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HARTMANN-SCHWESTERN

november 2015

juli 2012 juni 2013 Juli 2014 juli 2012 juni 2013 Juli 2014

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Kirche bunt

sonntag sonntag Tiroler Tiroler

ST. PÖLTNER KIRCHENZEITUNG

Kirchenzeitung Kirchenzeitung der Diözese Innsbruck der Diözese Innsbruck

WOCHENZEITUNG DER ERZDIÖZESE SALZBURG


KNA

Was fasziniert Sie an Ordensleuten? SALZB. FESTSPIELE/KOLARIK

Das Wesentliche. HELGA RABL-STADLER, PRÄSIDENTIN DER SALZBURGER FESTSPIELE Keine gute Zeit für Provokateure. Erlaubt ist, was gefällt. Aber inmitten dieser schier grenzenlosen Freiheit (mit der die meisten ohnehin nichts Gutes anzufangen wissen) gibt es Orden. Während sich die Kirchen leeren, suchen immer mehr Menschen im Kloster die Möglichkeit zur Konzentration auf das Wesentliche – Heinz Nußbaumer hat mit „Der Mönch in mir“ ein wunderbares Buch geschrieben. Dass es Menschen gibt, die sich jahrhundertealten Ordensregeln nicht bloß unterwerfen, sondern sie durch ihr Leben zeitlos gültig machen, das fasziniert mich. l

ÖSV

Die Herausforderung. PETER SCHRÖCKSNADEL, PRÄSIDENT DES ÖSTERREICHISCHEN SKIVERBANDES Jeder Mensch muss seine Aufgabe selbst finden. Die Berufung in einen Orden ist für mich eine ganz besondere Herausforderung. Bei meinem Onkel, Kapuzinerpater Antonin Schröcksnadel, hat mich fasziniert, dass er trotz der ihm bekannten Gefahren die Mission in Angriff genommen hat, was er letztlich mit seinem Leben bezahlen musste. (Anmerkung: Der China-Missionar Pater Antonin Schröcksnadel wurde am Pfingstmontag 1946 ermordet.) l

ÖSV

Das Nachdenken. MICHAELA KIRCHGASSER, ÖSV-SKIRENNLÄUFERIN Liebe Ordensleute, was mich fasziniert, ist, wie ihr mit euren eigenen Worten und eurer eigenen Gestaltung Menschen zum Nachdenken bringt! Mit welcher Hingabe ihr eurer Berufung nachgeht! l

NIEDERLEITNER

Ein Ordensleben zu wählen, ist heute außergewöhnlich. Prominente Österreicher/innen sagen hier, was sie an Ordensleuten beeindruckt.

Die Regeln. SEPP FORCHER, MODERATOR DER ORF-SENDUNG „KLINGENDES ÖSTERREICH“ UND BUCHAUTOR An den Ordensleuten bewundere ich zwei Dinge: Erstens, dass sich jemand auf dieses Leben einlässt. Und zweitens, dass er oder sie es auch lebt. Denn es ist durchaus eine große Sache, nach Regeln zu leben, wie sie der heilige Augustinus oder der heilige Benedikt aufgestellt haben. Und Regeln einzuhalten wäre ganz generell für die Menschheit wichtig. Denken wir daran, wie oft zum Beispiel die Regeln der Höflichkeit übertreten werden. l

RUPPRECHT/KATHBILD.AT

Eine andere Möglichkeit. BARBARA COUDENHOVE-KALERGI, PUBLIZISTIN UND JOURNALISTIN Ich bin froh, dass es die Ordensgemeinschaften gibt. Sie zeigen uns eine andere M ­ öglichkeit christlichen Lebens und sie machen für uns auch die Geschichte der Kirche und deren ­unterschiedliche Aufgaben im Lauf der Jahrhunderte lebendig und sichtbar – von den B­enediktinern und den Anfängen des Mönchtums über die Bettelorden, die Franziskaner und Dominikaner im Mittelalter, zu den Jesuiten in der Renaissance, bis zu den verschiedenen ­Gemeinschaften unserer Tage. l

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Schwester Beatrix Mayrhofer, Präsidentin der Vereinigung der Frauenorden Österreichs, über das Ordensleben

„Sich an Gott zu binden, schafft eine große Freiheit“ Ins Kloster zu gehen, bedeutet keine Freiheit von der Welt, sondern für die Welt, erklärt Schwester Beatrix Mayrhofer. Sie ist oberste Vertreterin der österreichischen Frauenorden. INTERVIEW: HEINZ NIEDERLEITNER

„Gottverbunden/freigespielt“: Unter diesem Motto feiert die Vereinigung der Frauenorden 2016 ihr 60-Jahr-­ Jubiläum. Was bedeutet das Motto? Es geht um das Ordensleben: Es ist in besonderer Weise mit Gott verbunden und Gott geweiht. Aber das Binden an Gott schafft eine große Freiheit, denn Gott ist die Liebe. Weil wir frei für Gott sind, sind wir auch frei für die Mitmenschen. Mit Gott im Bund zu sein, heißt immer, für die Menschen da zu sein. Denn Gott hat sich selbst an die Menschen gebunden – ist in Jesus Mensch geworden. Das Wort „gespielt“ bedeutet keine Beliebigkeit, sondern soll die Freude des Kindes Gottes zum Ausdruck bringen. Frei werden die Ordensleute durch die Evangelischen Räte Armut, Ehelosigkeit und Gehorsam. Aber erregen die drei Begriffe nicht zunächst Anstoß? Die Evangelischen Räte sind ein Kontrapunkt in unserer Gesellschaft, den man übersetzen muss. Armut erzeugt Freiheit: Es geht ja nicht um Verelendung, sondern um ein einfaches Leben, das sich in unserer Zeit, in der es oft um das Immer-mehr-Haben geht, als Freiheit erweist. Der Gehorsam setzt der Ich-AG die Bereitschaft entgegen, dorthin zu gehen, wo man gebraucht wird: Es ist die Freiheit, sich senden zu lassen. Und die gottgeweihte Ehelosigkeit ist ein Anruf von Gott her, auf das kostbare Geschenk der Ehe zu verzichten, weil ich erlebe, dass Gott selbst genug ist. Können sich Ordensleute gerade ­deshalb bei der Arbeit mit Rand­ gruppen und in der Entwicklungs­ arbeit auch in unkonventionelle und lebensgefährliche S ­ ituationen begeben?

Schwester Dr. Beatrix Mayrhofer gehört den Armen Schulschwestern von Unserer Lieben Frau an.

Im Ordensleben ist man keiner eigenen Familie verpflichtet, für die man verantwortlich wäre. Das Wort „verlassen“ zeigt gut, was gemeint ist: Ich verlasse mich auf Gott, ich vertraue ihm. Und ich verlasse mich auch auf die Ordensgemeinschaft. Deshalb kann ich auch alles verlassen, einfach leben, um mich mit den Verlassenen in unserer Gesellschaft zu solidarisieren. Wenn die Gnade Gottes Ordensleute dazu ruft und er ihnen die Kraft gibt, selbst Verlassene zu werden, kann das sogar so weit gehen, dass sie ihr Leben verlieren. In einem Orden wird oft das ­gemeinsame Leben bewusst gelebt. Sehen Sie die Orden als Vorbild, da dies in vielen Familien wenig funktioniert? Unser Leben kann ein Impuls für eine gehetzte Gesellschaft sein, die aus dem Lot geraten ist: Unser gemeinsames Leben folgt einem Rhythmus mit gemeinsamem Beten, aber auch Essen. Wir können zeigen: Leute, es ist möglich, in Frieden und versöhnt miteinander zu leben. Auch in Bezug auf die Armut: Als Ordensleute können wir einladend sagen: Das Glück des Lebens hängt von der inneren Freiheit ab und nicht davon, wie viel man noch haben kann. Wichtiger ist das Miteinandersein.

