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«Unterhaltun

gskünstler»

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Dame des Schachs Seite 14

Ein Kantilehrer auf den Golan-Höhen Seite 6


Das Einkaufszentrum Sälipark in Olten ist wie ein eingespieltes Orchester: Vielseitig, engagiert und mit viel Personality. Lassen Sie sich also von den Good Vibrations begeistern.

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Wir gratulieren den Oltner KabarettTagen zum 30-Jahr-Jubiläum.

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EDITORIAL Mai 2017

Liebe Leser_innen

Viel Spass mit dem Mai-KOLT und bis zum nächsten Monat! Nathalie Bursać

IMPRESSUM VERLAG / HERAUSGEBER Verlag 2S GmbH, Leberngasse 17, 4600 Olten, verlag@v2s.ch, www.v2s.ch VERLAGSLEITUNG Yves Stuber (ys) REDAKTIONSLEITUNG Nathalie Bursać (nb), redaktion@kolt.ch FINANZEN Matthias Gubler INTERNETAUFTRITT Roger Burkhard LAYOUT / SATZ Christoph Haiderer REDAKTIONELLE MITARBEIT Kilian Ziegler, Marc Gerber, Daniel Kissling, Pierre Hagmann, Ueli Dutka (ud), Franziska Monnerat, Donat Blum, Martin Bachmann ILLUSTRATION Petra Bürgisser, Anna-Lina Balke, Anita Allemann FOTOGRAFIE Janosch Abel, Yves Stuber, Daniel Hofer KORREKTORAT Mirjam Läubli LESERBRIEFE leserbriefe@kolt.ch, www.kolt.ch/leserbriefe AGENDA agenda@kolt.ch, www.kolt.ch/agenda ABO Jahresabonnement CHF 79.—(inkl. MwSt), Gönnerabonnement CHF 150.— (inkl. MwSt), abo@kolt.ch, www.kolt.ch/abo INSERATE inserate@kolt.ch, www.kolt.ch/inserieren KONTAKT www.kolt.ch, hallo@kolt.ch AUFLAGE 1'800 ISSN 1664-0780 DRUCK Dietschi AG Druck und Medien, Ziegelfeldstrasse 60, CH-4600 Olten. © 2017, Verlag 2S GmbH. Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit Genehmigung. Die Urheberrechte der Beiträge bleiben beim Verlag. Keine Gewähr für unverlangt eingesandte Manuskripte, Fotos und Illustrationen.

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Cover fotografiert von Daniel Hofer

Schade, haben wir im KOLT schon vor zwei Jahren eine Geschichte über den Ländiweg abgedruckt. Franziska Monnerat, die mittlerweile für KOLT regelmässig über Stadtthemen schreibt, nahm damals vor Ort einen Augenschein und sprach mit den Menschen, für die der Ländiweg ein schöner Ort ist. Aber so ist das nun mal: Gewisse Geschichten kann man nur einmal schreiben. Und Zitate wie folgendes gehen höchstwahrscheinlich in jenem Moment vergessen, wenn man das KOLT nach der Lektüre beiseite legt: «Schaut aus den Geschichtsbüchern auf, öffnet die Augen und geht den Ländiweg entlang. Dann merkt ihr, dass wir gar nicht so schlimme Hunde sind.» Das sagte Patrizia. Unterdessen ist wieder vieles über den Ländiweg gesagt worden, einiges davon war alles andere als schmeichelhaft. Und uns bleibt nur, stolz zu sein auf eine Geschichte, die vor zwei Jahren wie auch heute (und vermutlich noch eine Weile lang) weiter aktuell bleibt und uns zeigt, dass man mit einem neugierigen Blick Dinge erkennt, die man sonst nicht sieht. In diesem Heft findet ihr nun neue, bisher unerzählte Geschichten. Zum Beispiel diejenige über den Oltner Tino Honegger, der vor 15 Jahren aus Olten wegging, weil er Musicalstar werden wollte. Es ist eindrücklich, was er mit viel Fleiss und harter Arbeit erreicht hat. Der Autor Donat Blum hat Tino Honegger in Berlin besucht. Lest das Porträt auf Seite 24. Eine, die es vorzieht, ausserhalb des Rampenlichts zu stehen, ist Catherine Thürig. Die heute 59-jährige Wirtschaftsinformatikerin blickt auf eine beeindruckende Karriere als Schachspielerin zurück. KOLT hat sie zum Gespräch getroffen und für unseren Fotografen Janosch Abel hat sie vor ihrem Übungsschachbrett posiert. Dieses bekam sie einst geschenkt, nachdem sie darauf gegen den berühmten Spieler Garri Kasparow in einem Simultan-Turnier gespielt hatte. Doch das hat sie im Gespräch mit KOLT nicht erzählt – bescheiden eben.


INHALT

KOLUMNEN 32

6 Zwischendrin

Der Chemie-Lehrer Sandro Mollet war für ein Jahr auf den Golan-Höhen als Friedensbeobachter.

GENUSS 20

NaRr Zugfahren bis Milano

Film Einblick in das Leben auf europäischen Bauernhöfen

Kilian Ziegler Kein Text für die, die Steel Drums lieben

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Musik Jenseits der Sprachgrenze

Petra & Adam «Transparon»

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STADT 10 Stadtthema

Literatur

24 Der Entertainer

Eine Karriere als Musicaldarsteller ist ihm nicht genug. Ein Besuch beim Exil-Oltner Tino Honegger in Berlin.

Durch die Decke schauen

34 Der koltige Monat

Die Stadt Olten will wieder mehr Lohn zahlen können

KOLT gratuliert dem Frosch

13 Meinung Zusammen Miete bezahlen, zusammen leben

14 Dame des Schachs

Schach ist eine Männerdomäne und Catherine Thürig fühlt sich dort ziemlich wohl.

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DAS GESPRÄCH

«So nahe am syrischen Bürgerkrieg besteht immer die Möglichkeit, in die Schusslinie zu geraten» Der Kantilehrer Sandro Mollet arbeitete ein Jahr lang auf den Golan-Höhen als Militärbeobachter. Im Interview mit KOLT erzählt er von seinem Arbeitsalltag an der Grenze zwischen Syrien und Israel. Interview von Martin Bachmann Porträt von Yves Stuber

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andro Mollet, was war deine Motivation für einen Einsatz als Uno-Militärbeobachter? Dafür gibt es drei Gründe. Erstens finde ich die Arbeit der UNO wichtig und sinnvoll. Man kann sich darüber streiten, ob und wie viel sie bewirkt, aber ich kann dahinterstehen. Dank der UNO bleiben zumindest die diplomatischen Kanäle zwischen zerstrittenen Staaten offen. Zweitens wollte ich als aktiver Militärdienstleistender nicht nur die WKs in der Schweizer Armee absolvieren, sondern auch einmal einen «Echteinsatz» erleben. Das spielt in den dritten, vielleicht etwas egoistischen Grund hinein: Ich wollte fremde Kulturen und neue Leute in einem internationalen Umfeld kennenlernen. Ursprünglich wollte ich an die Waffenstillstands-Linie zwischen Nord- und Süd-Korea oder nach Pakistan ins Kaschmir-Gebiet. Da es mein erster Einsatz war, wurde mir vom Kompetenzzentrum SWISSINT der Schweizer Armee die Nahost-Mission vorgeschlagen, welche sich auf den Südlibanon und die Golan-Höhen konzentriert. Da die Mission bereits seit 1948 existiert, sind alle Abläufe sehr gut eingespielt: Man wird am Flughafen abgeholt, und zu Beginn findet eine durchorganisierte, einwöchige, einsatzbezogene Ausbildung statt. Wurden deine Erwartungen an diesen Einsatz erfüllt?
Ja, ich hatte während der Mission Kontakt mit Menschen aus über 25 verschiedenen Nationen, das war sehr bereichernd. Während des Einsatzes lernte und übte ich Dinge, die in

der Schweizer Armee mit etwas geringerer Priorität ausgebildet werden, wie zum Beispiel das Leisten von Erster Hilfe. Auf den Golan-Höhen wird der Ernstfall wöchentlich trainiert, denn man muss auf Szenarien verschiedener Art vorbereitet sein. So nahe am syrischen Bürgerkrieg besteht immer die Möglichkeit, in die Schusslinie

«Auf den GolanHöhen wird der Ernstfall wöchentlich trainiert, denn man muss auf Szenarien verschiedener Art vorbereitet sein.» zu geraten. Ebenfalls kann eine Evakuation des Beobachtungspostens notwendig werden, sei es beispielsweise wegen eines Buschfeuers oder wegen einer drohenden Geiselnahme. Hast du einen solchen Ernstfall erlebt? Nein, zum Glück nicht. Bloss einmal haben meine TeamKollegen in der Nacht beobachtet, wie sich in der Nähe des Beobachtungspostens eine Gruppe

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Menschen auf syrischem Boden ansammelte. Sie wussten nicht, wer diese Menschen waren und was sie vor hatten, und alarmierten zur Sicherheit die Eingreif-Reserve der Blauhelm-Mission, zu deren Gunsten wir arbeiten. Die Ansammlung löste sich jedoch bald auf, und es geschah nichts. Aber wir diskutierten oft darüber, was in welchem Fall zu tun wäre, zum Beispiel wenn plötzlich Menschen aus den Flüchtlingslagern auf der syrischen Seite der entmilitarisierten Zone zu einem Beobachtungsposten strömen würden. Ihnen müssten dann andere Organisationen beistehen, wir als UNO-Militärbeobachter dürften ihnen nicht helfen, da wir so unsere Neutralität aufgeben würden. Worin besteht den eure Aufgabe? Wir sind nur da, um zu beobachten und um das Geschehen schriftlich festzuhalten. Aber wie gesagt, das ist Theorie. Wir haben untereinander viel darüber gesprochen, wie ein solches Szenario in der Realität ablaufen würde und ob wir uns an die Vorschriften halten könnten. Was macht man dann als UNO-Militärbeobachter auf den Golan-Höhen den ganzen Tag? In der Regel befinden sich drei bis vier Leute für jeweils eine Woche auf einem mit Betonmauern geschützten Beobachtungsposten, einem sogenannten Observation Post oder kurz OP. Auf dem OP müssen immer mindestens zwei Beobachter sein. Man darf nicht vergessen, dass man in diesem Gebiet momentan den syrischen Bürger-


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DAS GESPRÄCH

Auch Teil des Arbeitsalltags: Bergungsübungen.

