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I Einleitung

1 Ausgangslage und Zielsetzung

Wenn Aufgabenübertragungen auf die Gemeindeebene ohne entsprechende finanzielle Abgeltungen erfolgen, entstehen Mehrbelastungen für die Gemeinden im Rahmen des „Grauen Finanzausgleichs“. Darunter werden solche Maßnahmen verstanden, welche außerhalb des Finanzausgleichs stehen, jedoch unmittelbare Auswirkungen auf die Gemeindefinanzen haben. Beispiele hierfür sind Mehrausgaben durch die Ausbauoffensive im Kinderbetreuungsbereich oder durch den Entfall des Vorsteuerabzuges bei Immobiliengesellschaften. Eine konkrete Abschätzung der gesamten Mehrbelastungen auf Gemeindeebene ist jedoch nur schwer möglich, da es hierzu keine vollständigen Erhebungen oder Evaluierungen gibt. Vor diesem Hintergrund wurde das KDZ – Zentrum für Verwaltungsforschung – vom Österreichischen Städtebund beauftragt, sich mit dieser Thematik genauer auseinanderzusetzen. Dabei werden die folgenden Zielsetzungen gesetzt:  Aufzeigen von Entwicklungen im Finanzausgleichssystem, welche dem Grauen Finanzausgleich zugeordnet werden können. Zu nennen sind beispielsweise Steuerreformen oder das Transfersystem;  Durchführen einer Online-Befragung auf Städteebene zur Einschätzung der Mehrbelastungen der Städte in der bestehenden Finanzausgleichsperiode seit 2008 im Rahmen des Grauen Finanzausgleichs;  Einschätzung zum Konsultationsmechanismus;  Zusammenfassende Einschätzung zur Bedeutung und Problematik des Grauen Finanzausgleichs.

In der Studie stehen die Gemeinden ohne Wien im Fokus.

2 Gliederung der Studie

In einem ersten Teil werden Maßnahmen im Rahmen des Finanzausgleichssystems aufgezeigt, welche dem Grauen Finanzausgleich zugeordnet werden können. Hierzu zählen beispielsweise Mindereinnahmen beim Steueraufkommen durch die Auswirkungen der Steuerreform 2009/2010 sowie der Konsolidierungspakete. Ein weiteres wesentliches Thema ist hierbei der Umlagenbereich, wodurch die Ertragsanteile kontinuierlich geschmälert werden. Auch der Abgabenbereich hat vielfältige Veränderungen erfahren und könnte bei geänderten Rahmenbedingungen dynamischer verlaufen. Der zweite Teil beschäftigt sich mit konkreten Maßnahmen des Grauen Finanzausgleichs auf der Ausgabenseite. Es werden die Maßnahmen Immobilienertragssteuer, Vorsteuerabzug bei Immobiliengesellschaften, Eisenbahnkreuzungsverordnung, Gratiskindergarten und Ausbauoffensive Kinderbetreuungsbereiche, Ganztagsschule, Energieausweise sowie der Sozialhilfebereich thematisiert. Dabei werden einerseits die Maßnahmen beschrieben, andererseits die Online-Ergebnisse zu den Maßnahmen wiedergegeben.

In einem dritten Teil wird der Mechanismus des Konsultationsmechanismus dargestellt und kritisch – insbesondere hinsichtlich der Wirksamkeit zur der Vermeidung des Grauen Finanzausgleichs – betrachtet. Schließlich erfolgt in einem vierten Teil eine Schlussbetrachtung. Hier werden die wichtigsten Ergebnisse kurz zusammengefasst und einige Schlussfolgerungen gezogen.

3 Begriffsbestimmung

Das aktuelle Finanzausgleichssystem basiert auf mehreren Elementen und kann sehr unterschiedlich weit gefasst werden. Gemäß Zimmermann und Henke ist unter Finanzausgleich „die Zuordnung der öffentlichen Aufgaben, Ausgaben und Einnahmen auf die verschiedenen Gebietskörperschaften im Staatsaufbau“ 1 zu verstehen. Diese Definition stellt den Finanzausgleich im weiteren Sinn dar und berücksichtigt neben der Einnahmenverteilung ausdrücklich auch die Aufgaben- und Ausgabenverteilung zwischen den Gebietskörperschaften. Hingegen erachtet der Finanzausgleich im engeren Sinn „die Aufgabenverteilung als gegeben und stellt über die Regelung der Einnahmenverteilung – inklusive Ausgleichsmaßnahmen – die Finanzierung der Aufgaben der Gebietskörperschaften sicher“ 2 . Dieses eingeschränkte Verständnis ist das in der Praxis vorherrschende.

Der primäre, sekundäre und tertiäre Finanzausgleich werden dabei dem Finanzausgleich im engeren Sinn zugeordnet. Diese Elemente werden jedoch ergänzt durch den Grauen Finanzausgleich.

Primärer Finanzausgleich

Der primäre Finanzausgleich umfasst die Verteilung der Abgabenhoheit (Welche Gebietskörperschaftsebene darf welche Abgaben einheben?) und die Verteilung der Ertragshoheit (Beteiligung am Aufkommen an gemeinschaftlichen Abgaben) auf die Gebietskörperschaften. Der primäre Finanzausgleich ist im Finanzausgleichsgesetz geregelt. Er regelt die Grundlage der gemeindeeigenen Steuern und umfasst die Festlegung der gemeinschaftlichen Bundesabgaben und der Ertragsanteile auf die verschiedenen Gebietskörperschaften.

Sekundärer und tertiärer Finanzausgleich

Der sekundäre Finanzausgleich bezeichnet das System der Transferzahlungen zwischen den Gebietskörperschaften, welche die Abgabenteilung ergänzen – soweit diese im jeweiligen Finanzausgleichsgesetz geregelt sind. Hiermit ist auf der einen Seite im Speziellen die Landesumlage (spezielle Transferzahlung von den Gemeinden zu den Ländern) gemeint. Auf der anderen Seite erfolgt im Rahmen des sekundären Finanzausgleichs die Vergabe der GemeindeBedarfszuweisungen (Gemeindemittel, welche den Ländern zur Ausschüttung an die Gemeinden übergeben werden) sowie der diversen Finanzzuweisungen des Bundes (§ 20 ff. FAG 2008). Der tertiäre Finanzausgleich umfasst alle übrigen intragovernmentalen (d.h. Transfers zwischen öffentlichen Rechtsträgern) Transfers nach sonstigen Bundes- und Landesgesetzen. Hierunter fallen hauptsächlich die Transferleistungen von den Gemeinden an die Länder (v.a. Krankenanstalten- und Sozialhilfeumlage) oder Fördermittel von den Ländern an die Gemeinden (z.B. Personalkostenzuschuss im Bereich der Kindergärten).

1 Siehe Zimmermann u. Henke: Finanzwissenschaft, 201 2, S. 207. 2 Siehe Bauer u. Thöni, 2008, S. 19.

Grauer Finanzausgleich

Wenn eine Gebietskörperschaftsebene Regelungen erlässt, die bei einer anderen Gebietskörperschaftsebene finanzielle Be- oder Entlastungen ohne einer entsprechenden finanziellen Abgeltung erwirken, wird dies als Grauer Finanzausgleich bezeichnet. So werden Aufgaben bzw. Ausgaben an die Gemeinden und Städte ohne finanzielle Abgeltung übertragen oder das Leistungsangebot der Gemeinden per Landesgesetz erweitert. Zusätzlich ergeben sich jedoch auch Maßnahmen des Grauen Finanzausgleichs im Einnahmenbereich.

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