KiZ inpuncto 2/2012

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I. R.

Steiermark Tourismus/Harry Schiffer

WWW.sPain.info/de

märz 2012 april 2010

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Kirchenzeitung der Diözese Kirchenzeitung der Innsbruck Diözese Innsbruck

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Kirche bunt

23.03.2010 09:01:49


Ökumenische Pilgerwanderung auf dem Domitianweg in Millstatt.

jo hermann

Auf den Spuren der Psalmen

Mag. Manfred Sauer ist Superintendent der evangelischen Kirche Kärnten und Osttirol. „Wir haben miteinander gesungen und gebetet. Damit kamen in uns allen ganz neue Saiten zum Schwingen.“

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Eine andere Gangart einlegen. Pilgern liegt im Trend der Zeit. Aber was ist es, was die Menschen daran so fasziniert? Ist es Wohlstandsübersättigung, spirituelle Sinnsuche oder schlichtweg der Reiz, sich mit einfachsten Mitteln auf den Weg zu machen? Für ein paar Tage aus dem Alltagstrott auszusteigen und das, was sonst so wichtig erscheint, zurückzulassen und Neues, ja sich selber neu zu entdecken? Vermutlich ein Mix aus unterschiedlichen Erwartungen und Bedürfnissen. Auch die Evangelische Kirche hat in den letzten Jahren das Pilgern entdeckt und versucht mit ihren Mitteln an eine jahrhundertealte christliche Tradition anzuknüpfen. Das große Evangelische Projekt in Österreich ist der „Weg des Buches“ von Passau bis Agoritschach, der einladen möchte, sich auf den Weg der Bibel- und Bücherschmuggler der Zeit der Gegenreformation zu begeben. Pilgern heißt, eine andere Gangart einzulegen, zu entschleunigen. Sich Zeit nehmen! Um mit anderen zu gehen, um auf andere zuzugehen, um in sich zu gehen, um Stille und Gemeinschaft zu erfahren. Wer pilgert, macht sich auf den Weg in der Hoffnung, Impulse für den eigenen Glauben zu bekommen und im Überangebot und Überfluss, das Wesentliche zu erkennen. Im Juli letzten Jahres konnten Bischof Alois Schwarz und ich die Pilger auf dem Domitian-Pilgerweg rund um den ­Millstättersee spirituell begleiten. An besonderen Orten entlang des Weges wurden von uns Psalmen gelesen und ausgelegt. Wir haben miteinander gesungen und gebetet. Damit kamen in uns allen ganz neuen Saiten zum Schwingen. ●

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Rupprecht

Evang. Kirche Kärnten

Sie sind Wiederholungstäter. Am 22. Juni werden Superintendent Sauer und Bischof Schwarz wieder Pilger/innen auf dem Domitianweg begleiten. Die erste Wanderung kam toll an.

Dr. Alois Schwarz ist Bischof der Diözese Gurk-Klagenfurt. „Der Domitian-Pilgerweg in Millstatt lädt dazu ein, sich zu den großen Fragen des Lebens auf den Weg zu machen. Psalmen sind die Aufstiegshilfen.“

Aufstiegshilfe für die Seele. Pilgern ist eine alte, wieder neu entdeckte Form des Betens mit den Füßen. Es ist ein Unterwegssein mit dem Ziel, alte von Mystik geprägte Heiligtümer aufzusuchen. Nicht nur zu weltberühmten Pilgerorten sind heute die Menschen unterwegs, sondern auch zu kleinen kulturellen Kraftorten Gottes. In Kärnten haben wir mehrere Pilgerwege neu gestaltet. Der Domitian-Pilgerweg in Millstatt bietet eine besondere Herausforderung, nämlich sich zu den großen Fragen des Lebens auf den Weg zu machen: Wer bin ich? Woher komme ich? Wohin führen mich meine Schritte? Begleitet wird der Pilger, die Pilgerin mit Worten aus dem Buch der Psalmen, also jener Quelle, aus der Juden und Christen zu beten gelernt haben. Diesen Weg gehen evangelische und katholische Christen in ökumenischer Verbundenheit. Superintendent Manfred Sauer und ich dürfen die Worte der Heiligen Schrift dem pilgernden Gottesvolk deuten. Die Tafeln mit den Psalmworten sind wie eine Aufstiegshilfe für die Seele. Wie Rastplätze an der Sonne, und sie laden ein zum Verweilen und Innehalten. Man spürt, dass die Kraft des Wortes trägt. Gleichzeitig lässt die wunderschöne ­Landschaft das Herz aufatmen und den Menschen zu sich selbst kommen. ●


Schiweltmeister David Zwilling pilgerte 2010 von Arbing (Oberösterreich) nach Jerusalem

Im Dank gegangen Am 24. Juni ging er in Oberösterreich los. Als er am Weihnachtstag 2010 vor der Geburtskirche in Bethlehem stand, war die Freude riesig, sagt David Zwilling. Der Pilgerweg wurde auch zu einer Vergewisserung „meiner Lebensvision von einer gerechteren Welt“. Hans baumgartner

Geschenke auf dem Weg. 4500 Kilometer waren David Zwilling und seine Mitpilger unterwegs.

Wie kommt man auf die Idee, von ­Österreich nach Jerusalem zu gehen? Der Gedanke hat mich seit einer Israelreise mit der Pfarre Gars am Kamp immer wieder beschäftigt. In den Gärten der Bahais, einer Religion, die alle abrahamitischen Religionen verbindet, kam mir der Gedanke, wie schön wäre es, wenn das „Goldene Tor“ in Jerusalem wieder geöffnet wird: für Friede, Freude und Freiheit. Das Tor geht nur auf, wenn Christen, Muslime und Juden in Respekt miteinander leben. Und weil ich überzeugt bin, dass diese Sehnsucht viele Menschen teilen, dass aber ein Wandel nur von unten kommen kann, suchte ich nach einem Weg, exemplarisch zu zeigen: Wenn man offen aufeinander zugeht, tun sich über alle Grenzen hinweg neue Welten auf. Und wie wurde daraus ein Pilgerweg? Das ist im Lauf der Zeit gewachsen: Pilgern schien mir immer mehr ein Weg zu sein, sich der eigenen Vision, aber auch dem und den anderen ganz auszusetzen und zu erfahren, ob das gut geht, woran man glaubt. Dann stieß ich bei einem Seminar von Baldur Preiml, wo es darum ging, die eigene Seelenbotschaft zu entdecken, auf Johann Aschauer und Otto Klär. Ich fragte, was sie denn „verkaufen“. „Nichts“, meinten sie. „Wir planen eine große Fuß-

pilgerreise nach Jerusalem.“ Spontan fragte ich: „Nehmt ihr mich mit?“ Ihr „Ja“ war für mich ein Geschenk des Himmels. Innerhalb von drei Wochen musste ich abmarschbereit sein. Meine Frau Margarete glaubte mir erst, dass ich es wirklich ernst meine, als ich nach Wien fuhr, um mir die Visa zu besorgen. Und hat es Sie – bei Hitze, Staub und Regen – nie gereut? Nein. Denn wenn es wirklich manchmal hart war, dann half mir eine zusätzliche Motivation. Während der Vorbereitungszeit wurde in einem Salzburger Einkaufszentrum meine Enkelin Nora entführt. Da habe ich mir gesagt: Ich gehe den Weg entweder als Bitte oder als Dank. Nachdem sie dann nach wenigen Stunden gefunden worden war, haben viele meiner Schritte, gerade wenn es schwer war, einfach ein großes „Danke“ begleitet. Was waren für Sie die ­eindrücklichsten Erfahrungen? Ich möchte hier zwei Dinge nennen. Als wir losgingen, wussten wir nur, dass wir jeden Tag ca. 30 Kilometer gehen wollen. Der Rest war ungewiss. Und wir haben dann immer wieder erlebt: Wir sind geführt. Wir fanden rechtzeitig eine Unterkunft oder

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trafen Menschen, die uns weiterhalfen. Das Zweite war, obwohl wir uns oft nur mit Händen und Füßen verständigen konnten, die Erfahrung einer unwahrscheinlichen Gastfreundschaft. Da konnte man erleben, was in uns Menschen steckt, wenn wir dem Herzen folgen. Was haben Sie sonst noch ­mitgenommen von Ihrer Pilgerreise? Mich beschäftigt seit langem die Idee, wie eine menschen- und umweltfreundliche Wirtschaft, ein Zusammenleben in Solidarität und Gerechtigkeit ausschauen ­könnte. Um das konkret zu leben, habe ich die „good-world-company“ gegründet, die eine Art Regionalentwicklung nach klaren Regeln und Werten umsetzen will. Auf der Pilgerschaft hatte ich viel Zeit, das zu überprüfen. Und ich wurde mir immer sicherer, dieser Seelenbotschaft zu folgen. ●

Zur Person

David Zwilling wurde 1949 in Abtenau geboren. Er fuhr von 1969 bis 1975 im Schiweltcup. Bei der WM 1974 errang er die Goldmedaille in der Abfahrt und Silber im Slalom. Er gründete eine Lampenfirma und das David-Zwilling-Resort. Mehr über seine neuen Aktivitäten: www.zwilling.at

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Pilger-Psalm Unruhe Der Ruheplatz wird Unruheplatz. FORTGEHEN. Aber: Geht einer mit? ??? Gehen? Wohin? Welchen Weg? Wie weit, wie gefährlich? Und doch muss es LOSGEHEN. Es heißt ja: Du gingest mit. Aufbruch Endlich erste Schritte, mutig (oder zögernd). VORWÄRTSGEHEN. Ja, Du – Du gehst voran! Unterwegs

en Schritt suchen, die Welt finden. D Doch immer WEITERGEHEN. Nur Du bleibst stets neben mir.

Stolperstein Vorsicht! – Fast schon zu spät. Es darf nur nicht ABWÄRTSGEHEN! Doch ... der mich hält: wieder Du. Gemeinschaft Wie gut! – Weggefährten, Lebensgefährten. Schön, GEMEINSAM zu GEHEN! Und Du mitten unter ihnen. Rast Nur einmal rasten, angenehm warm! Zu warm? Von hier wieder WEGGEHEN? Ach ja, doch: Du wartest. Wüste Plötzlich einsam, dunkel und kalt. Nur nicht IRREGEHEN! Aber Du – fast unbemerkt: vor, hinter, in mir. Erschöpfung Müde, durstig, die Kraft verbraucht. Noch immer NUR GEHEN. Doch ... der mich stützt, mich trägt: immer Du. Heimgehen Ein Licht! Das Ziel? Nur darauf ZUGEHEN. Und ... DU ... nimmst mich auf. Text: Dr. Markus Schlagnitweit Bild: Steiermark Tourismus/Harry Schiffer

Buchtipp: Markus Schlagnitweit. Boden unter den Füßen. Aufforderung zur Unruhe. Styria-Premium, 19,99 Euro. Der Priester, Sozialethiker und Fußreisende Markus Schlagnitweit bringt darin scharfsinnig wie streitbar biblische Gedanken-Gänge.

