörungen, Lustlosigkeit und Übergewicht sind dafür typische Reaktionen des Körpers. Deshalb ist eine Fokussierung auf das Wesentliche eine wichtige Quelle, um zur Ruhe kommen. Für sie ist Fasten kein luxuriöses Trend-Accessoire. Die Macht der Gewohnheit ist für Gu-
drun zum Problem geworden. Die täglichen Strecken zwischen Bett, Computer und Sofa reichen für eine gesunde Bewegung nicht aus. Kaffee, Kuchen und Klamotten steigern nur begrenzt ihr Wohlbefinden. Aber der Verzicht auf die Fernbedienung schafft Gudrun neue Freiräume. „Mein innerer Schweinehund drängt mich dazu, die ganze Quälerei abzubrechen“, beschreibt die 45-Jährige aus Frankfurt ihren Fastenbeginn. „Aber nicht nur meine Pfunde schmelzen dahin, auch mein Körper ist beweglicher geworden“. Anstatt sich ein Mal pro Woche träge durch den Wald zu zwängen, läuft die Versicherungskauffrau nun fast so schnell wie die flinke Zeichentrick-Maus Speedy Gonzalez. Stolz berichtet Gudrun: „Ich kann wieder drauflos rennen, ohne dass ich mich hinterher wie eine hundertjährige Oma fühlen muss“. Hungerattacken und Heißhunger gehören für Gudrun der Vergangenheit an. Sprüche wie „Nach dem Fasten kommt das große Fressen“ kennt sie aus ihrem Umfeld nur zu gut. Im Supermarkt geht sie mittlerweile aber bewusster einkaufen. Zu Hause kocht die Frankfurterin nun häufig vollwertige Gerichte. Sie hat sich regelmäßige Mahlzeiten angewöhnt - vorher hatte sie nie gefrühstückt. Das Essen hat wieder mehr Geschmack, weil sie sich mehr Zeit dafür nimmt. Obwohl Gudrun der Arbeitsalltag fest im Griff hat, tankt sie neue Energien. Ihre Gedanken sind klarer und sie braucht weniger Schlaf. „Mein Körpergewicht hat abgenommen, meine Kräfte dagegen zugenommen“, resümiert Gudrun. Professor Rolf Verres mahnt Fastenwillige, sich über ihre Motivation im Klaren zu sein. Er ist Leiter des Medizinisch-psychologischen Instituts der Uniklinik Heidelberg. Insbesondere bei mehrwöchigen Fastenkuren ist eine professionelle Ernäh-
rungsberatung von Vorteil. Damit der Stoffwechsel des Körpers nicht aus dem Gleichgewicht gerät. „Es ist wichtig, dass ich die gemachten Veränderungen auch nach dem Fasten noch beherzige“, berichtet der Arzt. Allerdings könne übertriebenes Fasten auch krankhaft werden.
klare Entscheidung getroffen habe – wo ein Wille ist, da ist auch ein Weg“. Raum für Neues, Zeit zum Durchatmen und Kraft schöpfen für den Alltag: Gudrun hat auf der Nordseeinsel Sylt an einer Fastenkur teilgenommen. Die Kursleiterin Ulla Werner hat dort ein „Fasten-
Fasten hift auch, Gewicht zu verlieren. Foto: RNZ-Archiv Gudrun kennt den Stress, sich mit harter Disziplin durch die Kassenschleusen im Supermarkt zu schlagen – zwischen Fruchtgummi und Lakritze. Übertretungen des Fastengebotes werden in manchen christlichen Familien noch als Sünde verstanden: „Das führt zu Schuldgefühlen, die der seelischen Gesundheit nicht immer dienlich sind“, warnt Verres diese Eltern vor überhöhtem Eifer. Gudrun knüpft daran an: „Verzicht wirkt bei mir nur, wenn ich selbst eine
haus“. Eine Oase hinter den Dünen jenseits des Delikatessenherstellers Gosch. Die Ex-Übergewichtige fastete hier eine Woche lang ohne einen Happen fester Nahrung. Ausgedehnte Wanderungen und Radtouren an Strand und Meer waren täglich Programm. Im „Fastenhaus“ wird nach der Methode des Ernährungsforschers Otto Buchinger gefastet: > Fortsetzung auf der nächsten Seite
REPORTAGE
Rhein-Neckar-Zeitung Magazin /
Samstag/Sonntag, 24./25. Februar 2007
Kraft durch Verzicht Ein Gläschen frisch gepressten Saft am Morgen – gelöffelt, nicht getrunken. Sowie eine Auswahl leckerer Tees mit Kräutern aus dem Garten. Am Abend gibt es Gemüsebrühe bis zum Abwinken. Zitrusschnitze, Orangen- und Ingwerwasser ergänzen die Verpflegung. Zudem bieten Fastenhotels Yoga, Massagen und meditative Tänze an. Von der traditionellen Thaimassage über Lymphdrainage bis zur Kolon-Hydro-Therapie bleiben keine Wünsche offen. Migräne begleitete Gudrun viele Jahre. Seit ihrer Fastenkur ist sie den pochenden Kopfschmerz los – auf natürlichem Wege. Selbst Patienten mit chronischen Leiden haben hier positive Schmerzlinderung erfahren. „Ob Allergien, Darmprobleme oder Multiple Sklerose – nach dem Fasten gehe es auch Gästen mit solchen Erkrankungen besser“, berichtet sie. Der prominente Benediktinerpater Anselm Grün fastet jedes Jahr: „Mir ist das Fasten wichtig, damit ich mich innerlich wieder in Ordnung bringe“. Der Pater nutzt die Zeit, seine Essgewohnheiten neu zu regulieren, um damit den Körper von giftigen Schlacken zu reinigen. Die wichtigste Bedeutung für den Schriftsteller ist aber, dass er „innerlich wieder wach wird, eine neue Offenheit für den Augenblick bekommt und Gottes heilende Gegenwart findet“. Fasten ist für Anselm Grün ein Weg zur inneren Freiheit: „Es erzeugt Lust, selber zu leben statt gelebt zu werden.“ Fasten schärft die Sinne. „Beim Fasten merke ich, worauf es mir im Leben ankommt“, sagt der Saarbrücker Betriebswirt Gerhard. Er sehnt sich nach innerer Ruhe im hektischen Alltagstrott: „In der Stille sitzen und schweigen klappt nicht sofort, denke ich doch gleich an den nächsten Kunden“, berichtet der 40-jährige Saarländer. Trotz großer Reizüberflutung bemüht er sich dennoch, innezuhalten. Gerhard nimmt den Stress gelassen: „Alles muss beim Fasten stimmig sein, sich gut anfühlen.“ Am Ende müsse dabei für ihn etwas Gutes herauskommen,
Meditation verschafft innere Ruhe. Foto: Frei
Das Benediktinerstift Neuburg. Auch hierher kann man sich zurückziehen und Kraft schöpfen. Foto: Christine Frei
Wo bleibt die Suppe? Für viele ist Gemüsebrühe ständiger Begleiter während des Fastens. Foto: RNZ-Archiv was er so schnell nicht mehr missen möch- fen. „Einfach der sein, der ich bin“, freut sich Gerhard über seinen Fastenweg zu te. Die Lust auf Gummibärchen ist auch mehr Gelassenheit. Priester Oliver van Gerhard bekannt. Das erlebt er gerade Meeren aus Saarbrücken versteht Fasten dann, wenn er gestresst von der Arbeit so: „Es geht um Aufbruch und Erneuenach Hause kommt. Seinen Kopf kann er rung, einen umfassenden geistlichen nicht abschalten, der Körper ist er- Frühjahrsputz vor Ostern.“ Fasten müsse schöpft und die Seele ausgebrannt. Da ist mit innerer Spannung geschehen: „Das der Griff zur Packung Haribo schnell ge- hat mit der Griesgrämigkeit von verordtan. Statt frustriert über manchen Rück- neten Diäten nichts zu tun.“ Mieser Stimmung, körfall zu sein, sagt der Beperlicher Schwäche und triebswirt offen: „Wenn ich sonstigen schwach werde, ärgere ich Kontemplation zum Trotz:Schwierigkeiten Fasten fördert mich. Aber allein, dass ich statt Burn-Out das Wohlbefinden nachweismir meiner Schwäche bebar – wenn man es richtig wusst bin, ist doch schon ein macht. Sollte man doch mal Gewinn.“ Statt nach Süßem zu schnappen geht schwach werden raten Experten, die eigeGerhard lieber vorbeugend ins Kloster. nen Knackpunkte ans Licht zu bringen. Ein Fastenwochenende hat er bereits ge- Beim Verzichten ist es wichtig, Körper macht. In den Mauern des Benediktiner- und Seele wieder in Einklang zu bringen. stifts Neuburg konnte er sich besser kon- Um nicht wieder den eigenen Macken zentrieren und Gott näher kommen. Nun und Marotten zu unterliegen, empfehlen Gudrun und Gerhard beide, sich lieber besucht er dort regelmäßig die Abendmesmit einem Stück Schokolade zu begnüse. Manchmal redet er im Anschluss mit gen – statt gleich einen ganzen Osterhaden Mönchen über Gott und die Welt. Zusen aufzufuttern. hause lernt Gerhard beim Klavierspiel die leisen Töne des Lebens spielen, die er Buchempfehlung im Alltagslärm nicht mehr hören kann. „Wege zur Ruhe. 100 Tricks und TechniEinfache Aktivitäten helfen ihm, Kör- ken zur schnellen Entspannung“. Ein per und Seele wieder zusammenzubrin- kurzweiliges Buch für hektische Zeiten. gen. Mit dem Hund mehr Gassi gehen, Paul Wilson, 351 Seiten, Rowohlt TaWandern in der Natur und Freunde tref- schenbuch, ISBN-10 3499601192.
H I N T E R G R U N D
Fasten Schon der griechische Arzt Hippokrates erkannte im vierten Jahrhundert vor Christus die positive Wirkung des Fastens. Bei vielen Krankheiten verordnete der Mitbegründer der abendländischen Medizin schlicht weg Nahrungsverzicht. Die Mönche setzen Fasten in ihrer bewährten Klosterheilkunde seit dem Mittelalter ein – noch vor dem beliebten Heilfasten nach Buchinger. Im christlichen Verständnis soll der Körper innerlich gereinigt werden. Ziel ist die innere Freiheit, eine bewusstere Wahrnehmung der Umwelt. Die Formen und Motive des Fastens finden sich in allen Religionen: Zeichen der Buße, Opfer zur Versöhnung und Vorbereitung für religiöse Feste. Gläubige können sich durch das Fasten wieder mehr auf ihren Glauben konzentrieren. In Vorbereitung auf das Fasten wurde im Mittelalter ein üppiges Festmahl gehalten, um die verderblichen Lebensmittel aufzubrauchen.
Fastnacht Fastnacht ist bis heute ein gesellschaftliches Ereignis mit Spiel und Tanz geblieben. Die katholische Kirche befürwor-
tet den Karneval als Vorbereitung auf die Fastenzeit. In Saarbrücken leiht Priester van Meeren seinen Mitgliedern Kostüme aus – aus dem Fundus der Kirche: Farbenfrohe Klamotten, Masken und Teufelskostüme. Die kommenden Wochen zum Gedenken an das Leiden Jesu sollen keine Trauerveranstaltung werden: „Wir wollen uns nicht mit künstlichem Druck einengen und beschränken“, sagt der Priester, welcher gleichzeitig Vorsitzender des dortigen Karnevalsvereins ist. Zwischen Luftschlangen, geschminkten Kindergesichtern und Tortentischen betont er die christliche Freiheit zum Handeln. Auch der Aschermittwoch hat eine lange Tradition. Er geht auf das vierte Jahrhundert zurück. Viele gläubige Katholiken haben sich ein Aschekreuz auf die Stirn malen lassen – als Symbol für die eigene Vergänglichkeit. Im Mittelalter wurde Asche als Reinigungsmittel benutzt, heute steht sie für den inneren Frühjahrsputz. Damals gab es in der Fastenzeit nur Wasser und Brot auf dem Tisch. Auf Fleisch wurde komplett verzichtet. Durch dieses Gebot sind auch die schwäbischen Maultaschen entstanden – das Fleisch gekonnt im Teig versteckt.
FRAGEN DES ALLTAGS Warum sind manche Menschen kitzliger als andere? vp. Dafür, dass manche Menschen kitzliger sind als andere, gibt es eine sehr einfache Erklärung: Menschen sind nun einmal verschieden und reagieren unterschiedlich stark auf verschiedene Reize. Hinzu kommt, dass man nur dann beim Kitzeln lacht, wenn man auch entspannt ist. Das kann man bei Babys sehr schön sehen, die gerne lachen, wenn man sie kitzelt – aber sie müssen die kitzelnde Person kennen und diese muss dabei auch lächeln. Ursprünglich stammt das Kitzeln vom Juckreiz ab, den beispielsweise krabbelnde Insekten auf der Haut hinterlassen. Diesen Reiz spürt jeder, auch wenn dabei keiner lacht. Gargalesis, wie Kitzeln in der Fachsprache heißt, wird durch höheren Druck ausgelöst als ein krabbelndes Insekt ausüben könnte. Charles Darwin, Vater der Evolutionstheorie, gestand dem Kitzeln sogar eine soziale Funktion zu. Die Psychologin Christine Harris spürte dem nach und kam zu der Überlegung, dass Kitzeln die Bindung zwischen Eltern und Kindern stärkt. Aristoteles interessierte es vielmehr, warum man sich eigentlich nicht selbst kitzeln kann – und kam zu dem Schluss, dass das Wesentliche am Kitzeln die Überraschung ist. Aus „Warum Männer weniger lachen“, beck’sche reihe, ISBN: 3-406-54138-0.
Foto: Christine Frei
Kannten die Ägypter das Rad? ms. Wissenschaftler auf der ganzen Welt gehen davon aus, dass die Ägypter das Rad
nicht selbst erfunden haben. Zumindest gilt als gesichert, dass sie keine Räder beim Bau der Pyramiden benutzt haben, sondern die tonnenschweren Steinquader maximal mit Rundhölzern, die als Rollen unter die Schlitten gelegt wurden, bewegt haben. Allerdings rätselt die Wissenschaft immer noch darüber, wie sie die Steine anschließend auf mehr als hundert Meter Höhe transportiert haben. In Mesopotamien war das Rad schon etwa 2000 Jahre vorher in Gebrauch, was darauf schließen lässt, das die Ägypter es mehr oder weniger „importiert“ haben. Das heißt nicht unbedingt, dass die Bewohner des Landes am Nil zu lahm dafür gewesen sind – in der frühzeitlichen Ägyptischen Welt bestand vielleicht einfach kein Bedarf an Rädern. Hauptverkehrsmittel in dem schmalen Land waren Boote und Schiffe. Aus: „Stimmt’s?“, rororo, Verlag, ISBN–13: 978-3-499-62064-5.
Wo sind die besten Sitzplätze in einemFlugzeug? ms. Unter dem Aspekt der Bequemlichkeit sind die besten Sitze schnell gefunden: Die mit der größten Beinfreiheit und den hemmungslosesten Möglichkeiten sich nach hinten zu kippen. Unter dem Sicherheitsaspekt ist die Frage allerdings nicht zu beantworten: Die Experten sind sich einig, dass es keinen Platz gibt, der im Falle eines Unglücks höhere Überlebenschancen bietet als ein anderer. Sicher schadet es nicht an einem Notausgang zu sitzen, um im Unglücksfall möglichst schnell entfliehen zu können. Doch um das Flugzeug rasch verlassen zu können muss man den Mechanismus kennen, mit dem sich der Notausgang öffnen lässt, und der variiert von Hersteller zu Hersteller. Aus: „Dr. Ankowitschs Kleines Konversationslexikon“, Goldmann Verlag.
– Sorge für Deine Gesundheit, aber verzärtle Dich nicht! – Respektiere Dich selbst, und habe Zuversicht mit Dir selber! – Verzweifle nicht bei dem Bewusstsein mangelnder Vollkommenheiten, bei den Schwierigkeiten, ein großer Mann zu werden! – Sei Dir ein angenehmer Gesellschafter! – Aber sei Dir auch kein Schmeichler, sondern ein aufrichtiger und gerechter Freund! Sei ebenso strenge gegen Dich, wie Du gegen andre bist! – Miß Dein Verdienst nach den Graden Deiner Fähigkeiten, Anlagen, Erziehung, und der Gelegenheit, die Du gehabt hast, weiser und besser zu werden, als viele! Aus: „Dr. Ankowitschs Kleines Konversationslexikon“, Goldmann Verlag.
Was ist der richtige Umgang mit sich selbst?
Warum sieht nasse Kleidung dunkler aus?
ms. Die folgenden neun Punkte eines respektvollen Umgangs mit sich selber hat Adolph Freiherr Von Knigge in seinem bekannten Werk „Über den Umgang mit Menschen“ aus dem Jahr 1788 formuliert. – Es ist nützlich und interessant, über den Umgang mit anderen Menschen seine eigene Gesellschaft nicht zu vernachlässigen. – Es kommen Augenblicke, wo wir uns selbst am nötigsten sind. – Gehe ebenso vorsichtig, fein, redlich und gerecht mit Dir selber um, wie mit anderen!
ms. Eine denkbare Erklärung dafür wäre, dass das Wasser in der Kleidung einen Teil des einfallenden Lichtes absorbiert. Der reflektierte Lichtanteil wäre damit schwächer, was den Stoff dunkler erscheinen lässt. Aber ehrlich gesagt weiß man es nicht so genau. Selbst gestandene Physiker reagieren verlegen auf diese Frage. Aus: „ Wer pumpt die Luft in die Paprika?, rororo Verlag, ISBN-13: 978-3-499-62086-7.
REPORTAGE
Rhein-Neckar-Zeitung Magazin /
Samstag/Sonntag, 24./25. Februar 2007
Kraft durch Verzicht Ein Gläschen frisch gepressten Saft am Morgen – gelöffelt, nicht getrunken. Sowie eine Auswahl leckerer Tees mit Kräutern aus dem Garten. Am Abend gibt es Gemüsebrühe bis zum Abwinken. Zitrusschnitze, Orangen- und Ingwerwasser ergänzen die Verpflegung. Zudem bieten Fastenhotels Yoga, Massagen und meditative Tänze an. Von der traditionellen Thaimassage über Lymphdrainage bis zur Kolon-Hydro-Therapie bleiben keine Wünsche offen. Migräne begleitete Gudrun viele Jahre. Seit ihrer Fastenkur ist sie den pochenden Kopfschmerz los – auf natürlichem Wege. Selbst Patienten mit chronischen Leiden haben hier positive Schmerzlinderung erfahren. „Ob Allergien, Darmprobleme oder Multiple Sklerose – nach dem Fasten gehe es auch Gästen mit solchen Erkrankungen besser“, berichtet sie. Der prominente Benediktinerpater Anselm Grün fastet jedes Jahr: „Mir ist das Fasten wichtig, damit ich mich innerlich wieder in Ordnung bringe“. Der Pater nutzt die Zeit, seine Essgewohnheiten neu zu regulieren, um damit den Körper von giftigen Schlacken zu reinigen. Die wichtigste Bedeutung für den Schriftsteller ist aber, dass er „innerlich wieder wach wird, eine neue Offenheit für den Augenblick bekommt und Gottes heilende Gegenwart findet“. Fasten ist für Anselm Grün ein Weg zur inneren Freiheit: „Es erzeugt Lust, selber zu leben statt gelebt zu werden.“ Fasten schärft die Sinne. „Beim Fasten merke ich, worauf es mir im Leben ankommt“, sagt der Saarbrücker Betriebswirt Gerhard. Er sehnt sich nach innerer Ruhe im hektischen Alltagstrott: „In der Stille sitzen und schweigen klappt nicht sofort, denke ich doch gleich an den nächsten Kunden“, berichtet der 40-jährige Saarländer. Trotz großer Reizüberflutung bemüht er sich dennoch, innezuhalten. Gerhard nimmt den Stress gelassen: „Alles muss beim Fasten stimmig sein, sich gut anfühlen.“ Am Ende müsse dabei für ihn etwas Gutes herauskommen,
Meditation verschafft innere Ruhe. Foto: Frei
Das Benediktinerstift Neuburg. Auch hierher kann man sich zurückziehen und Kraft schöpfen. Foto: Christine Frei
Wo bleibt die Suppe? Für viele ist Gemüsebrühe ständiger Begleiter während des Fastens. Foto: RNZ-Archiv was er so schnell nicht mehr missen möch- fen. „Einfach der sein, der ich bin“, freut sich Gerhard über seinen Fastenweg zu te. Die Lust auf Gummibärchen ist auch mehr Gelassenheit. Priester Oliver van Gerhard bekannt. Das erlebt er gerade Meeren aus Saarbrücken versteht Fasten dann, wenn er gestresst von der Arbeit so: „Es geht um Aufbruch und Erneuenach Hause kommt. Seinen Kopf kann er rung, einen umfassenden geistlichen nicht abschalten, der Körper ist er- Frühjahrsputz vor Ostern.“ Fasten müsse schöpft und die Seele ausgebrannt. Da ist mit innerer Spannung geschehen: „Das der Griff zur Packung Haribo schnell ge- hat mit der Griesgrämigkeit von verordtan. Statt frustriert über manchen Rück- neten Diäten nichts zu tun.“ Mieser Stimmung, körfall zu sein, sagt der Beperlicher Schwäche und triebswirt offen: „Wenn ich sonstigen Schwierigkeiten schwach werde, ärgere ich Kontemplation zum Trotz: Fasten fördert mich. Aber allein, dass ich statt Burn-Out das Wohlbefinden nachweismir meiner Schwäche bebar – wenn man es richtig wusst bin, ist doch schon ein macht. Sollte man doch mal Gewinn.“ Statt nach Süßem zu schnappen geht schwach werden raten Experten, die eigeGerhard lieber vorbeugend ins Kloster. nen Knackpunkte ans Licht zu bringen. Ein Fastenwochenende hat er bereits ge- Beim Verzichten ist es wichtig, Körper macht. In den Mauern des Benediktiner- und Seele wieder in Einklang zu bringen. stifts Neuburg konnte er sich besser kon- Um nicht wieder den eigenen Macken zentrieren und Gott näher kommen. Nun und Marotten zu unterliegen, empfehlen Gudrun und Gerhard beide, sich lieber besucht er dort regelmäßig die Abendmesmit einem Stück Schokolade zu begnüse. Manchmal redet er im Anschluss mit gen – statt gleich einen ganzen Osterhaden Mönchen über Gott und die Welt. Zusen aufzufuttern. hause lernt Gerhard beim Klavierspiel die leisen Töne des Lebens spielen, die er Buchempfehlung im Alltagslärm nicht mehr hören kann. „Wege zur Ruhe. 100 Tricks und TechniEinfache Aktivitäten helfen ihm, Kör- ken zur schnellen Entspannung“. Ein per und Seele wieder zusammenzubrin- kurzweiliges Buch für hektische Zeiten. gen. Mit dem Hund mehr Gassi gehen, Paul Wilson, 351 Seiten, Rowohlt TaWandern in der Natur und Freunde tref- schenbuch, ISBN-10 3499601192.
H I N T E R G R U N D
Fasten Schon der griechische Arzt Hippokrates erkannte im vierten Jahrhundert vor Christus die positive Wirkung des Fastens. Bei vielen Krankheiten verordnete der Mitbegründer der abendländischen Medizin schlicht weg Nahrungsverzicht. Die Mönche setzen Fasten in ihrer bewährten Klosterheilkunde seit dem Mittelalter ein – noch vor dem beliebten Heilfasten nach Buchinger. Im christlichen Verständnis soll der Körper innerlich gereinigt werden. Ziel ist die innere Freiheit, eine bewusstere Wahrnehmung der Umwelt. Die Formen und Motive des Fastens finden sich in allen Religionen: Zeichen der Buße, Opfer zur Versöhnung und Vorbereitung für religiöse Feste. Gläubige können sich durch das Fasten wieder mehr auf ihren Glauben konzentrieren. In Vorbereitung auf das Fasten wurde im Mittelalter ein üppiges Festmahl gehalten, um die verderblichen Lebensmittel aufzubrauchen.
Fastnacht Fastnacht ist bis heute ein gesellschaftliches Ereignis mit Spiel und Tanz geblieben. Die katholische Kirche befürwor-
tet den Karneval als Vorbereitung auf die Fastenzeit. In Saarbrücken leiht Priester van Meeren seinen Mitgliedern Kostüme aus – aus dem Fundus der Kirche: Farbenfrohe Klamotten, Masken und Teufelskostüme. Die kommenden Wochen zum Gedenken an das Leiden Jesu sollen keine Trauerveranstaltung werden: „Wir wollen uns nicht mit künstlichem Druck einengen und beschränken“, sagt der Priester, welcher gleichzeitig Vorsitzender des dortigen Karnevalsvereins ist. Zwischen Luftschlangen, geschminkten Kindergesichtern und Tortentischen betont er die christliche Freiheit zum Handeln. Auch der Aschermittwoch hat eine lange Tradition. Er geht auf das vierte Jahrhundert zurück. Viele gläubige Katholiken haben sich ein Aschekreuz auf die Stirn malen lassen – als Symbol für die eigene Vergänglichkeit. Im Mittelalter wurde Asche als Reinigungsmittel benutzt, heute steht sie für den inneren Frühjahrsputz. Damals gab es in der Fastenzeit nur Wasser und Brot auf dem Tisch. Auf Fleisch wurde komplett verzichtet. Durch dieses Gebot sind auch die schwäbischen Maultaschen entstanden – das Fleisch gekonnt im Teig versteckt.
FRAGEN DES ALLTAGS Warum sind manche Menschen kitzliger als andere? vp. Dafür, dass manche Menschen kitzliger sind als andere, gibt es eine sehr einfache Erklärung: Menschen sind nun einmal verschieden und reagieren unterschiedlich stark auf verschiedene Reize. Hinzu kommt, dass man nur dann beim Kitzeln lacht, wenn man auch entspannt ist. Das kann man bei Babys sehr schön sehen, die gerne lachen, wenn man sie kitzelt – aber sie müssen die kitzelnde Person kennen und diese muss dabei auch lächeln. Ursprünglich stammt das Kitzeln vom Juckreiz ab, den beispielsweise krabbelnde Insekten auf der Haut hinterlassen. Diesen Reiz spürt jeder, auch wenn dabei keiner lacht. Gargalesis, wie Kitzeln in der Fachsprache heißt, wird durch höheren Druck ausgelöst als ein krabbelndes Insekt ausüben könnte. Charles Darwin, Vater der Evolutionstheorie, gestand dem Kitzeln sogar eine soziale Funktion zu. Die Psychologin Christine Harris spürte dem nach und kam zu der Überlegung, dass Kitzeln die Bindung zwischen Eltern und Kindern stärkt. Aristoteles interessierte es vielmehr, warum man sich eigentlich nicht selbst kitzeln kann – und kam zu dem Schluss, dass das Wesentliche am Kitzeln die Überraschung ist. Aus „Warum Männer weniger lachen“, beck’sche reihe, ISBN: 3-406-54138-0.
Foto: Christine Frei
Kannten die Ägypter das Rad? ms. Wissenschaftler auf der ganzen Welt gehen davon aus, dass die Ägypter das Rad
nicht selbst erfunden haben. Zumindest gilt als gesichert, dass sie keine Räder beim Bau der Pyramiden benutzt haben, sondern die tonnenschweren Steinquader maximal mit Rundhölzern, die als Rollen unter die Schlitten gelegt wurden, bewegt haben. Allerdings rätselt die Wissenschaft immer noch darüber, wie sie die Steine anschließend auf mehr als hundert Meter Höhe transportiert haben. In Mesopotamien war das Rad schon etwa 2000 Jahre vorher in Gebrauch, was darauf schließen lässt, das die Ägypter es mehr oder weniger „importiert“ haben. Das heißt nicht unbedingt, dass die Bewohner des Landes am Nil zu lahm dafür gewesen sind – in der frühzeitlichen Ägyptischen Welt bestand vielleicht einfach kein Bedarf an Rädern. Hauptverkehrsmittel in dem schmalen Land waren Boote und Schiffe. Aus: „Stimmt’s?“, rororo, Verlag, ISBN–13: 978-3-499-62064-5.
Wo sind die besten Sitzplätze in einemFlugzeug? ms. Unter dem Aspekt der Bequemlichkeit sind die besten Sitze schnell gefunden: Die mit der größten Beinfreiheit und den hemmungslosesten Möglichkeiten sich nach hinten zu kippen. Unter dem Sicherheitsaspekt ist die Frage allerdings nicht zu beantworten: Die Experten sind sich einig, dass es keinen Platz gibt, der im Falle eines Unglücks höhere Überlebenschancen bietet als ein anderer. Sicher schadet es nicht an einem Notausgang zu sitzen, um im Unglücksfall möglichst schnell entfliehen zu können. Doch um das Flugzeug rasch verlassen zu können muss man den Mechanismus kennen, mit dem sich der Notausgang öffnen lässt, und der variiert von Hersteller zu Hersteller. Aus: „Dr. Ankowitschs Kleines Konversationslexikon“, Goldmann Verlag.
– Sorge für Deine Gesundheit, aber verzärtle Dich nicht! – Respektiere Dich selbst, und habe Zuversicht mit Dir selber! – Verzweifle nicht bei dem Bewusstsein mangelnder Vollkommenheiten, bei den Schwierigkeiten, ein großer Mann zu werden! – Sei Dir ein angenehmer Gesellschafter! – Aber sei Dir auch kein Schmeichler, sondern ein aufrichtiger und gerechter Freund! Sei ebenso strenge gegen Dich, wie Du gegen andre bist! – Miß Dein Verdienst nach den Graden Deiner Fähigkeiten, Anlagen, Erziehung, und der Gelegenheit, die Du gehabt hast, weiser und besser zu werden, als viele! Aus: „Dr. Ankowitschs Kleines Konversationslexikon“, Goldmann Verlag.
Was ist der richtige Umgang mit sich selbst?
Warum sieht nasse Kleidung dunkler aus?
ms. Die folgenden neun Punkte eines respektvollen Umgangs mit sich selber hat Adolph Freiherr Von Knigge in seinem bekannten Werk „Über den Umgang mit Menschen“ aus dem Jahr 1788 formuliert. – Es ist nützlich und interessant, über den Umgang mit anderen Menschen seine eigene Gesellschaft nicht zu vernachlässigen. – Es kommen Augenblicke, wo wir uns selbst am nötigsten sind. – Gehe ebenso vorsichtig, fein, redlich und gerecht mit Dir selber um, wie mit anderen!
ms. Eine denkbare Erklärung dafür wäre, dass das Wasser in der Kleidung einen Teil des einfallenden Lichtes absorbiert. Der reflektierte Lichtanteil wäre damit schwächer, was den Stoff dunkler erscheinen lässt. Aber ehrlich gesagt weiß man es nicht so genau. Selbst gestandene Physiker reagieren verlegen auf diese Frage. Aus: „ Wer pumpt die Luft in die Paprika?, rororo Verlag, ISBN-13: 978-3-499-62086-7.
36 LEBENSART REPORT
Rheinischer Merkur · Nr. 17 / 2008
Lebensabend fern von Anatolien GASTARBEITER Sie kamen vor 30, 40 Jahren. Jetzt sind sie alt geworden. Für viele ihrer Familien stellt sich die Frage:
zu Hause pflegen oder in Einrichtungen geben? Besuch im ersten deutschen Pflegeheim für türkische Rentner
Ohne Vorbild: Neika Kaba-Retzlaff, die Heimleiterin, leistet Pionierarbeit.
Letzte Etappe: Es ist bei zahlreichen Türken ein Tabu, im Altenheim zu leben. Zyia Bircan sieht das anders. Er hat den Schritt gewagt.
Von Jan Thomas Otte s duftet nach frischem türkischem Tee. Warm und gemütlich ist es hier, der Raum ist geschmückt mit roten Polstern, orientalischen Malereien und Bildern eines türkischen Markts. Ein eher kühl wirkendes Altenheim mit langen, sterilen Fluren sieht anders aus. Das will die größte Wohngemeinschaft Deutschlands für Pflegebedürftige türkischer Herkunft auch nicht sein. Laut plärren Fernseher bis in den Flur des Berliner „Türk Bakim Evi“. Gerade läuft ein türkisches Magazin über den Islam. Trotzdem sitzen einige Rentner eher gelangweilt und leicht schläfrig auf ihren Kissen. Andere unterhalten sich bereits am frühen Morgen angeregt über Familie, Politik und die harten alten Zeiten als Gastarbeiter in der Textilfabrik. Gemeinsam mit anderen Bewohnern sitzt Ziya Bircan im Wohnzimmer und schaut ebenfalls fern. Der Mann, Mitte sechzig, kam vor knapp einem Jahr in das Haus. Das war nach seinem Herzinfarkt. Seitdem gehört er zu den rund fünfzig Menschen, die hier nach ihren türkischen Bräuchen und Sitten im Alter leben. Das bedeutet zum Beispiel, dass Männer nur von Männern und Frauen nur von Frauen gepflegt werden. Ziya Bircan ist das wichtig. Er ist einer der ehemaligen Gastarbeiter, die vor mehr als vierzig Jahren aus der Türkei nach Deutschland gekommen sind, auf eigenen Wunsch, um hier gut bezahlte Arbeit zu bekommen. Es waren auch finanzielle Gründe, die Bircan über Umwege mit viel Glück ins Land lockten. Eine junge Liebe sorgte dafür, dass er blieb. Der zweifache Vater erinnert sich gern an die turbulenten, aufregenden Jahre.
E
ken die Altenpflege ihrer Angehörigen näherzubringen. Akgün will fürs eigene Haus Vertrauen schaffen, den Betroffenen klarmachen, dass die Pflege der Eltern auch „auf eine gesündere Art“ zu machen ist. Gesünder, als die Pflege wie üblich allein der Frau zu überlassen, sagt die freundliche Sozialarbeiterin. Besonders konservative Türken glaubten, die Eltern verlören gegenüber der Gesellschaft das Gesicht, wenn sie „ins Altenheim abgeschoben werden“. Zahlreiche Alte würden deshalb noch zu Hause gepflegt, was „nicht immer ein Vorteil ist“. Für viele der rund 270 000 lebenden Türken in Berlin ist der Gedanke, die Eltern ins Pflegeheim zu geben, ein Tabu. Deshalb geht Yildiz Akgün auch hinaus in
die Berliner Moscheen, zeigt ihre Powerpoint-Präsentationen vom Laptop und spricht anschließend mit den türkischen Familien über die Probleme mit den Eltern. Yildiz Akgün kann die meisten gut verstehen. Die Hürde der Scham sei nicht leicht zu umgehen. Um Spannungen in der Familie zu vermeiden, würden die Frauen die Pflege der Eltern meist doch komplett übernehmen. Viele Frauen würden erst durch die Hochzeit nach Deutschland kommen – ein „ganz normales Opfer“, sagt Akgün: „Die Familie geht davon aus, dass die Frau das macht.“ Die anschließenden familiären Verpflichtungen folgen ganz selbstverständlich. Bei Yildiz Akgün selbst war es ähnlich: „Natürlich ist das Thema auch bei uns zu Hause ein Tabu gewesen“, erinnert sie
Den Nachmittag im Frankfurter Tanzcafé wird er dabei nie vergessen, als er sich in die junge Frau verliebte, die er später auch heiraten sollte. Ein Lächeln huscht über sein Gesicht, wenn er daran zurückdenkt. Damals habe er etwas von der Welt sehen wollen. Zuerst arbeitete Ziya Bircan bei Frankfurt in einer Fabrik. Einige Jahre später zog er nach Berlin – wegen seiner Frau. Deshalb, sagt er, sei er geblieben. Bis zu einem Herzinfarkt Anfang der Neunzigerjahre hat er an der Spree gearbeitet. Die Krankheit kam plötzlich, er wurde frühverrentet. Ein Fernsehbericht habe ihn dann auf das türkische Heim aufmerksam gemacht. Über seine Ängste vor der Krankheit und die Erinnerungen an früher kann Ziya Bircan mit Yildiz Akgün sprechen. Sie ist Sozialarbeiterin im „Türk Bakim Evi“ und weiß, was die alten Menschen besonders nötig haben. Sie erlebt, dass viele Familien mit ihren pflegebedürftigen Eltern überfordert sind. Doch es falle Angehörigen schwer, einen pflegebedürftigen Menschen ins Heim zu bringen, sagt die Frau in fürsorglichem Ton. Es ist deshalb ihre Aufgabe, den jüngeren Tür- Teestunde: Mitspieler sind stets erwünscht – auch um dabei von alten Zeiten zu erzählen.
FOTOS: JAN THOMAS OTTE
sich. Lange Zeit konnte die Frau, die heute selber als Aufklärerin in Sachen Altenpflege unterwegs ist, so mit ihrem eigenen Vater nicht darüber sprechen. Doch sie hat aus ihrem Schicksal gelernt. Wenn Menschen älter werden, weiß Akgün, kommt es vor allem auf ihre Sprache, Kultur und Religion an, mit der sie groß geworden sind. Man kehrt zu seinen Ursprüngen zurück, das Langzeitgedächtnis hat größeres Gewicht. Die türkischen Männer und Frauen erinnern sich dann eher an ihre Jugend in Anatolien als an den Tag zuvor in Berlin. Weil das Leben in der Türkei lange zurückliegt, ist es den wenigsten möglich, wieder zurück in die alte Heimat zu gehen. Viele Alte haben zwar noch Verwandte in der Türkei – trotzdem sind sie
fremd und einen Sozialhilfeanspruch haben sie auch nicht. Die anfänglichen Vorbehalte in der Türkischen Gemeinde zu Berlin gegenüber dem Pflegeheim sind inzwischen leiser geworden. Sie ist Mitgesellschafter des Hauses. Seit einigen Monaten kommen mehr neue Bewohner ins Heim als zur Zeit der Eröffnung. Die Diskussion über die Zukunft der Eltern sei etwas leichter geworden, heißt es auch aus der Türkischen Gemeinde. Im Heim arbeiten nur zweisprachige Mitarbeiter, alle von ihnen haben selbst türkische Verwandte. Von den rund 150 Betten des bundesweiten Pilotprojekts ist jedoch bislang erst ein Drittel belegt. Neika Kaba-Retzlaff, die Leiterin des Pflegeheims, überrascht das nicht. „Es liegt daran, dass wir die erste Einrichtung dieser Art sind. Deshalb wissen viele türkische Menschen von diesem Angebot noch nichts“, sagt die zierliche Frau im Hosenanzug, mit akkurat geschnittener Frisur und einem ernsten Auftreten. Ein weiterer Grund: Pflegebedürftige Menschen gibt es in den türkischen Familien in Deutschland erstmals. „Unsere Bewohner gehören zur ersten Generation türkischer Einwanderer. Sie sind die Ersten von uns, die alt werden. Wir haben in Deutschland keine Vorbilder“, so KabaRetzlaff. Harald Berghoff, Geschäftsführer des Pflegeheims, ist ganz einer Meinung mit Neika
Kaba-Retzlaff. „Man muss sehen, dass unsere Bewohner seit dreißig, vierzig Jahren in Deutschland leben. In dieser Situation mit neuen Integrationskonzepten zu beginnen bringt nichts. Da ist der Zug abgefahren.“ Bei einem Menschen, der nach Jahrzehnten noch nicht integriert ist, müsse man heute nicht mehr versuchen, ihn „auf seine letzten Lebensjahre noch zu integrieren“, sagt Berghoff bestimmt. Ob Sunniten oder Schiiten, Aleviten oder Kurden – verschiedene Ausrichtungen des Islam friedlich unter einem Dach zusammenzuführen, das klappt im Berliner Altenheim bereits. „Wir sind ein Haus für Menschen aus der Türkei“, sagt Akgün. Christen seien hier ebenfalls willkommen, wenn auch nicht explizit eingeladen, so die Sozialarbeiterin. Entsprechend wohnen derzeit hier ausschließlich Männer und Frauen islamischen Glaubens – bis auf zwei Christinnen, die jede mit einem Muslim verheiratet waren. Sie
finden freilich keine Kapelle in den Räumlichkeiten wie sonst in deutschen Altenheimen üblich. Stattdessen lädt eine Moschee im Kleinformat, ein Gebetsraum, zum Innehalten ein. Regelmäßig hält ein Berliner Großmufti Gottesdienste. Das sei, betont Geschäftsführer Harald Berghoff, aber ein freies Angebot. Es komme schließlich weniger auf die Religion als auf den Menschen selber an: „Jeder Mensch, der sich bei uns wohlfühlt, ist herzlich willkommen.“ Natürlich ist auch der Speiseplan an religiösen Gesichtspunkten ausgerichtet. Ein türkischer Koch bereitet das Essen zu, er verzichtet auf Schweinefleisch und Schweinefett, alle Lebensmittel sind koscher zubereitet. Und im Fastenmonat Ramadan werden die Mahlzeiten, so der Einzelne es wünscht, nach Sonnenuntergang serviert. „Aber selbstverständlich ist auch das Nutellabrötchen auf Wunsch realisierbar“, ergänzt der Geschäftsführer. Das neue Haus wirkt indes weit in die türkische Gemeinschaft in Deutschland hinein. Für Berghoff krempelt es die Gespräche unter Türken über die Altenpflege geradezu kräftig um. Vergleichbar sei das mit der deutschen Diskussion der Achtundsechziger, seit der es „nichts Schlimmes“ mehr ist, auch seine eigenen Eltern, Opa und Oma in professionelle Pflege zu geben. „Wir haben Bewohner aus Kiel, aus Bielefeld, aus Fulda und München, aus ganz Deutschland eben“, erklärt Berghoff die bunte Mischung der Bewohner. Im Sinne der Qualitätssicherung sieht er den langsamen Aufbau des Hauses als „eine ganz hervorragende Sache“ an. Jeder Bewohner, der in die Einrichtung kommt, soll persönlich und individuell aufgenommen werden. „Wir haben es mit individuellen Biografien zu tun, müssen also sehen, wo kommt der Mensch her, was mag er, was vielleicht nicht.“ Zwei Jahre hat sich das Haus gesetzt, um das Heim voll auszulasten. Dann sollen die Erfahrungen, die in dem Pilotprojekt gesammelt werden, in weiteren deutschen Großstädten umgesetzt werden: im Ruhrgebiet, in Frankfurt oder Köln. Auch dort werden dann einmal neue Heime alten Türken Heimat geben. Kontakt: Türk Bakim Evi Pflegeeinrichtung
Berlin-Kreuzberg, Methfesselstraße 43, 10965 Berlin, Telefon 0800/474 72 07. Internet: www.bakimevi.de
KAUM KENNTNIS ÜBER SOZIALLEISTUNGEN
In Deutschland leben derzeit 1,764 Millionen Türken, davon haben bereits 95 000 das Rentenalter erreicht. Die Zahl der deutschen Staatsbürger türkischer Abstammung liegt bei rund 840 000. Insgesamt gibt es in der Bundesrepublik derzeit etwa 2,6 Millionen Menschen türkischer Abstammung. Der Bedarf an Pflegeeinrichtungen für türkische Senioren wird stark wachsen. Der Anteil der Türken im Alter über 60 Jahre hat sich in den zurückliegenden zehn Jahren von 52 200 auf 192 500 Personen fast vervierfacht. Sie sind mit 26 Prozent die größte Gruppe von Ausländern in Deutschland. Der Trend zur Auflösung der typisch türkischen Großfamilie ist erkennbar. Die meisten Familienmitglieder sind mittlerweile berufstätig und können ihre Angehörigen nicht mehr pflegen. Nach einer Prognose des Senators für Stadtentwicklung in Berlin über die Bevölkerungsentwicklung vom Jahr 2002 bis zum Jahr 2020 wird die Zahl der in Berlin lebenden Ausländer um etwa 75 000 wachsen. Wie viele Türken hierzulande in Pflegeeinrichtungen leben, darüber liegen keine Zahlen vor. Bezogen auf die Kommune Berlin gibt es folgende Zahlen: In 270 Berliner Pflegeeinrichtungen wurden 2003 nur 40 Türken betreut (ergänzende Zusatzerhebung der Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales). Türkische Senioren und deren Angehörige sind über die eigenen rechtlich
gesicherten Ansprüche an das deutsche Pflege- und Sozialversicherungssystem und über das Pflegeangebot wenig informiert. Zugangsbarrieren sind Verständigungsprobleme, aber auch Hemmungen vor deutschen Institutionen und Unsicherheiten über rechtliche Konsequenzen bezüglich der Sozialleistungen. Die Migranten nehmen die deutsche Regelversorgung nicht voll in Anspruch. Es zeichnet sich jedoch eine Zunahme bei der Nutzung von ambulanten türkischen Pflegediensten ab. Deutsche Anbieter haben bislang kein individuelles Angebot für Türken geschaffen und den Bedarf dieser potenziellen Klientel nicht berücksichtigt. Außer dem „Türk Bakim“ gibt es in Deutschland bislang keine rein türkischen Pflegeeinrichtungen und Pflegekonzepte. Seit dem Jahr 2000 arbeiten politische Gremien mit Altenpflege-Institutionen und Pflegeverbänden im Arbeitskreis „Charta für eine kultursensible Altenpflege“ und seit 2002 in der „Kampagne für kultursensible Altenhilfe“ zusammen. Hier wurde von den Beteiligten die Forderung nach einer „interkulturellen Öffnung“ der deutschen Pflegeeinrichtungen erhoben. Greifbare Ergebnisse bezogen auf die Integrationsbemühungen der ehemaligen rot-grünen Bundesregierung sind jedoch bislang noch nicht erreicht worden. ot
32 REPORT
Rheinischer Merkur · Nr. 40 / 2009
Beten gegen die Gier FINANZKRISE Misserfolge und Existenzangst treiben die Manager der Wall Street verstärkt in die umliegenden Kirchen. Die Gemeinden haben
sich darauf eingestellt und bieten eine spezielle Banker-Seelsorge Von Jan Thomas Otte illiam Tully blättert unter einem Holzkreuz in einer Bibel. Der Geistliche will an diesem Vormittag einer nicht gerade alltäglichen Besuchergruppe in seiner Gemeinde christliche Wertvorstellungen näherbringen: Managern der Wall Street. Dass sie den Weg hierher gefunden haben, liegt natürlich an der zentralen Lage der Pfarrei. Die St. Bartholomeus Church, eine anglikanische Gemeinde, findet sich direkt zwischen Broadway und Wall Street. Doch das ist nicht der einzige Grund. Die Finanz- und Wirtschaftskrise ist für die Männer und Frauen zu einer der größten Krisen ihres bisherigen Lebens geworden. Draußen heulen Polizeiautos, gelbe Taxis hupen. Aktentaschenträger beschleunigen ihre Schritte, um die besten Plätze an der roten Ampel zu ergattern auf dem Weg zur ersten Konferenz, den Blackberry in der Hand. Rauch qualmt aus dem U-Bahnschacht, die Morgensonne reflektiert im blitzblanken Glas der großen Investmentbanken. Die Wolkenkratzer der Bank of America und der schweizerischen UBS stellen die kleineren Kirchengebäude im Finanzdistrikt in den Schatten. Doch Kirchen wie die Trinity Church an der Wall Street, einst höchstes Gebäude der Stadt, oder eben St. Bartholomeus sind nicht nur älter, sondern ganz offenbar beständiger als der Markt. Statt hektisch um Optionsscheine zu buhlen, langweilen sich die verbliebenen Mitarbeiter im Büroturm der ExBank Bear Stearns. Auf ihre Pleite folgte der Zusammenbruch von Lehman, der die ganze Welt in den Strudel der Finanzkrise hineinzog. Auch in der kleinen Gruppe, die sich wie eine Konfirmandengruppe rund um Pfarrer Tully versammelt hat, haben etliche vor kurzem noch für Gläubiger spekuliert. Jetzt sind sie arbeitslos. Gerade im mittleren Management sind in New York zahllose Stellen gestrichen worden. Andere sind weiterhin gut im Geschäft, Berufseinsteiger sind ebenfalls gekommen. Doch auch sie fühlen sich von der Kampagne „Entdecke. Kirche für diese Zeiten“ der St. Bartholomeus-Gemeinde angezogen. Das Angebot, dass Glaube gerade in Krisenzeiten Trost schenken kann, stößt auf großes Interesse. Für William Tully ist die Krise freilich nur ein Aufhänger. Er ist stets davon beseelt, Menschen in die Kirche zu holen, warum also nicht auch jetzt in diesen Krisenzeiten?
W
Investment-Chef: Robert Doll arbeitet für Blackrock und hilft in seiner Pfarrei.
wie er sich auf das Leben des Einzelnen auswirkt. Tully spricht über das Schuldigwerden an den Mitmenschen, an sich selbst und an Gott. Und er redet über die Versöhnung, die der Glaube gewährt. Moralpredigten hält der Geistliche nicht, das tut er nie – auch nicht in seinen vier Gottesdiensten, die er jede Woche feiert. Über 1000 Besucher zählt die St. Bartholomeus-Gemeinde am Sonntag, darunter viele Manager. Tully ist einer breiten Öffentlichkeit bekannt. Das Wirtschaftsmagazin „Fortune“ hat bereits über den „Managerpfarrer“ geschrieben. Für seine Mission ist er besonders gut gerüstet: Neben Theologie hat Tully Betriebswirtschaft studiert. Das breche das Eis zu manchen seiner neuen Besucher, sagt er mit etwas Stolz in seiner Stimme. Doch nicht nur Glaubensunterweisung bieten Kirchengemeinden rund um den Finanzdistrikt an. Auch karitativ kümmern sich zahlreiche New Yorker Pfarreien seit der Finanzkrise um die neue Klientel. Not hat viele Gesichter. Der Einsatz für Obdachlose und Süchtige ist schon immer seelsorgerliche Routine, nun gehören auch Menschen zur Zielgruppe, die durch die Wirtschaftskrise ins Abseits geraten sind. Materielle Unterstützung ist da das eine, doch nicht immer fehlt einfach nur Geld. Die Banker haben durch die pauschale Managerkritik auch viel an Selbstbewusstsein verloren. In den Gesprächskreisen versuchen sie, etwas davon zurückzugewinnen. Viele Manager seien „zu stark über einen Kamm geschoren“ worden, klagt der Investmentbanker Vivek Matthew. Sensationsgierige Journalisten meint er damit, aber durchaus auch übereifrige Pfarrer. Die Banker eigneten sich eben als Sündenböcke, dabei werde in der Finanzkrise die Gier ganzer Volkswirtschaften sichtbar, so Matthew. Zweimal die Woche geht er in die „Redeemer Church“, um Antworten auf seine drängenden Fragen zu bekommen. Hier fühlt er sich angenommen. Die abendlichen Gespräche in Kleingruppen empfindet er, der sonst ständig mit Zahlen und Millionenbeträgen hantieren
Trutzburg: Kirchen wie die Trinity Church an der Wall Street, einst höchstes Gebäude der Stadt, sind nicht nur älter, sondern ganz offenbar beständiger als der Markt.
muss, als ansprechend. Matthew hält nichts von sozialromantischen Appellen. Dass häufig der Barmherzige Samariter in den Mittelpunkt der christlichen Botschaft gerückt werde, stört ihn massiv. Ihm gehe es stattdessen vor allem darum, „dass ich mich selbst in Jesus Christus finde“. So werde er frei zum Handeln, so komme seine Sinnsuche zum Ziel – und das „ohne moralinsaure Kanzelrede“. Auch in der „Trinity Church“ direkt gegenüber der Börse gibt es Mittagsandachten und Kirchenmusik für gestresste Manager. Pfarrer James Cooper will den Besuchern ermöglichen, „einfach zur Ruhe zu kommen“. Gläubige Manager suchten keinen christlichen Kuschelklub oder einen Verband von Weltverbesserern. „Stattdessen geht es um einen Raum zum Nachdenken, selbst wenn die Krise wieder vorbei ist“, beschreibt Cooper sein Angebot. Die Zahlen geben ihm recht: Seit dem Zusammenbruch der New Yorker Börse im September 2008 ge-
hen dreimal so viele Börsenmakler durch die Kirchenportale Manhattans. Doch es gibt im Finanzviertel von New York nicht nur Geschichten von Verlust, Verzweiflung und Niederlage. Manche Banken haben trotz kräftigem Stellenabbau und Kurseinbrüchen die Krise gemeistert. Blackrock ist eines dieser Vorzeige-Unternehmen. Der InvestmentChef der Bank ist ein überzeugter Christ. Robert Doll managt Privatvermögen in Höhe der Schulden der Bundesrepublik Deutschland, über zwei Billionen USDollar. Sein Appell gegen die Krise heißt: mehr Demut! Selbst kritische Moderatoren vom CNN-Börsenteil mögen Dolls einnehmendes Lächeln, er habe „keine Spur von arrogantem Managergetue“, heißt es über ihn. Im Frühjahr hat der Vater von zwei Kindern sein Vorstandsmandat abgegeben, um sich mehr um seine Familie zu kümmern, seine Kirchengemeinde beim Neubau zu unterstützen, zwei Chöre zu
leiten. Das ist seine ganz eigene Konsequenz aus der Bankenkrise. Für sein auch finanziell großes Engagement hat er zum erheblichen Teil die Bonuszahlungen, die ihm zustanden, herangezogen. Im Jahr 2008 waren das, so schreibt es das US-Magazin „Forbes“, rund 15 Millionen Euro. Auch ein Krankenhaus ist unter den Nutznießern. Das Engagement will Doll nicht an die große Glocke hängen. Auch möchte der Spitzenbanker keinesfalls mit dem Investmentbanking aufhören. Doch so viel ist sicher: Doll hat vor, mit seinen Mitarbeitern unter anderen Vorzeichen weiterzuarbeiten. Die Krise, sagt er, habe ihn gelehrt, sich auf das Wichtigste im Leben zu beschränken.
Doch für ihn ist auch klar: „Ein gläubiger Manager ist nicht bloß ein Gutmensch. Auch wenn das konsequenterweise dazugehört“, so Doll. Christen seien nicht „die besseren Manager“, aber sie seien anders und jagten weniger dem Prestige hinter-
her. In der Finanzbranche müsse ein Christ wie jeder andere auch zuerst ein guter Manager sein. Es gehe darum, Gewinne zu erwirtschaften. Doll nennt es die „Verantwortung gegenüber den Aktionären“. Doch er spricht auch vom Maßhalten sich selbst gegenüber. Hundert Arbeitsstunden pro Woche waren für den leitenden Investmentbanker an der Wall Street 20 Jahre lang keine Seltenheit. Doll merkte, dass ihn der Wunsch nach Karriere und höherer Rendite stärker kontrollierte, als ihm lieb war. Schließlich gelang es ihm gegenzusteuern. Mitverantwortlich dafür war auch seine Gemeinde: „Die Botschaft, dass Gott als Urheber über allen Dingen, auch dem finanziellen Verschulden, Sünden vergeben kann, hat mich nachhaltig beeindruckt.“ So sei es die christliche Botschaft gewesen, die ihn von der Gier nach Geld weggerissen habe. Bonuszahlungen bezeichnet Doll heute als „notwendiges Übel“. „Wie sollte ich
sonst“, fragt er, „meine Mitarbeiter motivieren?“ In seiner Kirchengemeinde sehe das natürlich anders aus. Da helfe jeder jedem – einfach so. Kaum einer der Mitglieder weiß dort von Dolls Beruf. In der Gemeinde sei das entscheidende Element, auf Gott zu hoffen. Was er unter der Woche macht, darüber schweigt der Spitzenmanager sonntags lieber. Dass Kirche für alle da sein muss und nicht nur ein „Verbund für Arme und Schwache“ ist, sieht auch David Miller so. Er ist Professor für christliche Sozialethik an der Princeton University, wo sich schon die Nobelpreisträger Albert Einstein und Thomas Mann mit religiösen Fragen beschäftigten. Mit seinem Forschungsprojekt „Faith-at-Work“ will Miller belegen, dass Topmanager in den USA häufiger praktizierende Christen sind als bislang angenommen. Die Gründe liegen für ihn im oft gnadenlosen Wettbewerb der Wall Street und nicht etwa in der ohnehin weitverbreiteten Religiosität der Amerikaner. So seien Banker normalerweise vor allem Einzelkämpfer zwischen überzogenem Leistungsdruck und Karrieredenken. Angetrieben würden sie von einer Existenzangst um Geld und Geltung, die für Außenstehende oft nur schwer nachvollziehbar sei. Der christliche Glaube scheine vielen da eine völlige andere, aber gerade deshalb reizvolle Welt darzustellen. Dass dem christlichen Glauben gerade in der Krise mehr Kredit geschenkt werde, ist nicht nur Millers frommer Wunsch. Langzeitbeobachtungen von Sozialpsychologen aus der Ivy League, einem Verband der anerkanntesten US-Hochschulen, bestätigen seine These. An der Oxford University hat Miller ein Buch über gläubige Manager und die Geschichte des Glaubensbekenntnisses am Arbeitsplatz veröffentlicht. Dafür ist er auch wie kein Zweiter geeignet: Miller hat selbst 16 Jahre für das Versicherungsgeschäft der britischen Großbank HSBC gearbeitet. Die seelischen wie finanziellen Sorgen der Manager kann er da nur allzu gut verstehen.
FOTOS: ARTVERTISE; JAN THOMAS OTTE
Sozialethiker: David Miller hat ein Buch über Glaube und Arbeitswelt verfasst.
Bei der Katechese geht es an diesem Tag darum, was christlicher Glaube bedeutet und
Magazin
Die Vasen sind mit bunten Plastikblumen gefüllt. Liebevoll gepflegt erscheinen die Parzellen rund um die Granitblöcke der Gräber auf dem Friedhof von Cavargna. Die Bilder der Verstorbenen sind auf ihnen zu sehen. Ihre Verwandten kommen oft hierher. Grau und nackt sind die Häuser, rostig und abgestumpft wirken die Garagentore. Dazwischen Backsteinbauten, offene Baustellen und verstaubte Betonmischer. Sie zeugen von einem letzten Aufbäumen. Doch viele der Häuser stehen leer. Die meisten Fensterläden sind geschlossen. In den Fünfzigern prägten noch Häuser aus Schiefer das Dorfbild Cavargnas und mehr als 800 Menschen lebten hier. Heute ist Cavargna ein Randgebiet der Lombardei, hart an der Grenze zum Tessin. 262 Menschen wurden bei
der letzten Zählung ermittelt. Das war Ende 2007. Danach sind schon wieder zwei gestorben und umgezogen auf den Friedhof, den lebhaftesten, farbenfrohesten Platz von Cavargna. Und keine Frau, die schwanger wäre. Mazza Fiorella, die im Rathaus das Register führt, hätte das längst bemerkt. Über dem höchstgelegenen Dorf der Provinz Como thront der Pizzo di Gino, 2245 Meter hoch. Ihm entspringt der Bach Cuccio, welcher die Bewohner noch immer mit frischem Wasser versorgt. Doch früher wurde hier Strom generiert, der heute aus der Leitung kommt. Lange war das Tal von Cavargna wild und sich selbst überlassen. Die Außenwelt erreichten die Bewohner, wenn überhaupt, per Esel. Sie kamen mit sich allein zurecht.
