inpuncto fatima

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februar 2017

REUTERS

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ST. PÖLTNER KIRCHENZEITUNG

Kirchenzeitung Kirchenzeitung der Diözese Innsbruck der Diözese Innsbruck

WOCHENZEITUNG DER ERZDIÖZESE SALZBURG

1917 • 1947 • 2017


EDITORIAL

Welche Bedeutung hat das Beten für Sie? Mindestens ein Gesätz aus dem Rosenkranz beten die Mitglieder der Gebetsgemeinschaft des RosenkranzSühnekreuzzugs (RSK) täglich. Auch Prominente haben mit dem Beten positive Erfahrungen.

Mit Fatima verbunden ist der 1947 durch den Franziskanerpater ­Petrus Pavlicek in Wien gegründete Rosenkranz-Sühnekreuzzug (RSK). Hunderttausende Christinnen und Christen auf der ganzen Welt sind heute in dieser „Gebetsgemeinschaft für Kirche & Welt“ vereint. Zählt man alle beteiligten Menschen seit der Gründung zusammen, kommt man auf rund 2,3 Millionen Gläubige. Nach dem Zweiten Weltkrieg mit dem Anliegen entstanden, Gott um Freiheit und Frieden für Österreich zu bitten, geht es den Mitgliedern schon lange um den weltweiten Frieden. Der heute vielleicht etwas fremd klingende Name wird verständlich, wenn man die einzelnen Bestandteile betrachtet: Das Rosenkranzgebet ist die spirituelle Grundlage. Die stellvertretende Sühne für andere vor Gott geht auf Jesus Christus zurück. Das Kreuz ist der Weg, den Christus eingeschlagen hat. Und der Zug erinnert daran, dass die Kirche als pilgerndes Gottesvolk durch die Zeit unterwegs ist – begleitet vom Gebet. All dies versuchen wir, in diesem Magazin zu vertiefen. Ihr Heinz Niederleitner

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Kommunikation. Ein Gebet, das heißt für mich zunächst einmal innehalten, und dann die Kommunikation herstellen, mit jemandem oder etwas, das über mich hinausreicht. Manche nennen es Gott. Beten heißt für mich nicht in erster Linie, um Hilfe zu bitten, obwohl die Not oft groß ist, wenn alles zusammenzubrechen scheint. Es geht darum, nachzudenken über eine Situation, die mich bewegt. Oder auch zu schweigen, denn ein Gebet braucht keine Worte. Jesus sagt, wer im Verborgenen betet, dem wird es vergolten. Das finde ich eine gute Anleitung für den eigenen Weg zu einem Gebet. l

BEN WOLF

Zwei runde Jubiläen im heurigen Jahr stehen im Zentrum dieses Magazins. Wie der Titel schon verrät, geht es erstens um die 100-Jahr-Feier im portugiesischen Marienwallfahrtsort Fatima: Drei Hirtenkinder berichteten 1917 von Erscheinungen der G ­ ottesmutter. 1930 wurden die Ereignisse vom Ortsbischof für glaubwürdig erklärt. Heute ist Fatima einer der ganz großen Wallfahrtsorte der katholischen Kirche (Siehe Seite 6 und 7).

Trost und Kraft. Im Leben eines Menschen gibt es immer Höhen und Tiefen, die manchmal schwerer und manchmal leichter zu ertragen sind. Gebete spenden immer Kraft, Trost und Vertrauen, um den Weg des Lebens weitergehen zu können. Generell bedeutet das Gebet für mich, eine Verbindung mit Gott einzugehen, die ich auch verwende, um zu danken. l SEMINO ROSSI, ARGENTINISCH-ÖSTERREICHISCHER SÄNGER

BARBARA STÖCKL, TV-JOURNALISTIN

Orientierung. Glaube und Gebet sind für mich besonders bedeutend und geben mir Ruhe und Kraft für die oft stressigen Tage. Das Gebet ist die bewusste Ansprache und Besinnung auf die Schöpfung in einem selbst. Seit meinem Amtsantritt habe ich meinen Rosenkranz immer dabei und nutze auch die Zeit zwischen Terminen des Öfteren für ein Gebet. Während des Betens habe ich die Gelegenheit, in mich zu gehen und Orientierung für wichtige Entscheidungen zu finden. Gerade in der heutigen schnelllebigen Zeit sind solche Momente wertvoll. l ANDRÄ RUPPRECHTER, LANDWIRTSCHAFTSUND UMWELTMINISTER

JOHANNA MAIER GMBH

Für Frieden und Freiheit

ORF/ G.PICHLSTORFER

FOTO: REUTERS

BMLFUW / A. HAIDEN

Die Madonna von Fatima.

Dank. Mein Gebet im Alltag ist ein anderes als das Gebet in der Messe. Es ist eine innere Zwiesprache, die aus dem Herzen kommt, ein vielfaches Danken und Freuen, aber auch ein Hoffen und Vertrauen. Das hat viel mit Achtsamkeit und Bewusstsein zu tun. Wenn ich die Schönheit, Vielfalt und Verlässlichkeit der Natur wahrnehme, beim Kochen oder Spazierengehen, wenn ich mich zuhause geliebt und geborgen fühle, bin ich zutiefst dankerfüllt. Und wenn mich Ängste oder Zweifel plagen, können Bitten und Beten wirksam dagegenhalten. Glauben zu können, das ist ein großes Glück. l JOHANNA MAIER, HAUBENKÖCHIN


Bischof Kräutler über die Bedeutung des Gebets

„Der Rosenkranz ist ein meditativer Fixpunkt für mich“ Bekannt ist der Einsatz von Bischof Erwin Kräutler für die Rechte der Indios und den Schutz des Regenwaldes. Der Träger des Alternativen Nobelpreises ist Mitglied im Rosenkranz-Sühnekreuzzug.

Das gemeinsame Rosenkranzgebet stand am Ursprung so mancher Basisgemeinde. In vielen Fällen war es sogar über lange Zeit die einzige Art von „Gottesdienst“, denn ein Priester schaffte es nur ein paar Mal im Jahr, vorbeizukommen. Meist fand sich eine Frau, welche die Gesätzchen kannte und sie vorgebetet hat. Als ich erfuhr, dass in bestimmten Kreisen in Europa vor gar nicht langer Zeit die Basisgemeinden als ein Hort des Marxismus verleumdet wurden, konnte ich nur den Kopf schütteln: „Rosenkranz und Marxismus, wie geht das zusammen?“

Wie und wann wurden Sie Mitglied des Rosenkranz-Sühnekreuzzugs? Ich war elf Jahre alt und Internatsschüler im Xaveriushaus in Feldkirch, als mich Bruder Benedikt fragte, ob ich nicht dem Rosenkranz-Sühnekreuzzug beitreten wolle. Mit meiner Unterschrift habe ich mich damals verpflichtet, jeden Tag zumindest ein Gesätzchen des Rosenkranzes zu beten. Haben Sie als Kind schon verstanden, worum es dabei geht? Eigentlich schon, denn als Kinder und Jugendliche haben wir konkret erlebt, dass Österreich besetzt war. Auf der Schattenburg in Feldkirch wehte die Flagge der französischen Besatzungsmacht. Ein einfacher Blick auf das andere Ufer des Rheins machte uns Vorarlbergern sofort bewusst, dass wir nicht frei waren. Die Schweiz hatte keinen Krieg. Dort wehte das weiße Kreuz auf rotem Grund als Zeichen der Freiheit und Unabhängigkeit. Wir alle warteten auf den immer wieder beschworenen Staatsvertrag, aber erst am 15. Mai 1955 hörten wir aus dem Radio die freudigen Worte unseres Außenministers Leopold Figl: „Österreich ist frei!“. Vorarlberger stehen nicht unbedingt im Ruf, sentimental zu sein. Aber als die französische Flagge von der Schattenburg eingeholt wurde und Rot-Weiß-Rot aufstieg, gab es viele nasse Augen. Bundeskanzler Julius Raab war überzeugt: „Wenn nicht so viel gebetet worden wäre, so viele Hände in Österreich sich zum Gebet gefaltet hätten, so hätten wir es wohl nicht geschafft!“ Welche Beziehung haben Sie ­persönlich zum Rosenkranz? Der Rosenkranz gehörte zur Tradition meiner Familie. Ich sah ihn oft in der Hand meiner Mutter. Kurz vor meiner Abreise nach ­Brasilien pilgerte ich im Oktober 1965 nach