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Von Santiago de Compostela nach Mariazell

Manchmal verändert Pilgern auch das Leben Jede Pilgerreise ist anders, hält andere Überraschungen und Geschenke bereit. Manchmal kommt es auch vor, dass eine Pilgerreise das Leben ziemlich verändert. Mir ist das passiert. Aus einer Gymnasiallehrerin wurde eine begeisterte Pilgerin und Pilgerbegleiterin. Zsófia Gáll

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s war im Sommer 2005: da lief ich mit meiner Kollegin zu Fuß zum Grab des heiligen Jakob – 700 Kilometer durch Spanien auf dem Jakobsweg nach Santiago de Compostela. Die vierwöchige Pilgerreise zähle ich zu den bedeutendsten Erlebnissen meines Lebens. Dann wurde ich zum „richtigen“ Pilger, Homo viator, der sein ganzes Leben als eine Pilgerreise auffasst. Damals ahnte ich noch nicht, dass dieser Weg der

Anfang einer neuen Lebensepoche und Vorbereitung eines neuen Auftrags war. Teilen. Nachdem wir vom Camino zurückgekehrt waren, wollten wir unsere Erlebnisse und Erfahrungen mit unseren Freunden und Bekannten teilen. Der Reisevortrag mit unseren besten Fotos und mit unserem persönlichen Zeugnis berührte viele Menschen so, dass wir immer wieder zu weiteren Vorträgen in ganz Ungarn und auch über der Grenze eingeladen wurden. Damit begann u ­ nsere „Pilgermission”, die uns sehr viel Spaß machte, da unsere Pilgererlebnisse durch die Vorträge immer wieder hervorgerufen wurden, andererseits waren wir sehr froh, über das Gebet der Füße, über die heilende Kraft des Pilgerns sprechen zu können. Perlenweg. Schon auf dem Camino machten wir uns Gedanken darüber, wie gut es wäre, einen dem Camino ähnlichen Pilgerweg in Ungarn auszubauen, damit man auch in unserer Heimat die Möglichkeit hat, sich auf eine längere Pilgerreise zu begeben. Nach kurzem stellte es sich heraus, dass diese Idee nicht nur uns einfiel. 2006 wurde die ca. 760 km lange Via Margaritarum (Perlenweg, www.viamargaritarum.info) angekündigt, die die beiden für Ungarn sehr

bedeutenden Wallfahrtsorte MátraverebélySzentkút und Mariazell verbindet. Wir schließen uns an den Gründer des Weges, Csaba Kató an, und halfen ihm zuerst bei der Markierung des Weges, später wurden wir Gründungsmitglieder des Via Margaritarum Pilgervereins, der sich die Markierung und Pflege der Route, die Wiederbelebung der mittelalterlichen Pilgertraditionen und die Popularisierung des Pilgerns zum Ziel setzte. 2008 übernahm ich die Leitung des Vereins und wurde freiwillige Koordinatorin des Perlenweges. Der Weg entwickelt sich langsam ausschließlich mit Hilfe von Freiwilligen, die uns mit ihrer Arbeit oder mit Spenden unterstützen. Obwohl ein guter Teil des Weges noch nicht markiert ist, können die unternehmungslustigen Pilger aufgrund der Wegbeschreibungen und GPS-Tracks ans Ziel kommen. Im Vergleich zum Jakobsweg hat unser Weg ein spezifisches Element: er bietet auch einen geistlichen Bogen den Pilgern an, damit sie ihren Weg seelisch bereichert gehen können. Wir folgen dabei den „Perlen des Lebens“ (siehe Kasten) Unterwegs. Seit 2008 organisiere ich jedes Jahr Pilgerreisen für Gruppen, an deren einzelnen Tagen je eine Perle des

Ungarische Pilger/innen auf den staubigen Pfaden des „Perlenweges“ durch Ungarn und auf den sanften Hügeln der „Via Sacra“ in Niederösterreich.

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Meditationskranzes behandelt wird. Die gewünschte Teilnehmerzahl ist bei dieser Art und Weise von Pilgern zehn bis 20 Personen. In den letzten beiden Jahren machten wir den ganzen Weg in 33 bis 35 Tagen mit Gruppen, wo sich die insgesamt 100 Teilnehmer/innen unterwegs abgewechselt haben. Manche gingen den ganzen Weg mit, andere ein, zwei Tage oder eine Woche. Besonders freut uns, wenn sich uns in den Dörfern, die wir durchqueren, weitere Menschen spontan für eine Wegstrecke anschließen. In vielen Dörfern geben uns die Bürgermeister auch eine Schleife für unsere Pilgerfahne mit, auf der ihr Ortsname steht. Das ist ein Zeichen, dass wir als Pilger nicht nur für uns selbst unterwegs sind, sondern dass wir im Herzen und im Gebet auch die Anliegen der Menschen, die uns auf dem Weg begegnen, mittragen. Mariazell. Man kann sich leicht vorstellen, wie berührend und schön es war, nach fünf Wochen Wanderung in Mariazell anzukommen. Als Gruppenleiterin ist es ein wunderbares Gefühl, zu sehen, wie schnell das gemeinsame Ziel aus den unterschiedlichsten Menschen eine Gemeinschaft bildet, wo man einander gegenseitig fördert. Das größte Ergebnis einer Pilgerreise ist aber, wenn die Pilger auf dem Weg ihre Ruhe, ihren persönlichen Frieden, ihren Kontakt zu Gott und zu sich selbst finden. Ich glaube fest daran, dass man nach einem Pilgerweg als ein anderer Mensch nach Hause kehrt. Ansteckend. Es ist sehr erfreulich, dass zur Zeit in Ungarn auch andere Pilgerwege entstehen, die unser Land in den Kreislauf des europäischen Pilgerwegnetzes wieder einbinden, so etwa der ungarische Jakobsweg, der von Budapest bis Wolfsthal in Niederösterreich führt. In den letzten Jahren sind auch ein Marienweg, ein Elisabeth- und ein Martinsweg entstanden. Hoffentlich werden diese Wege dazu beitragen, dass sich viele Menschen auf den Weg machen – zu Gott, zu sich selber und zu ihren Mitmenschen. ●

Zsófia Gáll am ende ihres Pilgerwege vor Mariazell. Als erste Ungarin absolvierte sie im vergangenen Jahr die Ausbildung zur Pilgerbegleiterin an der Via Sacra. Zsófia gáll (34) lebt in Budapest und unterrichtet am Zisterziensergymnasium St. emmerich Deutsch und latein. gall (4), winterSteller

Perlen des Lebens Als der schwedische evangelische Bischof Martin Lönnebo im Jahr 1996 mehrere Tage wegen Sturms auf einer griechischen Insel festsaß, beobachtete er die Fischer, die während des Wartens unermüdlich mit ihren Kombologia spielten. Das brachte ihn dazu, eine Art „Rettungsring“ aus Perlen zu entwerfen. Daraus entstand für ihn persönlich ein „Gebetskranz“ mit 18 Perlen, die an Gott, an die Taufe, die Stille, die Wüste, die Gelassenheit, die Liebe, an die Auferstehung, aber auch an Geheimnisvolles und Nacht erinnern. Seit dem Ökumenischen Kirchentag in Berlin 2003 verbreiteten sich die „Perlen des Lebens“ (Perlen des Glaubens) in vielen europäischen Ländern als spiritueller Lebensbegleiter. Die Perlenkette verbindet Gott und den Lebensweg des Menschen. Deshalb ist sie auch ein idealer Pilgerbegleiter, meint Zsófia Gáll. „Mit unserem ‚Perlenweg‘ möchten wir diesen Schatz aufgreifen und damit auch ein ökumenisches Zeichen setzen.“ Ihr „Liebling“ ist die blaue Perle der Gelassenheit, die uns daran erinnert, dass wir in Gottes Hand geborgen sind. „Das war vielleicht auch die wichtigste Erfahrung auf meinen Pilgerreisen: Immer auf Gott vertrauen.“

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Von Annaberg nach Mariazell. Petra Zeh ist diesen Weg schon als Kind gegangen

Wer unterwegs ist, trifft irgendwann Gott Gewählte Bürgermeisterin und ausgebildete Pilgerbegleiterin: Petra Zeh aus Annaberg erzählt von der Faszination des Pilgerns und der großen Wallfahrtstradition ihres Heimatortes. Josef Wallner

Petra Zeh während der Ausbildung zur Pilgerbegleiterin, die sie mit zwei weiteren Annabergern machte. Wintersteller (2)

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in Leben ohne Pilgern und Wallfahrtsbetrieb kann sich Petra Zeh nicht vorstellen. Sie ist in Annaberg (Niederösterreich) aufgewachsen, einem Wallfahrtsort zwanzig Kilometer südlich von Mariazell. In der Kirche von Annaberg beginnt seit Jahrhunderten die letzte Tagesetappe auf der Via Sacra, der ältesten Pilgerroute zur „Großen Mutter Österreichs“: Annaberg, Joachimsberg, Josefsberg, Mariazell. Zehs Eltern führten ein Gasthaus, in dem Wallfahrer einen beträchtlichen Teil der Gäste ausmachten. „Wenn man in Annaberg lebt, ist Pilgern etwas ganz Natürliches“, sagt sie lachend: Selbstverständlich ist die Begegnung mit Pilgern und dass man auch selbst pilgert. Jährlich ging sie mit ihren Eltern nach Mariazell, unternahm mit dem Maturazeugnis in der Tasche eine Dankwallfahrt und ebenso nach der Geburt jedes ihrer drei Kinder. Ein Kuss für Anna. Mit der wachsenden Bedeutung von Mariazell wurde auch Annaberg immer bedeutender. Schon Anfang des 13. Jahrhunderts bauten Lilienfelder Mönche auf dem 973 Meter hohen Tannberg eine Kapelle zu Ehren der heiligen Anna: als Andachts- und Raststätte auf dem Weg nach Mariazell. Annaberg wurde aber bald mehr als eine Labstelle. Der Ort bildete ein eigenes Ziel: wenn auch nur Etappenziel, so doch mit eigenständigem geistlichen Schwerpunkt. Das zeigt sich deutlich am Brauchtum. Die Wallfahrer wechselten am Fuß des Tannberges ihre Kleider und zogen in den heimischen Trachten, die Mädchen oft mit Blumenkrönchen am Kopf, hinauf zur Annakirche. Zur Blütezeit der Wallfahrt um 1900 kamen jährlich an die 150.000 Pilger nach Annaberg, zogen feierlich in die Kirche ein und stiegen über eine Treppe zur Figurengruppe des prächtigen barocken Hochaltars hinauf. Die Holzplastiken zeigen „Anna Selbdritt“ (Maria, Jesus und Marias Mutter Anna). Die Wallfahrer küssten die Statuen und flüsterten der heiligen Anna ihre Anliegen ins Ohr. Diese Tradition hat sich bis heute erhalten. Besonders am Festtag der heiligen Anna, am 26. Juli, vertrauen

die Menschen der Großmutter Jesu ihre Bitten und Sorgen an. Da Anna als Patronin der Mütter, der Ehe, der Hausfrauen und des Kindersegens verehrt wird, kennt die Gnadenstatue von Annaberg vermutlich Millionen von Familienschicksale aus Österreich und der ganzen ehemaligen Monarchie. Nicht Mode, sondern Überzeugung. Seit 2002 ist die gelernte Krankenschwester Zeh Bürgermeisterin der knapp 600 Einwohner zählenden Gemeinde. Neben der Landwirtschaft wird die Gemeinde vom Tourismus geprägt. Doch nicht, um für den Fremdenverkehr Impulse zu setzen – das darf natürlich auch sein –, beschäftigt sie sich mit dem Thema Pilgern, sondern weil es ihr ein persönliches Anliegen ist. Noch bevor Pilgern „in“ wurde und boomte, machte sie sich schon gemeinsam mit ihrem Mann und manchmal auch mit Verwandten auf den Weg. Besonders in Erinnerung blieb ihr, als sie das erste Mal die Via Sacra von Wien nach Mariazell gegangen ist. Sie gilt als die berühmteste und traditionsreichste Pilgerroute nach Mariazell, da sie auch Kaiser und Fürsten benutzten. Sie und ihr Mann, ein Arzt, hatten lange in Wien gelebt. Oft fuhren sie mit dem Auto die Strecke Annaberg – Wien. Doch zu Fuß hat sie den Weg ganz anders erlebt: „Das schweißt zusammen.“ Inzwischen ist sie auch eine Reihe anderer Wege gegangen: von St. Anna bei Hartberg in der Steiermark nach Annaberg oder vom Stift Seitenstetten (NÖ) nach Mariazell. Unterwegs mit dem Pilgerstab. Als im Vorjahr vom Katholischen Bildungswerk St. Pölten und niederösterreichischen Tourismusverbänden eine Ausbildung zur Pilgerbegleiterin angeboten wurde, sah sie darin eine gute Gelegenheit, ihre Erfahrungen zu vertiefen. Begeistert erzählt sie von dem fünfteiligen Kurs, den noch drei weitere Bewohner von Annaberg mit ihr im September 2011 abgeschlossen haben. Die ganz praktischen Kenntnisse von Kartenlesen und Navigation waren ebenso Thema wie die Gestaltung des Pilgerstabs oder die Planung eines Tages mit der Einteilung der Etappen,


