KOLT Oktober 2016

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EDITORIAL Oktober 2016

Liebe Leser_innen

Markus Dietler ist einer, der die Seite gewechselt hat. Vor 15 Jahren kündigte er seinen Job als Journalist und wurde zum Stadtangestellten. Seither übernahm er Stück für Stück immer mehr Aufgaben. Manche Stimmen behaupten, er sei mächtiger als der Stadtpräsident selbst. Franziska Monnerat kennt Dietler von ihrer Arbeit als Journalistin, in vielen Fällen ist er ihre erste Ansprechperson, wenn sie für ihre KOLT-Recherchen zum Telefonhörer greifen muss. Für einmal wurde Dietler zum Objekt ihrer journalistischen Arbeit. Lesen Sie auf Seite 18 das Porträt eines Mannes, über dessen Schreibtisch so gut wie jedes Geschäft geht – und der selbst nur schwer durchschaubar ist. Eine spannende Lektüre mit dem Oktober-KOLT wünsche ich Ihnen! Nathalie Bursać

IMPRESSUM VERLAG / HERAUSGEBER Verlag 2S GmbH, Leberngasse 17, 4600 Olten, verlag@v2s.ch, www.v2s.ch VERLAGSLEITUNG Yves Stuber (ys) REDAKTIONSLEITUNG Nathalie Bursać (nb), redaktion@kolt.ch FINANZEN Matthias Gubler INTERNETAUFTRITT Roger Burkhard LAYOUT / SATZ Christoph Haiderer REDAKTIONELLE MITARBEIT Kilian Ziegler, Marc Gerber, Daniel Kissling, Pierre Hagmann, Ueli Dutka (ud), Franziska Monnerat, Tinu Bachmann ILLUSTRATION Petra Bürgisser, Anna-Lina Balke, Gaia Giacomelli, Pascal "Tokijad" Hofer FOTOGRAFIE Janosch Abel, Remo Buess, Roman Gaigg, Yves Stuber LEKTORAT Mirjam Läubli, Hannes Zwicker LESERBRIEFE leserbriefe@kolt.ch, www.kolt.ch/leserbriefe AGENDA agenda@kolt.ch, www.kolt.ch/agenda ABO Jahresabonnement CHF 79.—(inkl. MwSt), Gönnerabonnement CHF 150.— (inkl. MwSt), abo@kolt.ch, www.kolt.ch/abo INSERATE inserate@kolt.ch, www.kolt.ch/inserieren KONTAKT www.kolt.ch, hallo@kolt.ch AUFLAGE 1'800 ISSN 1664-0780 DRUCK Dietschi AG Druck und Medien, Ziegelfeldstrasse 60, CH-4600 Olten. © 2016, Verlag 2S GmbH. Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit Genehmigung. Die Urheberrechte der Beiträge bleiben beim Verlag. Keine Gewähr für unverlangt eingesandte Manuskripte, Fotos und Illustrationen.

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Cover fotografiert von Remo Buess

In gewisser Hinsicht dreht sich dieses Heft um das Thema «Bleiben». Einerseits ist KOLT der Frage nachgegangen, warum eine bestimmte Sorte Menschen nicht in Olten bleiben will: die Studierenden. Und von denen gibt es hier so einige, erst recht, seit vor drei Jahren die Fachhochschule Nordwestschweiz gleich hinter dem Bahnhof ihren Oltner Standort eröffnete. Warum pendeln Studierende lieber täglich nach Olten, statt sich hier eine Bleibe zu suchen? Lesen Sie auf S. 12, wie sich der Wohnungsmarkt für diejenigen präsentiert, die nur über ein kleines Budget verfügen.


INHALT

6 Im Gespräch Mike Zettel organisiert so viele Events, dass selbst er manchmal den Überblick verliert

10 Lokalkolorit

32 Herr Waldmann

Zum dritten Mal holt Tobias Waldmann eine Vielzahl von Musikschaffenden auf eine Bühne. KOLT hat den Musiker daheim besucht.

GENUSS

«Coucou» ist das Stadt- und Kulturmagazin von Winterthur

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KOLUMNEN

Alicia Vikander tritt in die Fussstapfen von Ingrid Bergman

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Film

NaRr

Musik

Tom steht vor dem Spiegel

Unser Kolumnist freut sich über eine nicht ganz neue Neuentdeckung

Kilian Ziegler Herr Luginbühl fragt sich, ob er vielleicht doch besser auf das Geld hätte schauen sollen

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12 Studentenstadt?

Ein Blick auf den Wohnungsmarkt zeigt, dass Studierende, die gerne in Olten wohnen würden, es nicht einfach haben, günstigen Wohnraum zu finden.

Petra & Rebecca

28 Literatur Erwachsenwerden im Auerhaus

«November»

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STADT

Dicke Post und inspirierendes Beisammensein

Der koltige Monat

16 Meinung Susanne Schaffner denkt über pinke Möbel auf grünen Wiesen nach

18 Der Stadtschreiber

KOLT hat dem Mann über die Schultern geschaut, über den einige sagen, er sei mächtiger als der Stadtpräsident selbst.

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DAS GESPRÄCH

«Die Schülerdiscos rendierten immer!» Schon als 13-Jähriger hat Mike Zettel gerne Events auf die Beine gestellt. Vor drei Jahren übernahm er die Organisation der Oltner Messe MIO, die wie jedes Jahr im Oktober stattfindet. Mittlerweile hat der Eventplaner ein eigenes Start-up und ist sich dennoch nicht zu schade für Gratis-Arbeit. Interview von Nathalie Bursać Porträt von Janosch Abel

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ike Zettel, du hältst bei einigen der grössten Anlässe in der Stadt organisatorisch die Fäden in der Hand. Ich habe den Überblick darüber verloren, wo dein Name überall mit im Spiel ist... Also da wäre die MIO, die Weinmesse Mittelland, die Seniorenmesse, das Kirchgassfest vor drei Jahren, die pure-Summerlounge, das Streetfoodfestival, die Bar Stadtgspröch oder auch die Schlagernacht Olten, wo ich als OK-Mitglied und quasi als rechte Hand der Chefin mitwirke. Manchmal ist es so viel, dass selbst ich nicht mehr weiss, wie lang die Liste ist. Wie wird man vom Polymechaniker zum Eventplaner? Ich wollte schon immer in die Richtung Eventplanung gehen. Mir gefiel es, Dinge auf die Beine zu stellen. Meine Eltern und viele meiner Verwandten waren sehr aktiv im Vereinsleben tätig und sassen in Organisationskomitees ein. Ich kannte es nicht anders und war an Veranstaltungen wie dem Dorfmäret in Trimbach oder dem Wasserfest in Aarburg schon immer mit dabei. Mit 13 Jahren fing ich an, selber Anlässe zu organisieren und veranstaltete meine erste Schülerdisco.

Und die hast du professionell aufgezogen? Ja, zuerst im Jugendcafé Bunker in Trimbach und später dann in der Färbi Olten oder der Turnhalle Aarburg. Ich suchte Sponsoren und verlangte fünf Franken Eintritt. Mit diesem Geld bezahlte ich die DJ-Gage und jene, die mir an der Kasse halfen. Das hat super funktioniert. Später, als ich grössere Parties mit sehr viel grösseren Budgets veranstaltete, gings dafür mal mehr, mal weniger auf. Die Schülerdiscos hingegen rendierten immer! Und heute: Schlagernacht, Streetfoodfestival, Weinmesse, Seniorenmesse. Das sind keine neuen Ideen. Solche Messen und Festivals kennt man schon als Erfolgsmodelle aus anderen Städten. Das ist in der Tat so. Allerdings kennt man sie nicht in Olten. Und das ist der springende Punkt. Warum muss ich etwas Neues erfinden, wenn man in Olten mit altbewährten Konzepten erfolgreich sein kann?

Die MIO hingegen gehört schon seit über 70 Jahren zu Olten, und du organisierst sie nun schon zum dritten Mal. Wie kam es dazu? Der Quartierverein Rechtes Aareufer schrieb die Stelle offiziell aus, weil Bruno Frauch, mein Vorgänger, sein Amt niederlegte. Also bewarb ich mich und erhielt zu meiner Überraschung den Zuschlag. Ich wusste, mit meiner ersten MIO steht und fällt meine Karriere. Es geht das Gerücht, du verdienst mit der MIO 100 000 Franken pro Jahr. Wenn dem so wäre, dann hätte ich schon längstens eine Einzelfirma gegründet, und würde von St. Moritz aus jeden Tag ein bis zwei Stunden für die MIO arbeiten (lacht). In Wahrheit verdiene ich einen Bruchteil davon.

«Manchmal ist es so viel, dass selbst ich nicht mehr weiss, wie lang die Liste ist.» Bei der Popup-Bar «Stadtgspröch» haben du und dein Geschäftspartner Billy Marti insgesamt 30 000 Franken in den Aufbau und das Material investiert. Und in dieser Summe sind die Löhne der Angestellten noch nicht enthalten, denn diese musste die Bar selber erwirtschaften. Woher kam das Geld für den Aufbau? Ein kleiner Teil kam von mir, den Rest steuerte mein Mitinitiator bei. Wir wollten das Experiment wagen, auch wenn uns unser Geschäftssinn davon abriet. Als Jungunternehmer bin ich eigentlich nicht in der Lage, mehrere tausend Franken in den Sand zu setzen. Unsere Verrücktheit ritt uns dann wohl, als wir uns im Frühling endgültig entschieden, die Sache durchzuziehen. Ich weiss, dass wir keine 2000 Franken plus machen werden. Vielleicht machen wir eine schwarze Null. Unsere Arbeitszeit sowie der Umbau, den ich gemacht habe, sind nicht verrechnet. Unsere investierte Zeit ins Stadtgspräch war Gratisarbeit.

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Das kann nur bedeuten, dass dir das unendlich viel Spass bereitet. Denn jedem anderen wäre das nach einer Weile zu blöd. Das hat wohl mit meinem Ehrgeiz zu tun. Klar habe ich Phasen, in denen ich mich frage, warum ich das alles mache. Die Antwort lautet wohl, dass ich das einfach brauche – das Machen und Ausprobieren. Wie oft wirst du auf deine gescheiterte Karriere als Politiker angesprochen? Erstaunlich selten. Du hast 2013 auch einen Abstecher in die Politik gemacht und sassest während eines Jahres für die FDP im Gemeindeparlament der Stadt Olten. In diesem Zeitraum hast du im Parlament durch Abwesenheit geglänzt. Politik liegt dir offenbar nicht besonders? Vielleicht bin ich zu jung, um in die Politik zu gehen. Ich bin ein ungeduldiger Macher. Wenn ich einen Blumentopf umstellen will, dann stell ich ihn um. In der Politik diskutiert man zuerst, wie man ihn umstellen will, mit welchem Gabelstapelfahrer und zu welchem Zeitpunkt. Das geht mir alles zu langsam. Ich hatte zwar ein paar Ideen, die ich im Parlament durchsetzen wollte, doch ich sagte mir, dass ich der Stadt mehr helfe, wenn ich das mache, was ich kann: nämlich Dinge auf die Beine stellen. Und zu guter Letzt ist politische Neutralität sicherlich auch nicht ganz so schlecht, wenn man in meiner Branche arbeitet.

Mike Zettel (*1985), wuchs in Trimbach auf und wohnt in Olten. Nach seiner Lehre zum Polymechaniker arbeitete er u.a. als Instruktor bei den Brückenbauern im Militär, als Servicetechniker, Personalvermittler und Bartender. Nach einer zweijährigen Weiterbildung zum Event- und Promotionsmanager in Zürich gründete er 2013 das Startup-Unternehmen «Kein Ding». Er ist u.a. Gründer von Partyseite.ch, Mitinitiator des Partylabels «Beach Love» und der Popup-Bar «Stadtgspröch» sowie Mitglied in der Guggizunft.


