Kommunale Infrastrukturinvestitionen und Stabilitätspakt

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Kommunale Infrastrukturinvestitionen und Stabilitätspakt Grundlagenpapier für den Österreichischen Städtetag 2015 Kurzfassung verfasst von Mag. Peter Biwald MMag. Clemens Hödl Mag. Wolfgang Oberascher

KDZ Zentrum für Verwaltungsforschung Guglgasse 13 · A-1110 Wien T: +43 1 892 34 92-0 · F: -20 institut@kdz.or.at · www.kdz.or.at



INHALT

Inhaltsverzeichnis I

II

III

IV

Kommunale Investitionen und Rahmenbedingungen der Finanzierung ....................... 4 1

Entwicklung der Gemeindeinvestitionen in Österreich ................................................. 4

2

Rahmenbedingungen der Finanzierung und Fiskalregeln ........................................... 5

Stabilitätspakt und Auswirkungen auf die Gemeindehaushalte ..................................... 6 1

Österreichischer Stabilitätspakt 2012 ........................................................................... 6

2

Wie weit werden die Vorgaben des Stabilitätspaktes erfüllt? ...................................... 7

Alternative Finanzierungsmodelle und deren Umsetzbarkeit ......................................... 9 1

Finanzierungsmodelle im Überblick ............................................................................. 9

2

Modelle mit privater Beteiligung ................................................................................. 10

3

(Quasi-)Finanzmarktprodukte ..................................................................................... 11

4

Bürgerbeteiligung und Crowd-Funding-basierte Modelle........................................... 13

5

Supranationale und nationale Investitionsprogramme ............................................... 14

6

Anwendbarkeit alternativer Modelle in der kommunalen Praxis ................................ 15

Alternative Regeln für den Stabilitätspakt ....................................................................... 16 1

EU-Leitlinien zur Förderung von Strukturreformen und Investitionen ........................ 16

2

Alternative Konzepte................................................................................................... 17

3

Zusammenfassung und Schlussfolgerungen ............................................................. 18

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KOMMUNALE INVESTITIONEN UND RAHMENBEDINGUNGEN DER FINANZIERUNG

I

Kommunale Investitionen und Rahmenbedingungen der Finanzierung

1

Entwicklung der Gemeindeinvestitionen in Österreich

Die Investitionen der Gemeinden (inkl. Wien) sind in den Jahren 2009 und 2013 mit einem Umfang von rund 2,6 Mrd. Euro etwa gleich hoch gewesen. Da es sich hierbei um nominelle Werte handelt, ist das Investitionsvolumen in diesen fünf Jahren aufgrund der Inflation real um rund 10 Prozent gesunken. Der Anteil der Investitionen am nominellen Bruttoinlandsprodukt in den Jahren 2004 und 2013 ist mit 0,82 Prozent gleich hoch. Damit verbunden ist die Frage, ob die österreichische Gemeindeebene ausreichend investiert, um die Substanz der bestehenden Infrastruktur zu erhalten. Diese Frage ist schwer zu beantworten, da es an einer vollständigen Erfassung des Investiv-Vermögens fehlt. Bedenkt man jedoch, dass die kommunalen Investitionen in den Jahren vor 2004 jedenfalls 1 Prozent des BIP (und teilweise sogar mehr) umfassten, dürften die kommunalen Investitionen in den letzten 10 Jahren nicht im substanzerhaltenden Ausmaß erfolgt sein. Abbildung 1: Investitionen der Gemeindeebene inkl. Wien, in Prozent des nominellen BIP, 2004 bis 2013

0,84%

2.800 2.400

1,00%

0,92% 0,82% 0,73%

0,82%

0,76%

0,80%

2.000

0,60%

1.600 2.639

1.200

2.485

1.985

2.240

2.425

2.632

0,40%

800 0,20% 400 0

Anteil Investitionen in Prozent des BIP

Investitionen in Mio. Euro

3.200

0,00% 2004

2009

2010

2011

Öffentliche Investitionen Gemeindeebene gemäß ESVG 2010 (inkl. Wien)

2012

2013

Anteil Investitionen in Prozent des BIP

Quelle: KDZ: eigene Berechnung 2014 auf Basis Statistik Austria: BIP und Öffentliche Finanzen 2004 und 2013.

Zahlen des Deutschen Städtetages besagen, dass in unserem Nachbarland der Investitionsstau rund 118 Mrd. Euro beträgt. Dies entspricht 4,2 Prozent des Bruttoinlandsproduktes von Deutschland. Umgelegt auf Österreich würde dies einen Investitionsstau von rund 13,5 Mrd. Euro bedeuten. Unter der Annahme, dass die Infrastruktur in Österreich gegenwärtig in einem besseren Zustand als in Deutschland ist, erscheint der Wert von 13,5 Mrd. Euro als zu hoch gegriffen. Das Investitionsvolumen lag jedoch seit dem Jahr 2004 unter den Werten der Vorjahre von jedenfalls 1,0 Prozent des BIP. Im Zeitraum von 2004 bis 2013 wurde somit um insgesamt rund 1,5 Prozentpunkte des BIP weniger investiert als in den Jahren davor. Auf dieser Grundlage ergibt sich für den Zeitraum der letzten 10 Jahre ein um rund 4,8 Mrd. Euro geringeres Investitionsniveau.

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KOMMUNALE INVESTITIONEN UND RAHMENBEDINGUNGEN DER FINANZIERUNG

2

Rahmenbedingungen der Finanzierung und Fiskalregeln

Alternative Finanzierungsinstrumente im kommunalen Bereich erfahren derzeit zunehmend Beachtung. Lenkt man den Blick auf Deutschland zeigen Erfahrungsberichte von Kämmerern einen interessanten Trend. Während vor ein paar Jahren bei einer Kreditanfrage durch eine Stadt „mindestens zehn Angebote auf den Tisch kamen, sind es jetzt nur mehr drei oder vier“.1 Mitunter dafür verantwortlich ist die Regulierungsoffensive durch Basel III und generell ein strengeres Regulierungsumfeld als Ausfluss der Finanzkrise. Einerseits sieht Basel III vor, dass das Volumen der vergebenen Kredite bis zu einem definierten Prozentsatz durch das Kreditinstitut mit Eigenkapital zu hinterlegen ist (sog. Mindesteigenkapitalanforderungen). Es wird erwartet, dass Kreditinstitute sich zunehmend auf margenträchtigere Branchen fokussieren werden, sodass pro eingesetzten Euro Eigenkapital ein möglichst hoher – natürlich risikogewichteter – Rückfluss erzielt wird. Andererseits konnten vor der Krise kurzfristige Spareinlagen wie bspw. Tagesgelder für zwei bis drei Prozent Zinsen aufgenommen werden und längerfristig für vier bis fünf Prozent an Städte weiterverliehen werden. Nunmehr fokussieren aufsichtsbehördliche Kontrollen vermehrt darauf, dass langfristig Kreditvergaben von Banken nicht nur durch laufende, kurzfristige Kreditaufnahmen refinanziert werden.2 Für die (Re-)Finanzierung kommunaler Infrastruktur stellen sich damit zentrale Herausforderungen: Klassische Finanzierungsmodelle werden aller Voraussicht nach „teurer“. Die Angebotsbreite und damit der Wettbewerb zwischen Kreditinstituten reduziert, was wiederum den „Preisdruck“ mindert. Um diesen Investitionsstau aufzulösen, würde sich eine österreichweite Investitionsoffensive aller Gebietskörperschaftsebenen anbieten, stattdessen sind Bund, Länder und Gemeinden aufgrund europäischer Vorgaben (Sixpack, Twopack und Fiskalpakt) dazu verpflichtet zu sparen bzw. nicht in zu großem Umfang zu investieren. Auf österreichischer Ebene wird dies im Österreichischen Stabilitätspakt (ÖStP 2012) geregelt. Jedoch bestehen neben der klassischen Form der Investitionsfinanzierung (z.B. Darlehen) auch alternative Finanzierungsformen. Der Vorteil dieser Arten der Finanzierung ist, dass sie teilweise nicht die Vorgaben des Stabilitätspaktes verletzen. Im Mittelpunkt dieses Projektes stehen folgende Schwerpunkte: Auswirkungen des Stabilitätspaktes auf die Gemeindehaushalte; Alternative Finanzierungsmodelle und deren Umsetzung in der Praxis; Alternative Regeln für den Stabilitätspakt.