Für Touristen sehen die Berge von Cavargna noch heute archaisch aus – einer ähnelt der Kulisse von Machu Picchu in Peru. In seinen Felswänden könnten Höhlenwohnungen verborgen sein. Darunter reihen sich die Nachbardörfer von Cavargna aneinander. In einer Höhe von 1000 Metern liegen sie, zwischen dem Luganer und dem Comer See, knapp unterhalb eines Gürtels aus Kiefern. Auch Unbekannte werden hier freundlich gegrüßt. Nur wenige Menschen besitzen einen Jeep. Ein paar fahren mit Kleinwagen: Seicento, Panda, Punto, so billig wie möglich eben, um durch die engen und kurvigen Bergstraßen zu kommen. Am Nachmittag schieben Omas stolz ihre Enkel durchs Dorf, andere verharren hinter Stickgardinen und beobachten, was auf der Straße passiert. Viel passiert nicht, in Cavargna. Ein alter Mann mit Stock und Hut schaut fast sehnsüchtig ins Tal hinab. Wo sie geblieben sind, die Kinder? Was waren das für Zeiten, als man noch autark lebte. Damals kamen Lehrer in den Ort, und wenn es im Winter zu stark schneite, mussten sie ein paar Wochen hier übernachten. Heute holt ein Schulbus die Kinder hinunter nach San Bartolomeo zur Grundschule, es sind zu wenig geworden. Viermal am Tag kommt der Linienbus, eine Stunde dauert die Fahrt in die nächste Stadt, viele Passagiere transportiert er nicht. Die Bank macht jeden zweiten Tag für ein paar Stunden auf, die Post einmal pro Woche. Denn ihre Arbeit ist nach wenigen Stunden bereits getan. Kuriere beschweren sich, wenn sie wegen zwei Kisten Pasta die vielen Serpentinen nach Cavargna fahren müssen, bei so wenig Kundschaft. Die Bar della Piazza wurde vor zwei Jahren geschlossen. Wer 45
kann, wandert ins benachbarte Tessin aus, um mehr Lohn fürs Handwerk zu bekommen. Früher war das nicht nötig, die Dorfgemeinschaft lebte autark und unterstützte sich gegenseitig. Schlosser, Schmied und Holzfäller waren genauso gefragt wie Kastanienbrotbäcker, andere konnten nähen oder Haare schneiden. Ein Erzbergwerk gab es auch, aber das war noch früher. Der Herr Pfarrer fehlte natürlich auch nicht. Die Kirche mit ihrem großzügigen Gemeindehaus wirkt heute wie ein verlassenes Raumschiff. Rund dreißig Gottesdienstbesucher haben darin mehr Platz als ihnen lieb ist. Im Taufstein dümpelt abgestandenes Weihwasser. Es gibt wenige Kinder und viele alte Menschen, der Mittelbau von 16 bis 60 ist weggebrochen, der Rest stirbt. Die Erinnerungen an frühere Zeiten bewahren sich die Bewohner in ihren Grabsteinen. Für die Außenwelt gibt es im Dorfmuseum ein paar liebevoll bestückte Vitrinen. Lionello Bertossi, 63, hütet als letzter zugezogener Dorfbewohner das Museum. Ursprünglich kommt er aus dem schrillen Mailand. Seiner Frau zuliebe ist er vor zwei Jahren im Rentenalter auf den Berg gekommen. Früher arbeitete Lionello Bertossi als Zollbeamter, ein paar Monate lang sogar in Cavargna. Er bewachte die Schweizer Grenze, sollte die Dorfbewohner am Schmuggeln von Reis, Kaffee und Lebensmitteln hindern. Er patroullierte am Zaun, in den seine Kollegen Glöckchen gehängt hatten, die Schmuggler verraten sollten. In Uniform und 46
mit Schießbüchse zog er los, wenn es klingelte. Doch immer nur ertappte er streunende Füchse. Die Schmuggler benutzten Zeitungspapier, um die Glöckchen zum Schweigen zu bringen. Wenn er doch einmal einen erwischte, sperrte Lionello ihn nicht länger als zwei Tage ein. Und immer blieb das Gewehr ungenutzt auf seinem Rücken. Ob Staatsdiener oder Schmuggler, das sei doch egal gewesen: „Wir waren arm, die waren auch arm“, sagt der Museumswärter. Schmuggel war das einzige Auskommen, das die Bewohner hatten. Und man kannte sich. Erst die Straße veränderte alles. Man konnte zu Wohlstand kommen, und wer konnte, ging weg. Über die Straße kam auch die technische Versuchung. Zuerst war das Fernsehen nur ein Nebel, ein schwaches schwarzweißes Bild, das viel Strom von den wenigen Generatoren fraß. Der Pfarrer besaß als erster ein Gerät, und wenn er Fernsehen wollte, dann mussten die Menschen im Dorf für ein paar Stunden mit weniger Strom auskommen. Trotzdem legte der Herr Pfarrer Wert auf Tradition, auf die guten Sitten und Tugenden christlichen Glaubens. Immer wieder erinnerte er die Dorfbewohner daran, wie man sich selbst ernähren kann, ohne die Waren aus den Städten. Die Augen von Donna Franca leuchten, wenn sie daran denkt, wie sie sich früher die Haare in Zeitungspapier wickelte, um dann mit einer heißen Schere ihre blonden Locken zu drehen. Heute muss sie einige Kilometer fahren, um sich die Haare machen zu lassen. Die
76-Jährige führt die einzige Pension im Ort, einen Stern hat die Herberge. Doch Gäste gibt es kaum. Eine Stunde vorher muss Bescheid geben, wer in Donna Francas Restaurant essen möchte. Auf den Tisch kommt, was Donna Franca im Kühlschrank hat. Im Restaurant läuft der Fernseher. Die Tische sind leer, der kleine, pinkfarbene Stuhl und ein Bobbycar zeugen von seltenem Kinderglück. Donna Franca hätte gerne mehr Kinder in der Gemeinde. Doch im Dorf gibt es kaum noch Hochzeiten. Die Liebe bleibt den Dorfkatzen, Hunden und Eidechsen überlassen, die sich am Brunnen sonnen. Nebenan, im Rathaus, steht Mazza Fiorella (58) am Schalter. Sie ist verantwortlich dafür, dass die Bürokratie auch in diesem entlegenen Winkel der Lombardei funktioniert. Es gibt einen
behindertengerechten Fahrstuhl. Wenn das Büro nicht besetzt ist, kümmert sich Mazza um ihre Theatergruppe. Ein Mal im Jahr spielen zwölf Bewohner eine Art Dorf-Soap. Ehekrisen und fremde Liebschaften sind in den Drehbüchern nicht vorgesehen. Das eigene Drama vor Augen, holt Mazza Fiorella mit ihren Stücken lieber die gute alte Zeit zurück. Ein neues Stück heißt: „Am Dorfbrunnen“. Dort begegnen sie sich und plaudern über dies und das, so wie früher. Einmal im Jahr ist es wirklich noch wie früher. Immer Mitte Juli kommen oben am Monti Marda 4000 Menschen zusammen, Einheimische und Freunde und Gäste aus der Umgebung. Das Fest ist dem Heiligen Lucio gewidmet, dem Schutzpatron der Viehhirten und der Almwirte. Er muss ein großzügiger Mol-
ker gewesen sein, der heilige Lucio, ein Segen für die arme Bevölkerung. Auf das religiöse und kulinarische Volksfest freut sich Mazza besonders. Auch Donna Franca ist dann dabei; Servietten und Tischdecken schleppt sie mit ihren Kindern hinauf auf den Berg. Schwere Getränke kommen heute nur noch per Jeep. Noch ein Stück oberhalb von Cavargna, dort, wo die Autostraße zu Ende ist, wohnen Mario Cassinelli, 60, und
Rosetta Capra, 56. Abgeschieden durch hohes Gras und einen Zaun. Am Eingang hängt eine geladene Schrotflinte. Er will endlich den Fuchs erwischen, der gelegentlich eines seiner Hühner reißt. In der Jagdsaison wandert er in den Bergen umher, um Wildschweine fürs jährliche Festessen zu jagen, und vielleicht auch, um zu sich selbst zu finden. Nach Bellagio am Ufer des Comer Sees, wo Mario ein Haus von seinen Eltern geerbt hat, fahren er und Rosetta nur im Winter, wenn es oben im alten Gemäuer trotz Kamin zu kalt wird. Doch zu Hause fühlen sich beide zwischen den kargen Bergen und den bunten Blumen. Im Wohnzimmer stehen fri-
sche Margeriten und Silberdisteln auf der Kommode. Darüber thront eine Schweizer Kuhglocke. Bonbonpapier, Papstbilder und Madonnen schmücken die Wand. Ab und zu hilft Rosetta ihrem jungen Nachbarn oben auf der Alm. Sonst sammelt sie draußen Gras für die Hühner, kämmt den Hund, trocknet Kräuter für Tee im Winter. Mario hackt Holz für den Kamin oder flickt das Dach, wenn er nicht seinem Hobby, dem Jagen, nachgeht. Seine Frau ist hier groß geworden, ging in Cavargna zur Schule. 36 Kinder waren es damals, sagt Rosetta, 13 in der vierten und fünften Klasse und 23 in den ersten drei. Bei einem Rundgang durchs Dorf zwischen grauen und nackten Häusern, rostigen und abgestumpft wirkenden Garagentoren, zwischen Backsteinbauten, offenen Baustellen und verstaubten Betonmischern sagt Museumswärter Lionello Bertossi plötzlich: „Du kannst hier nackt durchs Dorf laufen – und niemand sieht dich“.
47
MiGAZIN » Auf türkische Art ins Alter – Erstes deutsches Pflegeheim »...
1 von 5
http://www.migazin.de/2009/10/08/auf-turkische-art-ins-alter-%e2%...
- MiGAZIN - http://www.migazin.de -
Auf türkische Art ins Alter – Erstes deutsches Pflegeheim GastautorIn, 8. Oktober 2009 | Kategorie: Leitartikel
Audio clip: Adobe Flash Player (version 9 or above) is required to play this audio clip. Download the latest version here. You also need to have JavaScript enabled in your browser. Die Eltern zu Hause pflegen oder ins Altersheim bringen. Besonders Familien ehemaliger türkischer Gastarbeiter fällt diese Entscheidung schwer. Das erste deutsche Pflegeheim für türkische Rentner in Berlin krempelt dieses Diskussion langsam um. Vorbilder dafür hat es bisher keine gegeben.
© Jan Thomas Otte
Berlin. Es schneit an einem grauen, stürmischen Märztag. Am Rande der Betonklötze Berlins, im ehemaligen Szenestadtteil Stadtteil Kreuzberg, von manchen auch liebevoll Klein-Istanbul genannt, steht seit einem Jahr das Türk Bakim Evi, das erste deutsche Pflegeheim für türkische Rentner, finanziert von der Marseille Kliniken AG, einem der großen Marktführer im Bereich Alten-pflege. Drinnen im Heim duftet es nach frischem türkischem Tee. Warm und gemütlich ist es hier, geschmückt mit roten Polstern, orientalischen Malereien und Bildern eines türkischen Markts. Der renovierte Industriebau kommt heimisch rüber. Ein eher kühl wirkendes Altenheim mit langen, sterilen Fluren sieht anders aus. Mit Krücken oder Rollstuhl kommen einige Bewohner – nicht Patienten, man legt hier wert darauf – ins Wohnzimmer des Pflegeheims. Hier trifft man sich, wenn man so will, in der größten Wohngemeinschaft Deutschlands für Pflege-bedürftige türkischer Herkunft. Laut plärrt der Fernseher bis in den Flur hinein. Gerade kommt ein türkisches Magazin über den Islam. In einem Vogelkäfig zwitschern gelbe Kanarienvögel beschwingt um die Wette. Einige Rentner sitzen eher gelangweilt, leicht schläfrig auf ihrem Kissen. Andere unterhalten sich bereits am frühen Morgen angeregt über Familie, Politik und die harten alten Zeiten als Gastarbeiter in der Textilfabrik. Gemeinsam mit anderen Bewohnern sitzt Ziya Bircan im Wohnzimmer und schaut fern. Der Mann, Mitte sechzig, kam vor knapp einem Jahr hierher. Das war nach seinem Herzinfarkt. Seitdem gehört er zu den rund fünfzig Menschen, die hier nach ihren türkischen Bräuchen und Sitten im Alter leben. Das heißt zum Beispiel, dass
08.10.2009 09:33
MiGAZIN » Auf türkische Art ins Alter – Erstes deutsches Pflegeheim »...
2 von 5
http://www.migazin.de/2009/10/08/auf-turkische-art-ins-alter-%e2%...
Männer nur von Männern und Frauen nur von Frauen gepflegt werden, was Bircan wichtig ist. Er ist nur einer der ehemaligen Gastarbeiter, die vor mehr als vierzig Jahren aus der Türkei nach Deutschland gekommen sind, auf eigenen Wunsch, um hier gut bezahlte Arbeit zu be-kommen. Vor rund vierzig Jahren führte ihn die Neugier nach Deutschland. Doch nicht nur finanzielle Gründe lockten Bircan über Umwege mit viel Glück in die Republik. Seine Liebe sorgte dafür, dass er blieb. Der zweifache Vater erinnert sich gern an seine turbulenten, aufregenden jungen Jahre. Den Nachmittag im Frankfurter Tanzcafé wird er dabei nie vergessen, als er sich in das Mädchen verliebte, dass er später heiratete. Ein Lächeln huscht über sein Gesicht, wenn er daran zurückdenkt. Damals habe er etwas von der Welt sehen wollen. Zuerst arbeitete er bei Frankfurt in einer Fabrik. Erst einige Jahre später zog ihn seine Liebe nach Berlin. Deshalb sei er hier geblieben. Bis zu einem Herzinfarkt Anfang der Neunziger hat er in Berlin gearbeitet. Die Krankheit kam plötzlich. Dann ist er Frührentner geworden. Ein Fernsehbericht habe ihn dann auf das türkische Heim aufmerksam gemacht. Übliche Überforderung: Altenpflege bleibt an der Frau hängen. Über ernste Dinge, seine Ängste vor der Krankheit und die Geschichten von früher kann er mit Yildiz Akgün sprechen. Sie ist Sozialarbeiterin im Türk Bakim Evi und weiß, was alte Menschen brauchen. Und, dass viele Familien mit ihren pflegebedürftigen Eltern überfordert sind. Doch es falle Angehörigen schwer, einen pflegebedürftigen Menschen ins Heim zu bringen, sagt die Frau in fürsorglichem Ton. Es sei deshalb ihre Aufgabe, den jüngeren Türken die Altenpflege ihrer Liebsten näher zu bringen. Akgün will fürs eigene Haus Vertrauen schaffen, ihrer Zielgruppe klarmachen, dass die Pflege der Eltern auch „auf eine gesündere Art“ zu machen ist. Gesünder, als die Pflege wie üblich allein der Frau zu überlassen, sagt die Sozialarbeiterin. Besonders konservative Türken würden denken, dass die Eltern das Gesicht gegenüber © Jan Thomas Otte der Gesellschaft verlieren, wenn sie „ins Alten-heim abgeschoben“ werden. Viele Alte würden deshalb noch zu Hause ge-pflegt, was „nicht immer ein Vorteil“ sei. Für viele der rund 270.000 lebenden Türken in Berlin ist der Gedanke, die Eltern ins Pflegeheim zu geben, ein Tabu. Deshalb geht Yildiz Akgün raus in die Berliner Moscheen, spult ihre Powerpoint-Präsentationen vom Laptop ab und spricht anschließend mit türkischen Familien über die Probleme mit den Eltern. Werbung macht die Sozialarbeiterin fürs Heim, indem sie Interessierte einlädt, sich das Haus mal näher anzuschauen. Viele hätten einfach Angst vor dem, was sie nicht kennen: „Wenn sie mal die Bewohner und Pfleger sehen, sind sie meist zufrieden“. Doch so reibungslos klappt es längst nicht immer. Kritik von außen gebe es immer wieder, die Fragen seien oft dieselben: „Warum gibt man Angehörige hier ab? Haben Sie Kinder – und machen das trotzdem?“. Unter ihnen ist eine junge Dame, Mitte zwanzig, religiös, mit Kopftuch. Schüchtern spricht sie Yildiz Akgün an. Sie habe eine Schwiegermutter zuhause. Die Pflege würde allein an ihr hängen bleiben, die Familie denke konservativ und erwarte das so. Niemals könne sie ihrem Ehemann sagen „Du, ich kann das nicht mehr machen. Wir könnten die Schwiegermutter ja doch mal in ein Pfle-geheim bringen, oder?“. Die junge Muslimin scheint mit ihrer Pflegerolle über-fordert. Trotz aller Schwierigkeiten konnte sich die Frau nicht dazu durchringen, dieses Thema offen zu Hause anzusprechen. Yildiz Akgün kann sie gut verstehen. Die Hürde der Scham sei nicht so leicht zu
08.10.2009 09:33
MiGAZIN » Auf türkische Art ins Alter – Erstes deutsches Pflegeheim »...
3 von 5
http://www.migazin.de/2009/10/08/auf-turkische-art-ins-alter-%e2%...
umgehen. Um Spannungen in der Familie zu vermeiden, würden die Frauen die Pflege der Eltern meist komplett übernehmen. Viele Frauen würden erst durch die Hochzeit nach Deutschland kommen, wobei dieses Opfer normal sei, sagt Akgün „die Familie geht davon aus, dass die Frau das macht“. Ähnlich war das bei ihr: „Selbstverständlich war das Thema auch bei uns zu Hause ein Tabu“, sagt sie. Lange Zeit konnte die Frau, die selber als Aufklärerin in Sachen Altenpflege unterwegs ist, nicht mit ihrem Vater darüber sprechen. „Aber inzwischen ist er soweit, dass er selber sagt, er würde er dann doch ganz gerne zu uns kommen“, sagt Akgün beruhigt. Die Tradition „zu durchbrechen“ sei eben nicht leicht. Die Entscheidung fürs Pflegeheim falle Türken deutlich schwerer als Deutschen. Hinzu komme die Sorge um das Ansehen in der türkischen Gemeinschaft, was Bekannte und Verwandte denken könnten, sagt Yildiz Akgün. Die ersten Patienten kamen ins Türk Bakim Evi wegen eines Notfalls wie Ziya Bircan, auf den die Familien nicht vorbereitet waren. Wenn Menschen älter werden, komme es vor allem auf ihre Sprache, Kultur und Religion an, mit der sie groß geworden sind. Man würde wieder zu seinen Ursprüngen zurückkehren, das Langzeitgedächtnis ein größeres Gewicht habe, sich eher an Anatolien als gestern in Berlin zu erinnern. Zwischen heute und damals bei der Einwanderung, haben sie sich natürlich verändert, einen an-deren Lebensstil gefunden. Daher sei es kaum möglich, wieder zurück in die alte Heimat zu gehen. Viele haben noch Verwandte in der Türkei – einen Sozialhilfeanspruch haben sie nicht. Für Integration ist es zu spät: Vorurteile werden langsam abgebaut Die Vorbehalte in der Türkischen Gemeinde zu Berlin gegenüber dem Pflege-heim werden inzwischen leiser. Sie ist Mitgesellschafter des Hauses. Seit einigen Monaten kommen mehr neue Bewohner ins Heim als zu Beginn. Die Diskussion über die Zukunft der Eltern sei etwas leichter geworden, heißt es auch aus der Türkischen Gemeinde. Im Heim arbeiten nur zweisprachige Mit-arbeiter, alle von ihnen haben selbst türkische Verwandte. Von den rund 150 Betten des bundesweiten Pilotprojekts sind jedoch erst ein Drittel belegt, obwohl rund drei Millionen Türken in Deutschland leben. Neika Kaba-Retzlaff, Leiterin des Pflegeheims, überrascht das nicht. „Es liegt daran, weil wir die erste Einrichtung dieser Art sind, weil viele türkische Menschen nicht von diesem Angebot noch nichts wissen“, sagt die zierliche Frau im Hosenanzug, die aber auf Zack zu sein scheint, mit akkurat geschnittener Frisur und ernsthaften Auftreten. Ein weiterer Grund: Die Pflegebedürftigkeit ist in türkischen © Jan Thomas Otte Familien erstmalig aufgetreten. „Unsere Bewohner gehören zur ersten Generation türkischer Einwanderer. Sie sind die ersten von uns, die alt werden. Wir haben in Deutschland keine Vorbilder“, sagt die Leiterin des Altenheims. Sie findet es wichtig, dass es ein eigenes Heim für türkische Pflegebedürftige gibt. Sich an ein deutsches Heim anzugliedern kann sie sich nicht vorstellen – schon wegen der gleichgeschlechtlichen Pflege, die der Islam vorschreibt. Die Bewohner seien hier gut bedient. Aufgehoben seien die Bewohner auch des-wegen so gut, weil sich ein Stück eigener Geschichte in den Mitarbeitern widerspiegelt, Bilder und Berichte alter Zeiten. Irgendwo sei ihnen das alles vertraut. Deutsche Pflegeheime würden türkischen Senioren dagegen eher befremdlich wirken. Vertrauen aufzubauen sei dort noch weniger möglich als hier.
08.10.2009 09:33
MiGAZIN » Auf türkische Art ins Alter – Erstes deutsches Pflegeheim »...
4 von 5
http://www.migazin.de/2009/10/08/auf-turkische-art-ins-alter-%e2%...
Harald Berghoff, Geschäftsführer des Pflegeheims ist da mit Nejla Kaba-Retzlaff einer Meinung: „Ganz klar muss man auch sagen, dass unsere Be-wohner jetzt seit dreißig, vierzig Jahren in Deutschland leben. Da jetzt mit neuen Integrationskonzepten anzufangen, bringt nichts. Der Zug ist in dieser Sache tatsächlich abgefahren“, sagt der Geschäftsführer nüchtern. Bei einem Menschen, der nach fünfzig Jahren noch nicht integriert ist, aus welchen Gründen auch immer, müsse man heute nicht mehr versuchen, ihn „auf seine letzten Lebensjahre noch zu integrieren“, sagt Berghoff bestimmt. Und wenn ihnen da, platt gesagt, in einem deutschen Heim alles sehr deutsch vorkomme, sei da nichts ist, was ihnen heimisch ist. Der Samowar, eine türkische Teemaschine, die man aus Dönerbuden in Deutschland kennt, gehört einfach dazu. „So richtig türkischen Tee morgens“, das sei etwas Feines und gehöre zum Wohlfühlen dazu, sagt Kaba-Retzlaff. Der Tee ist für ihre Be-wohner genauso wichtig, wie für den Deutschen der frisch gekochte Kaffee. Und im Alter sei das eben apart wichtig. Ob Sunniten oder Schiiten, Aleviten oder Kurden. Mit der Integration von islamischen Kulturen, die sich sonst im Ausland häufig feindlich gegenüber ste-hen, klappt es hier schon besser. In zweiter, dritter Generation haben sich vor allem die Nachkommen der Einwanderer dem westlichen Lebensrhythmus angepasst. © Jan Thomas Otte Großfamilien gebe es kaum noch. „Wir sind ein Haus für Menschen aus der Türkei“, sagt Akgün. Christen seien hier willkommen, wenn auch nicht explizit eingeladen, sagt die Sozialarbeiterin. Momentan wohnen hier im Heim, bis auf zwei Christinnen, die mit einem Moslem verheiratet waren, ausschließlich Menschen islamischen Glaubens. Hier gibt es keine Kapelle, wie sonst in Altenheimen üblich, sondern eine Moschee im Kleinformat, einen Gebetsraum, in dem regelmäßig ein Berliner Mufti Gottesdienste hält. Das sei ein freibleibendes Angebot. Denn es komme weniger auf die Religion als auf den Menschen selber an: „Jeder Mensch, der sich bei uns wohlfühlt, ist herzlich willkommen“, sagt Geschäftsführer Harald Berghoff. Neues Pflegeangebot: Umkrempeln türkischer Traditionen Warum ist das Haus noch nicht voll? Die meisten türkischen Senioren werden eben noch zuhause gepflegt. Doch das neue Angebot krempele Gespräche unter Türken über Altenpflege kräftig um. Vergleichbar sei das mit der deutschen Diskussion der 68er, seit der es „nichts Schlimmes“ mehr ist, auch seine eigenen Eltern, Opa und Oma in professionelle Pflege zu geben. „Wir haben Bewohner aus Kiel, aus Bielefeld, aus Fulda und München. Aus ganz Deutschland eben“, erklärt Berghoff die Multi-Kulti-Mischung der Bewohner. Im Sinne der Qualität sei der langsame Aufbau „eine ganz hervorragende Sache“, denn jeder Bewohner, der hier bei in die Einrichtung komme, müsse ja auch persönlich und individuell aufgenommen werden. „Wir arbeiten hier mit Biographie-Arbeit, müssen also sehen, wo kommt der Mensch her, was mag er, was vielleicht nicht“, sagt der © Jan Thomas Otte Geschäftsführer. Es müsse eine Pflegeplanung gemacht werden, die sehr
08.10.2009 09:33
MiGAZIN » Auf türkische Art ins Alter – Erstes deutsches Pflegeheim »...
5 von 5
http://www.migazin.de/2009/10/08/auf-turkische-art-ins-alter-%e2%...
aufwendig ist. Zwei Jahre brauche es wohl noch, bis das Heim voll ausgelastet ist. Das sei langsamer als gedacht, aber man arbeite dran, denn es ist ja ein Pilotprojekt, in dem Erfahrungen ge-sammelt werden, die in weiteren deutschen Großstädten im Ruhrgebiet, Frankfurt oder Köln, umgesetzt werden können – neue Heime für alte Türken. Mit den Wohlfahrtsverbänden wie Diakonie, Paritätische und Caritas würde man sich austauschen. Eine ganze Branche würde man damit bewegen, sagt Berghoff selbstbewusst, verwöhnt von dem Medienrummel, den es seit der Eröffnung um dieses Haus gegeben hat. Nicht nur mit Funktionären, auch mit Kindergärten und Jugendvereinen arbeite man unbürokratisch zusammen, tanze, singe und bastele zusammen mit den Bewohnern – meist zu Feiertagen, wenn man mag. Jan Thomas Otte hinterfragt mit kritischen Reportagen krustige Glaubenssätze und Denkstrukturen. Der Journalist schreibt Reportagen über Karrierestreben, soziales Engagement und Sinnsuche. Für seine Porträts über Einwanderer und Austeiger, Integration und Migration ist er zu mehreren Awards nominiert worden. Dabei bezieht er auch die Religion seiner Gesprächspartner mit ein. Als Theologe hält Jan Thomas Otte Fragen nach Glauben, Identität und Moral für unterschätzte Tugenden. Jan Thomas Otte studierte an der © Jan Thomas Otte Universität Heidelberg. Parallel kam eine Journalistenausbildung bei der Konrad-AdenauerStiftung hinzu. Der Business-Querdenker, Deutschland-Fan und bekennende Christ schreibt für Medien wie den Rheinischen Merkur, die Rhein-Neckar-Zeitung oder DIE WELT. Regelmäßig schreibt er bei Perspektive Mittelstand eine Kolumne zum Thema WorkLife. In seiner Freizeit engagiert er sich ehrenamtlich in Kirchen und dem Kinderschutzbund in Deutschland. Mehr auf Jan Thomas Ottes Homepage. Genauso sei das auch bei den Gesprächen: Man kann oben allein auf seinem Zimmer sein, wenn man will, oder unten zusammen mit den anderen Be-wohnern türkisches Fernsehen gucken und Tee trinken. Inzwischen hat Ziya Bircan im Erdgeschoss einige Bekanntschaften gemacht. Aber auch außerhalb des Pflegeheims ist er ein kontaktfreudiger Mensch. Zum Beispiel hat er sich mit dem Gemüsemann um die Ecke angefreundet, den er regelmäßig besucht. Ein kurzer Plausch, kleine Spaziergänge – das sei doch nett und halte ihn fit. «« 1 2 3 4 - Alle Seiten »»
Ausgedruckt aus MiGAZIN: http://www.migazin.de Artikel URL: http://www.migazin.de/2009/10/08/auf-turkische-art-ins-alter-%e2%80 %93-erstes-deutsches-pflegeheim/
Copyright © 2009 MiGAZIN. All rights reserved.
08.10.2009 09:33
Voller Nostalgie
Voller Einsatz
Voller Welterfahrung
Wie vor 125 Jahren fährt die Gotthardbahn auch heute noch durch Berg und Tal der Schweiz. Dabei geht es nicht um Geschwindigkeit, sondern ums Reisen. Die „Königsstrecke aller Alpentransversale“ feiert Jubiläum.
Als „Polizeiruf 110“-Kommissarin ist Imogen Kogge regelmäßig auf deutschen Bildschirmen präsen. Ausgezeichnet mit GrimmePreis und Deutschen Filmpreis meidet sie dennoch das Bad in der Öffentlichkeit.
Die mit der Kurpfalz verbundenen Schriftsteller Hilde Domin und Rafik Schami sind durch Emigration und Exil voller Welterfahrung. Auch der Publikumserfolg ist eine Gemeinsamkeit der Dichterin und des Erzählers.
Rhein-Neckar-Zeitung Ausgabe Nr. 121 – Pfingsten, 26./27./28. Mai 2007
Ein gewohntes Bild an Deutschlands Bahnhöfen: Besonders am Wochenende reisen Tausende quer durch die Republik zu ihren Liebsten – um sich am Sonntagabend wieder schweren Herzens voneinander zu trennen. Fotos: dpa
Liebe auf Distanz Jede zehnte Beziehung in Deutschland muss viele Kilometer überbrücken – wenn die Partner an verschiedenen Orten wohnen ist Geduld, Flexibilität und gute Kommunikation gefragt. Für eine Fernbeziehung kann es viele Gründe geben, etwa ein neuer Job oder Partnersuche über das grenzenlose Internet. Viele Beziehungen finden während der Woche nur über Telefon und E-Mail statt – eine Härtetest für jede Liebe. RNZ-Autor Jan-Thomas Otte hat sich umgehört, wie es doch klappen kann. Sonntagnachmittag, 15.24 Uhr auf dem Heidelberger Hauptbahnhof: „Auf Gleis fünf erhält Einfahrt der Intercity nach Hamburg. Bitte Vorsicht bei der Einfahrt!“, ertönt es aus dem Lautsprecher am Bahnsteig. Das ist für Sarah B. und Alexander M. (Namen von der Redaktion geändert) das Signal zum Abschied. Keiner von ihnen mag das, aber sie haben sich daran gewöhnt. Während Sarah gegen halb zehn abends in Hamburg ankommt, beginnt mit dem Schlusslicht des
Zuges für Alexander bereits der normale Arbeitsalltag – und das Warten. Warten auf einen Anruf, eine E-Mail und den Freitag. Dann ist für zwei Tage wieder fast alles normal: So wie bei anderen Paaren, die nicht in verschiedenen Städten arbeiten und viele hundert Kilometer fahren. Sarah und Alexander führen eine Wochenendbeziehung. Bei vielen Paaren in Deutschland sind Fernbeziehungen längst Realität. Die Tendenz ist nach Angaben von Professor Nor-
bert Schneider von der Universität Mainz steigend. Fast zehn Prozent der Deutschen zwischen 20 und 60 Jahren leben nach einer aktuellen Studie des Mainzer Soziologen zum Thema „Mobilität und Lebensform“ in getrennten Haushalten. Sie pendeln wie Sarah und Alexander zwischen den Städten der Bundesrepublik – Ausland inbegriffen. Ob Soldat im Auslandseinsatz in Afghanistan, Manager auf Dienstreise in Amerika oder Student in Heidelberg: Eine Liebesbeziehung auf Distanz ist in den meisten Fällen nicht freiwillig. So fordern immer mehr Unternehmen mobile und vor allem flexible Mitarbeiter. Als Gegenleistung kommen sie ihren Mitarbeitern mit flexiblen Arbeitsmodellen entgegen: JobSharing, Teilzeit oder Home-Office. Dazu zählen insbesondere internationale Konzerne wie der Softwareentwickler SAP in Walldorf. Dort hat man sich bereits auf Fernbeziehungen vorbereitet. „Viele gut ausgebildete Frauen haben heute zunehmend gleiche Karrierechancen wie die Männer. Das fördert Beziehungen auf Distanz“, erklärt Alla Ruggaber-Mast, Pressesprecherin bei SAP. Job und Liebe müssten auch im Interesse des Unternehmens im Einklang sein, um effektive Arbeit auf Dauer zu gewährleisten. Das Softwareunternehmen in Walldorf unterstützt mit kostenlosen Heimflügen, Umzugszuschüssen und anderen Sozialleistungen Mitarbeiter, die jenseits ihres Beziehungspartners auf einem fernen Kontinent arbeiten. Dazu gehört bei einem betriebsinternen Paar auch die Jobvermittlung an einen gemeinsamen Arbeitsplatz. SAP will zukünftig auch Partner an den Zielort innerhalb Deutschlands oder im Ausland vermitteln, die nicht innerhalb des Konzerns beschäftigt sind. Das Unternehmen will ein offenes Ohr für sein Personal haben, wenn es drunter und drüber geht. Dafür bietet SAP seinen Mitarbeitern eine psychologische Beratung an. „Meist
geht es dabei darum, eine Work-Life-Balance zu finden oder über Lebens- und Karriereplanung zu sprechen“, sagt Ruggaber-Mast. Billigflieger und Bahnschnäppchen sorgen dafür, dass das Pendeln auch ohne Unterstützung vom Arbeitgeber finanzierbar bleibt. Auch Konsumindustrie und Wohnungsmarkt richten sich auf die neue Klientel ein. Ob Paare an einem Ort wohnen oder zwischen zwei Städten pendeln: Das Wochenende ist die hohe Zeit
E-Mails und Anrufen hatte es dann gefunkt. Spätestens in einem Jahr wollen sie zusammenziehen. Zuerst möchte Frank in Heidelberg sein Examen machen, denn die Uni bietet ihm hier Möglichkeiten, die er in Hamburg nicht hat. Seit 18 Monaten führt der Medizin-Student nun mit Sarah eine Fernbeziehung. Der Boom des Internets fördert die Beziehung in der Ferne. Das trifft besonders Akademiker, die oft erst spät nach Hause kommen und für Partnersuche kaum
Ein Wochenende am Neckar, das nächste an der Alster – Alltag für Fernliebende. der Liebe. Der 24-jährige Alexander freut sich schon auf seinen Gegenbesuch in Hamburg – nächstes Wochenende. Dort macht seine Freundin, die sonst in Hamburg Jura studiert, zurzeit ein Praktikum in einer Anwaltskanzlei. Er selbst studiert an der Universität Heidelberg Medizin. Statt am Neckar spaziert das Pärchen dann am kommenden Wochenende in Hamburg an der Elbe entlang. Kennen gelernt haben sich die beiden per Zufall in einer Partnerbörse im Internet. Via
noch Zeit haben: „Abends bin ich müde. Da bleibt nur der Blick in die Glotze“, sagt eine Doktorandin aus Mainz, die im Internet nach ihrem Traumtyp sucht. Für Soziologen wie Norbert Schneider ist eine Fernbeziehung eine von vielen Formen gemeinsamen Lebens. Neben dem Jobwechsel und der digitalen Medienwelt ist für Schneider vor allem eine Veränderung des Partnerschaftsideals Grund für eine Beziehung am Wochenende. > Fortsetzung nächste Seite
REPORTAGE
Rhein-Neckar-Zeitung Magazin /
Pfingst-Ausgabe, 26./27./28. Mai 2007
Liebe auf Distanz Schneider unterteilt Fernbeziehungen in drei Kategorien. Mehr als die Hälfte der Paare, die an verschiedenen Orten wohnen und arbeiten, wollen möglichst bald zusammenziehen. Berufliche Verpflichtungen hindern sie daran. Weitere 30 Prozent leben oft in der gleichen Stadt, wollen aber getrennt wohnen bleiben. „Das sind dann häufig auch Menschen aus Scheidungen“, sagt der Soziologe. Rund zehn Prozent hätten sich mit der Distanzliebe arrangiert. Eine Wochenendbeziehung biete Paaren auch Vorteile, erläutert Schneider. Der zunehmend individuelle Lebensstil habe das romantische Ideal entzaubert: Anstatt sich in einem gemeinsamen „Wir“ aufzulösen, verstünden sich die beiden Partner als selbstständige „Ichs“. Die eigene Unabhängigkeit spiele dabei eine große Rolle. Alexander aus Heidelberg sagt dies so: „Ich brauche Sarah eigentlich nicht. Deshalb liebe ich sie umso mehr.“ Seine Freundin genießt es, bei ihrem Partner Gast zu sein: „Wir brauchen uns nicht darüber zu streiten, wer die Küche putzt und warum der Kühlschrank schon wieder so leer ist“, sagt Sarah. Ihre Wochenenden gleichen oft einem Ausnahmezustand. Das studentische Pärchen taucht ein in eine andere Welt – die des Partners. „Blöd ist aber, dass wir auf Partys am Samstagabend meinen Freundeskreis treffen, der eben doch nicht uns gemeinsam gehört. Gemeinsame Freunde wären ein Vorteil“, erklärt Alexander. Eigentlich lebt der Medizinstudent Das Wiedersehen wird häufig mit allzu großen Erwartungen überfrachtet. Fotos: dpa als Single und managt seinen Alltag komplett selbst. Manchmal würde er sich nen in Gesprächen bei der Ludwigshafe- sich unter der Woche „abendliche Inseln“ wünschen, näher bei seiner Freundin zu ner Eheberatungsstelle der Diakonie einzurichten, um den Gegenüber mögsein – besonders, wenn etwas schiefgelau- auch Paare, in denen ein Partner für den lichst zeitnah an das eigene Leben heranfen ist. „Aber am Freitag überlege ich mir anderen seinen Job gekündigt hatte, in zulassen. Das helfe auch, um das Wochenzur Feier des Tages, was ich anziehe und die Stadt des Partners zog und somit sei- ende von Stresspotenzial aus der Woche was wir am Wochenende Schönes zusam- ne vorherige Welt in der des anderen auf- zu lösen. Deshalb sei das Interesse an Allmen machen können“, erklärt Alexander. gelöst hat. Häufig bedeute das in der An- tagsdingen in Telefongesprächen sehr Häufig wird das Wiedersehen aber auch fangszeit des gemeinsamen Lebens Ein- wichtig. Mindestens einmal im Monat mit großen Erwartungen überfrachtet, samkeit für den Partner, der sich im neu- sollte zudem ein verlängertes Wochenendie im Prinzip nicht erfüllbar sind. „Die en Lebensumfeld erst einmal zurechtfin- de eingeplant werden sowie über längere Enttäuschung ist schon am Bahnsteig pro- den müsse. Urlaube nachgedacht werden, rät Norgrammiert, wenn der Partner nicht mit ei„Das ist vor allem dann problema- bert Schneider von der Uni Mainz. Das nem strahlendem Sonntagstisch, wenn noch Kinder mit sei auch ein Test, ob die Beziehung auch lächeln empfangen wird“, im Spiel sind“, sagt Gärtner. längere Zeit die Nähe des Anderen aussagt Diplom-SozialpädagoDie „Fernbeziehung“ könn- hält. Partnerschaften, die diese schwieriEs gibt keine gin Angelika Bandlitz aus ten scheitern, wenn das ge Anfangszeit meistern, würden dafür Wachenheim. Sie arbeitet in Paar seine beiden Welten zu- meist länger halten. Glücksformel Rheinland-Pfalz als PaarFür Sarah und Alexander stehen die sammenziehe und sich datherapeutin. Gleiches gelte bei ein Teil für das gemeinsa- Chancen für eine gemeinsame Zukunft für den Abschied, wenn es me Glück opfere. Schon gar nicht so schlecht: Nach Ergebnissen am Wochenende gekracht hat: Bei vielen mancher Partner sei dabei enttäuscht der Mainzer Studie von Norbert SchneiPaaren bleibe ein mulmiges Gefühl zu- worden, weil der Gegenüber dieses er- der hält jede vierte Fernbeziehung länger rück: „So werden Konflikte nicht ange- brachte Opfer nicht ausreichend gewür- als sechs Jahre. Demgegenüber wurde sprochen, um die sonntägliche Eintracht digt hat. Denn der Schritt von der Fern- nach Angaben des Statistischen Bundesnicht kaputtzumachen.“ zur Nahbeziehung gleicht einem Sprung amtes im Jahr 2005 jede dritte Ehe geEin Patentrezept für Partnerschaft ins kalte Wasser. Kannten sich die Part- schieden. „Für uns ist diese Wochenendgibt es jedoch nicht. „So verschieden ner nur vom Wochenende, müssen sie nun beziehung nur ein Übergangsphänomen. Menschen sind, so unterschiedlich gestal- den Alltag gemeinsam meistern. Die Liebe bleibt nicht auf Dauer im Koften sie auch ihre Partnerschaften“, erEine gemeinsame Perspektive ist da- fer und hält hoffentlich noch lange an. klärt Bandlitz. Mit Rezepten für das Ge- her bereits für die Liebe auf Distanz von Wir wollen zusammenziehen“, erklärt Salingen einer Fernbeziehung tut sie sich großer Bedeutung. Dabei ist Kommunika- rah. schwer. Frei nach dem Motto: „Man neh- tion für Therapeuten das Zauberwort Das rät auch Professor Schneider me eine gute Prise Vertrauen, mische sie wie in jeder anderen Beziehung auch. Es Paaren, die vom Jobnomadentum, chronimit zwei Esslöffeln Selbstständigkeit sei wichtig, dass sich Paare so viel wie schem Zeitmangel und zeitweiliger Entund je einem halben Liter Toleranz, schie- möglich über ihre Erwartungen des Zu- fremdung genug haben: „Wir finden keibe diese gute Basis in den Backofen, auf sammenlebens austauschen, sagt Paarbe- ne Fernbeziehungen über längere Zeit, dass eine Perspektive herauskommt die raterin Angelika Bandlitz. Die größte He- wenn beide den Wunsch haben, zusamallen Beteiligten schmeckt.“ Eine Glücks- rausforderung an eine Fernbeziehung ist menzuleben.“ Daher sollten diese Paare formel für eine gelingende Fernbezie- ein gesunder Umgang mit Vertrauen, baldmöglichst Umzugshelfer organisiehung gibt es nicht. Selbstständigkeit und Erwartungsdruck. ren. „Das ist auch auf die Dauer die günsPfarrerin Heiderose Gärtner begegSie empfiehlt Paaren auf Distanz, tigste Alternative“, sagt Schneider.
„Muss i’ denn, muss i’ denn zum Städele hinaus und du, mein Schatz, bleibst hier.“
Telefonieren soll wie eine „abendliche Insel“ für die Partner sein, empfehlen Therapeuten.
Meinungsverschiedenheiten lassen sich nur schlecht per E-Mail diskutieren. Foto: RNZ-Archiv
FRAGEN DES ALLTAGS Wer kann Bäume töten?
Warum macht Vollkornbrot länger satt?
ms. Bisweilen tobt unter Pflanzen ein unerbittlicher Kampf um Sonnenlicht, der zumal auch Tote fordert. Einer der Killer ist die Würgefeige, die in wärmeren Gebieten vorkommt. Anfangs keimt sie auf der Rinde eines Astes, wobei sie die faulenden Stoffe des Baumes nutzt. Was als harmlose Aufsitzerpflanze anfängt, entwickelt sich im Laufe der Zeit zu tödlicher Gefahr für den Wirtsbaum. Ihre Wurzeln umschlängeln den Baum immer mehr, bis sie schließlich den Erdboden erreichen. Dadurch bekommt die Würgefeige einen erneuten Wachstumsschub bis sie schließlich den Baum komplett eingehüllt hat. Da dieser nun kein Sonnenlicht mehr abbekommt, und durch die Wurzeln der Würgefeige im Boden auch kein Nährstoffe mehr, stirbt er ab und verrottet, während die Würgefeige nun als hohles, aber sehr stabiles Wurzelgeflecht stehen bleibt. Aus: „Küssen müssen wir noch lernen und Hummer haben blaues Blut“, Hirzel Verlag, ISBN: 3-7776-1258-8.
ms. Vollkornbrot hält länger satt, weil unser Körper durch die im Brot vorkommenden ganzen Körner länger braucht um an den verwertbaren Zucker „Glukose“ zu kommen. Die Kohlenhydrate im Brot sind von den vielen Ballaststoffen eingeschlossen und der Zucker kann erst nach längeren Verdauungsprozessen so weit gespalten werden, dass er in Form von Glukose in das Blut übergehen kann. Durch das Vollkornbrot hat der Körper daher eine Art Energiereserve, durch die er langsam über einen längeren Zeitraum kontinuierlich mit Zucker versorgt wird – wir bleiben länger satt. Hingegen beim Weißbrot dauert es nicht lange bis der Körper an die verwertbare Glukose kommt, da das helle Brot kaum Belaststoffe enthält. Ohne großen Aufwand ist alles schnell verdaut – wir werden zwar schneller satt als beim Vollkornbrot, dafür aber auch schneller wieder hungrig. Aus: „Warum Männer weniger lachen“, beck’sche Reihe, ISBN: 3-406-54138-0.
Was erzeugt den Regengeruch? ms. Jeder kennt diesen ganz typischen Geruch, der bereits nach den ersten Regentropfen zu riechen ist. Als Ursache davon gelten vor allem die Streptomyceten. Das sind winzige Schimmelpilze, die bevorzugt
Haben Babys wirklich mehr Knochen als Erwachsene?
im Boden leben. Von ihnen kommt auch der etwas muffige Geruch von Waldboden. Zurückzuführen ist das ganze auf das Öl Geosmin – ein Produkt der Streptomyceten. Eigentlich sind diese Geruchsstoffe meist öliger und flüchtiger Natur und sind großteils in Bodensporen eingeschlossen.
Zieht nun Regen auf, sinkt der Luftdruck und diese Stoffe strömen verstärkt aus dem Boden. „Haben viele Dinge einen Geruch, so kommt der Regen zu Besuch“, sagt nicht umsonst eine alte Bauernregel. Aus: „Küssen müssen wir noch lernen und Hummer haben blaues Blut“, Hirzel Verlag, ISBN: 3-7776-1258-8.
ms. Das Skelett eines ausgewachsenen Menschen umfasst in etwa „nur“ 215 Knochen. Das eines Babys hingegen rund 350. Es ist natürlich nicht so, dass während der Kindheit Knochen abgebaut werden. Vielmehr verwachsen sie miteinander und werden so ganz einfach größer. Diese Eigenschaft der Knochen ist besonders beim Schädel wichtig, denn bei der Geburt des Kindes muss ja der komplette Kopf durch das enge Becken passen. Daher ist es güns-
tig, dass die einzelnen Schädelknochen noch nicht starr zusammen sind, sondern sich leicht verschieben lassen, weil die Schädelnähte noch offen sind. Bei Erwachsenen besteht der Schädel nur noch aus zwei Teilen, nämlich dem Hirnschädel und dem Gesichtsschädel sowie, über Gelenke verbunden, der bewegliche Unterkiefer. Übrigens: Kinder haben zwar mehr Knochen als Erwachsene, dafür aber weniger Zähne. Das fertige Milchzahngebiss umfasst nur 20 Zähne, wohingegen ein Erwachsener bis zu 32 Zähne besitzen kann, je nachdem ob die Weisheitszähne noch vorhanden sind, oder nicht. Aus: „Küssen müssen wir noch lernen und Hummer haben blaues Blut“, Hirzel Verlag, ISBN: 3-7776-1258-8.
Wie viel Moleküle hat ein Wassertropfen? ms. Zählen kann man sie nicht, denn es sind unvorstellbar viele, aber man kann sie berechnen. Es sind 1x 1020 (eine 1 mit 21 Nullen). Mit anderen Worten, hätte jemand beim ersten Erscheinen des Homo sapiens mit der Zählerei begonnen, und würde täglich acht Stunden damit verbringen, so wäre er heute längst nicht fertig. Aus: „Küssen müssen wir noch lernen und Hummer haben blaues Blut“, Hirzel Verlag, ISBN: 3-7776-1258-8. Foto: Christine Frei
2
REPORTAGE
Samstag/Sonntag, 27./28. Juni 2009
Rhein-Neckar-Zeitung / RNZ Magazin / Nr. 145
An Gott und die Welt 60 Milliarden E-Mails werden jeden Tag verschickt, doch mehr als ein Drittel ist unnötig / Von Jan Thomas Otte Rund 60 Milliarden E-Mails werden pro Tag an über 500 Millionen Personen mit virtueller Adresse verschickt. Tendenz steigend. E-Mail-Korrespondenz ist für Unternehmen schnell und einfach: das wohl mittlerweile wichtigste, praktisch nicht wegzudenkende Medium. Trotzdem provoziert sie virtuellen Stress und fordert von Mitarbeitern Aufmerksamkeit. E-Mails schaffen eine enorme Vernetzung denkerischen Potenzials, signifikante Ersparnisse an Zeit und Kosten. Ressourcen werden gebündelt, Arbeitswege durch raschen Informationsaustausch und flache Hierarchien verkürzt. Die Unternehmenskommunikation ist durch E-Mail revolutioniert worden. Um die Vorteile von Online-Kommunikation im Unternehmen effizient zu nutzen, müssen wichtige analoge Aspekte und Regeln im Umgang mit dem digitalen Massenkommunikationsmedium beachtet werden, um nicht in visueller Reizüberflutung und Panik unterzugehen. „Schicken Sie mir Ihren Entwurf bitte per E-Mail rüber“, so ist es sogar in kleinen Büros zu hören. Lange Zeit war E-Mail eine reine Bereicherung. Heute ist sie für die meisten Unternehmen die tragende Säule der gesamten Unternehmenskommunikation, erklärt E-Mail-Berater Günter Weick von SofTrust Consulting. Für viele Unternehmen ist wettbewerbsentscheidend, wie effizient sie relevante Informationen erkennen, bearbeiten und kommunizieren können. E-Mailen ist ein schnelles und lokal unabhängiges Kommunikationsmedium, das im Schriftverkehr überstürzt zu informeller Tonalität verführt, man einfach gerne drauf los schreibt. „Menschen können so schneller zueinander finden als bisher“, vermutet Weick. Gleichzeitig bekommen Mitarbeiter jedoch auch von flüchtig bekannten Geschäftspartnern, Kollegen und Kunden E-Mails als Kopie (Carbon-Copy), deren Information sie meist nicht brauchen.
rum es geht und was der Gesprächspart- Einfach abschalten. E-Mailen ist Gegenner will. Denn das synchrone Medium bie- stand des täglichen Zeitmanagements, sotet etwas Unentbehrliches: Direktes Feed- lange keine Hauptbeschäftigung im Diback. Der angenehme Nebeneffekt direk- rektmarketing vorliegt. Lieber zwei Stunter Kommunikation liegt auf der Hand. den am Tag dafür reservieren, als im MiDie persönlichen Netzwerke werden nutentakt unterbrochen zu werden. Kladurch zusätzlich transportierte Informa- re Abgrenzung von ablenkenden Einblentionen gepflegt und dauerhaft ausgebaut. dungen neuer Nachrichten muss sein. MoEin bisschen Smalltalk schadet niemand. dernes Multitasking ist lediglich ein charmanter Versuch, mit möglichst vielen AufIm Gegenteil: Sie profitieren davon. Insbesondere Abteilungen im Marke- gaben gleichzeitig zu jonglieren. Das Erting, Vertrieb und Kundenservice werden gebnis davon ist meist suboptimal. „Die Kunst ist, so zu kommunizieren, aufgrund ihrer intensiven Kommunikationsdichte und Kundennähe von der visu- dass man genau das bekommt, was man ellen Reizüberflutung spürbar belastet. will“, fasst Diplom-Psychologin Knorr „Da war man eine Woche im Urlaub, und zusammen. Daher: Relevante Informatiodann sind da über 250 Mails im Postein- nen prägnant darstellen, um ermüdende gang“, beschwert sich ein Servicemitar- Interpretation zu vermeiden. Auf unpräzisen Zeichenwirrwarr sollte beiter. komplett verzichtet werÜberflüssige Angebote den, damit der Empfänger und ungewollte Newsletter Ein bisschen klar weiß, worum es geht. füllen die virtuellen PapierSmalltalk ... Eine virtuelle Sozialkörbe der Büros. Diese kompetenz muss entwickelt Spam wird zum echten Prowerden. In der analogen blem: Der Empfänger muss Unmengen von E-Mails selektieren, zu- Welt heißt das Teamarbeit. Der digitale mindest oberflächlich anlesen und inhalt- Versand muss der analogen Arbeitsstruklich interpretieren. Notwendige Rekon- tur im Unternehmen angepasst werden. struktion ist mühsam: Warum wurde die Dies ist mit Kollegen gründlich zu vereinE-Mail verschickt? Was will der Absen- baren. Es kann so aussehen: Die Sekretärin sortiert den Posteingang zwischen der überhaupt von mir? E-Mail lässt sich optimal an die Be- Chefsessel und Vorzimmer in definierte dürfnisse im Betrieb anpassen. Bei der Ordner. Wichtige Informationen werden Bewältigung der digitalen Informations- sofort von ihr zusammenfasst, je nach flut helfen analoge Soft Skills, die im Priorität ausdruckt und mit entsprechenKopf beginnen: „Priorisierung ist Basis der Notiz dem Chef auf den Tisch legt. effizienter E-Mail-Kommunikation“, Texte sind am Bildschirm anstrengender analysiert Julia Knorr, Diplom-Psycholo- zu lesen, als auf einem übersichtlich gegin in München. Manager müssen sich fassten DIN-A4-Dokument. Nach einer repräsentativen Umfrage konsequenter vom Posteingang abgrenzen, indem bestehende Projekte reibungs- von TNS Emnid im Auftrag von „Südlos miteinander komponiert werden. Es deutsche Zeitung Wissen“ 10/06 entwigeht darum, einen Führungsstil zu entwi- ckelt sich die elektronische Post zunehmend zum Arbeitszeit-Kilckeln, der klar regelt, wann ler. Neue E-Mails werden E-Mails angebracht sind schnell gelesen, gab mehr und auf welche Weise sie be... schadet als ein Viertel der Befragten arbeitet werden. Von wahlloan. Jedoch mehr als die Hälfsem Verfassen und Beantnicht te der Umfrageteilnehmer worten profitiert niemand. fühlt sich von diesem wachDie Herausforderung: senden InformationsvoluE-Mails bedürfen eines neuen Kommunikationsverhaltens, das sich men und dem Zeitdruck, sofort reagieren von gewohnten analogen Medien durch zu sollen, belastet. Dringend Eingänge spezifische Bezüge und klare Strukturen werden sogar noch nach Feierabend bearabgrenzt. „Unternehmen müssen eine Me- beitet – von zu Hause aus. takompetenz entwickeln, wann online Die so genannte Netiquette bietet eiund offline kommuniziert wird“, ist sich ne grundlegende Empfehlung: Vergessen Kommunikationsforscher Soucek sicher. Vermittlung von Tatsachen per Sie niemals, dass auf der anderen Seite E-Mail ist in Ordnung, Informationen ein Mensch sitzt! Das bedeutet für die ermit hohem Interpretationsbedarf sind da- folgreiche Übermittlung von Nachrichgegen tabu. Der fehlende Ton von einem ten: Tonfall und Inhalt gegenüber dem persönlichen Gespräch – wichtige Neben- adressierten Publikum angemessen wähinformationen durch Mimik und Gestik len, um möglichst viele Leser in der urinklusive – wird gerne durch provisori- sprünglich analogen Form zu erreichen. „Die aktuelle E-Mail-Kultur ist zum sche Sonderzeichen ersetzt. Dabei werden Satzfragmente, Umgangssprache, lo- überwiegenden Teil Ergebnis einer Evolukale Dialekte und firmeninterne Slangs tion, nicht das einer bewussten Gestalgepflegt. Originalität scheint demnach in tung“, erwidert E-Mail-Berater Weick. vielen E-Mails wesentlich wichtiger zu Ein beliebiger Umgang mit elektronischer Post wirkt sich schnell in Frustratisein als der rasch zugängliche Inhalt. Wie kommt das analoge Hirn mit die- on, Missverständnis und abnehmender sen digitalen Prozessen klar? „Ich muss Produktivität aus.
Das richtige Maß finden Immerhin kann man damit bequem vermitteln, was und wie viel das Ego produziert. Besonders aber auch, mit welch wichtigen Personen man kommuniziert: ein virtuelles Machtspiel per Mausklick. Dieser digitale Weiterleitungswahnsinn ist insbesondere bei der Weitergabe von vertraulichen Informationen mit Vorsicht zu genießen. Daher: E-Mail nur dann einsetzen, wenn sie kurz und knapp formuliert ist, die Empfänger gezielt ausgewählt wurden. Keine Themen zur erschöpfenden Diskussion digital abhandeln. Aussagekräftige Betreffzeilen wählen und Quintessenzen schicken, statt die gesamte Korrespondenz weiterzuleiten – mit bereits revidierten Informationen. Bitte auch dringend vermeiden: Terminabsprachen per E-Mail zu machen. „Mitarbeiter sollen wieder mehr telefonieren“, rät Roman Soucek, Kommunikationsforscher an der Universität Erlangen-Nürnberg. Am Telefon wird klar, wo-
Die Klaviatur der modernen Kommunikation: Die Tasten unserer Computer. Foto: Imago
mir mein E-Mail-Programm zu Eigen machen“, rät Soucek. Also nicht von üppigen Spielereien wie Klingeltönen und Einblendungen verrückt machen lassen:
Durchdachte Praxis wiederum wird mit guten Informationen, schnellen Organisationsabläufen und einem angenehmen Arbeitsklima ausgezeichnet.
FRAGEN DES ALLTAGS Wie vergeht die Zeit im Traum? pj. Dass unsere Traumwelt nicht an irdische, physikalische oder moralische Regelungen gebunden ist, wissen wir alle. Ob wir nun durch unsere Traumlandschaft fliegen, uns auf der Flucht vor dem Gesetz befinden oder teils zusammenhangslose Konversationen mit schon längst verstorbenen Freunden, Verwandten oder auch nur flüchtigen Bekannten führen – Traum bleibt Traum. Doch egal wie unterschiedlich unsere Träume sind; die meisten laufen im Zeitraffer ab. Deswegen hat man oft das Gefühl im Traum ganze Tage, Wochen oder sogar Monate durchlebt zu haben. Doch eigentlich läuft das Geschehen in einem Traum nicht schneller ab, als die Zeit in der Realität vergeht. Dieser Eindruck entsteht jedoch durch den Regisseur unseres „Traumfilms“ – das Gehirn. Dieses setzt einfach Schnitte wie in einem Film und überspringt damit unwichtige Ereignisse, wie die moderne Schlafforschung anhand der REMPhase gezeigt hat. Dies geschieht vor allem dann, wenn wir länger als 15 Minuten in der REM-Phase geblieben sind. Unser Schlaf ist nämlich in Zyklen gegliedert: Zunächst fallen wir in einen Tiefschlaf, in dem sich unser Körper erholt. Durch bestimmte Stoffwechselvorgänge während dieser Phase tankt unser Körper neue Energien und füllt die verbrauchten
Vorräte wieder auf. Bei Kindern werden in dieser Phase auch Wachstumshormone ausgeschüttet. Darauf folgt der REM-Schlaf (Rapid Eye Movement). Nach 90 Minuten beginnt dann der Zyklus erneut mit einer
Tiefschlafphase. Zu Beginn unserer Nachtruhe ist der Tiefschlaf allerdings tiefer, wohingegen zum Ende unseres Schlafes die REM-Phasen länger andauern. Der Nutzen des Schlafes und insbesondere der REM-Phase ist bis heute noch nicht zweifelsfrei ergründet und sorgt regelmäßig für Dispute in der Fachwelt. Vorherrschende Meinung ist allerdings, dass im REMSchlaf die Gehirnaktivität besonders hoch ist, um Erlebtes zu verarbeiten und ins Langzeitgedächtnis zu überführen. Das Gegenargument zu dieser These ist, dass ja auch Delfine – die keine REM-Phase während ihres Schlafes durchlaufen – ein sehr gutes Gedächtnis haben. Zusätzlich unterscheiden sich die REM-Phasen von Gedächtniskünstlern nicht von denen normal begabter Menschen. Aus: „Warum Männer weniger lachen“, Beck-Verlag, ISBN-10: 3-406-54138-0 Foto: Christine Frei
Welche Form haben Regentropfen?