Bischof Kräutler nutzt weite Fahrten zum Gebet mit dem Rosenkranz. FOTO: KNA

Maria Einsiedeln, um von der schwarzen Madonna den Reisesegen zu erbitten. Dort habe ich einen Rosenkranz mit Holzperlen erworben, der mich fortan begleitete. Bis zum Unfall 1987 (ein inszenierter Autounfall, der eigentlich ein Mordanschlag auf Kräutler war, Anm.) trug ich ihn bei mir. Als ich im Krankenhaus nach ihm verlangte, fand ihn jemand blutbefleckt im Wrack des Autos. Es fehlten mehrere Perlen und das Kreuz war zerquetscht. Dieser Rosenkranz befindet sich heute in Südtirol, im MuseumPasseier. Nun habe ich einen etwas kleineren bei mir (greift in seine Hosentasche und zeigt ihn). Ob auf „durchgeschüttelten“ Fahrten mit dem Jeep oder am Schiff auf tagelangen Reisen zu den Gemeinden: Der Rosenkranz war und ist ein meditativer Fixpunkt für mich. Wie ist der Rosenkranz in Ihrer ­Diözese am Xingu beheimatet?

Hat das Rosenkranzgebet eine politische Dimension? Ich habe meine eigene Auslegung zum Beginn des Ave Maria, der auf das ­Lukasevangelium (1,28) zurückgeht. Im Originaltext steht die griechische Grußformel „­Chaire“ (Freue Dich). Aber hat Maria Griechisch verstanden? Ihre Muttersprache war Aramäisch und die aramäische Grußformel lautet „Schlom lech“ (Friede sei mit dir). So meine ich, steht am Anfang der Geschichte unserer Erlösung der Friedensgruß, den Jesus dann so oft wiederholt hat: „Schalom aleichem“ (Friede sei mit euch). Friede im biblischen Sinn bedeutet mehr als nur Wohlbefinden. Friede ist die Folge uneingeschränkten Vertrauens auf Gott (vgl. Jes 26,2–4 und 27,2–5) und gleichzeitig „Werk der Gerechtigkeit“ (Jes 32,17). Gerechtigkeit hat aber auch eine politische Komponente. Die persönliche und politische Dimension des Friedens können nie voneinander getrennt werden. Im Schlussdokument der Zweiten Lateinamerikanischen Bischofskonferenz in Medellin heißt es: „Friede ist vor allem ein Werk der Gerechtigkeit. Er setzt voraus und fordert die Errichtung einer gerechten Ordnung, in der sich die Menschen entfalten können, ihre Würde respektiert, ihren legitimen Erwartungen entsprochen, Zugang zur vollen Wahrheit ermöglicht und die Freiheit garantiert wird.“ ● INTERVIEW: HEINZ NIEDERLEITNER

ZUR PERSON Bischof Erwin Kräutler (geb. 1939) aus Koblach (Vbg.) leitete 1981–2015 die Territorialprä­latur (Diözese) Xingu in Brasilien. Sein Ein­treten für Menschenrechte und Um­ weltschutz ist international anerkannt, setzt ihn aber Anfeindungen und Angriffen aus.

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Ein Zeichen auch für uns Von weither waren viele zu Fuß gekommen. Weshalb? Um ein Wunder zu sehen. Doch zunächst eine harte Probe ihres Vertrauens: Unbarmherzig strömten Regengüsse auf die Wartenden ein. Behandelt die Madonna so ihre Kinder? Dann die Wende. Die Sonne durchbricht die Wolken. Sie beginnt, schnell um sich selbst zu kreisen, strahlt leuchtende Farben aus. Blutigrot stürzt sie auf die Erde zu. Viele werfen sich auf die Knie und bitten um Barmherzigkeit, die Vergebung ihrer Sünden. Leugnen kann das Ereignis, das 1917 kilometerweit gesehen wurde, wohl niemand; doch für manche bleibt es ein Schauspiel, dessen tieferer Sinn sich ihnen nicht erschließt. Heute vielleicht noch weniger als damals. Was ist der Sinn dieses Himmelszeichens? Die heilige Maria kündigte es an: „Ich werde ein großes Wunder wirken, damit die Menschen glauben.“ Das heißt: Achtet auf meine Botschaft, sie will vor großem Unheil bewahren. Wenn wir darin den Sinn des Sonnenwunders sehen, bleibt es ein Zeichen auch für unsere Zeit. PATER BENNO MIKOCKI OFM EINE WEITERFÜHRENDE INFORMATION ZUM SONNENWUNDER SENDEN WIR IHNEN GERNE ZU, KONTAKT ÜBER: WWW.RSK-MA.AT

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ARCHIV

FOTO: RSK-

BILD: HANNELORE FORSTREITER

Das Foto zeigt ein Bild der Menge beim Sonnenwunder am 13. Oktober 1917.


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Die Rosenkranz-Basilika prägt zusammen mit der berühmten Madonna das Erscheinungsbild von Fatima (links und Mitte).

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Jubiläum in Fatima

Der Marien-Wallfahrtsort Mit den Marienerscheinungen vor 100 Jahren wurde aus dem unbekannten Ort Fatima in Portugal eine der größten Wallfahrtsstätten der Welt. Die drei „Geheimnisse“ haben vom einfachen Pilger bis zu den Päpsten die Menschen beschäftigt. ELISABETH MAKOWETZ

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in Sommertag in Fatima. Auch heute sind sicher einige tausend Besucher hier, aber sie verlaufen sich in der flirrenden Weite des Wallfahrtsbezirks. Einige Dutzend beten in der Erscheinungskapelle, eher unscheinbar halblinks zwischen den beiden großen Basiliken gelegen. Wer an einem „normalen“ Tag nach Fatima kommt, wird kaum glauben können, dass die gigantische Freifläche zwischen der Rosenkranz-Basilika und der modernen Dreifaltigkeits-Basilika, dem bislang größten Kirchenbau des 21. Jahrhunderts, überhaupt je zu füllen wäre. Aber das wird sich ändern. Hunderttausende Men-

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schen werden erwartet, wenn am 12. und 13. Mai 2017 auch Papst Franziskus anlässlich des Jubiläums nach Fatima kommt. Prophezeiung. Der ländliche 11.600-Bewohner-Ort, gut 120 Kilometer nördlich von Lissabon, liegt inmitten einer eher verschlafenen Region Portugals und müsste eigentlich ein Inbegriff des Beschaulichen sein. Doch seit 1917 hat sich das Dorf für alle Zeiten verändert. Die Marien-Erscheinungen begannen laut den Berichten von Lúcia dos Santos und den Geschwistern ­Jacinta und Francisco Marto am 13. Mai 1917 und setzten sich bis Oktober des Jahres fort. Laut der Seherin und späteren Ordensfrau Lúcia bestand die Prophezeiung aus drei Teilen. Der erste enthielt die Vorhersage eines weiteren Krieges. Das zweite Geheimnis – gesprochen im Jahr der Oktoberrevolution – lautete, dass sich Russland nach einer Weihe an das „Unbefleckte Herz Mariens“ bekehren werde. Der dritte Teil der Weissagung, den der Vatikan erst im Jahr 2000 enthüllte, berichtet in düsteren Bildern über die Verfolgung der Kirche im 20. Jahrhundert. Und er enthält auch die Vision eines in Weiß gekleideten Bischofs, der, von Schüssen getroffen, zusammenbricht. Dass das Attentat auf Johannes Paul II. auf dem Petersplatz ausgerechnet