Die demilitarisierte Zone auf dem Golan. Im Vordergrund der von Israel installierte Zaun entlang der Waffenstillstands-Linie, syrische Dörfer und im Hintergrund das Mount Hermon-Massiv, welches das Dreiländer-Eck zwischen Syrien-Libanon-Israel bildet.

krieg in Sichtweite hat. Die Beobachter auf dem OP halten fest, wann, aus welcher Richtung und wohin auf der syrischen Seite Artillerie-Geschosse abgefeuert werden oder um welche Zeit in welchem Gebiet Maschinengewehrsalven zu hören sind. Am Abend dann werden die Beobachtungen ausgewertet. Die Hauptaufgabe der OPs ist es aber, zu überwachen, ob die nach dem JomKippur-Krieg von 1973, in welchem Syrien und Ägypten Israel angegriffen haben, vereinbarten Regeln zum Waffenstillstand auf beiden Seiten eingehalten werden. Zu diesen Regeln gehört, dass in der entmilitarisierten Zone keine Waffen stationiert werden und sich dort keine Militärs aufhalten dürfen. Welche Aufgaben hat die andere Hälfte des Beobachtungsteams? Die beiden übrigen Teammitglieder unternehmen sogenannte Car-Patrols und patrouillieren täglich mit der UNO-Flagge am Auto an der israelischen Seite der Golan-Höhen entlang; dabei halten sie die Aktivitäten sowie die Bereitschaftsgrade der israelischen Armee fest. Sie überprüfen, wie viel Kriegsmaterial die Israelis aktuell stationiert haben, ob sie behelmt vor

Nach drei Monaten im Einsatz wird jedem UNO-Militärbeobachter die UNOMedaille verliehen. Sandro Mollet und Oberstleutnant Deborah Warren-Smith (AUS) anlässlich der Zeremonie.

«Ich ging dorthin im Wissen, dass ich diesen Konflikt nicht wirklich verstehe und nahm mir vor, ihn immerhin auf höherem Niveau nicht zu verstehen.» Ort sind oder etwa ob und welche Manöver oder Übungen stattfinden. Es gibt eine begrenzte Anzahl Waffen, die an den jeweiligen Stützpunkten vorhanden sein dürfen. Jeden zweiten Montag findet deshalb ein sogenannter Inspection-Day statt. Dann schreitet man in Begleitung einer israelischen Kontaktperson zur Inspektion der jeweiligen Übungs- und Waffenplätze. Manchmal ist der Chef oder die Chefin der jeweiligen Stellung dabei und wir fragen, wie viele Panzer oder Haubitzen bereitstehen. Wir nehmen die Stellung in Augenschein und gleichen die Informationen ab. Gemäss dem Waffenstillstandsabkom-

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men müsste dasselbe natürlich auch auf der syrischen Seite geschehen, dies war jedoch während meines Jahres vor Ort aufgrund der Situation in Syrien nicht möglich. Wegen der aktuellen Lage im Nahen Osten ist anzunehmen, dass die Vorschriften seitens Israel und Syrien nicht immer genau eingehalten werden. Was geschieht in solch einem Fall? Dass Waffensysteme an Orten gefunden werden, an denen sie gemäss Waffenstillstandsabkommen nicht sein dürften, kommt tatsächlich vor. Die UNO-Militärbeobachter und Militärbeobachterinnen halten dann schriftlich fest, an welchem Datum die Übertretung festgestellt wurde und geben die Information an den Kommandoposten weiter. Von dort gehen die Informationen an die UNO-Blauhelm-Mission weiter. Der Chef der BlauhelmeMission schickt alle drei Monate einen Bericht mit sämtlichen Verstössen beider Seiten an den Hauptsitz in New York. Von dort an ist der Regelverstoss dann Sache der internationalen Politik. Stichwort Politik. In welchem Ausmass hast du während deiner Zeit auf den Golan-Höhen den


Israelische Bushaltestelle in der Westbank. Die T-förmigen Betonkörper sind zum Schutz der Reisenden vor möglichen Attentaten.

Auf dem Beobachtungsposten wird auch gekocht – je nach Situation auch in Schutzausrüstung.

Ein Soldat der Fiji-Inseln beobachtet von der Plattform eines Beobachtungspostens ganz im Norden des Golan die Situation in Syrien.

Konflikt zwischen Israel und den Palästina erlebt? Auf den Golan-Höhen, die sich im Nordosten Israels befinden, ist davon nichts zu spüren. Die Mission, für welche ich im Einsatz war, hat mit der Palästina-Frage nichts zu tun. Aber in meiner Freizeit habe ich ganz Israel und auch die Westbank bereist und musste leider feststellen, dass die Fronten verhärtet sind – deutlich mehr jedenfalls als noch vor 25 Jahren zu Zeiten des Osloer Friedensprozesses. Seit der zweiten Intifada ist die Kompromissbereitschaft auf israelischer Seite kleiner geworden, was ich persönlich durchaus nachvollziehen kann. Israel hat sich aus dem Südlibanon und aus dem Gazastreifen zurückgezogen und muss seither jederzeit mit Raketenbeschuss aus diesen Gebieten durch die Hisbollah bzw. die Hamas rechnen. Eine Mehrheit der Israelis ist daher nicht mehr bereit, die Westbank auch noch freizugeben. Wenn schon, dann müssten sie sicher sein können, dass nach der Gründung eines palästinensischen Staates keine weiteren Angriffe mehr stattfinden. Leider ist davon momentan nicht auszugehen. Auf der anderen Seite sind viele Palästinenser und Palästinenserinnen in der Westbank frustriert und perspek-

«Ich wollte fremde Kulturen und neue Leute in einem internationalen Umfeld kennenlernen.» tivenlos, was ich ebenfalls nachvollziehen kann. Israelische Soldaten entscheiden, ob du den Checkpoint passieren kannst, ob du überhaupt zur Arbeit oder ins nächste Dorf fahren darfst. Die israelische Militärverwaltung entscheidet, wie viel Wasser in die palästinensischen Siedlungen fliesst oder ob Internet und Mobiltelefonie funktionieren. Was ist deine Einschätzung bezüglich Frieden im Nahen Osten zwischen Israel und seinen Nachbarstaaten?
Ich bin ein pragmatischer Mensch. Ich ging dorthin im Wissen, dass ich diesen Konflikt nicht wirklich verstehe und nahm mir vor, ihn immerhin auf höherem Niveau nicht zu verstehen. Trotzdem möchte ich als ein an Kompromis-

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se gewöhnter Schweizer glauben, dass zwischen Israel und seinen Nachbarstaaten prinzipiell Lösungen möglich sein müssten. Seit meiner Rückkehr bin ich deutlich pessimistischer: Ich gehe leider nicht davon aus, dass sich die Region in absehbarer Zeit beruhigt und Frieden einkehrt. Zu gegensätzlich sind die Positionen der Konfliktparteien, und zu komplex ist das Geflecht von Abhängigkeiten auf regionaler und auch internationaler Ebene.

Sandro Mollet (36) wuchs in Schönenwerd auf und lehrt seit 2010 an der Kantonsschule Olten das Fach Chemie. Vom August 2015 bis August 2016 war er als UNO-Militärbeobachter auf den GolanHöhen stationiert. Sein Einsatz wurde koordiniert von Swissint, dem Kompetenzzentrum der Schweizer Armee für friedensfördernde Einsätze. Während dieses Jahres wohnte Mollet in der Stadt Tiberias am See Genezareth.


Die Sache mit dem Lohnkässeli Olten spart – nicht zuletzt beim städtischen Personal. Schon seit Längerem beklagt sich der Stadtrat darüber, dass er vakante Stellen in der Verwaltung nicht besetzen könne. Darum darf er nun im Ausnahmefall den Anfangslohn von neuen Angestellten erhöhen. Ist dies gerechtfertigt? Text von Franziska Monnerat

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ber hundert Angestellte der Stadtverwaltung verfolgten am 25. Juni 2015 die Diskussion im Parterre des Stadthauses. Mit der Teilrevision des Personalreglements, die der Stadtrat dem Parlament an diesem Abend vorlegte, kündigte sich die dritte Sparrunde an. Deny Sonderegger (FDP), dessen Motion «Personalkosten der Oltner Verwaltung an finanzielle Lage anpassen» drei Monate zuvor überwiesen worden war, zeigte sich zufrieden über die Vorlage. Auch das Abstimmungsergebnis fiel in seinem Sinne aus – jedoch zum Leidweisen der anwesenden Stadtangestellten. Eine bürgerliche Mehrheit genehmigte mit 24 zu 18 Stimmen das Entlastungspaket und liess den Widerstand aus den Reihen der Grünen und der Fraktion SP/Junge SP verstummen. Im Budget 2016 wurde folglich die Lohnbandbreite der städtischen Angestellten verkleinert, der Maximallohn reduziert und die individuelle Lohnentwicklung angepasst. Die Änderungen waren noch kein Jahr in Kraft, als der Stadtrat erkannte, dass er übers Ziel hinausgeschossen war. Besonders deutlich zeige sich dies bei der Suche nach neuem Personal, so der Stadtrat. Ein Blick auf die städtischen Stellen-

inserate zeigt: Gesamthaft wurden dreizehn Stellen mit Antrittsdatum zwischen Januar und Dezember 2016 ausgeschrieben. Nur fünf davon konnten auf Anhieb besetzt werden, sagt Patrik Stadler, der Personalverantwortliche und Leiter der Rechtsdienste der Stadt Olten. Bei den anderen acht Stellen bereitete die Suche nach geeignetem Personal Schwierigkeiten. Zwar gingen zahlreiche Dossiers ein, unter denen sich auch geeignete Kandidatinnen und Kandidaten befanden, trotzdem blieb am Schluss der Bewerbungsverfahren niemand übrig, so Stadler. All jene, die für die Stadt in Frage kamen, sagten nämlich von sich aus ab. Gemäss Auskunft von Patrik Stadler habe sich bei den Gesprächen herausgestellt, dass die Bewerber und Bewerberinnen «mehr Gehalt verlangten, als die Stadt ihnen bieten konnte.» Daraufhin habe man bei den Bewerbern nachgefragt und sich informiert. Vergleiche hätten ergeben, dass sowohl privatwirtschaftliche Unternehmen als auch andere Gemeinden für Positionen mit ähnlichem Anforderungsprofil höhere Löhne zahlen würden, so Stadler. Wo genau Auskünfte eingeholt wurden, klärte Stadler auf Bitte von KOLT bei den Direktionen ab, erhielt je-