Pilgern macht Die Motive, warum sich Menschen auf den Weg machen, können sehr unterschiedlich sein, meint der Pilgerprofi Toni Wintersteller. Aber ganz gleich, ob jemand einen sportlichen Zugang hat, einen religiösen, oder einfach nur Zeit für sich haben will, Pilgern macht etwas mit den Menschen. Wintersteller sieht mehrere Aspekte: Offen. Sich öffnen für neue Menschen und Kulturen, für Überraschungen und die kleinen Geschenke am Weg; Begegnung ohne Unterschied von „Rang“, Alter oder Herkunft. Gesund. Auf dem Pilgerweg erleben Menschen oft erstmals, dass sie sich trotz Anstrengung und Müdigkeit erstaunlich gut regenerieren können.

Über eine steile Stiege können die Pilger zum Hochaltar-Bild von Annaberg emporsteigen und Anna (rechte Statue) ihre Anliegen ins Ohr flüstern, erklärt Bürgermeisterin Petra Zeh. Wallner

geistlichen Impulsen und der Behandlung von Blasen. Oder die banal klingende Frage, die aber alles andere als banal ist: Wie gehe ich mit einer Gruppe in eine Kirche hinein – und zwar so, dass die Pilger die Ausstrahlung dieses Raumes spüren können. Da kann Zeh auch ihr musikalisches Talent einbringen. „Wenn wir beim Pilgern in eine Kirche kommen, singen wir immer – vom Vaterunser bis zum Jodler“, sagt die Frau Bürgermeister, die in der Musikkapelle Annaberg Klarinette spielt. Dem Schöpfer nahe sein. Man könnte lange über die Unterschiede zwischen Wandern, Pilgern und Wallfahren philosophieren. Petra Zeh möchte sich nicht in diese Diskussionen verstricken: „Wenn man zu Fuß in unserem Land unterwegs ist, trifft man irgendwann Gott.“ Man kommt an Kapellen vorbei, schaut in die eine oder andere Kirche hinein und lässt sich auf die Natur ein. Beim Unterwegssein macht sie Erfahrungen, die ihr einfach guttun und Kraft geben, erzählt sie. Das Pilgern werde ihr zur Erinnerung daran, dass Gott ihren Lebensweg mitgeht. Das Gehen hilft ihr, sich auf Gott einzulassen und sich in seine Hände zu begeben. Die Natur trägt das ihre dazu bei: „Man nimmt die Schöpfung auf und kommt dem Schöpfer nahe.“ Zuletzt

weist sie noch auf die Gemeinschaft hin, die beim Pilgern entsteht. Oft reicht schon das Nebeneinandergehen, dass man einen Tiefpunkt überwindet, dann wieder ist es schön, mit jemanden sprechen und sich austauschen zu können. Ihre Pilgererfahrungen fasst sie in dem Satz zusammen: „Wenn ich einige Tage aus der Hektik des Berufs und des Alltags aussteige und zu Fuß unterwegs bin, nehme ich immense Kraft mit nach Hause.“ Mit Kindern pilgern. Annaberg will den Pilgergruppen kompetente Ansprechpartner und Angebote bieten. Darum beteiligen sich die ausgebildeten Annaberger Pilgerbegleiter auch an der österreichweiten vorösterlichen Eröffnung der Pilgersaison. Sie laden auch ein, ein Stück auf der Via Sacra zu gehen. Zwei Pilgertage führen vom Ausgangspunkt in Hinterbrühl bei Wien über Heiligenkreuz nach Kleinmariazell. Im Sommer schreibt Petra Zeh nicht alltägliche Pilgertage aus. Unter dem Motto „Mit der Familie zur heiligen Familie“ wird sie mit Kindern, Eltern oder Großeltern von Annaberg nach Mariazell gehen – in kindgemäßem Tempo, aufgelockert mit Spielen und Basteln und mit Übernachtung am Josefsberg. ● Informationen: www.annaberg.info

Einsichtig. Pilgern ist auch eine psychische Herausforderung, weil auf dem Weg viele Dinge im Leben Schritt für Schritt auf den Prüfstand kommen. Bei jeder etwas längeren Pilgerwanderung gibt es Phasen des Abstand-Nehmens, der Krise und des Neuaufbaus. Maßvoll. Pilgern hat auch einen sozialökologischen Aspekt. Die Frage, was brauche ich wirklich, stellt sich sehr spürbar, wenn zu viel im Rucksack ist. Pilgern ist das Gegenprogramm zu „Geiz ist geil“Habenmüssen.

Ausbildung für Pilgerbegleiter/innen 5 Module: Aufbruch – Gehen – Unterwegssein – Ankommen – Dasein Start: 14. September 2012 Orte: Bildungshäuser in Oberösterreich Kosten: 870 Euro + Übernachtungskosten Ausbildungsleitung: Christine Dittlbacher MAS Inhalte: Tradition und Geschichte des Pilgerns, Anbieten von spirituellen Impulsen, Grundlagen von Begleiten und Führen, Erfahrungsangebote Anmeldung: bis 12. August 2012 Nähere Infos: www.kbw-ooe.at

Katholisches Bildungswerk der Diözese Linz Kapuzinerstr. 84, 4020 Linz, Tel: (0732) 76 10 – 32 14 E-Mail: georg.wasserbauer@dioezese-linz.at

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Unterwegs nach Mariazell auf einem der ältesten Pilgerwege Österreichs

Auszeit für Sinne und Seele

Die Via Sacra, die Wallfahrtsroute von Wien nach Mariazell, gilt als ältester Pilgerweg Österreichs. Aber auch Pilger aus dem slawischen und ungarischen Sprachraum nützen diese Wallfahrtsroute seit über 800 Jahren. Die ersten Etappen des neu beschilderten Weges führen durch das beschauliche Hügelland des Wienerwaldes. Schon bald erreicht man die ursprünglichen Flusstäler und Berglandschaften im Mostviertel. Die Dörfer entlang der Strecke sind klein und familiär, genauso wie die Quartiere. Dieses Flair, eingebettet in die schöne Voralpenlandschaft, lädt zum Verweilen und Innehalten ein und trägt wesentlich zum einzigartigen Erlebnis einer Pilgerreise entlang der Via Sacra bei.

relle Höhepunkte an der Strecke sind die Stifte Heiligenkreuz und Lilienfeld sowie die Wallfahrtskirche Annaberg und die Kirche Klein-Mariazell mit dem ehemaligen Kloster. Dazwischen reihen sich Bildstöcke, Kapellen und kunsthistorisch bedeutsame Kirchen. Um die Strecke zu bewältigen, braucht man kein routinierter Pilger zu sein. Es handelt sich um eine überwiegend einfache Talwanderung mit vielen kunsthistorisch und volkskundlich interessanten Stationen.

Genussvoll Fraulenzen Heuer neu angeboten werden auf der Via Sacra und dem Wiener Wallfahrerweg thematische Pilgerwanderungen wie zum Beispiel das n    Genusspilgern für die Seele – Pilgern mit Genuss am Wiener Wallfahrerweg 06, n    Fraulenzen: WeiberWandern nach Mariazell (spezielles Angebot nur für Frauen) oder n    Pilgern auf den Spuren großer Philosophen: Unterwegs mit Sokrates.

Via-Sacra-Gastgeber Die besten Adressen zum Einkehren und Übernachten sind die 33 zertifizierten Via-Sacra-Gastgeber: Sie heißen Pilger mit einem Getränk oder einem Imbiss willkommen, bieten Trockenmöglichkeiten für die Kleidung und stellen zeitig ein Frühstück bereit. Sie sind bei der Routenplanung behilflich und organisieren auf Wunsch auch einen Gepäcktransport.

„Heiliger Weg“: zwischen Bildstöcken, Kapellen und kunsthistorisch bedeutsamen Kirchen Mostviertel Tourismus/weinfranz.at

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Wiener Wallfahrerweg 06. Um den Mariazellpilgern eine Alternative zur Via Sacra zu bieten, legte der Alpenverein ab 1975 den mit Nr. 06 markierten Wiener Wallfahrerweg an. Der etwas anspruchsvollere 120 Kilometer lange Weg führt in vier Tagen durch unberührte Wald- und Wiesengebiete nach Mariazell. Ausgangspunkt für den Wiener Wallfahrerweg ist die Pfarrkirche in Perchtoldsdorf (gelbe Beschilderung) und verläuft bis Kaumberg nahe der Via Sacra. Die weitere Strecke führt abseits der historischen Wallfahrerstraße auf markierten Wanderwegen und Nebenstraßen. Dazu gibt es auch mehrere Varianten, die landschaftliche Höhepunkte berühren. Für die Bewältigung der Strecke, die bei sportlicher Gehleistung vier Tage zu je rund 30 Kilometer umfasst, ist entsprechende Ausdauer erforderlich. Die Wanderwege im Wienerwald sind leicht zu gehen, durchaus anspruchsvoll sind hingegen die Wege in den alpineren Gebieten. Auszeit. Ein Grund, warum sich Frauen und Männer auf den Pilgerweg begeben, ist der Wunsch nach einer „persönlichen Auszeit“. Auf Gewohntes verzichten, mit wenig Gepäck auskommen und sich den körperlichen und geistigen Anstrengungen stellen. Für sie liegt der Reiz im Gehen und in der Begegnung mit der Natur. Und darin – in der Schönheit und im Abwechslungsreichtum der Landschaften – liegt auch ein Grund, ­warum die Via Sacra und der Wiener Wallfahrerweg heute wieder so beliebt sind. ●

Via Sacra. Die 125 Kilometer lange „Heilige Straße“ beginnt in Hinterbrühl. Die aktuelle Wegführung berührt die historischen Wallfahrerstationen, verläuft dazwischen aber größtenteils abseits der Straße. Kultu-

Detaillierte Informationen und den kostenlosen Folder dazu erhalten Sie bei: Mostviertel Tourismus GmbH Adalbert-Stifter-Straße 4, 3250 Wieselburg, Tel.: 074 16/521 91 info@viasacra.at, www.viasacra.at

Die Strecke ist leicht in vier bis fünf mäßig anspruchsvolle Tagesetappen einzuteilen.

entgeltliche EINSCHALTUNG

Mariazell ist der bekannteste Pilgerort in Österreich. Von tausenden Gläubigen wird er jedes Jahr besucht. Besonders die Mariazellerwege von Wien aus erfreuen sich hoher Beliebtheit. Die Gründe für eine Pilgerreise sind vielfältig. Manche suchen die Nähe zum Göttlichen, vielleicht auch einen neuen Zugang zum christlichen Glauben. Andere die Schönheit der Natur, das einfache Leben, die Langsamkeit.