1 2

Vgl. Kommunale Finanznot – Städte flüchten an den Kapitalmarkt 6/2014 - https://www.tagesschau.de/wirtschaft/kommunalfinanzierung-100.html Vgl. Dohms, H-R, Eine neue Quelle, Die Zeit 2013

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STABILITÄTSPAKT UND AUSWIRKUNGEN AUF DIE GEMEINDEHAUSHALTE

II

Stabilitätspakt und Auswirkungen auf die Gemeindehaushalte

1

Österreichischer Stabilitätspakt 2012

Aufgrund der EU-Steuerungsarchitektur (Sixpack, Twopack und Fiskalpakt) erfolgte eine Anpassung des Österreichischen Stabilitätspaktes (ÖStP 2012), wobei dieser rückwirkend mit 01.01.2012 in Kraft getreten ist. Struktureller Haushaltssaldo Der Österreichische Stabilitätspakt verpflichtet die Gemeinden bis zum Jahr 2016 jährlich zu einem landesweise ausgeglichenen Haushalt. Dies gilt de facto auch künftig für das strukturelle Defizit ab dem Jahr 2017, in dem konjunkturelle Einflüsse bzw. Einmaleffekte herausgerechnet werden. Insgesamt wird der Richtwert für den strukturellen Saldo von -0,45 Prozent des BIP vereinbart. Die Verteilung auf Bund und Länder plus Gemeinden erfolgt im Verhältnis von -0,35 Prozent des BIP zu -0,1 Prozent des BIP. Für die Berechnung des strukturellen Haushaltssaldos sind neben den öffentlichen Haushalten auch jene Rechtsträger einzubeziehen, die dem Staat gemäß Europäischem System Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen (ESVG) zuzurechnen sind. Ab dem Jahr 2017 werden Kontrollkonten zum strukturellen Saldo geführt. Ziel ist es, dass Österreich einen über den Konjunkturzyklus ausgeglichenen gesamtstaatlichen Haushalt aufweist. Bis zum Jahr 2016, d.h. solange der Maastricht-Saldo die wesentliche Größe ist, sind keine Kontrollkonten vorgesehen. Für die Gemeinden erfolgt die Führung des Kontrollkontos durch das jeweilige Bundesland. Am Kontrollkonto werden alle Abweichungen der jeweiligen Gebietskörperschaft zum vereinbarten Anteil am strukturellen Haushaltssaldo als Belastung oder als Gutschrift verbucht und über die Jahre saldiert. Ausgabenbremse Die Ausgabenbremse beschränkt das zulässige Wachstum der Ausgaben. Demnach darf das jährliche Primärausgabenwachstum3 nicht höher sein als die mittelfristige Potenzialwachstumsrate des BIP. Ausnahmen sind unter anderem dann möglich, wenn das mittelfristige Haushaltsziel (MTO) mehr als erreicht wurde oder die übersteigenden Ausgaben durch diskretionäre einnahmenseitige Maßnahmen kompensiert werden. Die Regelung gilt dabei für Bund, Länder und Gemeinden landesweise (jeweils einschließlich ausgegliederter Einheiten des Sektors Staat nach ESVG 2010). Zusätzlich zu den Regelungen des Österreichischen Stabilitätspaktes ist eine Richtlinie zur Ausgabenbremse in Arbeit bzw. in Verhandlung, ähnlich der bereits beschlossenen Richtlinie zum strukturellen Defizit. In der Richtlinie sollen einerseits die Berechnung der Ausgabenbremse genauer definiert und andererseits die damit verbundenen Sanktionen bei Nichteinhaltung erläutert werden. Für die Ermittlung des höchstzulässigen Wachstums der Ausgaben ist das mittelfristige Haushaltsziel (MTO) eine wesentliche Größe. Solange Österreich das mittelfristige Haushaltsziel – ein strukturelles Defizit von 0,45 Prozent des BIP – nicht erreicht hat, darf das jährliche 3

Die Primärausgaben beinhalten keine Zinszahlungen, keine Ausgaben für Unionsprogramme und keine nicht-diskretionären Änderungen der Ausgaben für Arbeitslosenunterstützung.

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STABILITÄTSPAKT UND AUSWIRKUNGEN AUF DIE GEMEINDEHAUSHALTE

Wachstum der Ausgaben die mittelfristige Referenzrate des potenziellen BIP-Wachstums abzüglich einer Konvergenzmarge nicht übersteigen. Für Österreich beträgt die Konvergenzmarge derzeit einen Prozentpunkt. Hat Österreich das mittelfristige Haushaltsziel erreicht, dürfen die Ausgaben jährlich maximal um die mittelfristige Referenzrate des potenziellen BIP-Wachstums steigen, d.h. die Konvergenzmarge wird nicht mehr abgezogen. Das höchstzulässige Ausgabenwachstum darf jedoch dann überschritten werden, wenn die Gemeinde diskretionäre einnahmenseitige Maßnahmen setzt. Dies würde bedeuten, dass die höheren Ausgaben durch gesteigerte Einnahmen (aufgrund beschlossener Abgabenerhöhungen) ausgeglichen werden. Die Bestimmungen zur Ausgabenbremse sollen ab dem Jahr 2014, mit dem Vergleichsjahr 2013, in Kraft treten. Für die Ausgabenbremse sind keine Kontrollkonten vorgesehen, d.h. theoretisch könnte bereits bei der Verfehlung der Vorgaben in einem einzelnen Jahr ein Sanktionsverfahren eingeleitet werden. Schuldenquotenanpassung Die Schuldenquotenanpassung erfordert von den Gemeinden ihre öffentlichen Schulden in den nächsten Jahren jährlich zu reduzieren (von der Entwicklung/von den Wachstumsraten des Bruttoinlandsprodukts abhängig), bis Österreich die 60 Prozent-Grenze erreicht hat. Die Rückführung von gesamtstaatlichen Schulden wird dabei dann als ausreichend betrachtet, wenn sich die Differenz zwischen 60 Prozent und der tatsächlichen Schuldenquote über die vergangenen drei Jahre durchschnittlich um 1/20 pro Jahr verringert. Für die Schuldenquotenanpassung sind keine Kontrollkonten vorgesehen. Der Pfad der Schuldenquotenanpassung ist fix vorgegeben, was zur Folge hat, dass bei einer Abweichung nach unten, d.h. die tatsächliche Schuldenquotenanpassung ist geringer als die Vorgabe, die Abweichung im Folgejahr zusätzlich zur ohnehin geplanten Anpassung berücksichtigt werden muss. Bei einer Abweichung nach oben, d.h. die tatsächliche Schuldenquotenanpassung ist höher als die Vorgabe, kann im darauffolgenden Jahr die Anpassung geringer ausfallen, da der Anpassungspfad bereits fixiert ist. Ein Inkrafttreten der Regelungen der Schuldenquotenanpassung ist erstmals für die Jahre 2014 bis 2016 geplant. Das Jahr 2014 stellt das erste Übergangsjahr dar, das Jahr 2016 das dritte. Die erste sanktionsrelevante Feststellung über die Schuldenquotenanpassung erfolgt mit der Beurteilung der Schuldenstände zum 31.12.2016 im Jahr 2017.