Wo ist der höchste Wasserfall?
pj. Wie dem aufmerksamen Leser wohl schon an der Fragestellung auffällt, ist es – hingegen unzähliger Zeichnungen – nicht die Tropfenform. Generationen von großen und kleinen Kindern haben also geirrt. Denn Aufnahmen mit Hochgeschwindigkeitskameras beweisen: Frei fallenden Tropfen haben praktisch eine Kugelform. Nur die größten sind durch den Luftwiderstand auf der dem Boden zugewandten Seite etwas eingedellt oder abgeplattet. Die Ursache hierfür liegt in der Oberflächenspannung des Wassers. Diesen Effekt kennen wir als „dünnes Häutchen“ auf der Wasseroberfläche; zum Beispiel bei einem eigentlich übervollen Glas Wasser. Besonders leichte Insekten können deswegen auch über das Wasser laufen. Somit ist beim Wasserläufer der Name Programm. Diese Spannung kommt zustande, weil sich die Wassermoleküle mit relativ starker Kraft gegenseitig anziehen. So verhalten sie sich natürlich auch im Regentropfen. Sie „rücken“ so nah wie möglich aneinander und die dadurch entstehende Form ist nun einmal die Kugel. Eben die geometrische Form mit der kleinsten Oberfläche in Bezug auf das Volumen. Als Astronaut in der Umlaufbahn kann man dieses Phänomen besonders gut bestaunen. Im All regnet es zwar nie, aber eine in der Schwerelosigkeit frei schwebende Menge Flüssigkeit bildet ebenfalls eine Kugel. Wem der Ausflug ins All allerdings zu teuer ist, der kann sich auch mit einer einfachen Seifenblase behelfen. Aus: „Warum Liebe durch die Nase geht“, Ullstein-Verlag, ISBN-10: 3-548-36878-6
pj. Die Niagara-Fälle sind wohl die bekanntesten Vertreter ihrer „Art“. Doch obwohl sie eine der größten Touristenattraktionen Amerikas sind und etliche Menschen in ihren Bann ziehen verblassen sie gegen ihre südamerikanischen „Kollegen“. Dort gibt es einen Wasserfall, der genau 979 Höhenmeter zu Boden stürzt – rund dreimal so hoch wie der Eiffelturm. Er liegt im Südosten von Venezuela, inmitten einer faszinierenden Landschaft aus tropischem Urwald, reißenden Flüssen und mächtigen Tafelbergen. Diese ragen an vielen Stellen hoch empor und haben teils einen über 20 Kilometer langen Durchmesser. Die so genannten „Tepuis“ sind oft wolkenverhangen und eben jene Wolken regnen extreme Wassermengen von bis zu 7000 Millimeter pro Jahr ab. So ist es auch nicht verwunderlich, dass die Indianer in diesen fast 3000 Meter hohen Tafelbergen die Sitze der Götter sahen. Der höchste dieser Berge ist der „Auyan-Tepui“ oder Teufelsberg. Auf seinem Plateau entspringt der Rio Churuni und speist den Wasserfall „Salto Angel“, der in zwei Kaskaden zu Boden fällt. Benannt wurde er nach seinem Entdecker, dem amerikanischen Buschpiloten Jimmy Angel, der ihn 1936 überflog. Aus: „Küssen müssen wir noch lernen“, Hirzel-Verlag, ISBN: 3-7776-1258-8
info
Im Auftrag der Lebensrettung:
100 Jahre Notrufsignal „SOS“ Drei kurz, drei lang, drei kurz. Diesen Ruf kennt auch, wer nicht morsen kann. Die Welt hat 1906 eine neue Sprache bekommen, die jeder versteht, wenn es auf jede Sekunde ankommt. Unzählige Menschenleben wurden dadurch gerettet. „SOS“ bleibt auch durch moderne Satellitentechnik das Synonym für Tragik und Dramen auf hoher See.
Das Morsealphabet beherrschen nur noch wenige ambitionierte Hobbyfunker. Denn es gibt viele Wege, einen Notruf zu senden. Neben dem Morsecode werden rote Feuer und Leuchtkugeln, Schüsse und Signalhornzeichen abgegeben. Signalisiert wird der Notruf mit dem, was im Ernstfall zur Verfügung steht: per Morse, Licht oder Flagge. Damit wird die ganze Umgebung alarmiert, deren Empfänger unbedingt zur Hilfeleistung verpflichtet sind. Heute gehört das Funken mit dem Morsealphabet der Vergangenheit an, denn ein von Satelliten und Computern gestütztes Funknetz sorgt auf allen Verkehrswegen für Sicherheit. Aber das Synonym „SOS“ hat sich gehalten, wird mit vielen geschehenen und durch „SOS“ verhinderten Katastrophen des zwanzigsten Jahrhunderts in Verbindung gebracht. Die rhythmisch gewählten Wendungen „Save our Souls“ oder „Save our Ship“ sind nicht die Abkürzung für das Notrufsignal, wie oft vermutet wird. Die Bedeutung „Save Our Souls“ kam erst später dazu. Ein weiteres Notsignal, besonders in der Luft verbreitet, ist „Mayday“, das englisch ausgesprochene französische Wort m’aidez für „helfen Sie mir“. Der neue Standard-Notruf „SOS“ ersetzte das von der Marconi‘s Wireless Telegraph Co. Ltd. am 1. Februar 1904 eingeführte Notsignal „CQD“, „Come Quick, Danger“. Wenn auch nicht international vereint, wurde „SOS“ bereits am 3. Oktober 1906 auf der ersten internationalen Funkkonferenz in Berlin von der Marconi Zivildienst 11-12|2006
Company und der deutschen Telefunken-Gesellschaft beschlossen. Bis 1906 hatten die beiden FunkMonopolisten Marconi und Telefunken verschiedene Notrufe verwendet. Das ging soweit, dass es Schiffen sogar verboten wurde, Notrufe der Konkurrenz anzunehmen. Die Kommunikation war nicht klar, lebensgefährliche Missverständnisse kamen vor. Daher einigte man sich auf das kurze, leicht erkennbare „SOS“. Allerdings konnte nur derjenige den Notruf verschicken und empfangen, der bereits im Besitz eines Funkgerätes war.
Alternativ konnten Schiffbrüchige bei Nacht nur Kanonen oder Leuchtraketen abfeuern, tagsüber Flaggen hissen und hoffen, dass sie jemand noch von Ferne registriert. Im Grunde war Beten mehr denn je die letzte lebensrettende Maßnahme auf hoher See. Erst per Funk konnten sich Schiffe untereinander und mit dem
Festland unterhalten. Mit der Berliner Konferenz wurde 1906 ein lebensnotwendiger Meilenstein gesetzt, welcher am 10. Juni 1909 zum ersten Mal seinen rettenden Einsatz fand, als die „Slavonia“ der Cunard-Linie vor den Azoren im Nebel Schiffbruch erlitt. Durch das neue Notrufsystem kamen zwei Schiffe zur Hilfe, alle überlebten dank „SOS“. Aber Funkgeräte waren damals noch keine Pflicht. Dies änderte erst die bekannte Schiffskatastrophe der Titanic. Als der britische Ozeanriese auf seiner Jungfernfahrt von Southampton nach New York in der Nacht vom 14. zum 15. April 1912 einen Eisberg rammte, kam für mehr als 1500 Passagiere jede Rettung zu spät. Die übrigen 711 Menschen konnten überleben, weil der Funker Philips bis zu seinem eigenen Untergang die Notsignale „SOS“ und „CQD“ an die umgebenden Schiffe aussandte. Das Drama an diesem Einsatz war, dass die Funkrufe nur von einem Schiff wirklich aufgenommen wurden, das zu weit entfernt war. Nahe liegende Schiffe konnten diese Funkrufe nicht aufnehmen, weil sie noch über kein einheitliches Funksystem an Foto: MEV Bord verfügten. Unmittelbar nach dieser Katastrophe wurde 1912 „SOS“ auf der Funkkonferenz in London international eingeführt. Schiffe ab einer bestimmten Größe wurden zum Funk verpflichtet und mussten seitdem mindestens jede halbe Stunde die Notruffrequenz abhören. Jan Thomas Otte 23
36 LEBENSART REPORT
Rheinischer Merkur · Nr. 17 / 2008
Lebensabend fern von Anatolien GASTARBEITER Sie kamen vor 30, 40 Jahren. Jetzt sind sie alt geworden. Für viele ihrer Familien stellt sich die Frage:
zu Hause pflegen oder in Einrichtungen geben? Besuch im ersten deutschen Pflegeheim für türkische Rentner
Ohne Vorbild: Neika Kaba-Retzlaff, die Heimleiterin, leistet Pionierarbeit.
Letzte Etappe: Es ist bei zahlreichen Türken ein Tabu, im Altenheim zu leben. Zyia Bircan sieht das anders. Er hat den Schritt gewagt.
Von Jan Thomas Otte s duftet nach frischem türkischem Tee. Warm und gemütlich ist es hier, der Raum ist geschmückt mit roten Polstern, orientalischen Malereien und Bildern eines türkischen Markts. Ein eher kühl wirkendes Altenheim mit langen, sterilen Fluren sieht anders aus. Das will die größte Wohngemeinschaft Deutschlands für Pflegebedürftige türkischer Herkunft auch nicht sein. Laut plärren Fernseher bis in den Flur des Berliner „Türk Bakim Evi“. Gerade läuft ein türkisches Magazin über den Islam. Trotzdem sitzen einige Rentner eher gelangweilt und leicht schläfrig auf ihren Kissen. Andere unterhalten sich bereits am frühen Morgen angeregt über Familie, Politik und die harten alten Zeiten als Gastarbeiter in der Textilfabrik. Gemeinsam mit anderen Bewohnern sitzt Ziya Bircan im Wohnzimmer und schaut ebenfalls fern. Der Mann, Mitte sechzig, kam vor knapp einem Jahr in das Haus. Das war nach seinem Herzinfarkt. Seitdem gehört er zu den rund fünfzig Menschen, die hier nach ihren türkischen Bräuchen und Sitten im Alter leben. Das bedeutet zum Beispiel, dass Männer nur von Männern und Frauen nur von Frauen gepflegt werden. Ziya Bircan ist das wichtig. Er ist einer der ehemaligen Gastarbeiter, die vor mehr als vierzig Jahren aus der Türkei nach Deutschland gekommen sind, auf eigenen Wunsch, um hier gut bezahlte Arbeit zu bekommen. Es waren auch finanzielle Gründe, die Bircan über Umwege mit viel Glück ins Land lockten. Eine junge Liebe sorgte dafür, dass er blieb. Der zweifache Vater erinnert sich gern an die turbulenten, aufregenden Jahre.
E
ken die Altenpflege ihrer Angehörigen näherzubringen. Akgün will fürs eigene Haus Vertrauen schaffen, den Betroffenen klarmachen, dass die Pflege der Eltern auch „auf eine gesündere Art“ zu machen ist. Gesünder, als die Pflege wie üblich allein der Frau zu überlassen, sagt die freundliche Sozialarbeiterin. Besonders konservative Türken glaubten, die Eltern verlören gegenüber der Gesellschaft das Gesicht, wenn sie „ins Altenheim abgeschoben werden“. Zahlreiche Alte würden deshalb noch zu Hause gepflegt, was „nicht immer ein Vorteil ist“. Für viele der rund 270 000 lebenden Türken in Berlin ist der Gedanke, die Eltern ins Pflegeheim zu geben, ein Tabu. Deshalb geht Yildiz Akgün auch hinaus in
die Berliner Moscheen, zeigt ihre Powerpoint-Präsentationen vom Laptop und spricht anschließend mit den türkischen Familien über die Probleme mit den Eltern. Yildiz Akgün kann die meisten gut verstehen. Die Hürde der Scham sei nicht leicht zu umgehen. Um Spannungen in der Familie zu vermeiden, würden die Frauen die Pflege der Eltern meist doch komplett übernehmen. Viele Frauen würden erst durch die Hochzeit nach Deutschland kommen – ein „ganz normales Opfer“, sagt Akgün: „Die Familie geht davon aus, dass die Frau das macht.“ Die anschließenden familiären Verpflichtungen folgen ganz selbstverständlich. Bei Yildiz Akgün selbst war es ähnlich: „Natürlich ist das Thema auch bei uns zu Hause ein Tabu gewesen“, erinnert sie
Den Nachmittag im Frankfurter Tanzcafé wird er dabei nie vergessen, als er sich in die junge Frau verliebte, die er später auch heiraten sollte. Ein Lächeln huscht über sein Gesicht, wenn er daran zurückdenkt. Damals habe er etwas von der Welt sehen wollen. Zuerst arbeitete Ziya Bircan bei Frankfurt in einer Fabrik. Einige Jahre später zog er nach Berlin – wegen seiner Frau. Deshalb, sagt er, sei er geblieben. Bis zu einem Herzinfarkt Anfang der Neunzigerjahre hat er an der Spree gearbeitet. Die Krankheit kam plötzlich, er wurde frühverrentet. Ein Fernsehbericht habe ihn dann auf das türkische Heim aufmerksam gemacht. Über seine Ängste vor der Krankheit und die Erinnerungen an früher kann Ziya Bircan mit Yildiz Akgün sprechen. Sie ist Sozialarbeiterin im „Türk Bakim Evi“ und weiß, was die alten Menschen besonders nötig haben. Sie erlebt, dass viele Familien mit ihren pflegebedürftigen Eltern überfordert sind. Doch es falle Angehörigen schwer, einen pflegebedürftigen Menschen ins Heim zu bringen, sagt die Frau in fürsorglichem Ton. Es ist deshalb ihre Aufgabe, den jüngeren Tür- Teestunde: Mitspieler sind stets erwünscht – auch um dabei von alten Zeiten zu erzählen.
FOTOS: JAN THOMAS OTTE
sich. Lange Zeit konnte die Frau, die heute selber als Aufklärerin in Sachen Altenpflege unterwegs ist, so mit ihrem eigenen Vater nicht darüber sprechen. Doch sie hat aus ihrem Schicksal gelernt. Wenn Menschen älter werden, weiß Akgün, kommt es vor allem auf ihre Sprache, Kultur und Religion an, mit der sie groß geworden sind. Man kehrt zu seinen Ursprüngen zurück, das Langzeitgedächtnis hat größeres Gewicht. Die türkischen Männer und Frauen erinnern sich dann eher an ihre Jugend in Anatolien als an den Tag zuvor in Berlin. Weil das Leben in der Türkei lange zurückliegt, ist es den wenigsten möglich, wieder zurück in die alte Heimat zu gehen. Viele Alte haben zwar noch Verwandte in der Türkei – trotzdem sind sie
fremd und einen Sozialhilfeanspruch haben sie auch nicht. Die anfänglichen Vorbehalte in der Türkischen Gemeinde zu Berlin gegenüber dem Pflegeheim sind inzwischen leiser geworden. Sie ist Mitgesellschafter des Hauses. Seit einigen Monaten kommen mehr neue Bewohner ins Heim als zur Zeit der Eröffnung. Die Diskussion über die Zukunft der Eltern sei etwas leichter geworden, heißt es auch aus der Türkischen Gemeinde. Im Heim arbeiten nur zweisprachige Mitarbeiter, alle von ihnen haben selbst türkische Verwandte. Von den rund 150 Betten des bundesweiten Pilotprojekts ist jedoch bislang erst ein Drittel belegt. Neika Kaba-Retzlaff, die Leiterin des Pflegeheims, überrascht das nicht. „Es liegt daran, dass wir die erste Einrichtung dieser Art sind. Deshalb wissen viele türkische Menschen von diesem Angebot noch nichts“, sagt die zierliche Frau im Hosenanzug, mit akkurat geschnittener Frisur und einem ernsten Auftreten. Ein weiterer Grund: Pflegebedürftige Menschen gibt es in den türkischen Familien in Deutschland erstmals. „Unsere Bewohner gehören zur ersten Generation türkischer Einwanderer. Sie sind die Ersten von uns, die alt werden. Wir haben in Deutschland keine Vorbilder“, so KabaRetzlaff. Harald Berghoff, Geschäftsführer des Pflegeheims, ist ganz einer Meinung mit Neika
Kaba-Retzlaff. „Man muss sehen, dass unsere Bewohner seit dreißig, vierzig Jahren in Deutschland leben. In dieser Situation mit neuen Integrationskonzepten zu beginnen bringt nichts. Da ist der Zug abgefahren.“ Bei einem Menschen, der nach Jahrzehnten noch nicht integriert ist, müsse man heute nicht mehr versuchen, ihn „auf seine letzten Lebensjahre noch zu integrieren“, sagt Berghoff bestimmt. Ob Sunniten oder Schiiten, Aleviten oder Kurden – verschiedene Ausrichtungen des Islam friedlich unter einem Dach zusammenzuführen, das klappt im Berliner Altenheim bereits. „Wir sind ein Haus für Menschen aus der Türkei“, sagt Akgün. Christen seien hier ebenfalls willkommen, wenn auch nicht explizit eingeladen, so die Sozialarbeiterin. Entsprechend wohnen derzeit hier ausschließlich Männer und Frauen islamischen Glaubens – bis auf zwei Christinnen, die jede mit einem Muslim verheiratet waren. Sie
finden freilich keine Kapelle in den Räumlichkeiten wie sonst in deutschen Altenheimen üblich. Stattdessen lädt eine Moschee im Kleinformat, ein Gebetsraum, zum Innehalten ein. Regelmäßig hält ein Berliner Großmufti Gottesdienste. Das sei, betont Geschäftsführer Harald Berghoff, aber ein freies Angebot. Es komme schließlich weniger auf die Religion als auf den Menschen selber an: „Jeder Mensch, der sich bei uns wohlfühlt, ist herzlich willkommen.“ Natürlich ist auch der Speiseplan an religiösen Gesichtspunkten ausgerichtet. Ein türkischer Koch bereitet das Essen zu, er verzichtet auf Schweinefleisch und Schweinefett, alle Lebensmittel sind koscher zubereitet. Und im Fastenmonat Ramadan werden die Mahlzeiten, so der Einzelne es wünscht, nach Sonnenuntergang serviert. „Aber selbstverständlich ist auch das Nutellabrötchen auf Wunsch realisierbar“, ergänzt der Geschäftsführer. Das neue Haus wirkt indes weit in die türkische Gemeinschaft in Deutschland hinein. Für Berghoff krempelt es die Gespräche unter Türken über die Altenpflege geradezu kräftig um. Vergleichbar sei das mit der deutschen Diskussion der Achtundsechziger, seit der es „nichts Schlimmes“ mehr ist, auch seine eigenen Eltern, Opa und Oma in professionelle Pflege zu geben. „Wir haben Bewohner aus Kiel, aus Bielefeld, aus Fulda und München, aus ganz Deutschland eben“, erklärt Berghoff die bunte Mischung der Bewohner. Im Sinne der Qualitätssicherung sieht er den langsamen Aufbau des Hauses als „eine ganz hervorragende Sache“ an. Jeder Bewohner, der in die Einrichtung kommt, soll persönlich und individuell aufgenommen werden. „Wir haben es mit individuellen Biografien zu tun, müssen also sehen, wo kommt der Mensch her, was mag er, was vielleicht nicht.“ Zwei Jahre hat sich das Haus gesetzt, um das Heim voll auszulasten. Dann sollen die Erfahrungen, die in dem Pilotprojekt gesammelt werden, in weiteren deutschen Großstädten umgesetzt werden: im Ruhrgebiet, in Frankfurt oder Köln. Auch dort werden dann einmal neue Heime alten Türken Heimat geben. Kontakt: Türk Bakim Evi Pflegeeinrichtung
Berlin-Kreuzberg, Methfesselstraße 43, 10965 Berlin, Telefon 0800/474 72 07. Internet: www.bakimevi.de
KAUM KENNTNIS ÜBER SOZIALLEISTUNGEN
In Deutschland leben derzeit 1,764 Millionen Türken, davon haben bereits 95 000 das Rentenalter erreicht. Die Zahl der deutschen Staatsbürger türkischer Abstammung liegt bei rund 840 000. Insgesamt gibt es in der Bundesrepublik derzeit etwa 2,6 Millionen Menschen türkischer Abstammung. Der Bedarf an Pflegeeinrichtungen für türkische Senioren wird stark wachsen. Der Anteil der Türken im Alter über 60 Jahre hat sich in den zurückliegenden zehn Jahren von 52 200 auf 192 500 Personen fast vervierfacht. Sie sind mit 26 Prozent die größte Gruppe von Ausländern in Deutschland. Der Trend zur Auflösung der typisch türkischen Großfamilie ist erkennbar. Die meisten Familienmitglieder sind mittlerweile berufstätig und können ihre Angehörigen nicht mehr pflegen. Nach einer Prognose des Senators für Stadtentwicklung in Berlin über die Bevölkerungsentwicklung vom Jahr 2002 bis zum Jahr 2020 wird die Zahl der in Berlin lebenden Ausländer um etwa 75 000 wachsen. Wie viele Türken hierzulande in Pflegeeinrichtungen leben, darüber liegen keine Zahlen vor. Bezogen auf die Kommune Berlin gibt es folgende Zahlen: In 270 Berliner Pflegeeinrichtungen wurden 2003 nur 40 Türken betreut (ergänzende Zusatzerhebung der Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales). Türkische Senioren und deren Angehörige sind über die eigenen rechtlich
gesicherten Ansprüche an das deutsche Pflege- und Sozialversicherungssystem und über das Pflegeangebot wenig informiert. Zugangsbarrieren sind Verständigungsprobleme, aber auch Hemmungen vor deutschen Institutionen und Unsicherheiten über rechtliche Konsequenzen bezüglich der Sozialleistungen. Die Migranten nehmen die deutsche Regelversorgung nicht voll in Anspruch. Es zeichnet sich jedoch eine Zunahme bei der Nutzung von ambulanten türkischen Pflegediensten ab. Deutsche Anbieter haben bislang kein individuelles Angebot für Türken geschaffen und den Bedarf dieser potenziellen Klientel nicht berücksichtigt. Außer dem „Türk Bakim“ gibt es in Deutschland bislang keine rein türkischen Pflegeeinrichtungen und Pflegekonzepte. Seit dem Jahr 2000 arbeiten politische Gremien mit Altenpflege-Institutionen und Pflegeverbänden im Arbeitskreis „Charta für eine kultursensible Altenpflege“ und seit 2002 in der „Kampagne für kultursensible Altenhilfe“ zusammen. Hier wurde von den Beteiligten die Forderung nach einer „interkulturellen Öffnung“ der deutschen Pflegeeinrichtungen erhoben. Greifbare Ergebnisse bezogen auf die Integrationsbemühungen der ehemaligen rot-grünen Bundesregierung sind jedoch bislang noch nicht erreicht worden. ot
STIL LEBENSART 29
Rheinischer Merkur · Nr. 23 / 2008
Paradies für Zaunkönige SCHREBERGARTEN Er gilt als typisch deutsch und spießig. Dabei begeistern sich immer mehr Ausländer hierzulande für die eigene grüne Insel
in der Stadt. Vom Kampf der Kulturen ist zwischen den Rabatten bislang wenig zu spüren Von Jan Thomas Otte und Raoul Löbbert ehutsam schiebt Max Damaschke, 81 Jahre alt, seine Schubkarre durch den Schatten eines Kastanienbaums. Ein paar verfaulte Kartoffeln müssen auf den Komposthaufen. Zwischen Tomatenstauden, Kartoffelbeeten und Gänseblümchen geht einer der ältesten Kleingärtner Heidelbergs seinem liebsten Hobby nach: „Ich lebe von meinem Garten, ich atme hier im Garten. Und der Umgang mit den Leuten ist mir sehr wichtig.“ Wenn er sich einmal einsam fühlt, schaut er bei seinem Nachbarn vorbei oder in der Gastwirtschaft gegenüber. Zwischen diesen beiden Enden, zwischen Zaun und Zapfhahn, spielt sich ein Großteil des Lebens von Max Damaschke ab. Rund 2300 Kleingärtner besitzen im Einzugsgebiet Heidelberg eine der jeweils rund 300 Quadratmeter großen Parzellen, denn „Schrebergärtnern ist viel mehr als nur das Herstellen von Nahrungsmitteln und Steckenbleiben im eigenen Quadrat“, sagt Damaschke. Bundesweit sind es nach Angaben des Bundesverbandes Deutscher Gartenfreunde rund eine Million Parzellen in 15 200 Kleingartenanlagen, die in letzter Zeit vor allem an jüngere Familien verpachtet werden. Im Freizeitbereich gelte Weltoffenheit, was Nationalitäten, Sprachen und Religion angeht. „Für uns ist jeder Mensch wertvoll – vom Arbeitslosen bis zum Akademiker“, sagt Eugen Dammert, Vorsitzender der Kleingartenkolonie. Deshalb wehen überall Flaggen aus aller Herren Länder, schwarz-rot-goldene, weiß-blaue aus Bayern, kräftige Rottöne aus Österreich, Russland und der Türkei.
B
„Das Image des Laubenpiepers oder Eigenbrötlers ist schon lange überholt“, sagt
Dammert. Manche jungen Leute würden über das vermeintlich spießige Hobby des Kleingärtners noch lächeln. Diese Klischees seien von gestern: „Wir sind nicht superkonservativ, grantig oder knorrig.“ So sei das Durchschnittsalter der Hobbygärtner vor zehn Jahren noch über 60 gewesen, heute liege es bundesweit zwischen 40 und 50 Jahren. Nein, hier wird nicht mit Nagelschere der Rasen gestutzt. Und die Stilsünde Gartenzwerg findet sich auch nur noch vereinzelt auf den mit Hecken voneinander abgeteilten Parzellen; dafür Esel aus Ton oder pinkfarbene Plastikschweine. „Der alte Zopf muss abgeschnitten werden“, beschwört Dammert den Aufbruch in die neue Zeit. Nicht verändert hat sich das Prinzip der gegenseitigen Rücksichtnahme, seit 1865 – damals noch als reiner Spielplatz für Kinder – der erste „Schreberplatz“ eingeweiht wurde. Manchmal dauere es jedoch etwas, bis man das verinnerlicht habe, erzählt Dammerts Freund Helmut Rudolph. Der ehemalige Bundeswehrangestellte hat früher seine Stangenbohnen noch mit dem Luftgewehr abgeschossen. Eine martialische Technik, die bei den anderen eher pazifistisch gesinnten Schrebergärtnern nur wenig Anklang fand. Da habe er es eben gelassen – um des lieben Friedens willen. Denn Schrebergärten sind Oasen der Ruhe für den gestressten Städter, deswegen ist Lärmbelästigung auch die größte Sünde, der man sich schuldig machen kann. Schon so mancher zu laute Rasenmäher hat eine schwer zu behebende diplomatische Krise vom Zaun gebrochen.
Trotz des demografischen Wandels ist die allgemeine Verjüngung der Kleingartenanlage noch nicht in der Führungsebene angekommen. Das Durchschnittsalter der ehrenamtlichen Vorsitzenden des Gartenfreunde-Vereins ähnelt dem der DFB-Führungsriege: um die 70. Grau wie die Haare sind die Socken in den Sandalen. Und unter dem modischen Muss des Holzfällerhemds wölben sich weithin sichtbar die Bierbäuche. Dennoch: Zunehmend schätzen auch junge Akademikerfamilien die Freuden des frischen Vorstadtgrüns – raus aus der hektischen Metropole ins Landleben, ist ihre Devise. Eine eingebildete Flucht, ist doch der Schrebergarten als Produkt der Industrialisierung und Urbanisierung Teil der Stadt – und das von je her. Er ähnelt als Zufluchtsort der Eckkneipe, in der sich der Arbeiter nach der harten Maloche noch ein Pils gönnt. Das klassische Arbeitermilieu, das sich einen Umzug ins Grüne nicht leisten kann, gibt es im Zeitalter der Globalisierung allerdings kaum noch. Es stirbt aus. Der Schrebergarten jedoch wächst und gedeiht, wie überhaupt alles in ihm wächst und gedeiht, denn eine andere Bevölkerungsschicht hat ihn für sich entdeckt: Deutsche mit Migrationshintergrund. Die allerdings würden sich nicht so sehr in die ehrenamtliche Verwaltung einbringen, sagt Max Damaschke. Außerdem kämen manche nur in die Siedlung, um den horrenden Preisen für Lebensmittel zumindest teilweise auszuweichen. Sie ziehen Obst und Gemüse, während ihre deutschen Nachbarn sich lieber an hübschen Zierpflanzen erfreuen. „All die Gemüsebeete erinnern mich an die Situation nach dem Krieg“, sagt Max Damaschke und kippt seine verfaulten Kartoffeln auf den Kompost. Dann schaut er über die Holunderhecke nach nebenan. Dort riecht es nach gegrillten Würstchen. Eine Familie feiert gerade in ihrer Laube Geburtstag. Walerie, das Familienoberhaupt, kommt aus Kasachstan, was er anhand einer gehissten Flagge stolz der Welt kund tut. Seine Beete sind nicht ganz so akkurat gepflegt und abgezirkelt wie bei Gartenfreund Damaschke. Dennoch: Das gemeinsame Hobby verbindet. Sie fachsimpeln über das Obstbaumschneiden, das schöne Maiwetter, über die Vorschriften, die auch das gesellige Beisammensein reglementieren. Nachbar Walerie findet das typisch deutsch: „Es ist nicht so einfach, wie man denkt. Heute habe ich erfahren, dass diese Zierpflanzen 50 Zentimeter vom Zaun weg sein müssen“, sagt er. Vorschriften seien halt Vorschriften. Wo komme man denn hin, wenn jeder machen könne, was er wolle. Ein gewisses Maß an nachbarschaftlicher Überwachung gelte es da in Kauf zu nehmen. „Schlechter Rasen“, das darf nicht sein, findet auch Peter Stadler. Er sitzt einige Parzellen weiter im Vereinshaus mit Kneipe nebenan. Der 65-jährige Hochschullehrer ist der Vorsitzende des Heidelberger Bezirksverbandes der Gartenfreunde. Er trägt eine Mecki-Frisur und Vollbart. In seiner Freizeit buddelt Stadler im Garten. Stolz präsentiert er Freunden seine neue Teichanlage mit japanischer Anmutung. Er erklärt, wie die Ablaufpumpe funktioniert, wie er das Wasser reinigt und warum Goldfische gefräßige Mäuler haben. Und dann ist da noch die Sache mit dem Unkraut in Nachbars Garten, die „Spontanvegetation“, wie er es
nennt, die das Kleingartenglück mindere. Manche würden da schnell zum Gifteimer greifen. Nicht jeder scheinbare ÖkoGärtner halte sich auch ans Bundeskleingartengesetz oder kaufe regelmäßig im Bioladen. Der Schrebergarten ist halt eine Welt im Kleinen, mit denselben Problemen wie in der großen: Integration und Umweltschutz. Beim kühlen Bier im Vereinshaus sichtet Stadler mit Gartenfreund Helmut Rudolph Papiere zu Erdproben, die ans Umweltamt müssen. Eine Düngetabelle mit Nitratangaben liegt auf dem Tisch. Rudolph hat dafür eigens eine Ausbildung gemacht. Nun berät er neben der Arbeit im Labor für Bodenschutz die Kleingärtner beim Düngen ihres Rasens. Wie viel Mist vertragen etwa Tomaten? Antwort: weniger als die meisten Schrebergärtner denken. Rund 70 Prozent der Böden sind mit Stickstoff verseucht. Die Umweltvorschriften gelten für alle gleichermaßen und alle sind oft gleichermaßen ahnungslos. Jeder dritte Schrebergärtner in der Anlage kommt aus der Türkei, Russland oder Rumänien. Auch ein Iraker pflanzt hier mittlerweile Bohnen an. Die Kleingärtner sind sich einig, was die Integration zwischen Rotkohl und Rosenstauden angeht: „Wir schreiben eine gewisse Höhe der Hecke des Gartens vor, damit die Leute reinschauen können, weil wir ja offene Anlagen wollen“, sagt Peter Stadler. Integration bedeute nämlich, auch ohne Zaun die Grenzen des anderen tolerieren zu können. Deshalb habe er vor einiger Zeit mit seinem Nachbarn den gemeinsamen Grenzzaun abgerissen. Was zusammengehört, soll zusammen wachsen. Zusätzlich wolle er im Verein jeden Monat Kurse zu den Themen Umwelt, Bodenpflege und Obstbaumschnitt anbieten. Aber auch soziale Themen wie Familie, Ausländer und Senioren sind so wichtig, dass es schön wäre, wenn alle mal miteinander darüber geredet hätten. Natürlich werde die Abrüstung, so Max Damaschke, manchmal durch Phasen des „kalten Kleingartenkriegs“ unterbrochen. Das ist die Kehrseite des nachbarschaftlichen Überwachungsstaats im Staat. Große Enge erzeugt halt auch Spannungen. Die werden, wenn nicht gütlich, gerichtlich geklärt, auch wenn sie danach nie ganz aus der Welt sind. Wie ein Beben hinterlassen sie Risse und Verwerfungen, die neue Beben zur Folge haben können, weil sich hier jeder an jedem wie Erdkrusten reibt. Auch Max Damaschke bebt gerade. Er gestikuliert wild, während er erzählt, dass sein Nachbar vor 20 Jahren illegal und „ohne zu fragen“ Bambus auf seine Wiese gekippt hat. Für Max Damaschke ein unglaublicher Giftmüllskandal. Der Bambus ist mittlerweile längst auf dem Kompost verrottet, und doch sitzt sein Splitter noch tief. Er hat eine Wunde in Max Damaschke gerissen, die sich auch in Jahrzehnten nicht geschlossen hat, sie blutet, blutet, blutet. Aber auf der Insel Schrebergarten spielt Zeit eh nur eine untergeordnete Rolle, sie wird am Fruchtwechsel und an den Jahreszeiten gemessen. Ansonsten bleibt, selbst wenn sich einmal etwas ändern sollte, alles auf geheimnisvolle Weise beim Alten. Aber das macht ja gerade die Faszination des Schrebergartens aus. Internet: www.kleingartenvereine.de
Begrenztes Glück: Während der Urbanisierung erholte sich der Arbeiter am liebsten in seinem Schrebergarten.
FÜNFPROZENTHÜRDE Es ist kein Geheimnis, gleichzeitig gesunden Zudass wir uns bei den stand zu ernten. Inzwi2007er-Weinen auf einen schen werden sehr viele besonderen Jahrgang freuWeißweine des Jahrgangs en können. Schon im schon zum Verkauf angeApril hatten wir hochsomboten, und natürlich sind merliche Temperaturen, die Weinliebhaber gedie für eine sehr frühe spannt auf die Ergebnisse. Blüte und damit ungeAber Vorsicht: Nicht entwöhnlich lange Vegetatitäuscht sein, wenn ein – onsperiode sorgten, auch Fritz Keller, vielleicht auch noch relawenn die Lese so früh be- Weingut, Weinhandel, tiv hochpreisiger – 2007er gann wie nie zuvor. Ein Restaurant „Schwarzer eher zurückhaltend auflanger, sonniger Herbst Adler“, Oberbergen. tritt. Im Gegenteil. mit gleichwohl kühlen Es sind die einfacheren, Nächten ermöglichte es dabei, das Le- leichteren Qualitäten des Jahrgangs, bei segut in einem wunderbar reifen und denen die frische Frucht schon jetzt in
FOTO: ACHENCACH PACINI/VISUM
LÖFFELSTIL die Nase springt und auf der Zunge tänzelt und damit ganz unverstellten Trinkspaß garantiert. Große, haltbare Weine dagegen brauchen Dichte und geben sich so jung zunächst meist sehr verschlossen. Da kann es helfen, sie zu dekantieren und so durch den intensiven Sauerstoffkontakt im Eiltempo Teile der Entwicklungen in Gang zu setzen, die sonst über lange Zeiträume in der Flasche stattfinden. Auch schon fünf bis zehn Minuten im Glas bewirken oft Erstaunliches, wenn der Trinker so viel Geduld mitbringt. Die ganz Großen eines Jahres sind aber selbst mit diesen Tricks noch nicht aus der Reserve zu locken und verbergen ihre
Frucht hartnäckig hinter mineralischen Noten und Hefe- und Brotaromen. Unlängst habe ich dieses Phänomen außerordentlich eindrucksvoll bei einer 2007er Riesling-Fassprobe auf dem traditionsreichen Schlossgut Diel an der unteren Nahe erleben können. Vor allem von dem 2007 Schlossgut Diel Dorsheimer Burgberg Riesling Großes Gewächs war ich dabei hingerissen. In dieser von Felsen umschlossenen Lage haben die Diels erst seit 1997 zwei Hektar Riesling-Reben, die auf einem eisenhaltigen Lehmboden in einer mikroklimatisch einzigartigen Lage gedeihen. Und weil ich sicher bin, dass der 2007er von dort ein Großer wird, empfehle ich erstmals einen Wein, den man noch gar nicht kaufen, sondern nur reservieren kann. Wunderbar – mit mineralischen und Hefenoten ist er für Eingeweihte aber schon jetzt ein großes Versprechen auf die besten Weine eines außerordentlichen Jahres. Schlossgut Diel Dorsheimer Burgberg Riesling 2007. Preis: 30 Euro. Reservierung über: www.schlossgut-diel.com
„Himmel! Ist denn zu dem Thema nicht schon wirklich alles gesagt?“ „Ich hätte es aber gerne noch mal von dir gehört!“
Der Tüftler
Der Komiker
Der Ich-Erzähler
Felix Wankel war der Typ „klassischer Tüftler“: Während er Motoren für schnelle Autos entwickelte, fehlte ihm die Zeit, den Führerschein zu machen. Vor 50 Jahren fuhr sein allererster Wankelmotor.
Dass der Schauspieler Markus Majowski nicht nur vor der Kamera steht, sondern auch singt und Theater spielt, wissen die wenigsten. In erster Linie aber ist das Multitalent Vater. Er lebt mit seiner Familie in Berlin.
In seinem Roman „Das Verlangen nach Liebe“ schreibt Hanns-Josef Ortheil über Johannes und Judith, die sich 18 Jahre nach der Trennung am Zürichsee wiederbegegnet. Ein Buch darüber, wie das Glück gelingen kann.
Rhein-Neckar-Zeitung Ausgabe Nr. 184 – Samstag/Sonntag, 11./12. August 2007
Mal melancholisch, mal herzhaft lachend: Elvis Aaron Presley hatte viele Facetten. Am 16. August ist er 30 Jahre tot. Fotos: Aus Jim Piazza „The King“, Collection Rolf Heyne, ISBN: 3-89910-317-3
Elvis lebt Auch 30 Jahre nach dem Tod von Elvis Presley lebt der Rock-’n’-Roll-Star mit dem Hüftschwung weiter. Nicht nur bei Fans im Familienalbum. Für die Wirtschaft ist er eine attraktive Einnahmequelle. Ob Verlage oder Konzerne, Blumenverkäufer oder Elvis-Doppelgänger. Auch heute lässt sich mit dem Kult um den King noch gutes Geld verdienen. RNZ-Autor Jan Thomas Otte recherchierte. „Erst wenn sie aufhören, über dich zu reden, bist du tot“, sagte der von seinen Fans zum König des Rock ’n’ Roll erklärte Sänger. Seit dem 16. August 1977 schwingt er im Himmel seine Hüften. Auf Erden lebt sein Erbe nicht nur im Herzen seiner Fans weiter. In Deutschland gibt es rund ein Dutzend Elvis-Interpreten, die professionelle Bühnenshows mit den Liedern des Originals anbieten. „Dazu kommen mehr als hundert Nebenberufler“,
weiß Elvis-Double Stephan Brandhuber. Dieser kommt als Aaron, Elvis’ Zweitnamen, dem Original optisch und stimmlich sehr nahe. Ein Elvis zum Anfassen, auch 30 Jahre danach. Weltweit erhalten Doubles zwischen Alaska und Japan den Elvis-Mythos in selbst gemachten Kostümen am Leben. Sie alle haben ihre eigene Geschichte mit dem König des Rock ’n’ Roll. Und zum finanziellen Überleben reicht
ihnen der Job meistens auch. Zwar ist das vollständige Elvis-Karaoke-Starterset auch im Internet zu kaufen. Aber den meisten Elvis-Doubles geht es darum, das kulturelle Erbe ihres Idols zu interpretieren – statt nur zu kopieren. Und eben mit ihrem liebsten Hobby auch genug Geld zu verdienen. Mit rund 250 produzierten Halb-Playbacks reicht Aarons Show „The Spirit Of Elvis“ auf Stadtfesten und Festivals von stilechtem 50er-Rock ’n’ Roll, 60er-Balladen für den Fan des klassischen Elvis über die legendäre Las-Vegas-Ära der 70er bis hin zu aktuellen Remixversionen von heute. Die begeistern vor allem das jüngere Publikum. Von acht bis 80 Jahren reichen seine Zuhörer. Dabei dürfen die Koteletten, Kultschals und bunten ElvisKostüme nicht fehlen. Seine Frisur trägt Brandhuber zwischen den Auftritten auch privat: „Da kommen schon mal meist nette Bemerkungen im Supermarkt“, gibt der Elvis-Interpret mit einem Lächeln zu. > „Ich trage Elvis im Herzen“ Trotz eines Elvis-Lebens auf der Bühne ist Stephan Brandhuber privat alles andere als ein verrückter Elvis-Freak. Auf der Bühne verkörpert er als „Aaron“ gerne das Original und hat damit schon in jungen Jahren einige Pokale gewonnen. „Allerdings mehr auf eine spielerische Art“, sagt er, und „ganz und gar nicht im Privatleben“. Seine Wohnzimmerwände sind nicht mit Elvis zugekleistert: „Das brauche ich nicht, weil ich ihn im Herzen trage.“ Lediglich ein kleines Bild von ihm hängt neben dem CD-Regal im Wohnzimmer des gelernten Maschinenschlossers.
Schnell packte aber auch ihn in jungen Jahren das Elvisfieber. Während seiner Schulzeit stand er mit seiner Leidenschaft für Elvis ziemlich alleine da. Seit rund zehn Jahren tourt der 39-Jährige nun hauptberuflich durch die Republik. Aber spätestens in drei Jahren will er damit aufhören und eigene Lieder singen, denn „Elvis wurde ja auch nur 42“, erklärt Brandhuber. Die Südstaaten-Metropole Memphis verdient als Elvis’ größte Wirkungsstätte nach eigenen Angaben rund zwei Milliarden Dollar pro Jahr allein mit dem ElvisTourismus. Dieser schafft knapp 37 000 Arbeitsplätze. Fast jede freie Fläche in Freizeit und Beruf wurde mit Elvis bedruckt und wird bis heute weltweit vertrieben. So werden insgesamt knapp 20 000 Erinnerungsartikel täglich zum Verkauf angeboten. Ob im Internet bei E-Bay oder einem renommierten Auktionshaus: Platten, Autogramme und Andenken werden auch im Kleinanzeigenmarkt verkauft. Darunter auch Elvis-Originale wie seine Hose, ein Gürtel oder die goldene Sonnenbrille, die ihm 1976 Fans beim Einsteigen in seinen Cadillac heruntergerissen haben. Für Unsummen werden auch in Deutschland von meist anonymen Elvis-Liebhabern solche Souvenirs ersteigert. Elvis’ Gitarre, Limousine und Mikrofon, Radio, Noten oder Schallplatten sind beliebte Erinnerungsstücke. Da jedoch nicht alle Originale versteigert werden und solche meist unschlagbar teuer sind, werden für dankbar zahlende Fans Kopien produziert. Für kritische und preisbewusstere Kunden, die an der angepriesenen Echtheit mancher Elvis-Originale zweifeln, werden alltagstaugliche Souvenirs in allen Variationen verkauft. Die Nachfrage am riesigen Elvis-Sortiment
ist in 30 Jahren nicht gesunken. Ob sein letztes Konzert oder das 50. Jubiläum von Elvis’ Deutschlandbesuch 2008: „Es gibt immer wieder Festtage und Anlässe, an denen das Geschäft neu angekurbelt wird“, freut sich der Betreiber eines Online-Shops. Allein in den vergangenen Tagen sei sein Umsatz wieder gestiegen: nur noch fünf Tage zum nächsten Jubiläum. Denn viele Fans tragen ein Elvis-T-Shirt oder haben Elvis auf dem Ziffernblatt ihrer Uhr. > Das Telefon wackelt mit den Hüften Auch die Kaffee-Tasse ist von Elvis und im Badezimmer hängt ein ElvisHandtuch. Die Damen hängen sich lieber eine Elvis-Handtasche über die Schulter oder verwöhnen sich mit der „Love Me Tender“-Haarspülung. Auch wenn kein Cadillac-Schlitten vor der eigenen Haustür steht: Eine eingeschweißte Kopie von Elvis’ kalifornischem Führerschein darf in keiner Fansammlung fehlen. Auch für denjenigen Fan, der eigentlich schon alles von Elvis hat, lässt man sich etwas einfallen: Auf der Internationalen Funkausstellung in Berlin wurde einst das erste Elvis-Presley-Telefon vorgestellt, auf dem eine kleine Elvis-Statue aus Plastik zu „Jailhouse Rock“ mit den Hüften wackelt, sobald jemand anruft. Aber bei so einem Star mit Weltruhm geht es auch majestätischer: Im hessischen Bad Nauheim, wo er wohnte, ist eine große Elvis-Statue in Stein zu bewundern. Zu Lebzeiten sagte Elvis bloß: „Die Fans wollen nur ein kleines Stück von mir.“ > Fortsetzung auf der folgenden Seite
REPORTAGE
Rhein-Neckar-Zeitung Magazin /
Vollzeitjob Double: Stephan Brandhuber
So liebten sie ihn: Immer in Bewegung
Die Medienaufmerksamkeit einer neuen Enthüllungsbiographie über den wahren Elvis ist in jeder Generation garantiert. Elvis ist bis heute Lichtgestalt geblieben, die sich zwischen Fantasie und Realität zugleich bewegt. Manche verklären Elvis dabei zum Märtyrer der damals noch Auch die großen Wirtschaftskonzerne jungen Starindustrie, denn er revolutioprofitieren vom Rock-’n’-Roll-König und nierte die Unterhaltungsbranche. Mit machen mit ihm Gewinne in Millionenhö- heute geschätzten drei Milliarden verhe. Der Autohersteller Audi warb 1998 kauften Schallplatten und Bildbänden mit einem Wackel-Elvis an der Wind- ist Elvis Presley noch immer einer der schutzscheibe für den neuen A4. In der ganz Großen der Musikgeschichte. „Er italienischen Modemetropole Mailand po- wurde zum Opfer seines eigenen Ersierten die Models von Dolce & Gabbana folgs“, erklärt Professor Michael Rappe zu den größten Hits von Elvis – allerdings an der Musikhochschule Köln. Für jene, ohne seine bunten Kostüme. Zur Fuß- die nicht vom Kult um seine Person profiball-Weltmeisterschaft 2002 in Korea tieren können, bleibt Elvis ein ordinärer brachte der Sportschuhhersteller Nike in Prolet und Meisterdieb. Denn er sang akeinem Werbespot den damals noch unbe- tuelle Hits von Neil Diamond, den Beakannten Elvishit „Little Less Conversati- tles sowie Simon & Garfunkel. Sam Phion“. Dieser Re-Mix ist bis heute vor al- lipps, Gründer der Plattenfirma Sun Relem bei Jugendlichen ein Renner, die cords, sagte einst: „Wenn ich einen Weinicht mit Rock ’n’ Roll aufgewachsen ßen mit schwarzem Sound und schwarzem Feeling fände, könnte sind. „Ein Hammer bei jeich eine Milliarde Dollar verdem meiner Events“, sagt dienen.“ Obwohl viele dachElvis-Interpret Brandhuten, dass es ein Schwarzer ber. Das kultigste sein würde, der da singt: ElKaum jemand wird im Hairstyling vis’ ungewöhnlicher Stil Internet mit hunderten Fankam an. clubs weltweit mehr gewürElvis hatte ein Gespür digt als Elvis. Die offizielle Fanhomepage von Elvis bietet sogar ein für das gewisse Etwas „mehr“ in seiner witziges Online-Spiel. Ein surfender El- Musik. Sein verführerisches Nuscheln vis muss hier zu seinen eigenen Klängen könne man zwar nachäffen, aber kaum Kokosnüsse, Bananen und Seerosen ein- nachahmen, weiß Musikprofessor Rappe. sammeln. Eine Webcam zeigt, was es gera- Das gelte auch für Stars wie Marilyn de auf Graceland zu sehen gibt. Nicht Monroe, James Dean und John Lennon: sichtbar, aber kaum zu übersehen: Auf „Eine tolle Stimme und gutes Aussehen manchen Webseiten wird sogar über selt- haben viele“, sagt Rappe, „Elvis aber same Elvis-Erscheinungen berichtet. Bei spiegelt ganz viele Seiten seines Landes.“ der Geburt eines Kindes, der ersten Sowohl als junger Rebell, braver Soldat, Mondlandung, acht Jahre vor Elvis’ Tod der seine Mutter wie sein Land liebt, als oder bei den Olympischen Spielen in Las-Vegas-Star und jemand, der mit seinem Übergewicht kämpft. Viele könnten Athen 2004. Es gibt sogar einen amerikanischen sich noch heute durch ihre eigenen WünFanclub, der per Stammzellentransfer schen, Begehren und Defizite mit „ihund Klonen Elvis Presley wieder zum Le- rem“ Elvis identifizieren, so Rappe. Dies ben erwecken will. Für seine Fans bleibt führe auch dazu, dass manche Fans ihn der „echte“ Elvis bis heute die unendli- als „Heiligen“ verehren. Der Musikwische Geschichte eines Allrounders, der senschaftler verneint aber, dass es sich noch heute offen für jede denkbare Inter- hier um eine Art Ersatzreligion handele. pretation ist. Mysterienfreunde, Satiri- „Elvis hat etwas geschafft, was ganz viele ker und Kritiker haben dadurch seit 30 Menschen berührt und inspiriert hat“, erJahren genug künstlerische Freiheiten. klärt Rappe.
Elvis lebt
Samstag/Sonntag, 11./12. August 2007
Legendär: Elvis’ Hüftschwung. Fotos: AP/priv. Der amerikanische Schauspieler Eddie Murphy sagte es so: „Als dieser Mann starb, war das ihr Happy End. Er war ein amerikanischer Traum, der arme Junge, der reich wurde, und sie hassten ihn dafür. Dann starb er, und sie erklärten ihn zu einem Gott.“ Elvis selbst glaubte an den christlichen Gott. So surreal es klingen mag: Seinen einzigen Grammy ge- Strass-verziert: Der Aloha-Eagle-Anzug wann der Popstar mit seinen unzähligen Spirituals im Genre christlicher Musik. > Biografisches Elvis Aaron Presley wurde am 8. JanuWerken, die von Liebe, Freiheit und Weltar 1935 in dem kleinen Ort Tupelo im USverantwortung handeln. In Großbritannien wird Elvis außer- Bundesstaat Mississippi geboren. Am 26. halb der USA am meisten verehrt. Elvis’ Juni 1977 gab Elvis Presley in IndianapoFrisur sei das „kultigste Hairstyling aller lis das letzte Konzert seines Lebens. Elvis Zeiten“, stimmten die Briten noch vorm wurde in den Nachwehen der WeltwirtReggaestar Bob Marley und dem Fußbal- schaftskrise in einer armen Gegend und lidol David Beckham ab. Elvis scheint armen Verhältnissen geboren. 1948 zog aber überall zu sein: An einer Imbissbude die Familie Presley in die rund 120 Kiloin England oder einem Kiosk in Austra- meter entfernte Großstadt Memphis im lien. Auch in Skandinavien gibt es genü- US-Bundesstaat Tennessee, wo sie auf gend Elvis-Fans: Seit 2004 gibt es das bessere Verdienstmöglichkeiten hofften. Popidol in Schweden als offizielle Brief- Elvis’ Eltern waren Mitglieder der First Assembly Of God, eine der marke. Die erste Elvis-Marvielen Konfessionen in Ameke kam bereits ein Jahr nach rika. Hier hörte Elvis Gosseinem Tod 1978 in Grenada Presley-Burger pels und Spirituals, die seiauf den Markt, mit der man nicht nur Fanpost verschiin der Südpfalz ne spätere Musik am meisten beeinflussten. Zum elfcken kann. ten Geburtstag schenkten Der Rock-’n’-Roll-Star ihm seine Eltern eine Gitarhat vermutlich auch Vorfahren in der Pfalz: „Echtes Pfälzer Blut“ re – statt einem Gewehr, das er sich gesoll in den Adern von Elvis Presley geflos- wünscht hatte. Nach einer unauffälligen Schulzeit arsen sein. Roland Paul vom Institut für pfälzische Geschichte in Kaiserslautern beitete Elvis 1953 in einer Werkzeugfawill nicht ausschließen, dass der King des brik und versuchte sich für den HausgeRock ’n’ Roll von einem Auswanderer na- brauch mit einigen Liedern. Mit den Timens Johann Valentin Pressler aus dem teln „That’s All Right“ und „Blue Moon südpfälzischen Winzerdorf Hochstadt ab- Of Kentucky“ gelang ihm der Durchbruch. 1954 erschienen diese beiden Liestammen könnte. Vor und neun Jahren kochte das El- der bei Sun Records. 1956 machte Elvis vis-Fieber an der Südlichen Weinstraße mit dem Lied „Heartbreak Hotel“ die ersdamit wieder auf – und auch die regiona- ten großen Plattenaufnahmen – bis heute le Wirtschaft verbuchte ein Plus: In den in den Top 10 der Elvishitparade. Damals Regalen der Metzgerei lockten „Elvis- wurden sogar mehrere Jugendliche im Burger“ ihre Käufer, während die Winzer Berlin der ehemaligen DDR verhaftet, den „Presley-Wein“ etikettierten. Manue- weil sie dagegen protestiert hatten, dass la aus Ludwigshafen am Rhein findet es der staatliche Rundfunk keine Elvis-Platsuper, am 30. Todestag von Elvis Presley ten spielte. Mit dem ersten Album kamen „die Ehre für den King hoch zu halten“. auch Goldene Schallplatten. Die erste Sie führt einen Elvis-Stammtisch und Dollar-Million machte Elvis mit 21. Mit seichten Hollywood-Streifen wie freut sich auf jeden Elvis-Fan. Ihr Motto bei Kerzenschein: „Elvis forever“ – ganz „Love me Tender“ versuchte sich der Sänger Presley auch im Schauspiel. Platte ohne Marketing.
Elvis’ schlimmes Ende als Wackel-Elvis und Film waren für ihn ideale Werbeträger. Als der Film in New York in die Kinos kam, standen die Teenager Schlange. Doch nach dem Streifen weinten sie. Denn bereits in seiner ersten Rolle musste er sterben – auf der Leinwand. Elvis Erfolg war keineswegs unumstritten: Mit seinen wilden Bewegungen auf der Bühne wolle er nur davon ablenken, dass er überhaupt nicht singen könne, so seine Kritiker wie der Entertainer Frank Sinatra. Er sagte, dass Rock ’n’ Roll für „Blödmänner“ gespielt und geschrieben würde: „Es ist ein ranzig riechendes Aphrodisiakum und Marschmusik jedes Kriminellen mit Koteletten auf dieser Erde.“ Und doch durchbrach Elvis Presley bestehende Rassenschranken und damalige Geschlechterrollen: Denn seine Musik war ein ungewohnter Mix aus Country, Gospel und dem Rhythm & Blues der schwarzen Bevölkerung. Damals seien diese heißen Rhythmen noch Gegensätze gewesen, so Rappe. Denn im Süden der USA gab es eine klare Trennung zwischen Schwarz und Weiß. Im Oktober 1958 kam Elvis zum Wehrdienst nach Deutschland. Nach drei kurzen Hotel-Aufenthalten im hessischen Bad Nauheim in der Goethestraße 14 arbeitete Presley in den „Ray Barraks“ im benachbarten Friedberg. Während seiner 17 Monate in Hessen war er einige Male in Frankfurt und München. Zurück in Amerika spielte Elvis neue Platten ein. Über 30 neue Lieder mit kraftvollen Blues und modernen Countrysongs waren Meilensteine in seiner Karriere als König der Unterhaltung. 嘷 i Info: Elvis-Double Stephan Brandhuber: www.aaron-tsoe.de, Größte Fanseite: www.elvis.com, Größter deutscher Fanclub www.elvis-presley-gesellschaft.de
FRAGEN DES ALLTAGS Wie entsteht ein Schneckenhaus? pj. Dazu Thomas Wehe vom Zoologischen Institut der Uni Heidelberg: „Das Haus einer Weinbergschnecke wird schon im Ei ausgebildet und somit besitzt die kleine ,Babyschnecke’ bereits direkt nach dem Schlüpfen ein ebenso winziges Häuschen. Jedoch ist die Schale zunächst noch weich und durchsichtig. Nur durch die Aufnahme von genügend kalkreicher Nahrung kann das Schalenweichtier seine Haus verfestigen bis es, im Falle der Weinbergschnecke, nach ungefähr fünf Monaten so ausgehärtet ist, dass kaum ein Fressfeind es mehr knacken kann. Es besteht aus zwei Kalkschichten und einer Haut.“Am Hinterteil ihres Fußes bilden viele Schnecken noch zusätzlich einen hornigen Deckel oder kalkigen Verschlussstein (Operculum), der die Schale verschließen kann. Dieser Verschluss ist zum Beispiel bei Strandschnecken von Nöten, wenn bei Ebbe eine Vertrocknungsgefahr besteht. Das Schneckenhaus dreht sich übrigens bei jeder Art immer in die gleiche Richtung. Sollten Sie jedoch einmal zwei Weinbergschnecken mit entgegengesetzt gewundenen Häusern entdecken, so ist einer von beiden
wiederum ein Beweis für eine Erdkrümmung darstellte. Und auch im düsteren Mittelalter hielt man trotz allem Rückschritt an den Thesen Aristoteles’ fest. Man nahm nur an, das die Erde im Mittelpunkt des Universums stünde. Sogar die Gegner von Christoph Columbus hielten die Erde keineswegs für eine Scheibe, sie schätzten den Erdumfang nur realistischer ein. Denn mit den Mitteln der damaligen Zeit wäre eine Reise nach Indien wahrlich unmöglich gewesen. Die Legende enstand erst im 17. Jahrhundert im Zuge der Aufklärung. Zu dieser Zeit machte man sich nämlich gerne über die Rückständigkeit der vorangegangenen Jahrhunderte lustig und führte dafür meist obskure Schriften einiger wissenschaftlicher Außenseiter an. Aus: „Stimmt’s“, rororo Verlag, ISBN: 3-49962064-2.
