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Buchtipps
Lesen
Spannendes Lesefutter
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von Eva Unterburg
So fängt das neue Jahr gut an: mit Büchern für junge Leser/-innen, die von der ersten Seite an in entfernte oder ganz nahe Welten entführen. Die alles um einen herum vergessen lassen, selbst Hausaufgaben und laute Geschwister.
Solange wir zusammen sind Piper und ihr kleiner Bruder Dylan sehen zum ersten Mal die Berge und erleben Schnee, als sie mit ihren Eltern aus dem Überlandbus steigen. Doch so richtig freuen können sich die Kinder nicht an ihrer neuen Heimat, denn nachdem die alte verloren ging, heißt es jetzt, im Obdachlosenheim zu leben und auf die Hilfe anderer angewiesen zu sein. In der Warteschlange der Essensausgabe trifft Piper zum ersten Mal auf Jewel, eine wohnsitzlose ältere Dame, und ihren kleinen Hund Baby. Da Hunde nicht mit ins Gebäude dürfen, verzichtet Jewel auf ihr Mittagessen. Piper findet das ungerecht und trifft ab jetzt die beiden immer wieder im nahe gelegenen Park. Baby liebt dieses Mädchen und Piper liebt diesen Hund. Als Jewel sehr krank wird und ins Krankenhaus stationär eingeliefert wird, kümmert sich Piper zusammen mit den anderen Obdachlosen um den treu auf sein Frauchen wartenden Baby im Park. Doch dort wird es immer kälter, und als dann Baby beim Versuch, ins Krankenhaus zu gelangen, eingefangen und ins Tierheim mitgenommen wird, spitzt sich die Lage zu. Piper beginnt mit ihren neuen Freundinnen aus ihrer Pfadfindergruppe, einen Plan zu erarbeiten, um Jewel und Baby zu helfen. Doch die Zeit drängt, denn schon in zwei Wochen soll Baby spätestens vermittelt werden. Ob die Freundinnen die Entdeckung weiterbringt, dass Jewel eine Schwester hat am anderen Ende der USA, wo beide gut leben könnten? Und welche Rolle spielt das leere Medikamentenröhrchen, das Piper in Jewels Sachen findet? Dieser gefühlvolle Roman besticht nicht nur durch seinen steten Perspektivenwechsel – auch Baby schreibt aus seiner Hundesicht –, sondern auch durch die Themenwahl. Soziales Engagement, Tierliebe, Freundschaft, Loyalität und Familienzusammenhalt: eine gute Mischung, die am Ende alles sich zum Guten wenden lässt. Bobbie Pyron, Karin Lindermann (Illustr.): Solange wir zusammen sind. 320 Seiten, Hardcover, 15,5 x 21 cm, Thienemann 2020, 15 Euro, ab 10 Jahren
Adresse unbekannt Felix ist auf einer Polizeiwache und muss sich erklären. Doch wo soll er anfangen mit dem, was in den letzten Monaten alles passiert ist? Am besten mit Astrid und ihrer Art, Mutter zu sein, sehr liebevoll und einfühlsam, aber auch extrem chaotisch. Ab und zu fällt sie als Mutter ganz aus, dann hat sie ihre depressive Phase. Das pas-
Stadtbibliothek Aachen KiBi und youthfactory
Vielfältige Medien für Kinder und Jugendliche vom Buch bis zum Internet
Viel Platz zum Schmökern und Spielen mit Switch, Playstation und Billard
Di, Mi, Fr 10 – 18 Uhr Do 12 – 19 Uhr Sa 10 – 14 Uhr
Couvenstraße 15 52062 Aachen Tel.: 0241 432-38000 siert immer dann, wenn sie wieder einmal ihren Job verloren hat und die Miete nicht mehr zahlen kann. Und das ist auch in Vancouver nicht leicht, aber zum Glück gibt es ja den VW-Bus, den der letzte Freund vor seiner Indienreise dagelassen hat. Und so erlebt Felix einige fröhliche Sommerwochen in einem Minibus, kann dank der Überredungskünste Astrids sogar wieder in die gleiche Schule wie sein alter Freund Dylon und duscht sich eben im Gemeindezentrum. Für eine gewisse