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KILIAN ZIEGLER

NaRr

von Aylin Troxler

Einzug Tom zieht den Bauch ein, spannt seine Muskeln an. «So wär's ok», denkt er, «aber so ist's eben nicht.» Er entspannt sich, der Bauch ploppt vor, nur ein wenig, aber doch zuviel. Er ist nicht zufrieden mit dem, was er im Spiegel sieht. Mit sich. Die paar Härchen auf der Brust machen es auch nicht besser. Er geht näher heran. Das Gesicht ist ganz in Ordnung. Er greift nach der Pinzette, zupft den Bereich zwischen den Augenbrauen, überm Nasenbein frei. Er ist sich nicht sicher, ob sein Haaransatz sich zurückzieht, aber das ist auch kein gutes Zeichen. Garantiert fällt das Martina manchmal auf. Dass er abgibt. Dass er alt wird. Dass er nach seinem Vater kommt, trotz der blonden Haare. Auch wenn er manchmal joggen geht. Er sollte aufhören damit, mittags in der Kantine zu essen. Ob Martina manchmal auch so vor dem Spiegel steht? Ob andere Männer manchmal so vor dem Spiegel stehen? Tom guckt wieder in den Spiegel. Tom zuckt mit den Schultern. Tom zieht die Boxershorts aus und steht ganz nackt da. Er zieht wieder den Bauch ein, spannt seine Muskeln an. «So wärs ok», denkt er. Unter der Dusche denkt er über das neue Projekt nach, das er in ein paar Stunden vorstellen muss und reibt seinen Bauch mit Duschgel ein. Aylin Troxler (1984) wohnt in Kriens, arbeitet in Luzern. Ihre Texte erschienen u.a.im Edit und im Narr. www.dasnarr.ch

Der bescheidene Herr Luginbühl

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err Luginbühl war ein bescheidener Mann, ein Mann, der sich nie viel aus Geld gemacht hatte. Es interessierte ihn einfach nicht, er war mit dem Wenigen, was er hatte, zufrieden, glücklich sogar. Warum also den Scheinen hinterherrennen, wieso nach Materiellem streben? Ein neues, schönes Auto? Sein altes fuhr stets noch prächtig. Ein Smartphone? Das Wählscheibentelefon in der Stube erfüllte seinen Zweck. Ferien im Ausland? Zuhause ist es doch am schönsten. Er und seine Frau – Frau Luginbühl – waren dankbar für das, was sie hatten.

vielleicht doch besser auf das Geld hätte schauen müssen, ob er fahrlässig damit umgegangen war? Er wusste, dass ihm seine Frau genau das vorwarf, obwohl sie es nicht aussprach. Eines Tages aber, Herr und Frau Luginbühl hatten die Hoffnung auf ein Happy End schon aufgegeben, klingelte das Telefon. Die warme Frauenstimme auf der anderen Seite der Leitung verkündete Erstaunliches: «Herzlichen Glückwunsch, sie haben eine Million Franken gewonnen!» Herr Luginbühl konnte sein Glück nicht fassen. Er sprang auf, hüpfte in der Stube umher, streckte die Arme in die Höhe, jubelte, frohlockte, umarmte und küsste seine Frau. Diese verstand gar nichts. «Was ist passiert? Wieso freust du dich denn so?» Herr Luginbühl strahlte: «Das Telefon geht wieder!»

«Ein neues, schönes Auto? Sein altes fuhr stets noch prächtig. Ein Smartphone? Das Wählscheibentelefon in der Stube erfüllte seinen Zweck.»

Das erste Mal, dass Herr Luginbühl ernsthaft über Geld nachdachte, war, als er unverhofft seine Stelle verlor. Zu alt sei er gewesen, nicht mehr auf den neuesten Stand, womit ein unerfahrener Jungspund seinen Platz einnahm. Die Tragweite dieser Zäsur verstand Herr Luginbühl nicht auf Anhieb. Erst wenige Monate später, als das Haushaltskonto ins Minus sprang, bemerkte er, dass sich Rechnungen und Mahnungen auf dem Küchentisch stapelten. Kurz darauf drehte man den Luginbühls die Heizung ab und sperrte deren Telefonanschluss. Es folgten kalte, ungemütliche Wochen und Herr Luginbühl fragte sich, ob er

Eine gute, bescheidene Zeit La vache Kili PS: In den kommenden Tagen bezahlte Herr Luginbühl sämtliche Rechnungen, legte zum ersten Mal in seinem Leben ein Sparkonto an und kaufte sich und seiner Frau ein Smartphone, notabene mit Wählscheibe.

Hols! Hol das Heftli! Bring das Heftli!!! KOLT

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PETRA & Rebecca Gisler

November

von Rebecca Gisler (Text) und Petra Bürgisser (Illustration)

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oulevard Saint-Michel, ein Bus, ein roboterartiger Fahrer, eine Stimme, welche die Passagiere darum bittet, ihr Fahrticket zu entwerten, um Strafen zu vermeiden; und die Fahrgäste, die gerade ihren Papierkram im Kopf sortieren. Eine Allee, ein Gerichtshof, eine Werbung für das neue iPphone 6, die jegliche Justiz verdeckt, jegliche Allee, jegliche Busstation. Aber sie wirkt neutral mit ihrem weissen Hintergrund. Bestimmt fünf Mal gehe ich die Strasse rauf und runter, bis ich mich für ein Café entscheide. Ich setze mich unter die Wärmelampe. Ich bestelle einen Kaffee und frage die Kellnerin, ob es möglich sei, die Wärmelampe anzudrehen. Sie sagt ja, und ich fühle mich wohl. Die Kellnerin bringt mir den Kaffee, und ich beobachte einen Mann mit einem Fahrrad. Neben ihm eine Frau mit blonden Locken. Eine Frau mit einem Hut. Einen Hund mit einem Hut. Einen Mann auf dem Boden mit einer Sarkozy-Maske und einer Angelrute, an der ein MacDonalds-Becher hängt. Ich sehe eine Frau, die eine Münze in den Becher hinein wirft. Und

ich beobachte, wie der Mann mit der Maske zusammenzuckt und sich bedankt. Die Wärmelampe ist immer noch kalt. Vielleicht braucht sie etwas Zeit, Aufwärmzeit. Ich bleibe regungslos auf meinem Stuhl sitzen. Ich sehe einen Hund neben einem Hydranten. Er schaut mich eindringlich an. Ich frage mich, was er hier tut, unmöglich, dass er seinen Sonntagsspaziergang alleine antritt. Er sollte Angst davor haben, ignoriert, zertreten oder überfahren zu werden. Ich versuche, ihn mit dem selben eindring-

lichen Blick anzuschauen. Dann lächle ich und er stellt sich vor meinen Tisch. Wie heisst du? Ich hätte mich auch mit einem Menschen unterhalten können. Aber ich beginne, mit dem Hund zu reden. Denn ganz egal, wie toll meine Geschichte gewesen wäre, Menschen hätten vielleicht Fragen gestellt. Der Hund stellt keine Fragen. Er sabbert. Ich schaue ihn an, ich zittere, er schaut mich an, und als ob er es an meiner Stelle tun wollte, geht er zwei Schritte zurück und kotzt auf den Boden. Die Kellnerin will, dass ich bezahle. Sie möchte, dass ich den Hund wegräume. Ich sage ihr, dass es nicht meiner sei. Sie sagt: zwei Euro und zwanzig Cent, Mademoiselle. Also tauche ich meine Hand in die Hosentasche.

Rebecca Gisler in Zürich geboren, lebt in Paris. Von 2011 bis 2014 studierte sie am Schweizerischen Literaturinstitut in Biel. Sie schreibt Prosa und szenische Texte auf Deutsch oder Französisch und hat dieses Jahr den Master in Création Littéraire in Paris begonnen.

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LOKALKOLORIT

In den Gartendörfern

In der Rubrik «Lokalkolorit» stellt KOLT nationale und internationale Print- und Online-Magazine vor, die etwas gemein haben: Sie alle sind verbunden mit ihrer Stadt oder ihrer Region, so wie KOLT verbunden ist mit Olten.

Text von Livia Stalder Fotos von Evan Ruetsch

bwohl sie in zwei Stunden den höchsten Stand erreichen wird, hat es die Sonne noch nicht ganz über die Baumwipfel geschafft. Doch lange kann es nicht mehr dauern; ihre Strahlen, die durch das Geäst sickern, intensivieren sich von Minute zu Minute. Auf dem Metalltor, das gerade eben ins Schloss fiel, steht «Kein öffentlicher Durchgang». Unterwegs ist noch kaum jemand, es ist die Ruhe, die einen auf dem Püntenareal hinter den Schützenwiesen empfängt. Schmale Wege ziehen die Grenzen zwischen den Gärten auf dem Püntenareal Neuwiesen. Grün dominiert die Szenerie. Die Gestaltung der Parzellen aber ist so unterschiedlich wie die Menschen, genannt «Püntiker» und «Püntikerinnen», die diese Gärten pflegen. So ist zum Beispiel ein Garten dem Terrassenbau nachempfunden, wie man ihn aus Berggebieten kennt. Im Gegensatz dazu spriesst es im Garten nebenan mit beabsichtigter Wildheit. Neben einem kleinen, brau-

Ein guter Draht verbinde ihn mit den anderen Püntikern. Sie helfen sich gegenseitig aus und teilen sogar allerlei Gerätschaften, die man im Garten braucht. Roberto giesst die Gärten der anderen während ihrer Abwesenheit, und kurz bevor sie zurückkommen, wird er auch in ihren Gärten Unkraut ausreissen.

nen Gartenhaus steht ein Fahrrad. Da kniet auch bereits einer der ersten Püntiker, der mit grosser Sorgfalt Unkraut rupft. Der gebürtige Italiener trägt eine weisse Hose, die den Kontrast zu seinem braungebrannten Oberkörper verstärkt. «Normalerweise trinken meine Freunde und ich um diese Zeit einen Kaffee oder einen Schnaps, gebrannt aus Früchten aus eigenem Anbau», sagt Roberto und lächelt. «Meine Freunde sind aber gerade in den Ferien, und so bin ich alleine hier.»

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In Robertos Garten findet man ausschliesslich Gemüse, für Blumen hat er keinen Platz. Es reihen sich Bohnen, Mais, Tomaten und Salat für die Schildkröten seiner Frau feinsäuberlich aneinander. «Diese Pünt habe ich nun seit fast 40 Jahren, und ich komme seit jeher im Sommer jeden Tag vorbei, um im Garten zu arbeiten.» Ein aufwändiges Hobby, man könnte sagen: Landwirtschaft im Mikrostil.

um. Wenn es zu Diskussionen kommt, dann deshalb, weil man sich im Umgang mit dem Garten nicht einig ist. Während Dietmar durch das Püntenareal führt, wird er von allen Seiten gegrüsst.

Name: Coucou Stadt: Winterthur

Pünten sind Familiengärten Während Roberto von seinem Salat erzählt, kommt ein Mann um die Ecke, der ein Fahrrad neben sich herschiebt. «Guten Morgen Dietmar», ruft Roberto dem Mann zu, «hast du gesehen, der da drüben hat in seinem Garten überhaupt nichts gemacht. Und die von der Pünt 458 haben das Wasser laufen lassen.» Dietmar ist der Präsident des Püntenvereins Neuwiesen. «Ja, ich habe es gesehen. Wenn er das nächste Mal auftaucht, werde ich mit ihm sprechen und ihm sonst im September die zweite Mahnung schicken und dann künden.» «Dann ist ja gut. Es ist schade, wenn der Platz nicht genutzt wird», sagt Roberto und widmet sich wieder dem kaum mehr vorhandenen Unkraut. Ich schliesse mich Dietmar auf seinem Rundgang an. «Als Präsident bin ich immer gefordert, Konflikte zu schlichten. Ich bin aber auch für die Ideen und Anliegen der Püntikerinnen und Püntiker da», erzählt er. Das sei einerseits schön, könne aber auch ziemlich anstrengend werden. «Grundsätzlich verstehen sich die Neuwiesen-Püntikerinnen und Püntiker aber gut», sagt Dietmar. Sie sind durchmischt – von jung bis alt und aus den verschiedensten Nationen. Wenn die Winterthurerinnen und Winterthurer auf das Püntenareal kommen, stehen der Mensch und sein Garten im Zentrum, nicht, was der Püntiker arbeitet oder woher er kommt. Man gehe freundlich und zuvorkommend miteinander

Beschrieb: Coucou ist ein unabhängiges Kultur- und Stadtmagazin, das kritisch beobachtet, witzig und pointiert beschreibt und informiert – und nicht mit Werbung vollgepflastert ist. Auflage: 1500 Ex. Erscheint: 10 x pro Jahr

Woher das Wort Pünt stammt, weiss er nicht genau. Es ist ganz bestimmt ein altdeutsches Wort, das man vor allem noch in Winterthur gebraucht. Früher bauten die Bürger in den Gärten, die wie ein Kranz um die Altstadt lagen Gemüse an, um ein Teil der Versorgung sicherzustellen.