am 13. Mai 1981 – dem Jahrestag der ersten Erscheinung von Fatima – erfolgte, war nach Ansicht des polnischen Papstes kein Zufall. Bis zuletzt war er fest davon überzeugt, seine Rettung dem Beistand Marias zu verdanken. Eine Kugel des Attentäters wird seitdem in der Marienkrone des Heiligtums verwahrt. Neben den Erscheinungen steht auch das Sonnenphänomen, das Zehntausende Menschen am 13. Oktober 1917 beobachteten, für die Geschichte von Fatima. Die Sonne soll nach einem Regenguss als sich drehende Scheibe am Himmel erschienen sein und sich dann der Erde genähert haben. Viele sprachen von einem Wunder (siehe Seite 4–5). Zuneigung der Päpste. Weniger verwunderlich ist der Pilgerbetrieb in Fatima von rund drei Millionen Besuchern pro Jahr. Die Andenken- und Devotionalienläden sind stets gut gefüllt. Von der großen Zuneigung der Päpste des 20. Jahrhunderts zu Fatima zeugen drei Kolossalstatuen auf dem Platz zwischen den beiden Basiliken: von Pius XII., Paul VI. und Johannes Paul II. ­Benedikt XVI. reiste 2010 hierher. Der Besuch von Franziskus am hundertsten Jahrestag der ersten Erscheinung, dürfte neben dem 13. Oktober 2017 der Höhepunkt des Feierjahres werden. Der Papst aus Argentinien, der ein großer Marienverehrer ist, stellte


Lúcia, Jacinta und Francisco Wiedergutmachung, Sühne, Buße, ein Blick in die Hölle – was die heilige Maria drei Hirtenkindern vor hundert Jahren zumutete, kommt uns heute befremdlich vor. Aber wer waren diese drei Kinder? LENE MAYER-SKUMANZ

Die Statue von Johannes Paul II. steht vor der neuen Dreifaltigkeitskirche.

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der Päpste sein Pontifikat im Jahr 2013 unter den Schutz der Madonna von Fatima. Das Jubiläumsprogramm für 2017 sieht große Gottes­dienste, Prozessionen, Konzerte und Tagungen vor. Ende Juni wollen Wissenschaftler aus sieben Forschungsbereichen dazu beitragen, Fatima neu zu deuten, etwa aus soziologischer, psychologischer und kulturhistorischer Sicht. Für die letzte Seherin von Fatima, die Ordensschwester Lúcia dos Santos, wurde 2008 das Seligsprechungsverfahren eröffnet. Nicht ausgeschlossen ist, dass Papst Franziskus bald grünes Licht dafür geben könnte. In Fatima wird die Klosterfrau ohnehin schon lange verehrt. l

Bei der ersten Marienerscheinung am 13. Mai 1917 war Lúcia dos Santos zehn Jahre alt. Ihre Gefährten waren ihr Cousin F­ rancisco (neun Jahre) und ihre Cousine Jacinta (sieben Jahre) aus der Familie Marto. Sie lebten im Weiler Aljustrel nahe Fatima. Die drei gingen nicht in die Schule, sondern hüteten die Schafe ihrer Familien. Zuhause lernten sie die Gebete, den Katechismus, aber auch Geschichten und Lieder. Erst die heilige Maria verlangte bei ihren Erscheinungen von ihnen, in die Schule zu gehen. Lúcia war eine gute Beobachterin. Sie beschrieb Jacinta als lebhaft, feinfühlig, mitleidig und während der Krankheit – J­ acinta starb an Tuberkulose am 20. Februar 1920 – als bewundernswert geduldig. Oft kamen die Nachbarinnen mit ihren Flicksachen und sagten: „Ich will ein bisschen bei Jacinta arbeiten. Ich weiß nicht, was es ist: Man fühlt sich so wohl bei ihr.“ Trost. Francisco wurde von Lúcia als still, nachgiebig und liebenswürdig beschrieben. Er war gern allein. Eines Tages, so berichtete Lúcia, kam eine Frau aus einem Nachbarort zu Francisco und bat ihn um Fürsprache. Ihr Mann hatte den Sohn aus dem Haus geworfen. Francisco wusste, dass er bald sterben werde. Er tröstete die Frau: „Ich komme bald in den Himmel, und wenn ich dort bin, will ich diese Gnade von Unserer Lieben Frau erbitten.“ Vater und Sohn versöhnten sich am Todestag Franciscos. Er starb an Lungenentzündung am 4. April 1919. Und Lúcia dos Santos selbst? Die Erscheinungen brachten Unruhe und Leid in ihr Leben. Manche Leute verspotteten sie, Behörden verfolgten sie, die sonst liebevolle Mutter verprügelte sie und nannte sie Lügnerin. In ihrem langen Leben als Ordensfrau schrieb Lúcia ihre Erinnerungen auf. Sie starb 97-jährig am 13. Februar 2005 im Karmel von Coimbra. l Lene Mayer-Skumanz wurde als Schriftstellerin mehrfach für ihre Kinderund Jugendbücher ausgezeichnet.

STICHWORT FATIMA Fatima ist ein katholischer Wallfahrtsort, der Name kommt aber aus dem Arabischen. Da eine Tochter des Propheten Mohammed so hieß, war und ist der Mädchenname in der muslimischen Welt beliebt. Vom 8. bis ins 13. Jahrhundert herrschten im heutigen Portugal die muslimischen Mauren. Einer lokalen Überlieferung zufolge geht der Name des heutigen Marienwallfahrtsortes auf eine entführte maurische Prinzessin zurück, die getauft und mit einem christlichen Adeligen verheiratet wurde.

Die drei Hirtenkinder: Jacinta und F­ rancisco (links und Mitte) wurden im Jahr 2000 selig gesprochen. Lúcia (rechts) starb 2005. Für sie läuft ein Selig­sprechungsprozess. REUTERS


Gebetsschule

Der Rosenkranz Im spirituellen Zentrum des Rosenkranz-Sühnekreuzzugs steht das Rosenkranzgebet. Es ist eine Meditation über das Leben Jesu und seine Mutter Maria. Das Gebet des Rosenkranzes beginnt mit dem Kreuzzeichen: Im Namen des Vaters … Es folgt das Glaubensbekenntnis: Ich glaube an Gott, den Vater, den Allmächtigen … Ehre sei dem Vater und dem Sohn und dem Heiligen Geist. Wie im Anfang, so auch jetzt und allezeit und in Ewigkeit. Amen

Entsprechend weiter mit den anderen Geheimnissen …

Es folgt das Gebet des Herrn: Vater unser … Nun werden drei „Gegrüßet seist du, Maria“ gebetet, die nach der Zeile „… Frucht deines Leibes, Jesus, …“ um folgende Bitten ergänzt werden: … der in uns den Glauben vermehre … der in uns die Hoffnung stärke … der in uns die Liebe entzünde Ehre sei dem Vater …

Jeweils 10 Perlen für „Gegrüßet seist du, Maria“ + 2. Geheimnis

3 x Gegrüßet seist du, Maria + „Glaube“, „Hoffnung“, „Liebe“

DIE FÜNF ROSENKRÄNZE I. Die freudenreichen Geheimnisse (Montag und Samstag) 1. den du, o Jungfrau, vom Heiligen Geist empfangen hast 2. den du, o Jungfrau, zu Elisabeth getragen hast 3. den du, o Jungfrau, zu Betlehem geboren hast 4. den du, o Jungfrau, im Tempel aufgeopfert hast 5. den du, o Jungfrau, im Tempel wiedergefunden hast

Vater unser Ehre sei dem Vater Kreuzzeichen und Glaubensbekenntnis

II. Die schmerzhaften Geheimnisse (Dienstag und Freitag) 1. der für uns Blut geschwitzt hat 2. der für uns gegeißelt worden ist 3. der für uns mit Dornen gekrönt worden ist 4. der für uns das schwere Kreuz getragen hat 5. der für uns gekreuzigt worden ist

