KingKalli August/September 2020

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Magazin

Aachen & Region aktuell

„Am Anfang steht die Familienpolitik“

von Katrin Lückhoff

Sibylle Keupen möchte Oberbürgermeisterin von Aachen werden erstens den Platz zu spät bekommen, dass er oftmals am anderen Ende der Stadt ist und dass die Zeiten nicht passen.“ Diese Herausforderungen und vor allem das Thema Randzeitenbetreuung hängen natürlich auch mit Fragestellungen zusammen, die die Gestaltung und Zukunft von Arbeit betreffen. „Da kann man von den nordischen Ländern sehr viel lernen, da wird kein Meeting nach 16 Uhr einberufen“, erzählt Sibylle Keupen. Auch in der verstärkten Förderung von Betriebskindergärten sieht sie die Chance, die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu verbessern. In diesem Kontext würde sie als Oberbürgermeisterin gerne Firmen zusammenbringen, die dann einen gemeinsamen Kindergarten unterhalten könnten. Auch hier wird deutlich, dass Sibylle Keupen die Rolle der Oberbürgermeisterin als die der Stadtgestalterin und Stadtverbinderin begreift, welche die verschiedenen Kräfte bündelt.

Sibylle Keupen kennt man in Aachen vor allem als umtriebige und gut vernetzte Leiterin der Kultur- und Bildungseinrichtung Bleiberger Fabrik. Jetzt kandidiert sie als Parteilose für die Grünen als Oberbürgermeisterkandidatin. Ein Grund für uns, ihr einen Besuch abzustatten. Katrin Lückhoff hat sie in ihrem Pop-up-Bürgerund-Bürgerinnen-Treff in der Pontstraße besucht. Die Ideen der anderen Oberbürgermeisterkandidaten werden wir online vorstellen. Ganz nah dran sein an den Aachenerinnen und Aachenern, das möchte Sibylle Keupen. Ganz viel zuhören und die Ideen der Schwarmintelligenz der Stadt miteinbeziehen sind wichtige Leitsätze ihres Handelns. In ihrem Bürger- und Bürgerinnen-Treff in der Pontstraße 28 steht sie daher für alle Interessierten bereit und führt Gespräche über Themen, die den Menschen am Herzen liegen. An der Wünschewand sind die Anregungen für Veränderungen in der Stadt prägnant formuliert und auf bunten Karten festgehalten. Wir sitzen mit Sibylle Keupen auf mobilen Papphockern im Häuserschatten gegenüber ihrem Wahlbüro in der Pontstraße. Etwas ungewöhnlich für ein Interview, die Leute bummeln vorbei, aber die frische Luft weht an diesem sehr warmen Sommertag angenehm um die Nase. Vielleicht ist diese Szenerie ein Sinnbild für den neuen Wind, der Sibylle Keupen bei ihren kommunalpolitischen Vorhaben beflügelt. Schon allein die Tatsache, dass sie als Frau kandidiert und möglicherweise die erste Oberbürgermeisterin von Aachen sein wird, ist ein Novum.

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Sibylle Keupen, seit 25 Jahren Leiterin der Kultur- und Bildungseinrichtung Bleiberger Fabrik, ist parteilos, auch wenn sie für die Grünen kandidiert. Diese haben sie als Kandidatin gewinnen können, denn sie steht hinter den Inhalten der Grünen. Dennoch ist ihr wichtig, ihre Unabhängigkeit zu betonen: „Ich stimme zu 100 Prozent mit den grünen Inhalten überein und denke, als Oberbürgermeisterin wäre es eine besondere Chance, mit einer grünen Perspektive hier in der Stadt die verschiedenen Kräfte zusammenzubringen.“ Sibylle Keupen hat ihr Programm auf verschiedenen Themenkarten zusammengefasst. Familie, Wirtschaft, Nahverkehr, Einzelhandel, Bildung, Klima, Soziales, Gleichberechtigung von Frauen. Dieses Kartensystem wird ergänzt und verfeinert mit Hilfe der Anregungen, die aus den Gesprächen mit den Bewohnerinnen und Bewohnern Aachens resultieren. So gesehen gleichen die Karten Navigationskarten durch die politischen Gefilde.

Familienpolitik im Fokus Eine sehr bedeutsame Karte ist die der Familie. Gerade ein gutes Betreuungskonzept liegt Frau Keupen am Herzen, da mit ihm auch die Stärkung der Frauen in der Gesellschaft zusammenhängt. „Man braucht eine gesicherte, nahräumliche Betreuung, um die Vereinbarkeit von Beruf und Familie verlässlich zu gestalten. Es ist ein Unding, dass Kitaplätze schon vor der Geburt gesucht werden müssen. Wir haben zwar in Aachen schon einen hohen Versorgungsgrad, trotzdem haben viele junge Familien das Problem, dass sie

Wichtig sei auch, dass Arbeitnehmer/innen ihre Arbeitszeiten flexibler gestalten und, wenn gewünscht und möglich, im Homeoffice arbeiten könnten. Corona hat gezeigt, dass das Homeoffice durch die Digitalisierung funktioniert, allerdings hat sich auch gezeigt, dass diese Arbeitssituation für Frauen oft nur viel „home“ und wenig „office“ bedeutet hat. Auch Sibylle Keupen sieht die Gefahr, dass der Trend zu mehr Homeoffice auf dem Rücken der Frauen ausgetragen wird, da viele Frauen in der Corona-Krise ihre Arbeitszeit reduziert haben, um den Spagat zwischen Job und Familie zu schaffen, während die Männer weiter Vollzeit arbeiten. Es fände also teilweise ein Rückfall in traditionelles Rollenverhalten statt, sodass man bei der Entwicklung zu mehr Homeoffice stets aufmerksam bleiben müsse. Auch andere Themen, die Familie und besonders die Rolle von Frauen in der Gesellschaft betreffend, liegen Sibylle Keupen am Herzen. So lautet die Forderung auf der ersten Karte ihres Wahlprogramms in Häppchen: Wir brauchen die Familienprämie jetzt! „Es geht dabei um die Wertschätzung der Familie und darum, Familienarbeit als Arbeit und als Beitrag zum wirtschaftlichen Wachstum anzuerkennen, ohne den die Gesellschaft nicht kann, die aber nicht entsprechend honoriert wird. Diese 300 Euro Familienbonus, die jetzt auf die Familien ausgeschüttet werden, sind nur ein kleines Trostpflaster. Das sind natürlich bundesweite Fragen. Es geht um die Anerkennung der Familienzeit in der Rente. Frauen, die ihr Leben lang in diesem Bereich Arbeit geleistet haben, dürfen im Alter nicht arm sein“, führt Sibylle Keupen aus. Ein bedingungsloses Grundeinkommen sei für sie in diesem Kontext ein Thema von Bedeutung.


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