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doch keine Antwort auf seine Anfrage. Einzig der Werkhof legte offen, dass er Bauunternehmen und Gärtnereien angefragt hatte. Für viele Funktionen seien seit der Sparrunde die Anfangslöhne in Olten «nicht mehr konkurrenzfähig», so Stadler. Um dieser Entwicklung entgegen zu wirken, beantragte der Stadtrat beim Parlament letzten Dezember mehr finanziellen Handlungsspielraum bei den Anfangslöhnen. In einem sechsseitigen Papier schilderte er, was ihn dazu bewegt hatte, eine «Übergangsregelung zur Personalgewinnung» zu treffen. Obwohl der Stadtrat bereits im Vorfeld die Gefahr gesehen hatte, unterschätzte er offenbar deren Ausmass. Zeitgleich mit der Senkung der Anfangslöhne erhöhte sich nämlich seine Kompetenz, zusätzliche Berufserfahrung anzurechnen. Mit bis zu zehn anstatt wie zuvor fünf zusätzlichen Altersjahren wollte er «allfällige Rekrutierungsprobleme in einzelnen Berufsgattungen bei stark angespanntem Stellenmarkt» verhindern. So begründete er die beantragte Änderung im Artikel 22 des Personalreglements, als das Parlament im Juni 2015 dessen Teilrevision verabschiedete. Doch reiche dies nicht, um marktfähige Löhne zu bieten, so der Stadtrat. In


einem zweiten Schritt sollte er darum nun das Jahressalär um zehn Prozent erhöhen können. Wie Stadtpräsident Martin Wey in seinen mündlichen Ausführungen während der Parlamentssitzung im Dezember betonte, würde diese Massnahme nur im Ausnahme- und nicht im Regelfall angewandt, und dies auch nur dann, wenn zwei Marktvergleiche vorlägen. Alle Fraktionen stimmten dafür, nur die SVP warnte vor einem möglichen Schaden. Rechnet man nach, so zeigt sich, dass die Anfangslöhne per 1. Januar 2016 um bis zu 30 Prozent sanken. Je älter die frisch eingestellte Person, desto grösser ist die Lohndifferenz. Die reduzierten Leistungslohnkomponenten sorgen nämlich dafür, dass Berufsjahre weniger hoch angerechnet werden. Erfahrung zählt zwar noch, zahlt sich aber nicht mehr aus. Im Kader jedoch wird diese vorausgesetzt. Wer künftig eine Abteilung, einen Bereich oder gar eine ganze Direktion leiten soll, muss sich zuvor Führungsqualitäten angeeignet haben. Eine Stelle im mittleren Kader der Direktion Öffentliche Sicherheit ist seit nunmehr einem Jahr vakant: die der Bereichsleitung Verkehr. Als Anstellungsbehörde beschliesst der Stadtrat in seinen montäglichen Sitzungen, ob und wie Stellen wieder zu besetzen sind und berät das weitere Vorgehen, wenn dies nicht gelingt. Wie sich im Protokoll vom 21. November 2016 nachlesen lässt, würden zwei Personen alle Voraussetzungen erfüllen, haben die Stelle jedoch abgelehnt. Als Grund dafür nannten sie, dass sie am aktuellen oder früheren Arbeitsort monatlich um bis zu 1000 Franken mehr verdienen würden. Beim Vorstellungsgespräch als Bereichsleitung Verkehr würde einer möglichen Nachfolge im Alter von 40 Jahren heute monatlich mindestens 7 300 Franken in Aussicht gestellt werden, vor der Sparrunde wären es etwa 8 500 Franken gewesen. Wie gross ist nun der Spielraum des Stadtrats, um mit mehr Lohn besseres Personal zu gewinnen? Rechnet der Stadtrat zehn zusätzliche Altersjahre an, kommt man auf einen Monatslohn von 7 600 Franken. Mit der maximalen Erhöhung um zehn Prozent, wie es nun in einem zweiten Schritt möglich ist, ergibt sich ein monatliches Salär von geschätzten 8 400 Franken. Schöpft der Stadtrat die beiden Massnahmen also in vollem Masse aus, kann er den Anfangslohn nahezu auf das frühere Niveau anheben. Je älter die Person, die sich bewirbt, desto grösser bleibt die Differenz.

Auch andere Direktionen verzeichneten Engpässe: So muss etwa das Amt für Kindes- und Erwachsenenschutz in der Direktion Soziales seit November mit einem Berufsbeistand weniger auskommen. Berufsbeistände begleiten hilfsund schutzbedürftige Menschen in allen Lebensbereichen, vertreten sie beispielsweise gegenüber Behörden. Von vier Personen, die während der ersten Bewerbungsrunde zum Vorstellungsgespräch eingeladen wurden, entsprach nur eine den Anforderungen. Um der – wie es im Protokoll des Stadtrats heisst – «erfahrenen Stellensuchenden mit Leistungsausweis» – mehr Lohn bieten zu können, beantragte der für die Direktion Soziales zuständige Stadtrat Peter Schafer zehn zusätzliche Berufsjahre. Der Stadtrat gab diese in seiner Sitzung Mitte September statt. Wie die erneute Stellenausschreibung eines Berufsbeistandes Anfang Jahr nahelegt, sagte die

Für viele Funktionen seien seit der Sparrunde die Anfangslöhne in Olten «nicht mehr konkurrenzfähig».

Kandidatin trotzdem ab. Immer wieder Wechsel zu verzeichnen sind auch im Sozialamt, was sich jedoch auch darauf zurückführen lässt, dass sich die Sozialregion Olten bei den Arbeitspensen an einen kantonalen Verteilschlüssel halten muss und deshalb Stellen teilweise nur befristet ausschreiben kann. In der Direktion Präsidium führt Stadler die Stelle der wissenschaftlichen Assistenz des historischen Museums als Beispiel für die Notwendigkeit der Übergangslösung an. Nicht die Suche nach einer Nachfolge gestaltete sich schwierig, das Problem war viel mehr, dass die bereits bestehenden Assistenzstellen viel höher eingestuft waren und deshalb eine Anpassung vorgenommen werden musste. Die Baudirektion hingegen hielt während mehrerer Monate Ausschau nach einem Haus- und

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Platzwart für das Eisstadion Kleinholz und die Stadthalle. Am Beispiel der Baudirektion zeigt sich auch, dass nicht nur hohe Lohnklassen, sondern auch tiefe von der Problematik betroffen sind. Zwar ist der Fehlbetrag dort nicht so gross, dafür fällt er mehr ins Gewicht. Schon seit längerer Zeit unterbesetzt ist das Team des Werkhofs. Ist Not am Mann, sammeln diejenigen die Abfallsäcke ein, welche sonst den Rasen im Stadtpark mähen. Neben einem Müllmann hat der Werkhof ebenfalls lange vergeblich zwei Gärtner gesucht. Wer einen Lehrabschluss in der Tasche hat und zehn Jahre Berufserfahrung mitbringt, verdient als solcher bei Antritt einer Vollzeitstelle monatlich etwa 5000 Franken – vor der budgetbedingen Lohnanpassung wären es 600 Franken mehr gewesen. In Anbetracht des Ausmasses, in welchem die Anfangslöhne sanken, scheint die Notlösung berechtigt, um neues Personal zu gewinnen. Jedoch bringt die Ausnahmeregel in der Ausnahmesituation auch Ungerechtigkeit in ein gerechtes System, weil sie bessere Anstellungsbedingungen für einzelne schafft. Der Stadtrat ist sich dessen bewusst und prüft deshalb gegenwärtig alle Änderungen im Zuge der dritten Sparrunde. Im Herbst will er dem Parlament einen Vorschlag für eine erneute Teilrevision des Personalreglements unterbreiten. Wie Patrik Stadler bestätigt, laufen die Gespräche mit den Personalverbänden und der Betriebskommission bereits. Um im Interesse der Mitarbeiterschaft zu handeln, bindet der Stadtrat diese frühzeitig ein – anders als 2015, als der Stadtrat die Änderung im Alleingang ausarbeitete.

Abakaba Seit acht Jahren verwendet die Einwohnergemeinde Olten das Bewertungsverfahren Abakaba, um die Löhne der städtischen Mitarbeiter zu berechnen. Als Basis dient der sogenannte Funktionslohn, der sich danach richtet, wie hoch die Anforderungen und Belastungen sind. So lässt sich jede Funktion innerhalb der Oltner Verwaltung in einer Skala, bestehend aus 34 Lohnklassen, einordnen. Zum Funktionslohn hinzu kommt ein individueller Lohnanteil, abhängig von Berufserfahrung und Leistung.


OFF THE RECORD LESERPOST

«Mein Nachbar hat mir die Ausgabe vom Februar in den Briefkasten gelegt, mit einem Hinweis auf euren melancholischschönen Bericht. Als Heimweh 68er-Oltner schlug mein Herz gleich etwas schneller. Nicht nur, weil ich in Olten aufgewachsen bin, sondern vielmehr wegen des wunderbaren Titelbildes, des schönen Textes und der Protagonisten, die man sofort gern bekommt. Hinzu kommt, dass ich auch ein Rahmenbauer bin, der das Handwerk und die feine Qualität zelebriert und eine Galerie führt – sehr ähnlich wie die beiden in Olten.»

Dani aus Aarau via E-Mail zur Titelgeschichte über die Galerie «Au Trésor» im Februar-KOLT.

Mysterium Bahnhofsplatz

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as wichtigste Entwicklungsprojekt der Stadt Olten heisst «Neuer Bahnhofsplatz Olten», kurz NBO. Wie der Stand des Projekts lautet, wie dieser Bahnhofsplatz ausschauen wird oder was und mit welchen Mitteln dort bezweckt werden soll, das weiss die Öffentlichkeit nicht. Das, was die Stadt kommuniziert, klingt in etwa so: Das ist unser wichtiges Projekt. Wir müssen uns darauf konzentrieren. Es kostet viel Geld. Und ja: Es ist wichtig. Einverstanden, es ist wichtig! Aber wie kommt das Projekt voran? Wie schaut es aus? Wann beginnen die Bauarbeiten, und welches Projekt wird denn überhaupt umgesetzt? Durch ein wenig Recherchearbeit lässt sich Folgendes herausfinden: In den Jahren 2012 und 2013 fand im Auftrag der Stadt Olten, der SBB und des Kantons Solothurn eine Testplanung mit vier ausgewählten Architekten- und Städteplanteams statt. Im Januar 2014 erschien der «Schlussbericht zur Testplanung Neuer Bahnhofsplatz Olten», dem man entnehmen kann, dass planerische Grobkonzepte erstellt wurden, um eines davon letztendlich als Projekt weiterzuführen. Dieses stammt vom Büro «van de Wetering» und sollte als Basis für den Masterplan dienen. Weiter werden im Schlussbericht «vorgesehene Massnahmen» festgehalten, unter anderem solche, die «kurz- bis mittelfristig» umgesetzt werden sollen – also bis ca. 2020. Später, im Juli 2014, steht im sogenannten «Synthesebericht», dass diese Massnahmen (immerhin fallen darunter unter anderem auch ein neuer Aaresteg für den Fussgänger- und Veloverkehr!)