BRUDER

Nun gibt es immer weniger Ordensleute in Österreich. Wie können Sie auch als kleiner werdende Gruppe mit diesen Impulsen in der Gesellschaft wirken? Das ist eine große Herausforderung. Aber man kann davon ausgehen, dass viele Ordensgemeinschaften als Antwort auf eine konkrete Not gegründet wurden. Heute gilt es, erneut die Frage zu stellen: Wo sind die Nöte, was kann die Antwort aus dem Evangelium darauf sein und mit wem zusammen sorgen wir uns um diese Anliegen: Wir suchen nach Verbündeten und ermutigen Menschen – auch wenn sie vielleicht mit der Kirche gar nicht sosehr verbunden sind –, indem wir sagen: Du tust genau das Richtige und wir unterstützen dich. Wir werden Ordensgemeinschaften künftig in konzentrischen Kreisen denken – wie das Franz von Assisi mit dem ersten, zweiten und dritten Orden schon getan hat: Im Zentrum steht ein starker Kern, der sich durch die Gelübde an Gott gebunden hat. Und es gibt noch andere Formen des Mitlebens und Mitarbeitens, wenn sich Menschen mit den Zielen des Ordens – zum Beispiel in der Bildung oder Krankenpflege – verbunden fühlen und selbst bestimmen, wie weit sie sich einlassen wollen. ●

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Nahrung

für Körper, Geist und Seele Über dem Eingang zu unserem Klosterspeisesaal in Wilhering steht, man solle nicht nur in die Kirche, sondern auch zum Essen pünktlich kommen. Orden versuchen eine Strukturiertheit des Tages zu leben, die auch von Gästen oft als wohltuend erlebt wird. Eine gesunde Balance, die dem Hunger von Körper, Geist und Seele entgegenkommt, ist das Ziel. Beim Essen fehlt nie wenigstens eine kurze Tischlesung, sodass zum Ausdruck kommt, es gehe immer um mehr als bloße Nahrungsaufnahme. Essen kann zum Ausdruck einer Beziehung werden. Wenn sich die Kommunion der Messe in der Communio der Tischgemeinschaft fortsetzt, ist das eine Einladung, auch für Kommunikation offen zu sein. Ordenschristen sind keine besseren Christen, aber sie schenken sich die Möglichkeit, immer wieder das Wort Gottes als erfrischende und belebende Nahrung zu sich zu nehmen.

Abt Reinhold Dessl OCist, Stift Wilhering

DAS FOTO ZEIGT DIE BARMHERZIGEN SCHWESTERN DES KLOSTERS IN WIEN IN IHREM SPEISESAAL. IM HINTERGRUND ZU SEHEN IST DAS LETZTE ABENDMAHL, GEMALT 1968 VON KARL ENGEL. FOTO: KARIN BRUDER

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Wege ins Kloster

Junge Ordensleute am Wort 27 Frauen und 29 Männer absolvieren heuer in Österreichs Orden ihr Noviziat. Diese Zeit und die Jahre bis zur Ewigen Profess dienen zur Klärung der Berufung. Drei junge Ordensleute sprechen hier von ihren Erwartungen. JOSEF WALLNER

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Schwester Hanna Maria nimmt das als Herausforderung an, sich verstärkt über ihre Berufung Rechenschaft zu geben und immer tiefer in sie hineinzuwachsen. Die Gemeinschaft der Schwestern ist ihr dabei Stütze: „Jede Schwester in ihrer Einmaligkeit und doch gemeinsam folgen wir dem Ruf Gottes und sind auf ein gemeinsames Ziel unterwegs: die Botschaft Jesu zu verwirklichen.“

ottes Gegenwart ist das größte Geschenk an uns Menschen, sagt Schwester Hanna Maria Tuder. Die 24-jährige Marienschwester vom Karmel ist von der Spiritualität ihres Ordens begeistert. Schwester Hanna Maria studiert an der Pädagogischen Hochschule der Diözese Linz. Sie absolviert das fünfte Semester der Religionslehrer/innen-Ausbildung. Unter den hunderten Studierenden sticht sie durch ihr braun-schwarzes Ordenskleid und ihren Schleier heraus: „Am Anfang fühlte ich mich als Exotin. Für meine Kolleginnen passt das aber jetzt voll und ganz, dass ich Ordensschwester bin.“ Das gemeinsame Arbeiten schweißt zusammen: miteinander zu lernen, Referate auszuarbeiten und Schulstunden zu planen. „Keine Selbstverständlichkeit“. Wo sie mit Menschen in unmittelbarem Kontakt steht, spürt sie keine Vorurteile ihrer Lebensform gegenüber. Anders erscheint es ihr, wenn sie auf das gesellschaftliche Klima schaut: „Der Blick auf das Ordensleben von außen ist oft negativ.“ Ausgesprochen, noch mehr unausgesprochen wird in den Raum gestellt, dass man als Ordensfrau sein Leben versäumt. „Der Ordensberuf hat in der Gesellschaft keine Selbstverständlichkeit mehr.“

Schwester Hanna Maria liebt die Natur. Sie erholt sich gerne im Haus ihrer Gemeinschaft in Grünau am Almsee. PRIVAT

Feuer gefangen. Als Schwester Hanna Maria die Fachschule für Sozialberufe in Klein Erla (NÖ) besuchte, hat sie für das Leben als Ordensfrau Feuer gefangen. Die Lebensfreude und die Bodenständigkeit der Marienschwestern, die die Schule führen, haben es ihr angetan. Mit 18 Jahren ist sie in die Gemeinschaft eingetreten, seither hat sie schon zum dritten Mal ihre Gelübde erneuert. „In zwei Jahren werde ich, so Gott will, die Profess auf Lebenszeit ablegen.“ Die Zukunft macht der musikbegeisterten Studentin keine Sorgen. Die Werke der Marienschwestern – die Kurhäuser und das Schulzentrum in Klein Erla – weiterzuführen wird für die wenigen jungen Schwestern kein Kinderspiel: „Aber mit der Verantwortung wächst man in der Gemeinschaft zusammen und wir dürfen ganz fest auf Gott vertrauen. Das ist entscheidend und gibt mir Mut.“ l

IMPRESSUM: inpuncto freigespielt ist das gemeinsame Magazin von Der Sonntag. Die Zeitung der Erzdiözese Wien, Stephansplatz 4/VI/DG, 1010 Wien; Kirche bunt. St. Pöltner Kirchenzeitung, Gutenbergstraße 12, 3100 St. Pölten; KirchenZeitung Diözese Linz, Kapuzinerstraße 84, 4020 Linz; martinus. Kirchenzeitung der Diözese Eisenstadt, St.-Rochus-Straße 21, 7000 Eisenstadt; Rupertusblatt. Wochenzeitung der Erzdiözese Salzburg, Kaigasse 8, 5020 Salzburg; Sonntag. Kirchenzeitung Katholische Kirche Kärnten, Tarviser Straße 30, 9020 Klagenfurt; Sonntagsblatt für Steiermark, Bischofplatz 2, 8010 Graz; TIROLER sonntag. Kirchenzeitung der Diözese Innsbruck, Riedgasse 9, 6020 Innsbruck; Vorarlberger KirchenBlatt, Bahnhofstraße 13, 6800 Feldkirch. Medieninhaber: Kooperation Kirchenzeitungen – Verein zur Förderung der Kirchenpresse, Bergstraße 12/1, 5020 Salzburg. Herausgeber: Obmann Prälat Wilhem Vieböck, office@kizmedia.at Redaktion: Kooperationsredaktion der Kirchenzeitungen, Bergstraße 12, 5020 Salzburg. Leitung: Dr. Heinz Niederleitner, 0676/87 76 39 51, heinz.niederleitner@koopredaktion.at. Anzeigenleitung: Mag. Walter Achleitner, 0676/87 76 39 41, walter.achleitner@kizmedia.at. Grafik: Egger & Lerch, 1030 Wien. Herstellung: Niederösterreichisches Pressehaus Druck und VerlagsGmbH., 3100 St. Pölten. Alle Rechte, auch die Übernahme von Beiträgen nach § 44 Abs. 1 und 2 Urheberrechtsgesetz, sind vorbehalten. Die Offenlegung gemäß MedienG § 25 Abs. 2 ist unter www.meinekirchenzeitung.at/impressum/inpuncto abrufbar. Das Magazin inpuncto freigespielt ist ein Beitrag zum Jahr der Orden 2015. Die Ordensgemeinschaften Österreichs haben einen Kostenbeitrag zum Erscheinen geleistet. inpuncto-Gesamtauflage: 210.000 Exemplare. Am 2. Juni 2016 erscheint das nächste Magazin inpuncto zur Langen Nacht der Kirchen.

