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schweizer designmesse
88 gute Gründe für eine kleine Sünde
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27. – 29. oktober 2017 alte reithalle aarau www.in-out-design.ch
EDITORIAL Oktober 2017
Liebe Leser_innen Die regelmässigen Leser_innen unter euch wissen, kein KOLT ist wie das andere. Was die Geschichten im vorliegenden Heft vereint, ist, dass sie ihren Ursprung irgendwo in Olten und seiner Umgebung haben. Der national bekannte Musiker James Gruntz hat eine neue Bleibe in Dulliken gefunden. Von dort aus denkt er das Genre der Pop-Musik neu. Fabio Lüdi traf ihn und seinen Manager und Musikerfreund Till Jannik zu einem Nachtessen. (Seite 26)
In unserer Geschichte «Gutknecht gegen die Grossen» erfahrt ihr etwas zum Thema Open Access. An den Schweizer Universitäten wird Jahr für Jahr eine Vielzahl an wissenschaftlichen Arbeiten veröffentlicht. Paradoxerweise bezahlen die Universitätsbibliotheken jedes Jahr grosse Summen an internationale Verlage, damit diese Arbeiten für alle Forschenden zugänglich sind. Der Informatiker Christian Gutknecht kämpft auf eigene Faust dafür, dass sich dies ändert. Und dafür ging er bis vor das Bundesgericht. (Seite 18) Und ein Hinweis in eigener Sache: In der letzten Ausgabe interviewten wir den abtretenden SP-Stadtrat Peter Schafer. Auf dieses Interview erhielt unsere Redaktion eine Vielzahl an Reaktionen. Peter Schafer schade mit seinen Aussagen der ortsansässigen Stiftung Arkadis, lautete ein Vorwurf. Auf der letzten Seite dieses KOLT-Magazins haben wir Platz eingeräumt, für eine Gegendarstellung eines Vertreters der Stiftung Arkadis. Viel Spass mit dem neuen KOLT! Nathalie Bursać
IMPRESSUM VERLAG / HERAUSGEBER Verlag 2S GmbH, Leberngasse 17, 4600 Olten, verlag@v2s.ch, www.v2s.ch VERLAGSLEITUNG Yves Stuber (ys) REDAKTIONSLEITUNG Nathalie Bursać (nb), redaktion@kolt.ch FINANZEN Matthias Gubler INTERNETAUFTRITT Roger Burkhard LAYOUT / SATZ Christoph Haiderer REDAKTIONELLE MITARBEIT Kilian Ziegler, Marc Gerber, Daniel Kissling, Pierre Hagmann, Ueli Dutka (ud), Josh Guelmino, Fabio Lüdi, Bill Schulz (bs) ILLUSTRATION Petra Bürgisser, Anna-Lina Balke FOTOGRAFIE Roshan Adhihetty, Lucas Ziegler, Yves Stuber KORREKTORAT Karola Dirlam-Klüh LESERBRIEFE leserbriefe@kolt.ch, www.kolt.ch/leserbriefe AGENDA agenda@kolt.ch, www.kolt.ch/agenda ABO Jahresabonnement CHF 79.—(inkl. MwSt), Gönnerabonnement CHF 150.— (inkl. MwSt), abo@kolt.ch, www.kolt.ch/abo INSERATE inserate@kolt.ch, www.kolt.ch/inserieren KONTAKT www.kolt.ch, hallo@kolt.ch AUFLAGE 1'800 ISSN 1664-0780 DRUCK Dietschi AG Druck und Medien, Ziegelfeldstrasse 60, CH-4600 Olten. © 2017, Verlag 2S GmbH. Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit Genehmigung. Die Urheberrechte der Beiträge bleiben beim Verlag. Keine Gewähr für unverlangt eingesandte Manuskripte, Fotos und Illustrationen.