Auszug aus dem Artikel «Zu Besuch in den Gartendörfern», erschienen in der CoucouAusgabe N°45 September 16.

Gründung: Dezember 2012 Redaktion: Sandra Biberstein, Katharina Flieger, Silvan Gisler und Silvan Heuberger Herausgeberschaft: Verein Kulturmagazin für Winterthur Website: www.coucoumagazin.ch

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Oh students, where Olten ist eine Bildungsstadt. Trotzdem wohnen kaum Studierende hier. KOLT hat den Wohnungsmarkt abgecheckt. Fazit: Dass die Studenten lieber pendeln, liegt nicht nur daran, dass Olten so zentral gelegen ist.

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Text von Nathalie Bursać Bilder zVg

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erbstanfang heisst Semesterbeginn. Nicht nur in Bern, Zürich, Lausanne oder Fribourg, sondern auch in der vergleichsweise kleinen Stadt Olten mit knapp 18 500 Einwohnerinnen und Einwohnern. Die Zahl derjenigen, die nach Olten pendeln, um hier eine Schule, ein Studium oder eine Weiterbildung zu absolvieren, ist weit grösser: Rund 35 500 Menschen besuchen in Olten eine von 16 Bildungseinrichtungen. So lautet die Schätzung aus dem Jahr 2014 des Vereins Bildungsstadt Olten.Bifang – einem Zusammenschluss von Vertretern der grössten Oltner Bildungsstätten. In dieser Zahl mit eingerechnet sind unter anderem die Migros-Klubschule und das Berufsbildungszentrum Olten, aber auch die Fachhochschule Nordwestschweiz FHNW. Seit drei Jahren betreibt Letztere in Olten einen Standort mit rund 2600 immatrikulierten Studierenden (Stand Oktober 2015). Von den 2600 Studierenden gaben letztes Jahr lediglich 54 an, auch in Olten zu wohnen. Diese Zahl dürfte ruhig grösser sein. Denn Studenten und Studen-

thou? tinnen beleben eine Stadt, da sind sich der Verein Bildungsstadt Olten.Bifang (Bo.B), Ruedi Nützi, Standortleiter FHNW Olten und Stadtentwickler Markus Dietler einig: «Die Fachhochschulen und deren Studierende sind ein wichtiges Potenzial der rechten Stadtseite, das man zu Gunsten der Stadt Olten nutzen will. Studierende geben einer Stadt wichtige Impulse und sorgen für Belebung», so Dietler. Ziel sei es auch, dass einige der Absolventen längerfristig am Ort ihrer Ausbildungsstätte hängen bleiben. Doch in Olten hängen bleiben wollen die Studierenden nicht einmal für einen Abend. Georg Berger, Direktor des Berufsbildungszentrums Olten und Präsident von BO.B, erinnert sich an eine Werbeaktion, bei der man Studierende und Lernende auf die linke Stadtseite habe bewegen wollen. Man verteilte in Zusammenarbeit mit Tourismus Olten und der Suteria Gutscheine für ein Apéro und ein Gratis-Bier, verbunden mit einer Besichtigung des Ildefonsturmes. Mehrere Hundert Leute hätte man bewirten können, so Berger. Gekommen seien effektiv zehn. «Wir waren enttäuscht über das kleine Echo. Doch es bleibt

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weiterhin eine Vision, die Studierenden auch auf die linke Stadtseite zu holen und ihnen die Vorzüge der Stadt zu zeigen», so Berger. Gemäss einer Umfrage der FHNW aus dem Jahr 2012 sind nur 15 Prozent aller FHNW-Studierenden daran interessiert, nach Olten zu ziehen. Immerhin entspricht das einem Potenzial von 230 Studierenden, so die Hochrechnung der FHNW. Es gibt also noch Luft nach oben. Olten ist eine Pendlerstadt und genau das macht die Stadt als Bildungsstandort so attraktiv. Von fast überall in der Schweiz kann man in relativ kurzer Zeit nach Olten gelangen. Hier zu studieren, bedeutet also nicht, auch hier wohnen zu müssen. Studenten wie die 20-Jährige Maurizia* bilden in diesem Szenario die grosse Ausnahme – und haben ihre Mühe, in Olten eine günstige Wohngelegenheit zu finden. Maurizia aus dem thurgauischen Sirnach hatte keine hohen Ansprüche. Sie wünschte sich ein einfaches Zimmer in einer Oltner WG, wenige Velominuten von der Fachhochschule entfernt, die Miete sollte nicht mehr als 550 Franken kosten. Die 20-Jäh-


nen», gibt das Ehepaar zu. Die Schlegels bewohnen die ersten beiden Stockwerke ihres Hauses, im dritten Stock befinden sich die Studentenzimmer, die drei Bewohner teilen sich das Bad. Küche und Waschkeller teilt man sich mit allen Bewohnern. Zwischen 23 Uhr Nachts und morgens um 7 Uhr herrscht Nachtruhe. «Wir haben eine alte Holztreppe, die knarzt», begründet Herr Schlegel die Hausregel. Die Zimmer bei Schlegels werden ausschliesslich an Studierende vermietet und dies mit einem befristeten Mietvertrag von sechs Monaten. So könne man, erklärt Herr Schlegel, reagieren, wenn das Zusammenwohnen nicht so harmoniere wie gewünscht. Sicher, eine klassische Studenten-WG sei das nicht. Doch für Studierende, die es gerne ruhig und geordnet haben, bietet das Ehepaar eine attraktive Wohngelegenheit. Schweizer, Holländer, Amerikaner und Franzosen hätten schon bei Schlegels eine Unterkunft gemietet und frischen Wind in das Haus gebracht. Doch er sei immer wieder überrascht, wie wenige Studierende sich auf sein Inserat melden würden», so Herr Schlegel.

rige wollte weder eine charmante Altbauwohnung mit viel Licht, noch waren ihr zwei Balkone oder eine eigene Waschmaschine mit Trockner wichtig. Das war letzten Mai. Eigentlich ein guter Zeitpunkt, um nach einer Bleibe zu suchen. Schliesslich stand im Juni das Semesterende bevor, die Chancen standen gut, dass vielleicht jemand nach seinem Studienabschluss Olten wieder verlassen und sein Zimmer weitergeben würde, zum Beispiel an eine Erstsemester, wie Maurizia eine ist. Stadtentwickler Markus Dietler spricht von einem «Huhn-und-Ei-Problem». Die Nachfrage nach günstigem Wohnraum sei gering und dementsprechend klein sei auch das Angebot. Umgekehrt sei es durchaus denkbar, dass sich die Nachfrage erhöhen würde, gäbe es mehr günstigen Wohnraum. Ein Blick auf die grösste WG-Zimmer-Vermittlungsplattform www.wgzimmer.ch macht deutlich, wie ausgetrocknet der Wohnungsmarkt für Studierende ist: Anfangs September, also zwei Wochen vor offiziellem Semesterstart, sind in der Stadt gerade einmal fünf WG-Zimmer ausgeschrieben: «Zu vermieten: Zimmer (10 qm) in einer 3er-WG, gemeinsames Wohnzimmer, Badezimmer und gemeinsame Küche in einer NeubauWohnung in Olten Südwest. Preis: 750.- inklusive.» Ein anderes Inserat lockt mit einem günstigeren Mietzins, dafür wird dem potenziellen Mieter empfohlen, nur unter der Woche dort zu wohnen, da das Zimmer so klein sei («eher für Wochenaufenthalter geeignet»). Preis für 10 Quadratmeter mit Fenster und Klötzchenparkett: 550 Franken.

«Olten ist eine Pendlerstadt und genau das macht die Stadt als Bildungsstandort so attraktiv. Von fast überall in der Schweiz kann man in relativ kurzer Zeit nach Olten gelangen. Hier zu studieren, bedeutet also nicht, auch hier wohnen zu müssen.» Mehr für ihr Geld erhalten Studierende, beim pensionierten Ehepaar Schlegel: 15 Quadratmeter gibt es dort für gerade einmal 400 Franken, das 12 Quadratmeter grosse möblierte Zimmer kostet im Monat 350 Franken inklusive Nebenkosten. Insgesamt drei Zimmer vermietet das Ehepaar, damit ihr Haus nach dem Auszug der drei Kinder nicht ganz so leer steht, das letzte der drei gemeinsamen Kinder zog vor zwei Jahren aus. «Es ist eine Herausforderung, so zu woh-

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Ähnlich klingt es bei Claudia*. Die 27-Jährige Projektassistentin wohnt in einer 3-Zimmerwohnung. Da sie das dritte Zimmer nicht wirklich benötigt, hat sie es Ende August für 580 Franken auf www.wg-zimmer.ch ausgeschrieben. Lediglich ein Studienanfänger habe sich gemeldet. Das ist ihr recht: «Ich habe jahrelang in WGs gewohnt und habe nicht wirklich Lust auf einen jungen Studenten, der gerade von Zuhause ausgezogen ist», gibt sie am Telefon zu. Auch bei Raphael* wird ein Zimmer für 505 Franken frei. Raphael ist 31 Jahre alt, berufstätig und offen für alle Arten von Mitbewohnern. Hauptsache sie sind katzenfreundlich und wechseln hie und da «ein oder zwei Worte». Die Rückmeldungen auf sein Inserat seien befriedigend:


jemand, der sich gerade getrennt habe, ein UniAbsolvent und eine Sozialpädagogin seien unter den Bewerbern. Als Raphael vor einigen Jahren zum ersten Mal ein Zimmer vermietete, habe sich ihm ein ähnliches Bild geboten: vorwiegend Frischgeschiedene und Jobanfänger. Die Wohnregion Olten gehört zu den «attraktivsten, bestgelegensten und kostengünstigsten Lagen in der Schweiz», steht auf der Webseite www. wohnregionolten.ch, die von der Wirtschaftsförderung Olten betrieben wird. Deren Geschäftsführer, Urs Blaser, bezeichnet die Studierenden als «grundsätzlich interessante» Zielgruppe, jedoch stünden sie nicht im Fokus des städtischen Wohnmarketings. Potenzial für günstigen Wohnraum sieht er primär im Bereich der Zwischennutzung von alten, sanierungsbedürftigen Wohnobjekten und weniger bei Neubauten, wie es sie in Olten mit der Überbauung Südwest, dem Aarepark oder dem geplanten Sälipark 2020 einige gibt. «Es gab eine Zeit, als man sehr euphorisch war im Hinblick auf die möglichen studentischen Zuzüger», so Blaser weiter. Doch inzwischen habe sich bestätigt, dass das echte Potenzial in anderen Bereichen läge, so Blaser, und spricht unter anderem auf die Arbeitsplatzentwicklung in Olten und das Voranbringen Oltens als Zentrums- und Konferenzstadt an. In den letzten vier Jahren sind in Olten nicht nur Bed&Breakfasts entstanden, auch haben die örtlichen Hoteliers viel Wert darauf gelegt, ein Angebot für Kurzaufenthalter zu schaffen. Das Hotel Amaris beim Bahnhof wie auch das Business Hotel Oltnerhof vermieten wochen- oder monatsweise Studios in Olten und der näheren Umgebung. Zwar steht auf der Homepage des Oltnerhofs, dass Studios an Arbeiter und Studierende vergeben werden, unter der angegebenen Auskunftsnummer erfährt man aber, dass nur in