IV. Die lichtreichen Geheimnisse (Donnerstag) 1. der von Johannes getauft worden ist 2. der sich bei der Hochzeit in Kanaa offenbart hat 3. der uns das Reich Gottes verkündet hat 4. der auf dem Berg verklärt worden ist 5. der uns die Eucharistie geschenkt hat

III. Die glorreichen Geheimnisse (Mittwoch und Sonntag) 1. der von den Toten auferstanden ist 2. der in den Himmel aufgefahren ist 3. der uns den Heiligen Geist gesandt hat 4. der dich, o Jungfrau, in den Himmel aufgenommen hat 5. der dich, o Jungfrau, im Himmel gekrönt hat

V. Die trostreichen Geheimnisse (Alternative) 1. der als König herrscht 2. der in seiner Kirche lebt und wirkt 3. der wiederkommen wird in Herrlichkeit 4. der richten wird die Lebenden und die Toten 5. der alles vollenden wird

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GRAFIK: HEINZ FINSTER, INGRID HOHL

Vater unser

Nun beginnen die Betrachtungen der Rosenkranzgeheimnisse Ehre sei dem Vater (hier in der Fassung des neuen Gotteslobs, Nr. 4). Eingeleitet werden sie mit einem „Vater unser“. Ihm folgen jeweils zehn „Gegrüßet seist du, Maria“ mit der Einfügung Jeweils 10 Perlen für eines Geheimnisses nach „… Frucht deines Leibes, Jesus, …“ „Gegrüßet seist du, Maria“ (z. B.: … den du, o Jungfrau, vom Heiligen Geist empfangen hast). + 1. Geheimnis Abgeschlossen wird jedes Gesätz mit dem „Ehre sei dem Vater …“. Nach jedem Gesätz kann das Fatima-Gebet eingefügt werden. Es ist aber nicht Bestandteil des offiziellen Rosenkranzgebets: „Oh mein Jesus, verzeih uns unsere Sünden, bewahre uns vor dem Feuer der Hölle, führe alle Seelen in den Himmel, besonders jene, die Deiner Barmherzigkeit am meisten bedürfen!“ Vater unser Die Betrachtung des nächsten Geheimnisses wird erneut mit einem Ehre sei dem Vater „Vater unser“ eröffnet.


Mit Bitten vor Gott kommen

Was das Beten bewirken kann „Da hilft nur mehr beten“, heißt es manchmal angesichts des Terrorismus, der Kriege oder persönlicher Nöte. Gleichzeitig zweifeln viele moderne Menschen an der „Macht“ des Gebets. Was kann es also bewirken? JÓZEF NIEWIADOMSKI

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erträgt sich die moderen Welt mit der Mentalität des Gebetes? Hat es einen Sinn, darum zu beten, dass der Hunger beseitigt und der Frieden hergestellt wird? Sind da nicht eher Entwicklungshilfe und Friedensgespräche gefragt? Und bei der Arbeitslosigkeit, der Terrorgefahr und der Flüchtlingstragödie: sind hier nicht der gesunde Menschenverstand, ordentliche Politik und das Anpacken von Problemen gefordert? Das wird niemand bestreiten. Aber welchen Sinn hat dann das Bittgebet? Solche Fragen werfen nicht nur die atheistisch gesinnten Zeitgenossen auf, auch Theologen zerbrechen sich ihre Köpfe darüber, ob man Gott durch Gebete umstimmen kann. „Warten auf die Sonne.“ Auch wer an Gottes Wirken in der Welt glaubt, wird die Eigenart dieses Wirkens und seine Folgen nicht von den betenden Menschen abhängig machen können. Denn so würde man bei einer „käuflichen“ Gottheit landen, deren Moralität zu Recht in Zweifel gezogen werden würde. Versuchen wir daher, die Frage von der einzig uns zugänglichen Perspektive, nämlich jener der betroffenen Menschen, und mit einer alten Geschichte anzugehen: Ganz am Anfang seines geistlichen Weges fragte der Novize seinen Seelenführer: „Was könnte ich tun, um Gott mit meinen Gebeten zu erreichen?“ Der Meister antwortete mit einer Gegenfrage: „Und was tust du, damit die Sonne aufgeht?“ Schockiert fragte der Novize: „Wozu dann all die Mühe um das Gebet?“ Der Seelenführer antwortete: „Damit man die Sicherheit hat, dass man den Aufgang der Sonne nicht verpasst!“ Das bedeutet: Das Gebet hilft zuerst den Betern selbst. In der Nacht, die sich aufgrund der erfahrenen Not um sie breitet, bleiben sie „wach“. Das ist alles andere als banal: Bedrohungen können zum

Gebet heißt auch, für eine andere Wirklichkeit sensibel zu bleiben.

kräfteraubenden Aktivismus verführen. Erschöpft sagen die Menschen: „Da kann man doch nichts dagegen tun.“ Um aber sensibel und spirituell lebendig zu bleiben sowie die oft unscheinbaren ersten Anzeichen einer Lösung nicht zu verschlafen, braucht der Mensch das Gebet. „Sind aber Wellness oder Selbsthypnose und Selbstprüfung da nicht besser?“, wird ein religionsskeptischer Mensch einwerfen. Der Betende wird stressabbauende Angebote auch nützen können. Im Unterschied zu materialistisch gesinnten Zeitgenossen wird er aber das Warten auf den Aufgang der Sonne – also auf das Ende der Not – auch dann nicht aufgeben, wenn sich diese Monate, Jahre, gar Jahrzehnte nicht zeigt. Der Betende vertraut darauf, dass Gott uns Menschen jederzeit ungeahnte Wege zum Frieden und zur Gerechtigkeit anbahnt. Insel der Freiheit. In einer Welt, die sich scheinbar fest im Griff realpolitischer Notwendigkeiten befindet, schafft der betende Mensch eine Insel relativer Freiheit. So verändert er die Welt. Das Gebet ist eine Art des spirituellen Widerstandes im Namen dessen, was Gott der Menschheit verheißen hat. Es arbeitet an einer Welt, die anders ist als jene, die wir bloß aus dem Zusammenwirken gegenwärtiger Kräfte kennen. Funktionieren aber nicht auch all die politischen alterna-

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tiven Programme nach derselben Logik? Ja und nein! Weil die Politik zuerst zwischen Freund und Gegner unterscheidet, neigt der bloß politisch motivierte Aktivismus dazu, dem Anderen die Schuld am Ausbleiben der erträumten Welt zu geben. Unser Urteil bleibt immer der Gefahr der Manipulation ausgesetzt. Durch Manipulation kann die Lüge für große Gruppen von Menschen zur unumstößlichen Wahrheit werden. Deswegen braucht es Menschen, die eine wachsende Fähigkeit erlangen, zu sich selber und zu dem, was manipulativ mit ihnen geschieht, in Distanz zu treten. Jenseits des Zynismus. Eine derartige Distanz wird zwar immer wieder im Namen des „gesunden“ Zynismus beschworen. Wer kann aber auf dem Zynismus sein Leben aufbauen? Es ist auch eine Erfahrung aus Konzentrationslagern: Es gibt Menschen, die sich von der Gegenwart, die sie oft unter grausamen Schmerzen manipuliert, distanzieren und sich einer anderen Wirklichkeit anvertrauen können. Sie behalten im Dialog mit dieser Wirklichkeit – eben im Bittgebet zu Gott – ihre eigene Identität. Auch deshalb ist für die moderne Welt das Bittgebet notwendig. l Józef Niewiadomski ist Professor für Dogmatik an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Innsbruck.