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ab 2018 realisiert werden sollen. Ab Juli 2014 herrscht dann mal städtische Funkstille. Bis im Januar 2016, als die Stadt dann kommuniziert, dass die Neugestaltung des Bahnhofsplatzes weiter vorangetrieben werden solle. Das ist eine interessante «Neuigkeit» – eine, die seit dem Jahr 2014 unverändert dieselbe geblieben war. Objektiv betrachtet, sind 1.5 Jahre ohne weitere Entwicklung verstrichen. Neu wurde aber der Zeitpunkt des Baubeginns «nach aktuellem Zeitplan» auf 2022/23 angesetzt – also 4 bis 5 Jahre später als ursprünglich vorgesehen. Das war die letzte offizielle Kommunikation bezüglich der Entwicklung des NBO. Das Thema geriet erst im März dieses Jahres wieder in die Medien. Der Grund: ein vermeintlicher Nachtragskredit für die weitere Projektierung des neuen Bahnhofplatzes (also geht ja doch was!). Das Parlament hat der Oltner Regierung in dieser Sache unter anderem «schlechte Kommunikation» vorgeworfen. Seit Juli 2014 bis heute 2017 hat sich rein objektiv beim Projekt «Neuer Bahnhofsplatz Olten» inhaltlich nichts weiterentwickelt. Das bedeutet, dass sich auch beim Projekt «andaare» nichts getan hat, denn dieses wurde zu einem beträchtlichen Teil in eben diesen NBO integriert. À propos: Im November 2014 kommunizierte die Oltner Regierung, dass die Realisierung des anderen Teilprojekts von «andaare» mit dem Namen «Aufwertung Aareraum light» voraussichtlich in zwei Etappen in den Jahren 2016 bis 2017 erfolgen könne...

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MEINUNG

Neue Nachbarschaften

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ngetrieben vom gemeinsamen Interesse an günstigem Wohnraum gründete eine Gruppe von rund 20 Eisenbahnern 1953 die Baugenossenschaft Flügelrad. Die Stadt Olten sprach einen Kredit über 1.12 Millionen und finanzierte damit die Baukosten für 40 Wohnungen. Das Ziel der Genossenschaft Flügelrad: genossenschaftlich und sozial verwaltete Wohnungen zu günstigen Preisen vermieten. Heutzutage scheint es viele nicht zu stören, einen beachtlichen Teil ihrer Miete dem Immobilienbesitzer zu schenken und dabei zuzuschauen, wie sich ihr Geld mitunter an den schönsten Flecken Oltens zu einstöckigen Privatpalästen auftürmt. Aber ich möchte gar nichts weiter dazu schreiben. Lieber erwähne ich, dass es heute in der Stadt über 500 genossenschaftlich getragene Wohnungen gibt. Natürlich: Die Bewohner bezahlen etwas weniger Miete, weil sie nur das bezahlen, was auch für sie selbst Wert hat. Und sie kennen ihre Nachbarn und Nachbarinnen persönlich, weil sie hin und wieder zusammensitzen müssen, um über neue Waschmaschinen und anstehende Renovationen zu diskutieren. Sie begegnen sich häufiger, da sie sich bei der Reinigung des Treppenhauses abwechseln. Vielleicht trauen sie sich dadurch auch eher, an der Tür nebenan anzuklopfen und nach einer Tasse Mehl oder einem Schraubenzieher zu fragen. Dabei müssen sie wohl kaum erwarten, ent-

Matthias Tschopp (28) arbeitet Teilzeit als Baumpfleger und Forstwart, engagiert sich im Netzwerk «Olten im Wandel» und ist in der Freizeit gerne in den Bergen oder mit dem Velo unterwegs. Nach einigen Wanderjahren wohnt er wieder in seiner Heimatstadt Olten.

«Die Bewohner bezahlen etwas weniger Miete, weil sie nur das bezahlen, was auch für sie selbst Wert hat. Und sie kennen ihre Nachbarn und Nachbarinnen persönlich, weil sie hin und wieder zusammensitzen müssen»

täuscht zu werden. Denn das Modell der Genossenschaft beruht auf dem Grundsatz «Hilfe zur Selbsthilfe». Es stellt eine juristische Organisationsform dar, welche es Menschen mit einem gemeinsamen Interesse ermöglicht, gleichberechtigt eine Sache zu besitzen und zu bewirtschaften.

Wohn- und Baugenossenschaften sind in der ganzen Schweiz verbreitet und erleben seit der Jahrtausenderwende einen erneuten Aufschwung. Viele Städte unterstützen ihre Genossenschaften, indem sie Bauland oder Kredite zur Verfügung stellen. Diese neu entstehenden Nachbarschaften ermöglichen neben einer soziokulturellen Vernetzung auch energie- und flächensparende Wohnformen und bringen individuell vielfältigen Mehrwert für ihr ganzes Umfeld, beispielsweise durch ein angegliedertes Gemeinschaftszentrum. Leider werden in unserer Stadt die Möglichkeiten für neue Genossenschaftsprojekte immer mehr verbaut. Dadurch verteuert sich nicht nur der Wohnraum, sondern Olten verpasst auch die Chance, sich durch innovative Projekte zu einer modernen und zukunftsorientierten Stadt zu entwickeln. Und wir verpassen die Möglichkeit, durch selbstbestimmten Wohnraum unser Wohnen und Leben nach unserem Geschmack zu gestalten. Die Genossenschaft Flügelrad schreibt auf ihrer Homepage: «Wir hoffen, dass allmählich der Sinn und Zweck einer Genossenschaft wieder aufblüht, (...) und dass wir in Zukunft auch neue Projekte und verdichtetes Wohnen verwirklichen können.» Hoffen wir mit?

KOLT ONLINE

«Ich mache mich mit der Erkenntnis auf den Nachhauseweg, dass ich so bald wie möglich so viel wie möglich von Südamerika sehen möchte, aber auch mit dem Wissen, dass ich Reiseweisheiten immer noch lieber mag, wenn ich sie mir – auf ein hübsches Kärtchen gedruckt – in die Wohnung hängen kann.» Marie-Christine Friedli über die Dia-Show des Weltreisenden Günter Wamser «Feuerland in Alaska». Die Review liest du in voller Länge unter: bit.ly/diashow KOLT

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Text von Nathalie Bursać Fotos von Janosch Abel

Die Spielerin Catherine ThĂźrig hat drei Olympiaden bestritten und war Schweizer Meisterin in einer Sportart, von der man sagt, dass nur Hochbegabte sie beherrschen: Schach.

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Ohne Journalismus keine Demokratie.

Und ohne Demokratie keine Freiheit. Wenn der Jour­ nalismus stirbt, stirbt auch die offene Gesellschaft, das freie Wort, der Wettbewerb der besten Argumente. Freier Journalismus war die erste Forderung der liberalen Revolution. Und das Erste, was jede Diktatur wieder ab­ schafft. Journalismus ist ein Kind der Aufklärung. Seine Aufgabe ist die Kritik der Macht. Deshalb ist Journalismus mehr als nur ein Geschäft für irgendwelche Konzerne. Wer Journalismus macht, übernimmt Verantwortung für die Öffentlichkeit. Denn in der Demokratie gilt das Gleiche wie überall im Leben: Menschen brauchen vernünftige Informationen, um vernünftige Entscheidungen zu treffen. Guter Journalismus schickt Expeditionsteams in die Wirklichkeit. Seine Aufgabe ist, den Bürgerinnen und Bürgern die Fakten und Zusammenhänge zu liefern, pur, unabhängig, nach bestem Gewissen, ohne Furcht vor nie­ mandem als der Langweile. Journalismus strebt nach Klarheit, er ist der Feind der uralten Angst vor dem Neuen. Journalismus braucht Leidenschaft, Können und Ernst­ haftigkeit. Und ein aufmerksames, neugieriges, furchtloses Publikum. Sie!

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n jenem legendären Sommer 1972, als Fischer und Spassky weit weg im kühlen Reykjavik um den Titel des Weltmeisters spielten, las Catherine Thürig daheim in Delémont den Sportteil des Blicks. Sie las die Berichte über diesen «Jahrhundertmatch» und spielte jede Partie Zug für Zug daheim auf einem alten Holzbrett nach. Da war sie 14. Schach, so heisst es heute, wurde 1972 dank dem aufreibenden Kampf zwischen dem jungen Amerikaner Bobby Fischer und dem amtierenden russischen Weltmeister Boris Spassky so richtig populär. Doch Catherine kannte Schach schon lange. Einige Jahre zuvor hatte ihre grosse Schwester dieses Spiel mit den 32 Holzfigürchen auf den 64 Feldern aus den Ferien beim Grossvater mit nach Hause gebracht. Doch der Schwester verging die Freude rasch, als die kleine Catherine mit ihren gerade einmal sechs Jahren schon beim ersten gemeinsamen Spiel siegte. Es war der Moment, als in Catherines Leben Schach zu passieren begann. «Doch ich hatte niemandem zum Üben, denn mein Grossvater starb kurze Zeit später», erzählt sie. «Also musste ich andere Leute finden. Das war damals nicht so einfach. Es gab keine Junioren-Schachsektionen, keine Schach-

«Es muss ein mühsames Warten gewesen sein, Spielwut im Bauch und weit und breit kein Gegner.»