gedruckt nach der Richtlinie „Druckerzeugnisse“ des Österreichischen Umweltzeichens, NP Richtlinie DRUCK, UW-Nr. 808 -gedruckt nach der „Druckerzeugnisse“

des Österreichischen Umweltzeichens, NP DRUCK, UW-Nr. 808

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Erfolgt der Abo-Bezug der Kirchenzeitung über die Österreichische Post AG, so wird das Magazin inpuncto CO2 neutral zugestellt.


„Es hat einfach gestimmt“

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chwester Gertraud Johanna Harb (geb. 1983) ist Novizin bei den Kreuzschwestern. Sie hat in Graz Theologie studiert und ein Doktorat in neutestamentlicher Bibelwissenschaft gemacht. Nach einem Pfarrpraktikum im Pfarrverband Knittelfeld trat sie bei den Kreuzschwestern ein. Mit „inpuncto“ spricht sie über ihren Weg in den Orden und die Herausforderungen. Warum sind Sie in ein Kloster gegangen und haben sich der Gemeinschaft der Kreuzschwestern angeschlossen? Schwester Getraud Johanna: Ins Kloster zu gehen war für mich ein langer Entscheidungsweg, der über zehn Jahre gedauert hat. Mit ausschlaggebend war bestimmt eine sehr tiefe Gotteserfahrung in ignatianischen Einzelexerzitien, die mich gewandelt hat. Zunächst hatte ich aber das Gefühl, dass ein Orden nichts für mich ist. Außerdem hatte ich einige Jahre eine glückliche Beziehung. Und doch gab es immer wieder ein Ziehen in mir, ein Drängen, das aus meinem Innersten kam. Ich musste irgendwann diesem Ziehen auf den Grund gehen, das mir innerlich keine Ruhe ließ. Später habe ich mir viele unterschiedliche Gemeinschaften angesehen und bin dann bei den Kreuzschwestern

Schwester Gertraud Johanna (rechts) mit der Postulantin Kamilla Zielonka (links) und der Noviziatsleiterin Schwester Maria Magdalena PRIVAT

eingetreten. Für diese Wahl gab es sehr viele Gründe – aber der stärkste war ich selbst und wie ich mich dort gefühlt habe. Es hat einfach gestimmt. Was erwarten Sie sich vom Leben als Ordensfrau? Das ist eine schwere Frage. „Erwarten“ ist auch ein sehr großes Wort. Ich bin in eine Gemeinschaft eingetreten, damit ich meiner Beziehung zu Christus Raum geben kann, dass ich weiter wachsen darf in ihm. Das „erwarte“ ich mir vor allem für die Zukunft. Natürlich wünsche ich mir auch, dass ich meinen Beitrag in der Welt leisten kann. Ich bin mit ganzem Herzen in diesen tätigen franziskanischen Orden eingetreten. Ich möchte mithelfen, die Not der Welt zu lindern.

Und was erwarten Sie, wenn Sie an die weitere Zukunft ihrer immer kleiner werdenden Gemeinschaft denken? Die Orden verändern sich momentan sehr stark, schon allein dadurch, dass es immer weniger Schwestern gibt. Andererseits verändert sich auch die Gesellschaft. Niemand weiß tatsächlich genau, wohin der Weg der Kirche oder der Ordensgemeinschaften uns führt. Wir sind herausgefordert, gut auf Gott und aufeinander zu hören. In Zukunft kann es nicht mehr unzählige eigene Häuser geben und wir werden uns mit anderen Orden stärker vernetzen müssen. Aber ich habe das Gefühl, dass unsere Ordensleitung all diese Entwicklungen sehr gut im Blick hat. l

Dienst in der Kirche: nicht als Einzelkämpfer

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as Studium der Pharmazie hatte Leopold Baumberger abgeschlossen, nicht aber die Suche nach seinem Weg der Christusnachfolge. Die führte ihn über das Priesterseminar Linz in das Prämonstratenserstift Wilten (Tirol). Die Gemeinschaft hat Frater Leopold beim Studium in Innsbruck kennengelernt. „Das Stundengebet ist sehr feierlich, jede Hore wird gesungen“, sagt Frater Leopold. Auch in den vier Jahren als Seminarist hat er das Stundengebet in Gemeinschaft gebetet, aber der gemeinsame Gesang ist für den 28-J­ährigen aus Steyr (OÖ) „nochmals eine Stufe drüber“. Gemeinschaft. Zusätzlich gab der Wunsch, einmal seinen Dienst in der Kirche nicht als Einzelkämpfer tun zu müssen, den entscheidenden Anstoß dafür, um die Aufnahme in die Klostergemeinschaft zu bitten. Gemeinschaft erlebt er in Wilten auch mit Gleichalt-

Noviziatsjahr absolviert, im zweiten Noviziatsjahr setzt er nun das Studium fort. Wenn er an seine weitere Zukunft denkt, macht er sich keine Sorgen: „Unser Orden gedeiht, auch wenn nicht die Massen kommen.“

Frater Leopold B ­ aumberger aus dem Stift Wilten WEINGARTNER

rigen. Das ist in vielen Klöstern nicht mehr selbstverständlich. Mit den Ordensleuten aus anderen Häusern, die während der Studienzeit in Wilten leben, zählt die Truppe der „Jungen“ zehn bis zwölf Leute. Im vergangenen Jahr hat Frater Leopold sein erstes

„Nach Hause kommen“. Eine Anbindung an die Gemeinschaft ist jederzeit gegeben, betont Frater Leopold: „Jeder hat die Möglichkeit, nach Hause zu kommen. Hinzu kommt die stärker werdende Tendenz, mehr Gemeinschaft zu pflegen.“ Er schätzt an seiner neuen Heimat, dem Stift Wilten, auch die Offenheit für die Interessen und Fähigkeiten der einzelnen Chorherren. So zerbricht er sich über seine künftigen Aufgaben nicht den Kopf. Frater Leopold ist dabei zuversichtlich, dass der Abt im Gespräch mit ihm den richtigen Platz finden wird. Und er unterstreicht: „Nicht die Arbeit, sondern die Christusnachfolge steht im Vordergrund.“ l

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Zwischen Dialog und Verantwortung

Gehorsam ist keine Einbahnstraße Für viele Menschen klingt Gehorsam heute vor allem nach Einschränkung ihrer Freiheit. Dass er den Gehorsam anders versteht, auch wenn er eine Herausforderung ist, erzählt Abtpräses Christian Haidinger. HEINZ NIEDERLEITNER

