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Stadtregionen: Regionale Solidarität als Voraussetzung

Stadtregionen in Österreich

Regionale Solidarität als Voraussetzung.

von Alexandra Schantl, Nikola Hochholdinger und Lena Rücker

Alexandra Schantl

Nikola Hochholdinger

Am 23. und 24. Oktober 2019 fand der 7. Österreichische Stadtregionstag statt. Als Vernetzungstreffen zwischen stadtregionalen Expertinnen und Experten standen in Wiener Neustadt diesmal die Stärkung der Stadtund Ortskerne aus regionaler Sicht sowie Herausforderungen stadtregionaler Mobilität im Zentrum. 1

„Städte und regionale Zentren haben wesentliche Stütz- und Impulsfunktionen, deren Bedeutung sich aber nur im regionalen Kontext erschließt. Städte und ihr Umland können aufgrund der vielfältigen Verflechtungen nicht isoliert voneinander betrachtet werden, sie sind Schicksalsgemeinschaften“, unterstrich Axel Priebs, Professor am Institut für Geographie und Regionalforschung der Universität Wien, in seinem Impulsvortrag. Dennoch gibt es gewachsene Differenzen zwischen zentralen Orten und ihren Umlandgemeinden, sei es hinsichtlich ihrer finanziellen Ausstattung, Entwicklungstendenzen, politischen Prägungen oder auch unterschiedlich eng gezogenen Verwaltungsgrenzen, die Kooperationen erschweren. Um diese Differenzen zu überwinden, bedarf es aber nicht nur einer Zusammenarbeit auf Augenhöhe, sondern auch verbindlicher politischer Absicherung dieser Kooperationen in öffentlich-rechtlichen oder zivilrechtlichen Organisationsformen. Nur damit kann den Menschen eine adäquate und zukunftsfähige Daseinsvorsorge gewährleistet werden.

Künftige Herausforderungen gemeinsam meistern

Stadtregionales Handeln beschränkt sich aber nicht bloß auf punktuelle oder ausgewählte interkommunale Zusammenarbeit, sondern muss gesamthaft betrachtet und

1 Dokumentation 7. Stadtregionstag: https://www.staedtebund. gv.at/services/veranstaltungsergebnisse/veranstaltungsergebnisse-details/artikel/7-stadtregionstag-am-23-und24-oktober-2019-in-wiener-neustadt/.

Lena Rücker

Übersicht der Stadtregionen auf www.stadtregionen.at

Quelle: www.stadtregionen.at (download 13.11.2019)

gesteuert werden. Das aktuelle ÖROK-Projekt „Regionale Handlungsebene stärken“ versucht hier, auch für Stadtregionen tragfähige Lösungen auszuloten. Ausreichende Ressourcen sind dafür unabdingbar. Ein Schwerpunkt des Projektes widmet sich daher auch künftigen Finanzierungsmöglichkeiten unter Einbeziehung von EU-, Bundesund Landesmitteln.

Neue Strukturdaten zu den Österreichischen Stadtregionen

Als zentrales Informationsportal für die österreichischen Stadtregionen dient die im Jahr 2015 von Österreichischem Städtebund und KDZ eingerichtete Plattform www .stadtregionen.at. Neben aktuellen Entwicklungen werden zentrale Strukturdaten auf Ebene der Stadtregionen aus den Themenfeldern Bevölkerung, Bildung, Arbeit und Wirtschaft sowie Mobilität präsentiert und visualisiert. Im Vorfeld des Stadtregionstages erfolgte die Aktualisierung der Datengrundlagen mit dem Bevölkerungsstand 2019 und den Ergebnissen der abgestimmten Erwerbsstatistik 2017. Damit werden nicht nur die strukturellen Besonderheiten und Unterschiede der insgesamt 42 österreichischen Stadtregionen 2 in ihrer jeweiligen Entwicklung deutlich, sondern auch die vielfältigen räumlichen Verflechtungen in den Stadtregionen und damit die unbedingte Notwendigkeit gemeindeübergreifender Kooperationen und stadtregionaler Governance.

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2 Gemäß der Urban-Rural-Typologie der Statistik Austria (https://www.statistik.at/web_de/klassifikationen/regionale_ gliederungen/stadt_land/index.html)

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Nachhaltig wirken mit Sustainable Development Goals (SDGs)

Impulse für eine erfolgreiche Umsetzung der Agenda 2030 auf kommunaler Ebene.

von Dalilah Pichler und Lena Rücker

Dalilah Pichler

Lena Rücker

Die Sustainable Development Goals, die 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung, stellen das Kernstück der 2015 verabschiedeten Resolution zur Agenda 2030 der Vereinten Nationen dar. Alle 193 UN-Mitgliedstaaten haben sich diesen 169 Zielvorgaben für die ökologische, soziale und wirtschaftliche Entwicklung unserer Welt bis 2030 verschrieben.

Die Rolle der Städte und Gemeinden

In den letzten Jahren gelang es insbesondere durch Bemühungen der Zivilgesellschaft, das allgemeine Bewusstsein für nachhaltige Entwicklung zu schärfen – wenn auch vorwiegend im ökologischen Kontext. Die besondere Bedeutung der SDGs liegt in der ganzheitlichen Betrachtung aller Dimensionen nachhaltiger Entwicklung. Denn wachsendes ökonomisches Ungleichgewicht, ungleiche Bildungschancen, steigender Ressourcenverbrauch, Urbanisierung und der Klimawandel betreffen uns alle.

