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Hochwassermanagement: Aufgaben der Gemeinden

Hochwassermanagement in Gemeinden

Ein gemeinsames Forschungsprojekt stellt sich vor.

von Birgit Bednar-Friedl, Wolfgang Loibl und Karoline Mitterer

Birgit Bednar-Friedl

Wolfgang Loibl

Karoline Mitterer

Gemeinden spielen eine wichtige Rolle im Rahmen des Hochwassermanagements. Sie übernehmen zahlreiche budgetwirksame Aufgaben, sowohl im Katastrophenfall als auch im Bereich der Prävention. Besonders stark betroffene Gemeinden sind mit bedeutenden Mehrbelastungen konfrontiert. Im Rahmen eines vom Klimafonds geförderten Forschungsprojekts 1 wurde die Rolle der Gemeinden im Hochwassermanagement sowie die zu erwartenden künftigen Effekte durch den Klimawandel näher beleuchtet.

Vielfältige Aufgaben der Gemeinden

Das Hochwassermanagement der Gemeinden folgt den drei Phasen: Bewältigung, Nachsorge und Prävention (nächste Seite Abb. 1). Die Bereiche Bewältigung und Nachsorge betreffen Aufgaben, die in direktem Zusammenhang mit einem Hochwasserereignis stehen. Dies umfasst die Koordination und das Management im Katastrophenfall sowie Sofortmaßnahmen, wie etwa das Einberufen eines Krisenstabs, Schutzmaßnahmen (z. B. mobiler Hochwasserschutz) und die Koordination der Sofortmaßnahmen und Aufräumarbeiten. Direkte Katastrophenschutzmaßnahmen sind der Schutz der Infrastruktur, das Evakuieren der betroffenen Bevölkerung, das Bereitstellen von Ersatzquartieren und die Verpflegung der HelferInnen-Teams. Im Nachsorgebereich gilt es Schäden zu beseitigen, etwa Reinigung öffentlicher Verkehrsflächen, Müll-, Sperrmüll- und Schlammentsorgung oder Trockenlegung von Gebäuden. Weiters sind Schäden an Gemeindeobjekten zu beheben, etwa an Gebäuden (Bauhof, Schulen, Kindergärten), an technischen Anlagen (Kläranlagen, Uferbefestigungen und Dämmen), oder an öffentlichen Verkehrsflächen.

„Der Klimawandel lässt uns extreme Wetterverhältnisse erwarten. Es gilt diese zu bewerten und entsprechende Maßnahmen zu setzen.“

In der Prävention sind Gemeinden für vorsorgende Maßnahmen (z. B. in der örtlichen Raumplanung), für die Errichtung von Hochwasserschutzelementen und für Katastrophenschutzpläne zuständig. Gemeinden bzw. Hochwasserschutzverbände treten dabei grundsätzlich als sogenannte Interessenten für hochwasserschutzbauliche Maßnahmen auf. Im Hinblick auf den Klimawandel sind zu erwartende Veränderungen von extremen Niederschlagsereignissen und die daraus resultierende Hochwassergefahr zu bewerten und entsprechende Anpassungsmaßnahmen zu setzen. >

1 Das Forschungsprojekt CAD-MUCI zu den „Auswirkungen von Hochwasserereignissen auf Gemeindebudgets. Anpassungsmaßnahmen und finanzielle Auswirkungen am Beispiel oberösterreichischer Regionen“ wurde im Rahmen des Austrian Climate Research Programms (ACRP, 8. Ausschreibung; KR15AC8K12669) unter der Leitung von AIT gemeinsam mit KDZ und dem Wegener Center der Universität Graz durchgeführt. Das Projektteam: Karoline Mitterer, Wolfgang Loibl, Birgit Bednar-Friedl, Gabriel Bachner, Branislav Iglár, Catrin Haider, Anita Haindl, Gerhard Heiss, Hannah Hennighausen, Nikola Hochholdinger, Mario Köstl

Abb. 1:

Aufgaben der Gemeinden im Rahmen der drei Phasen des Hochwassermanagements

Quelle: Loibl et al.: Auswirkungen von Hochwasserereignissen auf Gemeindebudgets, 2018, S. 37.