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Die politische Dimension der Gebetsgemeinschaft für Kirche & Welt

Beten für Österreichs Freiheit und den Frieden auf der Welt Gemeinsames Gebet kann viel bewirken: Diese tiefe Überzeugung von Pater Petrus Pavlicek hat die geschichtlich-politische Bedeutung des RosenkranzSühnekreuzzugs begründet. ERICH LEITENBERGER

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ater Petrus hatte es drastisch formuliert: „Geeintes Gebet ist eine Macht, die Gottes Barmherzigkeit auf diese Welt herabzieht.“ Bundeskanzler Julius Raab, selbst ein eifriger Mitbeter des RosenkranzSühnekreuzzugs, sagte im Hinblick auf die unerwartete Zustimmung Moskaus zum Staatsvertrag 1955 später zu Kardinal Franz König: „Wenn nicht so viel gebetet worden wäre, so viele Hände in Österreich sich zum Gebet gefaltet hätten, so hätten wir es wohl nicht geschafft.“ Mit dem Staatsvertrag erhielt Österreich nach zehn Jahren vierfacher Besatzung (USA, Sowjetunion, Großbritannien, Frankreich) die Freiheit. Der Weg zur Erfolgsgeschichte der Zweiten Republik war eröffnet. Vertrauen. Es war bemerkenswert, dass christlich inspirierte Politiker dieser heute schon fernen Zeit die Idee des Franziska-

ners Petrus Pavlicek verstanden und sich zu eigen machten. Raab und Außenminister Leopold Figl waren geeichte Politiker, die das politische Geschäft bestens verstanden. Aber sie waren zugleich überzeugt, dass Gott der Herr der Geschichte ist und dass den Beterinnen und Betern und deren Vertrauen auf die Barmherzigkeit Gottes – und die Fürbitte Mariens – vieles möglich ist. Und so gingen Figl und Raab gemeinsam mit anderen Spitzenpolitikern in den 1950er Jahren mit brennenden Kerzen in der Hand bei den Ringstraßen-Prozessionen mit, zu denen Pater Petrus jeweils aus Anlass des Festes Maria Namen eingeladen hatte. Später sollten aus diesen Prozessionen die MariäNamen-Feiern werden, lange in der Wiener

Erstes Ziel erreicht: das Original des 1955 unterzeichneten Staatsvertrags.

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Stadthalle, in den vergangenen Jahren im Stephansdom (siehe auch Seite 14 und 15). Die Erfolgsgeschichte des Rosenkranz-Sühnekreuzzugs in den ersten Jahrzehnten seines Bestehens – Intellektuelle waren davon ebenso angezogen wie Bauern und Arbeiter, Jugendliche genauso wie Senioren – mag damit zusammenhängen, dass es noch einen Nachhall jener Überzeugung aus den dunklen Zeiten des Krieges und der nationalsozialistischen Diktatur gab. Der Dichter Reinhold Schneider hatte dies in seinem 1936 geschriebenen, aber erst 1941 trotz Zensur veröffentlichten Gedicht einprägsam so ausgedrückt: „Allein den Betern kann es noch gelingen, das Schwert ob unsern Häuptern aufzuhalten.“ Sorge um verfolgte Christen. Als Österreich 1955 mit dem Staatsvertrag seine volle Souveränität zurückbekam, schien es im ersten Moment so, als hätte der RosenkranzSühnekreuzzug das selbstgesteckte Ziel erreicht und könne sich in die Geschichtsbücher verabschieden. Aber Pater Petrus nahm den Rat ernst, den ihm der Bischof von LeiriaFatima erteilte: „Was Sie für Österreich getan haben, das tun Sie jetzt für die Welt.“ Für ihn ging es vor allem um zwei eminent politische Fragen: um die Situation der verfolgten Christ/innen in den damals von kommunistischen Regierungen mit ihrem Staatsatheismus beherrschten Ländern und um die Erhaltung des Weltfriedens, der durch das atomare Wettrüsten im Zeichen des Kalten Krieges zutiefst bedroht war.

IMPRESSUM: inpuncto ist das gemeinsame Magazin von Der SONNTAG. Die Zeitung der Erzdiözese Wien, Stephansplatz 4/VI/DG, 1010 Wien; Kirche bunt. St. Pöltner Kirchenzeitung, Gutenbergstraße 12, 3100 St. Pölten; KirchenZeitung Diözese Linz, Kapuzinerstraße 84, 4020 Linz; martinus. Kirchenzeitung der Diözese Eisenstadt, St. Rochus-Straße 21, 7000 Eisenstadt; Rupertusblatt. Wochenzeitung der Erzdiözese Salzburg, Kaigasse 8, 5020 Salzburg; Sonntag. Kirchenzeitung Katholische Kirche Kärnten, Tarviser Straße 30, 9020 Klagenfurt, Sonntagsblatt für Steiermark, Bischofplatz 2, 8010 Graz; TIROLER sonntag. Kirchenzeitung der Diözese Innsbruck, Riedgasse 9, 6020 Innsbruck; Vorarlberger KirchenBlatt, Bahnhofstraße 13, 6800 Feldkirch. Medieninhaber: Kooperation Kirchenzeitungen – Verein zur Förderung der Kirchenpresse, Bergstraße 12/1, 5020 Salzburg. Herausgeber: Obmann Prälat Wilhem Vieböck, office@kizmedia.at Redaktion: Kooperationsredaktion der Kirchenzeitungen, Bergstraße 12, 5020 Salzburg. Leitung: Dr. Heinz Niederleitner, 0662/88 44 52-61, heinz.niederleitner@koopredaktion.at. Anzeigenleitung: Mag. Walter Achleitner, 0662/88 44 52-3, walter.achleitner@kizmedia.at. Grafik: Egger & Lerch, 1030 Wien. Herstellung: Niederösterreichisches Pressehaus Druck und Verlags-GmbH., 3100 St. Pölten. Alle Rechte, auch die Übernahme von Beiträgen nach § 44 Abs. 1 und 2 Urheberrechtsgesetz, sind vorbehalten. Die Offenlegung gemäß MedienG §25 Abs. 2 ist unter www.meinekirchenzeitung.at/impressum/inpuncto abrufbar. Der Rosenkranz-Sühnekreuzzug (RSK) – Gebetsgemeinschaft für Kirche & Welt hat zum Erscheinen des Magazins einen Kostenbeitrag geleistet. inpuncto fatima erscheint in einer Auflage von 179.000 Exemplaren.

Erfolgt der Abo-Bezug der Kirchenzeitung über die Österreichische Post AG, so wird das Magazin inpuncto CO2 neutral zugestellt.

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gedruckt nach der Richtlinie „Druckerzeugnisse“ des Österreichischen Umweltzeichens, -gedruckt nach der Richtlinie „Druckerzeugnisse“ NP DRUCK, UW-Nr. 808 Umweltzeichens, NP DRUCK, UW-Nr. 8 des Österreichischen


Außenminister Leopold Figl (3. v. l.) und Bundeskanzler Julius Raab (5. v. l.) bei der Mariä-Namen-Prozession am 12. September 1953 in Wien.