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Cover fotografiert von Roshan Adhihetty
Wie ist das, wenn jeder dein Gesicht oder deinen Namen kennt, weil man ständig zwischen Bühne und Backstage hin- und herwechselt? Und vor allem: Wie ist es, wenn man mit seiner Arbeit ständig aneckt? Wir sprachen mit der Journalistin Michèle Binswanger. Aufgewachsen ist sie in Rickenbach. Doch Olten wurde ihr bald zu klein. (Seite 8)
INHALT
6 Im Gespräch Die Kita-Inhaberin Corina Gebauer-Dreier über das, was die Kleinen brauchen
8 Die Journalistin
Sie ist im Olten der 80er-Jahre erwachsen geworden. Und suchte bald das Weite. Heute ist Michèle Binswanger eine der bekanntesten Schweizer Journalistinnen.
GENUSS
KOLUMNEN
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Ironisches Happy-End
Film
NaRr
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«Znüni»
Kilian Ziegler
Musik
Unser Kolumnist sieht den Boden nicht mehr
Soul aus Schaffhausen
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33 Petra & Christian «Wir melden uns»
STADT
Literatur
18 Open Access
Er kämpft dafür, dass wissenschaftliche Arbeiten gratis zugänglich werden: der Informatiker Christian Gutknecht.
Odyssee durch Paris
34 Der koltige Monat Gegendardstellung
17 Meinung «Der König von Olten»
26 Popmusik mit Herz
James Gruntz hat zusammen mit Till Jannik ein Musik-Label gegründet und will damit die Musikbranche revolutionieren.
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DAS GESPRÄCH
«Die Kleinen brauchen einander» Sie führt eine zweisprachige Kindertagesstätte in Egerkingen und eröffnet diesen Monat in Olten SüdWest eine zweite. KOLT sprach mit Corina Gebauer-Dreier über den neuen Standort, Sprachförderung und städtische Subventionen. Interview von Nathalie Bursać Fotos von Yves Stuber
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orina Gebauer-Dreier, Ihre neueröffnete Kita in Olten SüdWest verfügt über einen Spielplatz von 500 Quadratmetern, heisst es. Wo befindet sich denn dieser? Gemeint ist der bestehende Spielplatz der Überbauung Olten SüdWest. Er befindet sich zwischen zwei Gebäuden im Innenhof. Er ist nun zusätzlich eingezäunt worden und verfügt über kindersichere Schlösser. Der Spielplatz steht aber nicht nur unserer Kita zur Verfügung, sondern ist offen für die Anwohnerschaft.
Olten SüdWest hat das Image einer grauen, halbleeren Überbauung. Ist es nicht schwierig, an so einem Ort eine heimelige Umgebung zu kreieren? Nein, überhaupt nicht. Wir befinden uns im Entwicklungsgebiet von Olten schlechthin. Es ist wunderschön gelegen mit seiner Nähe zum Gheid und zur Dünnern. Perfekt, um mit den Kindern spazieren zu gehen. Mir scheint, manchmal haftet einem Gebiet etwas gar schnell ein Image an, das nach Stammtischgeschwätz klingt. Das ist im Fall von Olten SüdWest, wie ich finde, ungerechtfertigt. Wir haben es uns hier sehr heimelig eingerichtet, finde ich. Haben Sie sich bezüglich des Standorts beraten lassen? Für mich war immer klar, dass ich in dieser Gegend eine Kita eröffnen möchte. Ich habe die Gebiete Bornfeld, SüdWest und Kleinholz studiert und festgestellt, wenn es noch eine Kita braucht, dann hier. Ich traf einen Vertreter der Stadt, um mich auszutauschen und den Bedarf abzuklären. Es war für alle Beteiligten klar, dass es in diesem Stadtteil ein Kinderbetreuungsangebot braucht. Wo lässt man als Kinderkrippeninhaberin sein eigenes Kind betreuen? Selbstverständlich in der eigenen Kita. Die Kita ist wie ein zweites Zuhause für meine Tochter. Sie spaziert hier ein und aus und hat einen engen Bezug zu allen Betreuungspersonen. Sie liebt es hier. Ich bin natürlich vollends überzeugt, dass eine gute Kita einen Mehrwert für ein Kind hat, sonst hätte ich das alles nicht mit so viel Herzblut aufgebaut. Man tut den Kindern etwas Gutes. Sie profitieren enorm und bauen Freundschaften auf. Für die kindliche Entwicklung ist es sehr wichtig, Zeit mit gleichaltrigen Kin-
dern in einer Gruppe zu verbringen. Sozialkompetenz aufzubauen, sprich zu teilen, sich für jemanden einzusetzen, sich durchzusetzen, warten, bis man dran ist und so weiter. Die Kleinen brauchen einander. Nur, weil sie nicht verbal kommunizieren können, heisst das nicht, dass sie in der Babygruppe nicht bereits interagieren können. Sie können zwar nicht smalltalken wie wir Erwachsenen, aber sie kommunizieren, indem sie sich berühren und sich anstrahlen. Da passiert so viel Wertvolles.