2

Wie weit werden die Vorgaben des Stabilitätspaktes erfüllt?

Maastricht-Saldo Der Bundesektor konnte in den Jahren 2012 und 2013 die Vorgaben des Österreichischen Stabilitätspaktes mit -2,17 und -1,37 Prozent des BIP übererfüllen. Im Jahr 2014 war dies aufgrund der Belastung durch die Hypo Alpe Adria bzw. HETA nicht mehr möglich. In diesem Jahr wurde der Soll-Wert mit einem Defizit von -2,52 Prozent des BIP um 1,23 Prozentpunkte überschritten. Der Gesamteffekt der HETA-Gründung im Oktober 2014 auf den Bundessektor ist mit 4,5 Mrd. Euro bzw. 1,4 Prozent des BIP anzusetzen, d.h. ohne HETA hätte der Bundessektor auch im Jahr 2014 die Vorgabe erreicht.

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STABILITÄTSPAKT UND AUSWIRKUNGEN AUF DIE GEMEINDEHAUSHALTE

Die Bundesländerebene (inkl. Wien) konnte zwischen 2012 und 2014 mit einem Defizit von -0,24 bis -0,02 Prozent des BIP die Soll-Werte von -0,54 bis -0,29 Prozent des BIP mehr als erfüllen. Ebenso war es der Gemeindeebene (ohne Wien) möglich, die Vorgabe eines ausgeglichenen Haushaltssaldos einzuhalten. Für die Jahre 2012 bis 2014 ist für die Gemeindeebene ein jährlicher Überschuss von 0,05 bis 0,06 Prozent des BIP zu verzeichnen. Ausgabenbremse Für die Berechnung der Ausgabenbremse ist zu berücksichtigen, dass sich die Daten nur auf die Gebarungsdaten der Gemeinden beziehen, d.h. Zahlen zu den reklassifizierten Einheiten sind darin aufgrund der aktuellen Datenlage nicht enthalten. Ebenso konnten keine diskretionären Maßnahmen berücksichtigt werden, da diese zum Zeitpunkt der Berechnung nicht vorgelegen sind. Das nominelle Wachstum der Ausgaben beträgt für die Jahre 2012 und 2013 2,55 bzw. 2,27 Prozent des BIP. Unter Berücksichtigung der Inflation in Form des BIP-Deflator kann das reale jährliche Ausgabenwachstum errechnet werden. Das reale Ausgabenwachstum beträgt 0,35 Prozent des BIP für das Jahr 2012 und 0,66 Prozent des BIP für das Jahr 2013. Dieser Wert muss mit dem zulässigen jährlichen Ausgabenwachstum verglichen werden, um festzustellen ob die Ausgabenbremse eingehalten wurde oder nicht. Das zulässige jährliche Ausgabenwachstum ist davon abhängig, ob das mittelfristige Haushaltsziel (MTO) von derzeit -0,45 Prozent des BIP erreicht wird, d.h. liegt der tatsächliche strukturelle Haushaltssaldo unter oder über -0,45 Prozent des BIP. Wird das Haushaltsziel nicht erreicht – wie in den Jahren 2012 und 2013 – dürfen die Ausgaben nur um eine reduzierte Referenzrate steigen. Die Referenzrate – das potenzielle BIP-Wachstum – wird dabei um eine Konvergenzmarge von 1,0 Prozentpunkte reduziert. Daraus ergibt sich eine geringere Referenzrate von 0,1 Prozent. D.h. die Ausgaben hätten in den Jahren 2012 und 2013 real um nur 0,1 Prozent wachsen dürfen. Die österreichischen Gemeinden konnten dies in beiden Jahren nicht erfüllen. Im Jahr 2012 betrug das reale Wachstum 0,35 Prozent und die Abweichung 29,6 Mio. Euro bzw. 0,01 Prozent des BIP. Im Jahr 2013 beträgt das reale Ausgabenwachstum 0,66 Prozent und die Abweichung 68,7 Mio. Euro bzw. 0,02 Prozent des BIP. Schuldenquotenanpassung Der Bundessektor konnte sowohl 2013 als auch 2014 den Anpassungspfad nicht einhalten. 2013 lag die Abweichung bei 22 Mio. Euro und 2014 vor allem aufgrund der Hypo Alpe Adria bzw. HETA bei 15,5 Mrd. Euro. Die Auswirkungen der HETA auf den Schuldenstand betragen im Jahr 2014 13,4 Mrd. Euro bzw. 4,1 Prozent des BIP. Die Bundesländer (ohne Wien) und die Gemeindeebene (inkl. Wien) konnten in beiden Jahren dem Anpassungspfad folgen bzw. diesen überschreiten, während die Sozialversicherungsträger 2012 noch unter der Vorgabe waren und 2013 die Vorgabe übererfüllt haben. Für den Gesamtstaat ergibt sich mit einer Gesamtverschuldung von 80,9 Prozent des BIP im Jahr 2012 eine Übererfüllung des Anpassungspfads von einer Mrd. Euro. Im Jahr 2013 stieg die Verschuldung, zum größten Teil zurückzuführen auf die HETA, auf 84,5 Prozent des BIP. Der Anpassungspfad konnte dadurch nicht eingehalten werden und wurde mit rund 14,4 Mrd. Euro nicht erfüllt. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass der Österreichische Stabilitätspakt investitionshemmend und haushaltskonsolidierend wirkt.