Ausnahmefällen an Studierende vermietet werde. Bedingung sei dabei, dass die Studierenden einer Erwerbstätigkeit nachgingen. Offener zeigt man sich bei der Baugenossenschaft Dreitannen Olten. Unter den insgesamt 260 Wohnungen befinden sich 32 Einzimmerwohnungen zum Mietpreis von 600.- Franken, vorausgesetzt man kann sich den einmaligen Genossenschaftsbeitrag in der Höhe von 2000 Franken leisten. Studierenden gegenüber sei man sehr offen, so der Verwalter Ulrich Dalhäuser und tatsächlich seien einige Studenten und Wohngemeinschaften unter den Mietern. Ein Schlagwort, das im Zusammenhang mit dem Thema studentisches Wohnen immer wieder fällt, ist «private Investoren». Da die Stadt Olten keine geeigneten eigenen Liegenschaften besitze und keinen Wohnungsbau betreibe, sei das Thema jeweils Gegenstand bei Gesprächen mit privaten Investoren, so Stadtschreiber Dietler. Auch der Verein Bildungsstadt Olten.Bifang bemüht sich gemäss eigener Aussage um die Vernetzung von Schulen und Immobilieninvestoren. Doch bisher scheinen diese Gespräche noch keine Früchte zu tragen: Eine 1.5-Zimmerwohnung in Olten Südwest kostet 1015 Franken. Gemäss Aussagen von Karim Belahcen von der Sturzenegger Immobilien AG, seien diese Wohnungen zum Grossteil an Studierende vermietet. Geht man nach der gängigen Empfehlung, wonach die Miete höchstens ein Drittel des Gesamteinkommens betragen sollte, so muss eine Studierende also über 3000 Franken verdienen, um sich eine kleine Wohnung in Olten Südwest leisten zu können. Ein anderes Beispiel: Per 1. Oktober ziehen die ersten Mieter in die neue Überbauung Aarepark, keine zwei Gehminuten von der FHNW gelegen, ein. Insgesamt stehen acht 1.5 Zimmerwohnungen à 1040 Franken zur Verfügung. Nach Auskunft der Wincasa AG wird eine Studierende im Aarepark einziehen. «Gemäss unseren internen Abklärungen und den Informationen der Eigentümerin war nie die Rede von Wohnraum für Studierende», schreibt Wincasa. Und Maurizia? Ihre Wohnungssuche nahm ein unerwartetes Happy-End. «Durch lustige Umstände habe ich eine andere angehende FHNWStudentin getroffen, die auch auf Zimmersuche war», erzählt sie. Zusammen mit einem weiteren Studenten hätten sie nun ihre eigene WG gegründet. Alle drei beginnen diesen Herbst ihr Studium und vielleicht, wer weiss, bleiben sie in Olten hängen. * Vollständige Namen der Redaktion bekannt.

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«Es gab eine Zeit, als man sehr euphorisch war im Hinblick auf die möglichen studentischen Zuzüger.»


LESERPOST

«Olten kenne ich eigentlich nicht. Und trotzdem ist’s mir so nahe geworden. Und ich denke stets, ich sollte jetzt wirklich mal aus dem Zug steigen und durch diese Stadt spazieren. In eine dieser Bars, etwas trinken und sicher erkenne ich dann auch ein Gesicht. Eure Geschichten haben mein Bild über diese Region verändert.»

Eine Zürcher Abonnentin, die KOLT aus beruflichen Gründen abonniert hat.

OFF THE RECORD

Garantiert. Sehr. Hohe. Qualität.

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009, Auszug aus dem offiziellen «Factsheet» zum Projekt Olten SüdWest: «Das aus einem internationalen Wettbewerb hervorgegangene städtebauliche Konzept garantiert ein architektonisch hochwertiges Stadtquartier mit attraktiver Mischnutzung.» März 2010: Der Oltner Stadtrat bekräftigt, dass er seine langjährige Strategie, das Areal Olten SüdWest nicht zu erwerben, als inhaltlich richtig erachtet. 14. September 2016: Der Oltner Stadtplaner Lorenz Schmid antwortet auf die Bemerkung des Oltner Tagblatts, dass Olten als Besitzerin und Bauherrin doch viel mehr Einfluss gehabt hätte mit: «Das ist sicher so. Man hätte besonders die Möglichkeit gehabt, verschiedene Bauträger auf den Platz zu holen.» Mai 2009: Die NZZ zitiert den damaligen Stadtpräsidenten Zingg, dass in Bezug auf Olten SüdWest grundsätzlich Qualität vor Quantität und Geschwindigkeit wichtig sei. Auch wird die damalige Baudirektorin Silvia Forster zitiert. Sie wehrte sich gegen eine Vorverurteilung Bachmanns – der Gestaltungsplan bürge für hohe Qualität. Juni 2009 auf www.olten.ch: Leopold Bachmann in einem Interview: «Olten darf unter Ihrer Ägide mit einer hochwertigen Überbauung Olten SüdWest rechnen? Absolut, das ist das Ziel. Ich lege einfach Wert darauf, dass man mich in meinen Vorhaben nicht einschränkt. Ich weiss, was zu tun ist. Das heisst? Am aktuellen Gestaltungsplan darf nicht mehr «gschrübelet» werden. Er ist auf der Basis eines internationalen Wett-

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bewerbs über zehn Jahre entwickelt worden, ist sehr grosszügig ausgelegt und engt mich nicht ein. Hegen Sie die Befürchtung, dass noch «gschrübelet» werden könnte? Das könnte passieren aufgrund des öffentlichen Drucks, ja. Es wäre eine Katastrophe für alle Beteiligten, wenn ein neuer Gestaltungsplan verlangt würde. Für die Stadt und für mich.» Dezember 2009, städtische Pressemitteilung: «Mit einer öffentlich-rechtlichen Vereinbarung mit der Grundeigentümerin und dem Investor verschärft der Stadtrat die Bestimmungen in den Sonderbauvorschriften zum Gestaltungsplan Olten SüdWest und kommt damit den vielfach geäusserten Begehren nach noch mehr Qualitätssicherung entgegen.» Weiter: «In seiner Stellungnahme betont Experte Prof. Carl Fingerhuth, mit dem vorliegenden Gestaltungsplan seien hervorragende Grundlagen geschaffen, um eine städtebaulich und wirtschaftlich tragfähige sowie nachhaltige Umnutzung der ehemaligen Kiesgrube in ein neues Stadtquartier zu ermöglichen. (....) ein neues Stadtquartier mit hoher gestalterischer, sozialer und ökonomischer Qualität zu schaffen.» Am 7. September 2016, Oltner Tagblatt: «Würde auf den 13 weiteren Baufeldern gleich gebaut, ergäbe das eine «gewisse Eintönigkeit», sagt Stadtschreiber Markus Dietler. Selbst Areal-Besitzer Bachmann nimmt mittlerweile das Wort «Einheitsbrei» in den Mund, wenn er von der Siedlung spricht. Er ist grundsätzlich damit einverstanden, wenn der Gestaltungsplan aus dem Jahr 2008 nun auf Betreiben der Stadt hin bereits ein erstes Mal überprüft und angepasst werden soll.» Es ist doch schön, wenn man sich einig ist.

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MEINUNG

Susanne Schaffner (*1962), betreibt seit 20 Jahren eine Anwaltskanzlei in Olten, ist politisch aktiv als Kantonsrätin, geniesst mit ihrer Familie die Wohnqualität in Olten und quert die Stadtseiten am liebsten zu Fuss morgens um sechs.

Grüne-Wiese-Ideen

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enn die Planungsfachleute von der grünen Wiese sprechen, dann meinen sie damit eine Fläche, die noch nicht zum Siedlungsgebiet gehört, die aber geradezu zum Planen und Bauen einlädt, damit sie dem Siedlungsgebiet zugeführt werden kann. Wahrscheinlich war Olten Südwest eine solche grüne Wiese. Geplant wurde auf jeden Fall sehr viel und auch sehr viel Gutes. In ihrer realen Umsetzung sieht diese grüne Wiese nun aber doch ziemlich grau aus, und mit der Anbindung ans Siedlungsgebiet Stadt hat es nicht so richtig geklappt. Auch wir Laien lieben die Idee der grünen Wiese, und unbedarft wie wir sind, übertragen wir sie sogar auf das Stadtgebiet. Die grüne Wiese als Symbol für mehr Leben und Gestaltungsfreiraum im Siedlungsgebiet. Da runzeln die Fachleute sogleich die Stirn und sagen uns: Wir sind hier nicht auf der grünen Wiese. Hier gelten die Regeln und Bedingungen eines städtischen Umfelds. Was das konkret bedeutet, zeigt die Kirchgasse: viel Grau und strenge Auflagen, was die Nutzung durch Normalsterbliche betrifft. Bei grossen Events zeigen sich die Behörden allerdings gerne etwas flexibler und entgegenkommender. Aber ein Grill auf dem mit viel Aufwand geschliffenen Belag? Kommt nicht in Frage! Farbige Enzo-Möbel? Auf keinen Fall!

Wahrscheinlich verbirgt sich hinter der grünen Wiese auch ein handfester Interessenkonflikt: Möglichst viel grüne Wiese (sprich Gestaltungsfreiraum) für gewichtige Investoren und ihre professionellen (oder vielleicht doch eher «gekauften»?) Planer, und möglichst wenig

«Aber ein Grill auf dem mit viel Aufwand geschliffenen Belag? Kommt nicht in Frage! Farbige Enzo-Möbel? Auf keinen Fall!» grüne Wiese zum Sein und Verweilen. Das ist wohl auch der Grund, warum Grau gegen Grün meistens gewinnt.

Immer wieder werden neue Ideen für eine lebendige Stadt diskutiert. Mein Sohn, der in Zürich studiert, glaubt zu wissen, was heute in der Stadt angesagt ist: eine echte grüne Wiese als Begegnungsort, mit Musik, Sitz- und Liegegelegenheiten und vielleicht einem Food-Truck, der für Verpflegung sorgt. Was für eine abstruse Grüne-Wiese-Idee, höre ich die «Fachleute» aus dem Stadthaus rufen. Aber Moment mal, gab es vor vielen Jahren im Oltner Gemeindeparlament nicht einmal einen erfolgreichen Vorstoss, die Parkplätze auf dem Munzingerplatz aufzuheben? Dann hätten wir da ja Platz für die grüne Wiese. Die Schatten spendenden Bäumen könnten wir dort lassen, und auch einen einzigen Parkplatz für den Foodtruck. Nun, der Sommer ist vorbei und die Tage, an denen man draussen sitzen kann, sind gezählt. Es bleibt also genügend Zeit, um sich ganz viele Grüne-Wiesen-Ideen zu überlegen, und vielleicht treffen wir uns irgendwann auf der Munzingerplatzwiese, auf einem pinken Möbel, grillieren eine Wurst und trinken ein Drei Tannen Bier.

Trotzdem ist die Idee der grünen Wiese nicht aus den Köpfen der Bevölkerung zu kriegen.