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er erste Schritt zur Demut ist Gehorsam ohne zu zögern. Es ist die Haltung derer, denen die Liebe zu Christus über alles geht.“ So steht es in der Ordensregel des heiligen Benedikt von Nursia. Und auch: „Der Gehorsam, den man den Oberen leistet, wird Gott erwiesen.“ Keine Frage: Diese 1.450 Jahre alten Sätze erregen heute Anstoß: Die Freiheit des Einzelnen, die wir heute genießen, scheint dem entgegenzustehen. Und zu oft wurde der Gehorsam missbraucht, vor allem beim Militär. Dennoch geloben Ordensleute bis heute auch Gehorsam und können ihm etwas Positives abgewinnen. Wie geht das? Zwei Seiten. Abtpräses Christian Haidinger kennt beide Seiten des Gehorsams: dazu verpflichtet zu sein und derjenige zu sein, dem er zukommt. „Es geht nie um Kadavergehorsam, sondern um einen Gehorsam im Dialog“, betont der oberste Benediktiner Österreichs. „Gehorchen kommt vom Horchen und Hören – hinhören auf das, was Gott von einem will und nicht nur der Ordensobere. Es ist ein gemeinsames Suchen nach der Antwort auf die Frage: Was will Gott von mir, wo will er mich haben?“, sagt Haidinger. Der Vorsitzende der Superiorenkonferenz der Männerorden hat sich vor allem mit dem Thema des Gehorsams auseinandergesetzt, als er in seinem Stammkloster Kremsmünster Novizenmeister wurde. Denn der Gehorsam zählt zu den Gelübden, die Ordensleute ablegen – freiwillig! Übrigens verspricht auch ein Weltpriester bei der

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Weihe dem Bischof neben der Ehelosigkeit seinen Gehorsam. Dankbar. In seiner heuer erschienenen Biografie „Geh, wohin ich dich sende!“ berichtet Haidinger von gleich mehreren Herausforderungen, die ihm aus dem Gehorsam erwachsen sind: Sein Abt überraschte ihn mit der Entscheidung, dass er in Rom studieren sollte, ebenso wie damit, dass er später plötzlich Forstwirtschaft in Wien studieren, in den Schuldienst eintreten, Novizenmeister oder Kustos der Kunstsammlung werden sollte. Der eigene Plan, in die Pfarrseelsorge zu gehen, sollte sich für den Ordensmann erst im Alter von 51 Jahren erfüllen. Wirklich erspart geblieben ist ihm letztlich nur die Forstwirtschaft. Die Antwort des Abtes auf Einwände war stets: „Das habe ich mir gut überlegt.“ „Da habe ich den Gehorsam nicht so erlebt, wie ich ihn verstehe“, sagt Haidinger heute. Er ist aber alles andere als undankbar: „Ich verdanke dem Gehorsam viel, weil dadurch so verschiedene Talente entfaltet wurden.“ Lernprozess. Hört man dem Abtpräses zu, wird klar, dass der Umgang mit dem Gehorsam auch eine Generationenfrage ist. „Er ist früher oft auch missbraucht worden“, sagt Haidinger kritisch und bestätigt, dass es da einen Lernprozess gab. Der war sicher zum Teil auch eine Rückbesinnung auf die Grundlagen. Denn in der Regel des heiligen

Benedikt heißt es unter anderem auch: „Sooft eine wichtige Angelegenheit im Kloster zu entscheiden ist, rufe der Abt alle Brüder zusammen und teile mit, um was es sich handelt.“ Begründet wird das ausdrücklich damit, dass „der Herr oft einem Jüngeren eingibt, was besser ist“. Bei weniger wichtigen Dingen muss der Abt nur die älteren Mitbrüder einbinden. Die Entscheidung liegt zwar letztlich bei ihm, es heißt aber mehrmals in der Regel, dass der Abt Gott gegenüber ganz besonders verantwortlich ist. Verantwortung. Dass die Benediktsregel den Dienst des Abtes zurecht als mitunter „schwierig und dornenvoll“ bezeichnet, weiß auch Abtpräses Haidinger aus eigener Erfahrung. Er erzählt von einer Situation, wo er einem Mitbruder nach langem Dialog und unter Einbeziehung des Rates der Älteren den Gehorsam letztlich abverlangen musste. „Das war eine ganz schwierige Zeit. Wir haben alles an Dialog und Beratung ausgereizt. Der Mitbruder hat die Entscheidung dann akzeptiert. Später hat er sich dann doch damit wohlgefühlt.“ Gehorsam in diesem Sinne ist keine Einbahnstraße. Er verlangt beiden Seiten etwas ab. l Buchtipp: Christian Haidinger: „Geh, wohin ich dich sende! Ein dankbarer Blick auf ein erfülltes Leben“. Styria-Verlag

„Gehorchen kommt vom Horchen und Hören“, sagt Abtpräses Christian Haidinger.

VERLAGSGRUPPE STYRIA


Als Gemeinschaft zusammengewachsen sind Flüchtlinge und Franziskaner. Die Asylwerber Hikmet, Josuf, Morteza und Besam (von links), in der Mitte: Elena, Dauergast im Kloster Pupping, und Pater Fritz

STÜTZ

Wie ein bescheidener Lebensstil ein Franziskanerkloster kreativ macht

Armut bewahrt vor Ausreden Möglichst ohne Geld leben: Das Shalom-Kloster Pupping hat Pater Fritz Wenigwieser nach Vorbild des Franz von Assisi 1998 gegründet. Die Armut des Ordens ist bei der Flüchtlingsunterbringung mehr Hilfe als Hürde. PAUL STÜTZ

D

ie kleine Franziskanergemeinschaft in der Nähe der Bezirkshauptstadt Eferding (OÖ) lebt vorwiegend von Spenden und von einem Gehalt, dass sie von der Diözese Linz für die pastoralen Tätigkeiten bekommen. In den letzten Jahren hat die Gemeinschaft, darunter vier Mönche, eine Klosterschwester und Langzeitgäste, das Kloster Stück für Stück renoviert, das meiste in Eigenregie. „Ich habe das aber nicht getan, um einen Besitz aufzubauen und heilige Klostermauern zu errichten, sondern um das Kloster Bedürftigen zur Verfügung zu stellen“, erklärt Pater Fritz Wenigwieser.

Ersichtlich wird das auch in der aktuellen Flüchtlingssituation. Die Franziskaner nahmen vor einem knappen Jahr zehn junge Männer aus Syrien und dem Iran auf. „Wenn man keine Flüchtlinge will, findet man auf Anhieb 50 Ausreden,“ sagt Pater Fritz. Er lässt keine Ausflucht gelten. In kürzester Zeit hat er mit wenig Geld und viel Improvisation die für die Flüchtlinge notwendige Gemeinschaftsküche aus dem Boden gestampft. Die freiwillig gewählte Armut der Franziskaner befreie von der Angst, dass die Flüchtlinge etwas von der Einrichtung im Kloster kaputt machen, sagt er. Die Bereitschaft, etwas herzugeben, ist hoch: „Die Knappheit macht erfinderisch, wir müssen immer schauen, dass wir in keine Konsummentalität reinkommen. Viele glauben, dass man verliert, wenn man teilt und dann der arme Hund ist. Doch in Wirklichkeit profitiert man auch selbst davon“, meint der Ordensmann. Komfort. Gut leben kann er damit, dass die Flüchtlinge in Pupping mehr Komfort haben als er. „Die haben alle eine Nasszelle und wir Franziskaner nicht.“ Pater Fritz ist aber theoretisch bereit, noch einen Schritt weiter zu gehen: „Ich kann mir gut vorstel-

len, aus dem Kloster auszuziehen und im Innenhof in einem Wohnwagen zu leben. Nicht weil es spektakulär ist, sondern weil die Flüchtlinge ja meistens genauso leben müssen.“ Ganz klar ist Pater Fritz Wenigwieser der Unterschied zwischen seiner freiwillig gewählten Armut und der erzwungenen Armut der Asylwerber. „Die sind froh, wenn sie aus ihrer Armut herauskommen, und ich für mich möchte das gar nicht.“ Erfreulich ist, dass sich die Asylwerber relativ schnell in das Klosterleben integriert haben. Jeder der jungen Männer arbeitet im Kloster mit. „Ich wollte die Asylwerber nicht irgendwo parken, ich wollte sie wirklich integrieren, das geht durch das gemeinsame Werken am besten. Dadurch weiß ich auch, was bei ihnen abläuft und welche Sorgen sie haben“, sagt Pater Fritz, der bei der Flüchtlingshilfe schon einen Schritt weiter denkt. „Was tun wir, wenn die jungen Männer Asyl bekommen? Dann brauchen wir Wohnungen und Jobs für sie.“ Eine Idee hat er dazu bereits. Er möchte in Linz kaputte Wohnungen gemeinsam mit den Flüchtlingen auf Vordermann bringen. „Es wäre toll, wenn hier jemand was zur Verfügung stellen könnte. Dann wäre ­wieder eine Hürde geschafft.“ l