Warum heißen Softwarefehler „Bug“ – zu Deutsch: Käfer, Insekt? ein sogenannter „Schneckenkönig“. Beim, extrem selten vorkommenden, Schneckenkönig sind sämtliche Organe spiegelverkehrt, wie beispielsweise Herz und die Atem- und Geschlechtsöffnung.
Die Legende von der Erdscheibe pj. Dass die Erde eine Kugel ist, war schon
den alten Griechen klar. Mit Hilfe von Schattenbetrachtungen konnte der Philosoph Eratosthenes den Erdumfang erstaunlich gut berechnen. Auch Aristoteles stellte bei einer Mondfinsternis fest, dass der Erdschatten einen gekrümmten Rand hat. Ebenfalls war schon seit etlichen Jahrtausenden bekannt, dass von der Küste wegsegelnde Schiffe langsam „versanken“, was
pj. Der erste „Bug“ wurde im September des Jahres 1945 festgestellt. Denn in diesem Monat stürzte der raumfüllende Urahn des heutigen Computers, der „Mark II.“, ab. Die Wissenschaftler der HarvardUniversität konnten sich auf diesen Absturz keinen Reim machen und begannen damit, die Relais zu untersuchen. Schon nach kurzer Zeit hatten sie die Ursache ausgemacht: Eine Motte hatte sich zwischen die Kontakte verirrt. Sie entfernten
den „Bug“ und klebten ihn in ihr Arbeitsbuch, wo man bis heute den ersten Bug des Computerzeitalters bestaunen kann. Jedoch waren die Wissenschaftler nicht die Wortschöpfer, denn schon 1889 notierte das Oxford English Dictionary zum Begriff „Bug“: „Bug – ein Fehler oder eine Fehlfunktion in einer Maschiene oder Konstruktionszeichnung.“ Aus: „Wer pumpt die Luft in die Paprika?“, rororo Verlag, ISBN:3-499-62086-3.
Fußball – Spiel der Arbeiter? Heutzutage wird Fußball gerne als das Spiel des „Kleinen Mannes“ tituliert. Jedoch hatte Fußball anfangs nichts mit der Arbeiterklasse gemein. Es wurde gegen Ende des 19. Jahrhunderts vor allem von jungen, englischen Adligen gespielt. Und auch als das Spiel den Kontinent erreichte, waren es überwiegend Studenten, Juristen und Offiziere, die das Leder kickten. Erst in den 1930er Jahren wurde dank der Erfolge der Ruhrpotthelden von Schalke 04 der Fußball unters Volk gebracht. Aus: „Das Ei des Kolumbus“, ORBIS Verlag, ISBN: 3-572-01171-X. Foto: Christine Frei
Arbeit am Himmel
Modelkarriere in Reichweite
China im Wandel
Tania, attraktiv und gerade mal 27 Jahre alt, bringt die Post – zum Beispiel nach Trout Lake. Die junge Frau ist Buschpilotin in Kanada. Seit sie 16 ist, begeistert sie sich fürs Fliegen. Das tut sie in einsamsten Regionen.
Haute Couture, Laufstege und Fotosessions gehören zur Welt der 21-jährigen Hana aus Oftersheim. Sie kämpft in der CastingShow „Germany’s next Topmodel“ um einen Modelvertrag und erzählt davon im Interview.
Die überragende wirtschaftliche Dynamik, die unvorstellbare Größe der Bevölkerung, die erheblichen Umweltprobleme und die Rivalität zu den USA rücken das Reich der Mitte ins Zentrum des Weltinteresses.
Rhein-Neckar-Zeitung Ausgabe Nr. 81 – Ostern 2007
Wenig Platz und doch eine der berühmtesten Adressen der Welt: der Vatikan. Dort versieht ein Mann seine Arbeit, die man als exotischsten Job auf dieser Erde bezeichnen kann. Fotos: dpa
Konzern Kirche Mystik, Messen, Menschenmassen: Wer den Vatikan besucht, muss mit Gänsehaut-Effekt rechnen. Mit einer Geschichte von 2000 Jahren und über einer Milliarde Mitgliedern ist die katholische Kirche ein gigantischer Global Player – nur anders. RNZ-Autor Jan Thomas Otte hat das Innere des Vatikans besucht. Im Herzen des christlichen Abendlandes verbinden begeisterte Besucher die Hauptstadt Italiens mit Kirche und Kunst, Sonne und Dolce Vita. Ihre Bewohner erlebten Kriege, Reformen und Eroberungen. Darunter auch die christliche Kirche. Das göttliche Rom lädt Besucher wie Bewohner gleichermaßen zum Staunen ein. Künstler sämtlicher Epochen verewigten sich im ersten Schmelztiegel Europas mit unsterblichen Bauwerken und Gemälden. An vielen Ecken und auf vielen Plätzen hat die Stadt ihren Charme eines mediterranen Dorfs bewahrt. Mittendrin im bunten Treiben geht es in der Vatikanstadt um den christlichen Glauben,
aber auch um Betriebswirtschaft und Weltpolitik. Es ist sieben Uhr morgens, die Gassen auf dem Weg zum Petersdom sind noch gähnend leer. Bevor der alltägliche Touristenandrang auf die weltberühmten Sehenswürdigkeiten losgeht, herrscht beim Betreten des Petersplatzes noch andächtige Stille. Die Sicherheitsbeamten zeigen sich gelangweilt. Priester im modischen Ornat, Nonnen und Pilger eilen vorbei an gewaltigen Säulen zum Eingangsportal der größten Kirche der Welt. In kuppelhohen Decken wird hier die Weltkirche erlebbar: An zahllosen Seitenaltären werden Gottesdienste in verschiedensten
Sprachen gehalten. Klänge von liturgischen Gesängen vermischen sich mit Schleiern herb duftenden Weihrauchs. Ein beeindruckendes Erlebnis von Mystik und Gottesschau, eingebettet in eine imposante Kirchenarchitektur. Wenig Platz und doch weltberühmt: So beeindruckend groß der Petersdom auch erscheinen mag, so winzig ist die Fläche seiner Fundamente. Denn die Vatikanstadt ist mit knapp einem halben Quadratkilometer nur etwa dreimal so groß wie das Heidelberger Schloss mit Schlossgarten. Damit bildet sie den kleinsten Staat der Welt. Ungeachtet der kleinen Fläche umschließen die vatikanischen Mauern neben der alles überragenden Kirchenkuppel auch noch prunkvolle Paläste, Museen mit Schätzen des kulturellen Erbes Italiens und botanische Gärten. Letztere sind zum Flanieren aber nur dem Papst mit seinen Kirchenfürsten vorbehalten. Nur rund 900 Einwohner haben innerhalb der Vatikanmauern ihren ersten Wohnsitz. Dazu gehören die Kardinäle der Kurie, sozusagen die Vorstandsmitglieder des Kirchenkonzerns. Es ist wohl der exotischste Beruf auf Erden. Der Heilige Vater Benedikt XVI., der am 19. April seinen 80. Geburtstag feiert, ist quasi der Vorstandsvorsitzende des multinationalen Konzerns, Monarch und Kardinal in einem. Als geistliches und weltliches Oberhaupt lenkt er aus seinem Palast am Petersplatz die Geschicke des Vatikanstaats und der katholischen Weltkirche zugleich. Vom Büroarbeiter über den Kammerdiener bis zum Zeremonienmeister kommen dazu rund 3000 Angestellte, die aber meist jenseits des Vatikans wohnen. Die Löhne auf der unteren Skala werden im Vatikan besser bezahlt als die vergleichbaren Arbeiter in Italien. Die Gehälter für Angestellte im höheren Dienst sind dagegen deutlich niedriger als für Manager auf dem freien Markt. Dafür wird ihnen eine mietfreie Wohnung im Vatikan angeboten. Nur für ihre
Nebenkosten müssen sie selbst aufkommen. Über seine interne Organisation macht der Vatikan nur wenig öffentlich. Vieles gleicht angesichts des komplexen Papsttums einem komplizierten Puzzle: Wenn es ums Geld geht, wird meist geschwiegen. Allerdings hat der Vatikan Anfang der Neunziger aufgrund Beschwerden aus Deutschland und den Vereinigten Staaten damit begonnen, seine Buchführung professioneller zu gestalten. Teile davon werden mittlerweile transparent gemacht, um Misswirtschaft zu vermeiden. Ob das Kardinalskollegium, die Bischofssynode oder zahlreiche Kongregationen und Räte des Papstes. Unterstützt von Sekretariaten, Diplomaten und Gerichten setzt der Papst seine geistlichen Akzente auch auf politischer
Ebene. Manche Führungskräfte aus Politik und Wirtschaft beneiden Papst Benedikt XVI. aber auch um seinen Einfluss in der Weltpolitik. Ob es nun der katholische Ministerpräsident Bayerns, Edmund Stoiber, oder die evangelische Kanzlerin Angela Merkel ist. Eine Audienz beim Papst bedeutet immer Prestige. Gleichzeitig ist es ein gewichtiges Stimmungsbarometer bei politischen Entscheidungen. Von Abtreibungsrechten bis zu Verhütungsmitteln, Waffengeschäften und Wirtschaftssanktionen: Der Papst meldet sich zu Wort. Dabei unterstützen ihn seine Diplomaten, die auch bei der Europäischen Union ins Brüssel und den Vereinten Nationen in New York ein Mitspracherecht haben. > Fortsetzung auf der nächsten Seite
An Ostern jeweils ein stark frequentierter Ort: der Petersplatz in Rom. Hier spendet der Papst seinen Segen „Urbi et Orbi“ – der Stadt und dem Erdkreis.
REPORTAGE
Rhein-Neckar-Zeitung Magazin /
Oster-Ausgabe 2007
Konzern Kirche Demgegenüber versteht Benedikt XVI. seine Macht nach den christlichen Maßstäben der Bibel: Der Oberste ist in Wahrheit der Letzte. So bekannte Joseph Ratzinger bereits bei seiner Amtseinführung vor zwei Jahren, nur ein „einfacher Arbeiter in Gottes Weinberg“ zu sein. Das Berufsprofil eines Papstes ist kein Zuckerschlecken. Freiwillig verzichtet er in einem gläsernen Pfarrpalast auf sein Privatleben und muss ohne Widerruf glaubwürdig für das einstehen, was er sagt und tut. Außerdem ist er mit einer Menge Bürokratie beschäftigt, um den globalen Kirchenkonzern zentral aus dem Vatikan zu regieren. Dabei kann er im Gegensatz zum politischen System keine Entscheidungen auf Gremien abwälzen oder auf änderbare Abstimmungsverhältnisse im Parlament hoffen. Durch das weltumspannende Netzwerk der katholischen Kirche kommen viele Mitglieder aus unterschiedlichsten Kulturen, Sprachen und Frömmigkeitsstilen zusammen. Während in der deutschen Wirtschaft mittlerweile interne Unternehmenskommunikation großgeschrieben wird, versucht der Papst zu integrieren, die Weltkirche als Einzelner zu einen. Das erlebt man besonders, wenn Benedikt XVI. seine Osterbotschaft verkündigt, zum Frieden an den Brandherden der Welt aufruft und den traditionellen Segen „urbi et orbi“, der Stadt und dem Erdkreis, spendet. Dieser Segen wird auch mit dem hauseigenen Sender Radio Vatikan und über das Internet weltweit übertragen. Er soll auch auf dem digitalen Weg alle Menschen guten Glaubens von ihren Sünden lossprechen. Bei aller Spiritualität, ungezählten Messen, Meditationen und Fürbitten wird hier – wie in jedem anderen Staat ganz normal gewirtschaftet. „Wir arbeiten in dem Konzern Kirche. Das ist nichts ungewöhnliches, hat nur einen anderen Namen“, sagt ein Priester auf dem Weg zum Mittagessen. Wie jede andere Organisation strukturiert und verwaltet auch der Vatikan auf Erden ein System aus Menschen, Ressourcen und Technologien, um seine Ziele durchzusetzen. Dazu werden auch neue Computer und Bürostühle gekauft, Monatsgehälter und Telefonrechnungen bezahlt. Viele Jahrhunderte waren die Finanzen der Päpste Anlass zu Skandalen: Ihr extravaganter Lebensstil in der Renaissance, die Finanzierung des Petersdoms durch den Ablasshandel bis hin zu Skandalen um die Vatikan-Bank in jüngerer Zeit. Während in den Kirchenräumen die Messen gefeiert werden, diskutieren Vatikan-Botschafter nebenan über die neuesten UN-Papiere zu Waffengeschäften. Finanzbeamte von der eigenen Hausbank transferieren Gelder in Millionenhöhe von der Ersten in die Dritte Welt. Gleichzeitig werden im Personalwesen neue Erzbischöfe ernannt und eine Sekretärin in den Ruhestand entlassen. Die Abteilung für technische Dienste klärt gerade den Bedarf an Elektrikern, Klempnern und Tischlern für die Renovierung eines Kirchenbaus. Vom Papst bis zur Putzfrau gehören hier alle zur katholischen Kirche und leisten ihren Beitrag zum Erfolg des Unternehmens. Kirchensteuer müssen die Staatsbürger des Vatikans keine zah-
Schnell, schnell zum Chef: Nonnen auf dem Weg in den Petersdom. Foto: AP len. Die Staatskasse wird mit den Umsätzen der vatikanischen Geschäfte gefüllt. „Wenn der Vatikan knapp bei Kasse ist, hat er ja immer noch seinen reichen Immobilienschatz“, erklärt eine Museumsführerin im Vatikan und weist dabei in einen der goldgeschmückten Gänge. Währenddessen fragt sich ein Tourist, wie hoch denn der Cash Flow der katholischen Kirche wirklich ist. Wie alle Museen und Galerien der Welt haben auch die vatikanischen Museen gelernt, sich zu vermarkten. Neben den Eintritten von jährlich über drei Millionen Besuchern verleiht der Vatikan Kunstwerke zu lohnenden Konditionen an andere Museen. Ihren Vermögenswert will der Vatikan genauso wie seine zahllosen Immobilien nicht schätzen lassen. „Bei uns ist dieses kulturelle Erbe für die ganze Menschheit in guten Händen.“ Durch eine traditionelle Geheimniskrämerei des Vatikans kursieren Gerüchte über Milliardensummen im Plus- und Minusbereich. Manche vermuten Geldwäscheaktivitäten oder die Teilhaberschaft an internationalen Konzernen. Bestätigen kann dies jedoch niemand. Die Vatikan-Bank verwahrt die geheimen Finanzen und verleiht Kredite, wenn trotz klingender Kassen doch einmal Bedarf sein sollte. Bei wichtigen Außenterminen steht ein Hubschrauberlandeplatz zur Verfügung, für herkömmliche Wahrenanlieferung gibt es den hauseigenen Güterbahnhof. Im Kleinen ist im Vatikan alles zu finden, was man zum Leben braucht. Nicht nur Touristen kaufen in den staatseigenen Geschäften ein. Der päpstliche Supermarkt bietet dem Klerus Pasta und Pesto, die Tankstelle sorgt für den nötigen Treibstoff. Die Apotheke hilft den Geistlichen, wenn trotz Kontemplation der Kopf brummt. Und an die Mode wird auch gedacht. „Kleider machen Leute. Das wissen auch die Kleriker“, sagt der Besitzer des Modeladens. Wer sich nicht die neueste Kollektion des prominenten PapstSchneiders Gammarelli am Pantheon in der Römer Innenstadt leisten kann, pilgert zwei Gassen weiter. Zu erschwinglichen Preisen können sich die Geistlichen in knalligen Farben zwischen Schwarz und Weiß, Lila und Rot in neuem Ge-
wand kleiden. Für die Vatikanleute ist das eine lukrative Sozialleistung: Kleidung, Lebensmittel und Elektronik können zu niedrigeren Preisen als in Italien gekauft werden. Der Sprit ist 30 Prozent billiger und Zigaretten kosten knapp die Hälfte. Als ernstzunehmende Konkurrenz zu den italienischen Kollegen kümmert sich zudem die vatikanische Post um die zuverlässige Zustellung der päpstlichen Korrespondenz in alle Welt. Kistenweise touristische Ansichtskarten mit päpstlichen Briefmarken und Stempel versehen, werden dabei nicht vergessen. Souvenirstände lassen für Pilger keinen Wunsch offen. Den geschätzten Papst Benedikt XVI. gibt es auch zum Mitnehmen auf Papier, Plastik oder Porzellan. Und auch sein Vorgänger Johannes Paul II. ist ein Verkaufsschlager. Vorbei an Pilgerströmen auf dem Petersplatz – die Wachen der farbenfrohen Schweizergarde im Blick – geht es für die
Theologen in den Palast des Heiligen Officiums, zur Kongregation für die Glaubenslehre. „Wir sind kein Thinktank der katholischen Kirche“, macht Hans Feichtinger deutlich, der hier als Priester mitarbeitet und stolz ist, aus der Heimat des bayrischen Papstes zu kommen – persönlich vom Heiligen Vater bestellt. Die Aufgabe der Kongregation ist es, den katholischen Glauben zu schützen und zu fördern. Viel Diskussion gibt es hier nicht: „Wir sind nicht dazu da, den Dialog zu führen, sondern seine Grenzen zu definieren“, erklärt Feichtinger. Immerhin erhält die Kongregation täglich massenhaft Briefe und E-Mails von Gläubigen aus aller Welt. Die Themen sind – von abtrünnigen Dissertationen und moralischen Problemen abgesehen – so vielfältig wie das Leben selbst. Ein bayrischer Bauer hat seinen Kühen kurioserweise gegen die BSE-Seuche Oblaten zum Fraß gegeben. Und eine wasserstoffblondierte Nonne hat seltsame
Respektable Immobilie: Der Vatikan-Staat in Rom. Karte: Peh&Schefcik
Marienerscheinungen. Ein anstößiges Problem für die Kongregation, die nun überlegen muss, wie man in diesem Fall vorgeht. „Daumenschrauben sucht man hier vergeblich, das war im Mittelalter Praxis“, berichtet der Portier der Glaubenskongregation. Ganz anders geht es beim Rat zur Förderung der Einheit der Christen zu, bei dem der Priester Matthias Türk aus Deutschland mitarbeitet: „Wir möchten einen ökumenischen Geist innerhalb der Kirche fördern, um mit den anderen Konfessionen ins Gespräch zu kommen“, begründet Türk die Aufgabe des Rates mit einladender Gestik. Auf internationaler Ebene spricht man hier mit fast jeder Kirche, von den anglikanischen Gemeinden über freikirchliche und orthodoxe Gemeinschaften bis zum Weltbund lutherischer Kirchen. Krönenden Abschluss bildet ein Besuch der wöchentlichen Generalaudienz des Papstes, die ein bisschen einem weltlichen Popkonzert gleicht. Die Karten im Vorverkauf gibt es allerdings kostenlos. „Da kommen schnell mal 100.000 Menschen zusammen“, weiß der Kioskbesitzer Giuseppe um die Ecke. Bunte Flaggen, Transparente und surrende Digitalkameras und ungeduldig wartende Papstfans. Großleinwände sind schon aufgestellt: „Damit der Papst größer ist, als ein Pixel auf meiner Kamera“, erklärt ein Pilger aus Deutschland. Auch nach der Fußball-Weltmeisterschaft ist Public Viewing noch ein Großereignis. Die ersten Bilder von „Benedetto“ sind auf dem Schirm, das Papamobil rollt im Schritttempo durch die Spaliere des Petersplatzes. Benedikts Botschaft lautet, sich nicht verunsichern zu lassen – den Ängsten dieser Welt zum Trotz –, sondern sich an Christus zu wenden und ihm nachzufolgen. Nach dem Abschlussgebet gibt es einen tosenden Applaus mit Sprechchören, wie man sie bereits vom Weltjugendtag in Köln und dem Bayernbesuch des Papstes kennt. Die Pilger wirken freudig erregt und friedlich zugleich. Sie sind zufrieden. Vom Papst gesegnet, mit Fotos ausgerüstet und damit optimale Werbeträger für den weltweit agierenden Kirchenkonzern.
FRAGEN DES ALLTAGS Warum heißt der Hase „Meister Lampe“? cbr. Der Name „Meister Lampe“ wird vor allem im altdeutschen Sprachgebrauch sowie in Fabeln und Märchen für den Feldhasen benutzt. Der Ursprung des Namens hat etwas mit dem Aussehen des Hasens zu tun, aber nicht mit seinen großen Ohren. Wenn der Hase rennt, ist das weiße Unterfell seines Schwanzes (seiner „Blume“) deutlich sichtbar. Wenn „Meister Lampe“ sich vom Betrachter entfernt, hebt sich dieses weiße Unterfell an seinem Hinterteil deutlich von seinem dunkelbraunen Oberfell ab, es leuchtet förmlich und erinnert so an eine Lampe. Und warum bringt „Meister Lampe“ die Ostereier? Der Mythos des eierbringenden Hasen hat mehrere Ursprünge. Zum einen kann man die eher dämmerungs- und nachtaktiven Tiere im Frühjahr auch tagsüber beobachten. Die sonst so scheuen Tiere suchen Futter und kommen dafür sogar in die Nähe des Menschen, in die Dörfer und Gärten. Dabei wurde den Hasen angedichtet, die bunten Eier zu bringen. Einem anderen Ursprung zufolge haben die Kinder beim Eiersuchen früher eher im Gras versteckte Feldhasen als eierlegende Hühner aufgescheucht, also hat man die Hasen verdächtigt, die Ostereier zu verstecken. Aufgrund seines zahlreichen Nach-
gebracht, in der Schweiz der Kuckuck, in SchleswigHolstein, Oberbayern und Österreich der Hahn, in Thüringen der Storch. Nähere Informationen: www.deutschewildtierstiftung.de. Foto: dpa
Welches Bauwerk sieht man aus dem Weltall?
wuchses von bis zu 20 Jungtieren im Jahr gelten Feldhasen als Fruchtbarkeitssymbol. Der griechischen Liebesgöttin Aphrodite sind die fruchtbaren Feldhasen sogar als heiliges Tier zugeordnet. Auch Eier gelten als Fruchtbarkeitssymbol und auf österlichen Bildbroten wurden Feldhasen oft neben Eiern abgebildet. Das hat wohl auch zum Mythos vom eierbringenden Osterhasen beigetragen. Den Job als einziger „Eierbringer“ hat der Feldhase in Europa noch nicht so lang. Im westfälischen oder hannoverschen Raum hat zum Beispiel vorher der Fuchs die Eier
ms. Es herrscht das Gerücht, dass das einzige aus dem Weltall zu erkennende Bauwerk des Menschen die Chinesische Mauer ist. Unbestritten ist, dass der Schutzwall ein imposantes Längenmaß besitzt - insgesamt über 6000 Kilometer aber das ändert nichts daran, dass die Mauer nur wenige Meter breit ist. Dann müsste man auch jede Autobahn mühelos vom Mond aus betrachten können. Kann man aber nicht. Denn aus 380 000 Kilometern Entfernung mag die Blaue Farbe unseres Planeten faszinieren, ganz gewiss aber kein einziges Stück Architektur auszumachen sein. Aus: „Wer pumpt die Luft in die Paprika?“, rororo Verlag, ISBN: 3-499-62086-7.
Kann Untreue tödlich sein? ms. Mal abgesehen von bekannten Vorfällen bei denen ein eifersüchtiger Ehemann oder -frau seinen untreuen Partner umgebracht hat, gibt es im Tierreich Paare, bei denen Untreue fatal für einen der beiden Partner ist. So zum Beispiel bei den meisten Nashornvogelarten. Wenn ein Weibchen nach sorgfältiger Auswahl einen Partner gefunden hat, so beginnt es, sich in einer Baumhöhle einzumauern, um dort bis auf einen kleinen Schlitz abgeschieden von der Außenwelt - ihre Eier abzulegen. Es wartet drei bis fünfzehn Tage um mit Hilfe des Männchens die Mauer, aus Kotresten und zerkleinerten Tausendfüßlern bestehend, hochzuziehen. Ist der Bau abgeschlossen, stellt sich beim Weibchen eine Totalmauserung ein. Das heißt, sie verliert all ihre Federn, was sie flugunfähig macht. Ohne die Fürsorge des Mannes, der nun unermüdlich durch den kleinen Schlitz Futter anreichen muss, würde sie jetzt auf ihren Eiern verhungern. Die Abhängigkeit der Weibchen und der immense Arbeitsaufwand der Männchen während der Brutpflege haben offensichtlich zu monogamen Lebensformen unter Nashornvögeln geführt. So deckten Vaterschaftsanalysen von Forschern an 38 Monteiro-Tokos-Pärchen keinen einzigen Fall von Untreue auf. Aus: „Wer pumpt die Luft in die Paprika?“, rororo Verlag, ISBN: 3-499-62086-7.
Wo gibt es die größten Temperaturschwankungen? ms. Nirgendwo auf unserem Planeten gibt es größere Temperaturschwankungen als
im sibirischen Jakutien. Im Dreieck zwischen Jakutsk, Oimjakon und Werchojansk gibt es die höchsten Differenzen zwischen Sommerhitze und Winterkälte. Von diesen Orten hält Werchojansk den inoffiziellen Weltrekord. Dort wurden im Sommer 37 Grad Celsius und im Winter minus 68 Grad gemessen. Das ergibt eine Temperaturschwankung von 105 Grad! Aus: „Wer pumpt die Luft in die Paprika?“, rororo Verlag, ISBN: 3-499-62086-7.
Wo gab es schon eine Feuerwehr bevor es Menschen gab? ms. Bereits seit 80 Millionen Jahren unterhalten Ameisen eine eigene Brandschutzabteilung, was ihnen sicherlich die eine oder andere Katastrophe erspart hat, und ihnen ein so langes Überleben ermöglichte. Droht in Hitzeperioden nämlich das Nest auszutrocknen - und mit ihm Brut und Bewohner - dann schwärmen Arbeiterinnen aus, um winzige Wassertropfen zu sammeln. Es wird eine Kette gebildet, die bis ins Nest reicht. Dann geben die Insekten die Tropfen von Mund zu Mund weiter, bis die jeweils letzten in der Reihe sie auf die Wände und den Boden im Nestinneren spucken. Nach einigen Stunden ist die Feuchtigkeit dann wieder hoch genug, und das Überleben gesichert. Aus: „Wer pumpt die Luft in die Paprika?“, rororo Verlag, ISBN: 3-499-62086-7.
workshop
Wüste Eine Wanderung junger Leute, Christen und Moslems, durch die Wüste – von Jerusalem nach Jericho. Aktiver Austausch trotz Kon!ikten. Vielleicht eine Aussicht auf Frieden im Kleinen unter den Menschen im Heiligen Land.
Auf der Wanderung durch die Wüste kamen sich die jungen Leute näher.
Einige Zivildienstleistende und Volontäre des Deutschen Vereins vom Heiligen Land haben sich zusammen mit muslimischen Jugendlichen auf eine Tagestour durch die judäasche Wüste begeben. Es war im Vorhinein nicht wirklich klar, ob dieser geplante Aus0ug tatsächlich würde statt;nden können. Nun ist es soweit. Eine Gruppe von zehn aufgeschlossenen Leuten – Christen und Muslimen. Die muslimischen Mädchen haben von ihren Familien Erlaubnis bekommen, mit uns zu kommen.
18
Ich habe viele Erwartungen an diesen Tag und mir eine Menge an Wissen über den Islam und die arabische Welt schon in der Schule angeeignet. Merke aber auch, wie kompliziert die Lage wird: auf ein Mal habe ich wirklich muslimische Nachbarn. Ich muss und möchte mich mit ihrer Kultur auseinander setzen, denn ich lebe mitten unter ihnen. Jeder Moslem kann gängigen Vorurteilen entsprechen, bevor wir sie Große Erwartungen kennen lernen und in ihrer anderen Art des an diesen Tag Glaubens wahrnehmen. Eine gute Gelegenheit, einige Gesichter der uns noch fremden Kultur vor Augen zu haben und vielleicht auch Freundschaften zu schließen. Achlan, Mayada und Nussha haben sich mit uns auf den Weg gemacht.
Sie sind 23 Jahre alt und arbeiten in einem Altenp0egeheim in AlQubeiba, einem kleinen Dorf der Westbank nahe Ramallah – unterhalten vom Deutschen Verein für das Heilige Land aus Köln. Sie verdienen als P0egekräfte in rund drei Jahren das Geld, das sie für ein ordentliches Studium in Palästina brauchen. Das ist ihr Wunsch für die Zukunft: studieren zu können. Erst studieren, dann heiraten. Ihre Eltern haben es ihnen freigestellt, früh zu heiraten. Ganz im Gegensatz zu ihren Freundinnen, die bereits als Teenager von ihren Familien verheiratet wurden. Sie haben die Chance, ein eigenständiges Leben mit ausreichender Bildung aufzubauen. Das ist in muslimischen Familien nicht selbstverständlich und den Mädels vollkommen klar. Sie nutzen fast jede freie Minute auf der Arbeit, um sich schon jetzt
Zivildienst 11-12|2005
workshop
Grundwissen fürs Studium anzueignen. Sie geben sich ehrgeizig und wollen etwas aus ihrem Leben machen. Wir kommen während der Wanderung schnell miteinander ins Gespräch. Skeptische Barrieren von der ersten Begegnung erscheinen mehr und mehr belanglos. Man kommt sich mit der englischen Sprache vorsichtig näher, anfängliches Misstrauen wird abgebaut. Einfache Wortwechsel, Schritte aufeinander zu und Fragen, wie der Andere eigentlich so lebt. Natürlich reden wir auch über Politik und ihre persönliche Betroffenheit im Nahost-Kon0ikt: Ängste vor der Zukunft, nicht verarbeitete Aggressionen, aber auch die Hoffnung auf Besserung. Wir bleiben jedoch nicht dabei und haben an diesem Tag Spaß zusammen: Freude auch in Krisenzeiten. Eine Wasserschlacht zwischendurch sorgt immer wieder für eine lockere Atmosphäre und erleichtert das Kennenlernen. Wir sind nicht alle einer Meinung, im Gegenteil. Wir haben verschiedene Ansichten und das darf heute auch zur Sprache kommen, muss aber nicht ausdiskutiert werden. Unsere Religionen kennen genug Unterschiede, das wird deutlich. Was aber auch nicht bedeutet, den Dialog durch eine distanzierte Haltung zu unterbinden. So reden wir über das, was wir glauben, nicht glauben können und voneinander denken. Ich frage Achlan nach ihrem Kopftuch, in Deutschland noch ein kritisches Thema. Wenn es nach ihr ginge, müsste sie nicht unbedingt eine Kopfbedeckung tragen. Aber die Tradition ihrer Familie verlangt es so. Ganz anders bei Nussha. Sie ist stolz, ihr Kopftuch zu tragen und gibt soZivildienst 11-12|2005
gar an, von keinem auswärtigen Mann mit vollem Haar gesehen worden zu sein. Kaum zu glauben. Nussha möchte nach ihrem Studium eine „richtig gute Mutter werden“. Sie bedaure es, dass die Bedeutung der Familienleben Familie im europäischen Raum nach- spielt in der gelassen hat und die arabischen Welt zunehmendeSelbstverwirklichung nur eine große Rolle wenig Platz für Kinder biete. „Zu viele kaputte Beziehungen und egoistisches Gedankengut“ sei vorhanden. „Ich möchte mein Leben für meine Kinder einset-
zen und ihnen eine unbeschwerte Zukunft ermöglichen“ ist sich Nussha sicher. Eine bewundernswerte Einstellung. Und sie hat Recht damit. Familienleben spielt in der arabischen Welt nach wie vor eine große Rolle. Uns ist wichtig geworden, Kontakte zu knüpfen – über religiöse und kulturelle Grenzen hinaus. Es hat richtig Spaß gemacht, eine gemeinsame Aktion zu starten – unabhängig von existierenden Unterschieden in Politik, Religion und Kultur. Es besteht Hoffnung, dass ein Reigen von solchen unverbindlichen Freizeitaktivitäten zwischen Juden und Moslems, Israelis und Palästinensern die verfahrene Lage im Nahen Osten au0ockern könnte. Eine aussichtsreiche Möglichkeit, den Friedensprozess indirekt wieder zu beleben. Schritte aufeinander zu zugehen, die eigene Komfortzone der Überzeugungen zu verlassen, sich für die Bedürfnisse des Anderen öffnen. Menschlicher Austausch zwischen Juden, Moslems und Christen kann funktionieren, wenn alle Seiten es nur wollen, sich aufeinander einzulassen und miteinander über vorhandene Unterschiede zu reden. Text und Fotos: Thomas Otte
19
Wochen-Journal Nr. 59 / 10
Samstag / Sonntag, 10. / 11. März 2007
Wochenbeilage des Mindener Tageblattes
Der Traum vom ewigen Frühling Ruhestand auf Teneriffa: Deutsche Rentner suchen ein leichteres Leben auf den Kanaren Bloß nicht einrosten: Die „jungen Alten“ versuchen sich auf Teneriffa auch im Wellenreiten (Bild rechts) oder lassen sich es einfach an einem sonnigen Plätzchen gut gehen (Foto links).
Von Jan Thomas Otte
Santa Cruz de Tenerife. Fern ab von Schnee, Graupelschauer und Eis überwintern, um im milden Klima den Ruhestand zu genießen. Sanft und wild, mild und herb zugleich: Teneriffa hat Charakter. Lächelnde Rentner und paradiesische Natur bei 365 Tagen Sonne im Jahr. Viele Deutsche träumen von einem dauerhaften Altersruhesitz im Süden, einem leichteren Leben. Wer es sich leisten kann, verbringt hier oft den Rest seines Lebens. Wer diesen Luxus nicht aufbringen kann, kommt nur über die Wintermonate auf die Kanarischen Inseln. Die Flora des Archipels erinnert an einen Garten Eden: Pinien und Kastanien wachsen wie Palmen und Kakteen in der Landschaft, zinnoberrote Weihnachtssterne und andere tropischen Blumenarten blühen am Straßenrand. Passatwinde bringen wohltuend feuchte Luftmassen, beleben Körper, Geist und Seele. Teneriffa ist ein Kontinent im Miniaturformat, mit menschenleeren Mondlandschaften und faszinierenden Lavafeldern, subtropischen Lorbeerwäldern und Obstplantagen bis hin zum schwarzen Sandstrand an der Küste.
Ihr Herz verloren Die mit 2000 Quadratkilometern Fläche größte kanarische Insel bietet seinen Besuchern einen gekonnten Spagat zwischen Selbstfindung und Sonnengrill. Auch Helga und Manfred Eckhoff aus Bochum, beide 70 Jahre alt, schätzen die Vorzüge dieser Insel. Sie kommen schon seit 28 Jahren hierher und haben ihren schönsten Platz an der Sonne gefunden. Vom November bis März überwintert das Paar aus Bochum jedes Jahr in San Andres, einem beschaulichen Fischerstädtchen jenseits der lebendigen Großstadt Santa Cruz. Helga arbeitete bis zu ihrer Pensionierung im Reisebüro und
Großvater und Enkelkind am Strand von Teneriffa. Fotos: J.T.Otte
hatte sich den bunten Hochglanzprospekten aus aller Welt zum Trotz auf den ersten Blick in Teneriffa verliebt: „Mich hat mein Reisefieber hier hingezogen, ich konnte nicht einfach zu Hause rumsitzen und Däumchen drehen“. Manfred hat früher als Offizier bei der Marine gearbeitet. Vom pensionierten Bundeswehrsoldat über den hängen gebliebenen Lufthansa-Pilot bis zum ehemaligen Traumschiffkapitän der ZDF-Serie: Sie alle haben hier ihr Herz verloren und fühlen sich wohl. Der Fußballprofi Jupp Heynckes trainierte hier einst den spanischen Erstligisten CD Teneriffa, während
heute der Kinderbuchautor Janosch entspannt seine Geschichten vom kleinen Tiger und dem kleinen Bären malt. Überwintern ist aber nicht nur eine Traumstunde für betuchte Prominenz. Normalbürger, die sich keine Villa am Meer leisten können, kommen per Billigflieger vom Festland herüber und mieten sich günstig in einer der privaten Fincas auf dem Land ein. Helga und Manfred Eckhoff fahren in ihrem Winterhalbjahr konsequent mit dem grellgrünen „Titsa“-Bus durch die Gegend, ein Auto brauchen sie nicht und für die Miete einer großzügigen Wohnung ist kein Geld da. Sie übernachten in einem kleinen Appartement bei Freunden in dem Städtchen San Andres, welches nördlich der lebendigen Provinzhauptstadt Santa Cruz liegt. Hier im Norden wird nur privat vermietet, ihre Sachen könnten sie im Sommer dort lassen. Im Supermarkt orientieren sich die Preise am deutschen Niveau, Milchprodukte sind etwas teurer, Fisch dafür umso billiger. Auf Konsumwaren, Treibstoff und Tabakwaren gibt es auf den Kanaren keine Steuer vom Staat, das schont den Geldbeutel. Das Düsseldorfer Paar leidet unter der Volkskrankheit Rücken- und Gelenkschmerzen. Da ist das milde Ozeanklima genau richtig. Sie kennen einige Patienten, welche mit Multiple-
Sklerose und Osteoporose, Rheuma und Asthma hierher kommen. Über mangelnde medizinische Versorgung könne man sich nicht beklagen, denn es gebe viele kompetente deutsche Ärzte und Therapeuten, die sich hier fernab des Debakels um die deutsche Gesundheitsreform ein schönes Leben machen. Sogar ein deutschsprachiges Altersheim befindet sich auf der Insel. Das Pflegepersonal sei dort viel entspannter als zu Hause in Deutschland, der Service scheint zu stimmen. Vermissen muss man auf Teneriffa nichts. Im Wochenblatt, der deutschsprachigen Zeitung
für den Archipel, wird massiv für deutsche Dienstleistungen aller Art geworben, das Gelbe vom Ei versprochen. Alles soll schneller, freundlicher und vor allem günstiger als zu Hause sein. Vom Arzt und der Dialyseklinik, über den Makler und das Möbelhaus bis zur Beautyfarm scheint hier alles vorhanden zu sein, was man zum Leben im Alter so braucht. Sogar ein deutsches Bestattungsunternehmen hat sich hier niedergelassen. Die sonnenhungrigen Europäer sind gut organisiert. In Los Gigantes leben mehrere Hundert Briten, welche die Statistik noch vor Deutschland mit mehreren Millionen Besuchern pro Jahr anführen. Mit eigenen Läden, Restaurants und Bars haben sie es sich hier häuslich gemacht.
Irgendwann genervt Die deutschen Langzeiturlauber, welche sich weder eine Villa am Meer noch ein einsames Bauernhaus in den Bergen leisten könne, ziehen eher die Mischung in den Touristenzentren Las Americas und Los Christianos vor. Im sonnensicheren Süden werden immer noch zahlreiche Bettenburgen und Bausünden des Massentourismus in die Höhe gezogen. Die beiden Naturliebhaber Helga und Manfred Eckhoff kennen die Insel wie ihre eigene Westentasche, entdecken aber auf zahlreichen ausgedehnten Wanderungen immer noch neue Winkel. Kürzlich waren sie bei Taganana, einem Geheimtipp für Lungenkranke. Eine schroffe Felsküste, schwarzer Sandstrand und extrem starke Brandung sorgen für eine beeindruckende Kulisse. Ursprünglich in Düsseldorf zu Hause inhalieren sie hier statt Verkehrsgestank den gesunden Wasserdunst, welcher das ganze Jahr trotz Trockenheit den Berghängen frisches Grün beschert. Nach einem fangfrischen und leckeren Fischgericht in der „Casa Pesa“ beobachten die Senioren aus sicherer Entfernung die akrobatischen Künste von Wellenreitern: „Das waren damals noch Zeiten, als wir jung und dynamisch waren“, seufzt Helga. Helga und Manfred Eckhoff sind ein agiles Paar geblieben, sie genießen ihren Ruhestand in vollen Zügen, gehen wandern, schwimmen und halten nebenbei ihr Gehirn mit einem Sprachkurs fit. Viele Senioren würden hier jedoch nochmals mit neuen Liebschaften, Verjüngungskuren und Spielcasinos ihre
Pubertät ausleben wollen, weiß der deutsche Inselpfarrer Wilfried Heitland, welcher acht Jahre lang in Hille Pastor war. Seine Aufgaben seien hier nicht viel anders als in Minden-Lübbecke: Eine „Dorfkirche“, welche sich aus einer bunten Konstellation von Langzeiturlaubern und Residenten zusammensetzt und gleichzeitig den Treffpunkt für alle Deutschen auf der Insel bildet. „Der Traum vom ewigen Frühling verwirklicht sich nicht immer so romantisch, wie man ihnen gerne hätte“, mahnt Heitland seine Gottesdienstbesucher. Schon so manche Beziehung wäre in die Brüche gegangen, weil das Wohnen auf engerem Raum eben auch Reibeflächen provoziert: „Viele Ältere merken nach einigen Jahren trotz kosmetischer Verjüngungskur, Unterhaltung und dem einen oder anderen Flirt, dass die Jugend eben doch vergänglich ist, Körper und Seele nicht mehr jeden modernen Trend mitmachen.“ Nach vielen glücklichen Jahren auf der Insel hätten manche Gäste auch wieder Sehnsucht nach Deutschland, nach der Familie, den alten Freunden und sogar dem Wetter zu Hause, weiß der Pfarrer von seinen Sonnen-Emigranten: „Irgendwann nervt das hier, kaum Wolken, nur blauer Himmel und keinen richtigen Frühling, weder Herbst noch Winter.“
Tennis spielen und Joggen sind beliebte und gängige Sportarten für deutsche Senioren auf den Kanarischen Inseln.
Früher Hille, heute Teneriffa: Inselpfarrer Wilfried Heitland arbeitete früher im Mühlenkreis.
Wie in einem Mehrgenerationenhaus sollen sich alle Nutzer „unter einem Dach“ wiederfinden können. Gründer Otte hat bereits Internetadressen reserviert, zum Beispiel „mach3generationen.de“. Auf dieser Startseite gibt es dann für den Zugang zum Netzwerk drei Balken. Nach dem Login ist die Bediener-Oberfläche
Generation-D ist ein bundesweiter Ideenwettbewerb von Studenten für Studenten. Ausgezeichnet werden die besten Projekte studentischer Teams zu den Themen Arbeit, Wirtschaft & Unternehmen, Bildung & Kultur sowie Soziale Gesellschaft. Einsendeschluss unter www.gemeinsam-anpacken.de ist der 31. Juli. Getragen wird der Wettbewerb von Süddeutscher Zeitung, Allianz SE, Bayerischer Elite-Akademie und Stiftung Marktwirtschaft. Die schnellsten und pfiffigsten Ideen stellt die Süddeutsche Zeitung in den nächsten Wochen vor.
Mehrwert bieten.“ Und der besteht für ihn vor allem im Wissenstransfer. Bislang ist es nur eine Idee, an der fleißig gebastelt wird, online ist Move On noch nicht. Das Konzept sieht so aus:
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.sz-content.de
D
Jan Otte und die coole Hilde
WIRTSCHAFT
Bayern, Deutschland, München Seite 22
Donnerstag, 4. Juni 2009
auf die jeweilige Altersgruppe zugeschnitten. Senioren können sich über Wandergruppen im Schwarzwald austauschen, Mittvierziger über den besten Kindergarten in ihrem Stadtviertel, und für Jugendliche gibt es Spaß- und Lernspiele. Jedoch erhalten alle Mitglieder, egal ob sechs oder 60 Jahre, das gleiche Profil: Foto, Alter, Hobbys. Die Angaben sind kein Muss. In Chats und Foren treffen die Generationen schließlich aufeinander. „Vielleicht finden schwache Lateinschüler einen pensionierten Lehrer, der ihnen über das Internet Nachhilfe erteilt“, sagt Otte. „Ältere Menschen könnten von Jüngeren lernen, wie leicht man das Leben nehmen kann.“ Das Internet überwinde spielend leicht den Gruppenzwang, sich nur mit Gleichaltrigen durchs Leben zu bewegen. Gemeinsam mit seinen Kommilitonen Gregor Landwehr und Dino Trescher tüftelt Otte seit mehreren Monaten am Konzept von Move On. Die Absprachen fallen nicht immer leicht. Otte studiert in den Vereinigten Staaten, Landwehr wohnt in Tübingen, Trescher in Berlin. Über eine wackelige Skype-Verbindung tauschen sie ihre Ideen über den Atlantik aus. Die ersten Seiten sind bereits programmiert, bis die Homepage online geht, kann es aber noch dauern.
Über schlechte Nutzerzahlen machen sich die drei Studenten keine Sorgen. Die künftigen Nutzer hat Otte in bestehenden Online-Netzwerken ausgemacht. StudiVZ-Surfer würden in den kommenden Jahren nach einem „ruhigeren Netz“ verlangen. Zudem gebe es immer mehr alte, einsame und technikbegabte Menschen. „Bei der Altersspanne zwischen zehn und 30 Jahren haben wir sicher schlechte Chancen, aber darunter und darüber, das ist unser Markt.“
A45262301 chlauenstein
Foto: oh
Auf das Internet ist Jan Otte jetzt angewiesen: Er studiert in den USA, seine Projektpartner Gregor Landwehr und Dino Trescher dagegen in Tübingen und in Berlin.
Eine, wenn nicht die entscheidende Frage haben die drei noch nicht gelöst. Woher kommt das Geld? „Es gibt Ideen“, sagt Otte. Von Nutzern ab 30 Jahren könne man einen Mitgliedsbeitrag verlangen. „Wenige Euro, die sich durch den Mehrwert des Netzwerks rechtfertigen.“ Otte kann sich Move On auch als eine gemeinnützige Organisation vorstellen. „Vielleicht helfen uns auch das Familienministerium oder die Kirchen.“ Christian Lauenstein
Die Rentnerin aus dem Fitness-Studio hat den Studenten auf die Idee gebracht, ein Netzwerk für alle Generationen zu starten
ie Anregung lieferte Oma Hilde aus dem Fitness-Studio. Fast 80 Jahre alt ist sie, und sie trainiert regelmäßig Beine, Bauch, Bizeps, wie all die Jungen auch. „Ach, wie cool, die Hilde ist wieder da“, heißt es dann oft, wenn sie zum Training antritt. Niemand tuschelt oder lästert, Hilde gehört einfach dazu. So fiel sie auch Jan Thomas Otte, 26, irgendwann auf. Er war fasziniert von dem entspannten Verhältnis zwischen Jung und Alt. Immerhin trennen Hilde und die meisten ihrer Trainingspartner rund 50 Jahre Lebenserfahrung. Und je häufiger der Theologiestudent über Hilde nachdachte, desto häufiger fragte er sich: Wie können die Enkel von den Großeltern lernen und umgekehrt? Wie lassen sich die ewigen Klischees abschütteln, dass Rentner uncool und Teenager verzogen sind? Ottes Antwort: Move On – der Arbeitstitel für ein soziales Online-Netzwerk, das mitlernt und mitwächst. „Beide Seiten, Jung und Alt, denken leider noch viel zu oft in Schubladen“, argumentiert Otte: „Das Internet als barrierefreies Medium kann die Generationen verbinden, so dass wir miteinander und voneinander lernen.“ Er will keinen Ableger der Online-Netzwerke Facebook oder StudiVZ. „Sinnlose Gedankenblasen gibt es genug im Netz, wir wollen den Nutzern einen
Süddeutsche Zeitung
Wochen-Journal Nr. 47
/
8 Samstag/Sonntag, 24./25. Februar 2007
Wochenbeilage des Mindener Tageblattes
Etwas Verschlafen in den Morgenstunden: Vatikanstadt rüstet sich für den Ansturm der Pilger und Touristen. Der Petersdom löst immer wieder große Bewunderung bei seinen Besuchern aus – egal ob sie an Gott glauben oder nicht.
Vatikan – ein ganz normaler Staat Von der Apotheke bis zum Schneider: Der Kirchenstaat hat auch weltliche Züge / Keine Kirchensteuer in Vatikanstadt Von Jan Thomas Otte (Text und Fotos)
Rom. Mystik, Messen, Menschenmassen: Wer den Vatikan besucht, muss mit Gänsehaut-Effekt rechnen, egal ob man an Gott glaubt oder nicht. Der kleine Kirchenstaat hat mehr zu bieten als Brot und Wein oder Audienzen beim Papst. Es ist erst 7 Uhr morgens, die Gassen auf dem Weg zum Vatikan sind noch gähnend leer. Bevor der alltägliche Touristenandrang auf die weltberühmten Sehenswürdigkeiten losgeht, herrscht beim Betreten des Petersplatzes - an gelangweilten Sicherheitsbeamten vorbei noch andächtige Stille.
Käppis ohne Ende Eine gute Einnahmequelle: Reiseandenken wie hier Sonnenkappen in allen Farben finden reißenden Absatz.
Priester im modischen Ornat, Nonnen und Pilger eilen die Treppen zum imposanten Eingangsportal der größten Kirche der Welt empor, um nicht eine der vielen Messen zu verpassen. Hier wird die Weltkirche erlebbar: An den vielen Seitenaltären werden Gottesdienste in verschiedensten Sprachen gehalten. Der Klang von liturgischen Gesängen, die aus den Seitenschiffen schallen, vermischt sich mit aufsteigenden Schleiern herb duftenden Weihrauchs. Ein beeindruckendes Erlebnis von Mystik und Gottesschau, eingebettet in gigantischer Kirchenarchitektur. So beeindruckend groß der Petersdom mit seiner Kuppel auch erscheinen mag, so winzig ist die Fläche seiner Fundamente. Denn die Vatikanstadt ist mit einem halben Quadratkilometer gerade ein Mal so groß wie die Flügelfläche eines Jumbo-Jets und bildet damit den kleinsten Staat der Welt. Nur rund 900 Einwohner haben hier
ihren ersten Wohnsitz, darunter das Kardinalskollegium, das sich aber auf den weiten Globus verteilt. Ungeachtet der kleinen Fläche umschließen die Vatikanischen Mauern neben der alles überragenden Kirche auch noch prunkvolle Paläste, Museen mit weltbekannten Kunstschätzen und botanische Gärten. Letztere sind zum Flanieren, aber nur dem Papst mit seinen Kirchenfürsten vorbehalten. Der Heilige Vater wohnt im Palast am Petersplatz. Als geistliches und weltliches Oberhaupt lenkt er die Geschicke des kleinen Vatikans und der katholischen Weltkirche zugleich. Dazu kommen 3000 Angestellte vom Büroarbeiter über den Kammerdiener bis zum Zeremonienmeister, welche aber meist jenseits des Vatikans wohnen. Bei aller Spiritualität in ungezählten Messen, Meditationen und Fürbitten wird hier - wie in jedem anderen Staat auch - ganz normal gewirtschaftet. „Wir arbeiten in dem Konzern Kirche. Das ist nichts Ungewöhnliches - wir haben nur einen anderen Namen“, schmunzelt ein Priester auf dem Weg zum Mittagessen im Konvent. Kirchensteuer muss man hier nicht bezahlen, die Staatskasse wird mit den Umsätzen der vatikanischen Geschäfte gefüllt. Wenn der Vatikan knapp bei Kasse sei, habe er ja immer noch einen reichen Immobilienschatz, erklärt eine Museumsführerin und weist dabei in einen der goldgeschmückten Gänge, während ein Tourist sich fragt, wie hoch denn der Cash-Flow der katholischen Kirche wirklich ist. Im Kleinen ist im Vatikan alles zu finden, was man zum Leben braucht. Der päpstliche Supermarkt bietet dem Klerus Pasta und Pesto, die Tankstelle sorgt für den nötigen Treibstoff. Die Bank verwahrt die Finanzen und gibt Kredite.
Die Apotheke hilft den Geistlichen, wenn trotz Kontemplation der Kopf brummt. Bei wichtigen Terminen steht ein Hubschrauberlandeplatz zur Verfügung, für herkömmliche Warenanlieferung gibt es einen hauseigenen Güterbahnhof. Als ernstzunehmende Konkurrenz zu den italienischen Kollegen kümmert sich die Vatikanische Post um die zuverlässige Zustellung der päpstlichen Korrespondenz in alle Welt. Kistenweise touristische Ansichtskarten mit päpstlicher Briefmarke und Stempel versehen, werden dabei nicht vergessen. Souvenirstände lassen für Pilger keinen Wunsch offen. Den geschätzten Papst Benedikt XVI. gibt es auch zum Mitnehmen auf Papier, Plastik oder Porzellan. Und auch sein Vor-
Der Papst in seinem Papamobil: Die Pilger und Touristen erwarten ihn sehnsüchtig. Ein Schweizergardist: Aus dem Vatikan sind die Männer nicht wegzudenken.
gänger Johannes Paul II. ist ein Verkaufsschlager. Kleider machen Leute, das wissen auch Kleriker. Wer sich nicht die neueste Kollektion des prominenten Papst-Schneiders Gammarelli am Pantheon leisten kann, pilgert zwei Gassen weiter. Zu erschwinglichen Preisen können Geistliche knallige Farben zwischen Schwarz und Weiß, Lila und Rot wählen. Vorbei an Pilgerströmen auf dem Petersplatz - die Wachen der Schweizergarde im Blick geht es in den Palast des Heiligen Officiums, zur Kongregation für die Glaubenslehre. „Wir sind kein Think Tank (zu deutsch: Denkfabrik) der katholischen Kirche“, sagt Hans Feichtinger, der hier als Priester mitarbeitet und stolz ist, aus der Heimat des bayerischen Papstes zu kommen. Die Aufgabe der Kongregation ist es, den katholischen Glauben zu schützen und zu fördern. Viel Diskussion gibt es hier nicht: „Wir sind nicht dazu da, den Dialog zu führen, sondern seine Grenzen zu definieren“, so Feichtinger entschieden. Immerhin erhält die Kongregation erhält täglich massenhaft Briefe und E-Mails von Gläubigen aus aller Welt. Die Themen sind kurios und vielfältig. Ein bayerischer Bauer hat seinen Kühen gegen die BSE-Seuche Oblaten zum Fraß gegeben. Und eine wasserstoffblondierte Nonne hat seltsame Marienerscheinungen. Ein anstößiges Problem für die Kongregation, die überlegen muss, wie man in den Fällen vorgeht. Daumenschrauben werden nicht angesetzt, auf sonstige Folterinstrumente verzichtet - das war im Mittelalter durchaus Praxis. Ganz anders beim Rat zur Förderung der Einheit der
Christen, bei dem Priester Matthias Türk aus Deutschland mitarbeitet. „Wir möchten einen authentischen ökumenischen Geist innerhalb der Kirche fördern, um mit den anderen Konfessionen ins Gespräch zu kommen“, erklärt Türk die Aufgabe des Rates. Auf internationaler Ebene spricht man hier mit fast jeder Kirche, von den anglikanischen Gemeinden über freikirchliche und orthodoxe Gemeinschaften bis zum Weltbund lutherischer Kirchen. Krönenden Abschluss bildet ein Besuch der wöchentlichen Generalaudienz des Papstes, die ein bisschen einem weltlichen Pop-Konzert gleicht. Die Karten im Vorverkauf gibt es allerdings kostenlos. „Da kommen schnell mal 100 000 Menschen zusammen“, weiß der Kioskbesitzer um die Ecke. Bunte Flaggen, Transparente und surrende Digitalkameras, ungeduldige Papst-Fans. Großleinwände sind schon aufgestellt: „Damit der Papst größer ist, als ein Pixel auf meiner Kamera“, freut sich ein deutscher Pilger. Auch nach der FußballWeltmeisterschaft ist Public Viewing noch ein Ereignis. Die ersten Bilder von „Benedetto“ sind auf dem Schirm, das Papamobil rollt im Schritttempo durch die Spaliere des Petersplatzes. In zwei routinierten Runden winkt der deutsche Papst den Pilgern zu und nimmt ein Bad in der Menge. Benedikts Botschaft lautet sich den Ängsten dieser Welt zum Trotz - nicht verunsichern zu lassen, sondern sich an Christus zu wenden und ihm nachzufolgen. Er ermutigt das Publikum, vor Gott keine Angst zu haben. Nach dem Abschlussgebet gibt es einen tosenden Applaus mit Sprechchören, wie man sie bereits vom Weltjugendtag in Köln und dem Bayernbesuch des Papstes kennt. Die Pilger wirken freudig erregt und friedlich. Sie sind zufrieden. Vom Papst gesegnet, mit Fotos ausgerüstet und damit optimale Werbeträger für das weltweit agierende Unternehmen Katholische Kirche.
Rom und der Vatikan sind natürlich auch für Priester eine Reise und auch einen Schnappschuss wert.
info
Faule Studenten, fleißige Azubis Vorurteile durch begründete Urteile ersetzen.
weichen oder nicht. Eine wirksame Aufklärung von Vorbehalten ist mühseliger als ihr Ersatz durch ein neues Vorurteil. Es hilft, sich den gleichberechtigten Status der Kommilitonen und Kollegen bewusst zu machen. Dazu gehört ein möglichst offenes Kennenlernen in einem positiven Betriebsklima, um negative Feindbilder zu widerlegen. Darüber hinaus können gemeinsame Ziele gefunden werden, die das eigene Ich und sein Gegenüber in einer gesunden Unternehmenswelt miteinander verbinden. Jan Thomas Otte
Der Grund für Vorurteile liegt wohl in unserem psychischen „Haushalt“. Pauschalen entlasten unseren von Reizen überfluteten Alltag, komplexe Sachen sollen möglichst einfach gehalten werden, indem wir Personen und Sachen in bestimmte Schubladen stecken. Dazu kommen soziale Ungleichheiten, ein idealer Nährboden für Vorurteile. Eine weitere Ursache liegt darin, den eigenen Status zu erhöhen. Emotionale Faktoren von sozialer Identifizierung bis zur „Sündenbocksuche“ kommen dazu. Daneben existiert das „GerechteWelt-Phänomen“, bei dem wir je nach Situation dem Opfer helfen oder es erniedrigen nach dem Motto: „Der hat’s verdient“. Wie überwinden wir Vorurteile? Indem wir versuchen, miteinander zu reden und praktisch Hand in Hand zu arbeiten. Daran lässt sich besser überprüfen, inwiefern bestehende „Informationen“ von der Realität abFotos: MEV
Jeder hat sie, jeder kennt sie jenseits von Nächstenliebe, Rationalität und Gerechtigkeit: Vorurteile. Es sind wertende, meist wenig durchdachte Meinungen. Oft sind Vorurteile negative Einstellungen gegenüber konkreten Menschen und Gruppen, Berufen und Bildungswegen. Wir neigen zu einförmiger und emotionaler „Übergeneralisierung“, wie eben der Zahnarzt das große Geld kassiert und Politiker eh nie das halten, was sie mal versprochen haben. Vorurteile enthalten negative Gefühle und Gedanken, Tendenzen zu intolerantem Handeln und Diskriminierung. Jedoch müssen sie nicht gleich abwertend sein. Es ist durchaus verständlich, dass zum Beispiel ein Student im Erstsemester seinem Professor einen intellektuellen Superlativ zutraut, der Azubi mit seinen Kollegen eigene Ansichten über die Leute anderer Ausbildungsgänge an der Berufschule hat.