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«Versteht mich nicht falsch, ich bin ein Hiltl-Fan der ersten Stunde! Trotzdem finde ich die Endlosschleifendiskussion, ob nun der vegane, vegetarische oder fleischverzehrende Lifestyle erstrebenswerter sei, überflüssig. Deshalb muss ich bei dem Gedanken lachen, dass sich ein Steak düpiert vorkommen muss, weil sich jemand stattdessen für einen Tofu-Burger entschieden hat.» Die erste Tat unserer neuen KOLT-Reviewerin Marie-Christine «Ini» Friedli war der Besuch des «Slam am Turm» auf dem Ildefonsplatz. Ihre Erfahrung lest ihr auf http://bit.ly/beleidigtes_fleisch KOLT

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Ein Mann für alles Text von Franziska Monnerat Fotos von Remo Buess

Seit fünfzehn Jahren ist Markus Dietler Stadtschreiber von Olten. Während die Stadträte kamen und gingen, blieb er im Amt. Sein Aufgabenbereich wuchs, sein Ansehen ebenso. Wer ist der Mann, an dem kein Weg vorbeiführt?

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Text von Daniel Kissling Fotos von Ellen Mathys

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«Stadtkanzlei Olten, Brunner» ertönt eine vertraute, weibliche Stimme am anderen Ende des Telefons. Nachdem das Anliegen kurz erklärt und die Frage gestellt ist, folgt – wie so oft – der Hinweis: «Da muss ich Sie mit dem Stadtschreiber verbinden, einen Moment bitte.» Keine zehn Sekunden vergehen und Markus Dietler nimmt den Anruf entgegen – ebenso freundlich wie die Leiterin der Stadtkanzlei, Erika Brunner, aber weniger herzlich. Die Melodie seiner Sätze klingt nicht im Ohr. Nüchtern informiert Dietler die Lokaljournalisten über den Sachverhalt, wählt Worte, die man aus seinen nächtlichen Mediencommuniqués kennt, welche mehrmals wöchentlich um genau 00.32 Uhr seine Mailbox verlassen. Es fallen Ausdrücke wie «Synergien», von denen man zwar weiss, was sie bedeuten, sich einem aber erst auf Nachfrage erschliesst, was sich konkret dahinter verbirgt. Auch sonst gleicht Dietlers gesprochene Sprache seinem Schreibstil: Klammerbemerkun-

gen, Verweise auf frühere Entscheide und anstehende Abstimmungen machen eine vermeintlich simple, kurze Auskunft zur ausführlichen mündlichen Amtsmitteilung. Sie lassen aber auch erahnen, wie viel Wissen er über 15 Jahre hinweg gesammelt hat und wie gut sein Erinnerungsvermögen ist. Wenn Dietler die Kernbotschaft wiederholt, kritische Fragen in seinen Antworten vorwegzunehmen versucht, merkt man, dass er genau weiss, was Journalisten wollen und wie sie denken. Schliesslich war früher er am anderen Ende des Hörers, war er der, der in der Stadtkanzlei anrief und Fragen stellte. Bevor Dietler 2001 die Seite wechselte, um «selber etwas zu bewegen, nicht nur darüber zu berichten, was andere tun», schrieb er für das Oltner Tagblatt. Zuerst als Korrespondent und Korrektor, dann als Redaktor, zuletzt als Ressortleiter und stellvertre-

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tender Chefredaktor. Was sich liest wie eine Karriere mit Kalkül, war nicht von Anfang an so geplant: Dietler wollte eigentlich Lehrer werden, als er sich anno 1979 an der Universität Basel für Kunstgeschichte, Geschichte und Französisch einschrieb. An der Kantonsschule Olten, wo er zuvor die Schulbank gedrückt hatte und mit der besten Matura seines Jahrgangs abschloss, stand er ab dem dritten Semester seines Studiums vorne an der Wandtafel und übernahm Stellvertretungen. Neben seiner Arbeit als Deutschlehrer prüfte er bei der Dietschi AG Artikel von Journalisten auf Rechtschreibe- und Grammatikfehler. Weil sie beim Oltner Tagblatt – so Dietler pragmatisch – «gerade Leute suchten, die schrieben», wechselte er in die Redaktion und sei so «in den Journalismus gerutscht». Nachdem er 1985 an der Universität Neuchâtel mit dem Lizentiat abgeschlossen hatte, tauschte er Kreide endgültig gegen Schreibmaschine. Dem Journalismus


blieb Dietler abgesehen von einem kurzen Abstecher in die PR-Branche fünfzehn Jahre lang treu. Dabei machte er sich nicht nur Freunde, wie kurz nach seinem Stellenwechsel bekannt wurde: Im August 2001 berichteten seine ehemaligen Redaktionskollegen erstmals über die Strafanzeige, die Dietler gegen den SVP-Politiker Oswald von Arx erstattete, nachdem dieser ihm und seiner Familie Drohbriefe zugesendet hatte. In grosser Sorge um das Wohl seiner Ehefrau und seiner zwei Söhne leitete Dietler rechtliche Schritte ein. Von Arx verlor den Prozess und trat als Kantonsrat zurück. Dietler, der nie politisch aktiv oder Mitglied in einer Partei gewesen ist, setzte seine Karriere im Stadthaus fort. Nachdem der damalige Stadtrat Dietlers Bewerbungsunterlagen geprüft und ihn zu einem Gespräch eingeladen hatte, schlug er

«Alle waren neidisch, wenn ich erzählte, dass ich eben wieder eine Mitwirkungsveranstaltung durchgeführt habe.» KOLT

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dem Gemeindeparlament den – wie im Antrag zu lesen ist – «Medienprofi mit viel Erfahrung» als neuen Stadtschreiber vor. Für Diskussionen sorgte weniger Dietlers Person, als viel mehr das Vorgehen des Stadtrats, der das Parlamentsbüro im Vorfeld nicht einbezogen, sondern ihm nur einen Kandidaten, nämlich Dietler, vorgestellt hatte. Nichtsdestotrotz stellten sich alle Fraktionen hinter den stadträtlichen Vorschlag und wählten Markus Dietler zum Nachfolger von Martin Wey. Beide zogen im August 2001 für eine feste Amtszeit von vier Jahren ins Stadthaus ein, der eine nun als Stadtrat, der andere als Stadtschreiber. Doch welche Aufgaben umfasst das Amt des Stadtschreibers überhaupt? Als Chefbeamter leitet er die Verwaltung der Direktion Präsidium, die heute die Abteilungen Strategische Planung, Kultur, Stadtkanzlei und Stadtarchiv,


Integration, Wirtschaft, öffentlicher Verkehr und Regionalpolitik umfasst. Ihm fallen die Leitung von wechselnden Projekten zu, aktuell kümmert sich Dietler vor allem um die Planung der zweiten Etappe des «Haus der Museen». Als Stabsstelle sowohl des Stadtrats als auch des Parlaments organisiert und koordiniert er, sorgt beispielweise für einen reibungslosen Ablauf der Sitzungen, indem er alle notwendigen Informationen bereitstellt, berät und danach Protokoll schreibt. Bevor ein Geschäft auf der Traktandenliste steht, prüft er es gemeinsam mit dem Leiter des Rechts- und Personaldienstes und dem Finanzverwalter. Prüfen sei – so betont Dietler – nicht im Sinne von genehmigen zu verstehen. Die drei sogenannten Querschnittsdienstleistenden berichten dem Stadtrat ausnahmslos von jedem Antrag. Als Leiter der Direktionskonferenz setzt sich der Stadtschreiber regelmässig mit den anderen fünf Chefbeamten zusammen, um einheitliche Abläufe über die einzelnen Ressorts hinweg zu gewährleisten. «Fast jedes Geschäft geht einmal über den Tisch des Stadtschreibers», sagt Dietler, während er einige Unterlagen, allesamt fein säuberlich geordnet, mit bunten Post-its und handschriftlichen Notizen versehen, zur Seite schiebt. Dietler hat überall Ein- und somit den Überblick, bildet die Brücke zwischen Verwaltung zu Politik, hütet so manches Geheimnis. Um die Abläufe und Aufgaben innerhalb einer Verwaltung besser zu verstehen, absolvierte er kurz nach seinem Stellenantritt das Nachdiplomstudium «Management Öffentliches Gemeinwesen» an der Fachhochschule Nordwestschweiz. Es sei ihm wichtig gewesen, die «ganze Bandbreite» zu erfassen, «vom Baurecht bis zur Berechnung der Sozialhilfe». Wie er zu informieren hat, wusste Dietler bereits – worüber genau, nun auch. Öffentlichkeitsarbeit und Kommunikation sollten mit ihm als neuem Stadtschreiber nämlich mehr Gewicht erhalten. Bald schon hatte Olten einen neuen Internetauftritt und rüstete diesen auf. Als eine der ersten Gemeinden der Schweiz gab Olten 2012 eine App heraus, auf der die wichtigsten Inhalte der Website unterwegs offline abrufbar sind. Seit letztem Dezember postet Dietler fleissig auf Facebook. Gerade im Bereich Kommunikation könnte man aber «noch viel mehr machen, wenn man die Ressourcen dafür hätte», sagt er. Wo Dietler, der gemäss eigener Schätzung 120 bis 130 Stellenprozent arbeitet, sich selbstkritisch zeigt, sehen auch andere Mängel. Der ehemalige Gemeinderat Roland Rudolf von Rohr (CVP) – von 1989 bis 2015 im Amt – resümiert, dass die Erwartungen seiner Fraktion an den neuen Stadtschreiber einzig in Sachen Kommunikation «nicht ganz erfüllt» wurden. Kaum in der Kritik, nimmt er Dietler wieder in Schutz: Im nächsten Atemzug schiebt er die Schuld für

die fehlende periodische Berichterstattung über die laufenden Geschäfte, die in seinen Augen Krisen vorbeugen könnte, dem Stadtrat zu. Nicht so Kantonsrat Rolf Sommer (SVP), der immer wieder mal in der Leserbriefspalte gegen Dietler wettert. So äusserte er sich beispielsweise im April dieses Jahres zu diversen Artikeln über «städtebauliche» Massnahmen an der Ziegelfeldund Alten Aarauerstrasse. Das Adjektiv «städtebaulich» packt er in Klammern, weil er der Meinung ist, dass es für «allen planerischen und integralen Unsinn» gebraucht werde. Stadtplaner Lorenz Schmid und dessen Vorgesetzten Markus Dietler wirft er vor, dass sie «meinen, sie können unser sauer verdientes Steuergeld aus dem Fenster werfen». Solch pauschale Kritik, die man nicht im Gespräch, sondern in der Tageszeitung äussere, nimmt Dietler nicht persönlich.