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Einblicke in das Leben der Bethlehemschwestern

Wenn das Herz lebendig wird „Maria im Paradies“ ist ein Kloster hoch oben in den Salzburger Bergen. Hier haben 33 Ordensfrauen ein ­Leben in Einsamkeit, aber auch in Gemeinschaft ­gewählt. SUSANNE HUBER

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s war eine besondere Begegnung. Mit Tiefgang. Gespräche über Stille und Gebet, über Hingabe und Liebe, über Gemeinschaft und Berufung. Die Bethlehemschwestern wollen nicht als Einzelne zitiert werden, wenn sie von ihrem Leben erzählen. Dieser Wunsch wird, wenn auch schweren Herzens, respektiert. Folge mir nach. Das monastische Leben der Schwestern ist einfach und kontemplativ, geprägt von Schweigen und Stille, von Gebet und Arbeit – allein in der Zelle, aber auch in Gemeinschaft. Es ist ein Leben für Gott, für die Kirche und so für die ganze Menschheit. Ein FÜR. Eine Hingabe. Das Ziel der Schwestern ist es, in Gemeinschaft Gott zu finden. So sind sie eins. In der Einsamkeit kann das Herz den Ruf Gottes vernehmen. Es ist ein „Folge mir nach“. Jede Schwester macht sich auf den Weg, um Jesus kennenzulernen – in einer Stille, die vom Wort Gottes geprägt ist, in der Eucharistie, in der Anbetung. Denn Gott hat ein Gesicht: Jesus. Im Rhythmus. Eben läutet die Glocke. Es ist drei Uhr nachmittags, Zeit für die Non, das Gebet zur neunten Stunde. Die Schwestern beten diese Hore alleine und in Einsamkeit. Die Glocke ertönt regelmäßig – zur Matutin in der Früh um halb sieben, zu den anderen Stundengebeten, zur Studienzeit, zu den Mahlzeiten, zur Arbeit (die Schwestern fertigen vorwiegend orientalische Keramik, Kerzen und einen Kräutersirup in verschiedenen Sorten), zur Vesper und der anschließenden Heiligen Messe. So wird jeder Tag vom Rhythmus des Gebets getragen. Radikales Leben. Die 33 Ordensfrauen im Kloster „Maria im Paradies“ auf der in 1.300 Meter Höhe gelegenen Kinderalm in

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Einblick ins Kloster „Maria im Paradies“ in St. Veit im Pongau

SCHWEIGER-GENSLUCKER/EDS (2)

St. Veit im Pongau kommen aus verschiedenen Ländern Europas – aus Österreich und Deutschland, aus Tschechien, der Slowakei, Ungarn, aus der Schweiz, aus Belgien, Luxemburg und Frankreich. Diese Vielfalt in der Gemeinschaft ist herausfordernd, spannend, schön. Fast die Hälfte der Schwestern ist unter 40 Jahre alt; die jüngste ist 23, die älteste 82. Dieses Leben, das sie gewählt haben, ist radikal. Dennoch zieht es immer wieder junge Menschen an, die ihr Leben Gott schenken möchten.

eine Begegnung von Herz zu Herz. Eine Berufung kommt nicht aus heiterem Himmel. Sie ist vielmehr eine tiefe Beziehung zu Gott in der Liebe, die sich mit der Zeit entwickelt. Es ist keine Idee, die man hat, durchsetzt und dann lebt. Vielmehr wird das Herz plötzlich lebendig, hat eine Stimme, spricht. Diese Berufung anzunehmen und tatsächlich zu leben, bringt einen großen geistigen Kampf mit sich: ein Ringen, eine Bekehrung, um dem zuzustimmen, was man im Inneren als Berufung und tiefstes Glück erkannt hat.

Von Herz zu Herz. Die Geschichte jeder einzelnen Schwester und ihr jeweiliger Berufungsweg sind ganz unterschiedlich. Allen gemeinsam ist der Ruf, Gott in ihrem Leben auf absolute Weise Gott sein zu lassen. Es ist

Hingabe. Ein Leben für Gott ist mit Hingabe verbunden. Was bedeutet es, sich hinzugeben? Echte Hingabe geschieht, wenn wir das „Anderssein“ des Anderen empfangen; wenn wir sein Herz ganz in uns ­aufnehmen,

DIE SCHWESTERN VON BETHLEHEM Heuer feierten die Schwestern der „monastischen Familie von Bethlehem, der Aufnahme Mariens in den Himmel und des heiligen Bruno“ – auch Bethlehemschwestern genannt – ihr 30-jähriges Bestehen in Österreich. Das Kloster „Maria im Paradies“ auf der Kinderalm in St. Veit im Pongau liegt auf 1.300 Meter Höhe. Früher gab es dort eine Erholungsstätte für lungenkranke Kinder. Die Bethlehemschwestern stehen dem Kartäuserorden nahe, der auf den heiligen Bruno von Köln zurückgeht. Gegründet wurde die Ordensgemeinschaft am 1. November 1950 in Rom, als Papst Pius XII. auf dem Petersplatz das Dogma der leiblichen Aufnahme Mariens in den Himmel verkündete. Heute ist die Ordensfamilie der Bethlehemschwestern international. Es gibt 30 Klöster in 16 Ländern. Die Bethlehem­ schwestern verbringen den Großteil des Tages alleine in ihrer Zelle, wo sie beten, arbeiten und auch essen.


a­ nerkennen, ohne etwas von uns zu projizieren, das wir gut finden. Ich nehme ihn so, wie er ist, lasse ihn sein, höre hin, was er sagt, was er trägt, was er meint; presse ihn nicht in eine Schachtel. Dann empfängt der Andere plötzlich, dass er geschätzt wird. Letztendlich werden wir von Gott geschätzt, gewollt, geliebt. Jesusgebet. Die Bethlehemschwestern versuchen, Minute um Minute mit Gott zu sein. Wie Jesus im Evangelium sagt: „Betet ohne Unterlass!“. Bis das Gebet zur Quelle wird, die einem nicht von außen, sondern von innen her trägt. Das Jesusgebet nach orientalischer Tradition ist ein wunderbarer Weg, um immer in der Gegenwart Gottes zu bleiben, auf seine Liebe zu antworten und sein Erbarmen herabzurufen: „Herr Jesus Christus, Sohn des lebendigen Gottes, hab Erbarmen mit mir Sünder!“ Keine Insel. Das Gebet verbindet die Gemeinschaft intensiv mit den Menschen. Ein Kloster auf dem Berg ist keine Insel, sagen die Schwestern. Die Anlage besteht aus dem Oberen Haus, wo die Ordensfrauen in Einsamkeit leben, und dem Unteren Haus, wo sie Gäste empfangen. Die Besucher sind eingeladen, ihren Aufenthalt in Stille zu verbringen. Sie können in der Kapelle des Unteren Hauses beten und an den gemeinsamen Liturgiezeiten in der Klosterkirche teilnehmen. Die Bethlehemschwestern sind mit den Nöten der Menschen vertraut. In den Fürbitten der Vesper oder der Sonntagsmesse werden die aktuellen Anliegen der Kirche, die Ereignisse der Welt und die Not der Menschen vor Gott gebracht. l

