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Nur ein kleines Halleluja für Red Bull
Blättern wir im Kalender zurück: „Dies ist das größte zusammenhängende Bauwerk, an dem wir je gearbeitet haben“, so Star-Architekt Günther Domenig im Jahr 2003. 40 Mitarbeiter waren damit beschäftigt. 2007 sollte alles fertig sein. Unglaubliche 700 Millionen Euro sollten in das gigantische Projekt investiert werden, von rund 7.000 Arbeitsplätzen in der Bauphase und bis zu 2.000 fixen Jobs im Vollbetrieb war die Rede. Zum großen Schock kam es im Dezember, knapp vor Weihnachten, 2004. Waltraud Klasnic war auf USA-Reise, bekanntlich nach New York gefahren, um dabei zu sein, wie Architekt Günther Domenig dort im österreichischen Kulturinstitut geehrt wurde. Da erreichte sie die Mitteilung über den Spruch des Umweltsenats in Wien, der das Projekt abgelehnt hatte, und daraufhin brach in der steirischen Politik Panik aus. Waltraud Klasnic erlitt den politischen Tod im Oktober 2005 in der Wahlzelle für die Landtagswahl.
Grünes Licht für Mateschitz
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Man kann es drehen und wenden, wie man will: Unterm Strich wird Dietrich Mateschitz nur das wieder herstellen – allerdings neuwertig −, was es schon früher am Ring-Gelände gegeben hat und voreilig abgerissen worden war. Die Wiederherstellung des alten Zustandes steht auch im ursprünglichen Vertrag, wo beim Abschluss allerdings niemand je mit dem Eintreten dieses Unglücksfalls gerechnet hat. Warum die Landesregierung Didi Mateschitz dennoch wie ein rohes Ei in all den Gesprächen und Konflikten anfasste: Weil er sich verpflichtete, den A1Ring auch künftig zu betreiben, und man sonst erst wieder einen Neuen suchen müsste. Das Land hätte dafür sicher keinen Besseren finden können. Das war auch der Hauptgrund, warum die Landesregierung kürzlich die Übertragung der Bescheide für die Errichtung einer Test- und Rennstrecke an Red-Bull-Chef Dietrich Mateschitz beschlossen hat. „Mit diesen Voraussetzungen hat die Landesregierung alle notwendigen Schritte gesetzt, damit Dietrich Mateschitz unverzüglich die Baumaschinen am Ringgelände auffahren lassen kann. Die Ampeln stehen endlich auf Grün“, erklärt Wirtschaftslandesrat Christian Buchmann gegenüber der Kleinen Zeitung.
„Haben alles getan“
Von Mateschitz, der das Projekt als Privatperson abwickelt, ist eine Investition von 30 bis 50 Millionen Euro geplant. Damit sollen der A1-Ring wiedererrichtet sowie Partnergebäude, Boxen und Tribünen gebaut werden. Das Land hatte bis zur Bescheiderklärung bereits 4,5 Millionen Euro investiert und man ist bereit, nochmals in die Tasche zu greifen. Es werden sowohl mögliche Abschlagszahlungen − bis zu 2,8 Millionen Euro − übernommen als auch eine Förderung von 15 Prozent der Invest-Summe − ohne Anrechnung der Vorleistungen − gewährt. „Wir haben alles getan, was notwendig war“, resümiert Landeshauptmann Franz Voves von der SPÖ. Sein Stellvertreter Hermann Schützenhöfer ergänzt, dass man bei der Unterstützung des Projekts „bis zum Maximalen dessen, was zulässig ist“, gegangen sei. Inoffiziell weiß man, dass man diese Grenzen schon längst überschritten hat, doch eine offene Diskussion darüber würde das Projekt neuerlich gefährden. Die gewählte Vorgangsweise: Über eine private Gesellschaft unter der Federführung von Ernst Wustinger, einem ehemaligen Klasnic-Vertrauten – er wurde von ihr als Projektleiter für Spielberg Neu eingesetzt −, wurden schlicht und ergreifend