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computer. Es war kompliziert.» Sie spielte hie und da mit einer Schulfreundin. Oder manchmal hatte sie Glück, und jemand setzte sich zu ihr an den Tisch, wenn sie in der Beiz des elterlichen Hotels das Brett aufstellte und wartete, bis ein Gast einkehrte, der Schach beherrschte. Es muss ein mühsames Warten gewesen sein, Spieltrieb im Bauch und weit und breit kein Gegner. Weil sich der örtliche Schachclub immer in Restaurants traf, durfte Catherine Thürig dem Club erst beitreten, als sie 16 Jahre alt wurde. «Und plötzlich machte ich sehr schnell grosse Fortschritte», erzählt sie. Sie spielte Vereins- und Mannschaftsmeisterschaften, und Schach passierte nun endlich richtig. Nach der Matura begann sie ein Jus-Studium, gab es nach ein paar Semestern wieder auf und stieg voll in die Berufswelt ein. Das Spiel blieb Teil ihres Lebens. In den 80er-Jahren zog sie vom Jura nach Olten und trat dem Schachklub Olten bei. Es war eine Zeit, als im Klub auch viele Osteuropäer spielten – sie, die mit Schach aufgewachsen waren, als wäre es Fussball. Ärzte, Juristen, Büezer und Catherine. Schachspielende Frauen gab es damals in den 80er-Jahren nur wenige. Und auch heute noch sieht es nicht anders aus. «Der Frau-


enanteil im Schachsport liegt bei drei Prozent, im Schachklub Olten meistens nur bei einem Prozent.» Aktuell ist sie die einzige Frau im Klub und eines der Ehrenmitglieder. Dass Frauen im Schach früher so selten waren, hatte auch Vorteile. «Sobald man besser als der Durchschnitt spielte, war man in der Nationalmannschaft», sagt sie. Und solche Aussagen sind es, die einem den Eindruck vermitteln, dass Catherine Thürig mit ihren Erfolgen gerne zurückhält. «Hallo, ich bin Catherine, ich bin Schachspielerin!», diesen Satz habe man von ihr sehr selten gehört. Auch wenn ihr ehrfürchtige Blicke sicher gewesen wären. Das ist bescheiden für jemanden, der an drei Schacholympiaden und an zwei Mannschafts-Europameisterschaften gekämpft hat. Ihre erste Olympiade war diejenige 1990 in Novi Sad, im damaligen Jugoslawien. 130 Nationen, die weltbesten Spieler und Spielerinnen trafen aufeinander. Die Schweizer Damenmannschaft erreichte den 29. Platz. Ungarn wurde Olympiameister. Damals mit im Team: die drei berühmten Polgár-Schwestern, die von ihrem Vater zu Schachgenies herangezogen worden waren. Judit Polgár, die heute als die beste Schachspielerin aller Zeiten gilt, war da-

«Schachspielende Frauen gab es damals in den 80er-Jahren nur wenige. Und auch heute noch sieht es nicht anders aus.»

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mals gerade einmal 14 Jahre alt. Zwei Jahre später würde sie vom internationalen Schachverband FIDE den Titel eines Grossmeisters verliehen bekommen – die höchste Auszeichnung, die es im Schach gibt. «Man wird bescheiden in diesem Sport», sagt Catherine Thürig. «Es gibt immer andere, die besser sind als du, sogar viel besser.» Es gab Zeiten, da habe sie davon geträumt, eines Tages auch den FIDE-Titel zu erhalten. Sie kam zwar mit der nötigen Punktezahl von über 2100 sogenannter ELO in die internationale Liste, konnte diese aber nicht über die notwendige Anzahl Partien hinweg halten. Manchmal, wenn die Niederlagen besonders hart waren, dachte sie sich: «Hätte ich doch in diesen tausenden von Stunden, in denen ich Schach trainierte, besser zwei Sprachen gelernt». Sie lacht, als sie das erzählt. Auf drei Olympiade-Teilnahmen blickt Thürig heute zurück. Nach der Olympiade in Novi Sad folgten diejenige 1994 in Moskau und 1996 jene im armenischen Jerewan. Insgesamt 17 Jahre lang spielte sie im Schweizer Damenkader. Mittlerweile ist sie noch Mitglied des B-Kaders.


«Nach der Olympiade in Novi Sad folgten diejenige 1994 in Moskau und 1996 jene im armenischen Jerewan.»

Die langen Schachkämpfe sind weniger geworden, stattdessen unternimmt sie lange Wanderungen in den Bergen. Früher war sie eher eine Rennerin. Denn eine gute Kondition war nötig, damit sie die langen Partien durchhielt. Die gute körperliche Kondition half ihr dann auch während ihres berufsbegleitenden Studiums, das sie mit 47 Jahren in Angriff nahm. «Als Frau und älteres Semester war ich da eine krasse Aussenseiterin». Als sie dann erzählte, sie sei einmal Schweizer Meisterin im Schach gewesen, sahen die Schulkollegen sie dann doch mit etwas anderen Augen an. Die mehr als vier Jahrzehnte Schachtraining machten sich nicht nur im Studium bezahlt, sondern auch in ihrem jetzigen Job als Wirtschaftsinformatikerin: Man werde hartnäckig, gebe nicht so schnell auf, stelle sich den Problemen, erzählt Catherine Thürig. Und ja, sie erfasse manche Situationen schneller als andere, erkenne komplexe Zusammenhänge leichter. Und wenn die Leute sich darüber wundern, dann lässt sie sich dann hie und da doch zu einer knappen Erklärung hinreissen: «Ich bin Schachspielerin», sagt sie dann. Und die Leute verstehen sofort.

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Bundesturnier 2017 Das Schach-Bundesturnier findet dieses Jahr zum fünften Mal in Olten statt und wird vom Schachklub Olten (SKO) organisiert. Rund 300 Schachspielerinnen und Schachspieler werden vom 25. bis 28. Mai im Hotel Arte erwartet. Neben den drei Hauptturnieren und den beiden Seniorenturnieren für die lizenzierten Mitglieder des Schweizerischen Schachbundes (SSB) gibt es dieses Jahr zum ersten Mal auch ein Hobby-Turnier für reine Amateure und Amateurinnen. Informationen unter: www.swisschess.ch, www.skolten.ch


SERIE

FILM

Bauernopfer Der österreichische Dokumentarfilm «Bauer unser» ist eine leise Forderung nach Veränderung in der globalen Landwirtschaft.

B

von Pierre Hagmann

esser als jedes Glückspost-Heft: Die bisher teuerste aller teuren Netflix-Serien stillt den Appetit nach Insider-Stories aus dem britischen Königshaus. Und wenn ihr jetzt sagt, ihr habt gar keinen Appetit, dann dürft ihr euch darauf verlassen, dass dieser mit dem Schauen kommt. «The Crown» ging letztes Jahr online und riss alle Feuilleton-Mitarbeitende von ihren gepolsterten Drehstühlen. Ja, so gut ist diese Serie, die uns die Geschichte der berühmten Queen Elisabeth II erzählt. Heute ist die Queen ungefähr 90 Jahre alt. Die Dramaserie «The Crown» erzählt uns, was die Queen in ihrem langen, langen Leben erlebt hat. Die Geschichte beginnt, als Elizabeth gerade einmal 24 Jahre jung ist und aufgrund des Krebstodes ihres Vaters zur Königin von England ernannt wird. Was daraufhin folgt, ist die Geschichte einer Emanzipation, wie man sie am Bildschirm wohl selten gesehen hat. Ein Genuss, manchmal schmerzhaft, manchmal traurig und sehr oft einfach verdammt interessant. (nb)

The Crown

1+ Staffel, 10 Episoden, Drama, Netflix, 2016

DIE

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in Dokumentarfilm über österreichische Bauern: Klingt erstmal nicht so sexy. Ist es auch nicht, aber «Bauer unser» ist sehr interessant und ziemlich cool. So wie einer der Protagonisten, ein junger Bauer, der sagt: «Ich sehe mich selber als Bauern, ganz straight», während nebenan die Kühe muhen, und er findet seinen Beruf «irgendwie cool», denn schliesslich gebe es bis dato keinen anderen auf der Welt, der mehr Menschen mit Brot und Arbeit versorge. So idyllisch ist es dann aber doch nicht, denn der Probleme in der Landwirtschaft sind viele, und um diese geht es im Film von Regisseur Robert Schabus. Die Rede ist von einem «völlig perversen System», und gemeint ist konkret, dass der Markt für Lebensmittel ein global geöffneter geworden ist. In sehr unaufgeregten Aufnahmen kommen etliche Vertreter der Branche zu Wort, nicht nur Bauern, auch Politiker, nationale und europäische, Verbandsvertreter, Industrielle, und in der Summe ergibt sich ein relativ klares Bild, dem Österreich nur als Exempel dient: Dieser Weltmarkt für Lebensmittel ist Unfug. Als Grundübel entlarvt wird die westliche Vorstellung, dass Lebensmittel ganz günstig zu sein haben, damit

ALBEN MEINES LEBENS

Jamie Cullum The Pursuit Dieses Album habe ich so lange gehört, bis es fast durchsichtig war. Jamie Cullum ist ein unglaublicher Musiker, der einen sowohl via Platte als auch live in seinen Bann zieht.

mehr Geld für andere (Luxus-)Güter übrigbleibt. So geht es den Bauern immer mehr an den Kragen, und das im wahrsten traurigen Sinn des Wortes: Die zunehmende Perspektivenlosigkeit und Einsamkeit vieler Landwirte hat zu einer dramatisch steigenden Suizidrate geführt. In Frankreich, heisst es im Film, sei keine andere Berufsgruppe in vergleichbarem Ausmass von Selbstmord betroffen. Wie es soweit kommen konnte, dieser Frage geht der Film Schritt für Schritt nach, mit klaren Worten und stillen Bildern, wie beispielsweise mit jenem vom Mann in der Maschine, die sich durch den dichten Nebel und das Feld pflügt. Für etwas Aufheiterung zwischendurch sorgt Johann Schlederer, Geschäftsführer der österreichischen Schweinebörse. Der Mann sagt sicher interessante Dinge, aber es ist etwas schwierig, seinen Worten zu folgen, weil der glatzköpfige Mann äusserlich auf witzige Weise selber an die Tiere gemahnt, über die er spricht.

«Bauer unser»

(A, 2016) Filmstart Deutschschweiz: 11. Mai

von Ritschi

John Mayer Continuum Ich weiss nicht, ob nur Musikschaffende dieses Album toll finden. Ich weiss jedoch, dass fast alle meine Berufskollegen und -kolleginnen auf «Continuum» stehen.

Michael Jackson Thriller Mein All-Time Favourite. Dieses Album kann ich auch 35 Jahre nach seinem Release immer noch geniessen. Die Songs klingen, als wären sie eben erst produziert worden.

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Patent Ochsner Schlachtplatte Mit diesem Album entdeckte ich die Mundartmusik. Bis zur Schlachtplatte interessierte ich mich ausschliesslich für fremdsprachige Musik. Merci, Büne!

Coldplay A Rush of Blood to the Head Diese Band mit ihrem einzigartigen Sound hat mich 2002 infiziert, und lässt mich seither nicht mehr los.


MUSIK

Entdeckung aus Lausanne

ICH TRAGE B A RT L O M E .