Pilgern macht offen für Gott, für Menschen und Kulturen – und für eine grenzüberschreitende Zusammenarbeit.

Steiermak Tourismus/peter Himsl

Pilgern belebt Europa Pilgern überwindet Grenzen – nicht nur die eigenen, auch jene von Ländern und Kulturen. Toni Wintersteller sieht Pilgern auch als europäisches Projekt. Hans Baumgartner

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rei Wochen war Toni Wintersteller im vergangenen Jahr mit einem Freund auf dem westlichen Jakobsweg nach Santiago unterwegs. Zeit, um auch darüber nachzudenken, wie nach seiner Pensionierung als Referent für Tourismuspastoral der Erzdiözese Salzburg sein seit Jahren gewachsenes Engagement für die Belebung des Pilgergedankens und der Pilgerwege in Zukunft ausschauen soll. Der Start. Begonnen hat alles vor zehn Jahren, als er meinte, es sei zu wenig, „dass wir uns zwischen Kirche und Tourismus bloß ein paar Freundlichkeiten ausrichten. Ich wollte eine echte Zusammenarbeit an konkreten Projekten, wo jeder seine Ressourcen und Kompetenzen einbringen kann. Das wachsende Interesse am Pilgern war da ein idealer Anknüpfungspunkt.“ Wintersteller ist überzeugt, dass Pilgern nicht nur ein Schatz für ein paar Auserwählte ist, die etwa den

Camino in Spanien gehen. Pilgern sollte auch vor der Haustüre möglich sein. Daraus ergaben sich die ersten Jakobswegprojekte in Salzburg und Tirol. Tourismusverbände, Gemeinden und Pfarren konnten zur grenzüberschreitenden Zusammenarbeit gewonnen werden. Von den Ländern und der EU gab es Fördergelder, um die Wegverläufe auszuzeichnen und die notwendige Infrastruktur zu schaffen. 2005 konnte der Jakobsweg von der oberösterreichischen Grenze bis nach Innsbruck eröffnet werden. Gleichzeitig hat Wintersteller damals den ersten Ausbildungskurs für Pilgerbegleiter/ innen gestartet. Ihm war wichtig, dass „wir uns hier als Kirche gerade mit unseren spirituellen Möglichkeiten gut einbringen“. Das Projekt hat inzwischen österreichweit Schule gemacht. Grenzen. Eine Pilgerbeleiter/innen-Ausbildung für die Jakobswege im Bodenseeraum, zur der Wintersteller eingeladen wurde,

Toni Wintersteller ist Projektleiter von „Pilgern in Österreich“ und Mitglied des Netzwerkes europäischer Jakobswege. Peter Galler

war auch der Sprung über die Grenze. Seit mehr als fünf Jahren gibt es eine wachsende Zusammenarbeit der mitteleuropäischen Jakobswegsvereine. Dass dabei auch eine Reihe ehemals osteuropäischer Länder eingebunden werden konnte, freut Wintersteller besonders. Er hofft, dass Pilgern dadurch einen Beitrag leisten kann, die immer noch in den Köpfen und Herzen vorhandenen Grenzen zu überwinden. Befruchtend. Besonders eng ist die Zusammenarbeit derzeit mit Pilgervereinen in Ungarn und Slowenien, die auch durch das EU-Projekt „Pilgrimage europe“ gefördert wird. „Für uns ist das schon sehr spannend, dass in diesen Ländern seit einigen Jahren eine lebendige Pilgerbewegung gewachsen ist, die vor allem von Ehrenamtlichen getragen wird. „Der gegenseitige Austausch ist sehr befruchtend“, meint Wintersteller. „Gerade wegen der unterschiedlichen Standards und Voraussetzungen ergibt sich immer wieder ein spannender Lernprozess. So etwa können wir mit unserer vor fünf Jahren geschaffenen österreichweiten Pilgerplattform (www.pilgerwege.at) wichtige Vernetzungsimpulse geben, während wir etwa von den Ungarn lernen können, wie es ihnen gelingt, das Pilgern gerade an jüngere, suchende Menschen heranzutragen.“ Auch deshalb bleibt Wintersteller weiter auf den spannenden österreichischen und europäischen Pilgernetzwerken unterwegs. ●

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Pilgern in Österreich www.pilgerwege.at Jakobswege (Hauptrouten): ost-West-route: Wolfsthal – Wien – Krems – linz – Salzburg – lnnsbruck nach Feldkirch Südroute: graz – Marburg (Slo) – Villach – Brixen (i) – Brenner nach innsbruck Jakobswege (weitere Varianten): Jakobsweg Böhmerwald: Krumau (cZ) – Passau (D) – Salzburg Jakobsweg Weinviertel: 154 km von Mikulov (cZ) – Krems Jakobsweg Weststeiermark: 153 km von Thal bei graz nach lavamünd Marienwege nach Mariazell: 7 Mariazellerwege von Burgenland, Nieder- und oberösterreich, Salzburg, Kärnten und der Steiermark sowie der gründerweg aus St. lambrecht (188 km in 6 Tagesetappen); von Marija Bistrica (Hr) – Slowenien – graz nach Mariazell Hemma Pilgerwege: 3 Hauptrouten von Sveta Ana (ca. 160 km), crna (148 km) und Admont (173 km) sowie fünf Nebenrouten führen sternförmig an das grab der heiligen Hemma in gurk.

Weg des Buches: Der 500 km lange „Bibelschmugglerweg“ führt in 29 Wegetappen von Passau durch das Salzkammergut bis an die slowenische grenze nach Agoritschach

Leonhardsweg in Salzburg: 130 km in 6 Tagesetappen vom Salzburger Dom nach St. leonhard bei Tamsweg/lungau Marienpilgerweg in Kärnten: Verbindet auf 266 km einige der schönsten und bekanntesten Marienkirchen Kärntens und führt in 10 Tagesetappen von Maria rojach im lavanttal nach Maria luggau im lesachtal.

Via Sacra und Wiener Wallfahrerweg Nr. 06: 125 km von Wien/Umgebung in 4 bis 5 Tagesetappen nach Mariazell

Wolfgangweg: 273 km in 10 bis 12 Tagesetappen auf den Spuren des heiligen Wolfgang von regensburg über Altötting nach St. Wolfgang

Von Ungarn und Slowenien nach Österreich

Benediktweg: Der nach dem ordensgründer benannte Weg verbindet auf 240 km in 11 Tagesetappen mehrere berühmte Benediktinerklöster in oberösterreich, der Steiermark, in Kärnten und Slowenien.

Wolfgangweg

Marienweg in Salzburg: 125 km vom Pass Thurn in 6 Tagesetappen über Stuhlfelden über embach und Maria Alm nach Maria Kirchental

Via Nova – europäischer Pilgerweg: 680 km von Tschechien kommend über Mauth – Vilshofen nach St. Wolfgang

St. Rupert Pilgerweg: 240 bis 270 km langer Weg in 12 Wegetappen von Altötting – Salzburg – Seekirchen – St. gilgen – Bischofshofen auf den Spuren der christianisierung des landes. Das rupertkreuz, Symbol des Weges, ist das älteste sakrale Kunstwerk Österreichs.

Via Nova

Donau-Alpen-Adria Radpilgerweg: Der radweg (520 km) verbindet in 4 Wegetappen entlang der Via-Julia-Augusta, der alten römerstraße, einige der bedeutendsten Marienwallfahrtsorte zwischen Donau und Adria: Passau – Altötting – großgmain – Mariapfarr – Maria gail nach grado/Barbana (i)

Maria UT – Marienweg: 1.400 km in 60 Tagesetappen von rumänien über Ungarn nach Mariazell Via Margaritarum: Der 760 km lange Perlenweg verbindet in 33 Tagesetappen zwei für Ungarn bedeutende Wallfahrtsorte: Mátraverebély-Szentkút in Ungarn und Mariazell

Rupertweg

Via Sancti Martini – Martinsweg: Der heilige Martin war im 4. Jahrhundert ein reisender, der durch ganz europa pilgerte. Von seinem geburtsort Szombathely in Ungarn führt der Martinsweg auf verschiedenen routen nach Tours in Frankreich, wo der Heilige begraben ist.

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Jakobsweg

Pinzgauer Marienweg

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Jakobsweg

Marienpilgerweg 18

sonntag Tiroler

Kirchenzeitung der Diözese Innsbruck

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Mariazellerweg 23

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Jakobsweg Weinviertel Weg des Buches

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Jakobsweg

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1

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Via Sacra Pielachtaler Pilgerweg

Via Margaritarum

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Mariazellerweg

Gr端nderweg

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Benediktweg

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Marienweg Maria UT Leonhardsweg Jakobsweg Weststeiermark Martinsweg 28

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Radpilgerweg Hemmapilgerwege

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Kirche bunt

Mariazellerweg


Stationen an den Pilgerwegen Alle Pilgerwege in Österreich auf einen Klick: www.pilgerwege.at Jakobsweg (Ost – West) 1 2 3 4

Wien Wien Göttweig Herzogenburg

Kolpinghaus Wien Zentral Ökumenisches Pilgerzentrum Wien Stift Göttweig – Exerzitienhaus St. Altmann Augustiner-Chorherrenstift Herzogenburg

www.kolping-wien-zentral.at www.christuskirche.evang.at www.stiftgoettweig.at www.stift-herzogenburg.at

01/587 56 31-116 0664/946 00 02 02732/855 81-0 02782/83 112

5 6 7 8 9 10 11 12 13

Linz Vöcklabruck Salzburg Salzburg Kufstein Vomp Innsbruck Innsbruck Zams

Eliashaus – Marienschwestern vom Karmel Seminarhaus St. Klara Kolpinghaus Salzburg Haus St. Benedikt Exerzitienhaus Maria Hilf Benediktinerstift St. Georgenberg-Fiecht Haus Marillac Kolpinghaus Innsbruck Geistliches Zentrum – Klösterle Kronburg

www.marienschwestern.at www.seminarhaus.stklara.at www.kolpinghaus-salzburg.at www.stift-stpeter.at www.maria-hilf-kufstein.org www.st-georgenberg.at www.haus-marillac.at www.kolpinghaus-innsbruck.at www.kronburg-tirol.at

0732/77 56 54 (bis 17 Uhr) 07672/277 32-280 0662/46 61-0 0662/84 16 19 05372/626 20 05242/632 76 0512/57 23 13 0512/228 36 05442/633 45