Vor allem die Sorge um die verfolgten Christ/innen war bereits vor dem Staatsvertrag zum Beispiel bei der Mariä-NamenProzession des Jahres 1953 artikuliert worden – ein riskantes Unternehmen, waren doch Mitglieder der Bundesregierung unter den Prozessionsteilnehmern. Der Vorgang wurde zweifellos vom Stab des sowjetischen Hochkommissars in Österreich aufmerksam verfolgt – auch wenn Stalin wenige Monate zuvor gestorben war, hatte sich in Moskau an der Herrschaft des kämpferischen Staatsatheismus noch nichts geändert. Die beiden neuen Schwerpunkte der von Pater Petrus initiierten Gebetsbewegung – die Sorge um die verfolgten Christen und die Sorge um den Weltfrieden – fanden vor allem im benachbarten Deutschland, einem der Brennpunkte des Kalten Krieges, großen Anklang. Die Zahl der eingetragenen Mitglieder des Rosenkranz-Sühnekreuzzugs überstieg in den 1980er Jahren die ZweiMillionen-Grenze. Hinter dem Eisernen Vorhang. Im heurigen Jubiläumsjahr ist es interessant, dass ähnliche Gebetsbewegungen auch anderswo entstanden, wo die Machthaber das absolut nicht dulden wollten, zum Beispiel in der damaligen Tschechoslowakei. Das war auch am 7. Februar 2017 in Wien bei einer Veranstaltung unter dem Titel „Österreich ist frei! – Die politische Dimension des gemeinsamen Gebets“ ein Thema. Eingeladen war dort auch der frühere slowakische Ministerpräsident Ján Carnogurský. Es zeigte sich eine große geistige und geistliche Nähe

zwischen dem Rosenkranz-Sühnekreuzzug und den Katholiken der Slowakei, die unter dramatisch schwierigen Bedingungen auf die Kraft des gemeinsamen Gebets vertrauten. Eindrucksvoll spürbar wurde das am 25. März 1988 bei der „Kerzendemonstration für Religionsfreiheit“ in Bratislava. Ján ­Carnogurský war damals eine der Zentralgestalten der katholischen Bewegung. In beiden Fällen – in Wien wie in Bratislava – spielte das Rosenkranzgebet im Einsatz für eine an Menschenwürde und Freiheit orientierte Gesellschaft eine zentrale Rolle. l Prof. Erich Leitenberger war Chefredakteur der Presseagentur Kathpress und Sprecher der Erzdiözese Wien. Er engagiert sich heute bei der Stiftung Pro Oriente und für den Ökumenischen Rat der Kirchen in Österreich.

RSK-ARCHIV

WENDE 1989 „Wir sind beide mit dem Rosenkranz aufgewachsen und haben regelmäßig die Mariä-Namen-Feiern des RosenkranzSühnekreuzzugs besucht“, erzählt Edith Mock über sich und ihren Mann, den einstigen Außenminister Alois Mock. Auch 1989 war er bei der Mariä-Namen-Feier dabei, verabschiedete sich danach aber früh: Er müsse ins Ministerium, die Teilnehmer der Feier sollten beten, sagte er. Hinter dieser überraschenden Verabschiedung stand die Öffnung der ungarischen Grenze für DDRFlüchtlinge in dieser Nacht. Dazu hatte auch Mock beigetragen, als er im Sommer 1989 mit seinem ungarischen Amtskollegen Gyula Horn medienwirksam den Stacheldraht zerschnitten hatte. „In der Zwiesprache mit Gott bedanken wir uns für die vielen Momente des Glücks“, erzählt Edith Mock heute über die Gebete mit ihrem Mann.

Juni 1989: Außenminister Mock und sein ungaProzession in den 1950er Jahren: Beten für die verfolgten Christen im Osten – mit der Symbolfigur des ungarischen Kardinals Mindszenty. RSK-ARCHIV

rischer Amtskollege Gyula Horn zerschneiden den Eisernen Vorhang. BERNHARD J. HOLZNER/HOPI-MEDIA

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Stellvertretend für die Sünden anderer büßen

Sühne – eine vergessene Möglichkeit? „Christ ist erschienen, für uns zu sühnen“, singen Christen zu Weihnachten. Der heute oft missverstandene Begriff der „Sühne“ steht auch im Zentrum des Rosenkranz-Sühnekreuzzugs. HANNA-BARBARA GERL-FALKOVITZ

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m „Sühne“ tobt seit Jahren ein theologischer Kampf. Kann man wirksam für einen anderen eine Schuld auf sich nehmen und gleichsam den Blitz ableiten? Denn Sühne heißt: Stellvertretung in Buße anbieten. Nach Paulus ist dies der tiefste Gedanke der Menschwerdung Christi: Er ist zur Sünde geworden für uns (vgl. 2 Kor 5,21). In dem Maße ist Gott zu uns gekommen, dass Christus dreifach sagen kann: Deine Sünde ist meine Sünde. Meine Sühne ist deine Sühne. Meine Heiligkeit gehört dir. Das ist ein abgründiger Gedanke, und in sein Geheimnis gehören wir hinein. Wir sind nicht nur als Sünder selbst entsühnt; wir können sogar in die Sühne mit Christus eintreten. Auch diese Deutung ruht auf einem großen Paulus-Gedanken. Mitwirken. „Es gibt eine Berufung zum Leiden mit Christus und dadurch zum Mitwirken an seinem Erlösungswerk. Wenn wir mit dem Herrn verbunden sind, so sind wir Glieder am mystischen Leib Christi; Christus lebt in seinen Gliedern fort; und das in Vereinigung mit dem Herrn getragene Leiden ist Sein Leiden, eingestellt in das große Erlösungswerk und darin fruchtbar.“ Diese große Deutung stammt von Edith Stein, 1942 in Auschwitz als Märtyrerin getötet. Bei ihr taucht die Theologie der Sühne zentral auf: „Aber was hatte denn die Versöhnung bewirkt? Nicht das Blut der geschlachteten Tiere und nicht der Hohepriester aus Aarons Geschlecht. [...] Dort, auf Golgotha, war das wahre Versöhnungsopfer vollbracht worden.“ Der Schlüsselsatz ihres eigenen Testaments lautet: „Schon jetzt nehme ich den Tod, den Gott mir zugedacht hat, in vollkommener Unterwerfung unter Seinen heiligsten Willen mit Freuden entgegen. Ich bitte den Herrn, dass Er mein Leben und Sterben annehmen möchte zu Seiner Ehre und Verherrlichung.“ Edith Stein reift in den Gedanken hinein, sich Gott für die Einfügung in ein unbekanntes Mosaik anzubieten. Von daher ist ihr inneres Leben, so sehr es Anzeichen einer großen Freude gibt, von dem Schleier eines

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nahenden, dunklen Geheimnisses verhüllt. Ihre eigene Sühne stützt sich dabei durchaus auf eine seelische Mitgift der menschlichen Natur und ist nicht lebensverneinend, gehorcht vielmehr einem bestimmten inneren Zug. Dennoch widersetzt sich dem, tiefer betrachtet, die selbstbezogene Kraft der Natur. Sühne ist exzessiv: Sie steigert nicht nur das eigene Leben, sie übersteigt es. Daher ist es naiv, sich einfachhin auf die seelische Kraft in diesem nicht ungefährlichen Vorgang zu verlassen. Stellvertretung. Die Frucht stellvertretenden Leidens lässt sich außerdem keineswegs einplanen. Es geht laut Edith Stein um das mühsame Einfinden in die „übernatürlichen Zusammenhänge des Weltgeschehens; das ist aber nur möglich bei Menschen, in denen der Geist Christi lebt, die als Glieder vom Haupt ihr Leben, seine Kraft, seinen Sinn und seine Richtung empfangen. [...] Nur aus der Vereinigung mit dem göttlichen Haupt bekommt menschliches Leiden sühnende Kraft.“

Wirksam. Sühne ist im Munde Edith Steins kein sentimentales Missverständnis, keine überlebte theologische Vokabel. Sühne ist das unerklärlich Wirksame im Gewebe des gemeinsamen Daseins. Edith Stein hat ein doppeltes Zeugnis vorgelegt: Sie hat Gott als den Lebenssteigernden erfahren, sie hat ihn auch als den Lebenfordernden erfahren. Dem Christen ist eine Möglichkeit eröffnet, die „die Welt nicht hat“: die Toten zu erreichen, Sühne für die Henker anzubieten, Heilung für die Opfer zu erbitten. Edith Stein, die neue Patronin Europas, hat in der Hingabe ihres Lebens noch im Grauen von Auschwitz an die Möglichkeit der Sühne geglaubt. Wir Nachgeborenen sind zur dauernden Antwort auf die Schuld der Vorfahren gezwungen – aber das befleckte Europa ruht auch auf den Schultern vieler Märtyrer. Und so betet der Rosenkranz-Sühnekreuzzug bis heute für den Frieden – in eigener willentlicher Hingabe. Ein Einsatz, der unberechenbar kostbar bleibt. l Hanna-Barbara Gerl-Falkovitz war Professorin für Religionsphilosophie und vergleichende Religionswissenschaft an der Technischen Universität Dresden. Heute lehrt sie an der PhilosophischTheologischen Hochschule Heiligenkreuz. Sie ist Mitherausgeberin der Gesamtausgabe der Werke von Edith Stein.