In 28 Ordensspitälern (Frater Thomas von den Barmherzigen Brüdern in Wien) werden über eine halbe Million Patient/innen im Jahr betreut. KATHBILD.AT/RUPPRECHT

Wussten Sie, dass ... ... in Österreich 5.800 Ordensleute leben und wirken? Davon sind etwa 3.850 Frauen in 105 verschiedenen Orden und 1.950 Männer in 85 Orden. ... es hierzulande rund 850 Ordensniederlassungen gibt (inklusive Außendiensten)? Darunter sind auch die 31 Stifte. ... in den 28 Ordensspitälern mit ihren rund 20.000 Mitarbeiter/innen etwa 515.000 Patient/innen im Jahr medizinisch versorgt und betreut werden? Die Bethlehemschwestern beim gemeinsamen Gebet in der Kirche

... es 232 Schulen der verschiedensten Typen und Ausrichtungen in Österreich gibt, die von Orden geführt werden? Rund 50.000 Schüler/innen besuchen diese Schulen. ... die Stifte und Klöster durch ihre rund 500 Bibliotheken und Archive mit rund 30.000 Regallaufmetern ein wichtiger Speicher der Kultur- und Geistesgeschichte unseres Landes sind? ... die Orden volkswirtschaftlich betrachtet für umgerechnet rund 52.469 Vollzeitarbeitsplätze sorgen, 66 Prozent davon direkt bei den Orden, 34 Prozent indirekt und induziert. (Studie „Wirtschaftsfaktor K ­ irche“ von Franz Prettenthaler und Alexander ­Schnabel, Erhebungsjahr 2012) Wenn Sie mehr erfahren oder mit einer Ordensgemeinschaft in Kontakt treten wollen, finden Sie Fakten und Adressen auf: www.ordensgemeinschaften.at. l

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Ordenschrist/innen schöpfen aus einem internationalen Erfahrungsschatz

Globale Geschwisterlichkeit Einsatz in Brasilien, Zusammenleben mit Menschen aus der ganzen Welt und ein Blick für große Zusammenhänge: Während die Globalisierung viele Menschen erschreckt, wird sie in Orden positiv gelebt. MICHAELA GREIL

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s tut gut, dank der Mitschwestern aus anderen Ländern zu erfahren, dass es oft dringendere Sorgen und Fragen gibt als die, die uns in Europa bekümmern“, sagt Schwester Paloma Fernández de la Hoz. Sie habe von ihren Mitschwestern gelernt, das Trennende nicht als Mauer zu sehen, ergänzt die Schwester aus dem Sacré Coeur-Orden. Vor 27 Jahren kam die gebürtige Spanierin, die als Wissenschafterin bei der Katholischen Sozialakademie (KSÖ) arbeitet, nach Österreich. Sie bezeichnet sich als „Luxusmigrantin“, weil sie anders als viele Menschen zum Ortswechsel nicht gezwungen war. Der „bittere Geschmack der Notwendigkeit“ werde heute oft übersehen, wenn abwertend von „Wirtschaftsflüchtlingen“ die Rede sei. Gemeinschaften wie die Orden, deren Mitglieder sich international bewegen und sich untereinander Schwestern und Brüder nennen, leisten einen wesentlichen Beitrag zur Welt heute, nämlich die Kritik an einem aggressiven, geschlossenen Nationalismus, sagt Fernández de la Hoz. Einheit. Ähnliches erzählt auch der Steyler Missionar Pater Franz Helm, der heute als Generalsekretär die Arbeit der

Superiorenkonferenz der österreichischen Männerorden koordiniert: „Man wird vom Generalrat an einen Ort gesandt, wo eine Provinz besteht oder aufgebaut werden soll. Da kann es passieren, dass 100 Menschen aus 40 Nationen aufeinandertreffen. Wir leben in unseren kleinen Gemeinschaften Weltkirche, Internationalität, Verschieden-

Pater Franz Helm (55) und Schwester Fernández de la Hoz (63) GREIL/BLODERER

heit und wollen ein Zeugnis geben, dass eine Einheit in der Verschiedenheit möglich ist. Natürlich gelingt es nicht immer.“ Über seinen Onkel, der Missionar im Kongo war, kam Helm in Kontakt zum Steyler Missionshaus St. Gabriel bei Wien. Er erlebte die „Faszination, dass Glaube dort mit Blick auf die Welt und ihre Herausforderungen gelebt wird. Und dass eine feste Überzeugung da

Solidarität: Die Steyler Missionsschwester Veronika Rackova wirkt als Ärztin im Südsudan, der Steyler Missionar Dennis Testado koordiniert auf den Philippinen den Wiederaufbau nach dem Taifun. SPS/SVD

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ist, dieser Glaube hat Perspektiven und Kraft, bei Problemen etwas zu verändern, hin zu mehr Gerechtigkeit und Frieden.“ Was heißt heute Mission? „Prophetischer Dialog“ und „die Letzten zuerst“ sind Leitbegriffe für Helm: Sensibel zu sein für die Bedürfnisse anderer und dann den eigenen Glauben einzubringen: Das ist für ihn die heutige Auslegung der Botschaft des II. Vatikanischen Konzils über die Mission: Ihm gehe es darum, unter und mit allen Menschen zu sein – mit klarer Option für Ausgegrenzte und Benachteiligte – und das Leben und den Glauben mit ihnen zu teilen, sagt Helm. Die eine Welt. Für Fernández de la Hoz ist die Gesellschaft des Sacré Coeur der Ort in der Kirche und im Leben, „wo wir gelernt haben und täglich lernen, den Glauben zu buchstabieren, Jesus näher zu kommen, die Würde aller Menschen zu erkennen, die Welt als eine Welt zu sehen, wahrhafte Geschwisterlichkeit zu erleben, den Schrei der Armen zu hören.“ Ihr Orden wirkt weltweit in den Bereichen Erziehung, Bildung und Begleitung. „Ab 1970 wurden vor allem soziale Randgebiete als Lebensorte gesucht. Das ist gut, denn dadurch wird eine andere Sicht der sozialen Fragen gewonnen.“ Fernández de la Hoz will sich mit ihren Mitschwestern „auf das Wesentliche konzentrieren: Salz der Erde zu sein, das Gedächtnis Jesu immer wieder wachzurufen und für alle Menschen da zu sein. Wichtig ist, sich von den eigenen Mängeln nicht erschrecken zu lassen und die Schritte, die uns jeden Tag in Einklang mit dem Evangelium Jesu möglich sind, dezidiert zu tun“, sagt sie. Vision. Eine Erneuerung 50 Jahre nach dem Konzil wünscht sich Franz Helm: „Ich träume von Orden, die an den Brennpunkten der gesellschaftlichen weltweiten Entwicklung sind. Denn gelebte Solidarität ist wichtig! Ich träume davon, dass es Laien gibt, die die Werke der Ordensgemeinschaften im Sinne deren Spiritualität weiterführen. Aber ich glaube, dass Ordensnachwuchs kommen wird, wenn Orden in überzeugender Art und Weise das Evangelium leben. Ich träume von einer Kirche, die den Menschen zur Verfügung stellt, was sie besitzt. Und ich träume von einer Kirche, die sich ins Leben traut und im Fluss des Lebens sich verändert!“ l


Mehr als eine „Zweck-WG“: Die Studentinnen Anna, Ana, Gina, Magdalena mit Schwester Monika und Schwester Regina von den Helferinnen

