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Musterprojekt VRV 2015: Die Stadtgemeinde Trofaiach testet das

Werkzeugkasten für Politik und Finanzabteilung

Das neue Haushaltswesen wurde von Trofaiach in der Praxis getestet.

von Mario Abl und Michael Walchshofer

Die Stadtgemeinde Trofaiach hat als eine von drei Gemeinden an dem „Musterprojekt VRV 2015“ teilgenommen und wurde dabei vom KDZ begleitet. Die Neuerungen, die dieses PRGL¿]LHUWH5HFKQXQJVZHVHQPLWVLFKEULQJW sind sehr begrüßenswert und aus Gründen einer besseren Budgetsteuerung auch unerlässlich. Mit dieser „Drei-Komponenten-Rechnung“ gewinnt man künftig Informationen über die Beschaffenheit eines öffentlichen Haushaltes, die bisher nicht oder zumindest nur sehr versteckt vorhanden waren.

Die zentralen Neuerungen sind hier aus Sicht der Anwendung in der Praxis kurz umrissen.

Das „Herzstück Vermögen“

Nachdem das bisherige Rechnungswesensystem mehr oder weniger auf rein zahlungsÀXVVEH]RJHQH(UJHEQLVVHDEVWHOOWHXQG weitestgehend davon abstrahierte, WIE und WOFÜR das Geld und Ressourcen eingesetzt werden, wird mit der Vermögensrechnung („Bilanz“) dieser Aspekt der Substanzerhaltung künftig stärker in den Fokus rücken. In der öffentlichen Diskussion waren bisher die Schulden stark im Mittelpunkt, mit der nun zu erstellenden Bilanz werden GLHVHQQXQDXFKGDPLW¿QDQ]LHUWH9HUP|- genswerte gegenübergestellt. Die Eröffnungsbilanz lässt zudem einen Rückschluss darüber zu, ob in der Vergangenheit Geld bloß ausgegeben oder eben doch überwiegend investiert wurde. >

Foto: Stadtgemeinde Trofaiach

(VHPS¿HKOWVLFKGDV9HUP|JHQHLQHU Gebietskörperschaft in einem ersten Schritt einmal möglichst lückenlos zu erfassen (Grundstücke, Gebäude, Wasser/Kanalnetz, Fuhrpark, Betriebs- und Geschäftsausstattung, …). Erst danach sollte man sich der Bewertungsfrage widmen.

Und hier scheint der Grundsatz angebracht: „So genau und exakt wie notwendig bzw. rechtlich vorgegeben, und gleichzeitig so pragmatisch und unkompliziert als möglich.“ Ist das Vermögen vollständig erfasst und bewertet – also auch mit Buchwerten und (Rest)Nutzungsdauern richtig hinterlegt – gewinnt man mit der sich ergebenden jährlichen Abschreibung („Afa“) eine recht brauchbare Größenordnung dessen, was jedes Jahr in die Infrastruktur investiert werden sollte, um die Substanz einer Gebietskörperschaft zumindest aufrecht zu erhalten.

Rückstellungen –das „unsichtbare“ Fremdkapital

Im bisherigen System wurden latente Risiken (z. B. mögliche Prozesskosten wegen eines über mehrere Jahre laufenden Verfahrens) bzw. abgegebene Zahlungsversprechen, die MHGRFKHUVWLQ IHUQHU =XNXQIWVWDWW¿QGHQ nicht dargestellt und waren daher bisher gänzlich ergebnisunwirksam. Dem Umstand, dass der Aufwand aber in der Gegenwart entsteht, wird mit der VRV 2015 Rechnung getragen. Dieser periodengerechte Ausweis ist auch in seiner Implikation auf künftige politische Entscheidungen nicht ganz un - inter essant, weil schwerer damit geliebäugelt werden kann, dass abgegebene Zahlungsversprechen im hier und jetzt, ergebnistechnisch dann ein zukünftiger Verantwortungsträger „ausbaden“ darf.

Im Wesentlichen geht es bei diesem Thema um so genannte Humankapitalrückstellungen, sprich alles, was sich um den Personalbereich dreht (Pensionen, Abfertigung, Jubiläumsgelder, Urlaubs- und Zeitguthaben). Um die erstmalig zu dotierende Rückstellung möglichst gering zu halten, HPS¿HKOWHVVLFKGLHEHHLQÀXVVEDUHQ Größen rechtzeitig in die richtige Richtung zu steuern (z. B. durch Abbau von Alturlauben bzw. Zeitguthaben).

„Die Herausforderungen unserer modernen Zeit brauchen auch in der öffentlichen

Finanzwirtschaft zeitgemäße Finanz- und

Budgetinstrumente. Natürlich ergeben sich mit der Umstellung auf ein neues Haushaltswesen große Herausforderungen für unsere

MitarbeiterInnen. Ich bin aber davon überzeugt, dass wir gemeinsam einen positiven Veränderungsprozess umsetzen werden, der uns eine nachhaltige Qualitätssteigerung bringen wird! “

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„Mit dem Systemumstieg auf die VRV NEU erhält die Verwaltung nun ein adäquates

Werkzeug zur besseren Steuerung öffentlicher Haushalte. “

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„Echte“ offene Forderungen versus „Ergebnisaufhübschung“

Die VRV Neu bringt mit sich, dass man sich künftig jährlich über die Stichhaltigkeit von Forderungen und Außenstände Gedanken machen muss, weil gegebenenfalls Wertberichtigungen vorzunehmen sind. Dies bedeutet positive Effekte hinsichtlich der Aussagekraft von Ergebnissen und erhöht die Transparenz. Im jetzigen System wird sicherlich die eine oder andere Gebietskörperschaft nur deshalb als „Soll-ÜberschussGemeinde“ (DAS Ergebnis der Kameralistik!) geführt, weil derlei Bereinigungen bei den „schließlichen Einnahmenresten“ bzw. in der „voranschlagsunwirksamen Gebarung“ noch nicht – ergebnismindernd – vollzogen wurden. Es ist daher ratsam, rechtzeitig uneinbringliche Forderungen buchhalterisch wertzuberichtigen und gleichzeitig ein striktes Mahnund Exekutionswesen zu implementieren, um den Ausstand generell am Minimum zu halten.

Fazit

Die Stadtgemeinde Trofaiach arbeitet nun bereits seit einigen Jahren mit den „Elementen der doppelten Buchhaltung“ (= VRV NEU), um die Finanz- und Budgetsteuerung verantwortungsvoll und mit Qualität durchführen zu können. Das Betrachten und Analysieren mehrerer Teilergebnisse im Verbund und deren Wechselwirkung erlaubt eine verlässlichere Beurteilung des Haushaltes und stellt damit auch eine bessere Entscheidungsgrundlage für die Politik dar.

Natürlich ist auch die VRV 2015 aufgrund der vielen unterschiedlichen Interessenlagen ein „Werk des Kompromisses“ – und damit da oder dort sicherlich verbesserungsfähig – doch wird der „Werkzeugkasten“ für die Finanzabteilungen als Aufbereiter von Entscheidungsgrundlagen aber auch für die Politik als Entscheidungsträger mit dieser gesetzlichen Neuerung zweifelsohne ordentlich aufgerüstet! <

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