Bildungshaus St. Michael

www.dibk.at/st.michael

05273/62 36

Jakobsweg (Südroute) 14

Matrei am Brenner

Jakobsweg (Weinviertel) 15

Mistelbach

Kolpinhaus Mistelbach

www.kolpinghaus-mistelbach.at

02572/22 64

16

Großrußbach

Bildungshaus Großrußbach

www.bildungshaus.cc

02263/66 27

17

Krems

Kolping Campus Krems

www.kolpingkrems.at

02732/835 41

Bildungshaus Maria Luggau

www.klosterurlaub-luggau.at

04716/601

Marienpilgerweg (Kärnten) 18

Maria Luggau

Hemmawege 19

Tainach/Tinje

Katholisches Bildungshaus Sodalitas

www.sodalitas.at

04239/26 42

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Admont

Benediktinerstift Admont

www.stiftadmont.at

03613/231 22 33

21

St. Georgen

Stift St. Georgen am Längsee

www.stift-stgeorgen.at

04213/20 46

Kneipp Traditionshaus der Marienschwestern

www.aspach.kneippen.at

07755/70 51

Via Nova 22

Aspach

Mariazellerwege 23

Zwettl

Bildungshaus Stift Zwettl

www.stift-zwettl.at

02822/20 202-25

24

St. Pölten

Bildungshaus St. Hippolyt

www.hiphaus.at

02742/35 21 04

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Lilienfeld

Stift Lilienfeld

www.stift-lilienfeld.at

02762/524 20

26

Graz

Bildungshaus Mariatrost

www.mariatrost.at

0316/39 11 31

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Vorau

Stift Vorau – Bildungshaus

www.stift-vorau.at

03337/23 51

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St. Lambrecht

Benediktinerstift St. Lambrecht

www.stift-stlambrecht.at

03585/23 05 712

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Beten mit den Pedalen Meter für Meter hat Regina Augustin auf ihrem Fahrrad die Nordroute des Jakobsweges von Bilbao nach Santiago bezwungen. „Der oft extreme Weg entlang der Küste hat mich sehr bewegt“, erinnert sich die junge Salzburger Theologin. Michaela Hessenberger

K

aum hat sich Regina Augustin mit Papa Josef und Bruder Franz auf den Jakobsweg begeben, haben zu Hause wichtig geglaubte Dinge ihre Bedeutung verloren. „Das Handy hatte ich zwar mit, aber nicht eingeschaltet. Die Uhr ist sofort im Rucksack verschwunden, und auch Äußerlichkeiten waren nicht mehr wichtig. Wer den ganzen Tag den Helm aufhat, hat eben keine schicke Frisur mehr.“ Dafür hat sich nach der ersten körperlichen Anstrengung – pro Tag haben die drei zwischen 80 und 100 teils extrem steile Kilometer zurückgelegt – ein Rhythmus eingestellt, bei dem die Wallfahrer „gleichzeitig da und nicht da, voll und leer“ waren. Und plötzlich haben starke Eindrücke Raum gewonnen: „Mir ist beim Anblick des Meeres so oft eingeschossen ‚Das ist Schöpfung!‘“, sagt Augustin. Während sie in die Pedale getreten ist, hat sich auch im Kopf viel getan. In der Ruhe der Landschaft hat sie gelegentlich gebeten: „Lieber Gott, bitte mach, dass der Gegenwind endlich aufhört“ – und das eine oder andere Mal hat er sich tatsächlich in Rückenwind gewandelt. Der Weg. Ein Jahr danach denkt sie gerne an die speziellen Kraftmomente in den beiden Wochen des Radpilgerns. „Angekommen in Santiago war ich erst erschlagen von dieser riesigen Kathedrale, in der wohl Millionen Reisende ankommen. Da ist mir bewusst geworden, wie gut mir der Weg

Die Anstrengung ist ihr ins Gesicht geschrieben. Und doch sagt Regina Augustin, wie gut ihr der Weg getan hat. Augustin

selbst getan hat, mit all seiner Beschwerlichkeit und den intensiven Begegnungen.“

Lebensphase“, denn das E-Rad mache viele wieder mobil, meint Signitzer.

Mit dem Rad. „Pilgern – egal ob zu Fuß oder am Rad – führt schnell zu sich selbst und zu Gott“, weiß Hermann Signitzer, Referent für Tourismus- und Freizeitpastoral in Salzburg. Wer sich mit dem Zweirad auf den Weg macht, legt in kurzer Zeit große Strecken zurück. „Zwar fährt man an vielen kleinen Dingen vorbei, dafür ist ein ambitioniertes Programm möglich“, meint er. Seine Mutter habe vor, sich heuer mit dem Elektro-Fahrrad auf den Jakobsweg in der Schweiz zu machen. „Eine tolle Alternative für Menschen in einer fortgeschrittenen

Bis man erkennt. Sport, gelebte Gemeinschaft und Spiritualität wird auch von einer aktiven Pilger/innengruppe im Flachgau großgeschrieben: Seit 2003 pilgert der Großgmainer Pfarrer Herbert Schmatzberger mit einer starken Truppe über den Donau-Alpen-Adria-Radpilgerweg bis ins italienische Grado. Bei zügigem Temo sind es zumindest vier Tage, die die Wallfahrer in Radlerhosen und Helm verbringen. „Schöpfungsverantwortlich“ nennt Hermann Signitzer dieses umweltfreundliche „Beten mit den Füßen“. Und auch wenn er sich selbst lieber zu Fuß auf den Weg macht, so kann er sich durchaus in die Erlebnisse der Rad-Pilger hineinfühlen: „In unserer Heimat sind wir an üppige Anblicke gewohnt, wenn wir durch die Natur radeln.“ Wer sich etwa auf dem Jakobsweg durch Frankreich bewegt, der müsse sich an das karge Landschaftsbild mit kilometerlangen Feldern wohl erst gewöhnen. „Doch dieses Monotone tut gut“, ist er überzeugt. In dieselbe Kerbe schlägt Regina Augustin: „Nach all dem gleichförmigen Bergauf und Bergab erwartet man am Ziel ein Highlight – bis man eben erkennt, dass der Weg durch Einöde und manchmal auch karge Landschaften selbst das Ergreifende und Beeindruckende ist ...“ ●

Zum zehnten Mal wollen sich heuer die Radpilger um den Großgmainer Pfarrer Herbert Schmatzberger auf den Weg über die Alpen machen. M. H.

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Auf dem Weg in ihre Pension ging Gabriele Weidinger ein Stück Jakobsweg von der Ostgrenze Österreichs nach Hause. Maria Pohn

Vorösterliche Pilgerwanderungen findet heuer erstmals österreichweit in allen Diözesen statt. Haupttermin ist der 3. April. Litzlbauer

Brich auf, jeden Tag neu „Brich auf, jeden Tag neu, und du wirst verwandelt ankommen“, sagt Gabriele Weidinger. Mit ihrer Osterwanderung klinkt sie sich in den österreichweiten Pilgertag am 3. April ein. Matthäus Fellinger

E

in schöner Fleck Erde ist es. G ­ abriele Weidinger und ihr Mann haben es sich gemütlich eingerichtet hier in Ottnang am Hausruck. Viel Holz im Haus, ein schöner Garten, die alten im Lauf vieler Jahre gesammelten Möbel. Trotzdem zieht es Gabriele immer wieder hinaus auf ihre Pilgerschaften. Dass es im Leben keine festen und angestammten Plätze gibt, hat sie immer und immer wieder erlebt. Das hat ihren Weg geprägt. Pilgerbegleiterin. Bei ihrem Vater zum Beispiel, der unter vielen Schmerzen gestorben ist. Ende der Siebzigerjahre war es. Damals glaubte man noch an die „Machbarkeit“ in der Medizin – und stand den Schmerzen der Sterbenden doch hilflos gegenüber. Zehn Jahre später war ihre Schwie-

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pilgern

germutter schwer erkrankt, Gabriele hat sie gepflegt und bis zum Sterben begleitet. Da war sie zum ersten Mal „Pilgerbegleiterin“. Neuaufbrüche. Eigentlich begann Gabriele Weidinger ihre erste Ausbildung am elterlichen Bauernhof, als landwirtschaftlicher Lehrling. Sie hat dann die Ausbildung zur Krankenschwester gemacht, geheiratet – und es kamen drei Kinder, schließlich die beiden Enkel. 23 Jahre hat Frau Weidinger im Betrieb ihres Mannes das kaufmännische Büro geführt, ehe sie – die Kinder waren nun erwachsen – in ihren Beruf als diplomierte Gesundheits- und Krankenpflegerin auf der Palliativstation bei den Barmherzigen Schwestern in Ried zurückkehrte. Auch dazu bedurfte es eines Neuaufbruchs und einer eigenen Ausbildung. Es war eine neue Pilger­ etappe im Leben. Nicht stehen bleiben. Innehalten ja – aber nicht stehen bleiben. Das ist bei Gabriele Weidinger eine Lebenshaltung. Dies betrifft auch ihren Glauben. Lange schon ist sie in verschiedenen Aufgaben in der Pfarre mit dabei – bei der Caritas, als Lektorin, Kommunionspenderin – und jetzt beginnt sie eine Ausbildung zur Wortgottesdienstleiterin. Ein besonderes Feuer hat Gabriele bei der Cursillo-Bewegung erfasst. Mit den CursilloFreundinnen und -Freunden ist sie zur Pilge-

rin im engeren Sinne des Wortes geworden. 1994 war es, als sie sich mit Freunden auf die Spuren des heiligen Benedikt nach Subiaco begab. Im Gehen Leben erfahren. „Gehen war mir immer schon wichtig“, erzählt Gabriele. Die gemeinsamen Wege mit Fritzi und Horst, den Priestern P. Christian und Karl – die Messfeiern im Freien – sind fest verankerte Meilensteine auf dem Lebensweg. Dann kam 2002 der erste Versuch, durch eine Pfarrwallfahrt nach Spanien inspiriert, mit ihrer Freundin Maria, von zuhause auf dem Jakobsweg Richtung Santiago de Compostela aufzubrechen. Die erste Etappe führte nur einen Tag weit – bis nach Zagling – zum Ausprobieren! Auf die Frage eines Bekannten, wohin es denn ginge, antworteten sie „Wir gehen nach Spanien“! Aufgeteilt auf sechs Etappen kamen sie 2006 tatsächlich dort an. In Pension „gegangen“. Und zuletzt – Gabriele Weidinger ist inzwischen 60 – ist sie ganz wörtlich „in Pension gegangen“, indem sie allein – Freundinnen und Freunde und Arbeitskolleginnen begleiteten sie manchmal tageweise – von Wolfsthal an der Donau bei Bratislava nach Hause ging. Da war viel Zeit, die beruflichen Jahre nachwirken zu lassen.