Fauler Student?
12
Fleißiger Azubi?
Zivildienst 1|2007
> Ê/ >ÃÊ"ÌÌi V>`i VÊ i Ü]Ê
Õ V>Ì ÃÊ -«iV > ÃÌ]Ê ÕÀ > ÃÌ]Ê iÀ > Þ
iÊÌiÀ iÊ ÊÀië Ã> L ÌjÊ ÊÛ i ÌÊ`ÕÊ >Ì Ê ÊÀië Ã>L ÃÊ ]ÊµÕ Ê `jà } iÊ >ÊV>«>V ÌjÊDÊ Àj« `ÀiÊ>ÕÝÊ L }>Ì ÃÊ`iÃÊ>ÕÌÀiÃ]ÊDÊ ÌÀ> ÌiÀÊ iÕÀÊ>ÌÌi Ìi°Ê
* ÕÀÊÀiV > ÌÀiÊ V >VÕ iÊ`½i ÌÀiÊi iÃ]Ê iÃÊ` À }i> ÌÃÊÕÌ Ãi ÌÊ Ã ÕÛi ÌÊÕ Ê j > }iÊ `½ ÌÕ Ì ÊiÌÊ`iÊÀ>Ì > Ìj°Ê
/ iÀiÊ>ÀiÊViÀÌ> ÞÊ > ÞÊÜ>ÞÃÊ vÊ ÜÀ Ì }Ê>Ê«>«iÀÊ>L ÕÌÊÌ iÊ ÌiÀÃiVÌ Ê vÊLÕà iÃÃÊ> `ÊÌ i }Þ°Ê" ÊÌ iÊ iÊ > `]Êà « ÞÊ`iÃVÀ L }ÊÌ iÊ` vviÀi ÌÊ `i ÃÊ vÊ À« À>ÌiÊ- V > Ê,ië à L ÌÞÊ -,®Ê ÊÌ iÊLÕà iÃÃÊÜ À `Ê > `]Ê ÊÌ iÊ Ì iÀ]ÊÃÕ >À â }ÊÌ ÃiÊ L iÊ«>ÃÃ>}iÃÊÌ >ÌÊ i Ì ÊLÕà iÃÃÊ Êà iÊÜ>Þ]ÊÜ V ÊViÀÌ> ÞÊÜ Õ `Ê LiÊ> Ê ÌiÀiÃÌ }Ê vÊÀ>Ì iÀÊÕ v VÕÃÃi`Ê iÌ `°Ê Ûi Ê Ì iÃiÊ Û>À ÕÃÊ iÌ ` } V> Ê>««À >V iÃÊ iÌ ` }Þ]Ê Ê >ÛiÊ`iV `i`ÊÌ Êv VÕÃÊ ÊÌ iÊ À >Ì ÛiÊ µÕiÃÌ Ê vÊ À ÃÌ > Ê iÌ VÃ°Ê Ì > Þ]ÊÜ Ì Ê>Ê iÃÃÊÌ > ÊÌ i } V> Ê >««À >V ]Ê Ê Ã > Ê >Ã Ê vÊ V «> iÃÊ Ã Õ `Ê >ÛiÊ >Ê À> Ê L }>Ì Ê Ì Ê « i i ÌÊ -,ÆÊ> `Ê vÊà ]Ê ÜÊÌ ÃÊ V Õ `Ê Ê Ê «À>VÌ ViÊ Ü Ì ÕÌÊ Ì> }Ê> ÊiÝViÃà Ûi ÞÊ > ÛiÊ>««À >V °
/ iÊ ÌiÀ Ê ¼Àië à L ÌÞ½Ê ÃÊ `i À Ûi`Ê vÀ Ê Ì iÊ >Ì Ê ¼Àië Ã>L ý]Ê Ü V Ê i> ÃÊ Ì iÊ >L ÌÞÊ Ì Ê Àië `Ê Ì Ê Ì iÊ L }>Ì ÃÊ > `Ê iÝ«iVÌ>Ì ÃÊ vÊ Ì iÀÃ°Ê / Ê ÀiV } âiÊ Ì iÃiÊ Ài ë à L Ì iÃ]Ê > >}iÀÃÊ Ìi `Ê Ì Ê ÕÃiÊ >Ê ÝÌÕÀiÊ vÊ ÌÕ Ì Ê > `Ê À>Ì > ÌÞ°Ê ÕÌÊ ÃÊ ÌÊÌÀÕiÊÌ >ÌÊ ÞÊ ` Û `Õ> Ê «iÀà ÃÊ V> Ê LiÊ Àië à L i]Ê >ÃÊ Ì iÞÊ >ÛiÊ >Ê V ÃV i Vi¶Ê Ê Ì ÃÊ V ÌiÝÌ]Ê ÌÊ ÃÊ ViÀÌ> ÞÊ ÕV Ê i>à iÀÊ v ÀÊ i ` Õ Ã âi`Ê > `Ê Ã > Ê V «> iÃÊ
Ì Ê ÛiÊ Û ÀÌÕ Õà ÞÊ >VV À` }Ê Ì Ê Ì iÊ «À V « iÃÊ vÊ -,ÊÌ i Ê ÌÊ ÃÊv ÀÊL }}iÀÊ V «> iðÊ
ÊV «> iÃÊÀi> ÞÊ >ÛiÊ>ÊV >À >VÌiÀÊ > `]Ê Ì iÀiv Ài]Ê V> Ê Ì iÞÊ LiÊ >`iÊ Àië à L iÊ v ÀÊ Ì }Ã¶Ê *iÌiÀÊ Ài V Ê £ n{®Ê Ì >Ìi`Ê Ì ÃÊ `iL>ÌiÊ ÓäÊÞi>ÀÃÊ>} \ʼViÀÌ> ÞÊ>ÊV À« À>Ì Ê ` }Êà iÌ }ÊQoRÊÕÃÕ> ÞÊV> ÊLiÊ `iÃVÀ Li`Ê>ÃÊ >Û }ÊÀi>à ÃÊv ÀÊQ ÌÃRÊ Li >Û ÕÀ°Ê Êv>VÌ]ÊLÞÊÛ ÀÌÕiÊ vÊÌ ÃiÊ `iÃVÀ «Ì ÃÊ Ì iÞÊ QV «> iÃRÊ >ÞÊ LiÊ«À «iÀ ÞÊ i `ÊÀië à L iÊv ÀÊÌ i ÀÊ Li >Û ÕÀ]ÊViÌiÀ ÃÊ«>À LÕý°Ê Ê ÃÊ>À }Õ i Ì>Ì ]ÊÃ>Þ }ÊÌ >ÌÊV «> iÃ]Ê >ÃÊÜi Ê>ÃÊi « ÞiiÃÊ> `Ê > >}iÀÃ]Ê >ÛiÊ>ÊV >À>VÌiÀÊÜ V Ê V Õ`iÃÊÀi ë à L ÌÞ]Ê Ài V Ê > Ã Ê ÕÃiÃÊ Ì iÊ ÌiÀ ÃÊ ¼Ài>à ½]Ê ¼`ià Àiý]Ê ¼ Ìi Ì Ã½]Ê > `Ê ¼`iV à > }½Ê Ü V Ê ÃÕ« « ÀÌÊÌ iÊv VÕÃÊ ÊÌ iÊV >À>VÌiÀÊ vÊ ` Û `Õ> ÃÊ Ê -,°Ê Ê ÕÀ ëÀÕ`i Vi]Ê V «> iÃÊÕÃÕ> ÞÊ>ÀiÊV à `iÀi`Ê>ÃÊ Õ` V > Ê«iÀà ð
Ê,Õ}} iÃ]ÊÜ ÊÜ À ÃÊv ÀÊÌ iÊ 1 Ìi`Ê >Ì ÃÊ > `Ê ÃÊ >Ê i LiÀÊ vÊ Ì iÊ v>VÕ ÌÞÊ vÊ Ì iÊ >ÀÛ>À`Ê i i`ÞÊ -V ]Ê ÜÀ ÌiÊ Ê >Ê Ã«iV > Ê Ài« ÀÌÊ Ê / iÊ V ÃÌÊ Ê Óään]Ê Ì >ÌÊ Ì iÊ Ì i } V> Ê µÕiÃÌ Ê vÊ Ì iÊ L }> Ì ÃÊ v ÀÊ -,Ê Ü Õ `Ê LiÊ ÀÀi iÛ> ÌÊ Ì `>Þ]Ê>ÃÊ ÃÌÊV «> iÃÊÜ Õ `Ê>
9,578286 (17(535,6(6 7+( 3/$&( 2) &+5,67,$1 (7+,&6
7 Ì Ê Ì iÊ yÕi ViÊ vÊ Ì iÊ } Ìi i ÌÊ > `Ê Ì iÊ `ÕÃÌÀ > â> Ì Ê Ê >ÌiÊ £nÌ Ê Vi ÌÕÀÞ]Ê ÕÀ «iÊ V > }i`Ê « Ì VÃÊ Ì Ê «À Û `iÊ ÀiÊ iV VÊ vÀii` Ê v ÀÊ LÕà iÃÃ°Ê / ÃÊÜ>ÃÊ«>ÀÌ ÞÊ>ÊÀi>VÌ ÊLÞÊÌÀ>`iÊ Õ Ê Ûi i ÌÃÊÌ Ê `ÕÃÌÀ > â> Ì °Ê ` Û `Õ> Ê >L ÕÀÊÀ } ÌÃÊÜiÀiÊ Ài v ÀVi`°Ê ÌÊÌ ÃÊÌ i]ÊiV VÃÊ >ÃÊ > Ê >V>`i VÊ ` ÃV « iÊ LiV> iÊ Ãi«>À>Ìi`Ê vÀ Ê Ì i }Þ]Ê >ÃÊ Ì iÊ >À iÌÊ LiV> iÊ >Ê Ãi«>À>ÌiÊ ` i à ÊvÀ ÊÀi } Ê> `Ê« Ì VÃ°Ê ÜiÛiÀÊ Ì `>ÞÊ Ê iÀ > Þ]Ê iÊ vÊ Ì iÊ ÃÌÊ ÃiVÕ >ÀÊ V Õ ÌÀ iÃÊ Ê `iÀ Ê ÕÀ «i]Ê Ì iÊ , >
>Ì VÊ > `Ê ÕÌ iÀ> *À ÌiÃÌ> ÌÊ ÌÀ>` Ì ÃÊ Ài > Ê Ì iÊ ÃiV `Ê L } }iÃÌÊi « ÞiÀÃÊ ÊÌ iÊ«ÕL VÊÀi> °Ê / iÊ ÕÀV Ê Ê iÀ > ÞÊ Ü ÃÊ> `Ê > >}iÃÊ } ÞÊ Ài}>À`i`Ê V «>
*iÌiÀÊ*ÀÕâ> ÊÓään®Ê « ÃiÊÌÀ ÃʵÕiÃÌ ÃÊià Ãi Ì i iÃÊ\Ê1 iÊà V jÌjÊ «iÕÌ i iÊkÌÀiÊÀië Ã> L iʶÊ* ÕÀµÕ Ê`iÛÀ> Ì i iÊkÌÀiÊÀië Ã>L i ¶Ê ÌʵÕi ÊÀ iÊ >Êv Ê V ÀjÌ i iÊ Õi Ì i iÊ i Ê >Ê >Ì mÀi]Ê`> ÃÊ iÊ `iÊ`iÃÊ>vv> ÀiÃʶÊ
Ài>`ÞÊ « i i ÌÊ Ì i °Ê VV À` }Ê Ì Ê Ì ÃÊ Ã«iV > Ê Ài« ÀÌ]Ê ¼Ã iÊ vÊ Ì iÊ L }ÊL> Ã]Ê V Õ` }Ê ` > Ê->V ÃÊ > `Ê 1 -]Ê >ÛiÊ ÃÌ>ÀÌi`Ê Ì Ê Ìi}À>ÌiÊ i Û À i Ì> ]Ê Ã V > Ê > `Ê } ÛiÀ > ViÊ ÃÃÕiÃÊ Ê Ã iÊ vÊ Ì i ÀÊ iµÕ ÌÞÊ ÀiÃi>ÀV ½Ê / iÊ V ÃÌ]Ê ¼-«iV > Ê ÃÃÕiÊ Ê À« À>ÌiÊ - V > Ê ,ië à L ÌÞ½]ÊÓ °ä£°Óään®°Ê ÊÌ ÃÊÀi}>À`]Ê ÃÌÊ ÃV >ÀÃÊ > `Ê «À>VÌ Ì iÀÃÊ Ì `>ÞÊv VÕÃÊ ÀiÊ ÊÌ iʼ ܽÊ> `Ê iÃÃÊ Ì iÊ¼Ü iÌ iÀ½Ê vÊ` }Ê -,°Ê / iÊ V V Õà ÃÊ vÊ / iÊ V
iÃÊ iëiV > ÞÊ Ê Ì ÀiiÊ ` vviÀi ÌÊ LÀ> V iÃÊ vÊ «ÕL VÊ vi\Ê wÀÃÌ Þ]Ê >ÃÊ iÊ vÊÌ iÊ >À iÌÊ i>`iÀÃÊ Ê i> Ì V>ÀiÊ V Õ` }Ê Ã« Ì> ÃÊ> `Ê iÃÊ v ÀÊÌ iÊi `iÀ ÞÆÊÃiV ` Þ]Ê Êi`ÕV> Ì Ê ÃÕV Ê >ÃÊ Õ ÛiÀÃ Ì iÃ]Ê ÃV Ã]Ê > `Ê `iÀ}>ÀÌi ÃÆÊ > `Ê w > Þ]Ê Ê Ì iÊ i` >]Ê V Õ` }Ê >}>â iÃ]Ê L ÃÌ ÀiÃ]Ê> `ÊÀ>` °Ê 7 iÊÌ> }ÊÌ iÊÃi«>À>Ì ÊLi ÌÜii Ê ÕÀV Ê > `Ê -Ì>ÌiÊ Ì Ê V à `iÀ>Ì ]ÊÌ iÊiÃÌ>L à i`ÊV ÕÀV iÃÊ ÃÌ Ê >ÛiÊ V ÃiÊ Ì iÃÊ Ì Ê « Ì VÃÊ ÊÜ>ÞÃÊÌ >ÌÊ` vviÀÊvÀ ÊÌ iÊ Û> }i V> Ê Ûi i ÌÊ ÊÌ iÊ1- °Ê/ iÞÊ iÛi Ê «À Û `iÊ ÀiÊ LÃÊ Ì > Ê Ì iÊ ÌÜ Ê L }}iÃÌÊ «À Û>Ì âi`Ê V «> iÃ]Ê Ì iÊ« ÃÌ> ÊÃiÀÛ ViÃÊ> `ÊÌ iÊÌi iV Ê `ÕÃÌÀÞÊ Ê iÀ > ÞÊ -V Ü>Àâ]Ê Óääx®°Ê L> Þ]Ê > ÞÊ "ÃÊ iÊ Ì iÊ9 ]Ê7 À `Ê6 à ]Ê> `ÊÌ iÊ -> Û>Ì Ê À ÞÊ >ÀiÊ > Ã Ê i`Ê Ì Ê « Ì VÃ]Ê > `Ê ÕÃiÊ Ì i ÀÊ À ÃÌ > Ê L>V }À Õ `Ê>ÃÊ>Ê}Õ `i iÊv ÀÊÌ i ÀÊ Ü À Ê Ê -,°
ÃÌ]ÊLi>À }Ê Ê `Ê> Êi } Ìi i`Ê v À Ê vÊ Ãi vÊ ÌiÀiÃÌ]Ê ÜiÀiÊ Ì >ÌÊ v> }ÊÌ ÊÌ> iÊ -,Ê Ì Ê>VV Õ ÌÊÜ Õ `Ê LiÊ À à Þ\Ê ¼ } À }Ê Ã iÌ }Ê Ì >ÌÊ > iÃÊLÕà iÃÃÊÃi Ãi½ÊÜ Õ `ÊV ÃÌ ÌÕÌiÊ>ÊViÀÌ> ÊÀiV «iÊv ÀÊv> ÕÀiÊ ÊÌ iÊ > >}i i ÌÊ vÊÌ iÊV «> Þ°Ê Ê Ì ÃÊ V ÌiÝÌ]Ê *iÌiÀÊ *ÀÕâ> Ê Óään®ÊÀ> ÃiÃÊÌ ÀiiÊV > i } }ʵÕiÃ Ì Ã\ÊV> Ê>ÊV «> ÞÊLiÊÀië à L i¶Ê 7 ÞÊ Ã Õ `Ê ÌÊ LiÊ Àië à L i¶Ê `Ê Ü V Ê À iÊ ` iÃÊ Ì iÊ À ÃÌ > Ê v> Ì Ê « >ÞÊ ÊÌ ÃÊLÕà iÃÃÊV>Ãi¶Ê
),1$1&( 7+( &20021 *22' %,(1 &20081 1 ,
iÃÊà V jÌjÃÊ ÌÊÕ iÊ >ÌÕÀiÊ> > ÌÊ ÌÕ Ì ]Ê i «>Ì iÊiÌÊÀjyiÝ Ê V>ÀÊ\Ê£®Êi iÃÊV ÃÌ ÌÕi ÌÊ`iÃÊi Ì ÌjÃÊ ÕÀ ` µÕiÃÊ>ÃÃÕ > ÌÊ` ÛiÀÃiÃÊ Àië Ã>L ÌjÃÊ j}> ià ÆÊ Ó®Êi iÃÊà ÌÊ « µÕjiÃÊ`> ÃÊ iÊÃÞÃÌm iÊ Ã V > Ê`iÃÊÀi >Ì ÃÊ >ÛiVÊ iÃÊ>VÌ > ÀiÃÊiÌÊ iÃÊ«>ÀÌ iÃÊ«Ài > ÌiðÊ
> ÃÊ iÊV ÌiÝÌiÊ>VÌÕi Ê `iÊVÀ ÃiÊw > V mÀi]Ê >Ê Ì j } iÊ«ÕL µÕiÊ >ÌÌi ÌÊÕ Ê ÕÛi>ÕÊ `i}ÀjÊ`iÊ«iÀÌ i ViÊi Ê ÃiÊ« >X> ÌÊDÊ ½ ÌiÀÃiV Ì Êi ÌÀiÊ ½jÌ µÕiÊ V ÀjÌ i iÊiÌÊ >Êw > ViÊ À i ÌjiÊÛiÀÃÊ iÊV>« Ì> °Ê
iÊ LÀiÕÝÊ` À }i> ÌÃÊ ÌÊV i VjÊ DÊÀjyjV ÀÊ>ÕÝÊ Ì ÃÊ `iÊÛ> iÕÀÃÊw > Vi®]Ê`iÊ ÛiÀÌÕÃÊv ®ÊiÌÊ`½jÌ µÕiÊV ÀjÌ i iÊµÕ ÊÃiÊ Ã ÌÕiÊDÊ V i ®°Ê
" Ê«iÕÌÊV ÃÌ>ÌiÀʵÕi]Ê `> ÃÊ >Ê«À>Ì µÕi]Ê >Ê Ì Ê`iÊ,ië Ã>L ÌjÊ - V > iÊ`iÊ ½ ÌÀi«À ÃiÊ >ÊÀiXÕÊ« ÕÃÊ`½>ÌÌi Ì Ê `iÊ >Ê«>ÀÌÊ`iÃÊ` À }i> ÌÃÊV ÀjÌ i ÃʵÕiÊ `> ÃÊ ½i Ãi } i i ÌÊ }j jÀ> Ê` ëi ÃjÊ«>ÀÊ iÃÊjV iÃÊ`iÊV iÀVi°
ÊÌ iÃÊ vÊw > V > ÊVÀ à Ã]Ê > >}iÀÃÊ Ìi `Ê Ì Ê Ã«i> Ê Ê Ì iÊ L>à ÃÊ vÊ Ì i ÀÊ Ü ÊÛ Ã Ã]Ê À> ÊÛ ÀÌÕiÃ]Ê> `Ê w > V > Ê Û> ÕiÃ]Ê LÕÌÊ > Ã Ê VÀi>à } ÞÊ ÊÌ >ÌÊ vÊÌ i ÀÊV «> Þ°Ê ÕÌÊ ` Ê V «> iÃÊ > Ã Ê « ÃÃiÃÃÊ ÌÕ Ì ]Ê i «>Ì Þ]Ê > `Ê ÀiyiVÌ ¶Ê *ÀÕ â> Ê>À}ÕiÃÊÌÜ Ê« Ãà L iÊ>vwÀ >Ì ÃÊ V ViÀ }Ê Ì ÃÊ `i>\Ê £®Ê V «> iÃÊ >ÀiÊ Õ` V > Ê i Ì Ì iÃÊ Ü Ì Ê i}> Ê Ài ë à L Ì iÃÆÊ > `Ê Ó®Ê V «> iÃÊ >ÀiÊ Û Ûi`Ê Ê Ì iÊ Ã V > Ê ÃÞÃÌi Ê vÊ Ài >Ì Ã «ÃÊÜ Ì Êà >Ài Ê> `ÊÃÌ> i `iÀðÊ- >ÀÊÌ ÊÌ iÊ« i i Ê >ÌÊ >Ê v ÌL> Ê >ÌV ]Ê Ê Ü V Ê v> ÃÊ Ìi `ÊÌ ÊÃ>ÞÊÌ >ÌʼÜi½ÊÌ iÞ®Ê >ÛiÊà ÌÊ Ì iÊ} `i Ê} > ]ÊiÛi Êi « ÞiiÃÊÌi `Ê Ì Êëi> Ê> `ÊÌ Ê ÊÌ iÊwÀÃÌ «iÀÃ Ê « ÕÀ> ]ÊÌ >ÌʼÜi½Ê >ÛiÊ ÃÌÊ ÕÀÊ LÃÊ>ÌÊ i iÀ> Ê Ì ÀÃÊ Ê iÌÀ Ì]Êv ÀÊiÝ> « i°Ê ÊÃÕV Ê>Ê«>ÀÌ V «>Ì ÛiÊ> `ÊÃi v ÀiviÀi Ì > ÊV À« À>ÌiÊVÕ ÌÕÀi]Ê«i « iÊ Ìi `Ê Ì Ê vii Ê Ì >ÌÊ Ü>ÞÊ LiV>ÕÃiÊ Ì iÃiÊ ÌiÀ«iÀà > Ê >VÌ ÃÊ >ÀiÊ « ÀÌ> ÌÊ ÊÌ iÊ`iÛi « i ÌÊ vÊÌ iÊ ` Û `Õ > ½ÃÊ `i Ì ÌÞ°Ê
À ÃÌ > Ê v> Ì Ê Ü>ÃÊ v Õ `i`Ê Ê Õ µÕiÊ Û ÀÌÕiÃ]Ê Ì >ÌÊ V> Ê LiÊ V à ` iÀi`Ê Ì Ê >ÛiÊ `iÀ Ûi`Ê vÀ Ê iÃÕÃ½Ê }Ài>ÌiÃÌÊ V > ` i ÌÊ Ì Ê ¼ ÛiÊ Ì ÞÊ i } L ÕÀÊ >ÃÊ Ì ÞÃi v½Ê ÃiiÊ >ÌÌ iÜÊ ÓÓ\ÎÇ {ä®°Ê À Ê `> Ê >ÃÊ Ì iÊ wÀÃÌÊ Ü À iÀÊ Ê L V> Ê Ì iÃÊ Ü Ê iÝ«i À i Vi`ÊÌ iʼÃÜi>ÌÞ½Ê >ÌÕÀiÊ vÊÜ À ]Ê Û >ÊÌ iÊ-VÀ «ÌÕÀiÃÊ vÊà Ê> `ÊÌ iÊv> Ê i ià îÊÌ ÊÌ iÊi `Ê vÊ>Ê}Àii`ÞÊ> `Ê Ü ÀÀ i`ÊÜ À `Ê,iÛi >Ì Ã®]Êw > ViÊ >ÃÊ ÌÊ Lii Ê ÌÀ à V> ÞÊ V Ì>Ì i`Ê >ÌÊ > Ê «iÃà ÃÌ V> ÞÊ Ê Ì i } V> Ê Ì Õ} Ì°Ê / iÊ " `Ê /iÃÌ> i ÌÊ Ê
«>ÀÌ VÕ >ÀÊ Ã«i> ÃÊ µÕ ÌiÊ `iviÀi Ì > ÞÊ >L ÕÌÊ iÞÊ ÃÃÕiÃ]Ê > Ì Õ} Ê Ì ÃÊ iÝi}ià ÃÊ ÃÊ ÌÊ Ì iÊ v VÕÃÊ vÊ Ì ÃÊ «> «iÀ°Ê Ê `iÀ ÊÌ iÃÊ ÜiÛiÀ]Êà iÊ ` ÃVÀi«> V iÃÊ LiÌÜii Ê v> Ì Ê > `Ê w > ViÊ Ê 7> Ê -ÌÀiiÌÊ >ÀiÊ vÀiµÕi Ì ÞÊ ` ÃVÕÃÃi`Ê Ê >Ê V ÌÀ ÛiÀà > Ê > `Ê Ã iÌ iÃÊiÛi Ê ÃÌ iÊ > iÀ°Ê Ê Ì iÊ VÕÀÀi ÌÊ w > V > Ê VÀ à Ã]Ê «ÕL VÊÌ i }ÞÊ >ÃÊ}> i`Ê iÜÊÀi iÛ> ViÊ>ÃÊ ÌÊv VÕÃiÃÊ ÊÌ iÊ ÌiÀÃiV Ì Ê vÊ À ÃÌ > ÊiÌ VÃÊ> `ÊV>« Ì> À i Ìi`Ê w > Vi°Ê ÜÊ ` Ê À ÃÌ > Ê iÌ VÃÊ Ê Ê LÕà iÃÃ¶Ê 7 >ÌÊ >ÀiÊ Ì iÊ V > i }iÃÊ >Ê À ÃÌ > Ê > >}iÀÊ v>ViÃÊ ÊÌ iÊ i LiÀ> ÊiV Þ¶Ê > ÞÊ > >}iÀÃÊ >ÛiÊ ÃÌ>ÀÌi`Ê Ì Ê ÀiyiVÌÊ ÊÌ i ÀÊÛ> ÕiÃÊw > Vi®]ÊÛ À ÌÕiÃÊv> Ì ®]Ê> `Ê Ê À ÃÌ > ÊiÌ VÃÊ ÊLiÌÜii °Ê ëiV > ÞÊ ÊÌ iÊVÕÀÀi ÌÊ VÀ à Ã]Ê > >}iÀÃÊ Ü Ì Ê ÃÌÀ }Ê i>`iÀ à «Êà ÃÊ> `Êi`ÕV>Ì Êvii Ê>L iÊÌ Ê Ìi}À>ÌiÊL Ì Ê -,Ê> `ÊÌ iÊ À ÃÌ > Ê v> Ì Ê ÊÌ iÊÜ À « >Vi°Ê/ Êà iÊiÝ Ìi Ì]Ê iÊ V> ÌÊ ÛiÀ Ê Ì iÊ v>VÌÊ Ì >ÌÊ«>ÃÌ ÀÃ]ÊV ÕÀV iÃ]Ê> `ÊÌ i }ÞÊ >ÀiÊ ` ÃÌ VÌÊ vÀ Ê > >}iÀÃ]Ê V «> iÃ]Ê> `ÊiV VÃ°Ê ÜiÛiÀ]Ê > ÞÊ vÊ Ì iÊ Ì i } V> `i`Ê >ÛiÊ ÃÌ Ê ÃÃi`Ê > Ê « ÀÌ> ÌÊ ÃÃÕi\Ê ÜÊ Ì Ê Ìi}À>ÌiÊ Ì iÊ Ü À « >ViÊ `>ÞÊ Ì Ê À `>ÞÊ Ê>Ê-Õ `>Þ Vi ÌiÀi`ÊV ÕÀV Ê Ì >ÌÊ> à Êi ` ÀÃiÃÊ -,°Ê Ê` Ê ÌÊÜ> ÌÊÌ ÊÃ>ÞÊÌ >ÌÊLÕà iÃÃÊ ÃÊ > Ê ¼} `½]Ê Ã ViÊ Ì iÊ VÕÀÀi ÌÊ VÀ à ÃÊ Ã ÜÃÊ ÜÊ i` >Ìi ÞÊ7> Ê-ÌÀiiÌÊ ii`ÃÊ ÀiÊ À> ÊÛ ÀÌÕiÃÊ Ê>`` Ì Ê Ì ÊÌ iÊw > V > Þ `À Ûi ÊÛ> ÕiðÊ-iV Õ >ÀÊ V «> iÃÊ ii`Ê > >}iÀÃÊ > `Ê «>ÃÌ ÀÃÊ Ü Ê i V ÕÀ>}iÊ Ì ÃiÊ Ü Ê >ÀiÊ Ê`ië> À]ÊLÕÌÊÌÀÞÊÌ Ê ÛiÊ>VV À` }Ê Ì Ê À ÃÌ > Ê Û ÀÌÕiÃÊ À>Ì iÀÊ Ì > Ê
9,578286 (17(535,6(6 7+( 3/$&( 2) &+5,67,$1 (7+,&6
Ê >Ê Ì Ê`iÊ,- ÊÃiÊ Ã ÌÕiÊ>ÕÊVÀ Ãi i ÌÊi ÌÀiÊ ½jÌ µÕiÊV ÀjÌ i iÊ v ®ÊiÌÊ >Ê}iÃÌ Ê`iÃÊ >vv> ÀiÃÊw > Vi®°Ê
iÃÊ«À mÀiÃ]Ê iÃÊ iX ÃÊ iÌÊ iÃÊÃiÀ ÃÊiÝ«À jÃÊDÊ ½j} ÃiÊ« ÕÀ À> i ÌÊV Û> VÀiÊ iÃÊ ` À }i> ÌÃʵÕiÊ ½ } ÃiÊ iÊV> «iÊ«>ÃÊÕ iÊ« à ÌÕÀiÊV ÌÀi«À `ÕVÌ Ûi]Ê L > ÃjiÊ ÕÊ«À Ãj ÞÌiÊ`iÊ ÃiÕ iÊ`jvi ÃiÊ`iÃÊÌÀ>` Ì ÃÊV ÀjÌ i iðÊ
ÕÊV ÌÀ> Ài]Ê iÃÊV Õ >ÕÌjÃÊV ÀjÌ i iÃÊ «iÕÛi ÌÊ Û ÌiÀÊ iÃÊ ` À }i> ÌÃÊ ÕÊ> iÀÊ iÃÊÛ ÀÊÃÕÀÊ iÕÀÊ iÕÊ `iÊÌÀ>Û> Ê« ÕÀÊ iÕÀÊ vvÀ ÀÊ`iÃÊ«iÀëiV Ì ÛiÃÊÕ µÕiÃÊ`iÊv Ê V ÀjÌ i i]Êj` wiÀÊ`iÃÊ Ài >Ì ÃÊV ÃÌÀÕVÌ ÛiÃÊ ÃÕÀÊ >ÊL>ÃiÊ`½ `i Ì ÌjÃÊ >ÌÕÀiÃÊiÌÊ iÕÀÊv> ÀiÊ >«« µÕiÀÊ`iÃÊ«À V «iÃÊ ÛiÀÌÕiÕÝ]Ê}>À> ÌÃÊ`½Õ Ê `iÊ`iÃÊ>vv> ÀiÃÊ« ÕÃÊ ÀjyjV ]ÊDÊ ½ >}iÊ`iÊ >Ê Ì Ê`iÊ,- °Ê
iÀi ÞÊÌ iÊÛ> ÕiÃÊ vÊÃÌ V Ã°Ê ÃÊ>Êwi `Ê vÊ Ì i } V> Ê ÀiÃi>ÀV Ê Ê À ÃÌ > Ê iÌ VÃ]Ê ÌÊV> ÊLiÊ>ÃÃiÃÃi`ÊÌ >ÌÊ Ê«À>V Ì Vi]Ê -,Ê >ÃÊ ÀiVi Ûi`Ê ÀiÊ >ÌÌi Ì Ê vÀ Ê À ÃÌ > Ê > >}iÀÃÊ Ì > Ê Ê Ì iÊ }i iÀ> Ê Ìi>V }Ê vÊ LÕà iÃÃÊ ÃV ðÊ
iÀÌ> ÞÊ ` ÛiÀÃiÊ ÃÌÀ>Ìi} iÃÊ > `Ê « Ì V> ÊÛ iÜÃÊiÝ ÃÌÊ ÊÌÀ> Ãv À }Ê
-,Ê> `Ê À ÃÌ > ÊiÌ VÃÊ ÊV «> iÃ°Ê >Û }Ê iÛ> Õ>Ìi`Ê L Ì Ê ÕÃivÕ Ê > `ÊV Õ ÌiÀ«À `ÕVÌ ÛiÊÃÌÀ>Ìi} iÃ]ÊÌ iÊ «>À> Õ ÌÊV ` Ì ÃÊ vÊ -,Ê>ÀiÊ¼Ì Ê `i ÃÌÀ>ÌiÊ Ì >ÌÊ Ã« À ÌÕ> ÌÞÊ LÀ }ÃÊ iÜÊ ` i à ÃÊ Ì >ÌÊ >ÀiÊ Ì iÀÜ ÃiÊ >VViÃà L iÊ LÞÊ > Ê >««À >V Ê Ì >ÌÊ ÃÊ ÞÊ Õ > ÃÌ V½Ê*>ÕV > Ì]ÊÓääÓ®°
Ê Ì ÃÊ «>«iÀ]Ê ÌÊ ÃÊ >À}ÕiÃÊ Ì >ÌÊ
-,Ê ÃÌ> `ÃÊ >ÌÊ Ì iÊ ÌiÀÃiVÌ Ê vÊ
À ÃÌ > ÊiÌ VÃÊv> Ì ®Ê> `ÊLÕà iÃÃÊ > >}i i ÌÊ w > Vi®°Ê ÀÊ V >À ÌÞÊ > `Ê V ÌÀ Ê vÊ >À}Õ i ÌÃÊ Ê Ì iÊ >Ài>ÃÊ vÊ V y VÌ]Ê Ì iÊ ÌiÀ ÃÊ ¼Û ÀÌÕiÃ½Ê > `ʼ«À V « iýÊÜ ÊÀiviÀÊÌ ÊÌ iÊv> Ì Ê >ëiVÌÃÆÊ > `Ê Ì iÊ ÌiÀ ÃÊ ¼Û> ÕiÃ½Ê > `Ê ¼«ÀiviÀi ViÃ½Ê Ü Ê ÀiviÀÊ Ì Ê Ì iÊ w > V > Ê iÃ°Ê *À>ÞiÀÃ]Ê Ìi>V }Ã]Ê > `Ê ÃiÀ ÃÊ «Ài>V i`Ê ÊÌ iÊÀi> Ê vÊÌ iÊV ÕÀV Ê >ÀiÊ i Ì iÀÊ>L iÊ ÀÊL Õ `ÊÌ Ê > iÊ V VÀiÌiÊ `iV à ÃÊ Ê -,Ê Ê Ì iÊ iV VÊë iÀi]ÊLÕÌÊÌ iÞÊ` ÊiÛ iÊ ÀiÊ « ÀÌ> ÌÊ ÃÃÕiÃÊÌ > ÊÌ iÊV iÀ }ÞÊ } ÌÊ >} i\Ê V Û V }Ê > >}iÀÃÊ>}> ÊÌ >ÌÊÌ iÊ ÕÀV Ê` iÃÊ ÌÊ Ài > ÊÃÌÕV Ê Ê>ÊV Õ ÌiÀ«À `ÕVÌ Ûi]Ê L >Ãi`]Ê ÀÊ i Ü>ÞÊ`ivi ViÊ vÊ À Ã Ì > ÊÌÀ>` Ì Ã°Ê
À ÃÌ > Ê V Õ Ì iÃÊ V> Ê > Ã Ê Û ÌiÊ > >}iÀÃÊÌ ÊÌ i ÀÊ iiÌ }Ã]Ê ÀÊ Û Ã ÌÊÌ i Ê ÊÌ i ÀÊÜ À « >ViðÊ/ ÃÊ V> Ê vviÀÊ Õ µÕiÊ «« ÀÌÕ Ì iÃÊ v ÀÊ `iÛi « }Ê À ÃÌ > Ê v> Ì ]Ê > `Ê v ÀÊ LÕ ` }Ê V ÃÌÀÕVÌ ÛiÊ Ài >Ì Ã «ÃÊ Ì À Õ} Ê >ÌÕÀiÊ `i Ì Ì iÃ]Ê>ÃÊÜi Ê>ÃÊ LiÞ }ÊÛ ÀÌÕiÃÊÌ >ÌÊ i «ÊLÕà iÃÃÊÌ Ê LiV iÊ ÀiÊÌ Õ} ÌvÕ Ê ÊÌ iÊ } ÌÊ vÊ -,°Ê Ê Ì ÃÊ iÌ V> Ê vÀ> iÜ À ]Ê iÛi Ê iÀ}iÀÃÊ > `Ê >VµÕ Ã Ì Ã]Ê Ü V Ê ÕÃÕ> ÞÊ Ìi `Ê Ì Ê V>ÕÃiÊ Ài`ÕV Ì ÃÊ Ê >L ÕÀ]Ê > Ì Õ} Ê Ì iÞÊ >ÀiÊ > i`Ê>ÌÊi ÃÕÀ }ÊÌ iÊV Ì Õi`ÊiÝ ÃÌi ViÊ vÊÌ iÊV «> ÞÊ Ê>ÊV «iÌ Ì ÛiÊ >À iÌÊ vÊ} L> ÊV>« Ì> à ]Ê>ÀiÊ iÀi ÞÊ LÕà iÃÃÊ V>ÃiÃÊ Ì >ÌÊ ÀiµÕ ÀiÊ ÃÌÀ }ʵÕ> Ì Ì>Ì ÛiÊà Ã]Ê> `ÊÜ iÀi]Ê ¼Ì iÊvÕ `> i Ì> Ê«À V « i]ʺ` Ê} `Ê > `Ê >Û `Ê iÛ º]Ê V> ÌÊ LiV iÊ Ì iÊ L>à ÃÊ ÊÜ V ÊÌ Ê`iV `iÊÜ iÌ iÀÊÌ Ê } ÊÌ À Õ} ½Ê*>ÕV > Ì]ÊÓääÓ®°Ê
*À L>L Þ]Ê Ì iÊ > ÃÜiÀÊ Ì Ê Ì iÊ Ài Ãi>ÀV Ê µÕiÃÌ Ê vÊ Ü iÌ iÀÊ ÀÊ ÌÊ V «> iÃÊ >ÛiÊ >Ê À> Ê L }>Ì Ê Ì Ê « i i ÌÊ -,Ê ÃÊ ÌÊ >Ê Ã>Ì Ãv>V Ì ÀÞÊ i]Ê LÕÌÊ ÌÊ ` iÃÊ > Ê Ì Ê LÕ `Ê }Ài>ÌiÀÊ V >À ÌÞ\Ê ÌÊ `i«i `ÃÊ Ê Ì iÊ ` Û `Õ> Ê V>ÃiÃÊ Ê Ì iÊ }ÀiÞÊ >Ài>Ã°Ê 9iÌ]Ê Ê>ÊL >V Ê> `ÊÜ ÌiÊÃV i i]Ê Ê V i>ÀÊ > ÃÜiÀÊ V> Ê LiÊ } Ûi ]Ê LiV>ÕÃiÊ Ì iÊivviVÌ Ûi iÃÃÊ vÊ -,Ê`i«i `ÃÊ Ê Ì iÊ Ü i`}iÊ vÊÌ iÊ}ÀiÞÊ>Ài>Ã°Ê ÃÌi>`Ê vÊ`iÃVÀ L }ÊÌ iÊv> Ì Ê>ÌÊÜ À Ê Ûi i Ì]Ê Ü V Ê Ü Õ `Ê Ìi `Ê Ì Ê ÕV ÊÌ Ü>À`ÃÊà V }ÞÊ ÀÊi` vÞ }Ê ÌiÀ>ÌÕÀi]Ê iëiV > ÞÊ Ì >ÌÊ ÜÀ ÌÌi Ê LÞÊ
À ÃÌ > iÛ> }i V> ÊÃV >ÀÃÊ ÊÌ iÊ >ÃÌÊ ÌÜ Ê Þi>ÀÃ]Ê Ê «ÀiviÀÊ Ì Ê Ì> iÊ Ì iÊ >Ì ÛiÊ >««À >V °Ê / ÃÊ ÃÊ ÌÊ
),1$1&( 7+( &20021 *22' %,(1 &20081 1 ,
>Ê,- ÊÀi« ÃiÊÃÕÀÊ iÃÊ ÌiÀ>VÌ ÃÊi ÌÀiÊ iÊV> À>VÌmÀiÊ iÃÊ` À }i> ÌÃÊ iÌÊ iÕÀÃÊi « Þjî]Ê >Ê VÕ ÌÕÀiÊ`iÊ ½i ÌÀi«À ÃiÊ iÌÊ iÊ À ÃÌ]ÊV à `jÀjÊ V iÊ L iÌÊ`iÊÌÀ> à Vi `> ViÊÕ Ì iÊiÌÊ ÃÕ«« ÀÌÊDÊ«>ÀÌ ÀÊ`ÕµÕi Ê `jÛi ««iÀÊ ½jÌ µÕiÊ V ÀjÌ i i°Ê
ÊivviÌ]Ê >Ê,- ÊiÃÌÊ L i Ê« ÕÃÊµÕ½Õ iÊÃÌÀ VÌiÊ Lj ÃÃ> ViÊDÊ >Ê °Ê
>Ê,- Êý>ÌÌ>V iÊ `½>L À`Ê>ÕÊ`jÛi « «i i ÌÊ`ÕÊV>À>VÌmÀiÊ ` Û `Õi °Ê
>ÊÃ Õ ÃÃ ÊDÊ`iÃÊ Û> iÕÀÃÊ` VÌjiÃÊ«>ÀÊ >Ê w > ViÊ>ÕÊ`jÌÀ i ÌÊ `iÊÛiÀÌÕÃÊÃÕ«jÀ iÕÀiÃÊ >««>À> ÌÊ«À L j >Ì µÕi°Ê
Àõս ÃÊÀj> Ãi ÌʵÕiÊ ViÃÊÛiÀÌÕÃÊà ÌÊ jiÃÊDÊ iÕÀÊ `i Ì ÌjÊ ` Û `Õi i]Ê`iÊ LÀiÕÝÊ ` À }i> ÌÃÊý>vy }i ÌÊ `iÊViÌÌiÊ`jV iÝ Ê i ÌÀiÊ iÕÀÊÌÀ>Û> ÊµÕ Ì ` i ÊiÌÊ iÕÀÊ `i Ì ÌjÊ «iÀà i i°Ê
«À L i vÀiiÊ >ÃÊ Ì Ê ÜÊ iV ÃÌÃÊ µÕ> vÞÊ > `Ê µÕ> Ì vÞÊ Ì }Ã]Ê iÛi Ê Ì Õ} Ê Ì iÃiÊ Û> ÕiÊ Õ`} i ÌÃÊ >ÀiÊ iViÃÃ>ÀÞÊ ÊiÛiÀÞ`>ÞÊLÕÃ iÃÃÊ«À>V Ì Vi°Ê À ÃÌ > Ê iÌ VÃÊ >ÃÊ VÀ Ì V âi`Ê Ì iÃiÊÛ> ÕiÃÊ Ê } ÌÊ vÊÌ iÊi i ÌÊ Û ÀÌÕiÃÊÌ >ÌÊ`iw iÊÌ iÊ` vviÀi ViÊLi ÌÜii Ê iÀiÊ LÕÃ iÃÃÊ } > ÃÊ > `Ê Ì iÊ Õ Ì >ÌiÊ `Ê ÃV iÀ]ÊÓääÓ®°
7 Ì Ê Ài}>À`Ê Ì Ê Ì iÊ Ì ÀiiÊ > ÀÊ `i ÃÊ vÊ -,Ê«ÀiÃi Ìi`Ê Ê }ÕÀiÊ£]Ê ÊÜ Õ `Ê iÊÌ ÊiÝ> iÊÌ iÊ À > Ì ÛiÊ Ü>ÞÃÊ Ê Ü V Ê > >}iÀÃÊ > iÊ Ì i ÀÊ ` Û `Õ> Ê À> Ê`iV à Ã\Ê Ê Ì iÊ iÊ > `Ê L>Ãi`Ê Ê iV Þ]Ê Ì iÞÊ > iÊ Ì iÊ ÀiÊ ¼À>Ì > ½Ê `iV à ÃÆÊ Ê Ì iÊ Ì iÀÊ > `]Ê vÀ Ê >Ê Ì i } V> Ê « ÌÊ vÊ Û iÜ]Ê Ì iÊ ÀiÊ ¼ ÌÕ Ì Ûi½Ê`iV à ðÊ
-,Ê ÃÊL>Ãi`Ê ÊÌ iÊÀi >Ì Ã «ÃÊ vÊ Ì iÊ V >À>VÌiÀ]Ê vÊ L Ì Ê > >}iÀÃÊ > `Ê Ì i ÀÊ i « ÞiiÃ]Ê Ì iÊ V À« À>ÌiÊ VÕ ÌÕÀi]Ê > `Ê À ÃÌÊ >ÃÊ Ì iÊ Õ Ì >ÌiÊ ÌÀ> ÃVi `i Ì> Ê«ÕÀ« Ãi°Ê à `iÀ }Ê Ì iÊ VÀ ]Ê iââ ]Ê > `Ê >VÀ Ê iÛi Ê vÊÌ iÊ À> Ê L }>Ì ÃÊv ÀÊ -,]Ê> Ê Ì iÃiÊwi `ÃÊ>ÀiÊ i`ÊÌ Êi>V Ê Ì iÀ°Ê ÕÌÊ Ì iÀiÊ ÃÊ ÕV Ê iÛ `i ViÊ Ì Ê LiÊ v Õ `Ê ÊÌ iÊ ÌiÀ` ÃV « >ÀÞÊ ÌiÀ> ÌÕÀiÊ vÊ«ÃÞV }ÞÊ> `Ê > >}i i ÌÊ Ì >ÌÊ ÌÊ ÃÊ ÀiÊ ivwV i ÌÊ v ÀÊ -,Ê Ì Ê ÕÃiÊ `i Ì ÌÞÊ>ÃÊ>ÊÃÌ>ÀÌ }Ê« Ì]ÊLiÊ ÌÊ Ì >ÌÊ vÊ ` Û `Õ> Ê > >}iÀÃÊ ÀÊÌ i ÀÊ i « ÞiiðÊ/ i ÀÊ«iÀà > Ê ÌiÀiÃÌÃ]Ê V y VÌÃ]Ê > `Ê LÀ >`iÀÊ i`ÕV>Ì Ê Ì À Õ} ÊÀ i `i ÃÊ>ÀiÊ « ÀÌ> ÌÊ Ê iëiV > ÞÊ ÊÌ iÊ } «ÀiÃÃÕÀiÊLÕà iÃÃÊi Û À i ÌÊ vÊ7> Ê-ÌÀiiÌ°Ê
/ iÀiÊ Ã Õ `Ê > Ü>ÞÃÊ LiÊ V }ÀÕ i ViÊ Ê> ÊÌ ÀiiÊ iÛi Ã]ÊÌ >ÌÊ >À ÃiÊÌ iÊV >À>VÌiÀÊ vÊÌ iÊ ` Û `Õ> ]Ê Ì iÊVÕ ÌÕÀiÊ vÊÌ iÊV «> Þ]Ê> `Êv> Ì Ê Ê À ÃÌÊ LiÞ `Ê Ì iÊ À>Ì > ÌÞÊ vÊ iV VÃ°Ê > >}iÀÃÊ Ã Õ `Ê ÌÀ à V> ÞÊ i V ÕÀ>}iÊ -,ÊÌ À Õ} Ê>Ê iÃÃÊ L iV Ì Ûi]Ê> `Ê Û }Ê>ÌÌ ÌÕ`iÊÌ ÊV À« À>ÌiÊ VÕ ÌÕÀi°Ê -,Ê Ã Õ `Ê > Ã Ê LiÊ ÃÌÀÕ i Ì> Ãi`]Ê>ÃÊÌ ÃÊV> ÊLiÊ>ÊÃÕ«« ÀÌÊ v ÀÊ Û ÀÌÕ ÕÃÊ Li >Û ÕÀ]Ê À>Ì iÀÊ Ì > Ê V à `iÀ }Ê ` Û `Õ> ÃÊ >ÃÊ >Ê i> ÃÊ Ì Ê > Ê i `°Ê Ê À`iÀÊ Ì Ê Õ« `Ê -,Ê Ê> Ê «i Ê> `Êi V ÕÀ>} }ÊÜ>ÞÊÌ Ê i « ÞiiÃ]Ê> Ê À> Ê>}i ÌÃÊ V Õ` }Ê V ÃÕ iÀÃ®Ê Ã Õ `Ê Li >ÛiÊ Ê >Ê iÃÃÊ L >Ãi`Ê > `Ê ÀiÊ V à `iÀi`Ê Ü>Þ]ÊÀ>Ì iÀÊÌ > Ê« Ì }ÊÌ iÊw }iÀÊ >ÌÊ > >}iÀÃ°Ê ÊÃÕ«« ÃiÊÌ >ÌÊ -,Ê ÃÊÀi> ÞÊ ÀiÊ Ì > Ê ÕÃÌÊ i}> ÊV « > Vi°Ê -,ÊV> ÌÊ LiÊ ÕÃÌÊ >Ê V Ì i ÌÊ Ì Ê iiÌÊ Ì iÊ i}> ÊÃÌ> `>À`ÃÊÌ À Õ} Ê>Û ` }Ê >À ]Ê >ÃÊ ÃÌÊ «i « iÊ Ü Ì Ê Ê «>À Ì VÕ >ÀÊÀi } ÕÃÊ>vw >Ì ÊÌi `ÊÌ Ê` Ê Ì ÃÊ> ÞÜ>Þ°
-,Ê v VÕÃiÃÊ wÀÃÌ ÞÊ Ê Ì iÊ `i Ûi « i ÌÊ vÊ ` Û `Õ> Ê V >À>VÌiÀ°Ê 7 i Ê ` Û `Õ> ÃÊ} ÊÌ Êv>ÀÊ ÊÌ i ÀÊ Ì>Ì Ê vÊ À iÊ `i Ã]Ê Ì ÃÊ >ÞÊ «>ÀÌ > ÞÊ iÝ« > Ê >Ê >V Ê vÊ À> ÌÞÊ ÊÌ iÊ ` Û `Õ> Ê > >}iÀ½Ã°Ê > >} iÀÃÊLi >ÛiÊ` vviÀi Ì ÞÊ Ê`i> }ÊÜ Ì Ê Ì iÊ ÌiÀiÃÌÃÊ vÊ i « ÞiiÃ]Ê V i ÌÃ]Ê Ã >Ài `iÀÃ]Ê > `Ê ÃÌ> i `iÀÃ]Ê >ÃÊ Ü>ÃÊÃ Ü Ê`ÕÀ }ÊÌ iÊiÛi ÌÃÊ vÊÌ iÊ VÕÀÀi ÌÊ 7> Ê -ÌÀiiÌÊ w > V > Ê VÀ Ã Ã°Ê *>ÀÌ VÕ >À ÞÊ Ê ÛiÃÌ i ÌÊ L> }]Ê Ü V Ê Ã iÌ iÃÊ Ìi `ÃÊ Ì Ê ¼Ài`ÕVi½Ê
9,578286 (17(535,6(6 7+( 3/$&( 2) &+5,67,$1 (7+,&6
*>À> m i i ÌÊDÊ ½>«« V>Ì Ê`iÊ >Ê Ì Ê`iÊ ,- Ê`> ÃÊ >ÊVÕ ÌÕÀiÊ`iÊ ½i ÌÀi«À Ãi]Ê ÊÃi L iÊ iÃÃi Ì i Ê`iÊv>Û À ÃiÀÊ ½j`ÕV>Ì Ê À> iÊDÊ ½> `iÊ`iÊ `m iÃÊ`iÊ À iðÊ
Ê iÊv> ÌÊ>ÕVÕ Ê` ÕÌiÊ µÕ½Õ ÊV « ÀÌi i ÌÊ iÝi « > ÀiÊ`ÕÊ` ÀiV ÌiÕÀÊ}j jÀ> ÊiÌÊµÕ½Õ Ê ÃiÀÛ ViÊ`iÃÊÀiÃà ÕÀViÃÊ Õ > iÃÊ« ÕÃÊÃ Õ V iÕÝÊ`iÊ >Ê Ì Ê`iÊ ,- Êà ÌÊ`iÃÊj j i ÌÃÊ V jÃÊ« ÕÀÊÌi `ÀiÊÛiÀÃÊ Õ iÊ Êi ÌÀi«À ÃiÊÛiÀ ÌÕiÕÃiÊ °Ê
«i « iÊ Ê } L> Ê V «> iÃÊ Ì Ê ¼ Õ > Ê V>« Ì> ½]Ê Ì iÊ > i >Ì Ê vÀ Ê } iÀÊ Û ÀÌÕiÃÊ VÀi>Ìi`Ê LÞÊ w > V > `À Ûi Ê Û> ÕiÃÊ >««i>ÀÃÊ Ì Ê LiÊ «À L i >Ì V°Ê ,iV } â }Ê Ì >ÌÊ Ì iÃiÊ Û À ÌÕiÃÊ>ÀiÊ i`ÊÌ Ê>Ê«iÀà ½ÃÊ `i Ì ÌÞ]Ê > ÞÊ > >}iÀÃÊV « > ÊÌ >ÌÊÌ iÀiÊ ÃÊ ÊV iVÌ ÊLiÌÜii ÊÌ i ÀÊ>VÌÕ > ÊÜ À Ê> `ÊÌ i ÀÊ«iÀà > Ê `i Ì ÌÞ°Ê *iÀ >«ÃÊÌ iÃiÊ > >}iÀÃÊvii ÊÌ ÃÊ Ü>ÞÊLiV>ÕÃiÊÌ iÞÊ iÛiÀÊÀiVi Ûi`Ê> ÞÊ `ii«Ê À> Ê i`ÕV>Ì Ê `ÕÀ }Ê Ì i ÀÊ Ì iÊ Ê LÕà iÃÃÊ ÃV °Ê V iÛ }Ê > Ê ° ° °Ê `i}ÀiiÊ ÃÊ ÃÌ Ê V ÞÊ Õ `iÀÃÌ `Ê >ÃÊ >Ê ÃÌi«« }Ê ÃÌ iÊ Ê i½ÃÊV>ÀiiÀ°Ê À> Ê i`ÕV>Ì Ê Ì À Õ} Ê À iÊ `i ÃÊ ÃÊ iÊ vÊ Ì iÊ iÞÊ v>VÌ ÀÃÊ Ê « i i Ì }Ê -,Ê Ê Ì iÊ V À« À>ÌiÊ VÕ ÌÕÀi°Ê iÀÌ> Þ]Ê Ì iÀiÊ >««i>ÀÊ Ì Ê LiÊµÕ ÌiÊ>ÊviÜÊ` ÃVÀi«> V iÃÊLiÌÜii Ê Ü >ÌÊ >««i ÃÊ Ê >Ê `>Þ Ì `>ÞÊ L>
à ÃÊ > `Ê Ì iÊ `ià Ài`Ê Li >Û ÕÀÊ iÝ «ÀiÃÃi`Ê ÊÌ iÊ Ãà ÊÃÌ>Ìi i ÌÊ Ê Ì iÊ V «> Þ½ÃÊ ÜiLà Ìi°Ê - iÊ > >}iÀÃÊ «À L>L ÞÊ ÌÀÞÊ Ì Ê ÕÃÌ vÞÊ Ì i ÀÊ Li >Û ÕÀÊ LiV>ÕÃiÊ Ì iÞÊ iÛiÀÊ >`Ê > ÞÊÀ iÊ `i ÃÊ ÊÌ i ÀÊÞ ÕÌ °Ê Ê>Ê ÃÕÀÛiÞÊ vÊ >ÀÛ>À`Ê1 ÛiÀà ÌÞÊ ° ° °Ê }À>`Õ>ÌiÃ]Ê ÜiÛiÀ]Ê > ÞÊ Þ Õ }Ê > >}iÀÃÊ >` ÌÌi`Ê ¼Ì >ÌÊ Ì iÞÊ >`Ê ÀiVi Ûi`Ê iÝ« V ÌÊ ÃÌÀÕVÌ ÃÊ vÀ Ê Ì i ÀÊ `` i > >}iÀÊ L ÃÃiÃÊ ÀÊ vi ÌÊ ÃÌÀ }Ê À}> â>Ì > Ê «ÀiÃÃÕÀiÃÊ Ì Ê ` Ê Ì }ÃÊ Ì >ÌÊ Ì iÞÊ Li iÛi`Ê ÜiÀiÊ Ã i>âÞ]Ê Õ iÌ V> ]Ê ÀÊ Ã iÌ iÃÊ i}> ½Ê >ÌÀ } Ì]Ê £ ®°Ê "«« à }Ê >ÊÜ `iëÀi>`Ê « Ê vÊÛ ÀÌÕi iÕ ÌÀ> Êi`ÕV>Ì ]Ê >ÀÛ>À`Ê«ÃÞV >ÌÀ ÃÌÃÊ >ÛiÊ v Õ `Ê Ì >ÌÊ L Ì Ê ÃÌÕ`i ÌÃÊ > `Ê iÝiVÕÌ ÛiÃÊ iÝ«iVÌÊ L Ì Ê Û ÀÌÕiÊ > `Ê iÛi Ê Ã i ViÊ Ê Ìi>V }Ê >ÌÌiÀÃ]Ê Ü V Ê i « >à âiÃÊ Ì iÊ Àië à L Ì iÃÊ vÊÀ iÊ `i ÃÊ* «iÀ]Ê£ ή°Ê
),1$1&( 7+( &20021 *22' %,(1 &20081 1 ,
iÃÊjÌÕ` > ÌÃÊ` Ûi ÌÊ j}> i i ÌÊ>Û ÀÊÕ iÊ >ÌÌ ÌÕ`iÊ« ÕÃÊÛ Ì> ÀiÊiÌÊ«>ÀÌ V «>Ì ÛiÊi Ê >Ì mÀiÊ`iÊ,- °
- Ê ½ Ê«>ÀÌÊ`ÕÊ«À V «iÊ µÕiÊ ½jÌ µÕiÊ`iÃÊ>vv> ÀiÃÊ«iÕÌÊkÌÀiÊi Ãi } ji]Ê V >µÕiÊ À iÊ«iÕÌÊ kÌÀiÊ> L Û> i Ìi]ÊV>ÀÊ ÊÃiÊÌÀ ÕÛiÀ>ÊÌ Õ ÕÀÃÊ `iÃÊ` À }i> ÌÃÊ« ÕÀÊ iÃÌ iÀʵÕiÊ Ê iÃÊÀm} iÃÊ Ã ÌÊv> ÌiÃÊ« ÕÀÊkÌÀiÊ ÌÀ> Ã}ÀiÃÃjiÃÊ Êi ÊÛÕiÊ `iÊV ÃiÀÛiÀÊÕ Ê>Û> Ì>}iÊV VÕÀÀi Ì i °Ê
>Ê,- ÊÛ i ÌÊý ÃVÀ ÀiÊ `> ÃÊ >ÊVÕ ÌÕÀiÊ`iÊ ½i ÌÀi«À Ãi°
iÃÊÃ> >À jÃÊ«iÕÛi ÌÊ kÌÀiÊ jà Ì> ÌÃÊDÊ ½ iÕÀiÊ `½>«« µÕiÀÊ >Ê Ì Ê `iÊ,- Ê>ÕÝÊ`jV à ÃÊ µÕ½ ÃÊ«Ài i ÌÊ« ÕÀÊ iÕÀÊi ÌÀi«À Ãi°Ê
iÀÌ> Þ]Ê iÝi « >ÀÞÊ Li >Û ÕÀÊ vÊÌ iÊ "Ê> `Ê>Ê ÀiÊ -, À i Ìi`Ê Õ > ÊÀià ÕÀViÊ`i«>ÀÌ i ÌÊ>ÀiÊ iÞÃÊ Ì Ê>Ê¼Û ÀÌÕ ÕÃÊV «> Þ½°Ê ië ÌiÊÌ iÊ v>VÌÊÌ >ÌÊ ÃÌÊLÕà iÃÃÊÃV ÃÊ«> `Ê ÌÌ iÊ >ÌÌi Ì Ê Ì Ê Ì ÃÊ Ê Ì iÊ «iÀ `Ê LiÌÜii ÊÌ iÊv> Ê vÊÃÌ V Ê >À iÌÃÊ>v ÌiÀÊ É££]Ê > `Ê Ì iÊ Ã«iVÕ >Ì ÛiÊ V LÊ Liv ÀiÊ ¼ >V Ê À `>Þ½Ê Ê ÓÊ "VÌ LiÀÊ Óään]Ê ¼ > >}i i ÌÊ i`ÕV>Ì Ê V> Ê > `ÊÃ Õ `ÊLiÊ ÀiÊÌ > ÊÌ iÊÌÀ> à viÀÊ vÊà ÃÊ> `Ê Ü i`}iÆÊ ÌÊÃ Õ `Ê LiÊ>Ê À> Êi `i>Û ÕÀ½Ê* «iÀ]Ê£ ή°Ê -ÌÕ`i ÌÃÊ Ã Õ `Ê v VÕÃÊ «>ÀÌ VÕ >À ÞÊ Ê >Ê ÀiÊ «>ÀÌ V «>Ì ÛiÊ ¼ i`Ê Õ«½ >ÌÌ ÌÕ`iÊÌ Ü>À`ÃÊ -,°
Ê>ÊÌÀ > } iÊ vÊÛ ÀÌÕi]Ê Ü i`}i]Ê > `Ê Ã Ã]Ê / >ÃÊ * «iÀÊ £ Î®Ê >ÃÊ `iÛi «i`Ê µÕiÃÌ ÃÊ >VV À` }Ê Ì Ê « V ÌÊ `i ÃÊ vÊ -,Ê > `Ê Ì iÊ `iÛi « i ÌÊ vÊ V À« À>ÌiÊ VÕ ÌÕÀi\Ê ¼ ÜÊ Ã Õ `Ê > Ê ` Û `Õ> Ê `iV Ã Ê > iÀ]Ê V vÀ Ìi`Ê Ü Ì Ê > Ê iÌ V> Ê ` i >]Ê Ài>V Ê >Ê `iV Ã Ê Ì >ÌÊ ÃÊ V «iÌ Ì Ûi Þ]Ê À}> â>Ì > Þ]ÊiV V> Þ]Ê> `ÊiÌ V> ÞÊÃ Õ `¶½° VV À` }Ê Ì Ê * «iÀ]Ê -,Ê Ã Õ `Ê LiÊ V Õ`i`Ê ÊÌ iÊ ÃÃ Ê vÊ>ÊLÕà iÃÃÊ ÃV Ê >ÃÊ ¼>Ê ÃÌ ÀÞÊ vÊ «iÊ > `Ê V ViÀ ]Ê vÊ «À }ÀiÃÃÊ > `Ê ÞiÌÊ Õ w à i`Ê Ì >Ì Ûiý]ÊÌÀÞ }ÊÌ ÊÀiL> > ViÊ Ì iÊ i`ÕV>Ì > Ê ` i >ÃÊ vÊ iÌ VÃÊ Ê > >}i i Ì°Ê Ê Ì iÊ ÃÞÃÌi Ê vÊ À> Ê L }>Ì ÃÊv ÀÊ -,]ÊLÕà iÃÃÊ Ài >Ì Ã «ÃÊÃ Õ `ÊLiʼL>Ãi`Ê ÊÀi ëiVÌ]Ê iÃÌÞ]Êv> À iÃÃ]Ê> `ÊÌÀÕÃÌÊ>ÃÊ vÕ `> i Ì> ÊÌ ÊÌ iÊivviVÌ ÛiÊ> `ÊiÌ V> ÊvÕ VÌ }Ê vÊ À}> â>Ì Ã½°Ê
/ iÊ µÕiÃÌ Ê vÊ ¼ ܽ]Ê Ì iÊ V iVÌ }Êv>VÌ À]ÊÌ iÊ iÌ ` }ÞÊ> `Ê Ì iÊ iÀ i iÕÌ VÃÊ vÊ -,Ê Ài > Ê V ÌÀ ÛiÀà > °Ê * «iÀÊ ÜÀ ÌiÃÊ Ì >ÌÊ ÌÊ Ü Õ `Ê LiÊ Ài iÛ> ÌÊ v ÀÊ -, À i Ìi`Ê V «> iÃÊ Ì Ê iÝ L ÌÊ Ì À Õ} Ê ¼À } À ÕÃÊ Ài>à }]Ê ÌÊ ` VÌÀ >Ì Ê ÊÌ >ÌÊ> Ê>VÌ Ûi]Êi } Ìi i`ÊV ViÀ Ê v ÀÊiÌ VÃÊ> `ÊV À« À>ÌiÊÀië à L ÌÞÊ vÌi Ê ÃÊÌ iÊÀ } ÌÊ«>Ì Êv ÀÊ>ÊwÀ Ê > `Ê v ÀÊ Ì iÊ ` Û `Õ> Ê Ê Ì iÊ }Ê ÀÕ ]Ê iV V> Þ]Ê À}> â>Ì > Þ]Ê > `ÊV «iÌ Ì Ûi Þ½°Ê ÃÃÕ }Ê Ì >ÌÊ LÕà iÃÃÊ iÌ VÃÊ V> ÊLiÊÌ>Õ} Ì]Ê À ÃÊV> ÊLiÊ> L Û> i Ì]Ê>ÃÊà iÊ > >}iÀÃÊ >ÞÊÃ>ÞÊÌ >ÌÊ ¼ÀÕ iÃÊ>ÀiÊ i> ÌÊÌ ÊLiÊLÀ i ½Êv ÀÊÌ iÊ Ã> iÊ vÊ > Ì> }Ê >Ê V «iÌ Ì ÛiÊ i`}i°Ê iÀÌ> Þ]Ê À ÃÊ V> Ê > Ã Ê LiÊ Ài>VÌ Ûi]Ê>ÃÊÌ iÞÊ>ÀiÊÕÃÕ> ÞÊL>Ãi`Ê Ê «>ÃÌÊiÝ«iÀ i ViÊ> `ÊÌ i ÀÊ>«« V>Ì Ê Ì ÊÌ iÊ ` Û `Õ> ÊV >À>VÌiÀÊ ÃÊ ÌÊÞiÌÊ ÃÕvwV i Ì ÞÊ«ÀiV Ãi°Ê ÌÊ ÃÊ Ê ÃÕÀ«À ÃiÊ Ì i ]Ê Ì >ÌÊ iÛi Ê