Musik entdecken ist wunderbar, vor allem, wenn sie noch niemand kennt. Naja, konkret: niemand, der Deutsch spricht. von Marc Gerber

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ins vorweg: Die Französischkenntnisse des Autors beschränken sich auf «Moi, toi et le roi» und «J'amairais une Bier». Und nein, ich habe keine Ahnung, was Virginie Florey, die sich Sandor nennt, auf Französisch singt. Das ist aber auf eine gewisse Art wie im Film «Die Verurteilten», als Andy das ganze Gefängnis durch die Lautsprecher mit einer Operette beschallt. Es spielt keine Rolle, was Sandor singt, solange es wunderbar klingt, und das ist hier mehr als nur der Fall. Ein Mix zwischen Chanson und sphärischen Klängen, gespickt mit 80er-Synthies, die im Moment so «in» sind: Und trotz elektronischer Einflüsse aus einer Zeit, als der Atari 2600 noch als modern galt, kommt ihre Musik nicht kitschig daher. Entdeckt habe ich die Lausannerin in einer Neuenburger Bar, es muss irgendwann zwischen 2013 und 2014 gewesen sein. In der Bar wurde geraucht, viel geraucht, eine kleine Band stand auf der Bühne, und obwohl wir eigentlich nur Neuenburg unsicher machen wollten, blieben wir und gönnten uns das ganze Konzert. Der Hut, der nach dem Konzert rumgereicht wurde, war randvoll mit Geld – und

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das ist das einzige, was mir von diesem Abend noch geblieben ist. Das lag vielleicht am Bier. Doch dieses Jahr habe ich die fast vergessene Künstlerin wiederentdeckt – und auch dieses Mal war ich nicht wegen ihr da, sondern wegen dem Headliner am «One of a Million»Festival in Baden. Und wieder hat sie mich fasziniert, dieses Mal mit ihren neuen Songs. Verzweifelt bin ich nach dem Konzert zum Merchandise-Stand gerannt, doch ich wurde enttäuscht. Weder gab es eine Platte von Sandor, noch nicht einmal ein T-Shirt. Ein Album gibt es bis heute nicht, dafür aber immerhin eine EP. Schade, denn die Scheibe «Bar de nuit» macht mit vier Liedern so neugierig, dass ich nur hoffen kann, dass man Sandors Alternativ-Chanson-Synthie-Mix bald in Vollversion erleben darf. Die Bar in Neuenburg hat sie verzaubert und vielleicht verzaubert Virginie Florey bald auch die Deutschschweiz. Und bis dahin – versprochen – wird sich der Autor mit Hilfe eines Pons-Wörterbuches an die Übersetzung ihrer Songtexte machen.

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Pietro Mangarelli | Brille von VINYLIZE

Bartlomé Optik AG Brillen und Kontaktlinsen Hauptgasse 33 - 4600 Olten www.bartlome-optik.ch


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BUCH

von Daniel Kissling

In den Himmel schauen oder zumindest an die Decke

NORWEGIAN WOOD von Haruki Murakami

Murakami schafft es, unglaubliche Nähe zu den Protagonisten aufzubauen. Er nimmt uns mit auf die intimen Entdeckungsreisen von Toru Watanabe und erzählt uns von seinen einzigartigen Erfahrungen. Ein gutes Buch, um abzutauchen in eine andere Welt, die emotional ist und auffressend zugleich. Josh Guelmino, KOLT-Autor

EINE GESCHICHTE DER WELT IN 100 OBJEKTEN von Neil MacGregor

Die Sphinx der Tharqa, die steinerne Maske der Olmeken, der Warren Cup oder die Grosse Welle vor Kanagawa: der britische Kunsthistoriker und ehemalige Direktor des British Museums erzählt in diesem schmuckvollen Sammelband die Geschichten berühmter Kunstwerke aus den letzten zwei Millionen Jahren. Es ist das perfekte Buch für auf den Nachttisch – Kulturgeschichte in Häppchen, leicht und unterhaltsam geschrieben. Nathalie Bursać, Chefredaktorin

Immer ist alles schön von Julia Weber

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anchmal will man einfach weg, einfach davonrennen vor den Erwartungen, den Umständen, der Verantwortung und vor sich selbst. Manchmal will man einfach flüchten und wenn das nicht geht, aus ganz praktischen Gründen oder weil einen halt doch was zurückhält, dann flüchtet man sich einfach in sich hinein, in seine Fantasie, so wie es Anais tut, ihre Mutter Maria und den kleineren Bruder Bruno an der Hand. In Julia Webers von den Kritikern zu Recht hochgelobtem Roman-Debüt «Immer ist alles schön» ist Anais, ein Mädchen an der Schwelle zur Pubertät, nicht nur die Ich-Erzählerin. Sie gibt nicht einfach nur wieder, was sie sieht, zum Beispiel, wie ihre Mutter betrunken nach Hause kommt oder morgens fremde Männer aus dem Schlafzimmer schlurfen. Durch ihre Schilderungen gestaltet Anais ihre Welt selber, sodass aus den Männern plötzlich Riesen werden und aus der kleinen Wohnung ein verwunschenes Versteck, das es zu beschützen gilt. Auf der anderen Seite hingegen steht Maria, Anais Mutter, und stolpert durchs Leben, überfordert mit allem, vor allem mit sich selbst. Und so flüchtet auch sie, doch nicht in Worte, sondern eben in die Arme von Männern, für die sie tanzt und sich auszieht, in den Wein, der sie «weich» macht, oder unter die Dusche, stundenlang. Dann wechselt die

Perspektive, die kindliche Mutter richtet das Wort an ihre Tochter. Und versucht (nicht zuletzt sich selbst) zu erklären, wie alles kam, wie es eben kam. Und stellt sich vor, wie es sonst noch sein könnte, wenn... In ihrem jubelnden Urteil kann man den Kritikern nichts als zustimmen. «Immer ist alles schön» ist ein bestechend einfühlsames, wunderschön melancholisches Buch voller Verständnis für die Schwächen und Fehler eines Menschen, über die Liebe zwischen einer Tochter und ihrer Mutter. Doch liegt die Stärke in Julia Webers Erstling nicht darin, dass die Autorin authentisch den Blick und das Innenleben eines Mädchens zu imitieren versucht, wie manche Kritiker behaupteten. Im Gegenteil: Es ist gerade der Verzicht darauf und der Entscheid für eine ganz eigene, gleichzeitig klare und verträumte, leise und eindringliche Kunstsprache, die «Immer ist alles schön» so einnehmend macht, die einen mitnimmt in die kleine Wohnung. Und plötzlich liegt man neben Anais am Boden und schaut durch die weisse Decke in einen blauen Himmel.

Julia Weber

Immer ist alles schön

Limmat Verlag, Zürich 2017. 256 S. ISBN: 978-385-791-823-0

www.bijouterie-maegli.ch

AnziehungskrAft

liegt in unserer nAtur. KOLT

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WO SPIELT DIE MUSIK?

AM TRESEN

Güügele im Park – ein Plädoyer: Es hat genug Platz für alle (immer!); man ist von Natur umgeben (und dennoch mitten in der Stadt), man kann so viele Freunde und Freundinnen einladen, wie man will; niemand schaut komisch, wenn man alleine mit einem Bier dort sitzt (oder liegt), niemand muss Gläser abwaschen; man muss an keinem Tresen anstehen; es gibt keine Diskussionen darüber, wie man die Rechnung (und das Trinkgeld) aufteilt; meistens ist jemand da zum Spielen (wenn nicht, hat’s Fitnessgeräte); falls man Getränke-Nachschub braucht, hat’s um die Ecke eine Tankstelle; niemand schmeisst einen raus, wenn man sich eine Pizza hinbestellt; überhaupt schmeisst einen niemand niemals raus; Flaschen kühlen kann man auch – im Brunnen; es hat Kunst zum Betrachten (und zum Besteigen – wenn man zu der Sorte «lustige Besoffene» gehört); der Park hat immer

geöffnet, 24 Stunden am Tag, auch an Feiertagen; und es hat Bänkchen zum Knutschen, immer.

Stadtpark

Richtung Trimbach

In dieser Ausgabe dreht sich alles um Alex Knost: AllroundKünstler und Surfer aus Costa Mesa, Kalifornien. Alex Knost fotografiert, dreht Filme, malt Bilder und macht Musik. Auch baut er unter dem Labelnamen «Brown Microwave Television» Surfbretter. Seine Inspiration holt er sich aus der Surfund Subkultur der 60er- und 70erJahre. Diese Orientierung findet sich auch in seiner Musik wider. Mit der Band Tomorrows Tulips kreiert er einen experimentellen Lo-Fi SurfRock mit Psychedelia-Einflüssen. Die Musik dröhnt aus einem alten Radio in einem Bus am Meer und beschreibt die wunderschöne Aussicht auf den Ozean und seine Wellen. Ohne kitschig zu sein, schafft es die Band, den Lifestyle einer Surf-Sub-Kultur cool und lässig rüberzubringen und ist somit vor allem jetzt in der wärmeren Jahreszeit wärmstens zu empfehlen. (ud)

MOST WANTED

Stadtbibliothek Nordische Krimis kommen wohl nie mehr aus der Mode. Gut für dessen in der StadtRoman bibliothek das aktuell beliebteste Buch ist. Alle wollen wissen, wie Vizepolizeikommissar Carl Mørck seinen siebten Fall löst.

Jussi Adler-Olsen «Selfies»

Jugendbibliothek In den Ferien einfach mal so Stonehenge abreissen und einen Rolls-Royce zu Schrott fahren? Not cool. Das denkt sich auch Kai, der dank seinem stetigen Begleiter, dem Superhelden Coolman, lauter Chaos verursacht. Die Leseratten in der Jugendbibliothek scheinen Coolman aber zu mögen: Der Comic

«Coolman und ich – rette sich, wer kann» von Bertram & Schulmeyer ist grad sehr angesagt, äh, cool. (nb)

experimentaljelly.com

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literatur.ch

sechsundzwanzigster siebenundzwanzigster achtundzwanzigster mai zweitausendundsiebzehn


Tino will es Tino kann es Vom Kantisc h체ler zum M usicalt채nzer, Tino Andrea vom S채nger Honegger zo zum Comedia g vor 15 Jahr weite Welt d n: en weg von O es Musicals. H lt e n eute lebt der in die schafft weite 35-J채hrige in r an seiner gr Berlin und ossen Karrier e als Entertain er. Text von D

onat Blum

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Fotos von D

aniel Hofe

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m 12. März postet Tino Andrea Honegger auf Facebook ein Foto aus der Garderobe: Er selbst mit wildem schwarzen Haar, düsterer Schminke und in Strapsen. Mit #billkaulitzinstrapsen und #lovemyjob kommentiert er das Bild. An diesem Abend wird er in Erfurt einen Kollegen als Frank N. Furter in der Rocky Horror Picture Show vertreten. Den extrovertierten Hausherrn dieses Stücks hat er an den Burgfestspielen Jagsthausen und auf dem Kreuzfahrtschiff MS Europa bereits mehrfach gespielt. Die Rolle ist ihm nicht fremd, und trotzdem packt ihn das Lampenfieber, wie immer vor Premieren: Was, wenn er plötzlich vergisst, dass sich in Erfurt die Bühne dreht, oder sie sich schneller dreht als angenommen? Pro-

ben konnte er für den einmaligen Einsatz nur mittels DVD. «Ich kann das», schiebt er die Zweifel zur Seite, «jetzt erst recht», stachelt er sich an und nimmt diese für ihn typische, leicht trotzige Haltung ein, mit der er sich und «allen anderen» schon mehrfach bewiesen hat, dass er gerade dann zur Höchstform aufläuft, wenn es keiner von ihm erwartet. 1982 geboren und in Olten aufgewachsen, treibt Tino in seiner Jugend viel Sport: Triathlon und Eishockey. Kurz vor der Matura überlegt er sich noch, eine Profikarriere als Eishockeyspieler einzuschlagen, auch will er Sport und Musik studieren. Eine Knieverletzung macht ihm aber einen Strich durch die Rechnung. Mehr aus Spass als mit ernsten Absichten meldet er sich in den Sommerferien vor Schul-

