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Aachen & Region aktuell
entwickeln eine Adipositas. Die meisten Menschen nehmen im Laufe ihres Lebens an Gewicht zu. Zwei Drittel der Männer und die Hälfte der Frauen in Deutschland sind aktuell übergewichtig; ein Viertel der Erwachsenen ist sogar adipös.
Kinder werden zu Stubenhockern
Zunahme von Übergewicht bei Kindern und Jugendlichen Corona-Kilos belasten Kinder, Jugendliche und Eltern Text: Martin Grolms | Fotos: stockbilder Schwerwiegende Folgen von Corona
Die pandemiebedingten Lockdowns haben unseren Alltag verändert. Mehr Kinder und Jugendliche leiden dadurch an Übergewicht, was erhebliche körperliche und seelische Risiken mit sich bringt. Um sich aus der CoronaTrägheit zu befreien und abzunehmen, ist nun die ganze Familie gefragt. Unsere Kinder bewegen sich zu wenig. Seit Jahren nehmen Rückenprobleme und motorische Entwicklungsstörungen bei Kindern zu – meist Folge von Bewegungsmangel. „Die Corona-Lockdowns haben das Problem verstärkt“, mahnt Dr. Heiner Kentrup, Chefarzt der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin am Bethlehem Gesundheitszentrum in Stolberg. Laut Dr. Angeliki Pappa von der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin des Universitätsklinikums der RWTH Aachen lag der zusätzliche Mangel an Bewegung während der Lockdowns vor allem an den fehlenden Strukturen des Tagesablaufs und des Soziallebens. „Kein Gang zur Schule, kein Schulsport, keine Sportvereine“, zählt sie auf, „kombiniert mit hohem Medienkonsum.“ Angeliki Pappa rechnet auch den pandemiebedingten Distanzunterricht der Schulen zum Medienkonsum. „Schon vor Corona waren die Zahlen alarmierend“, betont Jutta Stollenwerk-Weber vom Pädiatrischen Adipositaszentrum (PAZ) am St. Marien-Hospital in Düren. „Vor den Corona-Lockdowns war jedes siebte Kind übergewichtig, jetzt ist es schon jedes fünfte“, erklärt die Ernährungswissenschaftlerin.
Deutlich mehr Übergewicht 9 % der Kinder haben seit Beginn der CoronaPandemie an Gewicht zugelegt. Bei den 10-
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bis 12-Jährigen lag der Anteil sogar bei 19 %, wobei deutlich mehr Jungen (24 %) als Mädchen (13 %) betroffen waren, wie eine Studie an der Universität München (TUM) zeigte. Auch einem Report der Krankenkasse DAKGesundheit zufolge geht die Corona-Pandemie mit steigenden Behandlungszahlen wegen Übergewicht und Essstörungen bei Kindern und Jugendlichen einher. Demnach wurden 2020 in den Krankenhäusern 60 % mehr Mädchen und Jungen aufgrund einer Adipositas behandelt als im Vorjahr. Die Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ) warnt zusammen mit der Deutschen Adipositas-Gesellschaft (DAG) vor einer zweiten, einer „stillen Pandemie“, die sich neben der vielbeachteten CoronaPandemie ereignet. Mittlerweile seien schon zwei Millionen Kinder in Deutschland übergewichtig, davon 800.000 adipös, also stark übergewichtig.
Übergewicht führt zu Erkrankungen Bereits in jungen Jahren erhöht Übergewicht die Gefahr für körperliche Erkrankungen. Hierzu zählen unter anderem Diabetes, HerzKreislauf-Erkrankungen oder Probleme mit den Gelenken und Knochen. Im schlimmsten Fall verursacht das hohe Gewicht Schlaganfälle oder Krebs. Darüber hinaus gibt es soziale Probleme: Ausgrenzung, Mobbing und Diskriminierung. Das wiederum gefährdet die seelische Gesundheit junger Menschen und kann zu Angststörungen oder auch Depressionen führen und tückischerweise zu Essattacken. Sind Kinder einmal übergewichtig, bleiben sie es häufig auch als Erwachsene oder
Adipositas unter den Jüngsten nimmt auch noch nach den coronabedingten Lockdowns zu. Viele Kinder und Jugendliche haben sich mit der geringen Bewegung arrangiert, sie sitzen immer noch zu Hause rum, anstatt sich im Freien zu bewegen. Statt an der frischen Luft verbringt der Nachwuchs viele Stunden vor dem PC, dem Fernseher und mit dem Smartphone in der Hand. Die digitalen Medien ersetzen das Treffen mit Freunden, das doch eigentlich wieder möglich ist. „Um eine gesunde Entwicklung von Heranwachsenden zu fördern, empfiehlt die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, dass Kinder unter drei Jahren am besten gar keine Zeit, Kinder zwischen drei und sechs Jahren nicht länger als 30 Minuten und Heranwachsende ab sechs Jahren höchstens 60 Minuten am Tag mit der Nutzung von Bildschirmmedien verbringen sollten“, erklärt Angeliki Pappa. Mangelnde Bewegung und falsche Ernährung an sich führen zu Trägheit, Müdigkeit und Antriebslosigkeit. Ein Teufelskreis – es fällt immer schwerer, sich aufzuraffen.
Motivation und Wissen über Ernährung Mit FDH und Kalorienzählen allein ist es nicht getan. „Kinder und Jugendliche sollten keine Diät machen“, empfiehlt Jutta StollenwerkWeber nachdrücklich. „Sie dürfen prinzipiell alles essen. Es geht nur um die Menge und die Häufigkeit.“ Das PAZ am St. Marien-Hospital arbeitet mit der Ernährungspyramide. „Wir erklären den Kindern, was sie wie oft essen dürfen.“ Die Kids müssen lernen, sich gesund zu ernähren. Heiner Kentrup bestätigt: „Es geht bei der Behandlung von Adipositas eigentlich um zwei Dinge: Motivation und Wissen, wie es geht.“ Zu den Hauptverursachern von Übergewicht zählt nun einmal eine falsche, zu fettreiche, kalorienreiche und zuckerhaltige Ernährung. In der Alltagshektik bleibt in Familien mitunter wenig Zeit für das Zubereiten gesunder Speisen. Gerade während der Corona-Pandemie mit Homeschooling und Homeoffice waren das schnelle Nudel-Ketchup-Gericht oder die Tiefkühlpizza ein willkommener Notnagel in vielen deutschen Küchen.
Abnehmen, eine Aufgabe für die ganze Familie Das höchste Risiko für Adipositas haben Kinder, deren Eltern übergewichtig sind. Laut Stollenwerk-Weber spielt die genetische Veranlagung dabei kaum eine Rolle. Vielmehr resultiert kindliches Übergewicht aus der fa-