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ALTERNATIVE FINANZIERUNGSMODELLE UND DEREN UMSETZBARKEIT

III Alternative Finanzierungsmodelle und deren Umsetzbarkeit 1

Finanzierungsmodelle im Überblick

Alternative Finanzierungsinstrumente können aus verschiedenen Gründen zur Anwendung gelangen. Einerseits können sie als zusätzliche Varianten der Kapitalakkumulation dienen, d.h. der Erweiterung des potentiellen Kapitalgeberkreises. Andererseits können sie als Instrument der „außerbudgetären“ Finanzierung angewandt werden, wenn beispielsweise die Finanzierung einer Infrastrukturinvestition über einen Privaten bereitgestellt und abgewickelt wird. Eines ist den Modellen gemein. Sie können als Ersatzinstrument für die „klassische Kommunalfinanzierung“ in Form von Darlehen dienen. Vorteilhaft sind alternative Modelle zudem aufgrund ihres komplementären Charakters. So kann bspw. eine Investition zu einem Anteil über ein Kommunaldarlehen finanziert werden, während der restliche Finanzierungsbetrag über eine alternative Variante akkumuliert werden kann. Die im Folgenden dargestellten Finanzierungsoptionen beschränken sich daher nicht nur auf die reine Beschaffung finanzieller Mittel, wenn keine „klassischen“ Möglichkeiten mehr vorhanden sind, sondern beziehen ebenfalls – teilweise junge – Modelle der alternativen Finanzierungsbereitstellung mit ein. Dies umfasst somit keine taxative Aufzählung, sämtlicher, grundsätzlich denkbarer Finanzierungskonstellationen, als vielmehr eine Übersicht von neuen Handlungsmöglichkeiten, zentraler, in der Praxis bereits erfolgreich erprobter Modelle. Der Betrachtungshorizont umfasst damit ein breites Spektrum an Finanzierungsstrategien, und wird grob wie folgt unterteilt: Abbildung 2: Möglichkeiten der alternativen Investitionsfinanzierung

Quelle: Eigene Darstellung, KDZ Wien, 2015

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ALTERNATIVE FINANZIERUNGSMODELLE UND DEREN UMSETZBARKEIT

2

Modelle mit privater Beteiligung

Public-Private-Partnership Modelle folgen dem Grundgedanken, die Agenden in Zusammenhang mit Errichtung und Betrieb öffentlicher Infrastrukturprojekte zwischen öffentlicher Hand und Privaten zu verteilen. Dabei wird in der Regel zwischen drei Bereichen unterschieden. Der Erstellung (d.h. Planung und Errichtung), der Finanzierung (d.h. der Mittelbereitstellung für die Investition) und dem laufenden Betrieb nach der Errichtung, während der Nutzungszeit der Investition.4 Aus dieser Grundkonstellation heraus haben sich in der Praxis unterschiedlichste Modelle und Varianten entwickelt, die sich hinsichtlich der Intensität der Einbindung des privaten Projektpartners unterscheiden. Um eine, für die öffentliche Hand vorteilhafte – d.h. haushaltsschonende – Konstellation zu erreichen, ist vertraglich darauf zu achten, dass das wirtschaftliche Eigentum des Vermögengegenstandes dem Privaten zuzurechnen ist. Dies muss nicht zwingend mit dem zivilrechtlichen Eigentum übereinstimmen. Wenn eine Investition dem privaten Auftragnehmer zugerechnet wird, wird in der Regel nur der Miet-/Leasingaufwand oder Aufwand für sonstige Ausgleichszahlungen im ordentlichen Haushalt als Verwaltungsaufwand maastricht-wirksam. Wird das wirtschaftliche Eigentum jedoch dem öffentlichen Partner zugerechnet, wirkt die Investition, auch wenn sie durch einen Privaten finanziert wird, als kreditähnliches Geschäft an den öffentlichen Träger schuldenstanderhöhend. 5 Zur Beurteilung der wirtschaftlichen Zurechnung werden drei zentrale Risiken betrachtet, das Bau-, das Ausfalls- und das Nachfragerisiko.6 Diese Risiken müssen zum überwiegenden Teil dem Privaten zugerechnet werden, sodass ein PPP-Projekt als maastricht-konform bewertet werden kann. Subsidiär für die Beurteilung der Zurechnungsfrage wird untersucht, in welchem Ausmaß der öffentliche Partner Gestaltung, Qualität, Instandhaltung und Preise bestimmen kann.7 Für eine "Maastricht"-konforme Betrachtung müssen jedenfalls das Baurisiko und zusätzlich entweder das Ausfallsrisiko und/oder das Nachfragerisiko beim privaten Partner liegen. Im Ergebnis ist vor allem die Ausgestaltung des tatsächlichen Vertrages und der getroffenen Nebenabreden ausschlaggebend, welchem Partner das wirtschaftliche Eigentum zuzurechnen ist. Während also im Erwerbermodell und Inhabermodell in der Regel das wirtschaftliche Eigentum bei dem öffentlichen Partner liegt, sind Miet-/Leasingmodell, Contracting-Modelle und Konzessionsmodelle in ihrer grundsätzlichen Modellstruktur geeignet, eine maastricht-konforme Zurechnung zum Privaten zu begründen.

4

Vgl. Rehm, H., Matern-Rehm, S., Kommunalfinanzen, VS Verlag, S. 257 ff. Vgl. Posautz, G., Public Private Partnerships – Die abgabenrechtliche Behandlung in Österreich, Linde Verlag, 2006, S. 116 ff. Vgl. Winkelmann, T., Public Private Partnership: Auf der Suche nach Substanz – Eine Effizienzanalyse alternativer Beschaffungsformen auf kommunaler Ebene, Nomos, 2012, S.760ff. 7 Vgl. http://wien.arching.at/fileadmin/user_upload/redakteure_wnb/A_Aktuelles/A_3_1_PPP/A_3_PPPDossierSeptember_2014.pdf 5 6

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ALTERNATIVE FINANZIERUNGSMODELLE UND DEREN UMSETZBARKEIT

Tabelle 1: PPP-Modellübersicht nach Vertragsformen

Erwerbermodell

Inhabermodell

Vermietungs -modell

LeasingModell (vgl. unten)

ContractingOut (vgl. unten)

Konzessions -modell

Vertragsgegenstand

Neubau/ Sanierung

Neubau/ Sanierung

Neubau/ Sanierung

Neubau/ Sanierung

Optimierung von Anlagen (teilen)

Neubau/ Sanierung

Laufzeit in Jahren

20-30

15-20

20-30

20-30

5-15

15-30

Eigentum am Objekt während Vertragszeit

Auftragnehmer (AN)

Auftraggeber (AG)

Auftragnehmer (AN)

Auftragnehmer (AN)

Auftraggeber (AG)

Auftragnehmer/ Auftraggeber

Eigentumsübertragung nach Ablauf Vertragszeit auf AG

Ja

Nein, da AG bereits Eigentümer ist

Nein, außer bei Kaufoption

Nein

Ja

Ja/Nein

Entgelt zur Deckung der Investitionskosten

Ja, Abzahlung

Ja, Vergütung

Nein, da Miete

Nein, da Teilamortisation

Ja

Ja, durch Entgelte

Zusatzentgelt für Eigentumserwerb

Nein

Nein

Ja

Ja

Nein

Nein

Quelle: Winkelmann, 2012

3

(Quasi-)Finanzmarktprodukte

Schuldscheindarlehen stellen den ersten Schritt in Richtung Kapitalmarkt dar und sind neben klassischen Bankdarlehen und Anleihen als Instrumente der langfristigen Fremdfinanzierung zu bewerten.8 Im rechtlichen Sinne stellen Schuldscheindarlehen, im Vergleich zur Anleihe, keine Wertpapiere dar, sondern sind als Darlehen zu qualifizieren, wo der ausgestellte Schuldschein als zugrundeliegendes Beweispapier (Vertragsdokument) fungiert. Der Schuldschein ist im Vergleich zur Anleihe somit auch nicht börsenfähig und wird nicht am Kapitalmarkt gehandelt. Vorteile von Schuldscheindarlehen liegen in einem weitgehend standardisierten Platzierungsverfahren. Die Dokumentationspflichten des Schuldscheindarlehens sind weniger stark ausgeprägt und nicht so verhandlungsintensiv wie bspw. bei Anleihen. Ebenfalls entfällt die Prospektpflicht, da SSDs nicht öffentlich angeboten werden. Unter Publizitätsaspekten – v.a. in 8