Städte und Gemeinden tragen besondere Verantwortung für die Umsetzung der SDGs. Rund 65 Prozent der Ziele der Agenda 2030 können ohne einen Beitrag der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften nicht vollständig verwirklicht werden. Abgesehen von ihrer besonderen Verantwortung und den Steuerungsmöglichkeiten zur Förderung

„Städte und Gemeinden tragen besondere Verantwortung für die Umsetzung der SDGs.“

nachhaltiger Entwicklung sind Gemeinden auch direkt für die Umsetzung kommunaler Aufgaben verantwortlich, die in direktem Zusammenhang mit den SDGs stehen.

SDGs in Österreichs Städten

Von der Entwicklung integrativer Mobilitätskonzepte, der regionalen Wirtschaftsförderung bis hin zur Sicherung lokaler Gesundheitsversorgung – alle 17 SDGs sind von direkter Relevanz für die kommunale Ebene. Eine Beschreibung der SDG-relevanten kommunalen Handlungsbereiche sowie konkrete Umsetzungsmaßnahmen finden sich im neuen Leitfaden „SDGs in Österreichs Städten“ von KDZ und dem Österreichischen Städtebund. Darüber hinaus beschreibt die Publikation vier wesentliche Schritte, die auf kommunaler Ebene gesetzt werden müssen, um die SDGs langfristig zu erreichen. Zu allen im Detail erläuterten Schritten werden Umsetzungsbeispiele, Tools und ausgewählte SDG-Aktivitäten beschrieben, um die Implementierung im gemeindespezifischen Kontext zu erleichtern.

Obwohl die ersten Schritte ganz zentral sind, um einmal mit dem Thema SDGs zu beginnen, darf Schritt 4: Monitoring und Evaluierung nicht außer Acht gelassen werden. Somit soll auch die Wirkung der gesetzten Aktionen nachhaltig abgesichert werden. In Österreich gibt es nämlich noch keine Vorgabe für Prozesse und Indikatoren zum kommunalen SDG-Monitoring. Die Statistik Austria hat 2017 ein nationales SDG-Indikatorenset in Abstimmung mit den UN-Vorgaben erstellt, welches unter anderem einige

Indikatoren mit Aussagekraft für die Entwicklung auf kommunaler Ebene umfasst. Mit dem Leitfaden wurden erste Überlegungen zu diesem Thema angestellt und eine exemplarische Selektion relevanter Indikatoren zu allen 17 SDGs aufgezeigt, die als Inspiration zur Ableitung von lokal angepassten Indikatoren dienen können. Jedoch muss beim Monitoring vor allem die kommunale Steuerungsrelevanz in Betracht gezogen werden, um nicht eine zusätzliche Büro kratisierung zu Lasten der tatsächlichen Um setzung ent stehen zu lassen.

Bekenntnisse auf kommunaler Ebene

Wenn auch das Bewusstsein für nachhaltige Entwicklung sowie die mediale und politische Präsenz dieses Themas in der letzten Zeit größer geworden ist, gibt es noch großen Handlungsbedarf. Im April dieses Jahres präsentierten der Österreichische Städtebund und der Österreichische Gemeindebund gemeinsam eine Musterresolution zur Agenda 2030 als Diskussionsgrundlage für politische Beschlüsse auf kommunaler Ebene 1 . Derartige Bekenntnisse als klarer

Schritt 1: Bewusstsein für die SDGs schaffen Bewusstsein, V erständnis und persönliches Engagement sämtlicher AkteurInnen für die Agenda 2030 und die SDGs kann durch breiten, inklusiven und partizipatorischen Dialog geschaffen werden. Neben klarem politischen Willen stützt sich die erfolgreiche Implementierung der SDGs auf die Unterstützung und das Engagement der Bür gerinnen und Bürger.

Schritt 2: Lokale SDG-Strategie festlegen Die Vertreterinnen und Vertreter der Städte und Gemeinden sollten gemeinsam mit lokalen Stakeholdern die SDGs hinsichtlich ihrer Bedeutung für den lokalen Kontext priorisieren. Die SDGs wer den in existierende Strategien integriert und fungieren als Leitlinien der kommunalen Entwicklung. Überarbeitete oder neue strategische Planungen als Grundlage für kommunales Handeln sollten nach innen und außen klar kommuniziert werden. Ausdruck politischen Willens können wesentlich dazu beitragen, Prozesse zum kommunalen Nachhaltigkeitsmanagement ins Rollen zu bringen. Umso mehr bedarf es aber gemeinsamer Anstrengungen und Kooperationen aller Gebietskörperschaftsebenen sowie der Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft, um die Umsetzung der SDGs vor anzutreiben. Denn die jetzt gesetzten Maßnahmen und Aktionen – sei es auf europä ischer , natio naler , regionaler oder kommunaler Ebene – werden die langfristige Entwicklung unserer Welt und unserer Gesellschaft bis 2030 und darüber hinaus bestimmen. <

Schritt 3: SDG-Maßnahmen und Aktionen setzen Basier end auf einer aktualisierten Strategie für die langfristige kommunale Entwicklung werden konkrete Maßnahmen zur Umsetzung der SDGs abgeleitet, die sich an den Erfordernissen und der Umsetzbarkeit auf lokaler Ebene orientieren. Diese Maßnahmen und Projekte haben klar definierte Zuständigkeiten, finanzielle Mittel, einen zeitlichen Rahmen sowie messbare Indikatoren. Kommentar senden

Schritt 4: Monitoring und Evaluierung Um langfristig Verantwortung zu übernehmen, Fortschritte zu messen sowie gegebenenfalls Anpassungen vornehmen zu können, bedarf es eines Systems für Monitoring und zur Evaluierung der SDG-Aktivitäten auf lokaler Ebene.

1 Die Musterresolution zur Agenda 2030 findet sich im Anhang der Publikation „SDGs in Österreichs Städten“ sowie auf www.agenda2030.at.

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