Zeit geht das schon. Doch allmählich wird die Situation schwieriger, es wird kalt und Felix muss sich Ausreden für sein fehlendes Pausenbrot und seine mangelnde Hygiene ausdenken und vor allem den Besuch seiner Freunde abwiegeln. Als sich die Lage zuspitzt und Felix genialer Plan, an Geld zu kommen, nur fast gelingt, muss er feststellen, dass seine Freunde wirkliche Freunde sind und auch Astrid aufgefangen wird. Ein einfühlsames Buch, das aus der Sicht eines „unsichtbaren“ Obdachlosen erzählt wird und sich auch aufgrund seines Infoteils am Buchende gut als Schullektüre eignen würde. Susin Nielsen, Leslie Mechanic (Illustr.): Adresse unbekannt. 284 Seiten, gebunden, 15 x 21 cm, Urachhaus 2020, 17 Euro, ab 11 Jahren
Mitternacht in Charlbury House Evi ärgert sich, denn sie soll die Ferien bei ihrer alten Patentante verbringen, die sie gar nicht richtig kennt und die in einem heruntergekommenen alten Herrenhaus weit weg von London wohnt. Wahrscheinlich gibt es dort nicht einmal Internet. Und das alles nur, weil Mama mit ihrem neuen Mann eine ungestörte Woche in Venedig verbringen möchte. Es gibt nichts Richtiges zu essen bei der schrulligen Archäologin, und das Zimmer, in dem Evi schlafen soll, ist komplett ungemütlich und unordentlich. Und dann diese furchtbaren Heulgeräusche um Mitternacht!
Als Evi auch noch ein Klopfen an der Scheibe hört und hinter dem Vorhang ein trauriges Mädchengesicht entdeckt, ist es mit der Nachtruhe vorbei. Ob die Inschrift an der Fensterscheibe etwas mit der Erscheinung zu tun hat: Sophia Fane, hier eingesperrt am 27. April 1814? Evi hat die Chance, das herauszufinden, als sie sich völlig unerwartet als Hausmädchen gekleidet im Herrenhaus des Jahres 1814 wiederfindet. Dort gilt es, Töpfe zu schrubben und Kamine zu fegen, Feuer zu machen und Bettpfannen zu leeren. Sie schleppt Wasser und stopft Wäsche, bis sie vor Erschöpfung fast beim Essen einschläft. Zum Glück ist ihr die erfahrene Polly an die Seite gestellt, die sie immer wieder aus gefährlichen Situationen rettet. Denn würde Evi tatsächlich erzählen, woher sie kommt, hätte das sicher schlimme Folgen. Ob sie die arme Sophia davor retten kann, von ihrem Vater an einen reichen, aber gewalttätigen Mann verheiratet zu werden? Ein grandioses Buch, das man nur sehr schwer beiseitelegen kann und das ganz nebenbei viel über die schwierigen Lebensverhältnisse der Dienstboten und Kindersklaven im England des 19. Jahrhunderts erzählt. Helen Peters, Verena Körting (Illustr.): Mitternacht in Charlbury House. 368 Seiten, gebunden, 15,5 x 21 cm, Thienemann 2020, 15 Euro, ab 10 Jahren
Der Händler der Töne Ob Neumondregentöne oder Tautropfenglucksen zum Wohlbefinden der Tiere, Marienkäferflügelschläge gegen Ungeziefer, Faunflötenspiel als Badesalz: Der fahrende Ton-Händler Per hat für jeden in Noés Dorf etwas in seinem Wagen. Der zehnjährige Noé ist sehr froh, seinem freudlosen Dasein als herumgereichter Waisenjunge entkommen zu können, und schließt sich dem grantigen Per an. Ob er seine einzige Freundin Minu bald wiedersehen kann? Die gemeinsame Reise wird von Kapitel zu Kapitel spannender und fantasievoller. Da gibt es Klangschalenhörnchen, furchtlose Tonillusionisten, Sandtrommelmännchen und fiepsende Lieselottenkäfer, aber auch grauenhafte Klangpiraten, die bald zu einer Gefahr für Leib und Seele werden. Als Noé mit Hilfe seiner neuen Freunde das dunkle Geheimnis des Händlers versteht, wächst er über sich hinaus und begibt sich zusammen mit Minu auf die atemberaubende