-, À i Ìi`Ê ÀÊÌ i } V> ÞÊ ` i`Ê ` Û `Õ> ÃÊ vÌi Ê Ìi `Ê Ì Ê Ã>Þ\Ê ¼ ÌÊ Ü>à ½ÌÊ i½Ê ÀÊ ¼iÛiÀÞ iÊ ÃÊ ` }Ê Ì½°Ê ÃÌÊ > >}iÀÃÊ LÛ Õà ÞÊ ` Ê ÌÊ Ü Ã Ê Ì Ê ÃÌ }>ÌiÊ ÜÀ }Ê ÀÊ iÛ Ê >V Ì Ã]Ê LÕÌÊ i Ì iÀÊ ` Ê Ì iÞÊ Ü> ÌÊ Ì Ê iÝ« ÃiÊÌ i Ãi ÛiÃÊÌ Êv>ÀÊLÞÊ«Ài>V }ÊÌ Ê Ì iÀÃÊ Ê >ÌÌiÀÃÊ vÊ >Ü]ÊiÌ V> Ê Õ `iÀÃÌ> ` }]Ê ÀÊ Ã V > Ê >VVi«Ì > Vi°Ê > ÞÊ «À ëiVÌ ÛiÊ i « ÞiiÃ]Ê L Ì Ê V ÃV Õà ÞÊ ÀÊ Õ Ìi Ì > ÞÊ `iV `iÊÌ Ê} ÊÜ Ì ÊÌ iÊy Ü°Ê > >}iÀÃÊ Ê Ì iÊ V ÕÀÃiÊ vÊ Ì i ÀÊ V>ÀiiÀÃÊ >ÛiÊ Ì Ê v>ViÊ > ÞÊ iÌ V> Ê V > i }iÃÊ Ê ` vviÀi ÌÊ V À« À>ÌiÊ VÕ ÌÕÀiÃÊ Ì >ÌÊ > Ê >ÀiÊ ÃÕL iVÌÊ Ì Ê Û>À ÕÃÊiÝ«iVÌ>Ì ÃÊ> `Ê«ÀiÃÃÕÀiÃÊvÀ Ê Ì i ÀÊ V ÃÕ iÀÃ]Ê i « ÞiiÃ]Ê > `Ê
9,578286 (17(535,6(6 7+( 3/$&( 2) &+5,67,$1 (7+,&6
Êv> Ì]ÊV >µÕiÊ«iÀ à > ÌjÊ> ÕÌiÊÃiÃÊ «À «ÀiÃÊÛiÀÌÕÃÊDÊ >Ê VÕ ÌÕÀiÊ`iÊ ½i ÌÀi«À Ãi]Ê > ÃÊ LÀiÕÝÊà ÌÊ ViÕÝÊµÕ Ê«ÀjvmÀi ÌÊ iÃÊ >L> ` iÀÊi Ê«>ÃÃ> ÌÊ >Ê« ÀÌi°Ê
½jÌ µÕiÊ ` Û `Õi iÊ ÃiÊÛ ÌÊ` VÊÀi `i jiÊ «>ÀÊ ½iëÀ ÌÊ}j jÀ> ]Ê ½iÌ ÃÊ`iÊ ½i ÌÀi«À Ãi°Ê
"À]ÊÃ Ê iÃÊ` À }i> ÌÃÊ ÌÀ ÕÛi ÌÊÕ Ê `m iÊ ivwV>ViÊ«ÀjiÝ ÃÌ> ÌÊi Ê >Ì mÀiÊ`iÊ,- ]Ê ÊiÃÌÊ >ÕÃà ÊLi>ÕV Õ«Ê« ÕÃÊ > ÃjÊ« ÕÀÊ iÃÊi « ÞjÃÊ `iÊýÞÊV v À iÀÊ`> ÃÊ iÕÀÊV « ÀÌi i Ì°Ê
iÛi Ê Ã V iÌÞ°Ê ÜiÛiÀ]Ê `iV à ÃÊ Ê LÕà iÃÃÊ ` Ê >ÛiÊ Ì Ê LiÊ >`i]Ê > `Ê Ìi «Ì>Ì Ê ÃÊÀ vi°Ê ÕÌÊÌ iÀiÊ>ÀiÊ> à Ê`Þ > VÃÊÌ >ÌÊ >ÞÊ Ã« ÀiÊ ÀiÊ -, À i Ìi`ÊLi >Û ÕÀÊ Ê ` Û `Õ> Ê > >}iÀÃ°Ê Ê Ì iÊ ÃiVÕ >ÀÊ `i Ê vÊ -,Ê >ÃÊ Üi Ê >ÃÊ Ê À ÃÌ > Ê iÌ VÃ]Ê ` Û `Õ> ÃÊ ÌÀÕÃÌÊ Ê Ì iÊ `i>Ê vÊ >Ê LiÌÌiÀÊ vÕÌÕÀi]Ê Li iÛ }ÊÌ >ÌÊÌ i ÀÊ ÛiÃÌ i ÌÃÊÜ Ê V > }iÊ Ì iÊ µÕ> ÌÞÊ vÊ vi°Ê ÌiÀ«iÀ à > Ê Ài >Ì Ã «ÃÊ Ê LÕà iÃÃÊ Ài µÕ ÀiÊ V w`i ViÊ Ê `i Ì ÌÞ]Ê > Ì> }Ê À> Ê«À V « iÃÊ> `ÊÛ ÀÌÕiÃÊ ÊÌ iÊÜ `iÃÌÊÃi Ãi°Ê
-,Ê ÃÊ > Ã Ê iÃÌ>L à i`Ê Ü Ì Ê V À« À>ÌiÊVÕ ÌÕÀiÊ> `Êà >«i`ÊLÞÊÌ iÊ ` Û `Õ> Ê `i Ì Ì iÃÊ vÊ > >}iÀÃÊ > `Ê i « ÞiiÃ°Ê ÛiÀÞÊ V «> ÞÊ >ÃÊ >ÊVÕ ÌÕÀi]ÊÜ iÌ iÀÊ ÀÊ ÌÊ ÌÊ ÃÊ Ìi Ì > ÞÊ > >}i`°Ê ivÌÊÌ ÊÌ i Ãi ÛiÃ]Ê i « ÞiiÃÊ ÕÃÕ> ÞÊ Ài > Ê ià Ì> ÌÊ >L ÕÌÊ « i i Ì }Ê -,Ê Ê Ì i ÀÊ LÕà iÃÃÊ`iV Ã Ã°Ê -, À i Ìi`Ê>V Ì ÃÊ >ÞÊVÀi>ÌiÊ i> ÕÃÞÊ> }ÊV i>}ÕiÃ]Ê ÀÊiÛi Ê Ã >ÌiÊÌ i ÊvÀ Ê> Ê iÝ ÃÌ }ÊVÕ ÌÕÀiÊ vÊ} Ãà «]ÊÕ v> ÀÊ«>ÞÊ ÃV> iÃ]Ê ÛiÃÌ i ÌÊvÀ>Õ`]Ê ÀÊiÝ« ÃÕÀiÊ Ì Ê LÊ ÃiVÕÀ ÌÞÊ ÊÌ iÃÊ vÊw > V > Ê VÀ à ðÊ/ ÃÊ >ÞÊLiÊÌÀÕiÊ vÊ>Ê«iÀÃ Ê Ü Ê >ÃÊ ÕÃÌÊLii Ê Ài`]Ê ÀÊ>«« i`Ê Ì Ê > Ê iÝ ÃÌ }Ê i « ÞiiÊ Ü Ê ii`ÃÊ ÀiÊiÌ V> Ê}Õ `> Vi]Ê«iÀà > ÊÃÕ« « ÀÌ]Ê> `Ê -,Êi`ÕV>Ì °Ê Ê«i « iÊ LÀ }Ê Ì i ÀÊ Ü Ê Û ÀÌÕiÃÊ Ì Ê Ì iÊ V À « À>ÌiÊ VÕ ÌÕÀi]Ê LÕÌÊ > ÞÊ ÃÌ Ê i>ÛiÊ Ì i Ê>ÌÊÌ iÊ` À°ÊÊ ` Û `Õ> ÊiÌ VÃÊ >ÀiÊ Ì iÀiv ÀiÊ Àià >«i`Ê LÞÊ Ì iÊ iÝ ÃÌ }ÊiÌ ÃÊ vÊÌ iÊV «> Þ°Ê ÜiÛiÀ]Ê vÊ > >}iÀÃÊ w `Ê > Ê > Ài>`ÞÊ iÝ ÃÌ
}]ÊÜ À }Ê `i Ê vÊ -,]Ê ÌÊ ÃÊ> Ã Ê ÕV Êi>à iÀÊv ÀÊi « ÞiiÃÊÌ ÊÀiëiVÌÊ Ì iÃiÊÀÕ iÃ°Ê > ÞÊ «À ëiVÌ ÛiÊ i « ÞiiÃÊ Ãi>ÀV Ê Ì iÊ ÜiLÊ }Ê v ÀÊ >Ê V «> Þ½ÃÊv À > Ê Ãà ÊÃÌ>Ìi i ÌÊ> `Ê >ëiVÌÃÊ vÊ ÌÃÊ V À« À>ÌiÊ VÕ ÌÕÀiÊ Li v ÀiÊ >«« Þ }Ê v ÀÊ >Ê L°Ê ÕÀ }Ê Ì iÊ À }Ê «À ViÃÃ]Ê >«« V> ÌÃÊ ÕÃÕ> ÞÊ ià Ì>ÌiÊÌ ÊV > i }iÊÌ iÊ ÌiÀÛ iÜiÀÊ Ü Ì Ê µÕiÃÌ ÃÊ Ê Ì iÊ V «> Þ½ÃÊ Ãà ÊÃÌ>Ìi i Ì]ÊV `iÊ vÊV `ÕVÌ]Ê > `Ê Ì iÀÊÃÌ>Ìi i ÌÃÊÌ >ÌÊ>ÀiÊ« ÃÌi`Ê ÊÌ iÊÜiLà Ìi°Ê iÜÊi « ÞiiÃÊ >ÌiÀÊ ` ÃV ÛiÀÊ > ÞÊ ` ÃVÀi«> VÞÊ LiÌÜii Ê Ì iÊÃÌ>Ìi`Ê Ìi Ì ÃÊ vÊ > >}i i ÌÊ > `Ê Ì iÊ Ài> Ê } }ÃÊ Ê Ê Ì iÊ V «> Þ°Ê -,Ê >ÃÊ Û> Õ>L iÊ Ã `iÊ ivviVÌÃÊ ÊÌ iÊi > Vi`Ê > >}i i ÌÊ vÊ Õ > ÊÀià ÕÀViÃ]Ê«ÕL VÊÀi >Ì Ã]Ê> `Ê w > V > ÊÀ à °Ê -,Ê ÌÊ ÞÊÃiÀÛiÃÊÌ Ê i « >à âiÊÌ iÊ Ì Û>Ì Ê Ê Õ > Ê Àià ÕÀViÃ]Ê ÌÊ > Ã Ê V ÌÀ LÕÌiÃÊ Ì Ê Ì iÊ Ài«ÕÌ>Ì Ê vÊÌ iÊV «> ÞÊ Ê«ÕL VÊ Ài >Ì Ã°Ê / iÊ «ÕÀ« ÃiÊ vÊ -,Ê ÃÊ ÌÊ Ì Ê > iÊ Õ}iÊ Ã ÀÌ ÌiÀ Ê «À wÌÃ]Ê LÕÌÊ Ì Ê ÌÀ> Ãv À Ê Ì iÊ V >À>VÌiÀÊ > `Ê VÕ ÌÕÀiÊ vÊ LÕà iÃÃÊ Ê Ì iÊ }Ê ÌiÀ °Ê ÃÊ >Ê ÀiÃÕ Ì]Ê > >}iÀÃÊ >ÞÊ Ìi `Ê Ì Ê Ì Ê >L ÕÌÊ -,Ê >ÃÊ Ã iÌ }Ê ÌÊ ÃÊ ¼ ViÊÌ Ê >Ûi½°Ê -,ÊÃ Õ `ÊÌ iÀiv ÀiÊ LiÊ«ÀiÃi Ìi`Ê ÊÌ iÊL>à ÃÊ vÊ ÌÃÊ À > Ê >L ÌÞÊ Ì Ê ÌÀ> Ãv À Ê > `Ê «À ÛiÊ LÕà iÃÃ°Ê Ê >VV À`> ViÊ Ü Ì Ê Ì iÊ «À V « iÃÊ vÊÌ iÊ À ÃÌ > Êv> Ì ]Ê -,Ê Ã Õ `Ê> Ü>ÞÃÊLiÊ « i i Ìi`ÊvÀii ÞÊ > `ÊÀië à L Þ]ÊLÕÌÊ ÌÊ>ÃÊ>ÊÌ ÊÌ Ê « i i ÌÊ > Ê iÝViÃà Ûi ÞÊ w > V > Þ `À Ûi Ê LÕà iÃÃÊ Ì >ÌÊ } ÌÊ ÀiÃÕ ÌÊ ÊvÀÕÃÌÀ>Ì Ê>ÌÊ> Ê iÛi ÃÊÜ Ì ÊÌ iÊ V «> Þ°
),1$1&( 7+( &20021 *22' %,(1 &20081 1 ,
> Þ]Ê -,Ê ÃÊ`iÀ Ûi`ÊvÀ ÊÌ iÊ
À ÃÌ > Êv> Ì °Ê ÃVÕÃÃ ÃÊ Ê -,Ê >ÀiÊ > Ê >L ÕÌÊ Õ > Ê >VÌ Ã]Ê Ü V Ê >ÛiÊ> Ü>ÞÃÊLii ÊÃ >«i`ÊLÞÊÀi } Ê ÊÌ iÊ ÃÌ ÀÞÊ vÊ Õ > ÌÞ°Ê Êw Ê`iÊV «Ìi]Ê >Ê ,- Ê`jV Õ iÊ`iÊ >Êv Ê V ÀjÌ i i°Ê
iÊ`jÛi ««i i ÌÊiÌÊ ½>«« V>Ì ÊV VÀmÌiÊ `iÊ >Ê,- Ê«iÕÛi ÌÊkÌÀiÊ > > ÞÃjÃÊDÊ >Ê Õ mÀiÊ `iÊ ½ ÌjÀkÌʵÕiÊ« ÀÌiÊ ½ } ÃiÊ>ÕÊÌÀ> Ìi i ÌÊ `iÃʵÕiÃÌ ÃÊjV µÕiÃÊiÌÊà V > iðÊ
ÊÌ> ÌʵÕiÊ i ÌÊ ÃÌÀ>Ìj} µÕi]Ê >Ê` VÌÀ iÊ Ì j } µÕiÊ`iÊ >Ê ÊÛ V>Ì Ê Ê« ÕÀÀ> ÌÊkÌÀiÊ Ài jiÊDÊ ½iÃÃi ViÊ`iÊ >Ê ÀiÃà ÕÀViÊ Õ > i]Ê `jÛi ««jiÊ`> ÃÊ iÃÊ `iÕÝÊ` ÀiVÌ ÃÊ\ÊDÊ ½ ÌjÀ iÕÀÊiÌÊDÊ ½iÝÌjÀ iÕÀÊ `iÊ ½i ÌÀi«À Ãi°Ê
"LÛ Õà Þ]Ê Ì iÊ wÀÃÌÊ «À L i Ê Ü i ÊÌ i À â }Ê> `Ê` ÃVÕÃà }Ê -,Ê Ê Ì iÊ V ÌiÝÌÊ vÊ Ài } Ê Ã\Ê Ü V Ê Ài } ÕÃÊ > }Õ>}iÊ ÀÊ ÌÀ>` Ì Ê ÜiÊ >ÀiÊ Ì> }Ê >L ÕÌ¶Ê 7 V Ê Ã«iV wVÊ v> Ì ]Ê vÊ> Þ]Ê >ÃÊà >«i`ÊÌ iÊLÕà iÃÃÊ «À>VÌ ViÊ vÊ Ì iÊ V «> Þ¶Ê Ì Õ} Ê Ì iÀiÊ>ÀiÊÃi Ã Ì Û Ì iÃÊ> `ÊV « iÝ Ì iÃÊ V Ì> i`Ê Ê Ì iÃiÊ µÕiÃÌ Ã]Ê ÜiÊ >ÛiÊÌ ÊLiÊ>Ü>ÀiÊ vÊÌ iÊ`> }iÀÃÊ vÊà «« }Ê Ì Ê L V Ã Ê ÀÊiV iVÌ V à °Ê iÛiÀÌ i iÃÃ]Ê ÊLi iÛiÊÌ >ÌÊÌ iÊ -VÀ «ÌÕÀiÃÊ >ÛiÊ Lii Ê ÜÀ ÌÌi Ê Ü Ì Ê >ÕÌ À ÌÞÊ > `Ê V> Ê LiÊ Õ `iÀÃÌ `Ê Ì À Õ} Ê Ì iÊ ÞÊ -« À Ì°Ê 7iÊ >ÞÊ LiV iÊiV iVÌ VÊ vÊÜiÊLiV iÊiÝVià à Ûi ÞÊÃi iVÌ ÛiÊ ÊÌ iÊ ÌiÀ«ÀiÌ>Ì Ê vÊ -,Ê `i ÃÊ ÀÊ vÊ ÜiÊ V Õ V>ÌiÊ Ì i Ê Ì Ê i ` i à > ÞÊ ÀÊ Ì ÊiÝViÃÃÊ Ê«ÕL V°Ê7iÊLi iÛiÊÌ >ÌÊ > Ê LÛ ÕÃÊ ÊÀi > ÃÊÌ >ÌÊÕ `iÀ « ÃÊL Ì Êv> Ì Ê> `ÊÜ À Ê ÊÌ iÊL>à VÊ V Vi«ÌÊ vÊ -,°Ê / ÃÊ V> Ê LiÊ v Õ `Ê « Ì V> ÞÊLiÌÜii Ê ivÌÊ> `ÊÀ } ÌÆÊà V > ÞÊLiÌÜii ÊLÕà iÃÃÊ> `Êà V iÌÞÆÊ > `Ê `i } V> ÞÊLiÌÜii Ê À ÃÌ > Ê iÌ VÃÊ> `ÊV>« Ì> à °Ê / iÊÌ À`Ê` i Ã Ê >ÃÊÌ> i Ê Ê iÜÊÀi iÛ> ViÊLiV>ÕÃiÊ vÊÌ iÊw > V > Ê VÀ à ÃÊ Ê V>« Ì> à ]Ê Ì iÊ `iV iÊ vÊ Ì iÊ iÃÌ>L à i`Ê V ÕÀV Ê Ê À Ã Ì > ÌÞ]Ê > `Ê > Ã Ê Ì iÊ LÀi> ` Ü Ê vÊ ÌÀ>` Ì > Êv> ÞÊÃÌÀÕVÌÕÀiÃÊ>ÌÊ iÊ Ü V Ê ÃÊ Ü iÀiÊ ÃÌÀ }Ê v Õ `>Ì ÃÊ v ÀÊiÌ V> Êi`ÕV>Ì ÊÜiÀiÊ«ÀiÛ Õà ÞÊ
«À Û `i`°Ê" ÊÌ iÊ Ì iÀÊ > `]Ê }iÀÊ Ü À ÊÜii i `Ã]Ê ÀiÊ Ìi ÃiÊà V > Ê iÌÜ À }Ê ÊÌ iÊ ÌiÀ iÌ]Ê> `ÊÌ iÊ } L> â>Ì Ê vÊ V «> iÃÊ i V ÕÀ >}iÊ> Þ ÌÞ°Ê / iÊ À ÃÌ > Ê v> Ì Ê ÀiV V iÃÊ > ÞÊ iÝ ÃÌ }Ê }>«ÃÊ Ê > L }Õ ÕÃÊ Ài >Ì Ã «ÃÊÌ À Õ} Ê iÃÕÃÊ À ÃÌ]ÊÌ iÊ ÃVÀ «ÌÕÀiÃÊ vÊ Ì iÊ L i]Ê > `Ê Ì iÊ vi Üà «Ê vÊ Ì iÊ À ÃÌ > Ê V Õ ÌÞ°Ê ÊiÝ> « iÊ vÊÌ ÃÊ>ÀiÊÌ iÊÌiÀ ÃÊ ¼V À« À>Ì ½Ê LÀi> }Ê LÀi>`Ê >ÌÊ Ì iÊ ÕV >À ÃÌ®]ʼV «> Þ½Ê >Û }Ê À Ã Ì > Êvi Üà «®]Ê> `ÊiÛi ʼiV Þ½Ê Ã> Û>Ì Ê Ì À Õ} Ê Ì iÊ ÞÊ -« À ÌÊ Ü Ì ÊÌ iÊ/À ÌÞ®ÊÜ V Ê >ÛiÊÀ ÌÃÊ Ê À ÃÌ > Ê Ì i } V> Ê Û V>LÕ >ÀÞ°Ê iV }Ê >Ü>ÀiÊ Ü V Ê «ÕL VÊ > }Õ>}iÊ ÃÊ ÕÃi`Ê Ê V ÕÀV Ê ÃÌ ÀÞ]Ê ÌÊ LiV iÃÊ« Ãà L iÊÌ Êw `Ê«>ÌV Ü À ÃÊ vÊ >À iÌ« >ViÊ ÃÃÕiÃÊ ÃÕV Ê >ÃÊ Ì iÊ i i` VÌ iÊ À>ÊiÌÊ >L À>°Ê Ê `iÀ Ê Ì iÃ]Ê Ì iÊ À ÃÌ > Û> }i VÊ Ûi i ÌÊ ÊÌ iÊ- ÕÌ iÀ Ê ÃÌ>ÌiÃÊ vÊ Ì iÊ 1- ]Ê >ÃÊ Üi Ê >ÃÊ Ì iÀÊ v> Ì Ê ÌÀ>` Ì ÃÊ iÊ Ì iÊ Ã > V Õ i Ê Ûi i ÌÊ Ê /ÕÀ iÞ]Ê Ã ÜÊ Ì iÊ Û> ` ÌÞÊ>ÃÊÜi Ê>ÃÊÌ iÊ `i«i `i ViÊ vÊ >V>`i VÊ «ÕL VÊ Ì i }ÞÊ Ê Ì iÊ V À« À>ÌiÊÜ À `°Ê
/ ÃÊ ÃÕ}}iÃÌÃÊ Ì >ÌÊ Ì iÊ «À>VÌ ViÊ > `Ê `iÛi « i ÌÊ vÊ -,Ê V> Ê LiÊ iÝ> i`Ê Ê } ÌÊ vÊ Ì iÊ ÕÀV ½ÃÊ ÌiÀiÃÌÊ Ê `i> }Ê Ü Ì Ê iV VÊ > `Ê Ã V > Ê ÃÃÕiÃ°Ê / iÊ ÕÀV Ê Ü>ÃÊ ÌÊ ÞÊ VÀi>Ìi`Ê ÕÌÊ vÊ `i> ÃÌ V]Ê > ÌÀÕ ÃÌ V]Ê ÀÊ Ãi yiÃÃÊ ÌiÀiÃÌÃÆÊ } Û }Ê > iÃÊ«i « iÊvii ʼ} `½ÊLiV>ÕÃiÊ
9,578286 (17(535,6(6 7+( 3/$&( 2) &+5,67,$1 (7+,&6
>Ê,- Êi i k iÊ` ÌÊ >ÌÌi `ÀiÊÕ Ê« ÕÃÊ}À> `Ê Ûi>ÕÊ`iÊV }ÀÕi ViÊ iÌÊ`½ Ìj}À ÌjÊiÌÊ iÕÝÊ Ã½>`>«ÌiÀÊ>ÕÝÊÀj> ÌjÃÊ ` Û `Õi iÃÊ`> ÃÊ iÊ `iÊ`iÃÊ>vv> ÀiÃ°Ê ÌÊ ViV Ê ½iÃÌÊ« Ãà L iʵÕiÊ }À@ViÊDÊ >Êv ÊV Àj Ì i i°Ê
Ì iÞÊ >ÛiÊÌ iÊÀià ÕÀViÃÊÌ Ê` Êà ]Ê> `Ê >ÛiÊ }> i`Ê Ì iÊ >L ÌÞ]Ê ` ÃViÀ i`Ê >Ê ViÀÌ> ÊÛ V>Ì ]Ê ÀÊ i> }Ê ÊÌ i ÀÊ Ü Ê ÛiÃÊÌ À Õ} Ê `°Ê ÃÊ>ÊÃÌÀ>Ìi } VÊ i Ì]ÊÌ iÊÌ i } V> Ê` VÌÀ iÊ vÊ ¼Û V>Ì ½Ê V Õ `Ê LiÊ i`Ê Ì Ê Õ > ÊÀià ÕÀViÃ]ÊL Ì Ê Ã `iÊ> `Ê ÕÌ Ã `iÊ Ì iÊ V «> Þ°Ê >ÀÌ Ê ÕÌ iÀÊ >ÃÊ«À Û `i`Ê i> }Ê> `ÊÛ V>Ì Ê Ì Ê «À viÃà ]Ê Ê Ì iÊ iÀ > Ê ÌiÀ Ê ¼ iÀÕvÕ }½]Ê Ü V Ê i> ÃÊ L Ì Ê Ü À à «Ê> `ÊÜ À ]Ê> `Ê ÃÊà >ÀÊÌ ÊÌ iÊ iLÀiÜÊÜ À`ʼ Û `> ½° ÊÌ iÊ ÕÀV ]Ê i>`iÀÃÊ >ÛiÊÃÌ>ÀÌi`Ê Ì Ê>Ã Ê ÜÊÌ iÞÊ } ÌÊÀi Û ÛiÊÌ iÊ Ãà }Ê > À ÌÞÊ vÊ i LiÀÃÊÜ Ê>ÀiÊ Û Ûi`Ê Ê Ì iÊ ÃiVÕ >ÀÊ >À iÌ« >ViÆÊ Ê V «> iÃ]Ê > >}iÀÃÊ >ÛiÊ >}> Ê
7 i Ê v>Vi`Ê LÞÊ Ì iÊ ` vwVÕ Ì iÃÊ vÊ À> Ê i`ÕV>Ì Ê Ê > >}i i Ì]Ê Ãi« Ê7 >ÀÌ Êv Õ `i`ÊÌ iÊ 7 >ÀÌ Ê Õà iÃÃÊ-V Ê1 ÛiÀ à ÌÞÊ vÊ *i ÃÞ Û> >®Ê >ÃÊ Ì iÊ wÀÃÌÊ LÕà iÃÃÊÃV Ê ÊÌ iÊ1- °Ê iÊ` `Ê ÌÊ` ÊÌ ÃÊ Ê À`iÀÊÌ Ê > iÊ>Ê ÌÊ vÊ iÞ]ÊLÕÌÊÀ>Ì iÀÊÌ Ê«À V > ÊÌ iÊ « ÀÌ> ViÊ vÊ -,ʼ>ÃÊ>ÊÛi V iÊv ÀÊ Ã V > Êi ÌiÀ«À ÃiÃ½Ê ÊÌ iÊ« ÀiÀÊÃÕL ÕÀLÃÊ vÊ- ÕÌ iÀ Ê* >`i « >°Ê/ iÊ ÕÀ «i> Ê Õà iÃÃÊ Ì VÃÊ iÌÜ À Ê ®]Ê >ÃÊ i «i`Ê > ÞÊÃV >ÀÃÊ Ì Ê i }>}iÊ Ê ` ÃVÕÃà ÃÊ Ê -,Ê LiÌÜii Ê i LiÀÃÊ vÊ>V>`i >]ÊÌ iÊ V ÕÀV iÃ]Ê > `Ê Ì iÊ LÕà iÃÃÊ Ü À `°Ê / ÃÊ ÃÊ ÕÃÌÀ>Ìi`Ê Ê Ì iÊ >V>`i VÊ Ã« iÀi]Ê Ü Ì Ê ÀV iÊ >ÀÀ Ê >ÃÊ Ì iÊ
ÃÌ>ÀÌi`ÊÌ ÊÀiyiVÌÊ ÊÌ i ÀÊLÕÃ iÃÃÊiÌ VÃ]ÊÃii }Ê>Ê } iÀÊ«ÕÀ« Ãi]Ê>Ê i> }Ê Ê À` >ÀÞÊ Ü À ]Ê > `Ê i > Vi`Ê Ài >Ì Ã «ÃÊÌ À Õ} ÊÌ iÃiÊ> `Ê Ì iÀÊ Û ÀÌÕiÃ\ÊÌÀÕÃÌ]Ê iÃÌÞ]ÊÀi >L ÌÞ]Ê> `Ê VÀi` L ÌÞ]Ê> Ê vÊÜ V ÊÌ iÊ À ÃÌ > Ê v> Ì Ê V Ã `iÀÃÊ >ÃÊ V > i }iÃÊ Ê Ì iÊ ÃiVÕ >ÀÊLÕÃ iÃÃÊÜ À `°Ê
-,Ê ÃÊ ÌÊ>Ê iÀiÊ >À iÌ }ÊÌ ÃÊ ÌÊ > i`Ê ÞÊ >ÌÊ VÀi>à }Ê V «> ÞÊ «À wÌÃ]Ê ÀÊ ÕÃi`Ê Ì Ê >Û `Ê }ÀiÞÊ >Ài>ÃÊ Ê Ì iÊ >Ü]Ê V ÀVÕ Ûi Ì }Ê Ì iÊ V iV ÃÊ > `Ê L> > ViÃÊ vÊ Ì iÊ vi`iÀ> Ê } ÛiÀ i Ì°Ê > ÞÊ V «> iÃÊ ViÀ Ì> ÞÊV Ì ÕiÊÌ Ê ÌiÀ«ÀiÌÊ -,ÊÌ >ÌÊ Ü>Þ]Ê ÜiÀ }ÊÌ i ÀÊiÝÌiÀ > ÊV ÃÌÃÊLÞÊ «À Ûi`Ê «ÕL VÊ Ài >Ì ÃÊ > `Ê iÃÃÊ V ÃÌ ÞÊ >ÜÃÕ ÌðÊ
À } Ì Ü }Ê ¼ `v>Ì iÀÊ vÊ -,½Ê > `Ê *iÌiÀÊ 1 À V Ê >ÃÊ Ì iÊ ivÌ Ü }Ê wÀÃÌÊ V > ÀÊv ÀÊLÕà iÃÃÊiÌ VÃÊ ÊÌ iÊ iÀ > ëi> }Ê>Ài>°Ê Ì iÀÊiÝ> « iÊ ÃÊ Ì iÊ V ÕÀV iÃÊ Ü Ì Ê Ì iÊ >ÌiÃÌÊ `iV >À>Ì ÊLÞÊÌ iÊ iÀ > Ê*À Ìià Ì> ÌÊ ÕÀV Ê ®Ê Ê -,Ê> `ÊÌ iÊ À iÊ vÊ Ì iÊ À ÃÌ > Ê v> Ì Ê >ÃÊ Üi Ê >ÃÊ Ì iÊ LÕà iÃÃÊ Ü À `Ê Ü Ì Ê >ÕÃÊ i à }iÀÊ vÀ Ê Ì iÊ -Ü ÃÃÊ Û>ÀÌ ÃÊ v Õ `>Ì ]Ê iÊ vÊÌ iÊL }}iÃÌÊ} L> Ê « >À >ViÕÌ V> Ê V «> iÃ]Ê Ü ÊÜ>ÃÊ iÊ vÊÌ iÊwÀÃÌÊÌ Êà } ÊÌ iÊ 1 Ìi`Ê >Ì ÃÊ L> Ê «>VÌ°Ê 1 µÕiÃÌ >L Þ]Ê Ì iÊ i Ì ÀiÊ `iL>ÌiÊ Ê -,Ê Ê Ì iÊ >ÃÌÊ ÎäÊ Þi>ÀÃÊ ÃÊ ÌÊ ÌÀ ÕL i vÀii]Ê Ê ÌiÀ ÃÊ vÊ ÜÊ Ì Ê > >}iÊ Ì iÊ À iÊ vÊ > >}iÀÃÊ > `Ê i « ÞiiÃ]Ê vÊ ÃÌ> i `iÀÃÊ > `Ê Ã >Ài `iÀÃÊ À> i]ÊÓä䣮°
),1$1&( 7+( &20021 *22' %,(1 &20081 1 ,
iÊv> Ì]Ê ½ « ÀÌiʵÕi iÃÊÀm} iÃ]Ê ½ « ÀÌiÊ µÕi iÃÊjVÀ ÌÕÀiÃÊ`iÊ ÀjvjÀi ViÊiÌÊ ½ « ÀÌiÊ µÕi iÊV Vi«Ì Ê`iÊ >Ê ,- Ê > ÃÃi ÌÊÕ ÊViÀÌ> Ê `i}ÀjÊ`½ ÌiÀ«ÀjÌ>Ì Ê iÌÊ`j«i `i ÌÊ`½Õ iÊ Ã ÌÕ>Ì Ê` ji°
/ Ê Ì> iÊ Ì ÃÊ À> Ê Li >Û ÕÀÊ Ì Ê > ÊiÝÌÀi i]Êv ÀÊÌ iÊÃ> iÊ vÊV >À ÌÞ]ÊÌ iÊ V>ÃiÃÊ vÊ vÀ>Õ`Ê LÞÊ À ]Ê >ÃÊ Ãii Ê Ê Ì iÊ ÌiÀÛ iÜÊÜ Ì Ê- iÀÀ Ê7>Ì ÃÊ > `Ê 7 À ` ]Ê Ã ÜÊ Ì iÊ À à iÃÃÊ vÊÌ ÃiÊLÕà iÃÃÊ «iÀ>Ì ÃÊÌ >ÌÊ>ÀiÊ Ì iÊV ÃiÃÌÊÌ ÊÌ iÊiÌ V> Ê >À} ðÊ- Ê vÀ Ê Ì iÊ ÛiÀÞÊ i}> Ê Õ Ê > `Ê Ü ÀÃÌÊ V>ÃiÊ ÃVi >À ]Ê Ì iÀiÊ >ÀiÊ µÕ ÌiÊ >ÊviÜÊ Vi Ì ÛiÃÊv ÀÊ> ÞÊV «> ÞÊÌ Ê Li >ÛiÊiÌ V> Þ°
Õ}Ê i V ÊiÌÊ Ài`Ê i ÊÓääx®Ê ÌÊ `jVÀ ÌÊ ½ « ÀÌ> ViÊ`iÃÊ Ì ÃÊ`iÊLÕÌÃÊiÌÊ`iÊ Ãi ÃÊ`> ÃÊ iÊ `iÊ`iÃÊ >vv> ÀiÃ°Ê iÃÊ i>`iÀÃ]Ê i ÊÌ> ÌʵÕiÊ `m iÃÊ`iÊÀ iÃ]Ê` Ûi ÌÊ v> ÀiÊ«ÀiÕÛiÊ`iÊÀiÌi ÕiÊ « ÕÌ Ìʵս>Û ÀÊÕ Ê V>À>VÌmÀiÊi « ÀÌj°Ê
iÊv>VÌ ]Ê iÃÊ` À }i> ÌÃÊ Ã ÌÊÛÕÃÊ«>ÀÊ iÕÀÃÊ i « ÞjÃÊV iÊ`iÃÊ `m iÃÊ`iÊÀ iÃÊ`i Û> ÌÊkÌÀiÊ Êi V ÀiÊ« ÕÃÊ «Õ ÃÃ> ÌÃÊiÌÊ«iÀÃÕ>à vÃÊ µÕiÊ ½ } Ãi]Ê ½jV iÊ ÕÊ >Êv> iÊ °Ê
-,Ê ÌÃi vÊ ÃÌ Ê ii`ÃÊ ÀiÊ V }ÀÕi Vi]Ê Ìi}À ÌÞ]Ê > `Ê >`>«Ì }Ê Ì Ê Ì iÊ ` Û `Õ> Ê LÕà iÃÃÊ Ì > Ê Ü >ÌÊ vviÀi`Ê LÞÊ Ì iÊ À ÃÌ > Ê v> Ì °Ê Ê v>VÌ]Ê > ÞÊ >Ü]Ê ÃVÀ «ÌÕÀiÊ «>ÃÃ>}i]Ê ÀÊ V Vi«Ì Ê vÊ -,Ê ÀiµÕ ÀiÊ >Ê `i}ÀiiÊ vÊ ÌiÀ«ÀiÌ>Ì Ê > `Ê `i«i `Ê Ê Ì iÊ } Ûi Ê Ã ÌÕ>Ì ]Ê > `Ê ` Û `Õ> Ê À> Ê ` ÃViÀ i Ì°Ê ÌÊ Ü Õ `Ê Ãii Ê Ì Ê À } `Ê Ì Ê ÃÌ>ÌiÊ Ì >ÌÊ Ì iÀiÊ ÃÊ > ÞÊ >Là ÕÌiÊ À> Ê ÃÌ> `>À`Ê LiÞ `Ê Ì iÊ /i Ê > ` i ÌÃÊ > `Ê iÃÕÃ½Ê ÃÕ >ÀÞÊ vÊÌ iÊ >Ü°Ê- ]Ê ÃÊÌ iÀiÊ> ÞÊ >Là ÕÌiÊ À> Ê ÀÕ iÊ LÕà iÃà i Ê Ã Õ `Ê LiÞ¶Ê iÃÊ À> ÌÞÊ V > }iÊ vÊ LÕà iÃà i Ê i }>}iÊ Ê ` vviÀi ÌÊ À iÃ¶Ê 7 >ÌÊ Ü Õ `Ê iÌ V> Ê ÌÀ> }Ê ÊÌ iÊ Õ > ÊÀià ÕÀViÃÊ`i«>ÀÌ i ÌÊ Ê i¶Ê ` Û `Õ> ÃÊ > iÊ ÛiÀÞÊ ` vviÀ i ÌÊ À> Ê Õ`} i ÌÃ°Ê Ûi Ê vÊ -,Ê ÜiÀiÊ iÀi ÞÊÕ `iÀÃÌ `Ê>ÃÊ>Ê i}> Ê Ã ÃÕi]ÊV ÌÀ>VÌÃÊÜ Õ `ÊÀiµÕ ÀiÊ`ii«iÀÊ >}Àii i ÌÊ>ÃÊv>ÀÊ>ÃÊ ii« }Ê«À ÃiÃÊ Ì >ÌÊ >ÛiÊLii Ê >`i°Ê Õ}Ê i V Ê > `Ê Ài`Ê i Ê Óääx®Ê ÜÀ ÌiÊ Ê Ì iÊ « ÀÌ> ViÊ vÊ«ÕÀ« ÃiÊ> `Ê i> }Ê Ê LÕà iÃÃ\Ê ¼-V i Ì ÃÌÃÊ Ü Ê ÃÌÕ`ÞÊ
Li >Û ÕÀÊ Ìi Ê ÕÃÊ Ì >ÌÊ Õ > ÃÊ >ÛiÊ > Ê >ÌiÊ ii`ÊÌ Ê > iÊÃi ÃiÊ ÕÌÊ vÊ ÕÀÊ Ûiý°Ê Ê LÕà iÃà > ]Ê Ü Ê >ÃÊ ` ÃV ÛiÀi`Ê ÃÊÛ V>Ì Ê`ÕiÊÌ Ê `½ÃÊ i>À }Ê ]Ê>ÃÊÜi Ê>ÃÊ ÃÊ Ü Ê ` } Ûi Ê Ì> i ÌÃÊ > `Ê «>Ãà Ã]Ê ÃÊ i ÞÊ Ì Ê LiÊ ÀiÊ ÃÕVViÃÃvÕ Ê ÃÌ V> ÞÊ Ã«i> }]Ê Ê >V iÛ }Ê >Ê ÃÕÃÌ> >L iÊL> > Vi°Ê i>`iÀÃÊ>ÃÊÀ iÊ `i ÃÊ ii`ÊÌ ÊLiÊLiÌÌiÀÊÕ `iÀÃÌ `]ÊÀ>Ì iÀÊ Ì > Ê } Û }Ê Ü>ÞÊ Ì Ê Ì i ÀÊ i Ì Ã]Ê LiV>ÕÃiÊ vÊÌ iÞʼ >V Êi Ì > ÊV ÌÀ Ê ÀÊ Ã } ÌÊ Ì Ê Ì iÊ À> Ê ii`ÃÊ vÊÌ i ÀÊv ÜiÀÃ]ÊÌ iÊÜ À Êi Û À i ÌÊ ÃÕvviÀý°Ê i V Ê i « >à âiÃÊ Ì iÊ À> Ê iÃà ÃÊ ` ÀiVÌ ÞÊ > `Ê ` ÀiVÌ ÞÊV Õ V>Ìi`ÊLÞÊÌ iÊLÕà iÃÃÊ i>`iÀÊ>Ãʼ} Û }ÊL>V Ê ÃÊ ÀiÊÌ > Ê>Ê «ÕL V Ài >Ì ÃÊ Ì ½°Ê / ÃÊ ÃÊ Ê >V V À`> ViÊÜ Ì ÊÌ iÊ L i]Ê>ÃÊÌ iÊ ÀiÊ iÊ} ÛiÃ]ÊÃÌÀ Û }Êv ÀÊÌ iÊÜi Li }Ê vÊ ÃÕÀÀ Õ ` }Ê V Õ Ì iÃ]Ê Ì iÊ ÀiÊ iÊÕ Ì >Ìi ÞÊ}iÌÃÊL>V °Ê ÊÌ iÊÀ>Ì > ÌÞÊ vÊiV VÃÊ ÌÊ } ÌÊ ÌÊLiÊ Ì > ÞÊV i>ÀÊÌ >ÌÊÃÌiÜ >À`à «Ê i> ÃÊ ÀiÊÌ Êà iÊiÝÌi ÌÊ Ì > Ê iÀiÊiÌ V> Ê} `°Ê ÃÊ>ÊVÀ Ì V> ÊÌ ]ÊLÕà iÃÃÊiÌ VÃÊ >VÌÕ> ÞÊ i >L iÊ Ài >Ì Ã «Ã]Ê ÌÀÕÃÌ]Ê > `Ê Ì iÊ Ài` ÃÌÀ LÕÌ Ê vÊ Üi> Ì Ê ii`i`Ê Ê >Ê } L> Ê LÕà iÃÃÊ V Õ ÌÞÊ Ì Ê Ã Õ Ì> i Õà ÞÊ VÀi>ÃiÊ Ì iÊ >À iÌÃÊv ÀÊiV VÊ} `ÃÊ> `Ê ÃiÀÛ ViÃ°Ê i V Êi LÀ>ViÃÊ>ÊÕ ÛiÀ Ã> Ê ÃÌÊ vÊ Û ÀÌÕiÃÊ Ì >ÌÊ >««i>ÀÊ Ê Ì iÊ L iÊ Ê >Ê ` vviÀi ÌÊ > }Õ>}i°Ê 7 Ì ÕÌÊ > ÞÊ «>ÀÌ VÕ >ÀÊ iÛ> Õ>Ì Ê >ÃÊ Ì Ê Ì iÊ À`iÀÊ vÊ «ÀiÃi Ì>Ì ]Ê Ì iÞÊ >ÀiÊ Ìi}À ÌÞ]ÊÀië à L ÌÞ]ÊV «>Ãà ]Ê v À} Ûi iÃÃ]Ê}i iÀ à ÌÞ]ÊV Ì i ÌÊ Ì Ê >Ê ÌÀ> ÃVi ` }Ê « ÜiÀ]Ê ÕÃÌ Vi]Ê Ìi «iÀ> ViÉÃi v ` ÃV « i]Ê Õ ÌÞ]Ê
9,578286 (17(535,6(6 7+( 3/$&( 2) &+5,67,$1 (7+,&6
* ÕÌ ÌʵÕiÊ`iÊL @ iÀÊ DÊ >Êv ÃÊ iÃÊi ÌÀi«À ÃiÃÊ iÌÊ iÃÊj} ÃiÃ]Ê Êv>Õ`À> ÌÊ « ÕÃÃiÀÊ >ÊÌ j } iÊiÌÊ iÃÊÃV i ViÃÊ`ÕÊV « ÀÌi i ÌÊDÊV >L ÀiÀÊ`>Û> Ì>}iÊÃÕÀÊ iÃÊ µÕiÃÌ ÃÊ`iÊ,- °Ê
Ü Ã` ]ÊV ÕÀ>}i]Ê> `ÊV>ÀiÊv ÀÊ Û }Ê Ì }ÃÊ> `ÊÌ iÊi Û À i Ì°Ê / iÊ >ÕÌ ÀÊ > Ã Ê ÀiV i `ÃÊ «i « iÊ `i Ì vÞÊ V ÀiÊ Û> ÕiÃÊ ÃÕV Ê >ÃÊ >vw >Ì Ê > `Ê Ì À vÌ iÃÃ]Ê V v ÀÌÊ > `Ê Ã>viÌÞ]Ê Ü Ã` Ê > `Ê }À>Ì ÌÕ`i]Ê V Õ ÌÞÊ > `Ê vÀ i `Ã «]Ê Þ> ÌÞÊ > `Ê> ÌÀÕ Ã ]Ê iÀÊ«i>ViÊ> `Ê «i `i` iÃÃ]Ê > `Ê >ÃÌÊ LÕÌÊ ÌÊ i>ÃÌ]Ê
>ÌÀ } Ì]Ê °]Ê £ °Ê Ì VÃÊ Ê > Vi]Ê "Ýv À`]Ê >V Üi Ê *ÕL Ã }°
À> i]Ê °Ê i`°®]Ê Óään°Ê / iÊ "Ýv À`Ê > `L Ê vÊ À« À>ÌiÊ- V > Ê ,ië à L ÌÞ]Ê iÜÊ 9 À ]Ê "Ýv À`Ê 1 ÛiÀà ÌÞÊ*ÀiÃð ÃV iÀ]Ê °]Ê ÓääÓ°Ê / i } ÃV iÊ Ì \Ê ÀÕ `Ü ÃÃi ÊÕ `Ê"À i Ì iÀÕ }]Ê -ÌÕÌÌ}>ÀÌ]Ê > iÀ°
«iÀÃiÛiÀ> ViÊ > `Ê i> }vÕ Ê Ü À °Ê
iÊv>VÌ ]Ê > >}iÀÃÊ>ÀiÊÃii ÊLÞÊÌ i ÀÊ i « ÞiiÃÊ >ÃÊ À iÊ `i ÃÊ Ê >Ê Ü>ÞÊ Ì >ÌÊ V Õ `Ê LiÊ iÛi Ê ¼ ÀiÊ « ÜiÀ vÕ Ê > `Ê ÀiÊ «iÀÃÕ>à ÛiÊ Ì > Ê Ì >ÌÊ vÊ V ÕÀV iÃ]Ê ÃV Ã]Ê > `Ê v> iý°Ê ÃÌi>`Ê vÊ L > }Ê L Ì Ê V «> iÃÊ > `Ê V ÕÀV iÃ]Ê Ì i }ÞÊ > `Ê Ì iÊ Li >Û ÕÀ> ÊÃV i ViÃÊÃ Õ `ÊÜ À Ê ÀiÊ V >L À>Ì Ûi ÞÊ Ê -,°ÊU
* «iÀ]Ê /°]Ê £ Î°Ê > Ê iÌ VÃÊ LiÊ Ì>Õ} ̶\Ê «iÀëiVÌ ÛiÃ]Ê V > i }iÃ]Ê > `Ê >««À >V iÃ]Ê > LÀ `}i]Ê >ÀÛ>À`Ê Õà iÃÃÊ-V ° *ÀÕâ> ]Ê *°]Ê Óään°Ê ¼-« À ÌÕ> ÌÞÊ >ÃÊ >Ê À Ê >à ÃÊ v ÀÊ À« À>ÌiÊ - V > Ê ,ië à L ÌÞ½]Ê \Ê À> i]Ê °Ê i`°®]Ê / iÊ "Ýv À`Ê > `L Ê vÊ À« À>ÌiÊ - V > Ê ,ië à L ÌÞ]Ê iÜÊ 9 À ]Ê "Ýv À`Ê1 ÛiÀà ÌÞÊ*ÀiÃð
Ài V ]Ê *°]Ê £ n{°Ê iVÌ ÛiÊ > `Ê
À« À>ÌiÊ ,ië à L ÌÞ]Ê iÜÊ 9 À ]Ê
Õ L >Ê1 ÛiÀà ÌÞÊ*ÀiÃð
-V Ü>Àâ]Ê °]Ê Óääx°Ê 7 ÀÌÃV >vÌÃ «iÀ Õ Ê ÀV i\Ê iÀÊ BV Ì }ÃÌiÊ âiÀ Ê iÕÌÃV > `Ã]Ê À> vÕÀÌ]Ê > «ÕÃÊ6iÀ >}°
i V ]Ê °Ê > `Ê i ]Ê °]Ê Óääx°Ê À> Ê Ìi }i Vi\Ê > V }Ê ÕÃ iÃÃÊ*iÀv À > ViÊ> `Ê i>`iÀÃ «]Ê 1««iÀÊ->`` iÊ, ÛiÀ]Ê7 >ÀÌ Ê-V Ê *ÕL Ã }°
-Ì>V ÕÃi]Ê °]Ê7 > Ã]Ê*°Ê> `Ê , i Ã]Ê -°]Ê £ x°Ê " Ê À> Ê ÕÃ iÃÃ]Ê À> `Ê ,>« `]Ê iÀ` > ÃÊ *ÕL Ã }Ê
«> Þ°
*>ÕV > Ì]Ê /°Ê i`°®]Ê ÓääÓ°Ê Ì VÃÊ > `Ê -« À ÌÕ> ÌÞÊ >ÌÊ 7 À \Ê «iÃÊ > `Ê * Ìv> ÃÊ vÊ Ì iÊ -i>ÀV Ê v ÀÊ i> }Ê Ê "À}> â>Ì Ã]Ê 7iÃÌ« ÀÌ]Ê +Õ ÀÕ Ê Ã°
),1$1&( 7+( &20021 *22' %,(1 &20081 1 ,
(KPCPEG VJG %QOOQP )QQF $KGP %QOOWP ÌÌ«\ÉÉÜÜÜ° LÃw °V Éw > ViEÌ iV } ` L i V Õ ° Ì
>ÃÌÊ ÃÃÕiÃÊÉÊ iÀ iÀÃÊ Õ jÀ Ã Ê Ê Ê Ê Ê
ÓÈÊ ÓÇÊ ÓnÉÓ Ê ÎäÊ Î£ ÎÓÊ
>Êw > ViÊ ÕiÊ>ÛiVÊ iÊë ÀÌ , L Ê Ã}À ÛiÊ*À âi°Ê Ì VÃÊ Ê > Vi ½ vÀ µÕiÊi ÌÀiÊÌÀ>` Ì ÃÊjÌ µÕiÃÊiÌÊ>ÌÌÀ> ÌÃÊw > V iÀÃ
> Ê > >}i i ÌÊ-ÕÀÛ ÛiÊÜ Ì ÕÌÊ6> Õiö
À ÃiÊ ÕÊV>Ì>°°° ÞÃi¶
_Ê"À` >ÀÞÊ-ÕLÃVÀ «Ì ÊÎÊ ÃÃÕiî\ÊÊ _Ê L i i ÌÊà « iÊÎÊ Õ jÀ î\Ê
Çxʼ]Ê££äÊ Ê Çxʼ]Ê££äÊ
_Ê ÃÌ ÌÕÌ > Ê-ÕLÃVÀ «Ì ÊÎÊ ÃÃÕiÃ]ÊÓÊV « iî\ÊÊ £ääʼ]Ê£xäÊ _Ê L i i ÌÊ ÃÌ ÌÕÌ i ÊÎÊ Õ jÀ Ã]ÊÓÊV « iî\Ê £ääʼ]Ê£xäÊ _Ê « iÌiÊ iVÌ Ê ÃÃÕiÃÊ£Ê ÊÎä®\Ê _Ê iVÌ ÊV « mÌiÊ Õ jÀ ÃÊ£Ê ÊÎä®\Ê
Èääʼ]Ê£äääÊ Ê Èääʼ]Ê£äääÊ
_Ê
, ÊÜ Ì Ê«`vÊÛiÀà ÃÊ vÊ ÃÃÕiÃÊ£ £Ç\Ê _Ê
, Ê>ÛiVÊ iÃÊÛiÀà ÃÊ«`vÊ`iÃÊ Õ jÀ ÃÊ£ £Ç\Ê
Èäʼ]Ê äÊ Ê Èäʼ]Ê äÊ
Ê Ê À`iÀÊÚÚÚÚÊV « iÃÊ vÊ Õ LiÀÊÚÚÚÚ\ÊÊ Ê Ê iÊV > `iÊÚÚÚÚÊV « iÃÊ`ÕÊ Õ jÀ ÊÚÚÚÚ\ÊÊ
ÓÈʼ Ê{äÊ Ê³Ê« ÃÌ>}i® ÓÈʼ]Ê{äÊ Ê³ÊvÀ> ÃÊ`iÊ« ÀÌ®
> iÉ \ÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚ ÀÃÌÊ > iÉ*Àj \ÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚ ÃÌ ÌÕÌ \ÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚ ``ÀiÃÃÉ `ÀiÃÃi\ÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚ ÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚÚ "LÃiÀÛ>Ì ÀiÊ`iÊ >Ê > Vi]ÊÓ{]ÊÀÕiÊ`iÊ ½ Ì j ji]Ê£ÓäÈÊ i iÛ>]Ê >Ýʳ{£Êä®ÓÓÊÇn Ê£{ÊÈä]Ê > \Ê vv ViJ LÃv °V
Traumjobs im Internet finden „Es ist schnell gemacht und pragmatisch. Einfach anmelden, den eigenen Lebenslauf hochladen und los geht‘s“. So beschreibt Ansgar seinen ersten Eintrag in einer Jobbörse im Internet. Von klassischen Lehrstellen und den besten Nebenjobs über internationale Praktika zum Traumjob in Übersee, Jobbörsen vermitteln vielfältige Stellenangebote aus den unterschiedlichsten Branchen. Sie bieten sowohl für Jobsuchende als auch -anbieter einfache Lösungen mit hoher Flexibilität. „Ich habe mich richtig gefreut, als ich sogar die Bewerbung eines Unternehmens im Kasten hatte“, resümiert Ansgar. Er wurde selbst angeworben, statt weitere Bewerbungen für die Papierkörbe der Wirtschaft tippen zu müssen. Online-Stellenbörsen bieten eine individuelle und automatisierte Suche. Denn „Personaler möchten Stellenanzeigen mit der bestmöglichen Resonanz platzieren“, erklärt Lars Detmers von Outlance, einem jungen Startup aus Mannheim. Die automatisierten Prozesse würden die Stellenbesetzung erheblich beschleunigen. Allerdings würden manche Anbieter im multimedialen Massengeschäft veraltete Anzeigen nicht sofort löschen oder durch fremde Inhalte das eigene Angebot aufwerten wollen. Daher sei bei der Börsenauswahl im Vergleich zu den platzbeschränkten und kostspieligeren Printmedien größere Sorgfalt geboten, rät Detmers den Jobsuchenden. „In den letzten Jahren erleben wir eine zunehmende Verlagerung ins Internet“, analysiert ein Personalchef aus Frankfurt. Die entscheidenden Qualitätsmerkmale von Jobbörsen sind nach seiner Einschätzung Aktualität, Angebotsumfang und Benut8
Foto: MEV
Wie man Online-Jobbörsen geschickt nutzen kann.
zerfreundlichkeit. Den Erfolg der Onlinerekrutierung sieht Christoph Beck von der Fachhochschule Koblenz darin, dass Aufgaben in Unternehmen meist über 60 Prozent Projektcharakter hätten und dabei immer komplexer würden. „Deutschland und Europa werden immer älter“, bemängeln deutsche Forscher. Diese Bevölkerungsentwicklung führe dazu, dass sich Personaler bald auf weltweite Suche begeben müssen, sind sich die Experten sicher. Die digitalen Plattformen könnten so in den nächsten Jahren das Personalwesen global revolutionieren. Die Vorteile der webbasierten Stel-
Online-Stellenbörsen bieten eine individuelle und automatisierte Suche.
lenmärkte sind nicht nur umfangreiche Suchmöglichkeiten nach Positionen, Branchen und Regionen. Neben den etablierten Portalen gibt es auch eine Reihe von spezialisierten Jobbörsen für bestimmte Branchen wie IT, Beratungs- und Ingenieurwesen. Daneben existieren auch Metasuchmaschinen, die Angebote von Karriereseiten, Arbeitgebern und Stellenbörsen scannen und kompakt zusammenstellen. Viele Jobbörsen bieten zusätzliche Funktionen und praktische Tipps zur Bewerbung, Jobprofile und kostenpflichtige Unterlagenchecks durch Profis. Die Studie „Recruiting Trends 2006“ der Universität Frankfurt ermittelte eine deutlich steigende Nutzung von Internet-Stellenbörsen. Demnach haben bereits 95 Prozent aller deutschen Unternehmen Online-Anzeigen geschaltet. Printanzeigen würden aus Unternehmenssicht meist nur noch wegen der Imagepflege geschaltet, meint eine Psychologin. Wer in einem Printmedium nach Bewerbern suche, stelle ja gleichzeitig auch das Unternehmen dar, um eine gute Entwicklung zu signalisieren. Der Trend zur Ablösung der klassischen Stellenanzeige und Bewerbungsmappe wird sich aus Expertensicht in den nächsten Jahren weiter verstärken. Nach der Frankfurter Studie wurden 2005 in der IT-Branche sogar rund 75 Prozent aller offenen Stellen im Internet rekrutiert. Über 500 Jobbörsen hätten im vergangenen Jahr die webbasierte Veröffentlichung von Stellenanzeigen und Lebensläufen angeboten. Obgleich durch Onlinebewerbungen die Schlüsselqualifikation „Multimedia“ transportiert und der Rekrutierungsprozess beschleunigt werde, so der Tenor der Personalchefs, würden auch im Internet nach wie vor dieselben Einstellungskriterien zugrunde gelegt, wie bei der „konventionellen“ Bewerbung.