«Dietler hat überall Ein- und somit den Überblick, bildet die Brücke zwischen Verwaltung und Politik, hütet so manches Geheimnis .» Als Dietler im Stadthaus begann, steckte die Stadtentwicklung noch in den Kinderschuhen: Man erkannte zwar ihre Bedeutung, jedoch war sie nirgends in der Verwaltung verankert, geschweige denn als eine Aufgabe des Stadtschreibers definiert. Auf seine zweite Amtsperiode hin, nachdem die Stadtentwicklung neu strukturiert worden war, übernahm Dietler als Koordinationsstelle eine Schlüsselrolle. Von da an war er neben seinen sonstigen Aufgaben sowohl intern als auch extern Ansprechperson für alle Belange, die die Stadtentwicklung betrafen. Dietler besuchte ab 2005 den berufsbegleitenden Nachdiplomstudiengang «Gemeinde-, Stadt- und Regionalentwicklung» an der Fachhochschule Luzern und schloss mit einem Master of Advanced

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Studies ab. Auf seine Initiative hin kam das Projekt «Olten 2020» zustande, in dem gemeinsam mit der Bevölkerung ein Leitbild für die Stadt erarbeitet wurde. Was er während der Weiterbildung lernte, konnte er als Projektleiter umgehend umsetzen: «Alle waren neidisch, wenn ich erzählte, dass ich eben wieder eine Mitwirkungsveranstaltung durchgeführt habe», berichtet er und lacht. In diesem Moment blitzt auf, wie stolz er darauf ist, in Olten so viel zu bewirken, auch wenn er einräumt, dass «eine Person alleine nicht Stadtentwicklung machen kann» und damit wieder zur Bescheidenheit zurückkehrt, die er ansonsten an den Tag legt. Auf «Olten 2020» folgten zahlreiche weitere Projekte, im Zuge derer man feststellte, dass die vorhandenen Kapazitäten nicht ausreichten. Der Stadtrat beantragte eine neue Stelle, das Parlament stimmte zu, im Frühling 2011 übernahm Eva Gerber die Leitung der Stadtentwicklung. Dietler gab die Hauptverantwortung ab, konnte jedoch weiterhin Ideen in den «Think-Tank» einbringen, sich mit diesen an den damaligen Stadtpräsidenten Ernst Zingg wenden. Mit der neuen Stelle rückten in der Stadtentwicklung Politik und Verwaltung, der Stadtrat und Dietler, zwar ein bisschen auseinander, standen sich aber noch immer sehr nah. Als der Spardruck zunahm, wurde die neue Stabsstelle für Stadtentwicklung gestrichen, die Leitung fiel wieder Dietler zu. Stadtschreiber und Stadtentwickler sind seit zwei Jahren also wieder in Personalunion. Dass Dietler sich lieber diskret im Hintergrund hält, dort aber alle Fäden bei ihm zusammenlaufen, zeigt sich im Sitzungszimmer des Stadtrats, als sich das Gremium zum ersten Mal nach der Sommerpause versammelt. Aufmerksam hört Dietler zu, notiert sich Aufträge und Beschlüsse, runzelt ab und zu die Stirn. Nur selten bringt er sich an diesem Montagmorgen ins Gespräch ein, beispielsweise dann, wenn sein Rat gefragt ist; beispielweise bei der Idee, die Wahlcouverts bei der VEBO Werkstatt Olten von Mitarbeitenden mit Beeinträchtigung verpacken zu lassen anstatt von einer Maschine. Nach seinem Einwand, dass eine solche Lösung einerseits länger dauern, andererseits mehr kosten würde, ist der Vorschlag ohne weitere Worte zu verlieren vom Tisch. Der Stadtrat vertraut seiner Einschätzung, weiss um seine langjährige Erfahrung und sein durch das breite Aufgabengebiet grosses Know-How. In der Kaffeepause wählt Dietler ein Polstermöbel am Rand der Sitzgruppe, lehnt sich mit der Espressotasse in der Hand zurück, trotzdem wirkt er nicht wie ein aussenstehender Beobachter und Berater, sondern wie das sechste Mitglied des Stadtrats. Als die Frage im Raum steht, wer zu einem Gespräch für das Porträt über Dietler bereit wäre, schweigen Iris Schelbert und Peter Schafer, Benvenuto Savoldelli meint halb im Ernst, halb im Scherz, dass man «nichts Schlechtes sagen darf,


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«‹Löschts eim ab, werd me hässig›, reflektiert Dietler seine Schattenseiten.» weil er es nachher liest». Einzig Thomas Marbet, der an diesem Montag Stadtpräsident Martin Wey vertritt, stimmt zu. In seinen schriftlichen Antworten schwärmt er in den höchsten Tönen von der Zusammenarbeit mit dem Stadtschreiber. Auch Wey findet beim Treffen nach dem Kurzurlaub, den er sich nach dem verregneten «Donnschtig-Jass» gegönnt hat, nur lobende Worte. Wie die rund 90 Angestellten in der Verwaltung Stadtpräsidium zu Dietler stehen, konnte nicht ermittelt werden: Er untersagte KOLT für das Porträt ausdrücklich mit Personen aus seinem Arbeitsumfeld zu sprechen, die – wie er es in der Mail formulierte – in einem «Abhängigkeitsverhältnis» zu ihm stehen. «Löschts eim ab, werd me hässig» reflektiert Dietler seine Schattenseiten. Weil er nicht Politiker sei, sei er weniger darauf bedacht «die Wo-

gen zu glätten» und darum in seiner Wortwahl manchmal «härter» als andere. Ein Gesicht, das sich wohl meist hinter verschlossenen Türen zeigt. Dietler wirkt ruhig, ausgeglichen und besonnen. Eine Gelassenheit, die die letztjährige Parlamentspräsidentin Sarah Früh (FDP) sehr schätzte, die Sicherheit gab, auf sie ausstrahlte, wenn er während den Sitzungen neben ihr sass. Nur, wenn etwas im Ratsbetrieb nicht so lief wie es sollte, beugte er sich zu ihr hinüber und flüsterte ihr zu. Auch wenn die Diskussionen oftmals bis in die späten Abendstunden reichten, sah man Dietler keine Spur der Müdigkeit an. Er habe – so Früh – sogar währenddessen die Amtsmitteilungen verfasst, damit die Informationen aus dem Gemeinderatssaal unverzüglich an die Öffentlichkeit gelangten. Bei den gemeinsamen Vorbereitungen habe er ihr die Sachverhalte erklärt und dabei eine «relativ neutrale Sichtweise» dargelegt. Selten äussert Dietler seine persönliche Meinung zu politischen Entscheiden, tut er es doch, schiebt er beschwichtigende Worte hinterher, zeigt sich verständnisvoll gegenüber der Situation, erklärt, führt aus, kurz: ist loyal. Auch, wenn es bedauerlich sei, dass Projekte aus Budgetgründen gestrichen werden wie beispielsweise das Records Management, bei dem in der Verwaltung die vollständig digitale Aktenführung und -archivierung hätte eingeführt werden sollen, sei es «schlussendlich ein politischer Prozess, eine Priorisierung, die vorgenommen werden muss».

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Er bemängelt lediglich, dass Stadtrat und Parlament manchmal «um fünf vor zwölf» Entscheide treffen würden ohne vorher fachlichen Rat einzuholen. Dietler lässt durchblicken, dass er der eigenen Stimme, die in solchen Fällen ausser Acht gelassen wird, grosse Bedeutung zumisst. Er ist sich also seines Einflusses sehr wohl bewusst, auch wenn er im Gespräch mehrmals betont wie «sauber getrennt» die strategische und operative Ebene seien, dass er nur ausführt, was der Stadtrat entscheidet. Seit fünfzehn Jahren nun ist Dietler Stadtschreiber. Im August feierte er, dessen Aufgabe als Stadtschreiber es mitunter ist, Transparenz zu schaffen, sozusagen seine gläserne Hochzeit mit Olten. Eine gefestigte Beziehung also, der eine jahrelange Freundschaft vorausging. Spricht der 56-jährige über sein Verhältnis zur Stadt Olten, schwingt Leidenschaft in seiner Stimme mit und er muss sich – wie er im Gespräch schmunzelnd zugibt – zügeln, nicht wie ein PR-Berater oder Werbebotschafter zu klingen. Für Dietler ist und bleibt Olten die Liebe seines Lebens, sein Job der «beste der Stadt». Wohl wahr, wenn man bedenkt, wie viele Aufgaben er in einer Person vereint, wie hoch sein Ansehen ist und wie unermesslich der Freiraum, den man ihm damit gewährt, seine Stadt in seinem Sinne zu verändern.


SERIE

FILM

Star der Stunde Alicia Amanda Vikander aus Göteborg ist der neue Hollywood-Liebling.

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aniel Holden ist, wie es sein Name so schön metaphorisch verrät, ein Gefangener. 19 Jahre lang sass er im Todestrakt eines amerikanischen Gefängnisses, schuldig gesprochen für die Vergewaltigung und den Mord an seiner damals 16-Jährigen Freundin. Die in unseren Breitengraden bisher wenig gehypte Serie «Rectify» erzählt davon, wie Daniel nach einem langen juristischen Kampf aus der Gefangenschaft entlassen wird und in das Zuhause zurückkehrt, dem er als Teenager entrissen wurde. Was tut einer, der weiss, dass ihn abgesehen von seinen Familienmitgliedern alle für ein Monster halten? Wie muss sich einer fühlen, der die besten Jahre seines Lebens in einer kleinen, weissgetünchten Zelle verbringen musste? Unterbewertet, magisch, hypnotisch, manchmal witzig, sehr oft tieftraurig – das ist «Rectify». Der Australier Aden Young spielt die Rolle des Daniel Holden so unglaublich eindringlich, dass sein Blick einem noch lange nachgeht, man seine Stimme noch im Ohr hat, lange nachdem man den Computer zugeklappt hat. «Rectify» ist ein gewagtes Familiendrama, das – so kritisch darf man sein – in der zweiten Staffel hie und da ins belanglose Beziehungsdrama hinüberkippt. Doch das verzeiht man «Rectify», zu gut sind die Figuren, zu genial ist die Idee hinter der Geschichte. (nb)

Rectify

3+ Staffeln, 22 Episoden/ Drama/SundaceTV/2013

DIE

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von Pierre Hagmann

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idmen wir uns zum Herbstbeginn der Leichtfüssigkeit einer aussergewöhnlichen Frau: Die 27-jährige schwedische Schauspielerin Alicia Vikander befindet sich mitten im Auge eines – wie nennt man das positive Gegenstück des Shitstorms? Lovestorm? Alle lieben Alicia, darunter auch Michael Fassbender, der 39-jährige Deutsch-Ire, den seit «Inglourious Basterds» auch fast alle lieben. Fassbender und Vikander jedenfalls sind das neue Traumpaar Hollywoods. Die beiden haben sich auf einer winzigen, abgelegenen Insel bei Neuseeland kennengelernt. Dort haben sie 5 Wochen lang ihren aktuellen Film «The Light between Oceans» gedreht, und wenn die Sonne unterging, das Tageswerk getan war, haben sie Feuer gemacht und gelacht und getanzt. Und sich verliebt. War ja klar. Alicia Amanda Vikander aus Göteborg ist die erste Schwedin seit 1975, die einen Oscar gewonnen hat; damals ging die Trophäe an Ingrid Bergman. Vikander wurde Anfang Jahr für ihre Nebenrolle in «The Danish Girl» ausgezeichnet. Sie hatte 2015 noch in diversen anderen Filmen mitgespielt, etwa als Roboterfrau in «Ex Machina». Und jetzt plötzlich kennt ihr Schaffen keine Barrieren mehr: Sie spielt die Agentin

ALBEN MEINES LEBENS

The Fall 50 000 Fall Fans Can’t Be Wrong Best-of und Fall-Einstiegsdroge. Mein Freund Marcel hat sie mir geschenkt, und ich finde unterdessen Repetition und Sound wichtiger als Harmonie.

in «Jason Bourne» (2016), wird zur Nachfolgerin von Angelina Jolie in «Tomb Raider» (2018), gibt das neue Gesicht von Louis Vuitton und ist Model im PirelliKalender (2017). Und die Frau hat zudem noch Zeit gefunden, eine eigene Produktionsfirma zu gründen, mit der sie derzeit einen ersten Film («Euphoria», 2017) in Bayern dreht, bei der sie, war ja klar, auch die Hauptrolle spielt. So ist das derzeit mit Alicia Vikander. Erfolg im Job, Glück in der Liebe und die bezauberndsten Augen östlich vom Uralgebirge. In diesen Augen findet sich das Stück Magie, das vielleicht erklärt, wieso das alles so ist. Es scheint, als würden diese stets lebensfroh leuchten und doch zugleich tief trauern. Diese Intensität trägt Vikander gekonnt in ihre Rollen hinein. Die Vielseitigkeit ebenso. Ob Kostümfilm oder Actionthriller: Die Schwedin ist wahnsinnig talentiert darin, ihren Figuren eine ganz unangestrengte Echtheit und Dringlichkeit zu verleihen. Auch in «The Light between Oceans». Da spielen sie und Fassbender, war ja klar, ein Liebespaar. Beide machen einen vorzüglichen Job. Schade nur, dass alles etwas überzuckert ist. Aber irgendwie passt das: Manchmal ist das Leben ein Hollywoodfilm.

von Manuel Stahlberger

Guz Mein Name ist Guz Guz hat die ersten zwei Alben meiner Band produziert und ist auch sonst sehr wichtig für mich. Er sagt die Wahrheit: «Wenn man weiss wie es sein muss, hat man’s im Leben schwer.»