Vgl. Lenk, T., Rottmann, O., Hesse, M., Glinka, P., Kapitalmarktfinanzierung für Kommunen, Kompetenzzentrum Öffentliche Wirtschaft, Infrastruktur und Daseinsvorsorge e.V., Universität Leipzig, 2015, Online Ressource: http://www.kompetenzzentrum-uni-leipzig.de/wpcontent/uploads/2015/03/Studie_Kapitalmarktfinanzierungen_Online.pdf

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ALTERNATIVE FINANZIERUNGSMODELLE UND DEREN UMSETZBARKEIT

Antizipation einer intensiveren Bonitätsbeurteilung von Städten und Gemeinden – haben SSDs auch den Vorteil, dass diese diskret ausgegeben werden können.9 Durch Begeben von Anleihen erfolgt eine direkte Kapitalaufnahme des Verwaltungsträgers am Kapitalmarkt. Diese fungiblen, d.h. handelbaren, Wertpapiere verbriefen den Gläubigern ein Recht auf Rückzahlung des aufgenommenen Kapitals sowie auf wiederkehrende Zinszahlungen.10 Kommunalanleihen werden häufig emittiert, um öffentliche Investitionen im Erziehungs-, Gesundheits-, Justiz-, Handels- und Verkehrswesen, also bspw. den Bau von Straßen, Brücken, Flughäfen, Schulen, Kläranlagen, Kanalsystemen u.ä. zu finanzieren. Als Zeichner von Anleihen treten in der Regel private Investoren, wie auch institutionelle Investoren wie Banken, Versicherungen und Investmentfonds auf.11 Vor allem in Deutschland sind bereits erste, erfolgreich platzierte Kommunalanleihen anzutreffen. Tabelle 2: Vergleich Anleihe und Schuldscheindarlehen

Anleihe

Schuldscheindarlehen

Schuldner

Gesellschaften mit Emissionsrecht, Börsenfähigkeit

Unternehmen beliebiger Rechtsform, sehr gute Bonität vorausgesetzt

Kapitalgeber/ Investoren

Kleinbeträge –Institutionelle und private Anleger

Großbeträge – Kapitalsammelstellen (Banken, Sparkassen, Vorsorgekassen etc.)

Laufzeit und Tilgung

Meist 2-10 Jahre, idR. endfällig, vereinzelt Sonderkündigungsrechte Fester Tilgungsplan

Meist 2-15 Jahre, idR. endfällig oder nach einigen tilgungsfreien Jahren als feste Rate p.a.

Volumen

Grundsätzlich ab 10 Mio. Euro, im kommunalen Bereich idR. ab rd. 100 Mio. Euro sinnvoll

Grundsätzlich im kommunalen Bereich ab 10 Mio. Euro bei Privatplatzierung, an 30 Mio. Euro bei Streuung

Vertragsgestaltung und Gläubigerrechte

Hohe Anforderungen und umfangreiches Vertragswerk - Wertpapierprospekt

Überschaubares Vertragswerk – kein Wertpapier, nur Vertragsdokument (Finanzierungsexposee)

Verbriefung

Inhaberpapier

Namenspapier

Fungibilität

Hoch, da an Börse gehandelt

Einzelvertragsverhältnis

Publizität

Hoch – Publizitätspflicht für Darlehensnehmer

Gering – Anonymes Darlehen

Transaktions- und Nebenkosten

Einmalig bis ca. 4%-5%, lfd. bis ca. 2% des Nominalbetrags

Einmalig bis ca. 2%-3% des Nominalbetrags, keine lfd. Nebenkosten

Flexibilität

Schwerfällig

Beweglich Schnell durchführbar

Externes Rating

Zwingend – im Kommunalen Bereich kann dieses entfallen

Nicht erforderlich

Quelle: Eigene Darstellung KDZ 2015, in Anlehnung an Roedl&Partner, 2014 und Zöllner – Univ. Hamburg, 2013 9

Vgl. Online Ressource – Vortragsunterlage: Zöllner, C., Langfristige Finanzierung, Universität Hamburg, Fakultät Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, 2013 http://www.wiso.unihamburg.de/fileadmin/sozialoekonomie/bwl/bassen/Lehre/Finanzierung_1/SoSe13/6._Langfristige_Fremdfinanzierung_neu.pdf 10 Vgl. Ritsert, R., Kapitalmarktorientierte Finanzierung kommunaler Investitionen, NOMOS Verlag 1999, S. 74 ff. 11 Vgl. ebd.

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ALTERNATIVE FINANZIERUNGSMODELLE UND DEREN UMSETZBARKEIT

Der Vergleich der Charakteristika der Finanzierungsinstrumente Anleihe und Schuldscheindarlehen zeigt eine grundsätzliche Eignung für Städte und Gemeinden, wobei Schuldscheindarlehen aufgrund der kostengünstigeren Platzierung für kleinere Volumina zielführend sind, Anleihen ab einem Volumen von rd. 100 Mio. Euro eher für größere Städte geeignet sind. Hinsichtlich der Auswirkung auf den Stabilitätspakt sind die Finanzierungsinstrumente Anleihe und Schuldscheindarlehen ähnlich wie herkömmliche Darlehen zu bewerten, wobei ein Zinsvorteil für die Kommune entstehen kann.

4

Bürgerbeteiligung und Crowd-Funding-basierte Modelle

Die Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern an der Realisierung kommunaler Vorhaben ist ein noch vergleichsweise „junger“ Finanzierungszweig, wobei auch hier unterschiedliche Ausprägungsformen existieren. Bei Bürgerkrediten leihen BürgerInnen ihrer Stadt oder Gemeinde einen vorab fixierten Geldbetrag und erhalten dafür einen vereinbarten Zins. Zur Abwicklung bedarf es eines Intermediärs, in der Regel einer Bank in Besitz einer entsprechenden gesetzlich vorgeschriebenen Konzession. Innovative Ansätze, vor allem zu Realisierung kleinerer Vorhaben, entstehen im Bereich des Crowd-Funding, d.h. im Bereich der Schwarmfinanzierung. Zum Bürgerkredit zeigen sich folgende zentrale Unterschiede: Crowdfunding-basierte Bürgerkreditmodelle weisen einen konkreten Projektbezug auf und werden nicht „pauschal“ einer Stadt oder Gemeinde gewährt; idR. handelt es sich um kleinere, punktierte, an sich abgrenzbare Projekte; Zumeist wird als zweiter Intermediär – eine Treuhänderbank ist auch bei diesem Modell erforderlich – eine spezialisierte Crowd-Funding-Plattform, bspw. eine Web 2.0 Plattform genutzt; Sofern nicht anders durch den Kreditnehmer (d.h. die Stadt oder Gemeinde) vorgegeben, ist der Mindestbetrag vglw. gering (in Referenzprojekten bei bspw. 100 Euro); es handelt sich daher um ein System der Mikro-Kredit-Vergabe; Die Zinskonditionen zu welchen der Stadt oder Gemeinde Geld geliehen wird, ist durch den Kreditgeber grds. frei wählbar (in der Regel werden jedoch Zinsobergrenzen implementiert) – der Gesamtzinssatz errechnet sich aus dem gewichteten Mittelwert der gewährten Kreditmittelzinsen.12 Einen Schritt weiter gehen Bürgerbeteiligungsmodelle im Bereich erneuerbarer Energien. Häufig werden Photovoltaik- oder Solaranlagen auf Dächern öffentlicher Gemeindebauten oder privater Objekte gebaut und betrieben. In größerem Stil werden auch ganze „Bürgerkraftwerke“ errichtet. Auch hier bestehen unterschiedliche Konstruktionen, entweder im Form von Unternehmensbeteiligungen, wenn eine eigene Projektgesellschaft errichtet wird, oder in Form von einer direkten (faktischen) Darlehensgewährung, wie bspw. in einer „Sale-andLease-Back“-Konstruktion wie im Bürgersolarkraftwerk Wien. 12