Ab Mitte Juni wird die Studie auf kdz.or.at/studien zum Download zur Verfügung stehen.

Folgekosten für Gemeinden

Den Gemeinden entstehen im Katastrophenfall Ausgaben, die nur zum Teil vom Katastrophenfonds abgegolten werden. Im Bereich der Nachsorge erhalten die Gemeinden bei Schäden an Vermögen einen 50-prozentigen Zuschuss. Ausgaben für die Bewältigung (z. B. Notunterkünfte, Koordinationsaufwand) und für Nachsorge (Aufräumungsarbeiten, Sperrmüllentsorgung, Kanalspülung) müssen die Gemeinden selbst tragen.

Umfangreiche präventive Hochwasserschutz-Projekte stellen die Gemeinden vor große finanzielle Herausforderungen. Diese werden vom Katastrophenfonds sowie von den Bundesländern ko-finanziert; der von den Gemeinden zu tragende Anteil variiert je nach Maßnahme.

„Gemeinden tragen einen wichtigen Teil zum Hochwasserschutz bei –eine große Herausforderung.“

Hochwasserschutzverbände

Die Hochwasserschutzverbände haben sich bewährt. Räumliche und statistische Analysen, wie auch Interviews mit Verantwortlichen der Gemeinden und Verbände, haben gezeigt, dass präventive Maßnahmen – vor allem Rückhaltebecken in der jeweils betroffenen Gemeinde, aber auch flussaufwärts (in den Oberlieger-Gemeinden) – wichtig für die Minderung von Schadensrisiko und Kosten sind. Hochwasserschutzverbände dienen einer gemeindeübergreifenden Planung, Priorisierung und gemeinsamen Finanzierung von Präventionsmaßnahmen in einem Flusseinzugsgebiet, die ohne Verbände nicht realisierbar wären. Weiters übernehmen sie wichtige Funktionen bei Information und Bewusstseinsbildung, wie regelmäßiger Informationsaustausch zwischen den Gemeinden, Implementierung von Frühwarnsystemen oder Koordination von Notfallplänen.

Hochwassermanagement und Risikofaktoren

Für die Analyse des Hochwasserrisikos und des Bedarfs an Anpassungsmaßnahmen wurde eine Reihe von Daten herangezogen: räumliche Muster extremer Niederschlagsereignisse der nahen Vergangenheit, Pegelstände der Flüsse, räumliche Risikofaktoren, eingetretene Schadensereignisse sowie die Häufigkeit der künftig zu erwartenden Extremereignisse. Abbildung 2 zeigt zwei besonders schadensverursachende Niederschlagsperioden: August 2002 und Juni 2013.

Im Rahmen des Projekts wurde die finanzielle Betroffenheit der Gemeinden ausgewählter Flusseinzugsgebiete in Oberösterreich für Schadensbewältigung (nach den beiden Ereignissen) und für Präventions- bzw. Anpassungsmaßnahmen (zwischen den beiden Ereignissen) untersucht. Dazu wurden die Jahresbudgets analysiert und folgende räumliche wesentliche Risikofaktoren identifiziert: Anteil der Siedlungsfläche in Hochwasserrisiko-Zonen und Höhendifferenz sowie Entfernung zwischen Fluss und flussnahen Siedlungsteilen. Risikomindernd wirken Präventions- bzw. Anpassungsmaßnahmen in den betroffenen Gemeinden sowie vor allem in den Oberlieger-Gemeinden.