Jack Stoiker Hellwach-Demo Völlig ahnungslos ihm begegnet in Stein am Rhein, als er nach mir am Klingenopenair spielte, irgendwann in den 90er-Jahren. Der beste Liedermacher aus St.Gallen!

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John Cooper Clarke Word Of Mouth. The Very Best Of Wenn ich beim Songschreiben nicht mehr weiterkomme, höre ich John Cooper Clarke. Ich verstehe wenig, komme aber in eine Wort-Trance, die beim Schreiben schon oft Türen aufgemacht hat.

Beatles Abbey Road Meine Eltern hörten Klassik. Ein paar Beatles-Platten standen auch herum. Die Beatles waren lange Zeit die einzige wichtige Band für mich. «Abbey Road» finde ich nach wie vor super, zu klassischer Musik habe ich den Draht noch immer nicht gefunden.


MUSIK

U ns e r e E i g e nk o l l e k t i o n

ElectronicaPower Das Duo OY hebt sich von der Masse ab. von Marc Gerber

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ie kommen aus der Schweiz und leben in Berlin. Die eine Hälfte des Duos hat ghanaische Wurzeln, die andere tritt unter einem Pseudonym auf und trägt einen Plastiksack auf dem Kopf. Zusammen spielen die beiden einen strangen Mix aus Loops, elektronischem Sound und viel Weirdness – aber irgendwie ist ihr Projekt einfach huere geil. Ich würde mich persönlich durchaus als Musiknerd bezeichnen;, es wäre ja auch lächerlich, eine Kolumne in einem Kulturmagazin zu verfassen, wenn ich keiner wäre. Und trotzdem: Selbst in der kleinen Schweiz gibt es Bands, die ich einfach nicht auf dem Radar habe. Eine davon ist das Elektro-Hipster-IndieDuo OY. Es veröffentlicht seit 2010 alle zwei Jahre ein neues Album, und trotzdem hatte ich ihre Musik bisher noch nie gehört. Hoffentlich geht es euch ähnlich wie mir, und ihr könnt euch über diese Neuentdeckung freuen, denn das Duo entspricht mit seiner «AvantgardeElectronica» (so beschreiben OY ihre Musik) voll dem Zeitgeist. Berlin ist das Mekka für elektronische Musik, nirgends findet man so viel Talent und Trash wie in der deutschen Hauptstadt. Wegen DJGrössen wie Acid Pauli, Mode Selector, Apparat

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oder Kalkbrenner und Co. pilgern unzählige Partygäste und Musiker in den Geburtsort der Currywurst. Vielleicht war das auch der Grund, warum OY ihr musikalisches Glück in Berlin suchten. Bei dem aktuellen Überangebot an elektronischer Musik muss man sich als Künstler von der Masse abheben, und genau dies schaffen OY mit ihrem neuen Album «Space Diaspora» mühelos. Es ist Musik, die mit vielen Einflüssen spielt, sich aber nie auf etwas einlässt – Tinder in Musikform sozusagen. 16 Songs spielen mit Funk, Pop, Afro Beats und Minimal, immer getrieben von den Beats von Schlagzeuger Marcel Blatti aka Lleluja-Ha aka der Typ auf der Bühne mit dem Plastiksack auf dem Kopf. Die wunderschöne Stimme von Joy Frempong rundet die Songs ab. OY ist definitv eine Band auf meiner Bucket-List von Musikern, die ich live geniessen möchte, um meine Bildungslücke endlich schliessen zu können. OY, das ist gewaltige Electronica-Power für Fans von Dillon, The Knife und Zeno.

OY

Nächstes Konzert: 7. Oktober im Dachstock Bern

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Ein Stück Natur auf der Nase

Bartlomé Optik AG Brillen und Kontaktlinsen Hauptgasse 33 - 4600 Olten www.bartlome-optik.ch


....................... KOLT liest ....................... DER SCHÖPFER

BUCH

von Daniel Kissling

Mehr als nur Erwachsenwerden

von Guðrún Eva Mínervudóttir

Ein einsamer SilikonpuppenMacher trifft auf eine Frau aus Fleisch und Blut. Dieser Roman aus Island erzählt von Einsamkeit, Enttäuschung und Weltflucht und wurde von den Buchkritikern als «süffig» gelobt. Ellen Mathys, Fotografin

SKYFARING von Mark Vanhoenacker

Ein 747-Pilot der British Airways schreibt über die Magie und den Alltag des Fliegens. Und schafft damit ein zauberhaftes Stück: ein Buch voller Poesie, überraschender Beobachtungen und Aha-Momente. Pierre Hagmann, KOLT-Filmkolumnist

THE TALKS the-talks.com «The Talks» ist ein online Interview-Magazin, 2011 gegründet von Sven Schumann and Johannes Bonke. Jede Woche kriegt man hier sehr persönliche, ehrliche, zum Teil sehr inspirierende Interviews mit den Grössen aus Film, Kunst, Sport, Mode und Musik serviert. Christoph Haiderer, KOLT-Grafiker

Auerhaus von Bov Bjerg

M

anchmal kaufe ich mir Bücher, wie andere sich Schuhe kaufen. Um mich besser zu fühlen. Um dem angezüchteten Konsumdrang etwas Futter zu geben und genau das war mein Plan, als ich vor ein paar Wochen, an einem verkaterten Sonntagmorgen nach einem Hochzeitsfest, eine Stunde in Karlsruhe auf meinen Zug warten musste. Ziellos schlurfte ich durch die Bahnhofs-Buchhandlung. «Kauf dir das! Auerhaus!», sagte mein Kumpel Benj und zeigte auf eines mit orangem Einband. «Hab ich dir letztens von erzählt», sagte er, «paar Teenager auf dem Land, die in ein altes Haus ziehen, nachdem sich einer von ihnen hatte umbringen wollen. Geht ums Erwachsenwerden und so.» Eigentlich stand mir der Sinn an diesem Katertag gar nicht so nach Coming-of-Age-Story, aber ich kaufte das Buch trotzdem und weil das Wegreissen der Plastikfolie und das Lesen der ersten Seite mitunter zum Besten am Bücherkaufen gehört, tat ich das dann auch im ICE. Und legte das Buch erst wieder weg, als ich drei Stunden später in Olten ausstieg. Wie sollte man ein Buch auch weglegen, das gleich mal damit beginnt, dass eine der Hauptfiguren, der suizidgefährdete Frieder, gerade den riesigen Weihnachtsbaum auf dem Dorfplatz umgehauen hat? Erzählt wird diese Anekdote, wie das ganze Buch, von Frieders bestem Freund, mit dem er

ins Haus seines verstorbenen Grossvaters zieht, nachdem er sich versucht hat mit Tabletten umzubringen. Bald ziehen weitere Jugendliche ein – die lebensfrohe Punkerin Vera, der schwule Elektriker Harry, die leicht debile Pauline, die auch schon mal ihre Haare abfackelt – und so verschroben die Figuren wirken, so sympathisch sind sie einem auf Anhieb. Sechs Teenager in einer WG – eigentlich keine erwähnenswerte Sache, könnte man meinen. Doch das Auerhaus steht nicht in Zürich oder Olten, sondern in einem Kaff in der deutschen Provinz. Und zwar in den 80er-Jahren. So wird die Wohngemeinschaft zum Statement, zur Utopie. Und aus einem Buch über das Erwachsenwerden ein Buch darüber, wie wir leben. Welche Prioritäten wir setzen (die WG-Kasse ist leer) und nach welchen Regeln wir spielen (Klauen kann so einfach sein). Manchmal kauft man ein Buch einfach, damit man eins gekauft hat. Und manchmal ist man verdammt froh darum. Konsumdrang ist nicht immer schlecht.

Bov Bjerg

Auerhaus

Blumenbar. Berlin, 2015. 235 S. ISBN: 978-3-351-05023-8

www.bijouterie-maegli.ch

AnziehungskrAft

liegt in unserer nAtur. KOLT

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WO SPIELT DIE MUSIK? AM TRESEN Morgens halb zehn am Bahnhof Olten. Frierend, mit verregneten Turnschuhen an den Füssen und 20 Minuten zu früh für den Zug kann die Laune nicht noch beschissener sein. Also warum nicht heute Zeit vertrödeln, indem man dem billigsten BahnhofEspresso sucht? Eine grobe einmalige Zählung ergibt 12 verschiedene Orte, wo man Coffee To Go erhält. Aber wo bezahlt man am wenigsten? Antwort: im Eingang der MigrolinoFiliale. Da steht ein Riesending:

über zwei Meter hoch, fast genauso breit, die Oberfläche schwarz glänzend, hie und da mit fettigen Schmieren von Menschenhänden versehen.

Mirante heisst dieser Koloss, wie auf der Webpage seines Besitzers zu erfahren ist. Mirante macht dir einen 1.5 Deziliter langen Espresso für 2 Franken. Das ist ein langer Espresso. Und Mirante macht ihn gar nicht einmal so schlecht. Und das liegt nicht nur daran, dass du keine Erwartungen hattest und deine gute Laune ganz weit weg war, an einem Ort, so dunkel und kalt und traurig. Mirantes Kaffee ist ein derart überdurchschnittlicher Selbstbedienungsautomaten-Kaffee, dass dir dessen halbwegs nussiger Geschmack noch in der Nase hängt, als dein Zug 45 Minuten später in einen grossstädtischen Bahnhof einfährt und du deine nassen Turnschuhe schon fast vergessen hast.

Selecta Heissgetränkmaschine am Bahnhof

Ariel Pink ist ein Avantgarde-Musiker schlechthin. Sein konsequenter Lo-Fi-Sound und seine bizarren Texte sind eine Quelle der Inspiration. Ein Musiker, der diesen Einfluss besonders zu spüren kriegte, ist Alex Brettin. Alex Brettin spielte bei vielen Bands mit, insbesondere bei Ariel Pink selbst und bei Mac de Marco. Er würdigte das kreative Umfeld der talentierten Musiker, fühlte sich aber nach einiger Zeit bereit, seine eigenen Ideen zu verfolgen. So entstand um Alex Brettin das musikalische Kollektiv Mild High Club. Sein Debütalbum «Timeline» verkörpert, so Brettin, den Prozess der Selbstfindung und des Selbstbewusstseins, ähnlich dem Betrachten einer Timeline auf Facebook. Das Album schwebt musikalisch zwischen der psychedelischen Ära des «White Albums» der Beatles und dem Synthie-Pop der 80er-Jahre. Als wichtigsten Einfluss nennt Brettin die musikalischen Perfektionisten der 70er-Jahre, Steely Dan, und betont, er würde selbst am liebsten einmal mit Paul McCartney zusammenarbeiten. Ein sehr schönes und gelassenes Album, das thematisch und musikalisch den Nerv der Zeit trifft. Die Band Mild High Club spielt am 26.10.16 in der Zürcher Hafenkneipe. (ud)

MOST WANTED Stadtbibliothek

Alex Capus

Die Oltner lieben . Um seine lesehungrige Fangemeinde mit genug Stoff versorgen zu können, kauft die Stadtbibliothek deshalb immer gleich vier Exemplare seiner Romane.

www.stonesthrow.com/store/album/ mildhighclub/timeline

Olten

NEU: jeden Freitag und Samstag

Horror-Nights FR 07./SA 08.10. FR 14./SA 15.10. FR 21./SA 22.10. FR 28./SA 29.10.

The Boy The Clown KOLT 29 Ouija 2 - Ursprung des Bösen Rings (Zombiewalk und Halloween-Party im Coq D‘Or) Oktober 2016

«Das Leben ist gut»

ist Capus’ neuster Wurf – und mehr denn je lokalkoloriert. Dementsprechend gross ist der Run auf den erst kürzlich erschienenen Roman aus der Feder des Oltner Stadtautors.