„Man muss suchen, wenn man etwas finden will – da kann man reich beschenkt werden“, sagt Gabriele Weidinger. Vieles ist heute so selbstverständlich geworden, dass es erst auffällt, wenn es nicht mehr da ist. Auch zu sich selbst findet man nicht einfach von selbst. Nach dem Motto: „Sammle auf dem Weg zum Ziel dich selber ein!“ begibt sie sich immer wieder neu auf den Weg. Beim Pilgern liebt sie die Einfachheit. Es braucht nicht immer große Vorbereitungen – wenig Gepäck, nur, was man tragen möchte und kann, hat man mit, und der Weg beginnt gleich vor der Haustüre. Gottes Nähe spürt Gabriele dann in seiner Schöpfung, seine Liebe spürt sie auf diesen Wegen. Nicht umsonst sagte schon Hippokrates „Gehen ist des Menschen beste Medizin!“ Manchmal führt der Weg auch an eigene Grenzen. „Warum tue ich mir das an“, fragt sie sich dann. „Österlich Pilgern“. Inzwischen ist Gabriele Weidinger ausgebildete „spirituelle Wegbegleiterin“. Aus vielen Erzählungen alter Leute und aktiven Wallfahrern hat sie alte traditionelle Wege zu einer eigenen Route zusammengefügt. Weil es vor allem Marien­

wallfahrten-Orte sind, hat sie „ihren“ Pilgerweg den „Via-Maria-Weg“ genannt. Er führt von Altötting bis nach Maria-Puchheim. Diesen Weg möchte sie später dann bis Mariazell erweitern. Aufbrechen. Im Rahmen des „Österlichen Pilgerns mit christlichen Impulsen“ wird Gabriele Pilgerinnen und Pilger während sechs Tagen vom Palmsonntag bis Karfreitag begleiten. Am 3. April klinkt sie sich auch in das österreichweite vorösterliche Pilgern ein. Das österliche Pilgern hat mit Auferstehung, dem Leben entgegengehen zu tun. Auch die Natur lehrt gerade um diese Zeit jedes Jahr neu „Auferstehung“. „Unser Lebensweg ist manchmal ein mühsames Aufrappeln, dann aber wieder ein freudiges, dankbares Entgegengehen“, meint Weidinger. Das Gehen habe ihr – neben der Familie, den Freund/innen und dem Glauben – in Lebenskrisen und Lebensübergängen oftmals Halt gegeben. „Manchmal“, so sagt sie, „können auch steinige Wege gute Wege sein.“ Und sie regt an: „Brich auf, jeden Tag neu, und du wirst verwandelt ankommen!“ ● Alle vorösterlichen Pilgerangebote: www.pilgerwege.at

Steiermark und Slowenien: eine Pilgerregion Vier große Pilgerwege führen durch die Steiermark und Slowenien. Als bedeutendste Wege gelten die Marienwege, die aus Slowenien, Ungarn und Kärnten nach Mariazell führen. Wallfahrtsorte und Pilgerwege haben in der Steiermark und Slowenien Tradition. Beide Länder sind durch die vier großen Pilgerwege – die Marienwege, die Hemma-Pilgerwege, der Jakobsweg und der Martinsweg – als Pilgerregion bekannt. Die Marienwege, die vom kroatischen Maria Bistrica quer durch Slowenien und durch die Steiermark, u. a. durch die Waldheimat des Dichters Peter Rosegger und über die Hohe Veitsch, wo das weltgrößte Pilgerkreuz als Zeichen des Friedens wartet, bis nach Mariazell führen, gelten als die Aorta der Pilgerwege dieser Region. Der Großteil führt über Wald- und Wiesenwege und steht im Zeichen kultureller Attraktionen, die Hohe Veitsch mit in Mariazell ihren Höhepunkt finden. dem weltgrößten ­Pilgerkreuz als Kostenlose Broschüre zu den Marienwegen: ­Zeichen der VölkerSteiermark Tourismus, Tel.: 0316/4003-0 verständigung. www.pilgern.info Steiermark Tourismus/Himsl

Pilgern goes Afrika Pilgern, so erzählen viele, weitet den Blick. „Für einen Christen bedeutet das aber auch, dass er nicht nur bei sich selber stehen bleibt. Pilgern ist kein Egotripp“, meint Josef Kopeinig, Rektor des Bildungshauses Tainach in Kärnten und Leiter der Slowenischen Missionskanzlei. Und er erinnert an ein Wort des Pastoraltheologen Paul Zulehner: „Wer wirklich in Gott eintaucht, taucht neben den Mitmenschen auf.“ Diese Mitmenschen sind für Kopeinig auch die Schwestern und Brüder in Afrika. Deshalb lädt er die Pilger/innen auf den österreichischen Pilgerwegen ein, den Missionar Stanko Rozman in Malawi beim Bau von Kirchen zu unterstützen. Eine „Hemma-Kirche“ konnte so schon gebaut werden. Nun soll eine Jakobskirche entstehen. „Unsere Hilfe kann in Afrika Berge versetzen“, sagt Kopeinig. Spenden: Slovenische Missionskanzlei, Kärntner Sparkasse, BLZ 20706, Kto. 0000 137224

PILGERN IM SALZBURGERLAND PILGERWEGE.AT PILGERN.SALZBURGERLAND.COM

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Ein Jubiläum setzte Zeichen „Unsere Gemeinde und unsere Kirche tragen seinen Namen, drei Muscheln zieren unser Gemeindewappen, da war es naheliegend, zu fragen, was sagt uns der heilige Jakob heute“, meint Angela Spiegl.

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egonnen hat alles bei einer Begehung des Jakobsweges im Pillerseetal (Tirol) durch eine kleine Gruppe unter Führung von Toni Wintersteller, Referent für Tourismuspastoral in der Erzdiözese Salzburg. „Da wurde mir erst so richtig bewusst, welchen Schatz wir direkt vor der Haustür haben“, erinnert sich Angela Spiegl aus St. Jakob in Haus. Und in ihr begann die Idee zu reifen, vielleicht könnte man durch einige Stationen, die zur Besinnung einladen, den Weg bereichern – für einheimische Spaziergänger ebenso wie für unsere Gäste und die Pilger. „Dabei habe ich mir die Frage gestellt, was kann uns der heilige Jakob heute sagen. Und ich versuchte, zuerst ganz für mich, einen Besinnungsweg zu entwerfen, auf dem die Beigaben des Heiligen – Muschel, Wasserflasche, Stab und Hut – zu uns sprechen.“ Nachhaltig. Eine Chance, diese Idee zu verwirklichen, kam, als die Gemeinde St. Jakob im Jahr 2008 ihr 700-Jahr-Jubiläum feierte. „Da suchte man ein Projekt, das nachhaltig sein sollte – nicht bloß ein Fest. Und es sollte mehrere Komponenten wie Tourismus, Kultur und Gemeindeentwicklung vereinen“, erinnert sich Stefan Niedermoser von

der Regionalentwicklung Pillerseetal. Neben mehreren anderen Vorschlägen konnte auch Angela Spiegl ihre Idee dem Gemeinderat vorstellen. „Und sie wurde angenommen und in der Folge von vielen mitgetragen“, freut sich Niedermoser. Er hebt hervor, „dass hier nicht nur ein Stück eines besonderen Pilgerweges spirituell angereichert wurde, sondern dass das ein Alltagsweg ist, auf dem viele Menschen bei uns auf ihren Spaziergängen und Wanderungen unterwegs sind. Auch sie werden eingeladen, ein wenig ­innezuhalten und das Tempo des Alltags zu verlangsamen.“ Blickwinkel. Spiegl freut, dass immer wieder Menschen bei den fünf Stationen des Weges Halt machen, die besinnlichen Anstöße lesen und sich von den einprägsamen Skulpturen anregen lassen. Auch für sie war es spannend, wie der von der Gemeinde beauftragte Rauriser Steinbildhauer Hermann Lohinger ihre Idee umsetzen würde. „Erst eine Woche vor der Eröffnung des Weges hatte ich mit ihm ein Gespräch, bei dem wir uns sehr angeregt über die Aussage der Symbole unterhalten haben. Ich finde es auch wirklich gut, dass er am Ende des Weges noch einen ,Zukunftsblick‘ gestellt hat, ein Tor nach Westen, nach Santiago. Denn Pilgern bedeutet ja beides:

sich auseinandersetzen mit der eigenen Vergangenheit und Gegenwart und aufbrechen in ein Stück neues Leben.“ Perlen. Noch heute werde sie darauf angesprochen, wie sie bei der Eröffnung des Weges vor vier Jahren die Stationen vorgestellt habe, meint Spiegl. In knapper Form finden sich die Deutungen auch auf den Tafeln bei den Skulpturen wieder. So etwa meinte sie zur Muschel, die auch das Gemeindewappen ziert: „Sie diente den Pilgern als Löffel und Trinkgefäß. Viele Muscheln bergen auch eine Perle in sich. Eine Perle bildet sich erst, wenn das Tier einen Fremdkörper erfolgreich umschlossen hat. Jede und jeder von uns hat Verletzungen und Erschwernisse zu bewältigen, und oft erkennt man erst später, dass wir daran gereift sind, dass wir als Persönlichkeit ohne sie viel ärmer wären. Liegt nicht auch in mir ein besonderer Schatz an Lebenskraft, Liebe und Talenten? Wie gehe ich mit dem Risiko um, zu verletzen oder verletzt zu werden?“ Zum Thema Stab spricht Spiegl die Fragen an: Was gibt mir Stütze und Halt im Leben, wo erfahre ich Hilfe? Aber auch: Wie leicht bricht man den Stab über andere und verletzt damit? ● Hans Baumgartner

Besinnungsweg in St. Jakob in Haus mit den Stationen „Hut“, „Stab“ und „Blick in die Zukunft“, gestaltet von Hermann Lohinger.

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pilgern

St. Jakob


Geführte Pilgerwanderungen n Pilgern mit Schneeschuh und Tourenski 3. April: Über schneebedeckte Almen vom Niederalpl nach Mariazell, geführt von Mitgliedern des Alpenvereines. Info: 03882/34 515, www.mariazell-info.at

n Pilgern auf dem Jakobsweg

6. bis 10. Juni: Auf geschichtsträchtigen Spuren von Lambach nach Maria Plain mit Gottfried Huemer. Info: 07613/450 00, www.instituthuemer.at

n Männer-Pilgerwanderung am Jakobsweg

8. bis 16. Juni: Von Salzburg nach Innsbruck für gute Geher. Info: Anton Wintersteller, 0650/400 19 68, www.jakobswege-a.eu

Der W er eg der Wolfgangsee Wallfahr Besuchen Sie den europaweit einmaligen Kulturweg nach St. Wolfgang am Schnittpunkt der Via Nova sowie des St. Rupert Pilgerweges. 976 vom Heiligen Wolfgang von Regensburg nach St. Wolfgang zurückgelegt. 24 beschilderte Erlebnispunkte dokumentieren seine besondere Bedeutung – von den Kultstätten der Urzeit über die christliche Missionierung durch den Heiligen Wolfgang bis zum Höhepunkt der Wallfahrt und zum Beginn des modernen Tourismus. Informationen: Wolfgangsee Tourismus Gesellschaft Au 140 · 5360 St. Wolfgang · Tel. +43/6138/8003 · www.wolfgangsee.at

Die Schätze in der Slowakei

entgeltliche EINSCHALTUNG

Besuchen Sie die Schätze christlicher Kunst in der Slowakei, wo Sie zum Beispiel 127 gotische Flügelaltäre finden, die zu den reifsten Werken europäischer Kunst zählen. In der Slowakei finden Sie Denkmäler bäuerlicher Volkskunst genauso wie die hohe Kunst der Meister aus dem Alpen- und Donauraum. Die Denkmäler in der Slowakei aus Gotik und Barock gehören zum selben Kulturraum wie in Österreich. Sie finden, gleich nach Italien, die größte Zahl erhaltener mittelalterlicher Wandmalereien in Europa. Und auf ihrem Territorium sind 127 gotische Flügelaltäre zu bewundern, die zu den reifsten Werken der europäischen Kunst zählen. Reisen mit dem erfahrenen slowakischen Reisebüro Simplicissimus Reisen bedeutet: Jede Reise begleitet ein namhafter Kunsthistoriker, der kunsthistorische Zusammenhänge sowie geistige und theologische Bedeutung der Denkmäler erläutert. Gottesdienste in deutscher Sprache werden ebenso angeboten wie Konzerte organisiert. Neben den Kultur- und Studienreisen bereiten wir auch gerne „maßgeschneiderte“ Reisen für Gruppen, Vereine oder Kirchengemeinden vor. Katalog bestellen unter Tel.: +42/19 05 60 57 06 www.simplicissimusreisen.sk

n Von Gurk nach St. Leonhard bei Tamsweg

10. bis 12. August: Eröffnung des Leonhardsweges im Anschluss an den Hemmaweg. Info: Pfarre Tamsweg , 06474/22 91, www.leonhardsweg.at

n „Alles Neue entsteht aus dem Alten“ 25. August bis 1. September: Pilgerwoche zum Europäischen Jahr des aktiven Alterns. Info: 06217/202 40 40, www.pilgerweg-vianova.eu

n Auf dem Jakobsweg in Südfrankreich

25. August bis 2. September: Von Arles über die Via Tolosana. Info: Willi Holzhammer, 0650/226 45 42, www.tirolersonntag.at

n Pilgern auf dem Mariazeller-Weg

11. bis 16. September: Ein Weg zu Gelassenheit und innerem Frieden von Steyr nach Mariazell mit Josef Leyerer. Info: 07613/450 00, www.instituthuemer.at

n Auf den Spuren des heiligen Rupert

18. bis 24. September: Eröffnung des Rupert-Pilgerweg von Altötting durch den Rupertiwinkel nach Salzburg. Info: 0049 8671/50 62 28, www.inn-salzach.com

n „Aus dem Alten erwächst etwas Neues“ 3. bis 7. Oktober: Pilgerwanderung durch den Bayerwald und Böhmerwald. Info: 06217/202 40 40, www.pilgerweg-vianova.eu