«Sprachen zu beherrschen ist keine Frage von Intelligenz, sondern lediglich eine Frage der Förderung.» Ihre Kinderkrippe bietet zweisprachige Betreuung an. Da liegt die Vermutung nahe, dass vor allem ExpatEltern zu Ihrer Kundschaft gehören. Nein, das ist ein Trugschluss. Ich habe mich lange mit den Themen Sprachförderung und Spracherwerb auseinandergesetzt. Diese Themen faszinierten mich schon immer. Menschen bauen ein neuronales Netzwerk auf, wenn sie im Kleinkindalter eine Sprache lernen. Der Mensch wäre für drei bis vier Sprachen gleichzeitig gemacht. Und wenn er Sprachen in diesem Alter auf natürliche Weise lernt, dann wird alles in das gleiche neuronale Netzwerk eingebettet. Wenn man erst im Erwachsenenalter eine Sprache lernt, dann bildet unser Gehhirn ein zweites neuronales Netzwerk. Dieses wird neu aufgebaut und kann nicht zur gleichen Vollkommenheit ausgebaut werden. Zudem ist es schwieriger, darauf zurück-
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zugreifen. Deshalb können Kinder, die zweisprachig aufwachsen, später viel leichter weitere Sprachen lernen. Sprachen zu beherrschen ist keine Frage von Intelligenz, sondern lediglich eine Frage der Förderung. Also dachte ich mir, warum Kindern diese Möglichkeit nicht bieten? Die Subventionierung von Kinderbetreuung ist ein politisch rege diskutiertes Thema, gerade in Olten verändert sich einiges mit den ab 2018 definitiv eingeführten Betreuungsgutscheinen. Was halten Sie davon? Der Wechsel von der Objekt- zur Subjektfinanzierung ist eine sehr fortschrittliche, lobenswerte Entwicklung. Eltern erhalten durch die Subjektfinanzierung neu direkt finanzielle Unterstützung in Form von sogenannten Betreuungsgutscheinen – unabhängig davon, welche Kita sie auswählen. Das heisst, es werden nicht mehr ausgewählte Kitas unterstützt, sondern die Familien direkt. Der Stadt ist offenbar bewusst, welchen Mehrwert Kitas einer Gemeinde bringen. Einerseits im Hinblick auf die sprachliche und soziale Förderung, die sich dann besonders im Schulalter auszahlt. Und andererseits steuertechnisch. Es gibt unterdessen einige Studien, die belegen, dass jeder Franken, der in die Kinderbetreuung investiert wird, drei- oder vierfach in die Gemeindekasse zurückkommt. Unter dem Strich fördern die Betreuungsgutscheine die Qualität der Kitas im Wettbewerb, und Eltern können freier und flexibler entscheiden, wo sie ihre Kinder unterbringen. Für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist das das beste System.