Jugendbibliothek Elmar ist ein Elefant. Er ist zwar gross, dick und hat einen Rüssel, aber er ist nicht etwa grau, sondern kunterbunt kariert. In der gleichnamigen Geschichte

«Elmar» von David McKee

entscheidet Elmar, etwas zu ändern, denn er hat keine Lust mehr darauf, anders zu sein. Um zu erfahren, wie Elmar das anstellen wird, haben sich momentan so einige Kids in der Jugendbibliothek auf die Warteliste setzen lassen. (nb)


Martin «Deeno» Lötscher 20. Mai 1974 – 27. August 2016

«Deeno» hat uns ab der ersten KOLT-Ausgabe im Oktober 2009 bis im Dezember 2013 mit seinen einzigartigen Review-Texten erheitert, für neue Musik begeistert und unser Korrektorat zuverlässig genervt. Wir haben seine Street-Art bewundert. Wir haben Deeno als Freund geschätzt, als gutherzigen Menschen respektiert und nehmen mit diesen Seiten traurig Abschied von ihm.

© Pascal «Tokijad» Hofer

Danke, Deeno!

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KOLT Ausgabe 1. Oktober 2009

«FUNK-INN – in memory of deeno»

am Freitag, 7. Oktober ab 22 Uhr in der Galicia Bar

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Hauptsache viel Musik Ohne ihn gäbe es die Konzertreihe «Tobias Waldmann&Friends» nicht. Um seine Person macht er gerne ein Geheimnis, dafür redet er umso lieber über sein Herzensprojekt. KOLT hat den Musiker Tobias Waldmann zum Kaffee getroffen. Interview von Martin Bachmann Porträt von Roman Gaigg

«Magst du Rahm zum Kaffee?», fragt mich Tobias Waldmann. Ich lehne dankend ab, Kaffee trinke ich am liebsten schwarz. Er reicht mir eine Tasse und stellt die Espressokanne auf den Tisch. «Bedien dich einfach, wenn du noch mehr möchtest.» Dann beginnen wir unser Gespräch über den Mammut-Event, den Tobias diesen Herbst zum dritten Mal mitorganisiert. Obwohl der in Gunzgen geborene und heute in Olten lebende Gitarrenlehrer dem Projekt seinen Namen gab, wehrt er sich dagegen, im Mittelpunkt zu stehen. Der Name des Konzerts habe sich einfach so ergeben, und aus praktischen Gründen habe man ihn bisher nicht geändert. Der Musiker und gelernte Pädagoge lehnt es deshalb auch strikte ab, dass auf den Bildern für dieses Magazin sein Gesicht zu sehen ist. Über Persönliches will er nicht reden, auch sein Alter gibt er nicht preis. «Tobias Waldmann and Friends» heisst das Konzert, bei dem rund 30 Sängerinnen und Sänger in der Schützi ihr Können präsentieren werden. Vor drei Jahren wurde der Gitarrist und Musiklehrer Tobias Waldmann für ein Konzert angefragt. Da er aber lieber Texte schrieb und diese

durch jemand anderen singen liess, suchte er in Olten nach einer Person, der den Gesangspart übernehmen wollte. In enger Zusammenarbeit mit dem Ex-Abermensch-Mann Rainer Ammann, dem Pianisten und Sänger Samuel Blatter und dem Singer-Songwriter L.P. Dark fand am 29. März 2014 das erste «Tobias Waldmann and Friends» im Coq d´Or statt. Was im ersten Moment vielleicht wie der Abschiedstournee-Titel eines in die Jahre gekommenen B-Promis mit Rockerallüren klingt, hat es in sich. Hinter dem Titel «Tobias Waldmann and Friends» steckt ein Haufen Arbeit, getränkt in unzählige Hektoliter Herzblut. Im Februar 2016 haben die Organisatoren Tobias Waldmann und Jonas Hufschmied mit den Vorbereitungen begonnen. Hufschmied ist für die Administration und die Finanzen zuständig. Wie mir Waldmann bei einer weiteren Tasse Kaffee erzählt (er nimmt dazu Rahm, aber keinen Zucker), finanziert sich das Konzert vor allem über die «Kulturstiftung Rentsch» sowie über den «Dachverband Kinder und Jugendarbeit des Kantons Solothurn». Erstmals ist im Budget eine Gesamtgage

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für die Beteiligten mit drin. Der Gewinn aus den Einnahmen des Ticketverkaufs wird fair unter allen Mitwirkenden aufgeteilt, erklärt Tobias Waldmann. Soviel zur Administration. Und was ist mit der Musik? Die ist natürlich die Hauptsache, versichert Tobias und beginnt zu erzählen. Ebenfalls im Februar fanden die ersten Proben mit der Hausband statt. Die Gruppe besteht aus Vertretern der lokalen Musikszene: Reto Weber (Gitarre), Mario Kircher (Bass), Simon Moll (Drums), Flo Schwaller (Drums) Markus Moor (Keys, Violine). Die Musikerinnen und Musiker treffen sich mit Waldmann und schreiben und arrangieren eigens für das Konzert im Oktober neue Songs. Der grösste Teil des Materials sei mittlerweile im Kasten, so Waldmann. Aber einige Songs sind noch nicht fertig. Waldmann freut sich auf jeden einzelnen davon: «Das Schönste am Konzert ist die Vorbereitung. Der Austausch unter Musikschaffenden aus unterschiedlichen Stilrichtungen, der Prozess, wie die Songs entstehen - dies ist der eigentliche Höhepunkt. Die Veranstaltung in der Schützi


«Das Schönste am Konzert ist die Vorbereitung. Der Austausch unter Musikschaffenden aus unterschiedlichen Stilrichtungen, der Prozess, wie die Songs entstehen - dies ist der eigentliche Höhepunkt.» ist dann einfach noch das Sahnehäubchen», lächelt der Musiker und schenkt sich noch eine Tasse Kaffee ein. Das Material schreibt er zusammen mit den SängerInnen, insgesamt 24 jungen, teils schon älteren Frauen und Männer aus der Region Olten. Unter anderem wieder dabei ist Rainer Ammann, aber auch Chantal Eng von «Shana» oder Roger Peyer von «Drive By Kiss» sind mit von der Partie. Den Organisatoren von «Tobias Waldmann and Friends» kommt es nicht darauf an, möglichst viele bekannte Gesichter auf die Bühne zu bringen. Im Gegenteil. Waldmann und sein Team wollen auch KünstlerInnen eine Plattform geben, die noch keine Gelegenheit hatten, sich in der Szene zu etablieren. Besonders freut sich Tobias Waldmann auf Cross-Over-Darbietungen: «Wenn zum Beispiel eine Sängerin, die im Jazz zu Hause ist, mal eine Rocknummer einstudieren möchte, dann ist das Resultat immer besonders spannend!»,

freut er sich. Auf die Frage nach einem Beispiel gibt er sich aber bedeckt und rät mir mit einem verschmitzten Grinsen, am 8. Oktober in die Schützi zu kommen. Ich nippe an einer frischen Tasse Kaffee und Tobias erzählt, wie das mit den Proben läuft. «Wir nehmen die Stücke als Demo mit LogicPro auf und stellen sie dann auf Dropbox zum Reinhören und Üben. Für das Verfeinern der Arrangements und das Ausarbeiten der Texte gehe ich zu den Bands in ihre Bandräume. Die Songtexte sind meist englisch, einige davon aber auch in Mundart. Auch wenn ich mich gerne überraschen lasse, interessiert es mich dann aber doch, welche Stile zum Besten gegeben werden. «Fast alles ausser Jazz,» grinst Waldmann und verschwindet mit der Espressokanne in der Küche, um Nachschub zu holen. Auch wenn ich nach wie vor den grossen Bruder des Jazz, den Blues, sehr schätze, wäre ich der einen oder anderen jazzigen Nummer, dargeboten von «Tobias Waldmann and Friends» nicht abgeneigt. Aber man kann nicht alles haben.

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Aber immerhin: das diesjährige «Tobias Waldmann and Friends» wird die bisher grösste Ausgabe des Musikfestes. Letztes Jahr kamen rund 250 Leute ins Provisorium, um sich das rund dreistündige Programm reinzuziehen. In die Schützi passen noch mehr Leute; je mehr kommen, umso besser, meint Waldmann. Aber noch grösser soll der Anlass auf keinen Fall werden, meint er zum Schluss unseres Gesprächs. «Vielleicht ist es überhaupt das letzte Mal», fügt er an, «sonst läuft sich das Ganze vielleicht eines Tages zu Tode, und das wollen wir alle auf keinen Fall.»

Tobias Waldmann and Friends 8. Oktober 2016 Schützi Olten Gewinne 3x2 Tickets! Schreibe hierfür eine Mail mit dem Betreff «Waldmann und seine Freunde» an hallo@kolt.ch.


DER KOLTIGE MONAT

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ir haben uns ja eine kleine Auszeit gegönnt. Nach unserer Rückkehr – der Erscheinungstermin der September-Ausgabe war schon eine Woche her – lag am Montag ein rosa Zettel im Postfach, der sich nach einer längeren Abwesenheit unsererseits oft dort befindet: Wir haben zu viel Post erhalten, als dass sie im schmalen Fach Platz finden konnte. Der Herr hinter dem Postschalter meinte: «Ah, KOLT, gell...ui...», und händigte uns zwei bis an den Rand mit KOLTAusgaben gefüllte Postboxen aus. Was zum Teufel...? Es stellte sich heraus, dass über 50 Exemplare, die vorwiegend an Firmenadressen hätten versendet werden müssen, nie dort angekommen waren. Der Grund war ein Computerfehler bei unserer Partnerfirma, welche die Adressierung vornimmt. Eine Adresszeile (nämlich die des Firmennamens) ging vergessen. Welcome back. Welcome back in the office, dear KOLT! Über den Ärger und den unnötigen administrativen Aufwand hinwegtrösten konnten uns zwei Dinge:

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Der koltige Apéro am darauffolgenden Mittwoch, den wir schon längst hätten organisieren sollen. Alle Freelancer, GrafikerInnen, Fotografen, Journalisten, Illustratorinnen und Korrektoren wurden eingeladen. Rund ein Drittel ist gekommen. Einige kennen einander nur vom E-Mail-Austausch und Telefonaten – plötzlich konnte man bekannte Namen neuen

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Gesichtern zuordnen. Richtig koltige Menschen haben sich aus den verschiedenen Städten dieses Landes (jaja, hauptsächlich aus Zürich und Bern) auf Bier, Vegiwurst, Salsiccia und Kebabbrot zusammen gefunden. Wir haben es sehr genossen und wissen nun, dass solche unkomplizierten Abende und dieser Austausch mit solch interessanten, talentierten und sympathischen Menschen viel regelmässiger stattfinden müssen! Danke euch allen, liebe KOLT-Kontributoren!

2.

Die zahlreichen positiven Rückmeldungen zu unserer neuen Agenda «Ausgehen in Olten», die wir im September in Grossauflage als separates Magazin lanciert haben. Es fühlt sich gut an, der Region und den Veranstaltern mit unserem KnowHow und unserer Arbeit einen Mehrwert bieten zu können. Wir hoffen, dass wir damit auch den bestehenden und künftigen Inserenten als eine geeignete Werbeplattform dienen können. Denn von diesen hängt die gesamte Finanzierung dieses Experiments ab. Drückt uns die Daumen und wir tun unseren Teil. Danke! Wir wünschen Euch einen tollen Herbstbeginn – auch wenn wir wieder Pullover tragen müssen. Hoffentlich sehen wir uns in der Stadt! Dein KOLT

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Trau dich und lebe ohne Brille oder Kontaktlinsen.

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Du solltest offen sein, Filmabende mögen, kochen usw. :), am besten eine Frau, aber es darf auch ein Mann sein. Inserat für ein WG-Zimmer in Olten

COVER – Mehr Zuhause.

SIO AG COVER Generalvertretung Schweiz Rötzmattweg 66 CH-4601 Olten T +41 62 207 07 07 F +41 62 207 07 00 info@cover.ch cover.ch

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