NEUHOLD

Mehr als eine „Zweck-WG“

Unter dem lustigen Dachboden In Graz leben fünf ­Studentinnen mit Schwestern des HelferinnenOrdens ­unter einem Dach. Das ­bietet für beide Seiten viel an s­ pontanem Austausch. GISELA REMLER

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nna studiert Religion und Sport auf Lehramt. Eine andere Art des Wohnens hat sie immer schon gesucht und bis dahin noch nicht gefunden. In eine Wohngemeinschaft (WG) wollte sie, ja, aber keine reine „Zweck-WG, wo man sich nur die Wohnung teilt und sonst nicht viel miteinander zu tun hat“. Der gemeinsame Abend in der Woche, den Schwester Regina und die fünf jungen Frauen vom Dachboden miteinander verbringen, und die Gemeinschaft sind für sie „total wichtig“. Der Kontakt zur Ordensgemeinschaft der Helferinnen in der Grazer Leechgasse ergab sich über Schwester Regina, die in der Seelsorge der Katholischen Hochschulgemeinde tätig ist und ihr das anbot. Ana aus Slowenien studiert hier ­Pharmazie, Gina aus Deutschland, deren Familie aus der Karibik stammt, nachhaltige Entwicklung. Beide schätzen die besondere Atmosphäre des Hauses. „Zum lustigen

Dachboden“ heißt die hübsche Wohnung, wo die jungen Frauen Heimat gefunden haben. Die Bewohnerinnen wechseln, je nach Bedarf, schließlich studieren manche ja auch nur ein oder zwei Semester in der steirischen Hauptstadt. Einblick. Die Ordensfrauen brauchten die Wohnung nicht, und so entstand 2013 das neue Projekt, das jungen Frauen Raum und einen spannenden Einblick in eine andere Lebensform bietet. Einen Blick auf etwas anderes, denn schließlich stellen sich viele Menschen das Ordensleben sehr abgeschlossen und ernst vor. „Ganz viel an Begegnung geschieht einfach im Alltag“, bekräftigt Schwester Ernie. Für ein Filmprojekt von Magdalena wurden zwei der Schwestern auch schauspielerisch tätig. „Raum“ bieten. Man trifft sich einfach auf der Stiege, im Musikzimmer oder auch im Garten, den die jungen Frauen mitbenutzen können, beim Blumenumtopfen. Stand vielleicht zu Beginn doch ein bisschen Skepsis im Raum, so zeigte sich bald, dass viele Die Helferinnen tragen kein einheitliches Ordenskleid, Erkennungszeichen ist ein Kreuz, das ein Künstler aus Ruanda entworfen hat. SA

Frage­zeichen umsonst waren, und alles hat sich „positiv aufgelöst“, erklärt Schwester Regina, die die Studentinnen begleitet. „Das Studium ist eine Zeit, in der man Weichen stellt. Die Wohngemeinschaft soll Raum bieten, um sich mit der eigenen Lebensgestaltung und auch dem eigenen Glauben auseinanderzusetzen.“ „Es tut ihnen und uns gut.“ Und wie erleben die Schwestern ihre Hausgenossinnen? „Es ist junges Leben im Haus und sie bringen auch andere junge Leute mit“, sagt Schwester Ernie. „Diese menschliche Begegnung tut ihnen gut und uns gut“, ergänzt Schwester Katharina. „Wenn wir wissen, dass sie eine Prüfung an der Uni haben, beten wir für sie.“ Es sei fast eine Erweiterung der Gemeinschaft. Für Schwester Dorothea ist eine gemeinsame Sehnsucht spürbar, die alle verbindet – über die Grenzen der unterschiedlichen Lebensalter und Lebenssituationen hinweg. Und Schwester Monika sagt: „Ohne sie wäre es ein bisschen leer.“ Zeiten des Reifens. Die „Helferinnen der Seelen im Fegefeuer“ wurden 1849 von Eugénie Smet in Paris gegründet. Das Fegefeuer wird nicht auf die Zeit nach dem Tod reduziert, sondern meint alle Übergangszeiten, Zeiten des Reifens. In denen wollen die Schwestern Menschen begleiten. Wesentlich für den Orden ist die spezielle Art und Weise, an Dinge heranzugehen. Es soll so geschehen, „dass menschliches Leben sich entfalten kann“. l

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Der Evangelische Rat der Ehelosigkeit

Der geglückte Sprung ins kalte Wasser Die Biografien der beiden könnten unterschiedlicher nicht sein. Gleichzeitig haben beide das ehelose Ordensleben statt einer Familie gewählt: Bruder Engelbert und Schwester Monika. DIETMAR STEINMAIR

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ruder Engelbert Bacher ist Kapuziner. Er ist der einzige Ordensmann im Kloster Gauenstein, das auf einer Felskanzel oberhalb von Schruns im Montafon liegt. Die Frage, ob so einer hier in dieser Einsamkeit dem Himmel näher ist, drängt sich auf. „Um des Himmelsreiches willen bin ich nicht Ordensmann geworden“, stellt Bruder Engelbert klar, „das ist für mich persönlich ein frommer Überbau, falls du mich nach dem Gelübde der ‚Ehelosigkeit‘ fragst.“ Arbeiter, Krankenpfleger, Seelsorger. Bacher, Jahrgang 1953, war als Hilfsarbeiter in einer Stickerei tätig, als junger Bursch viel

Bruder Engelbert Bacher OFM, Seelsorger sowie Lebens- und Sozialberater

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unterwegs, selbstbewusst, nie schüchtern im Ansprechen von Frauen, hatte Beziehungen. Mit 18 wurde er schwerkrank und war dem Tod nahe. Nach dieser „Erschütterung“ folgten viele Monate Krankenstand. Welchen Sinn hatte sein Leben noch? Mit wem sollte er reden? Da besuchte Bacher das Kapuzinerkloster Innsbruck – und fand sich dort in seiner fundamentalen Krise sowohl ernst genommen als auch verstanden. „Spüre nach, was da ist. Bleib dran!“, riet ihm einer der Brüder. Die Tatsache, dass die „Minderen Brüder“ sich den „minderen Menschen und miesen Typen“ zuwandten, faszinierte Bacher. Anfangs war er sich sicher, später eh noch zu heiraten, er war ja noch jung, hatte also Zeit, sich den Orden einmal anzuschauen. Eine Frau, vier Kinder und ein Haus waren immer sein Traum gewesen. Dennoch nahm er nach einigen Monaten die Kutte und ließ sich verbindlich auf das Ordensleben ein. Bacher absolvierte eine Ausbildung zum Krankenpfleger, arbeitete im Spital, ließ sich zum pastoralpsychologischen Berater ausbilden und ist heute als Krankenhausseelsorger, Lebens- und Sozialberater und als Kapuziner im Kloster Gauenstein tätig. Landschaft. Mit dem Begriff „Ewige Gelübde“ tut sich Bruder Engelbert schwer, „Evangelischer Rat“ ist ihm lieber. „Was ist bei uns Menschen schon fix? Mir gefällt folgender Gedanke besser: Jesus als mein Freund, der mir einen guten Rat gibt. Das ist weit weg von einem moralischen Zeigefinger. Das Leben spielt sich ja nicht auf einem Jägerstand ab, wo man zwar einen guten Überblick hat. Nein, du musst runter, auf den Boden, anpacken, dreckige Nägel und Füße bekommen.“ Statt „Orden“ sagt Bruder Engelbert lieber „Landschaft“. Diese Landschaft der Kapuzinerbrüder hatte er Frau und Kindern vorge-