Reise seines Lebens mitten hinein in den Klangstrudel ins Herz der Klangpiraten. Ob beide genügend Schutz haben, um das zu überstehen? Dieses Buch hat ähnlich viel Fantasie wie „Die unendliche Geschichte“ und die Wortkreationen machen sehr viel Freude beim Lesen. Verena Petrasch: Der Händler der Töne. 350 Seiten, gebunden, 15,5 x 21,5 cm, Beltz & Gelberg 2020, 16,95 Euro, ab 10 Jahren Fanny ist die Beste Fanny hat mit Sicherheit die coolste Oma der Welt. Wer sonst lässt alles stehen und liegen, sucht das ganze Haus nach einer Glitzerverkleidung ab oder ist sofort bereit, Schiedsrichterin zu spielen, wenn das Lieblingskind kommt? Und Fanny ist oft da, eigentlich jeden Tag, denn Fanny und ihre Mama wohnen gleich nebenan. Heute kann Fanny gar nicht aufhören mit Hopsen, denn gleich beginnt der allerliebste Wettkampftag. Es gibt sechs Disziplinen, drei zum Aussuchen für Mama und drei für Fanny. Zum Glück hat Oma ein bisschen gezuckt mit der rechten Hand, sodass Fanny beim Losen gewinnt und sich als Erste das Balancieren raussuchen kann. So bekommt sie sicher einen Vorsprung. Hoffentlich wählt Mama nicht Wettkochen oder Wettlesen, damit kennt sich Fanny nämlich noch nicht aus. Dafür schafft sie es bestimmt, den höchsten Turm zu bauen – mit allen Kissen, die sie finden kann. Ob es geholfen hätte, wenn sie ihrer Stoffgiraffe obendrauf noch die Haare hochgebürstet hätte? Aber es sind ja noch einige Disziplinen offen und Schummeln gilt nicht, schon gar nicht Sichärgern. Ob Mama das schafft? Zwischendurch wird noch schnell ein Dackel gerettet und eine Runde geschnarcht in diesem herzerfrischenden Erstlesebuch, das durch Jutta Bauer wieder einmal ganz wunderbar in Szene gesetzt wurde. Sara Ohlsson, Jutta Bauer (Illustr.): Fanny ist die Beste. 109 Seiten, gebunden, 15 x 21,5 cm, Moritz 2020, 10,95 Euro, ab 7 Jahren Dunkles Gold Laura lebt in Erfurt und ist ziemlich genervt von ihrer Mutter, die ihr als Kunsthistorikerin ständig Dinge aus der Vergangenheit erzählt, statt sich für die Probleme einer Fünfzehnjährigen zu interessieren. Deshalb weiß Laura auch beinahe alles über den sogenannten Erfurter Judenschatz. Durch ein Schulprojekt beginnt sie, über die Idee einer Graphic Novel zu diesem Thema nachzudenken. Was liegt da näher, als Alexej um Hilfe zu bitten, den einzigen Jungen jüdischen Glaubens, den sie kennt? Doch während auf Lauras Skizzenblock nach und nach die Geschichte von Rachel und Joschua aus dem Jahr 1349 Gestalt annimmt, muss sie feststellen, dass es gar nicht so leicht ist, mit Alexej und seiner Familie über das Jüdischsein zu sprechen. Mirjam Pressler hat in ihrem letzten Buch gekonnt einen weiten Bogen gespannt von den mittelalterlichen Pestpogromen über die leidvolle Geschichte der europäischen Juden in den folgenden Jahrhunderten hin zum Holocaust und bis in die Jetztzeit, wo der Antisemitismus leider noch immer nicht überwunden scheint. Dazwischen erleben wir die Flucht von Rachels Vater, einem wohlhabenden Erfurter Kaufmann und Geldverleiher. Aus Angst vor der Pest und den zu befürchtenden Judenprogromen versteckt er sein wertvolles Hab und Gut im Keller seines Hauses sorgfältig hinter Mauern, bevor er sich als einfacher Bauer verkleidet mit seinen Kindern auf die Reise ins Ungewisse machte. Den Schatz gibt es wirklich, man kann ihn im Museum der ehemaligen Synagoge in Erfurt bewundern. Mirjam Pressler: Dunkles Gold. 336 Seiten, broschiert, 12,5 x 19 cm, Gulliver von Beltz & Gelberg 2020, 9,95 Euro, ab 14 Jahren