Levoca, in der Kirche des heiligen Jakobus steht der weltweit höchste gotische Altar.Simplicissimus

Impressum: inpuncto pilgern ist das gemeinsame Magazin von Kirche bunt. St. Pöltner Kirchenzeitung, Gutenbergstraße 12, 3100 St. Pölten; KirchenZeitung Diözese Linz, Kapuzinerstraße 84, 4020 Linz; martinus, St. Rochus-Straße 21, 7000 Eisenstadt; Rupertusblatt. Wochenzeitung der Erzdiözese Salzburg, Kaigasse 8, 5020 Salzburg; Sonntag. Kirchenzeitung Katholische Kirche Kärnten, Tarviser Straße 30, 9020 Klagenfurt; Sonntagsblatt für Steiermark, Bischofplatz 2, 8010 Graz; TIROLER SONNTAG, Riedgasse 9, 6020 Innsbruck; Vorarlberger ­KirchenBlatt, Bahnhofstraße 13, 6800 Feldkirch. Redaktionsleitung: Hans Baumgartner, 0662/88 44 521, hans.baumgartner@kirchenzeitung.at. Anzeigenleitung: Mag. Walter Achleitner, Marketing-Kooperation der Kirchenzeitungen, 0662/88 44 523, mako@kirchenzeitung.at. Grafik: Egger & Lerch. Druck: Niederösterreichisches Pressehaus Druck und Verlags-GmbH. 3100 St. Pölten. Inpuncto Gesamtauflage: 200.000 Exemplare. Am 24. Mai 2012 erscheint das Magazin inpuncto zur Langen Nacht der Kirchen.

gedruckt nach der Richtlinie ­„Druckerzeugnisse“ des Öster­reichischen Umweltzeichens, -gedruckt nach der Richtlinie „Druckerzeugnisse“ NP DRUCK, UW-Nr. 808Umweltzeichens, NP DRUCK, UW des Österreichischen

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Ein neues Stück Jakobsweg entsteht

Vom Pilgervirus gepackt Auf Weststeirisch heißt der Pilgergruß „An guaten Weg“. Nicht zufällig ist dies die Übersetzung von „Buen camino“, dem Motto von Millionen Pilgern auf dem Jakobsweg. Das Besondere am weststeirischen Weg ist vielleicht, dass Zufall und Privatinitiative an seiner Wiege standen. Die „Hebamme“ trägt den Namen Reinhold Waldhaus. JOhann Bauer

N

ach zehn Minuten Pilgern könne er schon abschalten, erzählt der Bärn­ bacher. Sein Leben sei viel mehr wert, seit er das Pilgervirus in sich entdeckt habe. Vorher sei er jahrelang unter Stress gestanden, selbst im Urlaub, und immer erreichbar gewesen. Beim Pilgern lerne er auch viele Leute kennen. Und sie haben alle Zeit zum Reden. Jakobskirchen. In der Stadt Bärnbach, durch die von Friedensreich Hundertwasser gestaltete Barbarakirche Ziel vieler Busse mit Touristen, ist Reinhold Waldhaus für die Trinkwasserversorgung angestellt. Erstmals von den Jakobswegen gehört hat er 2005 und sich gleich dafür interessiert. Als er zwei Jahre später auf dem Jakobsweg in Südtirol Richtung Innsbruck unterwegs war, kam ihm die Idee, zu schauen, wo es in der Weststeiermark Jakobskirchen gebe, und ob sie nicht durch einen „vernünftigen Weg“ neu zu verbinden wären. Vorerst kannte er nur die Jakobskirche von Thal bei Graz, die auch den Stempel eines Wiener Künstlers trägt, von

Ernst Fuchs. Waldhaus entdeckte für sich weiter St. Jakob in Geistthal, die Jakobskirche Freiland und die Jakobskirche Soboth, alle auf dem Weg von Graz in Richtung Kärnten. Touristische „Highlights“ und Labestationen sollten eingebunden werden: „Es hilft der schönste Weg nichts, wenn man dort nicht übernachten kann.“ Die Planungen mit der Landkarte daheim hielten der Wirklichkeit nicht stand. Wege waren verwachsen, vor allem das Sturmtief Paula hatte 2008 viele Wanderrouten unpassierbar gemacht. Königsetappe. Neue Planungen, neue Gespräche mit Pfarren, Gastronomie- und Beherbergungsbetrieben waren nötig. Es ergaben sich acht Etappen für den 153 Kilometer langen Weg von Thal bei Graz über die Koralpe bis Lavamünd in Kärntnen. „Die älteste Dame, die den ganzen Weg gegangen ist, war 81 Jahre alt“, freut sich Waldhaus. Sie muss also auch die „Königsetappe“ über den 2140 Meter hohen Großen Speikkogel gegangen sein. Genau 1000

VIA NOVA: eine Wegweisung für das 21. Jahrhundert Der Europäische Pilgerweg ist ein Spiritueller Weg, die VIA NOVA ist offen für alle Konfessionen. Ein Pilgerweg als Zeichen für die Hoffnung, den Frieden und die Umkehr im Leben. Die PilgerwegbegleiterInnen und der Verein VIA NOVA sind bestrebt Orientierungs- und Handlungsimpulse für das 21. Jahrhundert zu geben, n    zur persönlichen Lebensgestaltung, n    für ein Europa, das verbindet und n    zur solidarischen Weltgestaltung. Das Ziel des Weges ist es, auf bedeutende und bedeutsame Orte aufmerksam zu machen. Gemeinden am Weg neue Impulse zu geben, sich über ihre Zukunft und ihren Beitrag zu einer nachhaltigen Entwicklung Gedanken zu machen. Die VIA NOVA umfasst derzeit drei Europäische Länder. 320 Wegkilometer verlaufen zwischen dem bayrischen Mallersdorf/Pfaffenberg und St. Wolfgang in Österreich. Mit der Wegerweiterung Bayerwald/ Böhmerwald, der Etappe Vilshofen – Bribram/ Tschechien, sind weiter 250 Kilometer Weg dazugekommen. Die Pilgerreise auf dem Europäischen Pilgerweg beginnt dort, wo der Pilger den Start und das

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Ziel für sich selbst festgelegt hat. Jeder Tag ist ein Pilgertag und wer fest entschlossen beginnt, hat schon einen guten Teil des Weges hinter sich zurückgelegt. Viele Menschen spüren es. Die konsum- und leistungsorientierte Lebensweise hat ihren Preis. Offenbar ist die Zeit reif, einen anderen Weg einzuschlagen. Neben den angenehmen Seiten des Wohlstands erkennen wir, dass diese allein unsere Sehnsüchte nicht mehr stillen können. Also machen wir uns auf den Weg und lassen uns berühren von neuen Erfahrungen. VIA NOVA bedeutet „neuer Weg“. In der Natur schauen wir dem Schöpfer ins Angesicht und erfahren uns selbst als Teil von ihr. Die detaillierte Wegbeschreibung mit landschaftlichen, kulturellen und geistlichen Höhepunkten sowie Tipps für die individuell gestaltete Pilgertour oder Angebote für das Pilgern in der Gruppe erhalten Sie beim Verein Europäischer Pilgerweg Tel.: 062 17/202 40-40. www.pilgerweg-vianova.eu

Was das Herz berührt, setzt die Füße in Bewegung – Sprichwort aus Ruanda VIA NOVA Gefördert von der Europäischen Union Ziel 3 - Territorale Zusammenarbeit (INTERREG) Europäischer Fond für Regionale Entwicklung (EFRE)


Meter tiefer startet bei Maria Osterwitz diese Etappe. Das Gipfelkreuz sei die höchste Erhebung auf allen europäischen Jakobswegen, merkt Waldhaus an. Seit der Eröffnung am Jakobusfest 2010 sind bereits zweieinhalbtausend Pilger diesen Weg gegangen, freut sich Waldhaus. Vor der Haustür. Ob er schon einmal auf dem „richtigen“ Jakobsweg gewesen sei, auf dem in Spanien? „Das ist nicht der richtige“, entgegnet der Weststeirer, „der richtige fängt vor deiner eigenen Haustür an.“ Er sei im Vorjahr beim Dom zu St. Jakob in Innsbruck angelangt und werde heuer von dort weiter Richtung Santiago pilgern. Dabei gehe er in jede geöffnete Kirche am Weg hinein. Unter Zeitdruck zu „pilgern“ habe wenig Sinn. Er wolle alles, was sich auf dem Weg anbiete, „intensivst erleben“ und langsam ankommen. Sonst sei er „Hochleistungssportler“ und habe „das Ziel knapp verfehlt“. www.jakobsweg-steiermark.at

Reinhold Waldhaus (zweiter v. r.) mit einer Pilgergruppe auf dem höchsten Punkt des Jakobsweges, dem Großen Speikkogel auf der Koralpe. Seit 2011 ist er auch Pilgerbegleiter. Waldhaus

Europa Mehr als 50 Partner aus 8 Nationen haben sich in diesem transnationalen Projekt zusammengeschlossen, um ein gemeinsames Netzwerk der lokalen und regionalen Jakobswege zu schaffen.