Die heilige Edith Stein, katholische Ordensfrau jüdischer Herkunft, wurde am 9. August 1942 in den Gaskammern von Auschwitz ermordet. Auf dieser Statue am Petersdom trägt sie die Tora-Rolle als Zeichen ihrer Herkunft und das Kreuz als Zeichen ihrer Theologie und ihres Schicksals. KNA


Ein Bild der Heimsuchung Mariens, entstanden um 1460. Wie damals oft üblich, wurden Jesus und Johannes auf Maria und Elisabeth aufgemalt. KUNSTSAMMLUNG STIFT KREMSMÜNSTER

Maria in der modernen Theologie

„Ich muss Maria werden“ Was heißt Marienverehrung heute? Der Dogmatiker Gisbert Greshake gibt dazu Hinweise aus der Heiligen Schrift und der Tradition der Kirchenväter. JOSEF WALLNER

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in Blick in die Geschichte zeige, dass die Marienverehrung ganz verschiedene Ausprägungen erfahren hat, erklärt Greshake. Man müsse sich bewusst machen: Vor der Verehrung der Mutter Jesu gab es schon die Verehrung der „Mutter Kirche“. Im 3. und 4. Jahrhundert sind dann „Mutter Kirche“ und Mutter Jesu zusammengewachsen. Die ursprüngliche Form der Marienverehrung besteht also in der Verehrung der Kirche, die in Maria ihre volle Gestalt gefunden hat. Greshake ergänzt: „Maria ist schon im Neuen Testament mehr als die leibliche Mutter Jesu. Sie steht für das Volk Gottes, wie sich unter anderem auch im Magnificat zeigt. Sie steht für die Kirche. Sie ist die Kirche in Person.“ Das „Kirchesein Mariens“ besteht in ihrem Glauben. „Maria ist die Glaubende schlechthin“, sagt der Dogmatik-Experte. Maria steht für die Kirche. Erst aus dieser ursprünglichen Sicht auf Maria entwickelte sich ein Verständnis, das sie mehr in ihrer Individualität wahrnahm, sozusagen als „privilegierte Heilige“. Die Marienverehrung schwankt im Lauf der Geschichte: Einmal werde Maria als Gestalt der Kirche betont,

dann stehe sie – so wie heute – wieder mehr als Königin aller Heiligen, als vollkommene Gestalt des Menschen im Mittelpunkt, resümiert Greshake. Um der aktuellen Situation der Kirche willen hält es der Professor für Dogmatik für notwendig, Maria als personale Gestalt der Kirche wieder in die Mitte zu stellen. Wenn es um die Kirche geht, wird immer wieder von Reformen gesprochen. – „Zu Recht“, wie Greshake betont. Aber es geht seiner Wahrnehmung nach in der aktuellen Debatte fast ausschließlich um die Reformen der Institutionen und um die Hierarchie. „Dass die Kirche nicht nur eine institutionelle Dimension hat, sondern vor allem eine personale, ist vielfach aus dem Blick geraten.“ Im Blick auf die Bibel und die Kirchenväter steht für ihn außer Frage, dass Kirche wieder eine marianische Gestalt annehmen muss. „Wir müssen wieder lernen, Kirche als Maria zu verstehen, nämlich als Glaubende in vollem biblischen Sinn.“ Das Zweite Vatikanische Konzil hat diese Sicht auf Maria der Kirche wieder zurückgegeben. Greshake hat aber den Eindruck, dass dieser Hinweis beim Volk Gottes noch nicht angekommen ist. Marienfeste. Was Maria als Kirche für jeden einzelnen Gläubigen bedeutet, zeigt Greshake beispielhaft an den Marienfesten des Kirchenjahres auf. Diese würden nicht auf den Privilegienstatus Mariens abzielen, sondern seien immer zugleich auch Christusfeste und Feste der Kirche. Hier verweist der Theologe auf den Apostel Paulus. Nach diesem besteht christliches Leben darin, dass Christus in den Gläubigen Gestalt findet. „Christus lebt in mir“, schreibt der Apostel Paulus. Greshake erklärt: „Es geht darum, dass mein Leben sich in die Christus-Gestalt umformt. Wenn man das ernst nimmt, kommt Maria ins Spiel, in

der ja der Sohn Gottes leibhaftige Gestalt angenommen hat. Deshalb tritt im Blick auf sie zu Tage, was den Kirchenvätern klar war: Wir müssen Maria werden. Ich muss Maria werden. Wie Maria muss Christus in mir Gestalt annehmen. Ihren Glaubensakt, der Hingabe an Gott und Gotteslob zugleich ist, haben wir uns zu eigen zu machen.“ Christus gewinne so durch die Gläubigen neue Gestalt – nicht nur für sie selbst, sondern auch für die anderen Menschen. Im Fest Mariä Heimsuchung (2. Juli) zeige sich das besonders deutlich: Die schwangere Maria trägt Christus „durch das Bergland“, das heißt durch die Welt, zu ihrer Verwandten Elisabeth. „Gerade dieses Fest ist für uns Christen, die wir heute immer mehr eine Minderheit werden, von höchster Wichtigkeit: Wir müssen wie Maria Christus in die Welt und zu den Menschen tragen“, sagt Greshake. Gebet. Das Ave Maria gehört für ihn als Grundgebet selbstverständlich zu seinem Tagesablauf. Auch den Rosenkranz schätzt er. Dieser ist für ihn ein Meditationsgebet, das er gerne bei langen Autofahrten betet. Trotz aller Aufmerksamkeit, die der Straßenverkehr verlangt, kann man die Geheimnisse des Lebens Jesu gut während der Fahrten im Auto betrachten. Er selbst hält den Rosenkranz für ein persönliches Gebet, weniger für ein Gemeinschaftsgebet. „Da muss aber jeder seinen eigenen Weg finden.“ Wichtig ist ihm aber, dass in die Struktur des Rosenkranzes Leben kommt: „Marienverehrung hat weniger mit fromm beten, sondern mit persönlicher Existenz zu tun: Ich muss Maria werden.“ l Gisbert Greshake war Professor für Dogmatik an der Universität Freiburg/Breisgau. Zu seinen Büchern gehört: „Maria ist die Kirche. Aktuelle Herausforderungen eines alten Themas.“

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70 Jahre Rosenkranz-Sühnekreuzzug

Gemeinschaft im Gebet

„Einheit in Christus“ lautete das Motto der Mariä-Namen-Feier 1969 in der Wiener Stadthalle.

Die Geschichte des Rosenkranz-Sühnekreuzzugs ist untrennbar mit Pater Petrus Pavlicek verbunden. Der Franziskanerpater erkannte nach dem Zweiten Weltkrieg das Bedürfnis nach Frieden und Freiheit – und fand den Weg der Buße, Umkehr und des Gebets. HEINZ NIEDERLEITNER

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etrus Pavlicek hat schon einen weiten Weg hinter sich, als er nach dem Zweiten Weltkrieg aus der Kriegsgefangenschaft heimkehrt. 1902 in Innsbruck als Sohn eines Militärbeamten geboren, verlor der auf Otto getaufte Bub früh seine Mutter. Als junger Mann nach dem Ersten Weltkrieg schlug er eine Karriere als Kunstmaler ein und verließ die Kirche. Erst als 33-Jähriger kehrte er zurück und trat bei den Franziskanern ein. Nach der Priesterweihe 1941 und dem Sanitätsdienst im Krieg wurde er als Seelsorger in einem Kriegsgefangenenlager bei Cherbourg (Frankreich) auch mit den geistigen Nöten der späteren Heimkehrer konfrontiert. Er erkannte die Notwendigkeit der Buße und der Umkehr, gerade nach den grausamen Kriegsjahren. Eingebung. Der Eindruck bleibt, als er nach Österreich zurückkehrt: Österreich ist besetzt und viele Menschen dürsten nach einem geistigen Fundament. Andere haben sich von

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Pater Petrus Pavlicek war der Gründer und langjährige Leiter des Rosenkranz-Sühnekreuzzugs. Die Madonna, die er aus Fatima nach Wien brachte, steht heute in der Franziskanerkirche in Wien.