Zivildienst 1|2007
xecutives.net
1 von 4
http://www.xecutives.net/content/view/223/78/
Home
Home
Kontakt
Suchen
Sitemap
NEUE FACHARTIKEL Jan
Thomas
Otte
:
Risiko
und
Renditen
ethischer
Investments Prof. Dr. Peter Gross: Vertrauen Johannes Czwalina: Work-Life-Balance in stürmischen Zeiten
Risiko und Renditen ethischer Investments Geschrieben von Jan Thomas Otte
HAUPTMENÜ Home
hinterfragt mit kritischen Reportagen krustige Glaubenssätze und Denkstrukturen. Der Journalist schreibt Porträts über Karrierestreben, soziales Engagement und Sinnsuche in den Führungsetagen. Dafür ist er zu mehreren Awards nominiert worden. Als Berater hält er Fragen nach Glauben, Identität und Moral für unterschätzte Tugenden. Jan Thomas Otte
Risiko und Renditen ethischer Investments
Jan Thomas Otte studierte Theologie an der Universität Heidelberg. Parallel kam eine Journalistenausbildung bei der Konrad-Adenauer-Stiftung hinzu. An der Princeton University (USA) erforscht Otte den Wert von Religiosität und Wertekulturen im Top-Management. Der BusinessQuerdenker schreibt für Medien wie dem Manager Magazin oder der Neuen Zürcher Zeitung (NZZ). Mehr auf seiner Homepage www.gottundgeld.de.
Interviews Fachartikel Das Innovationsforum Bemerkenswerte Literatur Alle Events > Xecutives Summit 2009 Impressum / Verein > Vereinsmitglieder Spenden macht glücklich! Newsletter abonnieren > bisherige Newsletters
Web
Xecutives.net
weiter >
22.09.2009 01:54
religion
Christliche Manager
Zachäus im Wolkenkratzer Christen an der New Yorker Wall Street. Eine Spurensuche
Christliche Manager an der Wall Street sind nicht besser als andere, aber krisenfester, meint Jan Thomas Otte. Der Journalist hat sich im Bankenviertel Manhattans auf die Suche nach Frommen gemacht und einige gefunden. eit der Krise besuchen in New York dreimal so viel Manager Gottesdienste als vorher, sagt Pfarrer James Cooper von der anglikanischen Trinity Church, direkt gegenüber der Börse. Sogar die weltlichen Finanzmagazine berichten über diesen Trend. Doch was bedeutet das? Systemkritik am Kapitalismus finden viele Banker christlichen Glaubens berechtigt, einen Abschied vom Investment-Banking aber nicht. Trotzdem stehen sie dem Leistungsdruck der immer höheren Kapitalerträge skeptisch gegenüber. Eine von ihnen ist die Buchhalterin Sherron Watkins. Sie hat bei dem 2001 insolvent gegangenen Energiekonzern Enron gearbeitet, der wegen Bilanzfälschung im großen Stil Schlagzeilen machte. Der christliche Glaube habe in ihrem Leben schon immer eine wichtige Rolle gespielt, sagt Watkins, die im evangelikalen Südwesten der usa, dem so genannten „Bible Belt“, aufgewachsen ist. Sie wisse, wie heikel es sein könne, zwischen Glauben und Geldgeschäften integer zu bleiben, wie das Gewissen einen drängen könne. Als ihr Unregelmäßigkeiten in den Bilanzen ihres Unternehmens auffielen, erzählt sie,
S
Sie wies den Chef auf eine Bibelstelle hin – und wurde gefeuert. habe sie zunächst das Gespräch mit ihrem Pfarrer gesucht, mit ihm gebetet. Die Bibelstelle aus dem Hebräerbrief, in der es um die „Wolke der Zeugen“ geht, habe sie nicht losgelassen. Schließlich suchte sie ihren damaligen Vorgesetzten auf und wies ihn auf die moralischen
46
zeitzeichen 1/2010
Grauzonen seiner Bilanzen hin. Das Ergebnis: Sie sei als Nestbeschmutzerin beschimpft worden und habe ihren Job verloren. Inzwischen hat Watkins die Seiten gewechselt und tourt durch die usa. Sie berät Manager und Unternehmen, wirbt dafür, „kreative“, also betrügerische Buchhaltung zu vermeiden. Aufrichtigkeit könne sehr weh tun, sagt sie: „Ein Manager sei nicht nur seinen professionellen Standards verpflichtet, dem Wohl der Investoren“. Bei Enron seien das die vielen Mitarbeiter gewesen, ihr eigenes Schicksal und das ihrer Familien. Gefangen im Zwiespalt gedachter Szenarien (und deren Konsequenzen) habe auch sie viele Jahre still gehalten. Doch am Ende habe sie es nicht mehr ausgehalten: „Jedem Christen platzt irgendwann der Kragen“, glaubt die Buchhalterin. Diese Enrons gebe es überall. Und auch Christen seien anfällig für diese Gier. Vivek Matthew hat die Höhenflüge und Abstürze im Investment-Banking erlebt. Neun Jahre bebuchte er wie Watkins die Konten seiner Auftraggeber. Nicht in der Industrie, sondern auf Seite der Investoren bewegte der BusinessAnalyst hohe Summen. Matthew brachte die größtmögliche Rendite für seine Kunden, spekulierte mit hohem Risiko auf Kosten anderer, dem Nutzen weniger verpflichtet: Fremdkapital durch billige Kredite. Die letzten acht Jahre war das ein einträgliches Geschäft gewesen, auch für die Gläubiger, Banken und Versicherungen. Der junge Börsenmakler war während der New Economy-Krise bei der Bank Morgan Stanley eingestiegen. Er erlebte die Hybris gieriger Spekulanten im Internetgeschäft. An das Platzen dieser Blase erinnert sich Matthew gut. Der 11. September zeigte ihm auf schockierende Weise, wie schnell als unzerstörbar wahrgenommene Wolkenkratzer in Trümmern liegen können. Und dann, im vergangenen Jahr, die größte Krise des Finanzsystems seit 1929.
Foto: picture-alliance/AFP Kanter
jan thomas otte
Obwohl ihn sein Chef auch weiterhin als „Performer“ lobte, kündigte er nur wenige Wochen, bevor die Pleite der Lehmann Brothers bekannt wurde. Seit zwei Semestern studiert er nun im Aufbaustudium Theologie in Princeton, fünfzig Meilen entfernt von der Wall Street. Doch will Matthew diesen Ausstieg keinesfalls als Zeichen von Reue verstanden wissen. Er persönlich habe nichts falsch gemacht, findet Matthew. Vor allem an der Basis habe er seinen Job gewissenhaft durchgeführt, betont er, jede Transaktion sei technisch korrekt gewesen. Seine Kollegen in New York bedauert Matthew wegen des Ver-
Christliche Manager
religion
Daran werde er auch bei jedem Gottesdienst am Broadway erinnert: „Es gibt den Obdachlosen in meiner Kirche, der First Presbyterian Church, genauso wie den Investment-Banker“, beschreibt er die sozialen Unterschiede New Yorks. Matthew will Menschen achten, wie Jesus es getan hat. InvestmentBanking sei eine Versuchung, aber kein Widerspruch zu seinem eigenen Glauben. David Miller lehrt Ethik an der Princeton University. Seine Vorlesungen wirken für Zuhörer wie Matthew glaubwürdiger als die anderer Theologen. Auch Miller hinterfragt in seinen Kursen die gängige Praxis der Banken, aber er tut das als Theologe und Betriebswirt. Rund fünfzehn Jahre managte er für die britische Großbank hsbc Versicherungen an der Wall Street. Dann schrieb er seine Doktorarbeit über christliches Management: „Der weiß, wovon er spricht“, sagt Vivek Matthew. Professor Miller überschreibt das Wirken Gottes in der Wirtschaft mit dem hebräischen Wort „Avodah“ (Arbeit). Der Manager, lehrt Miller, der seine Arbeit als Avodah begreift, beachte dreierlei: 1. höchste Professionalität im Beruf, 2. bemühe er sich, Gottes Gaben und die eigenen Fähigkeiten zu erkennen und 3. im Dienst am Nächsten, Gott die Ehre zu geben. Weiterhin interessiert MilDer Bulle an der Wall Street steht für steigende Börsenkurse ler, was den Glauben der Manager von morgen prägen wird, was in ihnen vorgeht, wenn sie geflüchtet. Matthew hat ihre Prahlerei strenges Urteil an“, sagt der 31-jährige. von einer Karriere an der Wall Street immer kritisch gesehen, genau wie die Damit meint er manche Theologie-Pro- träumen. Wenn auch plakativ, seien „neue Bescheidenheit“ ein Jahr nach fessoren die, so Matthew, gegen Mana- dies oft Statussymbole: schnelles Geld, dem Crash. In seinen besten Jahren als ger Stimmung machten. rote Ferraris und Villen auf Long Island. Und die besondere Verantwortung „Sie entsprechen der Logik unserer Banker hat auch er viel Geld an der Börse verloren. Doch trotz hitziger De- der Banken? Die habe jeder Mensch, für Märkte um Geld und Geltung“, sagt batten über Managergehälter und Bo- das, was er tue, findet Matthew. Es Miller, „sie unterteilt Menschen, in solnuszahlungen mit seinen Kommilitonen komme auf den „Bodenkontakt“ an, die che, die das alles haben und andere, die – er investiert weiter, auch vom Campus Glaubwürdigkeit dessen, was man tue. es sich noch nicht leisten können“. Der aus. Sein Job an der Wall Street sei wie Ihm habe dabei der regelmäßige Besuch christliche Glaube, so Millers Studien, jeder andere auch gewesen: viel Hand- eines christlichen Hauskreises in Man- bewahre das Menschsein der Manager, werk, viel Routine. Und wie überall gäbe hattan geholfen. Das Mitgefühl für seine ihre Identität: „Ohne dieses Korrektiv es auch unter Investment-Bankern Nächsten habe er trotz des Börsenge- verwandelt man sich sehr schnell“, sagt Spannungen, gerade im Zwischen- schäfts nicht aus dem Auge verloren. er über den oft gnadenlosen Wettbelustes ihrer Arbeitsplätze. Mit der Limousine seien sie gekommen, nachts mit dem Taxi gefahren, mit gepackten Umzugskisten. Solche Mitarbeiter, die sich keinen Privatjet im Norden Manhattans leisten konnten. Manche Manager seien damit in die Rocky Mountains
menschlichen: Arroganz wegen der letzten Beförderung, das Mobbing der zwangsläufigen Absteiger. Von „Moralaposteln“ im für ihn neuen theologischen Umfeld hält er wenig: „Vom Investment-Banking haben die meist keine Ahnung, maßen sich aber ein
1/2010 zeitzeichen
47
religion
Christliche Manager
werb der Wall Street. Ein Manager verwandele sich schnell in jemanden, der die Mechanismen bedient, die ihn selbst in den Chefsessel befördert hätten: das permanente Vergleichen mit den Leistungen anderer, die kompetitiven Rankings um Anerkennung, meist zum Quartalsende. Manche Personaler nennen diese „Qualifikation“ „Passion wanted“ (Leidenschaft gesucht). So steht es auch in den Karrierebroschüren der Banken. Um ihren Nachwuchs, „High Potentials“, werbend, beschreiben viele ihre Unternehmenskultur mit Formeln wie „grow or go“ (wachse über dich hinaus oder lasse es bleiben). Oder: „up or out“ (nach oben, oder nach draußen).
Gott liebt auch die Banker Robert Doll hat diese Karriereleitern gemeistert. Als Christ sind für ihn Wettbewerb und Kooperation im Allgemeinen kein Widerspruch. Im Umgang mit seinen Mitarbeitern schon. Das Reden um ihr Fordern und Fördern nimmt der Manager ernst. Dabei bezieht sich Doll auf den so genannten „Leverage-Effekt“, dem Dogma der Finanzwirtschaft. Ein Hebel, der bei kleinen Variationen einer Variablen zu größerer Rendite führt. Gerade im Personalwesen der Banken sei der missbraucht worden: „Das darf kein Feigenblatt, eine Legitimation für Ausbeutung, sein“, sagt der InvestmentChef bei BlackRock. Die Finanzwelt, in der er lebt, hält er theologisch gesehen für unbeständig. Ökonomisch gesehen hat sein Unternehmen von Barclays – dem britischen Mitbewerber, der vor einem Jahr das bankrotte Geldhaus Lehmann Brothers zum Spottpreis kaufte – die gesamte Vermögensverwaltung übernommen. Damit ist BlackRock im Juni 2009 in der Liga der Geldwirtschaft auf Platz eins gestiegen. Trotzdem: „Jede Kursschwankung wird sich irgendwann zu Füßen vom Herrn Jesus auflösen“, bekennt der schwerreiche Christ. Doll nimmt sein Glaubensbekenntnis ernst. Trotz der Millionengewinne gehöre ihm nichts auf Dauer, Demut sei ihm wichtiger. Vor allem bei diesen unglaublichen Summen. Er blättert ein wenig in der Offenbarung seiner BüroBibel. In letzter Hierarchieebene verwaltet Doll 2, 7 Billionen US-Dollar Kunden-
48
zeitzeichen 1/2010
vermögen. Mehr als 5000 Mitarbeiter helfen ihm, so viel Vermögen zu managen, wie die Bundesrepublik Deutschland an Schulden angehäuft hat. Die Zürcher Großbank ubs, managt auf Platz Zwei der Weltrangliste immerhin 2000 Milliarden US-Dollar für ihre Kunden. Die Geldgeschäfte lenken schnell ab von dem, was Doll eigentlich will, seiner Berufung nachkommen. Mitte Fünfzig, will er vor allem eines: „Zeugnis für Jesus Christus ablegen.“ Sein finanzieller Erfolg, sagt er, könne ihm Religion, Glauben und Spiritualität niemals ersetzen. In der Öffentlichkeit steht er allerdings eher wegen seiner ökonomischen Expertise – etwa im Fernsehsender cnn, der ihn täglich um Einschätzungen bittet. Dabei mischt Doll die Sprachen seiner beiden Welten, die der Kirche und des Konzerns. Für Außenstehende kann das kryptisch klingen: „Gottesfurcht senkt die Transaktionskosten, gerade in der Krise“, sagt er bestimmt. „Glaube schafft Vertrauen, kann sogar das Verhalten der Mächtigen ändern, ein echter Erfolg.“ Dennoch: Im hektischen Alltag der Börse, einer Hundert-Stundenwoche mit Nachtschichten scheint kaum Zeit für Gott zu sein. Doch der Glaube gebe ihm Rückhalt und innere Heilung. Er mache ihn sensibler für Bedürfnisse anderer. Seinen 20-Millionen-DollarBonus vom vergangenen Jahr habe er gespendet, sagt er. Bei vielen Kollegen beobachtet er, wie sie der hohe Leistungsdruck zu Einzelkämpfern mache. Sein Fazit: „Gerade die bräuchten Jesus am meisten.“ Und ergänzt: „Gott liebt auch die Banker“. Er erinnert sich gern an die Geschichte des Zöllners Zachäus. Der kletterte in einen Baum, um Jesus zu sehen. Doll sitzt im Wolkenkratzer:
Christliche Topmanager gelten als naiv, werden aber dennoch gehört. „Gott sei Dank habe ich die Demut, wieder den Weg nach unten zu finden“, lacht er und rückt seine Krawatte zurecht. Doll wirkt wie ein Moralist. Die haben an der Wall Street wenig zu suchen. Aber er ist nicht der Einzige im Top-Management, der darum mitunter
für naiv gehalten – aber trotzdem von den Kollegen gehört wird. Stephen Green, Vorstand von hsbc, der größten Bank der Welt, engagiert sich sogar als Laienprediger in der anglikanischen Kirche. Am Abend wird Doll in seiner Gemeinde wie jede Woche zwei Chöre leiten. Die wenigsten dort wissen, was er beruflich macht. Doll möchte das auch in Zukunft so halten. n einem Institut für verantwortliches Wirtschaften, mitten im New Yorker Bankenviertel, lädt die ngo-Aktivistin Laura Berry Investment-Banker zum Mittagessen. Gestärkt durch einige Pfarrer, wirbt sie um die „neue Verantwortung nach der Krise“. Professoren wie David Miller aus Princeton sorgen mit ihr dafür, dass ethischen Investments im Kapitalismus mehr Aufmerksamkeit geschenkt wird. Das Ziel von Berrys Arbeit ist einfach, seine Umsetzung scheinbar hoffnungslos: „Glauben als Grundlage für moralisches Verhalten zurückgewinnen. Und synchron nachhaltigere Geldanlagen fördern“. So übersetzt Berry die Bergpredigt, die Zehn Gebote und die Goldene Regel in den Alltag der Anzugträger. „Ich bin immer wieder verblüfft, wie viel Manager eigentlich aus der Bibel wissen“, erklärt Berry. Umso mehr enttäusche sie, wie wenig dieses Wissen auch umgesetzt werde. Christen hatten in den letzten zwanzig Jahren mit ihren Moralvorstellungen wenig Einfluss auf die Wall Street. Auch Juden, Muslime und anders religiös verwurzelten Menschen sei das vor der Krise so gegangen. Doch ans Aufgeben denkt Berry nicht. Sie und ihre Mitstreiter wollen dafür sorgen, dass den Verantwortlichen an der Wall Street der Glaube an Christus wieder wichtig wird. Nur diese Verankerung schaffe endgültige Gewissheit, Hoffnung und Vertrauen, da ist sich die römische Katholikin sicher: „Die Gemeinschaft mit anderen Christen hilft beim Bewusstwerden eigner Defizite.“ Gemeinde, in welcher Form auch immer, ist für die WallStreet-Christen unverzichtbar. Jetzt stehen zumindest zwei Begriffe wieder auf ihrer Agenda: „Dienstleistung“ am Nächsten und „Investment“ in die Gesellschaft. Kann Gottesfurcht also Gier überwinden? Wahrscheinlich nicht immer. Aber manchmal eben doch.
I
14 WIRTSCHAFT
Rheinischer Merkur · Nr. 10 / 2008
Rein in den weißen Kittel STEINKOHLE Dem Bergbau an der Saar droht das vorzeitige Aus. Mehr als 3000 Kumpel könnten bald einen neuen Job suchen. Manche haben ihn schon gefunden
Von Jan Thomas Otte rüher schippte Lars Laval im Bergwerk Steinkohle aufs Fließband, rund 1700 Meter unter Tage in Dunkelheit und Hitze. Seine Arbeitsbereiche waren der Flözvortrieb, Kohleabbau und der Förderkorb. Doch für ihn ist mit dem Schuften in finsteren Schächten schon länger Schluss. Lars Laval arbeitet heute am Klinikum Saarbrücken – als Krankenpfleger auf der Station für Innere Medizin. Viele Kumpel könnten es ihm bald nachtun. Nach dem schweren Grubenbeben, das Ende Februar mit der Stärke 4 auf der Richterskala die saarländische Primsmulde erschütterte, steht die Kohleförderung in dem kleinen Bundesland möglicherweise vor dem baldigen Aus. Mehr als 3000 Bergleute bangen um ihre Jobs, die spätestens Ende 2018, wenn die staatliche Kohleförderung ausläuft, in jedem Fall verlieren werden (siehe Kasten). Wie die meisten von ihnen ist auch Laval in der Montanregion mit der Steinkohle groß geworden. Bereits sein Vater war Bergmann. „Da lag die Grube natürlich nahe“, sagt Laval über seine Berufswahl. Nun arbeitet er schon seit elf Jahren im Saarbrücker Klinikum als Krankenpfleger, ein Jahr länger als er im Schacht geschuftet hat. Seinem alten Job weint er keine Träne nach. „Ich habe geschippt und malocht, aber nach acht Stunden Schicht reichte das meinem
F
Geist nicht mehr.“ Die Umschulung zum Krankenpfleger ist eines von vielen Projekten, das ehemaligen Bergleuten den Weg in neue Berufe erleichtern soll. Organisiert hat dies in Saarbrücken Theo Bilsdorfer, Jobvermittler von der RAG Deutsche Steinkohle AG, gemeinsam mit dem Saarbrücker Klinikum. Dass es mit Kohlekratzen, Abraumschaufeln und kilometerlangem Bohren unter Tage spätestens 2018 bundesweit endgültig vorbei sein wird, ist seit dem Kohlegipfel vor einem Jahr bekannt. Doch durch das heftige Erdbeben vor rund zwei Wochen hat sich die Lage für die Bergleute im saarländischen Ensdorf nochmals verschärft. Politiker und Gewerkschaften beraten über einen sozialverträglichen Personalabbau, Umschichtungen und Subventionen in Milliardenhöhe. Unter der Erde in Hitze, Staub und Schmutz sind die Bergleute dagegen schon oft weiter als oben am sauberen Tisch. Viele haben damit begonnen, sich aktiv um ihre berufliche Zukunft im Tageslicht zu
kümmern. Bernhard Hoffmann, ein schlanker Mann Anfang 40, machte in den Jahren auf der Grube und in der Zeit danach gleich mehrere Karrieren. Er, der als Mechaniker angefangen hatte, avancierte im Bergbau zum Ingenieur. Und bei einem Kunststoffhersteller brachte er es mit viel Fleiß zum Bereichsleiter. Nach einem Auslandsaufenthalt in den USA, Umgeschult: Früher hat Ortwin Schwinn unter Tage geschuftet. Jetzt arbeitet er als Krankenpfleger. wo Kohle wesentlich billiger im Tagebau gefördert wird, arbeitet Hoffmann heute als technischer Leiter bei einem Großkonzern im Saarland. Sein Erfolgsrezept? „Man muss einfach seinen Hosenboden hochkriegen, dann packt man das“, sagt der ehemalige Bergmann mit ehrgeizigen Zielen ganz pragmatisch. Sein älterer Bruder Gerold Hoffmann arbeitet noch als Steiger, unten in der Grube. Momentan muss er, nach dem vergangenen Erdbeben, Bereitschaftsdienst leisten, um die Sicherheit trotz Maschinenstopp zu gewähren. Spätestens nach dem endgültigen Kohleausstieg will er sich als Heilpraktiker selbstständig machen. Die Ausbildung dafür hat er berufsbegleitend schon in der Tasche: „Man muss kreativ sein, auch unter Tage“, sagt Hoffmann. Seine Affinität zu Bodenschätzen wird er dabei nicht verlieren: Nebenbei arbeitet er hobbymäßig als Goldschmied. Qualmende Schornsteine, surrende Fördertürme und krachende Vortriebsmaschinen sind momentan nicht zu sehen. Trotzdem wird hier gearbeitet. Jörg Himbert schiebt Notdienst zwischen Nordschacht und Saarlouis. Der kräftige Mann mit dem Schnurbart ist Mitte 40, hat breite Arbeiterschultern und große Hände, die anpacken können. Er gehört zu den rund 250 Beschäftigten, die wie Gerold Hoffmann derzeit für die Sicherheit unter Tage sorgen. Unter der Erde sei das Betriebsklima rauer geworden. Die Kameradschaft und der innere Zusammenhalt sei heute nicht mehr so wie früher, als man 1997 mit Zehntausenden Kollegen in Bonn gegen längst vollzogene Zechenschließungen protestiert habe, berichtet der Bergmann. „Das mit der letzten Erschütterung war einfach nur Mist. Wir dachten eigentlich, auf dem richtigen Weg zu sein. Dann kam dieser Genickbruch“, sagt Gerold Hoffmann. „Klar hat auch unser Betrieb Fehler gemacht, aber nicht die Bergleute an der Front. Die machen einfach nur ihre Arbeit“, erklärt der Steiger mit ernster Miene. Die Zeiten ändern sich, doch manches bleibt wie es früher war. Angekommen im neuen Job, sei die alte Kameradschaft aus der Grube aber geblieben, findet ExBergmann Ortwin Schwinn: „Bloß der schwarze Dreck ist weg aus dem Gesicht, der Weg zur Arbeit ist länger geworden und ich habe jeden Tag neue Menschen um mich rum.“ Er hat wie Laval die Umschulung zum Krankenpfleger absolviert und ist mit seinem Beruf zufrieden. „Der Job fordert mich, man muss täglich offen für neue Patienten sein“, beschreibt der 42-Jährige den Unterschied zum Kohlefördern. Wie es konkret mit der Saargrube weitergeht, ist für die meisten Beschäftigten noch unklar. Ein klares Programm zum Stellenabbau der unter Tage noch rund 4000 Beschäftigten fehlt bislang. „Wir warten auf einen Plan vom Bund, der Klarheit über den beschlossenen Subventionsabbau verschafft“, sagt Jobagent Bilsdorfer. Die Arbeiter seien im Durchschnitt 43 Jahre alt, mitten im Berufsleben und mit Familie. Die älteren Bergleute versuchten noch in die Rente zu kommen. Unter Tage können Kumpel bereits mit 50 in den Ruhestand gehen, wegen der harten körperlichen Arbeit.
Junge Bergmänner gibt es dagegen schon lange nicht mehr. Frisch ausgebildet arbeiten in der Saargrube nur noch Mechatroniker, einem im Jahre 2000 neu geschaffenen Zukunftsberuf an der Schnittstelle von Mechanik und Elektronik. „Wir bilden nur noch aus, was auch nach 2018 ein gefragter Job sein wird”, sagt Bilsdorfer. Der Mechatroniker könne auch nach dem Kohlenbergbau vermittelt werden – ohne Umschulung. Die RAG Bildung unterstützt die Umschulungen früherer Grubenarbeiter, deren erste Ausbildung heute keinem marktfähigen Beruf mehr entspreche. Weitere Gelder kommen dafür aus dem Europäischen Sozialfonds. Vermittler wie Theo Bilsdorfer akquirieren neue Jobs und laden potenzielle Arbeitgeber
und Mitarbeiter zu Gesprächen ein, um den Umschülern unter die Arme zu greifen. Für Umschulungen hat die DSK Saar vom kleinen Zerspanungsbetrieb bis zum chemischen Großkonzern ein Netzwerk mit über 300 Unternehmen in der Region aufgebaut. Die Palette an Jobangeboten reicht dabei vom Altenpfleger, Landschaftsgärtner und Gabelstapler-Fahrer bis hin zum Wirtschaftsberater in einer Führungsposition. Es werden auch Seminare zur Existenzgründung angeboten, um den Personalabbau sozialverträglicher zu machen. Die Erfolgsquote in der Vermittlung liege bei rund 80 Prozent, sagt Bilsdorfer. Doch eine Beschäftigungsgarantie für die Noch-Beschäftigten in der Saargrube kann er nicht geben. 2007 habe er rund 100 ehemalige Bergleute erfolgreich in einen neuen Beruf vermitteln können.
FOTO: JAN THOMAS OTTE
Seit 1990 seien es insgesamt mehr als 5000 Menschen gewesen, die mit seiner Unterstützung ihr Berufsleben umgekrempelt hätten. Kritische Stimmen halten dagegen, dass der Weg aus der Grube für viele Kameraden auf lange Sicht trotzdem in die Arbeitslosigkeit führte. So wurden im Ruhrgebiet im Wirtschaftsboom viele Mitarbeiter von Unternehmen wie Siemens in Kamp-Lintfort übernommen – und bald darauf bei schwächelnder Konjunktur wieder entlassen. „Die Entscheidung für den neuen Beruf muss deswegen gut überlegt sein, denn eine Rückkehr zur Deutschen Steinkohle ist ausgeschlossen“, sagt Grubenarbeiter Hilbert. Das passende Angebot für neue Berufe bekommt er über die Jobbörse „Jobexplorer“, eine Datenbank, die Profile aller DSK-Beschäftigten sammelt – auch außerberufliche Qualifikationen, Hobbys und soziales Engagement fehlen dabei nicht. Schon bei einigen Kameraden seien diese Fähigkeiten der entscheidende Faktor gewesen, um einen neuen Job zu bekommen, sagt Hilbert. „Wir liefern den Unternehmen auf Anfrage bereits die passenden Leute”, sagt Bilsdorfer. Das Erfolgsgeheimnis der Vermittlung sei einfach. Intensive Telefongespräche und Kaffeetrinken mit den Arbeitgebern. Er hofft, noch mehr ehemaligen Kumpels einen neuen Job zu vermitteln. Die Geschichten von Lars Laval, Ortwin Schwinn und den Kohlebrüdern Bernhard und Gerold Hoffmann sind nur einige mutmachende Beispiele, die zeigen, dass es ein Arbeitsleben nach der Steinkohle gibt.
EVONIK-VERKAUF: REICHT DAS GELD?
Bald wird der Abbau von Steinkohle in Deutschland Geschichte sein. Ende 2018 laufen die Subventionen für den deutschen Bergbau aus. Wie es bis dahin mit der erdbebengefährdeten Zeche an der Saar weitergeht, will der RAG-Aufsichtsrat am 2. April entscheiden. Auch nach seinem Ende verursacht der Bergbau Kosten, die sogenannten Ewigkeitskosten. Sie entstehen unter anderem
Abschied: Bis Ende 2018 werden alle acht deutschen Zechen stillgelegt. FOTO: RAG
dadurch, dass in den ehemaligen Fördergebieten das Grundwasser regelmäßig abgepumpt werden muss. Für Deutschland wird ihre Höhe auf rund 13 Milliarden Euro geschätzt. Bezahlt werden sollen sie zum Teil mit den Einnahmen aus dem Verkauf der Evonik. Der Industriekonzern bündelt die sogenannten weißen Teile der alten RAG: Strom, Immobilien und Chemie. Alleinige Eigentümerin des Unternehmens ist die RAG-Stiftung. Der Finanzierungsplan geht allerdings nur auf, wenn die Transaktion mindestens fünf Milliarden Euro in die Kasse der Kohlestiftung spült. Um möglichst viel aus Evonik herauszuholen, fahren die Beteiligten zweigleisig. Das heißt: Es werden parallel ein Börsengang des Unternehmens sowie der Verkauf von Anteilen an einen Investor geprüft. Derzeit spricht vieles für die Umsetzung der zweiten Option. Damit sich ein „Going Public“ lohnt, müsste nämlich der Dax stabil über 7000 Punkten liegen. Das ist aktuell nicht der Fall. Sollte sich Evonik trotzdem zum jetzigen Zeitpunkt aufs Parkett wagen, drohen hohe Einbußen bei den Einnahmen. Als mögliche Käufer eines 25-prozentigen Konzernanteils gelten unter anderem die Beteiligungsgesellschaften Blackstone und Permira. Sollte einer von ihnen zum Zuge kommen, könnte die Kohlestiftung von 2009 an weitere 50 Prozent der Anteile an die Börse bringen. Die restlichen 25 Prozent sollen langfristig bei der Stiftung verbleiben, deren Kuratorium mit Vertretern der Bundes- und Landesregierung sowie der Gewerkschaften besetzt ist. sli
03.10.2009
MiGAZIN » Integration in Schrebergär… - MiGAZIN - http://www.migazin.de -
Integration in Schrebergärten Ga stautorIn, 2. O k tobe r 2009 | Kate gorie: Gese llscha ft
Audio clip: Adobe Flash Player (version 9 or above) is required to play this audio clip. Download the latest version here. You also need to have JavaScript enabled in your browser. Der deutsche Kleingärtner. Gerne verbindet man ihn mit kitschigen Gartenzwergen, Bierbäuchen oder Socken in den Sandalen, exakten Vorschriften, der Höhe der Hecke zum Beispiel. Doch die Hobbygärtner in der Augsburger Grünanlage „Parkstraße“ haben ihre Parzellen längst geöffnet. Jeder Dritte dort ist mittlerweile Ausländer.
© Jan Thom a s O tte
Augsburg. Behutsam schiebt Horst Riebler seine Schubkarre. Ein paar ver-faulte Melonen müssen auf den Komposthaufen. Das Holzfällerhemd des Kleingärtners sitzt perfekt in der Hose, der Kinnbart ist auf Linie gestutzt – genauso akkurat geschnitten wie der Rasen. Zwischen Tomaten-Stauden, Melonen-Beeten geht Horst Riebler seinem liebsten Hobby nach: „Ich leb ja von meinem Garten, ich artme hier im Garten, und ich sag auch, die Natur heilt die Seele. Und hier der Umgang mit Leuten ist mir sehr wichtig, man wird nicht einsam, man hat immer jemand um sich rum. Und vor allem dann der Erfolg im Garten! Jeder freut sich, wenn er was von mir bekommt, auch meine Haus-nachbarn.“ Das Hobby verbindet, Vorschriften auch Horst Riebler kippt die Melonen in den Kompost, schaut über die kleine Hecke nach nebenan. Dort erntet Nachbar Reinhard Classen gerade Kürbisse. Er kommt aus Russland, hantiert etwas unbeholfen mit der Gartenschere. Seine Zierkürbisse hängen nicht so ganz in Reih und Glied – wie bei Gartenfreund Riebler. Trotzdem: Das gemeinsame Hobby verbindet beide. Sie fachsimpeln über das Kürbisschneiden, das schöne Wetter – über die Vorschriften. Classen findet das typisch deutsch – aber irgendwie auch in Ordnung: „Es ist nicht so einfach wie man denkt: Heute habe ich sogar erfahren, dass diese Zierpflanzen 50 Zentimeter vom Zaun weg sein müssten. Vorschriften sind halt Vorschriften. Aber die sind korrekt, denn wenn jeder macht, was er will, sieht unser Garten migazin.de/2009/10/02/…/print/
1/2
03.10.2009
MiGAZIN » Integration in Schrebergär…
wie eine schlechte Wiese aus“. Jan Thomas Otte hinterfragt mit kritischen Reportagen krustige Glaubenssätze und Denkstrukturen. Der Journalist schreibt Reportagen über Karrierestreben, soziales Engagement und Sinnsuche. Für seine Porträts über Einwanderer und Austeiger, Integration und Migration ist er zu mehreren Awards nominiert worden. Dabei bezieht er auch die Religion seiner Gesprächspartner mit ein. Als Theologe hält Jan Thomas Otte Fragen nach Glauben, Identität und Moral für unterschätzte Tugenden. Jan Thomas Otte studierte an der Universität Heidelberg. © Ja n Thom as O tte Parallel kam eine Journalistenausbildung bei der Konrad-Adenauer-Stiftung hinzu. Der Business-Querdenker, Deutschland-Fan und bekennende Christ schreibt für Medien wie den Rheinischen Merkur, die Rhein-Neckar-Zeitung oder DIE WELT. Regelmäßig schreibt er bei Perspektive Mittelstand eine Kolumne zum Thema WorkLife. In seiner Freizeit engagiert er sich ehrenamtlich in Kirchen und dem Kinderschutzbund in Deutschland. Mehr auf Jan Thomas Ottes Homepage. Gegenseitig tolerieren, Grenzen nicht verwischen „Schlechte Wiesen“, das darf nicht sein, findet auch Manfred Stuhler. Er sitzt zwei Parzellen weiter im Vereinshaus, stapelt gerade feinsäuberlich Finanzpapiere. Die Vorschriften helfen, dass das Miteinander zwischen Deutschen und Ausländern klappt. Jeder Dritte in der Anlage kommt aus der Türkei, Russ-land oder Rumänien: „Wir schreiben ne gewisse Höhe der Hecke des Gartens vor, damit die Leute rein schauen können, weil wir ja offene Anlagen wollen. Nur so kann Solidarität entstehen, wenn man ohne Zaun in den Kleingärten seine Grenzen toleriert“. Abgrenzen hinter hohen Hecken oder Maschendrahtzäunen: das ist also nicht erlaubt! Wie aber Zierpflanzen und Beete nun ganz genau angeordnet sind – da sind Freiheiten durchaus erwünscht. Ob nun deutscher oder russischer Kleingärtner-Stil, findet Manfred Stuhler: „Man kann und man wird von diesen Menschen lernen. Und im Gleichzug lernen die von uns. Die bauen ihre Kartoffeln selber an, ihren Sellerie selber an, Ihren Lauch. Und wir, wir können von denen lernen“. Schräg gegenüber vom Vereinshäuschen gießt Rodika Ardeliano gerade ihre Rosen. Sorgfältig passt die Rumänin dabei auf, dass jedes Blütenblättchen benetzt wird. Kaum ist sie fertig, gibt es ein Schwätzchen mit den Nachbarn Riedler und Classen: „Ja, ich sehe sie alle sehr nett. Und die Atmosphäre ist sehr nett. Man freut sich ja über so nette Nachbarn wie Herrn Riebler“.
Ausgedruckt aus MiGAZIN: http://www.migazin.de Artikel URL: http://www.migazin.de/2009/10/02/integration-in-schrebergarten/
Copyright © 2009 MiGAZIN. All rights reserved.
migazin.de/2009/10/02/…/print/
2/2
V[S\
2SÂ gVR[aR` 9R_[R[
V`a Z TYVPU
4_b[QcR_`PUVRQR[' =_NeV` b[Q AUR\_VR
.bQVaVcR_ 9R_[af]
:RQVR[\_VR[aVR_aR_ 9R_[af]
=R_`\[R[\_VR[aVR_aR_ 9R_[af]
8\ZZb[VXNaVcR_ 9R_[af]
:\a\_V`PUR_ 9R_[af]
CV`bRYYR_ 9R_[af]
V[S\
฀
฀ ฀
฀ ฀ ฀
฀
฀ ฀ ฀
฀
฀ ฀ ฀
฀ ฀
฀ ฀
฀ ฀
฀ ฀ ฀
฀ ฀
฀
฀
฀
2Z\aV\[NYR` 9R_[R[' 1VR @V[[R ZVa RV[ORgVRUR[ ฀ ฀
฀ ฀
฀
฀
฀
฀
฀ ฀ ฀
฀
฀ ฀
฀
฀ ฀
฀
฀
฀
฀
฀
฀ ฀
฀ ฀
฀
฀
฀ ฀ ฀ ฀ ฀
฀
฀ ฀
฀
฀
฀
฀ ฀ ฀
฀
฀ ฀
฀
฀ ฀ ฀
฀
฀ ฀
฀ ฀
฀
1N` =_V[gV] cR_`aRUR[' 9R_[`a\SS ORT_RVSR[ ฀ ฀
฀ ฀ ฀ ฀
฀ ฀
฀ ฀
฀
฀
฀ ฀
฀
฀
฀ ฀
฀
฀
฀ ฀
฀
฀ ฀
฀฀ ฀
฀
฀ ฀
฀
฀
฀
฀
฀ ฀
฀
฀
฀
฀ ฀
฀
฀ ฀ ฀
฀ ฀
฀ ฀
฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀
฀
฀
฀ ฀ ฀ ฀ ฀
฀
฀
฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀
฀ ฀
฀
฀ ฀
฀ ฀
฀
฀
฀
฀
฀
฀
฀
฀
฀ ฀
฀
฀ ฀
฀
฀ ฀
฀
฀
฀ ฀
฀
฀ ฀
฀ ฀
฀ ฀
฀
฀ ฀ ฀
฀
฀ ฀
฀
฀
฀ ฀ ฀ ฀ ฀
฀
฀
฀ ฀
฀ ฀ ฀ ฀ ฀
฀ ฀ ฀
฀
฀
฀ ฀
฀
฀ ฀
฀
฀
$1=B [ B F LQGG
8KU
Jüdische Allgemeine Nr. 49/09 | 3. Dezember 2009
RELIGION | 21
Gott statt Gier FINANZWELT David Eisner war
Wall-Street-Manager wie viele – bis er die Tora für sich neu entdeckte v o n J a n T h o m a s O tt e
D
ie Kreide kratzt auf der Tafel, bröckelt auf den Boden. So leise ist es im Raum der Princeton University in der Nähe von New York City. Die Studenten hören dem Anzugträger gebannt zu. David Eisner hat alles, was erfolgreiche Manager an der Wall Street neben dem scharfen Geschäftssinn brauchen: exzellente Umgangsformen, ein gepflegtes Aussehen, teure Manschettenknöpfe als Statussymbol. Für Eisner sind das »gewisse Accessoires«, die man sich leisten kann, aber nicht muss. InvestmentBanking mit Chancen auf steile Karriere und »Motivationszahlungen« in Millionenhöhe sind für den Manager nicht das Höchste aller Gefühle. Der 48-jährige Familienvater scheint kein frommer Trittbrettfahrer zu sein. Er gehört nicht zu denen, die bloß etwas Halt während der Folgen des Börsencrashs vor einem Jahr suchen. Schon vor der ersten Krise im neuen Millennium, der »Internetblase« und dem Sturz der »New Economy« hat sich Eisner für die Religion entschieden. Gott sei nun der Maßstab in seinem Leben, nicht die Gier nach mehr Geld an der Börse, nach höheren Renditen. Auch keine Angst vorm Jobverlust trotz 100 Arbeitsstunden pro Woche. Für den Investmentmanager an der Wall Street war das lange Alltag. Erst dann merkte Eisner, dass ihn der Wunsch nach Karriere und Geld mehr kontrollierte, als das, was er für seine Kunden tun konnte. Das Lesen der Heiligen Schrift, Harren im Gebet und die Gemeinschaft mit Gleichgesinnten haben ihm das klarer gemacht, sagt er. Daraufhin wechselte er vor 15 Jahren die Seiten, gründete mit The Markets. com ein Anlegerportal der größten Investmentbanken an der Wall Street. Auch die Deutsche Bank gehört zu seinen Kunden. Vorher war Eisner selbst Teil der Mühle des Geldvermehrens. Nun hat er etwas Abstand. »Gerade in der Wirtschaftskrise sehen religiöse Juden das Geschäft mit Wertpapieren kritischer«, sagt Eisner entgegen Bedenken mancher Nörgler. Zum Beispiel sollte er in Firmen investieren, die sein moralischer Anspruch ihm verboten hätte. Darunter sei auch Penthouse gewesen, ein Softporno-Magazin. »Die Moral dieser Geschichte macht mich sensibler für die Bedürfnisse meiner Umwelt«, sagt der Gründer. Damit meint er seine Mitarbeiter, Kunden aber auch Freunde und Familie.
RENDITE Eisner malt die Buchstaben von »Holy« an die Tafel. Er findet, dass Manager mehr in der Heiligen Schrift lesen sollten. Hier gebe es jede Menge Gemeinsamkeiten mit den anderen Buchreligionen, Christentum und Islam: Erstens mehr
Karriere ist nicht alles: Das macht die Heilige Schrift klar. Respekt für den Glauben. Zweitens Seelsorge und Gefühl für die eigene Identität. Drittens, eine Art »Realitätscheck« ob Glaubensleben und Geschäftstermine moralisch zusammenpassen. Eisner schämt sich nicht für seine Religion am Arbeitsplatz. Im Gegenteil wolle er der zukünftigen Managergeneration, die im Princetoner Seminarraum hockt, »Mut fürs Neue machen«. Familienfreundlichkeit dank flexibler Arbeitszeiten, Gesundheitsvorsorge dank Ernährungskursen. All das hat man schon geschafft, um Mitarbeiter zu motivieren. Aber: »Warum nicht auch auf Glaubensfreundlichkeit setzen?«, fragt Eisner. Das Übereinstimmen zwischen Reden und Tun ist Eisner heilig. Moralische Standards im Management, Seelsorge durch Rabbiner und Gebetskreise innerhalb vom Job hält er für eine »Marktlücke«. Niemand seiner Kollegen im Investmentbanking wolle seinen Glauben im Job
an die Garderobe hängen. Auf seine Kippa aber verzichtet der orthodoxe Jude weiterhin während der Bürozeiten. Natürlich kennt Eisner auch das Negativbeispiel. Der jüdische Banker Bernard Madoff hatte systematisch Anleger um über 50 Milliarden US-Dollar betrogen. An der Yeshiva University von New York ist man enttäuscht, tief getroffen. Niemand will sich offiziell äußern. Gerade wegen Madoffs jüdischer Herkunft, der »Ethik« dahinter und seinem sozialem Engagement hatte man ihn besonders geschätzt. Die Hochschule erfreute sich maximaler Gewinne. Nun ist sie fast pleite. Madoffs Freiheitsstrafe von 150 Jahren ist für die Studenten der jüdischen Hochschule ein schwacher Trost. GÖTZENDIENST Dass Geld schnell zum Götzen wird, weiß Eisner nur zu gut. Er zitiert aus der Tora die Geschichte vom Goldenen Kalb und die Zehn Gebote. »Scheitern und Höhenflüge liegen an der Börse wie im Glauben nah beisammen. Deswegen ist es wichtig, den Grund meines Handelns zu hinterfragen«, sagt der Manager. Für Eisner hat der größte Investmentbetrug aller Zeiten nichts mit Glauben oder Ethik zu tun. Seine Fäuste ballen sich dabei in der Hosentasche. Der »Fall Madoff« sei nicht nur illegal, sondern auch menschlich kaum zu fassen. Schwarzmalerei in diesem Skandal hält er für berechtigt: »Mein jüdi-
Beim Gebet in der Synagoge ist das Thema Finanzkrise tabu. scher Glaube macht mich sensibler für die ethischen Grauzonen an der Wall Street«, sagt Eisner. Man dürfe den Glauben nicht wie Madoff als Deckmantel des guten Willens missbrauchen: »Das Heiligen des Schabbats hat echte Konsequenzen auf mein Geschäft. Nicht nur weil der jüdischorthodoxe Glaube mehr Ethik fordert als liberalere Traditionen«, sagt Eisner. Im jüdischen Glauben findet Eisner Trost und Kraft. Eisner engagiert sich in seiner Synagoge, liest mit anderen Gläubigen in der Tora, genießt das gemeinsame Abendessen mit Schabbat-Gesängen am Freitagabend. Beim leiblichen Wohl dürfe das Gesetz Moses nicht zu kurz kommen. Die Finanzkrise ist aber meist ein Tabu. Ab und zu rede er über das Zinsverbot in der Heiligen Schrift, der Menge an Literatur von Rabbinern zu diesem Thema, auch geistliche Armut sei ein Thema. Umwege zum Zinsverbot will Eisner das nicht nennen, aber »Wege, wie wir miteinander umgehen, handeln und anderen Geld ausleihen«. Wenn Juden kein Geld gegen Zinsen verleihen dürften, bekämen seine Mitarbeiter vielleicht kein Gehalt. Das könne doch nicht gerecht sein. Vor der Wirtschaftskrise habe sich Eisner dem jüdischen Glauben nur kulturell zugehörig gefühlt, erzählt er. Alles, was seine Eltern ihm beibrachten, war die Goldene Regel: »Tue Gutes, vermeide Böses«. Es war vor 15 Jahren an einem dieser Freitagabende in seinem Büro im New Yorker Finanzviertel. Die Sonne streifte die letzen Wolkenkratzer über dem Hudson River, denn hinter der Freiheitstatue nahe dem Ufer von New Jersey war sie bereits untergegangen. Er habe sich noch nie innerlich so leer gefühlt. Sein Büro lag im 68. Stock, er war auf dem Höhepunkt seiner Karriere. Eisner: »Nach außen hat sich das für mich wie ein kalter Schweißschauer angefühlt. Innen war dieser Druck nach Veränderung.« Er dachte öfters darüber nach, »da raus zu müssen«. Das »Karriererisiko« aber war ihm einfach zu hoch, vorschnell aufgeben wollte er auch nicht. An diesem Wochenende wurde die Uhr auf Winterzeit umgestellt, draußen wurde es eher dunkel. Da wollte auch Eisner nicht mehr einsam in der Chefetage sitzen, wenn andere Juden Schabbat feiern.
Wenn Geld blind macht für Wesentliches und das Streben nach Gewinn zum Götzendienst, dann wird es Zeit umzusteuern.
Foto: Stephan Pramme
Home - manager-magazin.de
http://www.manager-magazin.de/
Schlagzeilen
Dienstag, 17. März 2009, 16:36 Uhr
Unternehmen
Finanzen
Technologie
Karriere
Lifestyle
Heft
Sport
Abo
Shop
Dax: 3.974,9 -1,72%
mobil Krisenticker Dow Jones: 7.217,2 +0,00%
News zur Finanzkrise
€ in $: 1,2965 -0,06%
RSS
manager-lounge
Login
Märkte update
Mobil
Kurse
Suche
Home
Newsletter
Registrierung
Top 3: Leser empfehlen 1. Grüne Investments: Der nächste Boom 2. Grünenthal: Der Pillenkrieg 3. Langzeitprojekt: Wie Merck die IT von Serono integriert Weitere Empfehlungen
Themen der Woche AIG Banken Deutsche Post Deutsche Telekom Europa Finanzkrise Hypo Real Estate J. C. Flowers Kapitalmarkt Karl-Theodor zu Guttenberg Klaus Zumwinkel Opel Thomas Middelhoff USA Wirtschaftsprognosen
Aufsichtsräte
SPD will Frauenquote durchsetzen
Stand: 16:35 Uhr
Börse
Das norwegische Modell einer Frauenquote in Aufsichtsräten soll in Deutschland Schule machen. Nach Vorstellung von SPD-Chef Franz Müntefering sollen künftig vier von zehn Kontrolleuren weiblich sein. Bundeskanzlerin Angela Merkel hat sich bisher gegen das Ansinnen gesperrt. ...mehr
Chart News Fonds
Offene Gesellschaft: Allein unter Männern Aufsichtsräte: Frauen vor! Norwegen: Abmahnwelle wegen Frauenquote
Finanztitel
Kurse auf Ihr Handy News auf Ihr Handy
Indizes+Preise
"Weltuntergang ist vorerst abgesagt"
16:35 Uhr
Kurs
absolut
in %
News
Von Lutz Reiche
Dax
3.974,9
-69,6
-1,72
News
Die Perspektiven für Banken scheinen sich im ersten Quartal aufzuhellen. Aktien auch deutscher Institute haben zuletzt eine erstaunliche Kurserholung hingelegt. Doch Analysten sehen derzeit keinen Grund zum Einstieg. Im Gespräch mit manager-magazin.de warnen sie vor neuen Gefahren. ...mehr
MDax
4.473,0
-77,5
-1,70
News
430,6
-7,4
-1,69
News
EuroStoxx 50
2.002,2
-31,5
-1,55
News
Dow Jones
7.217,2
+0,2
+0,00
News
Nasdaq 100
1.160,8
+15,3
+1,34
News
ZEW-Index: "Es gibt erste Lichtblicke" Osteuropa: "Ungarns Wirtschaft ist akut gefährdet"
S&P 500
757,2
+3,4
+0,44
News
7.949,1
+245,0
+3,18
News
€ in $
1,2965
-0,0007
-0,06
News
€ in £
0,9262
+0,0044
+0,47
News
€ in CHF
1,5332
-0,0047
-0,31
News
45,60
+1,42
+3,21
News
915,50
-4,00
-0,43
News
Soziale Investments
Gutes Geld, Glaube, Gewissen Von Jan Thomas Otte Professoren der Eliteuni Princeton lesen blamierten Wall-Street-Managern die Leviten. Ihre These: Soziale Investments können in der Krise Vertrauen wiederherstellen - und dabei sogar noch gute Renditen erzielen. ...mehr Lehman Brothers: Gläubiger fordern 38 Milliarden Euro Globalisierung: Die Allerärmsten als Zielgruppe (harvardbusinessmanager.de)
1 von 2
Vortagesschlusskurs Aktualisieren
TecDax
Nikkei 225 (late)
Öl in $ (late) Gold in $ (late) Tops
Diff.%
EUR
Diff.%
EUR
Allianz
+1,90
59,56
Daimler
Flops
-4,27
21,07
FMC
+1,65
29,56
ThyssenKr.
-5,33
14,22
Dt. Postb.