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«Ich mag das, wenn man von mir denkt: ein bisschen crazy, aber cool.»


abschluss zu einem Musicalworkshop in Frankfurt an. Selbst hatte er damals erst wenige Musicalaufführungen live erlebt. Aber er war eine Rampensau. «Das war ich schon immer», sagt Tino und lacht schelmisch. Zurückgelehnt sitz er auf einer grossen, braunen Ledercouch in seinem Wohnzimmer in Berlin Moabit. An der Wand ein schillerndes Öl-Gemälde einer Buddha-Figur, hohe Decken mit Stukkatur und mitten im Raum ein weisser Yamaha-Flügel. Tino liebt es, auf der Bühne zu stehen, zu singen: Hauptsache, das Publikum ist gut unterhalten. Das Gymnasium absolviert er mit dem Schwerpunktfach Musik. In Frankfurt motivieren ihn die Leiter des Musical Workshops zu einem Studium an der Hamburger «Stageschool of Music, Dance and Drama». «Singen ja, aber tanzen...», sagte man ihm in Olten, und auch während des Studiums bekam er es immer wieder zu hören: «Du bist kein Tänzer.» Für Tino Motivation genug, das Gegenteil zu beweisen. Er zieht nach Hamburg, lebt zeitweise nur von Pasta mit Ketchup, um sich das Studium an der Privatschule zu finanzieren und trainiert von morgens bis abends. Einen Achillessehnenriss steckt er weg. Der Widerstand bestärkt ihn nur noch mehr darin, Musical-Darsteller zu werden. Für den Sport habe er niemals «so sehr gebrannt», wie für die Momente auf der Musical-Bühne, sagt Tino. Als Musical-Darsteller kann er all das, was für ihn wichtig ist, gleichzeitig ausleben: körperliche Betätigung, Sport, Singen und Menschen zu unterhalten. Musicals würden oft unterschätzt, sagt Tino. Sie werden mit Oper, Tanz oder Theater verglichen und stehen dann im Vergleich minderwertig da. Dabei ist es gerade die Mehrspartigkeit, die sie auszeichnet. Zwei Stunden am Stück auf der Bühne zu singen, zu tanzen und eine Rolle zu mimen: Das sei eine Kunst für sich. «Und sind wir ehrlich: Welche der anderen Künste begeistert eine solch breite Masse? Die Musical-Szene in Deutschland ist wahnsinnig. Jede Stadt – und manchmal kommt man nicht einmal auf die Idee, dass das eine Stadt sein könnte – hat ein Stadttheater, und jedes dieser Stadttheater zeigt Musicals», sagt Tino.

Das Tanzen beginnt er immer mehr zu lieben. Vor drei Jahren erhält er schliesslich die Chance, allen zu zeigen, dass er es entgegen ihrer Erwartungen auch hervorragend gut kann: In Kriens wird er in «Saturday Night Fever» als Tony engagiert – eine der tanzintensivsten Männerrollen überhaupt. Der Coup gelingt mit Bravour. Nach bald 1000 Shows im Musicalbusiness beginnt er aber auch etwas zu vermissen: das Persönliche, die eigene

«Die Musical-Szene in Deutschland ist wahnsinnig. Jede Stadt – und manchmal kommt man nicht einmal auf die Idee, dass das eine Stadt sein könnte – hat ein Stadttheater, und jedes dieser Stadttheater zeigt Musicals.»

Kreativität. Letzten Endes ist es stets eine enggefasste Rolle, die er auszufüllen hat: Von anderen ausgedacht, von der Regie zurechtgerückt, und für die Laufzeit eines einzigen Musical bis zu 150 Mal wiederholt. Das stumpft ab, aber weckt auch Lust auf Neues. Er kontaktiert das Management von Til Schweiger, um die Musical-Rechte an einem der kommerziell erfolgreichsten deutschen Filme überhaupt zu erwerben: «Knocking On Heavens Door».

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In einem Anzug spricht er bei Til Schweiger vor und es gelingt ihm, den Schauspieler von sich und seinem Geschäftspartner zu überzeugen. Sie erhalten das Exklusivrecht, den Filmstoff für ein Musicalstück zu adaptieren. Welchen Rattenschwanz das nach sich ziehen würde, dies war den beiden anfänglich nicht bewusst. Ein Komponist und ein Texter mussten engagiert werden. Das kostet mehr Geld als erwartet, und mehr, als ihr Budget zulässt. Doch die wenigen schlaflosen Momente spornen Tino nur zusätzlich an: Jetzt erst recht! Mit der Hilfe von privaten Geldgebern finanziert er die ersten Schritte, und nach zwei Jahren gelingt ihm auch der nächste Coup: Tino findet Partner, welche die Entwicklungskosten von «Knocking On Heavens Door» übernehmen. Er und sein Geschäftspartner gründen einen eigenen Musical-Verlag. «Gross zu denken lernte ich wahrscheinlich erst mit dem Wegzug aus der Schweiz», so Tino. «Wenn Musical studieren, dann in der Musical-Stadt Hamburg», sagte er sich vor 15 Jahren in Olten, und stiess damit in der Stadt eher auf Skepsis. Seine Familie unterstützte ihn, aber einen «innerlichen Flickflack machten sie nicht». Seine Eltern und sein älterer Bruder haben beruflich sicherere Wege eingeschlagen. «Die meisten Leute können sich nicht vorstellen, dass man seinen Träumen und nicht den vorgezeichneten Wegen folgt», sagt Tino. Trotzdem oder gerade deswegen zog er in die Hansestadt und spielte in den Jahren nach Studienabschluss in unzähligen Shows, bevor ihn 2012 erneut die Weite lockte: Berlin. Nur hier in Berlin sei das möglich, wofür er derzeit am meisten «brenne»: Seine eigene Late-Night-Show namens «Berlin in einem Zug». Einmal monatlich, fast immer ausverkauft. «Oder wo sonst kommen an einem Mittwochabend 200 Leute zu deinem völlig unbekannten Anlass?» Zusammen mit Lars Redlich hat er «die abgefahrenste Show der Hauptstadt», wie sie im Untertitel heisst, entwickelt. In der Kulisse eines Berliner U-Bahnzuges führen sie mit Musikcomedy durch den Abend und präsentieren drei Gäste aus verschiedenen Spar-


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Kreative Arbeiten finden sich, auch wenn die Kundschaft ausbleibt.

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«Den Leuten für zwei Stunden einen Ausbruch aus dem Alltag zu ermöglichen – das ist meine Berufung. Zwei Stunden Disneyland in einer doch irgendwie immer dunkler werdenden Welt, dafür brenne ich noch immer.»

ten der Kleinkunstszene. Auf seiner Facebook-Seite zeigt Tino sich Arm in Arm mit Walter Andreas Müller oder Michael Elsner. Die Late-Night-Show bietet ihm und Lars Redlich die ideale Plattform, um sich in der für sie neuen Szene zu vernetzen. «Und vielleicht wird daraus mal eine Fernseh-Show», sagt Tino. Kennen gelernt haben sich Tino und Lars Redlich als Musical-Darsteller. 150 Aufführungen der Deutschland-Tournee von «Grease» haben sie gemeinsam bestritten, und dabei entdeckt, dass sie beide es lieben, nicht nur als Musicaldarsteller, sondern auch als Live-Entertainer auf der Bühne zu stehen. Seither teilen sie sich in Berlin Moabit eine Wohnung und treffen sich zwischendurch «auch einfach mal in der Küche», um an neuen Ideen zu feilen. Im Wohnzimmer stehen neben dem weissen Yamaha-Flügel ein Verstärker und

ein professionelles Aufnahmegerät. Hier ist im letzten Sommer auch ihr inoffizieller EM-Song «Holland ist nicht mit dabei» entstanden, der auf Youtube bis heute rund 66 000 Mal angeklickt worden ist. Berlin sei einfach voller Inspiration und Möglichkeiten, sagt Tino. «Hier wird man nicht wie in der Schweiz als erstes gefragt: Und wovon lebst du? Wie finanzierst du dein Leben?» Neben der Arbeit an «Knocking on Heavens Door» tut er das derzeit mit der Entwicklung eines Kindermusicals, das im September uraufgeführt werden soll. Er ist als Regisseur tätig, unterrichtet in Workshops Schauspiel und tritt nicht nur als Comedian, sondern auch weiterhin als Musical-Darsteller auf. «Ich mag das, wenn man von mir denkt: ein bisschen crazy, aber cool», sagt Tino, und lacht ver-

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führerisch aus der Ecke der Ledercouch. Als Comedian geniesst er die Herausforderung des Unvorhersehbaren: «Das ist nicht die perfekte Show, wie dies bei einem Musical der Fall ist. Man weiss nie, ob die Leute lachen oder gelangweilt rausgehen werden.» Aber auch das Feuer für die schillernde Parallelwelt der Musicals hat er nicht verloren: «Den Leuten für zwei Stunden einen Ausbruch aus dem Alltag zu ermöglichen – das ist meine Berufung. Zwei Stunden Disneyland in einer doch irgendwie immer dunkler werdenden Welt, dafür brenne ich noch immer.»