Vgl. https://www.leihdeinerstadtgeld.de/faq 2015

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ALTERNATIVE FINANZIERUNGSMODELLE UND DEREN UMSETZBARKEIT

Modelle, die auf die Aktivierung ehrenamtlichen Engagements abzielen, können zudem zu einer Verbreiterung der Finanzierungsbasis führen. Zentraler Vorteil dabei ist, dass ein Verein durch ehrenamtliches Engagement jene Förderbereitschaft erreichen kann, die eine Stadt oder Gemeinde nicht erreichen würde. Hierbei vor allem in Zusammenhang mit Sponsoring und Fundraising, als Mittelbeschaffung über Spenden, wie auch Sach- und Dienstleistungen.

5

Supranationale und nationale Investitionsprogramme

Diese Programme suchen gezielt, privates Kapital für die kommunale Leistungserbringung zu aktivieren. Dies erfolgt entweder in Form von besonderen Haftungsübernahmen, der Vergabe von Darlehen zu attraktiven Konditionen, die am Kapitalmarkt nicht erzielt werden könnten, oder der Ausschüttung von Zuschüssen. Im Rahmen des EU-Investitionsprogrammes EFSI (Europäischer Fonds für strategische Investitionen) – auch als „Juncker-Fonds“ bezeichnet – sollen mit Direktmitteln von rd. 21 Mrd. Euro mindestens 315 Mrd. Euro öffentlicher und privater Investitionen bis 2017 realisiert werden. Dazu gehört auch die häufigere Verwendung von Finanzierungsinstrumenten in Form von Darlehen, Kapitalzuführungen und Garantien anstelle herkömmlicher Zuschüsse. Der EFSI wird an den Start gehen, sobald die entsprechende EU-Verordnung das Legislativverfahren durchlaufen hat, voraussichtlich Mitte 2015. Projektförderungen der Europäischen Investitionsbank (EIB) erfolgen in der Regel subsidiär zu anderen Finanzquellen, wie bspw. Bankdarlehen, Eigenmittel und Förderungen und finanzieren idR. bis maximal 50 Prozent der Projektkosten. Für den kommunalen Bereich als relevanteste Finanzierungsart sind Einzeldarlehen für Projekte anzusehen (Direktfinanzierung). Hierbei werden rd. 50 Prozent der förderfähigen Kosten darlehensgestützt finanziert. Hier besteht eine weitgehende Flexibilität, da keine vordefinierten Förderprogramme bestehen. Es können sowohl Einzelmaßnahmen (z.B. Errichtung Geothermieanlage) oder eine Bündelung gleichartiger Investitionen über einen mehrjährlichen Zeitraum erfolgen (bspw. Gebäudesanierung). Das Mindestvolumen der Investitionen ist idR. ab ca. 30 Mio. Euro zu beziffern. Ebenfalls ab dem Jahr 2015 sollen Zuschüsse aus IWB/EFRE Programm beantragt werden können. Schwerpunkte des Programms IWB/EFRE Österreich 2014-2020 sind die Bereiche der Forschung und Innovation, der CO2-Einsparung und Energieeffizienz sowie die insgesamt von EU- und nationaler Seite verfolgte Intention „in Wachstum zu investieren“. Dies wird ergänzt durch die kohäsionspolitisch vorgesehenen territorialen Aspekte, insbesondere im Rahmen der städtischen bzw. Stadt-Umland-Entwicklung (funktionale Räume). Für das Beschäftigungsziel wird ein Beitrag durch die unmittelbaren Arbeitsplatzeffekte, vor allem jedoch längerfristig durch eine effiziente und innovative Wirtschaft geleistet.13

13

http://www.oerok.gv.at/esi-fonds-at/efre/ziel-iwb-efre/iwbefre-programm-oesterreich-2014-2020.html

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ALTERNATIVE FINANZIERUNGSMODELLE UND DEREN UMSETZBARKEIT

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Anwendbarkeit alternativer Modelle in der kommunalen Praxis

Die vorgestellten alternativen Finanzierungsinstrumente bieten einen zentralen Vorteil: Sie zielen durchgehend auf eine Verbreiterung der Finanzierungsbasis und somit auf eine Aktivierung von Kapitalgebern ab, die bisher nicht oder nur eingeschränkt erreicht wurden. Hierbei ist besonders an kapitalmarktorientierte Modelle wie Anleihen oder Schuldscheindarlehen, aber auch Bürgerbeteiligungsmodelle und PPP-Lösungen zu denken. Während kapitalmarktorientierte Modelle erst ab einem eher höheren Volumen sinnvoll sind, können Bürgerbeteiligungsmodelle auch für Kleinprojekte eingesetzt werden. Bürgerbeteiligungs- und crowd-funding-basierte Beteiligungsmodelle zeigen sich zudem vor dem Hintergrund des derzeit in Begutachtung befindlichen Alternativfinanzierungsgesetzes interessant. Demnach würde die Prospektpflicht erst ab 1,5 Mio. Euro Emissionsvolumen anfallen, sofern diese durch eine durch das Gesetz erfasste wirtschaftliche Unternehmung erfolgt und die je Anleger entgegengenommenen Beträge maximal 5.000 Euro nicht übersteigen. Vorteilhaft zeigt sich dies vor allem für die crowd-funding-basierten Modelle, welche sich in der Regel durch ein kleineres Beitragsvolumen je Anleger charakterisieren. Dass der Gesetzgeber speziell darauf abzielt, zeigt sich unter anderem darin, dass der Adressatenkreis, welchem eine Emission angeboten wird, mindestens 150 Personen betragen muss. Ist mit einem Investitionsvorhaben das Finanzierungsziel verbunden, es außerhalb der Bestimmungen der Ausgaben- und Schuldenbremse zu realisieren, sind vor allem jene PPPModelle geeignet, bei welchen die Risikozurechnung und damit auch die Zurechnung des wirtschaftlichen (nicht zivilrechtlichen) Eigentums zu privaten Partnern erfolgt. Hier wird es primär um komplexe Fragen der Vertragsgestaltung gehen, die vor einer Realisierung zu prüfen sind. Jedoch zeigen sich erfolgreiche Praxisbeispiele, dass eine faire Kooperation für beide Seiten von Nutzen sein kann. Mit Blick auf die Zukunft der Investitionsfinanzierung lässt sich festhalten, dass die Regeln der Ausgaben- und Schuldenbremse vor dem Hintergrund der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung die kommunale Investitionstätigkeit nicht erleichtern wird. Umso mehr werden komplementäre Finanzierungsstrategien erforderlich sein, wie die synergetische Nutzung klassischer Kommunaldarlehen, erweitert um alternative Finanzierungsformen. Praxisbeispiele zeigen, dass Bürgerinnen und Bürger bereit sind, „ihrer“ Stadt auch finanziell oder durch ehrenamtliches Engagement unter die Arme zu greifen. Zudem sind Potenziale in der kooperativen Nutzung einzelner Finanzierungsinstrumente zu erwarten. Wenn bspw. mehrere Städte eine Anleihe begeben – wie es in Deutschland der Fall ist – können die Transaktionskosten bei der Emission auf mehrere Partner verteilt und damit für die einzelne Stadt oder Gemeinde vermindert werden. Zuletzt ist an regionale und überregionale Kooperationen bei der Leistungser- und -bereitstellung zu denken. Wenn mehrere Städte ein gemeinsames Projekt – bspw. ein Hallenbad – in Form eines Verbandes oder einer gemeinsamen Gesellschaft errichten, können die Finanzierungskosten auf die einzelnen Projektpartner verteilt werden und damit im besten Fall auch Ausgaben und Schulden unterhalb der Grenzwerte der Vorgaben der Ausgaben- und Schuldenbremse bleiben.