+0,95
9,52
Bayer
-6,66
34,03
Marktberichte 15:29 Wall Street notiert im Verlauf uneinheitlich 15:08 EZB: Nettofremdwährungsposition 283,4 (277,5) Mrd Euro 13:01 EZB/ Draghi: Unkonventionelle Maßnahmen könnten nötig werden
17.03.2009 11:42
Soziale Investments: Gutes Geld, Glaube, Gewissen - manager-magazin.de http://www.manager-magazin.de/geld/artikel/0,2828,druck-611556,00.html
URL: http://www.manager-magazin.de/geld/artikel/0,2828,611556,00.html
17. März 2009, 14:54 Uhr
Soziale Investments
Gutes Geld, Glaube, Gewissen Von Jan Thomas Otte Professoren der Eliteuni Princeton lesen blamierten Wall-Street-Managern die Leviten. Ihre These: Soziale Investments können in der Krise Vertrauen wiederherstellen - und dabei sogar noch gute Renditen erzielen. Das Letzte, was Anleger wollen, sei eine innovative Bank: "Das ist eine beängstigende Sache", schimpft Collin Melvin. Mit kaum unterdrücktem Ärger spricht er über diejenigen Banker, die mit ihren ausgeklügelten "innovativen" Investments die Krise erst richtig ins Rollen gebracht hätten. Im Raum herrscht Stille, nur der Beamer brummt. 30 Zuhörer, in U-Form sitzend, schauen verstohlen nach vorn. Die Stimmung ist angespannt, die Atmosphäre ziemlich schwül. Die Spekulationsblase, öffentliche Milliardenverluste und private Prämien für Topbanker - das hätte für ein Umdenken unter den Anlegern gesorgt, sagt Harrison Hong vorsichtig. Als Professor für Volkswirtschaft an der Eliteuni Princeton und Zögling des US-Notenbankchefs Ben Bernanke hat er die Konferenz zum Thema "Social Responsible Investing" (SRI) in Princeton organisiert. Unter den Teilnehmern sind prominente Professoren der Ivy-League, Manager und Investoren aus der Praxis. Manche haben sich erst kürzlich für SRI begeistern können, andere zweifeln weiter an der Umsetzung. "Eine ungewöhnliche Runde als Kick-off zum Thema sozialer Investments", sagt Hong. Das muss sein, weil immer mehr Anleger wissen wollen, wo Investmentbanker ihr Geld anlegen: Ob sie bei ihren Anlageentscheidungen auch nach ethischen Wertvorstellungen fragen statt nach reinen Renditekriterien. Chancen auf nachhaltigen Gewinn
Ethische Wertvorstellungen statt reine Rendite: Mit sozialen Investments verdient man gutes Geld, sauber, sicher, aber längst nicht so profitabel © Corbis
Collin Melvin steht noch immer am Rednerpult und wirbt offen für SRI. Er ist Oberhirte bei Hermes Equity Ownership Services, einer Tochter des Pensionsfonds der British Telecom. Eine ohnehin konservative Strategie im Kopf, managt seine Firma Privatvermögen in Höhe von 60 Milliarden US-Dollar, verspricht langfristige Renditen mit ethischem Anspruch. Und diese Grundsätze zählen wieder an der Börse, sie sind sogar denkbar als "echte Innovation", munkelt ein Zuhörer. Umweltschutz und Menschenrechte seien nicht mehr bloß Forderungen von Non-Profit-Organisationen, sondern bieten Chancen auf nachhaltigen Gewinn. Der Tenor der Konferenz: Auch mit sozialen Investments kann man gutes Geld verdienen, sie sind sauber, sicher, kurzfristig aber nicht ganz so profitabel. SRI wirkt bei den Managern in der Runde als Schlüsselwort, um vor allem das verloren gegangene Vertrauen vieler Anleger wiederzugewinnen. Sozialverantwortliches Investieren ist keine blanke Theorie, sondern längst Praxis in einigen Portfolios, wie Zahlen belegen: Rund drei Billionen US-Dollar sozialer Investments wurden 2008 rund um den Globus gehandelt, vor allem in Großbritannien und in den USA. An den guten Glauben appellieren Lange lächelten Manager an der Wall Street über SRI als "Nice to have". Heute sitzen sie wieder auf der Schulbank. Auf dem Börsenparkett haben sie nicht nur geliehenes Geld in Milliardenhöhe verzockt, sondern auch das Vertrauen ihrer Anleger aufs Spiel gesetzt. Die Konsequenzen dieses Vertrauensverlustes scheinen kaum zu überblicken, das lasse sich erst im Nachhinein in Zahlen ausdrücken.
1 von 4
17.03.2009 11:56
Soziale Investments: Gutes Geld, Glaube, Gewissen - manager-magazin.de http://www.manager-magazin.de/geld/artikel/0,2828,druck-611556,00.html
Die Profite mit komplizierten Risikopapieren schafften schnelles Geld. Nun ist der Schaden da, und auch Zweifler am SRI-Konzept müssen über Wirtschaftsethik reden. SRI, dass wolle er nur dann machen, wenn auch die anderen mitziehen, sagt einer der Investoren. Sprich, wenn er nicht der Verlierer ist. Auf Profit komme es an, Verantwortung gegenüber den Shareholdern, eine kalkulierbare wirtschaftliche Leistung für den Klienten (und das eigene Portemonnaie), kritisiert ein Hedge-Fonds-Manager aus Connecticut. Der Redner am Pult kontert: SRI schade niemandem, ermögliche aber strategische Investitionen im sozialen Bereich, mache Firmen attraktiver, schärfe die langfristigen Interessen. Joshua Margolis scheint es als Verhaltenswissenschaftler an der Harvard Business School gewohnt zu sein, erst mal auf Misstrauen zu stoßen. Viele Teilnehmer reden so, wie man es aus der eigenen Vorlesung, Symposien in Davos oder Finanzgipfeln in Washington kennt: Sachlich korrekt, möglichst reizarm, abstrakt. Mancher Manager krickelt gelangweilt in seinem Notizblock und fragt sich dabei vermutlich: Wann kommen die Marktzahlen dieser sozialen Anlagestrategie? Welche Positivbeispiele gibt es bereits, was die Performance angeht? Wie bringe ich das meinen Shareholdern bei? Neue Gütesiegel fürs gute Geld statt Werbefloskeln Auch Professor Hong hat bisher, ehrlich gesagt, lieber mit unverfänglichen Matheformeln jongliert. Ganze Kapitalismustheorien mal ebenso umzuschmeißen, das brauche viel mehr Zeit und koste Energie. Eine sozial verträgliche Maximierung der Rendite sei aber möglich. Sein ehemaliger Lehrer, US-Notenbankchef Ben Bernanke, hatte an der Edelschmiede Princeton noch vor der Krise ein Forschungslabor für Spekulationsblasen aufgebaut. Damals ignoriert, spricht Hong jetzt über gutes Geld. Kurz: ökologisch wertvoll, ökonomisch nachhaltig, ethisch in Ordnung. Im Dreieck von Professor, Manager und Investor fehlt es an Schlagworten nicht, dem Vermitteln von praktischem Anwenderwissen aber schon. UN-Vertreter und Kirchenmänner am Rande halten ihre Werte dagegen konkreter: Windkraft, Sonnenenergie und Straßenkinderpojekte vor der eigenen Haustür, die sollten mehr unterstützt werden. James Gifford wirbt für den "Global-Compact". Mit dem als verlässlicheres Gütesiegel will der Executive Director bei der UN neue Anreize für Manager und Märkte schaffen: "Sozusagen eine Win-Win-Situation in Fragen zur Umwelt, Sozialem und der Corporate Governance", sagt er. Gerade im Krisenjahr 2008 habe es viele Fortschritte in Sachen SRI gegeben. Hermes, vertreten durch Collin Melvin, habe auch mir der deutschen Bundesregierung an einem Mittelweg zwischen sozialem Gewissen und Gewinn gearbeitet. Als viele Anleger nach verstärkter Marktkontrolle schrien, habe Melvins Firma eine drohende Über-Regulierung der Börsen verhindert, sagt Gifford. Investoren sollten lieber freiwillig statt per Gesetzesdruck an ihrer Wirtschaftsethik arbeiten. Fünf Billionen Dollar in gutes Geld verwandeln
James Gifford, UN/PRI New York. Mit den Prinzipien für verantwortliche Investments jonglierend, wirbt der gebürtige Australier mit dem UN-Siegel für mehr SRI-Investments. Dazu hat der Volkswirt in New York einen Kriterienkatalog entwickelt, den Manager unterschreiben sollen. Sein Credo: Gemeinsam sind wir stark, können die Umwelt schonen.
Im März will an der Wall Street zum Beispiel eine "Koalition von Investoren", wie es der UN-Experte nennt, ganze fünf Billionen US-Dollar Vermögenswerte in gutes Geld verwandeln. Die ethisch gesinnten Finanzmanager wollen auch per Zahlendruck erreichen, dass die 9.000 Unternehmen, die in ihrem Portfolio stecken, den "Global Compact" unterschreiben: Zehn Grundsätze für mehr soziale Verantwortung im Finanzgeschäft. (www.unglobalcompact.org) Indirekt könnte das manche Rating-Agenturen ablösen, die in letzer Zeit ihre Gläubiger mehr als enttäuscht hätten, sagt Gifford, während er Broschüren in der Runde austeilt, schön bunt, aber auf Umweltpapier gedruckt, versteht sich. Das sei kein PR-Mätzchen, sondern ernst gemeint. Martin Schell, Professor in New York, greift den kritischen Blick des Hedge-Fonds-Managers neben ihm auf, schimpft, dass SRI bisher eher außerhalb von Unternehmen eine Rolle spiele, nicht aber im drinnen. Einige von Schells Studenten halten SRI noch für eine reine Werbeaktion. Wenn zum Beispiel ein Getränkehersteller einen Dollar Umsatz pro Bierkasten nach Afrika schickt,
2 von 4
17.03.2009 11:56
Soziale Investments: Gutes Geld, Glaube, Gewissen - manager-magazin.de http://www.manager-magazin.de/geld/artikel/0,2828,druck-611556,00.html
selbst aber seine Mitarbeiter ausbeutet, wäre das natürlich Quatsch. Mit sozialen Investments könnte jeder Stakeholder ein Stück vom Kuchen abbekommen. Jeder Bürger im Big Apple sollte vom Apfelkuchen abbeißen können, finden Schells Studenten. Die Welt funktioniere eben anders als New Yorker Einbahnstraßen rund um die Wall Street. Gekünstelte Synergien zwischen Wirtschaft und Gesellschaft sieht Schell kritisch. SRI sei mehr als das Management zwischen Reputation und Risko. Was ist die wirkliche Grundlage für soziale Entscheidungen? Lohnt sich das denn nun? Mit griffigen Argumenten tun sich die Gelehrten schwer, Schweißperlen rollen die Stirnfalten runter, auch dem Moralapostel in dieser Runde. Ursachen der Geiz-Mentalität bekämpfen Raymond Fishman hat kürzlich sein erstes Buch veröffentlicht. Der übersetzte Titel lautet: Wirtschafts-Gangster, Korruption und Armut. Das war noch vor der Krise. Heute lacht in der Managementriege niemand. Natürlich mache es Sinn, mindestens einen von zehn US-Dollars in gute Zwecke zu investieren, setzt der Juniorprofessor den Managern die Pistole auf die Brust. Für ihn ist SRI lange überfällig. Statt Boykottmaßnahmen gegen Kinderspielzeug aus China sei es doch viel besser, sozialbewusste Anlagen zu unterstützen. Fishman erwartet keine Antwort, klammert sich an sein Manuskript wie in der Vorlesung, setzt noch eins drauf.
Raymond Fishman, Columbia Business School. Als Leiter des Programs für Social Enterprises beschäftigt sich der junge Professor mit allem, was mit Korruption, SRI oder Corporate Governance zu tun hat. Ein Buch über ökonomische Gangster geschrieben, schlägt Fishmans Herz für den Non-Profit-Sektor und SRI in Entwicklungsländern.
Den meisten Managern fehle es an Objektivität, sie würden ihre Marken von Ego und Endprodukt überschätzen. Manch ein Anlagestratege wäre jetzt wohl vom Stuhl gekippt. Nicht in dieser Zeit. Es ist still, die Luft im Raum trocken. Warum hat es an der Wall Street nicht Bier statt Dollars geregnet? Damit wäre doch allen geholfen, niemand hätte etwas falsch gemacht. Fishman versucht, die Lage zu entspannen. Ein paar Manager lachen verkrampft, der Rest bemüht sich um Schadensbegrenzung. Die Idee von SRI ist die Wechselbeziehung von sozialen Maßnahmen und finanzieller Performance, erklärt Kollege Joshua Margolis. Es gebe viele Faktoren für Rentabilität, doch Sozialstrategie zahle sich ebenso aus: bisher in seiner Forschung, langfristig am Aktienmarkt. Er vermutet, dass Unternehmen, die sozial und ökologisch daneben liegen, zukünftig vom Anleger härter bestraft werden. Manche schläfrige Augen weiten sich beim Blick in die Runde. Margolis schiebt drei gute Gründe für SRI nach. Erstens die banale Feststellung, dass Investoren Menschen sind, mit Hirn, Herz und Angst.
Zweitens sei SRI ein verlässlicherer Indikator im Risikomanagement, für ein aufmerksames, umsichtigeres Management. Und statt reine Reputation gehe es verstärkt um die soziale Legitimität, die Stellung eines Unternehmens in der immer vernetzteren Finanz-Community zwischen Shareholdern und Stakeholdern. Die Macht des Kunden und Mitarbeitermotivation im Unternehmen, kurz Charakter und Kultur, habe man in der Tat unterschätzt, gibt ein Banker zu. Raymond Fishman geht das nicht weit genug. An Moral und Gewissen will der New Yorker ansetzen, fiese aber wirksame Strafen einführen, um SRI attraktiver zu machen. Wie können Manager eine doppelte Performance von Nachhaltigkeit und Rendite, meistern? Vom neuen US-Präsident Barack Obama erwartet Fishman schärfere Kontrollen vom Staat, vor allem bei den Heuschrecken (group raider). Das locke auch mehr institutionelle Investoren wie Hermes, die als verlässlichere Partner am Markt gelten und, mit der Rückendeckung ihrer Klienten, eher die gute Sache unterstützen.
3 von 4
17.03.2009 11:56
Soziale Investments: Gutes Geld, Glaube, Gewissen - manager-magazin.de http://www.manager-magazin.de/geld/artikel/0,2828,druck-611556,00.html
Ob Stiftungen wie Rockefeller oder Versicherungen der Kirche. Institutionelle Anleger führen die Ranglisten von SRI ganz oben an. Henrik Syse ist extra aus Norwegen angereist. Er und andere wollen zeigen, dass SRI funktioniert. Mehrere Jahre hat er in der Corporate Governance von Banken und Ölkonzern gearbeitet. Warum ist das für deren Politik so attraktiv? Syse spricht lieber von "ganzheitlichen Geschäften", als sich in der Praxis vieler Konzerne täglich übers Scheitern zu ärgern.
Jan Thomas Otte, Princeton University. Für ein Buch forscht der deutsche Autor in Princeton an den Zusammenhängen von Gott und Geld und dem, was Manager an der Wall Street davon mitnehmen können. In wirtschaftlich unsicheren Zeiten versteht sich der studierte Theologe und BWL-Quereinsteiger als Management-Mutmacher und kühner Brückenbauer zwischen Kirchen und Konzernen.
Ob Umwelt oder Soziales, mindestens der Zehnte gehöre langfristig ins SRI-Portfolio, wiederholt der norwegische Banker die beiden Professoren. Dieses Signal der Anteilseigner könnte Manager Mut machen, sich ethischer zu verhalten. Unkenrufe gegenüber Investmentbankern wären dann Schnee von gestern. Anleger und Management wüssten voneinander, könnten sich über Marktchancen wie im Beispiel Hermes konstruktiv unterhalten. Wenn SRI funktioniert, bringt das gutes Geld für viele Menschen. Klingt plausibel, fragt sich nur, wann dann der Markt wieder gesättigt ist. Mehr als gutes Geld für geschundene Portfolios repariert SRI aber verlorene Fundamentalwerte, das Vertrauen beim Anleger. Der Business Case: SRI in der Praxis
Alex Salzmann, Absolvent der Princeton University, hat sich im New Yorker Finanzgeschäft selbständig gemacht: "Viscap" ist der Name seines Start-Ups. Im Januar gestartet, ist Salzmann einer von unzähligen, aber weitgehend unbekannten SRI-Fonds. Mit einer Performance von durchschnittlich 18 Prozent in 2008, der Finanzkrise zum Trotz, stehen SRI-Fonds gar nicht so schlecht da. James Giffords UN-Manschaft in New York appelliert an die Spielregeln, das Social Investment Forum in Washington D.C überprüft das Einhalten ethischer Werte. (www.socialinvest.org) In einem sozialen Rating werden dort die betreffenden Firmen einem Screening unterzogen, dabei geht es nicht nur ums Einhalten der Menschenrechte in Fern-Ost. Hat der Fonds mit Industrien in Sachen Alkohol, Tabak, Glückspielen, Waffen oder Tierversuchen zu tun? Schlecht. Wird in das Wohl von Gesellschaft, Umwelt und Mitarbeitern investiert? Umso besser. Zurück in New York bestimmt die Wall Street weiterhin die Marktwerte. "Viscap" hat alle drei Härteteste überstanden. 40 Millionen US-Dollar will Salzmann bis Mitte 2010 damit einwerben. 2011 sollen es schon über einhundert im Töpfchen sein, Private Equity und Funds-of-Funds, sagt der Jungunternehmer. Sein eigentliches Ziel? 400 Millionen US-Dollar. Institutionen, Versicherungen und Stiftungen hätten ihm schon zugesagt. Salzmanns Versprechen: "Nur in saubere Energie investieren". Damit springt er auf den Öko-Zug auf, der jetzt in den USA nach dem Crash der großen Automobilkonzerne richtig ins Rollen kommt.
© manager-magazin.de 2009 Alle Rechte vorbehalten Vervielfältigung nur mit Genehmigung der SPIEGELnet GmbH
4 von 4
17.03.2009 11:56
03.10.2009
MiGAZIN » Kinder, Küche, Menschenr… - MiGAZIN - http://www.migazin.de -
Kinder, Küche, Menschenrechte Ga stautorIn, 30. Septem be r 2009 | Ka te gorie : Ge sellscha ft
Linda Ortolani macht sich für die Rechte der Kinder stark und kämpft engagiert für eine bessere Integration von ausländischen Kindern im Rhein-Neckar-Delta. Für ihr Engagement wurde sie mit dem DAAD-Preis für ausländische Studierende ausgezeichnet. Charlotte schreit unaufhörlich, krabbelt aufgebracht auf dem Küchenboden herum. Auf dem Herd kocht das Wasser, im Nebenraum läuft die Waschmaschine. Linda Ortolani eilt nachsichtig zu ihrer Tochter, umarmt sie und streichelt ihr durchs Haar. „Sie hat heute ihren Mittagsschlaf nicht gemacht“, entschuldigt sich die lebensfrohe 26Jährige mit einem Lächeln in ihren dunklen Augen. Als die Zweijährige, mittlerweile durch ein Spielzeug © Ja n Thom a s O tte abgelenkt, zufrieden ist, kann sich die Mutter mit den bunten Ohrringen wieder den Menschenrechten zuwenden. Vor sieben Jahren kam sie aus Luxemburg nach Heidelberg, um hier ein Lehramtstudium an die Pädagogische Hochschule zu machen. Zurzeit sitzt sie an ihrer Magisterarbeit. Ein Schulpraktikum in Kolumbien, wo ihr heutiger Partner Juan herkommt, brachte für ihre Aktivitäten die Initialzündung: „Das Leiden der dortigen Kinder hat mich persönlich betroffen, schockiert und sogar richtig aggressiv gemacht“, erklärt Linda und verweist dabei mit lebhaften Handbewegungen auf die zahlreich aufgeklebten Postkarten an der Wand. Portraitierte Kinder, die einen erwartungsvoll mit großen Augen anschauen. Kindernot vor der eigenen Haustür erkannt Zurück in Heidelberg stimmte die couragierte Studentin nicht in das verbreitete Klagelied über die Ungerechtigkeit der Welt ein. Auch drückte sie keine Überweisung an anonyme Hilfsorganisationen ab, denn sie möchte lieber an Ort und Stelle helfen: „Kolumbien hat mir die Augen geöffnet, ich habe erkannt, dass das die Not von Kindern bereits vor meiner eigenen Haustür beginnt“, erklärt Linda ihren Rücksprung von Lateinamerika nach Heidelberg. Akademisch nennt man Lindas Anliegen interkultureller Dialog, Toleranz und Integration. „Das sind Schlagworte, deren Akzente im Alltag spürbar werden müssen“, betont die durchaus bescheiden lebende Menschenrechtlerin hartnäckig, die Mutter, Hausfrau und Magistrandin zugleich ist. Sie ist glücklich darüber, hilfsbedürftigen Kindern zu helfen. Ganz praktisch mit Deutschnachhilfe, kreativen Aktionen an der Schule und der Gründung eines Ateliers für Kinderrechte, was Ende Januar an der Pädagogischen Hochschule Heidelberg eröffnet wird. Linda ist eine gutmütige Frau, welche – einen Koffer voller Ideen und Pläne im Kopf – ausländische Kinder tatkräftig unterstützt. „Es geht mir darum, dass die Sprösslinge bereits in der Grundschule lernen, sich migazin.de/2009/09/30/…/print/
1/3
03.10.2009
MiGAZIN » Kinder, Küche, Menschenr…
selbstbewusst in der Gesellschaft zu bewegen und mutig die deutsche Sprache zu lernen“. Sie weiß nur zu gut, wie das ist, in einem Land zu leben, wo man im ersten Moment kein Wort versteht. Im flämisch-französischen Umfeld Luxemburgs aufgewachsen, begegneten der kontaktfreudigen Tochter eines Italieners bereits in der eigenen Kindheit verschiedene Sprachkulturen. Das italienische Blut ist der temperamentvollen Frau anzumerken. Sprache als Instrument für ein besseres Leben Egal ob Kinder von Asylbewerbern oder Spätaussiedlern: Linda engagiert sich neben der Uni an Grundschulen, damit diese Kinder die deutsche Sprache lernen, Freunde finden und das Gefühl einer gesunden Identität entwickeln. „Im jungen Alter haben wir noch große Chancen, diese Kinder in ihrem Lebenslauf zu fördern“. Diese Aufgabe macht die farbenfrohe © Jan Thom a s O tte Magistrandin glücklich, bildet einen Kontrast zur didaktischen Theorie an der Uni. „Die Kinder wollen verstanden werden“, kritisiert Linda erregt die deutsche Innenpolitik, welche „mehr Symptome bekämpft, anstatt deren Ursachen zu lösen“ In der Realität sieht sich die zukünftige Lehrerin im Klassenzimmer mit mangelndem Sozialbewusstsein, Eigeninitiative und Einsatzbereitschaft konfrontiert. „Die Kinder ausländischer Familien brauchen Hilfe, werden oft zu wenig in ihren individuellen Fähigkeiten unterstützt“. Das Erlernen der deutschen Sprache ist ein Hindernis. „Man muss kein Prophet sein, dass die Kinder später – ohne ausreichend Deutsch zu können – auf der Straße landen“, mahnt die Luxemburgerin mit hastigen Gesten. Egal ob aus Russland oder der Türkei fördere dies zusätzlich das Wachsen bestehender Subkulturen. Kulturen mit Lasagne und Salsa schmecken Der jungen Mutter geht es jedoch um mehr, als reinen Sprachunterricht zu erteilen: „Ich möchte aktiv Vorurteile und Ängste abbauen, auch bei den deutschen Kindern“. Der Unterricht bilde dabei die entscheidende Brücke, denn „das Pauken zwischen Genitiv und Dativ transportiert eine Menge der jeweiligen Kultur, aus der die Kinder kommen.“ Dazu veranstaltet Linda mit Freunden regelmäßige Feste. Man müsse nur aufpassen, dass die interkulturellen Kontakte unter den Kindern – sei es beim Salsa-Tanz, Orient-Musik oder Lasagne-Kochen – nicht nur pure Folklore bleiben. „Das Ziel ist, langfristige Freundschaften zu schaffen“, erhofft sich die Visionärin. Linda gründete daher mit einigen Freunden vom Campus, welche überwiegend aus Lateinamerika und dem Nahen Osten kommen, den Verein „Interkulturelle Freundschaft“. Es geht hier nicht nur um Kinder, auch Eltern sollen angesprochen werden: „Ich möchte etwas in den Köpfen derjenigen bewegen, die den Kindern am nächsten stehen“. Jan Thomas Otte hinterfragt mit kritischen Reportagen krustige Glaubenssätze und Denkstrukturen. Der Journalist schreibt Reportagen über Karrierestreben, soziales migazin.de/2009/09/30/…/print/
2/3
03.10.2009
MiGAZIN » Kinder, Küche, Menschenr…
Engagement und Sinnsuche. Für seine Porträts über Einwanderer und Austeiger, Integration und Migration ist er zu mehreren Awards nominiert worden. Dabei bezieht er auch die Religion seiner Gesprächspartner mit ein. Als Theologe hält Jan Thomas Otte Fragen nach Glauben, Identität und Moral für unterschätzte Tugenden. Jan Thomas Otte studierte an der Universität Heidelberg. © Ja n Thom as O tte Parallel kam eine Journalistenausbildung bei der Konrad-Adenauer-Stiftung hinzu. Der Business-Querdenker, Deutschland-Fan und bekennende Christ schreibt für Medien wie den Rheinischen Merkur, die Rhein-Neckar-Zeitung oder DIE WELT. Regelmäßig schreibt er bei Perspektive Mittelstand eine Kolumne zum Thema WorkLife. In seiner Freizeit engagiert er sich ehrenamtlich in Kirchen und dem Kinderschutzbund in Deutschland. Mehr auf Jan Thomas Ottes Homepage. Stützpunkt für Kinderrechte in Heidelberg gründen Als Magisterstudentin wünscht sie sich, dass die Pädagogische Hochschule Heidelberg eine feste Basis wird, von der Kinderrechte aktiv geschützt werden. Das Konzept dazu hat sie schon in der Schublade, das „Atelier für Kinderrechte“ wird Ende Januar in Neuenheim eröffnet. Den Rahmen bildet dabei die didaktische Werkstatt der Sprachen, wo Studenten, Lehrer und Erzieher neue Anregungen zu Unterrichtsthemen finden, gerade auch im Hinblick auf zunehmend kulturell gemischte Klassenverbände. Bereits im Februar wird die Menschrechtlerin wieder nach Kolumbien reisen. Trotz vieler Projekte in Deutschland hat sie die Kindernot in Kolumbien nicht losgelassen und kann nicht anders, als diesen Kindern vor Ort zu helfen. Ihre kleine Tochter Charlotte ist natürlich mit dabei. Der Deutsche Akademische Austauschdienst vergibt Stipendien und unterstützt dabei die Internationalisierung der Hochschulen. Vorbilder und Erfolgsgeschichten sollten Mut machen. Deswegen gibt der DAAD den deutschen Hochschulen die Möglichkeit, ausländische Studierende, die sich durch exzellente akademische Leistungen und ein besonderes kulturelles und soziales Engagement ausgezeichnet haben, mit einem Preis auszuzeichnen. «« 1 2 - Alle Seiten »»
Ausgedruckt aus MiGAZIN: http://www.migazin.de Artikel URL: http://www.migazin.de/2009/09/30/kinder-kuche-menschenrechte/
Copyright © 2009 MiGAZIN. All rights reserved.
migazin.de/2009/09/30/…/print/
3/3
18.01.2010
Die Tagespost - SurftGott?
SURFTGOTT? Von Jan Thomas Otte
Der Bildschirm lebt: Auch visualisierte Gottesdienste gibt es im Internet. Foto: EFr
Das Erzb istum Freib urg hat eine eigene Kirche im Internet: Wie funktioniert das ab er, wenn sich Computernutzer zu einem Gottesdienst treffen, ohne dafür in ein reales Gotteshaus gehen zu müssen, und jeder für sich allein b leib t? Nicht zum Gottesdienst am Morgen, sondern zur Komplet um 22 Uhr, dem kirchlichen Abendgebet, treffen sich am Sonntag mehrere Nutzer einer Internetkirche – obwohl jeder dabei zuhause allein vor seinem Computerbildschirm sitzenbleiben kann. Kirchenglocken läuten keine, auch die Orgel spielt nicht. Aber jeder dieser Besucher der Komplet hat zuhause das gleiche Bild einer Kirche mit Altar auf seinem Bildschirm, und dort reden, bewegen sich und sitzen wie in einem Computerspiel die Gottesdienstbesucher. Manche Teilnehmer der Komplet tippen auf der Tastatur ihrer Computer Gebetsanliegen ein, und bekreuzigen sich am Schreibtisch zuhause. Seit einem Jahr lädt das Erzbistum Freiburg Gläubige und Suchende über die Internetgemeinschaft „Second Life“ zu solchen Internet-Treffen in die virtuelle St.-Georgs-Kirche auf dem Computerbildschirm ein. Der Trick eines Online-Gottesdienstes ist dabei: Jede einzelne dieser Computerfiguren, die sich auf dem Bildschirm bewegen, auf dem eine Kirche mit Altar abgebildet ist, und das alle Teilnehmer der Komplet auf ihren Computern sehen können, gehören zu je einem realen Menschen, der diese Figur von seinem Computer zuhause aus steuert. Die realen, einzeln zuhause sitzenden Menschen haben dabei einen Kopfhörer auf und können in ein Mikrofon sprechen. Was sie dort hineinsprechen, wird dann von den Computerfiguren auf dem Bildschirm gesagt, sodass es so aussieht, als würden diese Computerfiguren tatsächlich miteinander reden und einander zuhören. Die realen Menschen haben diese Bildschirmfiguren, die sie wie eine Art Doppelgänger im Internet für sich sprechen, zuhören und bewegen lassen können, zuvor mit entsprechenden Computerprogrammen nach ihren Vorstellungen gestaltet. Avatare heißen diese Figuren in der Fachsprache. Und als solche Avatare bewegen sich die realen Computernutzer im Internet, bauen dort virtuelle Häuser, treffen sich mit anderen Avataren, oder besuchen eben einen virtuellen Gottesdienst – das ist das Prinzip, das sich hinter dem Stichwort Web 2.0 und „Second Life“, dem zweiten Leben, versteckt: Reale Menschen simulieren eine künstliche Bildwelt im Computer, in der sie mit Hilfe von Atavaren kommunizieren. Die Kapelle St. Georg, die als Vorbild für die virtuelle St.-Georgs-Kirche des Erzbistums Freiburg dient, gibt es wirklich, und zwar auf der Insel Reichenau am Bodensee. Dort haben sich die Internetchristen diesen Herbst zum ersten Mal von Angesicht zu Angesicht getroffen, nachdem sie sich vorher nur als ihre künstlichen Doppelgänger, als ihre Atavare kannten. Angereist sind Menschen zwischen 30 und 50 Jahren. „Wir sind eine echte Kerngemeinde, eine Community“, sagt Norbert Kebekus im Anschluss ans Gebet. Zusammen mit sechs Ehrenamtlichen betreut er das Internetprojekt seit Anfang November 2008 in Freiburg. Zwischen acht und vierzehn „User“ (Benutzer) schalten sich in den Abendstunden ins Computernetz ein.
die-tagespost.de/2008/index2.php?opt…
1/2
18.01.2010
Die Tagespost - SurftGott?
„Viele kommen aus der Region. Aber auch die Schweiz und Nordfriesland sind mit dabei“, sagt Kebekus. Auch habe es schon manche Amerikaner zu ihm verschlagen, die „einfach mal neugierig“ gewesen seien. Behinderte, die es körperlich nicht in die nächste Kirche schafften, kämen gerne. Sakralbauten gibt es viele im Netz, zum Beispiel die Marienkirche am Berliner Fernsehturm. Doch kirchliche Angebote wie in St. Georg gab es bislang noch nicht. Der Bibelkreis trifft sich zweimal im Monat mittwochs. Zweimal die Woche trifft man sich zum Abendgebet. „Wir wollen keine Konkurrenz zum Gottesdienst im echten Leben sein“, sagt Kebekus. Der Seelsorger und sein Team wollen bestehende Angebote der Ortskirchen ergänzen. „Wir spenden keine Sakramente, auch kann ich keinen Avatar taufen“, sagt er. Trotzdem will Kebekus seine Kirche klar positionieren. „Wir sind nicht irgendein Kuschelklub im Netz.“ Vielmehr will der promovierte Seelsorger dem Nächsten dienen, Zeugnis für Jesus Christus sein und die frohe Botschaft verkünden. Mit diesen Worten umschreibt er die Theologie seiner OnlineKirche, ganz analog zur Kirche im realen Leben. Aber die Barrieren vor der Internetkirche sind niedriger, findet er. Viele kommen zu St. Georg im Internet, weil ihnen im echten Leben etwas fehlt. Deswegen bietet Kebekus auch theologische Themenabende an. Kürzlich ging es um „Himmel und Hölle“. Übers Fegefeuer zu reden, das widerspreche doch dem Vorurteil, im Netz könne man nur seichtere Fragen beantworten, sagt der 50-Jährige. In der Online-Kirche treffen sich Gläubige und Suchende zwischen 20 und 72 Jahren regelmäßig. „Eine unerreichte Zielgruppe der Kirche“, betont Kebekus. „Wir teilen unseren Glauben mit ganz unterschiedlichen Lebensentwürfen.“ Er selbst hätte seinen Avatar gerne etwas älter gestaltet, „im Second Life gibt es leider keine Falten“. Andere würden sich lieber etwas schminken. Ende 2010 wollen die Betreiber des Pilotprojekts „Kirche in virtuellen Welten“ das Erlebte auswerten und über ein längerfristiges Engagement entscheiden. „Wir sind offen für Ökumene“, sagt er über eine mögliche Zusammenarbeit mit bestehenden Angeboten. Dazu gehört seit Ende September auch das zentrale Internetportal „evangelisch.de“, zudem das Profil der Evangelischen Landeskirche in Württemberg im Internet.
Fenster schließen
die-tagespost.de/2008/index2.php?opt…
2/2
denken. glauben. erleben.
Zwischen Zagen und Zuspruch _„Eigentlich finde ich es gut, dass du arbeitslos geworden bist“, sagte eine Freundin im fünften Monat meiner Jobsuche. Schluck. „Du musst jetzt über Alternativen nachdenken – darüber, was du eigentlich willst.“ Arbeitslosigkeit als Chance? Anfangs war ich relativ optimistisch. Sicherlich würde Gott bald eine Perspektive schenken. Doch je öfter potenzielle Arbeitgeber abwinkten, desto größer wurde die Ungewissheit, desto mehr nahmen Ängste und Lethargie zu.
erleben
Die Absagen haben nichts mit mir zu tun – wie einfach sagt sich das. Doch der Gedanke, auf dem Arbeitsmarkt nicht gebraucht zu werden, sowie die ständigen Gespräche im Umkreis über Arbeit, Karriere und Gehalt mindern das Selbstwertgefühl beträchtlich. Unzählige gut gemeinte Tipps, aber auch achtlose Bemerkungen
zwar klar, dass Er eine sinnvolle Aufgabe für mich hat, aber bis zum Herz reicht diese Gewissheit nicht immer. Oft machen sich Ratlosigkeit und Enttäuschung breit. Arbeitslosigkeit also eine Zeit voller Frust, Angst und Anstrengung? Nein – es ist auch eine Zeit des Wachstums, der Werteverschiebung und der Dankbarkeit. Zwar ist jeder Tag ein neuer Kampf gegen Lethargie und Resignation, ein Kampf um Struktur. Doch ich lerne, kleine Freiheiten zu genießen: mit Freunden zu frühstücken, flexibel sein zu können ... Die Auseinandersetzung mit der Wertigkeit von Arbeit in meinem Leben sehe ich als wichtige Erfahrung. Wie relativ die eigenen Probleme sind, haben mir Krankheiten und schweres Leid im Freundeskreis vor Augen geführt. Das Infragestellen eines Teils meines Lebensplans fordert täglich neu heraus und ich wachse daran. Mit Menschen in ähnlichen Lebenssituationen mitfühlen zu können, empfinde ich als Bereicherung.
Herausgefordert –auch ohne Arbeit Unendlich dankbar bin ich für Freunde und Bekannte, die mutmachend für mich da waren und sind. Immer wieder neu erfahre ich Gottes Nähe und Bestätigung, zum Beispiel bei der Auseinandersetzung mit möglichen Alternativen. Den Gedanken an Weiterbildung jenseits meines eigentlichen Berufsfelds habe ich vorerst ad acta gelegt, dafür denke ich momentan konkret über einen missionarischen Auslandseinsatz nach. Auch die Idee, in einer verbindlichen christlichen Lebensgemeinschaft zu leben, beschäftigt mich. Außerdem reflektiere ich mein Engagement in der Gemeinde und darüber hinaus, etwa in der SMD: Wie kann ich – meinen Gaben und meiner Zeit entsprechend – Prioritäten setzen und neue Aufgaben angehen? Mein Leben ohne bezahlte Arbeit ist trotzdem ein Leben voller herausfordernder Aufgaben!
erzeugen immer mehr Druck. Die intensive Arbeitssuche und die Erwartungen anderer an mich, Zeit für verschiedenste Aufgaben zu haben, nehmen Freiräume, auf die ich gehofft habe. Wer versteht, dass arbeitslos sein zwar bedeutet, die bezahlte Arbeit los zu sein, aber dass man trotzdem nicht ständig Zeit hat?! So heißt es, neu nein sagen und sich abgrenzen zu lernen.
Am 1. Januar zog ich Josua 1,9 als Jahreslosung: „Sei tapfer und entschlossen! Lass dich durch nichts erschrecken und verliere nie den Mut; denn ich der Herr, dein Gott, bin bei dir, wohin du auch gehst!“ Welche Zusage könnte besser passen. Immer mehr erlebe ich, dass diese Zusage für die großen aber auch für die täglichen kleinen Schritte gilt. ■ Jana Braun, Hamburg, Diplom-Ingenieurin für Stadtplanung, 33 Jahre
Dazu kommt: Verständnislosigkeit P.S.: Kurz vor Drucklegung dieses Heftes hat Jana Braun gegenüber Gott. Vom Kopf her ist die Zusage für eine halbe Arbeitsstelle bekommen.
smd_transparent_02_ Mai 2004_10
denken. glauben. erleben.
Eintöniges Eintüten Zugegeben, ich habe meine Probleme damit, meist viele Stunden dieselbe Arbeit zu erledigen. Jeder Tag hatte seinen Ablauf, same procedure as every day: Morgens die Post holen; abends die ausgehenden Briefe, Päcken und Pakete zur Post bringen. Dazwischen viele Flyer kopieren, falzen, einkuvertieren und frankieren: Infopost. Abwaschen in der Küche. Kisten für Tagungen packen. Anstreichen und kleine Ausbesserungen von Büroräumen. Hier und da einspringen. Vieles ist eintönig, das Ganze nicht immer ein Hit – Gott sei Dank gibt es nach acht Stunden auch Feierabend! Wie ich damit umgehe ist meine Angelegenheit. Rege ich mich regelmäßig auf und mache Dienst nach Vorschrift? Naja – ist doch realistisch und verständlich, oder? Nicht alles macht Spaß. Reagiere ich frustriert und gelangweilt? Manchmal schon. Das reicht mir aber auf Dauer nicht aus. Da muss mehr dahinter stecken. Schluss mit frommem Gelaber. Authentizität ist gefragt. Mein Handeln muss mit meinem inneren Denken übereinstimmen.
Was also tun? Warum versuche ich nicht mal wieder diese einfachen Tätigkeiten mit einem Lächeln anzugehen? Gegen den Wind der Welt, die sich täglich um sich selbst dreht. Mit Blick Richtung Himmel, mit der Gewissheit, Gott auch mit simplen Dingen zu erfreuen und ihm einen Teil von dem wieder zu geben, was er mir geschenkt hat. Mein Leben. Es ist schön, leben zu können. Die Arbeit – vor allem: diese Art Arbeit – wird hoffentlich nie mein Leben sein. Trotzdem bestimmt sie meine Lebensqualität. Immerhin sind es 40 Stunden jede Woche. Leben ohne Arbeit gibt es nicht. Schade eigentlich, aber es macht schon Sinn, zu verstehen: Mein Zivildienst war für Gott und damit keine verschenkte Zeit. Bausteine für eine große Kathedrale – vielleicht unscheinbar, aber dennoch unersetzlich. Gott braucht mich, ich werde gebraucht. Dieser Glücksmoment übersteigt meinen Verstand, meine erlebte Realität und gibt mir Gewissheit: In Gottes Augen war mein Dienst bei der SMD wertvoll und ich beginne zu verstehen, dass diese Monate sinnvoll investierte Zeit waren. Denn: „Gott kann viel mehr tun, als wir von ihm erbitten oder uns auch nur vorstellen können. So groß ist seine Kraft die in uns wirkt.“ (Epheser 3,20) ■ Jan Thomas Otte, letzter Zivildienstleistender in der SMD
Motiviert und diszipliniert _Ich arbeite als Unternehmensberater und bin Vielarbeiter. Das heißt 60 bis 80 Stunden Arbeit und mindestens vier Tage pro Woche für die Kunden auf Reisen.
jeden Tag eine Menge Neues zu lernen. Wahrscheinlich hängt aber auch ein Stück meines Selbstwertgefühls an meiner beruflichen Leistung – wohl eine Folge der Sozialisation in einer protestantisch geprägten Leistungsgesellschaft. Geistlich gesehen sind es die Beziehungen. Wer den Arbeitsalltag bis in die späten Abendstunden hinein in intensiver Zusammenarbeit mit Kollegen verbringt, knüpft enge persönliche Kontakte und kommt unweigerlich auf private Themen zu sprechen. Daher führe ich am Arbeitsplatz häufiger und tiefgehender Gespräche über den Sinn des Lebens und über meinen Glauben als irgendwo anders. Um trotz der Reisetätigkeit in der Gemeinde mitwirken zu können, kümmere ich mich dort um das Thema Öffentlichkeitsarbeit – Telefon und Computer lassen die Mitarbeit aus der Ferne zu – oder arbeite am Wochenende als Referent. Mit meiner Frau habe ich mich so arrangiert, dass wir regelmäßig telefonieren und die Zeit daheim dann wirklich gemeinsame Zeit ist, so dass wir teilweise eine intensivere Beziehung haben als viele, die sich täglich sehen. Damit das klappt und auch die Beziehung zu Gott nicht leidet, braucht es ein Stück Disziplin – um sich Zeit zu nehmen, aber auch um Verzicht zu üben.
In der Diskussion mit anderen ernte ich dafür oft Spott oder Mitleid (die Berufstätigen außerhalb der entwickelten Welt würden unser Konzept von 40 Stunden Arbeit in fünf Tagen wohl für den reinsten Müßiggang halten). Viele sind sich aber auch bewusst, dass mit der Verantwortung im Beruf meist die Arbeitsbelastung steigt – sowohl bei Wie lange ich das noch machen werde? Nicht lange, denn mit Kindern Managern als auch bei Pastoren und Reise- möchte ich andere Prioritäten setzen. Aber im Moment ist es die beste Arbeit, sekretären. die ich mir vorstellen kann. ■ Was mich dazu motiviert? Weltlich gesehen die Dr. Rudo Grimm, Möglichkeit, meine Fähigkeiten einzubringen und Physiker, 34 Jahre, Stuttgart
smd_transparent_02_ Mai 2004_11
erleben
_Zehn Monate Zivildienst in der Zentralstelle der SMD: Bald werden sie vorüber sein. Es drängt sich die Frage auf, was das nun alles gebracht hat. Was bleibt von dem, was ich geschafft habe?
03.09.2009
E-Mail-Management: Wenn die el…
E-Mail-Management
Wenn die elektronische Post zur Belastung wird 19.08.2009 – Ob das Schreiben von Angeboten, das Suchen neuer Jobs oder die berufliche Weiterbildung: In Krisenzeiten wird das Internet immer wichtiger, spart Geld und Zeit. Aber mit der Flut an Informationen, mit denen E-Mail-Nutzer mittlerweile überschüttet werden, wird die digitale Kommunikation für viele Nutzer immer mehr zum Stress – und für die Unternehmen zum Problem.
60 Milliarden E-Mails pro Tag an mehr als 500 Millionen Empfänger. Diese Zahlen sprec hen für sich. Es sind geschätzte Werte von Computerfreaks im Netz inklusive aller privaten (rund 30 Prozent) und gesc häftlichen E-Mails (70 Prozent). Dazu kommt eine kaum zu überblickende Anzahl an Spam-Mails im Sc hneeballsystem. Messen kann man das kaum. Professor Michael Nippa von der TU Freiberg hat das zum Beispiel in einer Studie [1] im Frühjahr 2009 untersucht. Das Ergebnis ist zwar nic ht repräsentativ, aber interessant. Rund 30 geschäftliche E-Mails erhalten die Befragten pro Tag im Schnitt. Die Absender schreiben gut zwei Drittel davon an Empfänger im eigenen Unternehmen. Der Rest sind externe E-Mails an entferntere Geschäftspartner. Das bedeutet, dass E-Mail ein informelles Medium ist, das eher an nahe stehende Personen gesc hickt wird. Was die Wichtigkeit des flotten Mediums E-Mail angeht: Nur 40 Prozent der erhaltenen Mails werden vom Empfänger als sehr wichtig eingestuft, 30 Prozent werden eher in Ablage „P“ versc hoben, der Rest ist irgendwo wic htig, aber wenig relevant. Das bedeutet, dass eben auc h viel Müll sc hnell drauf los verschic kt wird. Durchschnittlich bearbeiten die Befragten ihre E-Mails jeden Tag in ein bis zwei Stunden. Manager bekommen und tippen noch mehr Post.
Versteckte Zeitfresser und Beschleuniger im Büro Die digitale Welt schafft eine enorme Vernetzung geistigen Potenzials und führt zu signifikanten Ersparnissen an Zeit und Kosten. Eine der größten digitalen Errungenschaften ist die E-Mail: Ressourc en werden gebündelt, Arbeitsprozesse durch raschen Informationsaustausc h beschleunigt und die Entscheidungswege verkürzt. Die Unternehmenskommunikation ist durch E-Mail revolutioniert worden. Um jedoch die Vorteile der Online-Kommunikation im Unternehmen ausschöpfen zu können und nicht in einem digitalen „Information-Overkill“ unterzugehen, müssen im business-wissen.de/…/druck.html
1/3
03.09.2009
E-Mail-Management: Wenn die el…
Umgang mit diesem elektronischen Kommunikationsmedium bestimmte Regeln und Aspekte beachtet werden. Denn es geht viel Zeit dabei verloren, wenn eine E-Mail nebenbei und in schlechtem Stil geschrieben oder beantwortet wird. „Schic ken Sie mir Ihren Entwurf bitte per E-Mail rüber“, so ist es sogar in kleinen Büros zu hören. Lange Zeit war E-Mail eine reine Bereicherung. Heute ist sie für die meisten Unternehmen die tragende Säule der gesamten Unternehmenskommunikation, erklärt E-Mail Berater Günter Weick von SofTrust Consulting. Für viele Unternehmen ist wettbewerbsentscheidend, wie effizient sie relevante Informationen erkennen, bearbeiten und kommunizieren können. E-Mailen ist ein schnelles und lokal unabhängiges Kommunikationsmedium, das im Sc hriftverkehr überstürzt zu informeller Tonalität verführt, und in dem man einfac h gerne drauf losschreibt. „Mensc hen können so sc hneller zueinander finden als bisher“, vermutet Weick. Gleichzeitig bekommen Mitarbeiter jedoch auc h von flüchtig bekannten Geschäftspartnern, Kollegen und Kunden E-Mails als Kopie (Carbon-Copy), deren Information sie meist nicht brauchen. Immerhin kann man damit bequem vermitteln, was und wie viel das Ego produziert. Besonders aber auch, mit welc h wichtigen Personen man kommuniziert: ein virtuelles Machtspiel per Mausklick. Dieser digitale Weiterleitungswahnsinn ist insbesondere bei der Weitergabe von vertraulic hen Informationen mit Vorsicht zu genießen. Von daher gilt für die E-MailKommunikation: Aussagekräftige Betreffzeilen kurze und knappe Formulierung bzw. Übermittlung der „Botschaft“ / Information gezielte Auswahl der Empfänger (keine wahllose Verwendung von „Cc “ bzw. „Bcc“) keine ersc höpfenden digitalen Diskussionen mehr Telefonieren
Das gesamte Dossier hier als PDF-Datei zum Herunterladen und Ausdrucken:
E-Mail-Management: Wenn die elektronische Post zur Belastung wird [2]
[1] http://www.wiwi.tu-freiberg.de/up/index.php? option=c om_content&task=view&id=246 [2] http://www.businesswissen.de/fileadmin/doc/DruckdateiPDF/EMailmanagementBelastung.pdf www .business-wissen.de business-wissen.de/…/druck.html
2/3
03.09.2009
Digitales Büro trifft auf analoges …
Digitales Büro trifft auf analoges Hirn 19.08.2009 Seite 2/3
Bitte auch dringend vermeiden: Terminabsprachen per E-Mail zu machen. Roman Souc ek, Kommunikationsforscher an der Universität Erlangen-Nürnberg, rät: „Mitarbeiter sollen wieder mehr telefonieren.“ Am Telefon wird klar, worum es geht und was der Gespräc hspartner will. Denn das synchrone Medium bietet etwas Unentbehrliches: Direktes Feedback. Der angenehme Nebeneffekt direkter Kommunikation liegt auf der Hand. Die persönlichen Netzwerke werden durc h zusätzlich transportierte Informationen gepflegt und dauerhaft ausgebaut. Ein bisschen Small Talk schadet niemand. Im Gegenteil: Sie profitieren davon. Insbesondere Abteilungen im Marketing, Vertrieb und Kundenservice werden aufgrund ihrer intensiven Kommunikationsdichte und Kundennähe von der visuellen Reizüberflutung spürbar belastet. „Da war man eine Woc he im Urlaub, und dann sind da über 250 Mails im Posteingang“, beschwert sic h ein Servicemitarbeiter. Überflüssige Angebote und ungewollte Newsletter füllen die virtuellen Papierkörbe der Büros. Die Spam-Flut wird insbesondere für Unternehmen immer stärker zum Problem: Der Empfänger muss Unmengen von E-Mails selektieren, zumindest oberfläc hlich anlesen und inhaltlich interpretieren. Notwendige Rekonstruktion ist mühsam: Warum wurde die E-Mail versc hickt? Was will der Absender überhaupt von mir?
E-Mail lässt sich optimal an die Bedürfnisse im Betrieb anpassen Bei der Bewältigung der digitalen Informationsflut helfen analoge Soft Skills, die im Kopf beginnen: „Priorisierung ist Basis effizienter E-Mail-Kommunikation“, analysiert Julia Knorr, Diplom-Psyc hologin in München. Manager müssen sich konsequenter vom Posteingang abgrenzen, indem bestehende Projekte reibungslos miteinander komponiert werden. Es geht darum, einen Führungsstil zu entwickeln, der klar regelt, wann E-Mails angebrac ht sind und auf welche Weise sie bearbeitet werden. Von wahllosem Verfassen und Beantworten profitiert niemand. Die Herausforderung: E-Mails bedürfen eines neuen Kommunikationsverhaltens, das sic h von gewohnten analogen Medien durc h spezifische Bezüge und klare Strukturen abgrenzt. business-wissen.de/…/druck.html
1/2
03.09.2009
Digitales Büro trifft auf analoges …
„Unternehmen müssen eine Metakompetenz entwickeln, wann online und offline kommuniziert wird“, ist sic h Kommunikationsforscher Soucek sicher. Vermittlung von Tatsac hen per E-Mail ist in Ordnung, Informationen mit hohem Interpretationsbedarf sind dagegen tabu. Der fehlende Ton von einem persönlic hen Gespräch - wichtige Nebeninformationen durch Mimik und Gestik inklusive - wird gerne durc h provisorische Sonderzeichen ersetzt. Dabei werden Satzfragmente, Umgangssprac he, lokale Dialekte und firmeninterne Slangs gepflegt. Originalität scheint demnach in vielen E-Mails wesentlic h wichtiger zu sein als der rasch zugänglic he Inhalt. Wie kommt das analoge Hirn mit diesen digitalen Prozessen klar? „Ich muss mir mein E-Mail-Programm zu eigen machen“, rät Soucek. Also nicht von üppigen Spielereien wie Klingeltönen und Einblendungen verrüc kt machen lassen: Einfac h abschalten. Der Großteil davon provoziert Überraschungsmomente, die spürbar von der Bearbeitung komplexer Aufgaben ablenken, die Arbeitsleistung deutlic h mindern.
www .business-wissen.de © 2000-2009
business-wissen.de/…/druck.html
2/2
03.09.2009
Dem Wichtigen Priorität schenke…
Dem Wichtigen Priorität schenken 19.08.2009 Seite 3/3
E-Mailen ist Gegenstand des täglic hen Zeitmanagements. Lieber zwei Stunden am Tag dafür reservieren, als im Minutentakt unterbrochen zu werden. Klare Abgrenzung von ablenkenden Einblendungen neuer Nachrichten muss sein. Modernes Multitasking ist lediglich ein c harmanter Versuch, mit möglichst vielen Aufgaben gleichzeitig zu jonglieren. Das Ergebnis davon ist meist suboptimal. „Die Kunst ist, so zu kommunizieren, dass man genau das bekommt, was man will“, fasst Diplom-Psychologin Knorr zusammen. Daher: Relevante Informationen prägnant darstellen, um ermüdende Interpretation zu vermeiden. Auf unpräzisen Zeichenwirrwarr sollte komplett verzichtet werden, damit der Empfänger klar weiß, worum es geht. Eine virtuelle Sozialkompetenz muss entwickelt werden. In der analogen Welt heißt das Teamarbeit. Der digitale Versand muss der analogen Arbeitsstruktur im Unternehmen angepasst werden. Dies ist mit Kollegen gründlich zu vereinbaren. Es kann so aussehen: Die Sekretärin sortiert den Posteingang zwischen Chefsessel und Vorzimmer in definierte Ordner. Wic htige Informationen werden sofort von ihr zusammenfasst, je nac h Priorität ausdruckt und mit entsprechender Notiz dem Chef auf den Tisc h legt. Texte sind am Bildschirm anstrengender zu lesen, als auf einem übersic htlich gefassten DIN-A4Dokument.
Jeder zweite fühlt sich belastet Nach einer repräsentativen Umfrage von TNS Emnid im Auftrag von "Süddeutsche Zeitung Wissen" 10/2006 entwic kelt sic h die elektronische Post zunehmend zum Arbeitszeit-Killer. Neue E-Mails werden schnell gelesen, gab mehr als ein Viertel der Befragten an. Jedoch mehr als die Hälfte der Umfrageteilnehmer fühlt sich von diesem wac hsenden Informationsvolumen und dem Zeitdruck, sofort reagieren zu sollen, belastet. Dringend Eingänge werden sogar noch nach Feierabend bearbeitet - von zu Hause aus. Priorisierung und Selbststrukturierung sind wichtiger als je zuvor. Laut Nathan Myhrvold, Ex-Tec hnologie-Chef von Microsoft, ist E-Mail zur Jahrtausendwende sogar „die rüdeste Form der Kommunikation, die bislang erfunden worden ist“. Auc h Manager müssen sich vom Glauben lösen, dass eine digitale Anfrage mit versc hickter E-Mail vorerst vom Tisch ist. Denn wenn ich davon ausgehe, dass der Angefragte nach meinem Versand kurzfristig antwortet, frage ich mich nach einer Woche immer noch, warum er das noch nicht getan hat. Ohne zu wissen, dass er lediglic h im Urlaub war. Daher der Grundsatz: Bei E-Mail nicht drängeln und Geduld haben. Dringendes per Telefon abklären, um Pannen zu vermeiden. business-wissen.de/…/druck.html
1/3
03.09.2009
Dem Wichtigen Priorität schenke…
Beim Verfassen von E-Mails die Netiquette einhalten Die sogenannte „Netiquette“ bietet eine grundlegende Empfehlung: Vergessen Sie niemals, dass auf der anderen Seite ein Mensch sitzt! Das bedeutet für die erfolgreiche Übermittlung von Nachrichten: Tonfall und Inhalt gegenüber dem adressierten Publikum angemessen wählen, um möglichst viele Leser in der ursprünglic h analogen Form zu erreichen. E-Mail Berater Weick erwidert: „Die aktuelle E-Mail-Kultur ist zum überwiegenden Teil Ergebnis einer Evolution, nicht das einer bewussten Gestaltung.“ Ein beliebiger Umgang mit elektronisc her Post wirkt sic h schnell in Frustration, Missverständnis und abnehmender Produktivität aus. Durc hdachte Praxis wiederum wird mit guten Informationen, schnellen Organisationsabläufen und einem angenehmen Arbeitsklima ausgezeichnet. Erfolgreiche Unternehmer haben die Herausforderung von Online-Kommunikation erkannt und E-Mail-Kulturen gemeinsam mit ihren Mitarbeitern abgestimmt. Der Kommunikationsforscher Soucek empfiehlt: „Unternehmen müssen fest definierte Richtlinien entwerfen, die am konkreten Projekt orientiert sind." In amerikanischen Unternehmen werden „Policys“ entwic kelt, während in Deutschland noc h allgemein über lähmende technische Details gesprochen wird. Unzählige Ratgeber überfluten Unternehmen mit unspezifisc hen Regeln und Erfolg versprec henden ZehnPunkte-Plänen, welche in der Praxis meist nic hts bringen. Um die Grundlage für effiziente E-Mail-Kommunikation zu schaffen, sollten unter anderem folgende Fragen gemeinsam mit den Mitarbeitern erörtert und geklärt werden: 1. Wie viel Zeit braucht der Kommunikationspartner, um auf meine Nachrichten zu antworten? 2. Wie verpacke ich meine Informationen am Besten, damit der Adressat möglic hst schnell versteht, worum es mir geht? 3. Welche Medienkanäle im Sinne einer einheitlichen E-Mail-Kultur passen zu meiner konkreten Situation? 4. Wurde bisherige Korrespondenz auf die Frage zusammengefasst, welche das grundlegende Anliegen klar macht? 5. Spreche ic h die Sprache meines Empfängers, habe ich den richtigen Ton gewählt?
[Jan Thomas Otte; Bild: Scott Maxwell - Fotolia.c om]
Das gesamte Dossier hier als PDF-Datei zum Herunterladen und Ausdrucken:
E-Mail-Management: Wenn die elektronische Post zur Belastung wird [1]
business-wissen.de/…/druck.html
2/3
epd-Zentralausgabe online Herausgeber und Verlag: Gemeinschaftswerk der Evangelischen Publizistik (GEP) gGmbH, Emil-von-Behring-Str. 3, 60439 Frankfurt am Main. Geschäftsführer: Jörg Bollmann Amtsgericht Frankfurt am Main HRB 49081 USt-ID-Nr. DE 114 235 916 Verlagsleiter: Frank Hinte. Chefredakteur der epd-Zentralredaktion: Dr. Thomas Schiller. epd-Zentralausgabe: Roland Kauffmann (verantwortlich). Erscheinungsweise: fünfmal wöchentlich (Mo.-Fr.). Bezugspreis für die epd-Zentralausgabe per E-Mail: monatl. 50,- €. Verlag/Bestellservice (Adresse siehe oben unter GEP): Tel: 069/58098-0, Fax: 069/58098-226, E-Mail: vertrieb@epd.de Redaktion (Adresse siehe oben unter GEP): Tel: 069/58098-333, Fax: 069/58098-122, E-Mail: nachrichten@epd.de © GEP, Frankfurt am Main Alle Rechte vorbehalten. Die mit dem Abo-Vertrag erworbene Nutzungsgenehmigung für die epd-Zentralausgabe gilt nur für einen PC-Arbeitsplatz. Die epd-Zentralausgabe darf nur mit Zustimmung des Verlags weiterverwertet, gedruckt, gesendet oder elektronisch kopiert und weiterverbreitet werden. Anfragen richten Sie bitte an die epd-Verkaufsleitung (Adresse siehe oben unter GEP), Tel: 069/58098-259, Fax: 069/ 58098-300, E-Mail: verkauf@epd.de. Haftungsausschluss: Jede Haftung für technische Mängel oder Mängelfolgeschäden ist ausgeschlossen.
hier geht’s weiter >>>