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Schön wär’s

2000 Briten-Fans im Schwarzenegger-Stadion, 4000 wollten – waren aber den Roten zu viel Die Hürde Middlesbrough für den GAK im UEFA-Cup überwindbar? Schön wär’s ...

Sie werden die Polizei und Sicherheitskräfte in höchste Alarmbereitschaft versetzen und für ein Höllenspektakel im Stadion – hoffentlich nicht in der Innenstadt – sorgen: 2000 Fans wollen Boro in Graz zum Sieg klatschen. 12000 Karten sind bereits im Vorverkauf weg, daher sagte man: „Nein, keine 4000 Karten für die Briten.“ Ein Sieg wäre der größte internationale Erfolg der Roten. Ginge es nur nach der Papierform, den Namen und dem Marktwert der Spieler, dann hätte der GAK schon verloren und keine Chance auf das Viertelfinale im UEFA-Cup. Doch das Leder ist rund, sagt eine Fußballweisheit. Auch am 17. Februar in Liebenau, Rückspiel am 24. Februar auf der Insel. „Boro“ wie in Middlesbrough in England gerufen wird, rangiert derzeit um den 6. Tabellenplatz in der Premiere League und spielt eine tolle Saison. In Österreich läuft die Meisterschaft erst an, der GAK kommt aus dem Trainingslager, ist praktisch ohne Spielpraxis und geht daher „geschwächt“ in diese Herausforderung des Jahres 2005. We i t g e h e n d u n b e k a n n t b e i u n s

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International ist Boro ein unbeschriebenes Blatt, spielen die Briten doch in ihrer 125-jährigen Geschichte erst im abgelaufenen Herbst das erste Mal auf europäischem Boden. Möglich gemacht hat das der Gewinn des CarlingCups, der zweithöchsten Schale im Fußball-England. Die Briten beeindruckten bei ihren Auftritten, schlugen sie doch den tschechischen Meister, spanische Spitzenclubs und schafften so ohne Probleme den Aufstieg in die 4. UEFA-Cup-Runde. Und wer auf der Insel im ersten Tabellen-Drittel praktisch einen Stammplatz hat, der kann jederzeit mit österreichischen Spitzenmannschaften mithalten.

M i t v i e l e n Ve r l e t z t e n n a c h G r a z

Leider nicht in Graz-Liebenau dabei: der spanische Ausnahmekönner Gaizka Mendieta, in seiner Zeit bei Valencia Spielmacher und mit dieser Mannschaft auch im Champions-League-Finale. Die Briten haben

Nach 124 Jahren erster Titelgewinn, dieser ermöglichte Europacup-Teilnahme.

Medieta von Lazio Rom geholt, doch eine schwere Knieverletzung lässt es nicht zu – er ist schon seit längerer Zeit außer Gefecht –, dass er spielt. Ebenfalls nicht in Graz am Spielfeld sind Mark Viduka und die in Österreich wenig bekannten Stars George Boateng und Ugo Ehiogu. Doch die Briten sind deswegen nicht wirklich geschwächt, denn mit Jimmy Floyd Hasselbaink, Blades, Gareth Southgate, Bolo Zenten, Steward Downing, Juniho, Michael Reiziger, dem Australier Marc Schwarzer – um nur einige zu nennen – ist die Mannschaft aus Mittel-England in der Lage, auch in Graz zu gewinnen.

I m S c h n i t t 3 1 . 0 0 0 Z u s e h e r

England ist eine andere Welt, auch was die Begeisterung für den Fußball angeht. Im Schnitt treiben 31.000 Fans im Riverside Stadion von Middlesbrough ihre Mannschaft zum Sieg. Davon sind 26.000 SaisonkartenBesitzer, die dafür zwischen 400,– und 550,– Pfund zahlen. Daneben gibt es noch einen VIPSektor mit so genannten „Executive Boxes“. Rund 30 an der Zahl, wo Unternehmen und Privatiers mit zehn Gästen die Matches verfolgen können und dabei eine VIP-Betreuung genießen. Diese kann man um 700,– bis 2.000,– Pfund kaufen. Und das in einer Stadt, die 150.000 Einwohner hat, also wesentlich kleiner als Graz ist. Das 1995 eröffnete Stadion fasst maximal 35.000 Besucher. Boro-Sprecher Dave Allen glaubt sogar, dass es für das Rückspiel am 24. Februar ausverkauft sein könnte; Voraussetzung ist allerdings, dass Boro in Graz und auch in der Meisterschaft weiterhin gute Resultate schafft und nicht abstürzt. Das Match in Middlesbrough wird vom National TV übertragen. Middlesbrough selbst liegt rund 400 km nördlich von London, in seiner „näheren Umgebung“ gibt es weitere prominente britische Clubs: Nördlich liegt die Stadt Sunderland, derzeit spielt die Mannschaft in der ersten Division, aber auch dort sind 26.000 Zuseher im Schnitt dabei. In der Nachbarschaft von Sunderland liegt Newcastle United, auch international sehr bekannt. Südlich – etwa 100 km – liegt Leeds und das Derby zwischen Leeds und Middlesbrough ist ein ewiger Hit.

35000 Zuseher fasst das Riverside Stadion von Middlesbrough: Beeindruckend sind die 26 000 Dauerkartenbesucher.

E n g l a n d i s t a n d e r s

Zwischen 23,– und 38,– Pfund müssen die Fans für ein Heimmatch in der Premiere League locker machen, um live dabei zu sein. Dass internationale Auftritte und Matches für die Briten nicht unbedingt das Wichtigste sind, lässt sich auch an den Preisen ablesen. So kosten die Karten zwischen 19,– und 31,–Pfund. Der GAK hingegen verlangt gerade für internationale Spiele weit mehr als für nationale. Doch eine kleine Gemeinsamkeit gibt es zwischen den Briten und den Grazern doch: 124 Jahre dauerte es, bis der Fußballclub Middlesbrough die erste große Trophäe schaffte. Das war im Vorjahr mit dem Gewinn des Carling-Cups, der gleichzeitig die Teilnahme am UEFA-Cup ermöglichte. Hunderttausende waren in der Region unterwegs, um diesen Erfolg zu feiern. Und Boro hatte es zwar mehrmals geschafft, ins Finale von britischen Fußballbewerben zu kommen, doch dort setzte es stets Niederlagen. Und wenn man den Konzernchef Steve Gipson – er ist alleiniger Eigentümer des Fußballclubs Middlesbrough und Eigentümer des Chemie-Unternehmens „Bulkhoul“ – fragt, welchen Spieler er vom Grazer SoccerClub kennt, dann sagt er sinngemäß übersetzt: „Kollmann, denn er schoss auch ein Tor gegen England.“ Schön wär’s, würde Kollmann gegen Boro sogar öfters treffen. ■

Top- Scorer Southgate Clubeigentümer und Millionär Steve Gibson beim Jubeln Kopfballstark und brandgefährlich: Downing

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