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ALTERNATIVE REGELN FÜR DEN STABILITÄTSPAKT

IV Alternative Regeln für den Stabilitätspakt Der Euro-Raum ist von einer wirtschaftlichen Erholung noch weit entfernt, weshalb sich die Forderungen nach einem expansiveren finanzpolitischen Kurs mehren. Dabei sollen insbesondere die öffentlichen Investitionen angekurbelt werden. Die Europäische Kommission hat Anfang 2015 neue Leitlinien14 vorgelegt, in denen sie im Einzelnen darlegt, wie sie die Regeln des Stabilitäts- und Wachstumspakts künftig anwenden wird, um die Verknüpfung von Strukturreformen, Investitionen und fiskalpolitischer Verantwortung zur Steigerung von Beschäftigung und Wachstum zu stärken. Alternativ dazu gibt es vermehrt Konzepte und Forderungen, dass im Rahmen von „goldenen“ oder „silbernen“ Regeln, bestimmte öffentliche Investitionen aus dem Regime des Stabilitäts- und Wachstumspakts herausgenommen werden.

1

EU-Leitlinien zur Förderung von Strukturreformen und Investitionen

Mit diesen Leitlinien folgt die Europäische Kommission der Zusage aus den Politischen Leitlinien des EU-Präsidenten, dass es gilt, die Flexibilität im Wachstums- und Stabilitätspakt so gut wie möglich zu nutzen, um Investitionen zu fördern.15 Dabei soll auch den Schlussfolgerungen des Europäischen Rates vom Juni 2014 gefolgt werden, gezielte Schritte zu setzen, um das Wachstum zu fördern, Investitionen zu steigern und mehr sowie bessere Arbeitsplätze zu schaffen wie auch Reformen zugunsten der Wettbewerbsfähigkeit zu fördern. Damit verbunden ist die im geltenden Stabilitäts- und Wachstumspaket enthaltene Flexibilität zu nutzen. Folglich werden künftig Investitionen im Rahmen des Europäischen Fonds für strategische Investitionen (EFSI) wie auch anderer Programme bei der Festlegung der Konsolidierungsgrößen im Rahmen der präventiven oder der korrektiven Komponente des Stabilitäts- und WachstumsPaktes nicht berücksichtigt werden. Mitgliedstaaten, die der präventiven Komponente des Pakts unterliegen, können vorübergehend von ihrem mittelfristigen Haushaltsziel bzw. dem Anpassungspfad abweichen, um Investitionen zu berücksichtigen, falls ihr BIP-Wachstum negativ ist oder ihr BIP deutlich hinter seinem Potenzial zurückbleibt (Produktionslücke von mehr als minus 1,5 Prozent), die Abweichung nicht zu einer Überschreitung des Defizit-Referenzwerts von drei Prozent führt und eine angemessene Sicherheitsmarge beibehalten wird, die Investitionen in der Folge tatsächlich zunehmen; die Abweichung in den Folgejahren kompensiert, also das mittelfristige Haushaltsziel (MTO; ein strukturelles Defizit von zumeist 0–0,5 Prozent des BIP) wieder erreicht wird. Somit können Länder mit grundsätzlich bereits konsolidierten Staatsfinanzen im Rahmen dieser Investitionsoffensive zusätzliche öffentliche Investitionen tätigen, ohne dass diese dem Stabilitätsregime unterliegen. 14

15

European Commission, Making the best use of the flexibility within the existing rules of the stability and growth pact, COM(2015) 12; Strassbourg, 13.1.2015 Siehe dazu MEMO/15/3211, Leitlinien zur Förderung von Strukturreformen und Investitionen – häufig gestellte Frage, Straßburg, 13.1.2015

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ALTERNATIVE REGELN FÜR DEN STABILITÄTSPAKT

Berücksichtigungsfähige Investitionen sind dabei nationale Ausgaben für von der EU kofinanzierte Projekte im Rahmen der Struktur- und Kohäsionspolitik (einschließlich Projekten, die über die Beschäftigungsinitiative für junge Menschen kofinanziert werden), Transeuropäischer Netze und aus „Connecting Europe“ sowie Kofinanzierungen von EFSIProjekten. Im EFSI-Programm werden lt. Artikel 5 EFSI-VO folgende Projekte gefördert: Infrastrukturentwicklung, u.a. in den Bereichen Verkehr, Energie und digitale Infrastruktur; Investitionen in allgemeine und berufliche Bildung, Gesundheit, Forschung und Entwicklung Informations- und Kommunikationstechnologie und Innovation; Ausbau erneuerbarer Energien und Steigerung der Energie- und Ressourceneffizienz; Infrastrukturprojekte in den Bereichen Umwelt, natürliche Ressourcen, Stadtentwicklung und Soziales. Ziel ist im Zeitraum 2015 bis 2017 315 Mrd. Euro an zusätzlichen Investitionen zu mobilisieren – ausgehend von bereitgestellten EU-Mitteln in Höhe von 21 Mrd. Euro. Österreich hat 19 Projekte für 28,2 Mrd. Euro eingereicht, wovon 11,4 Mrd. auf die Laufzeit des EFSI von 2015 bis 2017 entfallen. Den Schwerpunkt bilden Projekte der ÖBB und ASFINAG. Weiters finden sich Projekte im Rahmen der Thermischen Sanierungsoffensive, Zuschüsse für Energieeffizienzprojekte wie auch ein Projekt der Wien Energie sowie zwei Projekte des Amtes der Salzburger Landesregierung. Zusammenfassend zeigt sich, dass die aktuelle Flexibilisierung der Investitionstätigkeit auf EFSIProjekte sowie Projekte des Struktur- und Kohäsionsfonds, Transnationaler Netze sowie „Connecting Europe“ beschränkt ist. Die kommunale Ebene kann damit nur im Rahmen dieser Programme erreicht werden, eigenständige kommunale Projekte, die die Programminhalte umfassen, sind davon ausgenommen.