aus Steuermitteln 2,8 Millionen Euro an „Schweigegeldern“ an die Ring-Gegner ausgezahlt. Damit verhinderte man weitere Einwände und den Gang der Gegner zum Umweltsenat – ein ziemlich einzigartiges Vorgehen. Eine besonders pikante Facette: Ring-Gegner Karl Arbesser gestand sogar öffentlich ein, er hätte geglaubt, das Geld käme von Red Bull und nicht von Steuermitteln. Auch der österreichische Naturschutzbund, zuvor ein erklärter Gegner des MateschitzProjektes, war bereit, seine Einwände gegen einen Bar-Erlag von 40.000,− Euro zu vergessen. Weiters engagierte die Spielberg Neu Projektentwicklungsgesellschaft mit Geschäftsführer Ernst Wustinger eine GutachterFirma, die mehr als 700.000,− Euro an Honorar bekam, weitere knapp 300.000,− Euro erhielt eine PR- und Medien-Agentur. Wustinger: „Red Bull wäre bei jeder anderen Vorgangsweise sicher abgesprungen und die Verzögerung wäre wahrscheinlich tödlich für das gesamte Projekt gewesen. Für mich war unser Vorgehen das wirtschaftlich Vernünftigste und“, Wustingers Zusatz, „ich lege Wert darauf, dass ich ohne Honorar für die Gesellschaft gearbeitet habe.“ Der Vollständigkeit halber muss aber gesagt sein, dass es sich bei der Gutachter-Firma um einen langjährigen Freund und Geschäftspartner handelt. Ein Schelm, der dabei auf schlechte Gedanken kommt. KPÖ und Grüne wollten diese Ungereimtheiten bei der Finanzierung der Projektgesellschaft durch den Landesrechnungshof prüfen lassen. ÖVP und SPÖ blockten dies im Landtag einmütig ab, fürchtete man doch neuerlich Mateschitz zu vergrämen.
Das kann kein Zufall sein
Die Steiermark könnte heute bereits mit zwei international attraktiven Rennteststrecken glänzen, dem neuen A1-Ring und einer ebenfalls neuen Rennteststrecke in Voitsberg – das tut sie aber nicht. Zwei private Unternehmen, die Porr AG und die Mandlbauer AG, haben Pläne für den Bau einer Industrie-, Test- und Rennstrecke auf dem Gelände des ehemaligen Kohletagbaues bei Voitsberg eingereicht und auch bereits die UVP hinter sich. In diesem Fall gibt es allerdings niemanden, der mit Steuermitteln Einsprüche abschmettert, daher steht sehr wohl der Gang in die Instanz, also zum Umweltsenat an. Sogar eine Bedarfsprüfung wurde verlangt, was allerdings ein Schuss in den Ofen war, da gerade Magna diese Teststrecke dringend braucht und dies auch bestätigt hat. Es würden nämlich erhöhte Kurven gebaut, die 180 km/h Dauergeschwindigkeit ermöglichen – ein Testerfordernis, welches derzeit durch temporäre Ausnahmegenehmigungen für öffentliche Autobahnen eher schlecht als recht erfüllt wird – und außerdem liegt die Strecke so nah am Magna-Werk, dass die Anfahrt auf eigener Achse möglich wäre, also ohne mühsame und teure Transportlogistik wie am A1-Ring. Ein pikantes Detail am Rande: Das Projekt Voitsberg wurde bereits rund drei Monate vor dem Projekt Spielberg Neu der Herren Wustinger und Co. präsentiert. Man will ja nix unterstellen, aber die Ähnlichkeiten sind schon sehr auffällig. Dazu kommen noch Lustigkeiten wie die Zusage der vollen Unterstützung von Landeshauptmann Franz Voves an die Betreiber Porr/ Mandlbauer für Voitsberg, dann im Landtag die volle Unterstützungsdeklaration für Spielberg. Letzten Endes entschied sich Voves nur für Spielberg, wie auch der Umweltsenat, der gar meinte, es gebe keinen Bedarf für eine Rennstrecke dieser Art. Als wenn das die Aufgabe des Umweltsenats wäre. v
A1 Ring: vorzeitig im Jahre 2004 abgerissen, nun soll er als Red-BullRennstrecke neu entstehen.