Jakobsweg Weinviertel Auf 160 Kilometern von Drasenhofen an der tschechischen Grenze bis nach Krems an der Donau führt der markierte Abschnitt des Jakobsweges. Seit 2010 können Pilger/innen auf dem neu markierten Teilabschnitt des Jakobsweges wandernd die Reize des Weinviertels erkunden: der Weg führt sie durch 25 Gemeinden und vorbei an über 40 Kirchen. Unterstützt durch das Begleitbuch „der Jakobsweg-Weiser“ erleben sie auf dem Weg in Richtung Santiago de Compostela genussvolle Gelassenheit, spirituelle Einkehr und die Weinviertler Gastfreundschaft. Informationen zum Jakobsweg Weinviertel erhalten Sie unter Tel.: 02552/35 15 oder www.jakobsweg-weinviertel.at

Die Hauptziele in diesem Projekt sind: - Stärkung der transnationalen Zusammenarbeit - gemeinsame Online-Informationsplattform mit mehrsprachigen Daten und digitalen Karten zu den Wegen - Etablierung von durchgängigen Hauptrouten von Ost nach West - Ausbildungsstandard für Pilgerwegsbegleiter festlegen und Ausbildungen durchführen - regionale Pilotprojekte forcieren Lokal - Regional - National - International Projekt „Europäische Jakobswege“

Projekt finanziert mit Mitteln der EU, Schwerpunkt Leader Projektträger für Österreich: LAG RE Pillerseetal-Leogang

www.camino-europe.eu

Großrußbach. Zentrum der Pilgerbewegung im Weinviertel ist das Bildungshaus Schloss Großrußbach (Bild oben rechts). Dort gibt es laufend Pilgertreffen, eine Ausbildung für Pilgerbegleiter/innen, eine Pilgerherberge und ein Angebot an begleiteten Pilgerwanderungen. www.bildungshaus.cc

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Eine „ökumenische Botschafterin“ aus der Ex-DDR auf dem Weg nach Rom

Brücken bauen auf Als Jugendliche wollte man aus ihr eine „sozialistische“ Spitzensportlerin machen. Doch die Freiheit war ihr wichtiger. Mit knapp 40 brach sie zu ihrem persönlichen „Marathon“ auf. Als „Botschafterin der Ökumene“ ging Arnhild Kump vom Altenburger Land (Mitteldeutschland) nach Rom. DI Arnhild Kump

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dem Pilgerweg

D

em Jubel über den politischen Umbruch 1989 folgten auch in unserer Region bald Arbeitslosigkeit und Konkurrenzkampf; Erfahrungen, die uns ehemaligen DDR-Bürgern fremd waren. Drei Jahre nach der Wende verlor auch ich meine Anstellung. Was nun? Existenzängste bauten sich schnell auf. Zu meinem Glück wurde ich Archivpflegerin in der evangelischen Pfarre Monstab. In der Kirchenchronik las ich eine Nachricht über den Sohn des katholischen Pfarrers, der um 1500 zweimal nach Rom gewandert war. Sechs Jahr lang ging mir die Begebenheit nicht mehr aus dem Kopf. Botschafterin. Im Mai 2001 endete die befristete Anstellung. Ich beantragte die Freistellung vom Amt als ehrenamtliche Bürgermeisterin von Tegwitz, bereitete das Romprojekt vor. Mit der Wanderung wollte ich einen guten Zweck verbinden. In Augsburg wurde 1999 die „Gemeinsame Erklärung der Kirchen zur Rechtfertigungslehre“ unterzeichnet. Das war ein bedeutendes kirchenpolitisches Hoffnungszeichen. Doch schon kurze Zeit später gab es Rückschläge. Gerade für uns Christen in der ehemaligen DDR, wo wir eine Minderheit sind, ist das gemeinsame Zeugnis so wichtig. Mein Entschluss stand fest: Ich wollte die Romreise als „Botschafterin für die gewachsene ökumenische Gemeinschaft“ machen. Meine Freude war groß, als ich in meinen Rucksack eine gemeinsame ökumenische Botschaft der evangelischen und katholischen Landesbischöfe an Papst Johannes Paul II. sowie einen Geleitbrief packen konnte. Neues Leben. Am 29. Juli 2001 machte ich mich nach einem bewegenden Sendungsgottesdienst – ohne Einkommen, aber voller

Hoffnung – auf meine Pilgerwanderung. Schon beim Abschied ahnte ich, dass mich die Reise verändern würde. Keinesfalls wollte ich danach in mein altes Leben zurückkehren. Das Zelt und den Schlafsack ließ ich gleich am zweiten Tag zurück. Es war eine schwere Entscheidung. Angst hatte ich keine, denn mit Gottes Schutz und der Jakobsmuschel am Rucksack würde ich es nach Rom schaffen. So wanderte ich voller Begeisterung südwärts, wurde nach und nach zur Pilgerin. Manchmal kam ich an meine Grenzen. Es gelang mir, sie zu überwinden – auch weil ich unterwegs immer wieder Gleichgesinnte traf, die meine Botschaft unterstützten und mir weiterhalfen. Ich besuchte evangelische und katholische Gemeinden, verteilte hunderte Kopien der ökumenischen Botschaft. Durch die Schweiz begleiteten mich täglich Pilger, die von meiner Romwanderung erfahren hatten. Von ihren Erfahrungen konnte ich viel lernen. Auf dem langen Weg durch Italien hat mir dieses Wissen sehr geholfen. Trotz Sprachschwierigkeiten luden mich immer wieder fremde Menschen ein. Gottes Geist. Ich weiß nicht, wie viele Menschen meinen Weg verfolgt und für mich und das ökumenische Anliegen gebetet haben. Aus der Idee war ein einmaliges Gemeinschaftsprojekt geworden. In der Ewigen Stadt erlebte ich die schwersten Stunden der Romreise. Der Päpstliche Rat zur Förderung der Einheit der Christen und die Evangelisch-Lutherische Kirche von Italien hatten sich dafür eingesetzt, dass ich die Botschaft persönlich an Johannes Paul II. übergeben durfte. Nach der langen Wanderschaft hatte ich erstmals „weiche Knie“. Wie sollte ich die Begegnung mit dem Papst durchstehen? Ich war total überfordert. Während der Audienz spürte

ich Gottes Geist. Er gab mir die richtigen Worte und die Kraft, den Höhepunkt meiner Pilgerreise zu bewältigen. Ich war überglücklich. Weitergehen. Die Geschwindigkeit der Heimreise empfand ich als schrecklich. Meine Seele brauchte lange Zeit, um nachzukommen. Vor Weihnachten bekam ich ein persönliches Dankschreiben vom Papst. Einen Arbeitsplatz bot mir niemand an. Doch Schweizer Freunde hatten sich für mich eingesetzt. Ein paar Wochen später erhielt ich eine Arbeitsstelle im Pilgerzentrum Zürich. Ich nahm Abschied von der Heimat und von allem, was vorher mein Leben ausgefüllt hatte. Als ich nach vier Jahren meinen Mann kennenlernte, begann ein neuer Abschnitt meiner „Lebenspilgerschaft“. Ich packte wieder meinen Koffer, ließ Freunde und eine interessante, gut bezahlte Arbeitsstelle zurück und zog nach Wien. Wieder fing ich in einem fremden Land bei null an. Neben meiner Arbeit in einem evangelischen Pfarramt und einem Nachbarschaftshilfeverein versuchte ich meine Vision weiter auszubauen und gründete 2009 das Ökumenische Pilgerzentrum Wien. Dieses bietet ein ganzes Jahresprogramm mit Pilgerwanderungen, Pilgerreisen und einem Pilgerstammtisch an. Weiters engagiere ich mich im europäischen Pilgernetzwerk. Das Pilgern hat mein Leben verändert, es ist für mich zur Lebensphilosophie geworden. Diese Erkenntnis möchte ich Menschen, die auf der Suche oder in schwierigen Situationen sind, weitergeben. Pilgern ist für mich aber auch ein Stück „Gemeindeaufbau“ durch die Hintertür, weil niemand zurückkommt, ohne etwas mitzunehmen. „Brich auf und gesunde!“ ● http://pilgern.ning.com/profile/ArnhildKump

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Sakrale Musik mit Jessye Norman Starsopranistin am 16. Mai in Mariazell

Information: Mariazeller Land GmbH Tel: 3882/34 515 mail: marienwege@ mariazeller-land.at

Auf nach Mariazell Mariazell beteiligt sich am Auftakt in die neue Pilgersaison mit einer Tourenschi- bzw. Schneeschuhpilgerung. Treffpunkt dazu ist in Mariazell um 7.30, Uhr von wo man mit einem Bus auf das Niederalpl gelangt. Die Betreuung übernehmen erfahrene Guides des Alpenvereines. Sie führen

Kartenverkauf unter www.oeticket.com

über Wetterinalm, Weißalm zur Madonna am Herrenboden. Vorbei am Pilgerkreuz geht es zur Stärkung zum Mooshubenwirt, wo ein deftiges Pilgerpfandl wartet. Weiter geht es je nach Schneelage durch die Mooshuben, den Kreuzberg hinauf, von dort ist das Ziel, die Basilika zur gemeinsamen Andacht, nicht mehr weit. Im Anschluss erhält man beim gemeinsamen Ausklang ein kleines Andenken an diese Tagespilgerung.

Carol Friedman

Am 3. April 2012 erfolgt in ganz Österreich der Start in die neue Pilger- und Wallfahrtssaison.

Ein Großereignis der Sakralmusik steht 2012 in der Basilika Mariazell bevor: Jessye Norman präsentiert am 16. Mai unter dem Titel „The World of Sacred Music“ Lieder von Johann Sebastian Bach, Johannes Brahms, Wolfgang Amadeus Mozart, Duke Ellington und Spirituals. Begleitet wird sie dabei in einer der schönsten Barockkirchen Europas vom Pianisten Mark Markham. Zu dem Benefizkonzert wurde die Sopranistin von der „Vereinigung der Freunde der Basilika Mariazell“ eingeladen. „Jessye Norman und die bedeutendste Wallfahrtskirche Österreichs passen wunderbar zusammen“, so der Mariazeller Superior P. Karl Schauer.

Auf den Spuren von Kaisern, Königen und Päpsten Seit über 1250 Jahren ist Altötting geistliches Zentrum Bayerns und mehr als 500 Jahre bedeutendster Marienwallfahrtsort im deutschsprachigen Raum. Seit dem Aufblühen der Wallfahrt zur Schwarzen Muttergottes von Altötting im Jahr 1489 sind unzählige Gläubige zur kleinen Gnadenkapelle auf dem weiten, von Barockgebäuden gesäumten Kapellplatz gepilgert. Im Laufe der Jahrhunderte waren darunter auch viele Angehörige der Herrscherhäuser von Bayern und Österreich. So verabredeten sich Habsburger und Wittelsbacher mehrfach zu historisch bedeutsamen Treffen in dem Wallfahrtsort. Eines dieser imposanten Ereignisse war zweifellos das Zusammentreffen von Kaiser Leopold I. und Kurfürst Max Emmanuel im Jahr 1681 mit dem Abschluss der „Heiligen Allianz“. Einen Eindruck von diesem „großen Fürstentag“ vermittelt das dreidimensionale Raumbild in der Dioramenschau des Altöttinger Marienwerks. Und in der Neuen Schatzkammer erinnern uns aus dem 19. Jahrhundert ein Emailporträt Kaiser Franz Josephs I. und „Sissis“ Brautkranz an die vielfäl-

tigen Verbindungen beider Dynastien mit dem bayerischen Nationalheiligtum von Altötting. Als „Herz Bayerns und eines der Herzen Europas“ bezeichnete Papst Benedikt XVI. Altötting. Sein Besuch im September 2006 war ein herausra-

gendes Ereignis in der Geschichte der Wallfahrtsstadt. Benedikt schrieb: „Ich habe das Glück, ganz in der Nähe von Altötting geboren zu sein. So gehören die gemeinsamen Wallfahrten mit meinen Eltern und Geschwistern an den Gnadenort zu meinen frühesten und schönsten Erinnerungen.“ Ein im Jahr der Papstwahl neu geschaffener 248 Kilometer langer Rundweg, der „Benediktweg“, verbindet die Stätten der Kindheit und Jugend Joseph Ratzingers. Die Radroute beginnt an der „Papstlinde“ in Altötting und führt durch die schönsten Voralpenlandschaften im Südosten Oberbayerns. Der Heimatbesuch von 2006 war nicht der erste Aufenthalt eines Papstes in Altötting. Bereits 1782 weilte hier Pius VI. auf seiner Reise von Wien nach München. Fast 200 Jahre später war der „Gnadenort im Bayernland“ erneut stimmungsvoller Höhepunkt einer Deutschlandreise von Johannes Paul II. Die von ihm gepflanzte „Papstlinde“ und eine überlebensgroße Bronzeskulptur erinnern an den Besuch des seligen Papstes aus Polen im November 1980. www.altoetting.de


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