zogen. Das Neue zu Beginn seines Ordenslebens, die Ausbildungen, die viele Arbeit, die Beschäftigung mit Franziskus verdrängten den ursprünglichen Familienplan. Die Frage nach den Beziehungen zu Patienten, zu Arbeitskolleg/innen „draußen“, aber auch zu den Brüdern beantwortet er mit einem Wortspiel: „Als Ordensmann habe ich mich zu fragen: Geht das für mich in Ordnung?“ Will meinen: Ist es klar? Sind die Beziehungen geklärt? Dann kann ein Ordensmann auch Frauen als Freunde haben. Diese Frage nach der Geklärtheit müsse sich jeder Ehemann ja genauso stellen: Bin ich meiner Frau treu? Stichwort: „Keuschheit“? Bruder Engelbert kommt da auf die Metapher „Schwester Quelle“ (Wasser) zu sprechen, die Franz von Assisi als „demütig und kostbar und keusch“ preist. „Im Klostergarten haben wir ein Becken mit Quellwasser. Da springe ich jeden Tag rein“, lacht der Kapuziner. Für ihn ist klar, dass ein zölibatäres Leben nicht asexuell ist, so als hätte ein Ordensmann nur mehr Geist und keinen Körper mehr. „Manche Gespräche“, sagt Bruder Engelbert, „beginnen tatsächlich mit der Frage: ‚Und, wie ist es mit dem Sex?‘ Dann weiß ich: Das ist jetzt grad das Thema des Fragenden selbst.“ Und, wie ist es mit der Einsamkeit, hier heroben in Gauenstein? Bruder Engelbert ist durch Austausch, Supervision und eine Männergruppe gut vernetzt. Außerdem hat er ja oft Paare und kleine Gruppen als Gäste. „Da ist das Alleinsein dazwischen manchmal geradezu eine Erholung. Und aus der Beratung weiß ich: Selbst bei Paaren ist jeder ein Individuum und letztlich für sich allein.“ – Ehelosigkeit, das heißt für den Ordensmann nicht „Freiheit von“, sondern „Freiheit zu“. Etwa zum Luxus, über so viel eigene Zeit selbst zu verfügen. l


Ordensleute leben ehelos, lassen sich dennoch – auf andere Art – auf ein Leben in Gemeinschaft und Beziehung ein.

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eim ersten Kontaktversuch ist Schwester Monika Maria Pfaffenlehner vom Kloster Wernberg nicht erreichbar. Sie ist grad bei den Flüchtlingen. Die 51-Jährige vom Orden der „Missionarinnen vom Kostbaren Blut“ leitet den Kindergarten und den Service im Gästehaus des Klosters in den Ossiacher Tauern östlich von Villach. Ursprünglich stammt sie aus dem Mostviertel, besuchte dort eine Haushaltungsschule der Franziskanerinnen. Seit sie 16 ist, hat Pfaffenlehner sich für ein Leben in einer Gemeinschaft interessiert. Gleichzeitig lebte sie das Leben einer ganz normalen Jugendlichen: Sport, Tanzen, Lachen, Jeans, Ausgehen. Sie hatte auch einen fixen Freund, schmiedete mit ihm Zukunftspläne. „Wenn jemand nicht verliebt war, hat er in einem Kloster nichts verloren“, sagt Schwester Monika über sich rückblickend. Doch die Sehnsucht nach Gott war am Ende größer als der Wunsch nach einer Partnerschaft mit einem Mann und nach einer eigenen Familie. Kribbeln im Bauch. Sicher, eine Familie mit ihrem Freund, das war für sie eine schöne Perspektive. Aber sie entdeckte auch andere Dimensionen – und dort: Gott. Auf einer Kletterreise nach Kärnten kam die damals 20-Jährige zum ersten Mal nach Wernberg. „Es war Liebe auf den ersten Blick, es kribbelte richtiggehend im Bauch“, erinnert sich Schwester Monika an jenen Tag vor 31 Jahren. Kurz darauf besuchte sie das Kloster für einige Wochen und wagte dann den Sprung ins kalte Wasser. Sie vertraute darauf, dass sie frei war in ihrer Entscheidung, und auf das Wissen, dass es da eine gegenseitige Sehnsucht zwischen Gott und ihr gibt. Ihre Beziehungsfähigkeit, auch die aus ihrer Paarbeziehung, hat sie

mit ins Kloster genommen: „Das ist wie ein Rucksack, den lässt man nicht vor der Klosterpforte stehen“, sagt sie. Selbst Jesus, der nicht nur Gott, sondern auch ganz Mensch war, habe an seinen Beziehungen gearbeitet und sie im Laufe seines Lebens weiterentwickelt. Die Beziehung zu sich selbst und die zu den anderen muss und kann man stärken, sagt Schwester Monika. Sie tut das im Sport, im Kreativen, in der Musik. Großfamilie. Ob der Wunsch nach eigenen Kindern nicht immer wieder gekommen sei? Schwester Monika ist sich bewusst, dass sie auf ein kostbares Gut verzichtet hat. Als Pädagogin kann sie aber viele Kinder begleiten und heranwachsen sehen. Dem Verzicht auf eigene Kinder steht für sie persönlich ein noch größerer Wert gegenüber, eben die Hingabe an Gott. „Verliebtheit“, sagt sie dazu, und: „Gepackt sein von der Liebe Gottes“. Gleichzeitig empfindet sie auch Solidarität mit den vielen Menschen, die keinen Partner finden oder keine Kinder haben können. Einsam fühlt sich die Mostviertlerin in Kärnten nicht. Ihre Gemeinschaft hat 60 Mitglieder, mit denen sie ja in vielfacher Beziehung steht. „Mit einigen teile ich wirkliche Freundschaft, mit anderen lebe ich in guter Nachbarschaft, und von anderen glaube ich, dass ich durch meine Art manchmal auch eine Provokation sein kann.“ Da ist es gut, sich auch zurückziehen zu können, anders vielleicht als in der Ehe. Ordensleute hätten es da wohl auch leichter als Verheiratete, sagt Schwester Monika. Dennoch, ihre Ordensgemeinschaft sei und bleibe ihre (Groß-)Familie. Das Leben in einer Großfamilie verpflichte zur Mitverantwortung ebenso wie die

KNA/BÖLKOW

Gemeinschaft auch Halt gebe. Vor ihrem Eintritt, erzählt Schwester Monika lachend, sei sie auf einer Gletschertour in der Mitte einer Seilschaft gegangen. Sie sei ausgerutscht, doch der Vordermann und der Hintermann hätten einen so guten Stand gehabt, dass für die Seilschaft insgesamt keine Gefahr bestand. Da habe sie ihre Gelübde abgelegt, im Vertrauen darauf, sich fallen lassen zu können. l

Schwester Monika Maria Pfaffenlehner, Gastschwester und Leiterin eines Kinder­gartens

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Die Frauenorden Österreichs. Ein Grund zum Feiern. Die Vereinigung der Frauenorden Österreichs feiert ihr Jubiläum. Mit viel Inhalt und einem Event für alle. 28. April 2016, 18 Uhr Feierliche Eröffnung mit Präsentation des Buches zum Oral History Projekt „Erfahrungskraft Ordensfrauen“ in der Aula des Mutterhauses der Barmherzigen Schwestern, Rennweg 40, 6020 Innsbruck 29. April 2016, 14:30 Uhr Workshops zu Themen wie Wert von Stille und Gebet, Flüchtlingsarbeit, Frauen am Rand, Interreligiöser Dialog, im Haus Marillac, Sennstraße 3, 6020 Innsbruck 30. April 2016, 9:30 Uhr Festvortrag von Martha Zechmeister CJ und festliche Liturgie in der Kirche Saggen, Erzherzog-Eugen-Str. 8, 6020 Innsbruck

Öffentliches Konzert mit dem Vocalensemble LALA und der Pianistin Sr. Joanna Jimin Lee MC

Innsbruck, Kongresssaal 29. April 2016, 19:30 Uhr EINTRITT FREI www.ordensgemeinschaften.at

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