Gott und der Kirche entfernt und es braucht eine Erinnerung an den Glauben. In Mariazell empfängt Pater Petrus eine Eingebung von Maria: „Tut, was ich euch sage, und ihr werdet Frieden haben.“ So reift in ihm eine Idee und am 2. Februar 1947 entsteht die Gebetsgemeinschaft des Rosenkranz-Sühnekreuzzugs. Das Beten um Frieden und Freiheit für das besetzte Österreich zieht die Menschen an. Die Zahl der Mitglieder wächst auf über 500.000 im Mai 1955. Und die Größe der Bewegung wird bei den jährlichen Sühneprozessionen in Wien rund um den Feiertag Mariä Namen (12. September) sichtbar. Im September 1955 steht dabei der Dank im Vordergrund: Österreich hat seinen Staatsvertrag erhalten (siehe Seite 10–11). Aus der Frühzeit rührt auch die enge Verbindung zum Marienwallfahrtsort Fatima her. Die Eingebung, die Pater Petrus in Mariazell empfangen hat, bringt er mit der Botschaft von Fatima in Verbindung. 1949 gelingt es ihm, von dort eine Statue nach Wien zu bringen. Sie steht heute in der Franziskanerkirche. Seit 1952 trägt sie eine Krone, zu der zahlreiche Spender nicht mit Geld, sondern mit persönlichem Schmuck beigetragen haben. Im Wandel. Doch 1955 stellt sich die Frage: Welches Ziel kann der Rosenkranz-Sühnekreuzzug nun, da Österreich seine Freiheit wiedererlangt hat, haben? Pater Petrus folgt dem Ratschlag, das, was bisher für Österreich erbeten wurde, nun für die ganze Welt zu erbitten. Aus Deutschland schließen sich


Einst und jetzt: Mariä-Namen-Prozessionen 1951 und 2016.

ARCHIV DES RSK (7); RUPPRECHT/KATHBILD.AT (1)

besonders viele Menschen nach dem Bau der Berliner Mauer 1961 der Gemeinschaft an – auch weil der spätere Bischof von Regensburg, Rudolf Graber, eifrig dafür wirbt. 1958 wird aus der Sühneprozession erstmals eine Feier in der neuen Wiener Stadthalle. Dort findet Pater Petrus auch die Möglichkeit, dem Fest jedes Jahr eine neue Gestalt zu geben: sowohl von der äußeren Gestaltung her als auch inhaltlich. Der Fokus gilt nicht nur verfolgten Christ/innen, sondern auch aktuellen Belangen. 1973 ist es die Einführung der Fristenlösung, die das Motto „Maria, rette das Leben!“ vorgibt. Aber auch im Laufe des Jahres ist Pater Petrus unermüdlich im Einsatz: Geistliche Begleitungen, Wallfahrten, Vorträge, Gottesdienste im ganzen deutschen Sprachraum füllen seine Tage. Der Rosenkranz-Sühnekreuzzug hat Außenstellen in Deutschland und der Schweiz errichtet. 1970 erleidet Pater

Petrus einen Herzinfarkt. Doch der Franziskaner macht weiter, ab 1976 unterstützt durch seinen Mitbruder Pater Benno Mikocki. Seine letzte Mariä-Namen-Feier erlebt Pater Petrus Pavlicek 1982. Am 14. Dezember dieses Jahres schließt er im Wiener Franziskanerkloster für immer die Augen. Für ihn läuft ein Seligsprechungsprozess in Rom. Das Anliegen bleibt aktuell. In seinem Testament wünschte sich Pater Petrus die Fortführung des Rosenkranz-Sühnekreuzzugs. Mit Pater Benno Mikocki und seit 2014 mit einem Vorstand unter der Leitung von Traude Gallhofer geht die Gebetsgemeinschaft heute in die Zukunft. Die beiden österreichischen Erzbischöfe, Kardinal Christoph Schönborn und Franz Lackner, sind ihre Protektoren. Äußerlich mag sich manches verändert haben. So finden die Mariä-Namen-Feiern mittler-

Broschüre des RosenkranzSühnekreuzzugs 1955 nach dem Staatsvertrag. Weitere Informationen: www.rsk-ma.at

weile im Wiener Stephansdom statt. Doch neben dem Gebet für den Frieden und für die Bekehrung der Menschen setzt sich der Rosenkranz-Sühnekreuzzug weiterhin für die Förderung einer Marienfrömmigkeit auf Basis der Bibel und im Einklang mit der Lehre der Kirche ein. Im Ganzen haben sich ihm im Laufe der 70 Jahre rund 2,3 Millionen Menschen aus 132 Ländern angeschlossen. Heute beten Hunderttausende mit. l

Auch Kardinal Franz König gehörte zu den Freunden des Rosenkranz-Sühnekreuzzugs (Bild links). Pater Petrus in Audienz bei Papst Paul VI. (Mittleres Bild, mit Pater Benno Mikocki) und bei Papst Johannes Paul II. (Bild rechts).

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FOTOS: RUPPRECHT/KATHBILD.AT(2), REUTERS

100 Jahre Fatima – 70 Jahre RSK In einer Zeit, die von Flüchtlingskatastrophen, kriegerischen Auseinandersetzungen, weltweiten Wirtschaftseinbrüchen und Terroranschlägen fast aussichtslos erschüttert ist, in dieser Zeit ist unschwer nachzuvollziehen, in welchem Zustand die Welt sich im Jahr 1917 befunden hat.

1917 • 1947 • 2017

Mitten im Unheil jener Epoche berührte im portugiesischen Fatima der Himmel die Erde: „Tut, was ich euch sage, und ihr werdet Frieden haben“ – in ­diesen einfachen Worten wandte sich die Gottesmutter an die Menschheit. Im Licht späterer Ereignisse sollten die Verheißungen von Fatima immer klarer erkennbar werden als bedeutendste prophetische Botschaft für unsere Zeit. Beten für den Frieden – nach diesem Wort gründete der Franziskaner P. Petrus vor 70 Jahren eine Gebetsgemeinschaft, die in ihren Hunderttausenden Mitgliedern viel Segen zu erbitten vermochte, zuerst für den ersehnten Frieden in Österreich, später über alle Grenzen hinweg. „Geeintes Gebet ist eine Macht, die Gottes Barmherzigkeit auf diese Welt herabzieht.“ (P. Petrus) Niemand kann Frieden erzwingen, wenige können ihn verhandeln, alle können ihn erbeten. Die Veranstaltungen im Jubiläumsjahr laden dazu ein.

ERZBISCHOF KARDINAL DR. CHRISTOPH SCHÖNBORN OP ERZBISCHOF MAG. DR. FRANZ LACKNER OFM SCHIRMHERREN DES RSK

Aktuelle Veranstaltungen zum Jubiläumsjahr finden Sie auf: www.rsk-ma.at

Ich möchte Mitglied des ‚Rosenkranz-Sühnekreuzzugs‘ werden und mit Hunderttausenden Gläubigen in aller Welt täglich wenigstens ein Gesätz des Rosenkranzes für den Frieden beten. Als Mitglied des RSK erhalten Sie u. a. regelmäßig die kostenlose Zeitschrift „Betendes Gottesvolk“. Ihre Mitgliedschaft ist kostenlos, es fällt kein Mitgliedsbeitrag an.

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