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Alternative Konzepte

Eine Alternative wäre die Einführung der „Goldenen Regel“ für öffentliche Investitionen16. Grundsätzlich könnten aus ökonomischer Sicht alle staatlichen Ausgaben, die einen erheblichen zukünftigen Nutzen in Form höheren Wachstums oder vermiedener Kosten generieren, als investiv definiert werden. In einem ersten Schritt könnte eine technisch schnell implementierbare Definition von Nettoinvestitionen im Sinne der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung (abzüglich Militärausgaben allenfalls zuzüglich Investitionszuschüsse an den privaten Sektor) zugrunde gelegt werden. Diese Nettoinvestitionen werden in den relevanten Defizitkennziffern des Stabilitäts- und Wachstumspakts und des Fiskalpakts nicht berücksichtigt. Zur Sicherung des Ziels einer Schuldenstandsquote bei 60 Prozent des BIP könnte eine Obergrenze für die abzugsfähigen Nettoinvestitionen in Höhe von z.B. 1,0 bis 1,5 Prozent des BIP festgelegt werden. Umgelegt auf Österreich wären dies rund 3,2 bis 4,8 Mrd. Euro. 16

Achim Truger, Implementing the golden rule for public investment in Europe, AK – Materialien zur Wirtschaft und Gesellschaft Nr. 138; Wien März 2015; 62 Seiten; auf Deutsch: Achim Truger, Die Implementierung der Goldenen Regel für öffentliche Investitionen in Europa Sicherung der öffentlichen Investitionen und Unterstützung der Konjunktur – Zusammenfassung, ‚AK März 2015, 6 Seiten

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ALTERNATIVE REGELN FÜR DEN STABILITÄTSPAKT

Eine solche Goldene Regel könnte für einige Zeit zumindest näherungsweise sogar ohne Änderungen des aktuellen institutionellen Regelwerks verwirklicht werden, wenn die Europäische Kommission und der Europäische Rat ihren Handlungsspielraum innerhalb dieses Regelwerks nutzen. Mittelfristig erfordert eine solide Verankerung auf europäischer Ebene jedoch eine Änderung des finanzpolitischen Regelwerks, die beispielsweise durch ein „InvestitionsProtokoll“ mittels des vereinfachten Vertragsänderungsverfahrens nach Art. 48 des LissabonVertrags erfolgen könnte. Eine weitere Alternative wäre die sog. „Silberne Regel“, publiziert von Karl Aiginger (WIFO)17. Dabei geht es darum, den Fiskalpakt in ganz gezielter Weise für bestimmte Ausgaben für einen Zeitraum von zwei Jahren zu öffnen. Die Kommission sollte dabei fünf bis sieben Ausgabenkategorien definieren, für die zwei Jahre lang die Grenzen des Fiskalpakts überschritten werden können. Aus Sicht von Karl Aiginger könnte dies beispielsweise für Forschung/Universitäten, Energieeinsparung/thermische Sanierung, Breitband/Energienetze, Gründungszentren sowie Aus-/Weiterbildung sein. Diese Kategorien sollten nach zwei Kriterien gewählt werden: dem langfristigen Wachstumseffekt („höherer, grüner Wachstumspfad“) und dem kurzfristigen Beschäftigungseffekt („Ausgaben mit hoher Personaltangente“). Die Überschreitung sollte mit 1 Prozent des BIP limitiert sein. Für diese zusätzlichen Ausgaben müssen im Gegenzug Strukturreformen vorgenommen werden, damit nach zwei Jahren die „Zukunftsausgaben“ auch innerhalb der Obergrenzen des Fiskalpfades Platz haben. Karl Aiginger schlägt weiters vor, die silberne Regel könnte „von einer unabhängigen Fiskalautorität oder dem Rechnungshof eines anderen Landes beurteilt werden (und damit nicht von den „bösen“ Herren aus Brüssel oder Damen aus Berlin)“18.

3

Zusammenfassung und Schlussfolgerungen

Die Europäische Kommission hat die Defizite der EU-2020-Strategie erkannt und einen Investitionsplan für 315 Mrd. Euro erstellt. „Mit wenig Eigenmittel, aber viel Hebeln und Hoffnung“, wie Karl Aiginger einschätzt. Dieses Investitionsprogramm ist auf traditionelle Großobjekte abgestellt. Die damit angekündigte „Flexibilisierung“ des Fiskalpakts bringt in der Praxis wenig neue Spielräume. So können sich Länder mit einer Potenziallücke nur knapp größer als 1,5 Prozent des BIP (worunter auch Österreich mit -1,2 Prozent fällt), nicht auf die Investitionsklausel berufen. Folglich ist in diesen Ländern die Kreditfinanzierung zusätzlicher öffentlicher Ausgaben für Kinderbetreuung, Forschung und Entwicklung, thermische Sanierung, öffentlicher Verkehr auch künftig nur schwer möglich, ohne in Konflikt mit dem Stabilitätsregime zu kommen. Eine Alternative wäre primär die Umsetzung in Form von PPP-Modellen – was grundsätzlich auch eine Intention des EFSI-Programms ist. Anders als die EU-Programme bieten die „Goldene Regel“ wie auch „Silberne Regel“ die Möglichkeit einer direkten Förderung von öffentlichen Investitionen auf nationaler Ebene. Sie ist unabhängig von der – unsicheren – Verlagerung und Hebelwirkung öffentlicher Mittel auf europäischer Ebene, verbunden mit der Hoffnung private Investoren zu finden. 17

Aiginger, Karl: Silberne statt Goldene Regel: Kritik und Ergänzung zum „Investitionsplan“ für Europa; 12/2014, auf: http://www.oekonomenstimme.org/artikel/2014/12/silberne-statt-goldene-regel-kritik-und-ergaenzung-zum-investitionsplan-fuer-europa/ (21.05.2015) 18 ebenda

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ALTERNATIVE REGELN FÜR DEN STABILITÄTSPAKT

Die beiden Vorschläge von Karl Aiginger und Achim Truger basieren auf der Goldenen Regel der Fiskalpolitik, dass Investitionen in die Zukunft keine Belastung, sondern eine Investition sind. Sie sind dabei flexibler konzipiert, weil die damit verbundenen Investitionsprogramme kleiner sind und in vielen Ländern auch bereits in der Schublade liegen, aber aus Konsolidierungserfordernissen bzw. fehlender Reformbereitschaft (betreffend Strukturreformen) zurückgestellt wurden. Die beiden Alternativkonzepte würden in der Praxis schneller umsetzbar sein, als der Investitionsplan des EFSI. Die „Silberne Regel“ ist stark zukunftsfokussiert und laut Karl Aiginger damit auch moderner, weil sie „explizit in Richtung Zukunft und immaterielle Investitionen geht und Autobahnen in die Wüste (vgl. Süditalien, Griechenland) ausschließt.“19 Diese Möglichkeit wird auch von Achim Truger gesehen: „ Ein solches Programm könnte auch den Investitionsbedarf jenseits der engen Definition der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung berücksichtigen, um öffentliche Investitionen im weiteren Sinne abzudecken. Dies könnten Bildungsinvestitionen, einschließlich Investitionen in Kinderbetreuung sein; das Programm könne sich aber auch allgemein auf Ausgaben wie die aktuell vernachlässigten Ziele von Europa 2020, zum Beispiel soziale Inklusion, oder Ausgaben in anderen Bereichen, die in den letzten Jahren stark unter dem Sparkurs gelitten hatten, konzentrieren.“20 Die „silberne Regel“ ist jedoch im Gegenzug mit einer Strukturreform verknüpft.

19 20

ebenda Achim Truger, Zusammenfassung, S. 6

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