Zukünftiges Hochwasserrisiko

Aktuelle Klimaszenarien lassen eine Zunahme von extremen Starkregenereignissen erwarten. 2 Bis zum Ende des 21. Jahrhunderts ist in Oberösterreich gegenüber der nahen Vergangenheit mit einem Anstieg von durchschnittlich ein bis zwei Ereignissen pro Jahr zu rechnen. 3 Abbildung 3 zeigt, dass derartige Ereignisse nicht linear zunehmen, sondern in unregelmäßigen Abständen: auf Jahre mit wenigen Starkregenereignissen können Jahre mit einer deutlich größeren Zahl an Ereignissen folgen. Über deren Intensität können keine gesicherten Aussagen getroffen werden. Erwartet wird, >

Quelle: ÖKS15 Klimaszenarien für Österreich (https://data.ccca.ac.at/group/oks15); Für die Darstellung wurden Mittelwerte aus EURO-CORDEX Simulationen erzeugt, die auf den RPC 4,5 Treibhausgasszenarien basieren und für Österreich statistisch auf 1x1 km Raster skaliert und fehlerkorrigiert wurden. Loibl et al.: Auswirkungen von Hochwasserereignissen auf Gemeindebudgets, 2018, S. 80.

Abb. 2: Räumliche Verteilung der Niederschlagssummen während der extremen Niederschlagsereignisse im August 2002 und Juni 2013.

dass die höhere Temperatur zu höherem Wassergehalt in der Atmosphäre führt, der im Zuge von Fronten und konvek tiven (Gewitter-)Ereignissen mehr Niederschlag bringt. 3

Abschließende Bemerkungen

Präventionsmaßnahmen werden nicht alle Schäden durch künftige Ereignisse ver hindern können, doch weitere, effektive Anpassungsmaßnahmen werden das Risiko und die Schadensbewältigungskosten auch bei einer Zunahme der Intensität der Ereignisse mindern.

Effektives, räumlich integriertes Hochwassermanagement wird in Zukunft eine noch größere Bedeutung erlangen. Die Gemeinden werden ihre Verantwortung für Bewältigung, Nachsorge und Prävention auch künftig wahrnehmen müssen, wobei die Zusammenarbeit zwischen den Gemeinden vor allem bei der Prävention unerlässlich ist.

Damit sie ihre Aufgaben effektiv wahrnehmen können, müssen Verantwortlichkeiten hinsichtlich Planung, Errichtung und Instand haltung von Hochwasserschutzmaßnahmen

3 Loibl et al.: Auswirkungen von Hochwasserereignissen auf Gemeindebudgets, 2018, S. 80. präzisiert werden. Kann oder muss etwa eine Gemeinde auf ein 100-jähriges Hochwasser vorbereitet sein? Welche Verantwortung haben die Länder beim Setzen gemeinde übergreifender Maßnahmen? Wie sieht es generell mit der Haftung für eine ausreichen de Wirksamkeit von Maßnahmen aus? Viele Fragen dazu sind noch zu klären. Die Verantwortlichen der Gemeinden und Hochwasserschutzverbände haben bei den Interviews deutlich gemacht, dass sie ihrer Verantwortung nachkommen und aktiv an einer Weiterentwicklung des Hochwassermana gements arbeiten. <

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Ein herzliches Dankeschön an alle Interviewpartnerinnen und -partner:

• Stadtgemeinde Ansfelden • Wasserverband Unteres Kremstal • Schutzwasserverband Kremstal • Marktgemeinde Schwertberg • Hochwasserschutzverband Aist • Stadtgemeinde Vöcklabruck • Landesregierung Oberösterreich

Abb. 3: Jährliche Summen von extremen Niederschlagsereignissen (>95% Perzentil), jährliche Mittelwerte aus RPC 4,5 Klimaszenarien 1971–2100.

Quelle: ÖKS 15 Klimaszenarien für Österreich (https://data.ccca.ac.at/group/oks15), Loibl et al.: Auswirkungen von Hochwasserereignissen auf Gemeindebudgets, 2018, S. 80.

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