KILIAN ZIEGLER

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Eine Frage des Steels

von Aylin Troxler

Pesca Pesca Marmor, Mussolini-Marmor, Milano Centrale, ein Tempel für den Fortschritt, für die Technik. Bevölkert von Rollkoffern, Aktentaschen, Rosenkränzen. Ihre Tickets dienen ihnen als Fächer, sie schwitzen und wir auch. Der Kondukteur raucht unter einem Schild mit durchgestrichener Zigarette drauf. Freccia Rossa – roter Pfeil. Wir steigen ein, drin ist es kühl, verstauen unsere Koffer, nur ein paar Minuten später ist Emma eingeschlafen, den Rucksack auf dem Schoss, die Wasserflasche umklammert, den Kopf an der Scheibe. Ich sitze daneben und küss sie auf die Wange und sehne mich nach ihr. «Pesca! Pesca!» sagt eine Frau zu einem Alten, vielleicht ihr Vater. Sie drückt ihm einen Pfirsich in die Hand, und als er reinbeisst, tropft ihm der Saft, trotz Vorsicht, trotz Taschentuch, in den wuchernden weissen Bart. Er sieht etwas abgekämpft aus, der Mann. Seine goldene Uhr glänzt am Handgelenk. Ein Mafioso auf dem Weg nach Hause, nach Jahren auf der Flucht.

Aylin Troxler (*1984) wohnt in Kriens, arbeitet in einem Grossraumbüro in Luzern und schreibt, u.a. fürs Narr. www.dasnarr.ch

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ine Steel Drum (oder auch Pan Drum) ist ein aus Trinidad stammendes, aus Stahlfässern hergestelltes Instrument. Wikipedia erklärt, dass sein Klang mit Sonne, Sandstrand und Karibik assoziiert wird. Darum passt es wahrscheinlich so gut in die Schweiz. Wer kennt sie nicht, die sonnenverwöhnten Sandstrände von Dübendorf oder Murgenthal? Aber im Ernst: Schweizerinnen und Schweizer, die versuchen, karibische Rhythmen zu trommeln, sind wie eine Rolex, die Salsa tanzen will. Geht nicht! Das ist nur ein Grund, warum ich Steel Drums nicht ausstehen kann. Eine Auswahl weiterer Argumente: 1. Der Name Steel Drum ist doppelter Etikettenschwindel: Eine solche hat weder Stil, noch ist sie still. 2. Auf Deutsch übersetzt, heisst sie (bitte mit HitlerStimme laut lesen) «Stahltrommel». Nicht umsonst braucht der StahltrommelZuhörer Nerven aus Stahl. 3. Gerüchte behaupten, Van Gogh habe sich ein Ohr abgeschnitten, weil er eine Steel Drum gehört habe. 4. Steel Drums sind schlecht für Beziehungen. Alltagsbeispiel: «Schatz, ich habe eine Affäre mit Klara aus der Steel-Band.» «Was? Das kann ich nicht glauben! Du bist in einer Steel-Band?!» 5. Gewisse Stimmen behaupten, Steel Drums seien von der Blöckflöten-Lobby erfunden worden, damit die Flöte nicht mehr als unbeliebtestes Instrument gilt. 6. Manchmal lade ich an Samstagabenden eine Steel-Band (ohne Instrumente) zu mir nach Hause ein, nur damit sie nirgendwo anders Unheil anrichten kann. 7. Falls (!) ich irgendwann mal sterben sollte, dann möchte ich, dass an meiner Beerdigung eine

Steel-Band spielt. Die Trauergäste sollen denken: «Er ist zwar tot, aber immerhin muss er das hier nicht mehr miterleben.» 8. Noch nie wurde der Satz gesagt: «Hast du dieses krasse Steel-Drum-Solo gehört? Legendär!» Noch! Nie! 9. Man munkelt, dass Boxer vor Kämpfen Steel-Drum-Musik hören, um richtig aggressiv zu werden. 10. Jedes Jahr wird die Steel-Drum-Weltmeisterschaft durchgeführt. Bei diesem Wettbewerb gibt es nur Verlierer. 11. Wenn man bei Steel Drums richtig mitklatschen will, buht man auf die 2 und die 4. 12. Ein beliebtes Kleidungsstück bei Steel Drummern ist das Hawaii-Hemd – wahrscheinlich, um von der Musik abzulenken. 13. Ein Synonym von Steel Drum ist Steel Trump. 14. Auf einer Steel Drum kann man nur eine Tonart spielen: die falsche. 15. Steel Drums wurden aus Versehen erfunden. Als dem Erfinder klar wurde, was er für ein Monster erschaffen hatte, wollte er sich das Leben nehmen. Als er dann das erste Mal einen Song auf einer Steel Drum hörte, kollabierte er sowieso und starb an einem Ohr-Infarkt.

«Auf einer Steel Drum kann man nur eine Tonart spielen: die falsche.»

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Eine stilvolle Zeit Kilian Ziegler PS: Jedes Mal, wenn man eine Steel Drum spielt, sorgt man dafür, dass die Trommel durch die Schläge ganz leicht beschädigt wird. Je mehr man sie benutzt, desto kaputter geht sie. Die Steel Drum schafft sich also selber ab – ein Hoffnungsschimmer.


PETRA & Adam

Transparon

von Adam Schwarz (Text) und Petra Bürgisser (Illustration)

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as Ganze fängt damit an, dass der chinesische Kosmetikhersteller Taiyang, der auf der Suche nach einem Hautaufhellungsmittel ist, mit Glasfröschen experimentiert. Die firmeneigenen Forscher reizen die Frösche durch wiederholten Schlafentzug dermassen, dass diese ein Serum absondern. Daraus stellt die Firma eine gallertartige Crème her. Eine Handvoll Studienteilnehmer ist angewiesen, das Produkt zu testen. Kaum haben sie die Crème jedoch appliziert, verfärbt sich ihre Haut erst grau, bevor sie ins Glasige übergeht. Auf einmal sehen ihre Hände wie skelettiert aus. Geschrei. Die Studienteilnehmer rennen zum Waschbecken. Versuchen, sich die Substanz abzuschrubben, erst mit Kernseife, dann mit Alkohol. Zu spät: Das Serum hat ihre Hautzellen bereits durchdrungen. Ein halbes Jahr später, im Frühjahr, ist in den Kinos ein Werbespot zu sehen. Eine junge Frau mit Sonnenbrille liegt an einem Karibikstrand, dazu Keyboardmusik. Da rennt ein Labrador auf sie zu, in der Schnauze eine hellblaue Tube. Die Frau lacht, nimmt die Crème und reibt sich damit ein. Ihre Hand bewegt sich langsam vom Fuss

hoch zu Oberschenkel. Es sieht aus, als würde sie sich schälen. Die Achillessehne schillert in der Sonne, gefolgt vom Quadrizeps. Als sie schließlich fast ihren ganzen Körper transperiert hat, reisst sie sich die Sonnenbrille vom Gesicht. Ihr Schädel grinst, wendet sich der Kamera zu und zwinkert. «Transparon – steh zu dir», sagt sie. Bald beginnen Promoter, an den Eingängen beliebter Clubs Probedöschen zu verteilen. Nicht nur in Tokyo, New York und Berlin, auch in der Schweiz. YouTube-Stars featuren die Salbe in ihren Hauls. Schon warnen Mediziner, die Crème

führe zu inneren Verbrennungen, Organschäden gar. Doch die Debatten, die daraufhin in den Medien entbrennen, lassen die Nachfrage nur weiter wachsen. Verzweifelte Eltern versuchen vergeblich, ihre Teenager davon abzubringen, sich mit Transparon Spiralen rund um den Bauchnabel zu zeichnen. Manche Teenager machen sich gar einen Spass daraus, sich vor dem Küssen die Wangen mit der Salbe einzureiben, damit alle Welt die Verknotungen ihrer Zungen beobachten kann. Ob an der Zürcher Chinawiese, am Kleinbasler Rheinufer oder in der Oltner Badi: Im Sommer liegen die Menschen dicht an dicht und schauen wie Anatomiepräparate aus. Es ist nicht mehr wichtig, eine Thigh Gap oder ein Sixpack zu haben. Dafür wetteifert man um die Farbe der Niere, die Form des Herzens und die Grösse der Lungenflügel. Und endlich zählen die inneren Werte.

Adam Schwarz ist Mitarbeiter der Oltner Literaturzeitschrift «Narr». Im August erscheint sein Romandebüt «Das Fleisch der Welt» (Zytglogge Verlag).

THE POWER OF THE REGION.

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Gheidgraben 4, 4601 Olten, Telefon: 062 205 60 60, kaeser-elektro.ch


DER KOLTIGE MONAT

Wir gratulieren dem Oltner Start-Up Ticketfrog zur Goldmedaille in der Kategorie Innovation und zum «Master of Swiss Web 2017»!

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n der Verleihung der «Best Of Swiss Web Awards» 2017 im Zürcher Kongresshaus, der Oscarverleihung der Schweizer Web-Szene, hat «Ticketfrog» den Titel «Master of Swiss Web» gewonnen, die höchste Auszeichnung, die einem Internetprojekt in der Schweiz verliehen werden kann. Die Oltner Firma hat ein kostenloses Ticketing-Tool entwickelt, von welchem in erster Linie kleine bis mittelgrosse Veranstalter profitieren. Auch viele Oltner Veranstalter nutzen das kostenlose Produkt. KOLT wurde von Ticketfrog an die Feier eingeladen, weil wir zurzeit gemeinsam ein weiteres praktisches Werkzeug

für die regionale Kulturveranstalter entwickeln. Wir freuen uns jetzt schon darauf, euch voraussichtlich nach dem kommenden Sommer darüber zu informieren! Übrigens konnte niemand erraten, warum auf dem Tisch unseres Bürokumpanen Markus Müller Legos liegen.... es gäbe immerhin eine Flasche Schämpis zu gewinnen! Wir sehen uns an den Kabarett-Tagen oder sonstwo in der Stadt! Bis dahin wünschen wir dir baldigen Sommer. Dein KOLT

Wir liefern die Energie fürs Leben in der Region. Aare Energie AG Solothurnerstrasse 21 Postfach 4601 Olten Telefon 062 205 56 56 Fax 062 205 56 58 info@aen.ch www.aen.ch


Dr. med. Alexander Just Leitender Arzt Dermatologie

Informationsveranstaltung Dienstag, 16. Mai 2017

DermaCare: Moderne ästhetische Dermatologie und medizinische Kosmetik – Was steckt dahinter? Ort .................... Pallas Klinik (Eingang Nr. 26, 4. Stock) Louis Giroud-Strasse 20, 4600 Olten Beginn ..............18.30 Uhr, Dauer ca. eine Stunde Anmeldung ...... unter www.pallas-kliniken.ch/infoveranstaltung oder Telefon 058 335 00 00 Wir freuen uns, Sie bei uns zu begrüssen! Pallas Kliniken AG • info@pallas-kliniken.ch • www.pallas-kliniken.ch


«Manchmal nachts fällt Gold von den Sternen.» Aus dem Musical Mozart

COVER – für bezaubernde Stunden.

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