Corina Gebauer-Dreier, 34, wuchs in Hägendorf auf, besuchte das Gymnasium in Olten und absolvierte die Pädagogische Fachhochschule in Solothurn. Später bildete sie sich im Führungsbereich weiter. Sie ist Praxisausbildnerin für HF-Studierende. 2006 eröffnete sie mit einer Kollegin das Lernstudio Easy-learning in Egerkingen, 2012 die Kindertagesstätte Easy-kid-care. Corina Gebauer-Dreier ist verheiratet und Mutter einer zweijährigen Tochter.
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«Ich kann mich nicht beklagen» Die Journalistin Michèle Binswanger ist in Rickenbach aufgewachsen, besuchte in Olten die Kanti und prägt nun seit einer guten Weile von Zürich aus die öffentliche Meinung. Ein Gespräch über Wahrheitssuche, Streite mit Berufskollegen und Schubladendenken.
Interview von Nathalie Bursać Fotos von Roshan Adhihetty
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lle paar Monate liest man in irgendeiner Schweizer Zeitung einen Text über Olten, weil sich das Thema scheinbar gut zur Unterhaltung anbietet. Sie stammen aus der Region. Haben Sie jemals etwas über Olten geschrieben? Für das Buch «Mein Olten» schrieb ich 2010 einen Text über den Oltner Humor mit dem Titel «Der Witz vom Jurasüdfuss». Die Oltner haben nämlich ihren eigenen Humor, hier machte man immer etwas gröbere, zynischere Witze – vielleicht, weil die Stadt nicht so schön ist. Die Oltner waren Arbeiter, Ausländer, die Armen und dennoch hatten sie hochfliegende Träume. Viele wollten in die Welt hinaus, konnten aber nicht. Diese Sehnsucht spiegelt sich in ihrem schwarzen Humor. Wie war es für Sie, im Olten der Achtzigerjahre erwachsen zu werden? Meine Erinnerungen sind vor allem grau. Ich machte die Kanti – ab zwölf besuchte ich die Kanti, den Rosthaufen auf dem Hügel, fast neun Jahre lang. Ich hatte Probleme mit den Lehrern und mir selber. Dann war da die ganze Drogenproblematik, der Platzspitz in Zürich, die offene Szene in Olten. Zu sehen, wie die Leute Drogen nahmen und soffen, prägte mich sehr. Immer hatten alle Angst um dich, die Eltern befürchteten, du würdest auch abstürzen. Lange dachte ich, Olten sei eine Stadt für Versager – aber vielleicht ist es eher so, dass die Stadt ein Herz für Versager hat. Ich sah mich nicht so und wollte weg. Sie zogen 1994 aus Olten weg, um in Basel zu studieren. Wie fühlt sich Olten heute für Sie an? Ich bin da, wenn ich meine Mutter besuche oder manchmal für einen Herbstspaziergang auf den Jurahügeln. Im Vergleich zu früher hat sich die Stadt total gewandelt. Sie ist lebensbejahender. An Weihnachten ist es eine Tradition, dass ich nach dem Familienfest in die Vario Bar gehe. Viele Freunde von früher hat es überallhin in die Welt verschlagen, und zu Weihnachten sind viele von uns wieder in der Stadt. Manchmal denke ich, es gefällt mir hier. Nie daran gedacht, ganz zurückzukehren? Ich gehe grundsätzlich nicht gerne an Orte zurück, die ich hinter mir gelassen habe – übrigens geht mir das auch mit Beziehungen so. Wenn ich mal mit etwas abgeschlossen habe, ist fertig. Olten war für mich immer ein Ort, den man irgendwann verlässt, er war mir zu klein. Ich wollte weg und nicht hier versumpfen wie alle anderen. Michèle Binswanger, Chefredaktorin des Oltner Tagblatts: Horror- oder Traumvorstellung? Wenn Chefredaktorin einer Lokalzeitung, dann eher in Basel. Ich denke immer wieder darüber nach, ob Chefredaktorin eine erstrebenswerte Position wäre. Inhaltlich würde mich das schon in-
teressieren, ich könnte sicher ein Magazin oder eine Zeitung mitgestalten. Ich glaube auch, dass die Position im Bereich des Möglichen wäre. Aber ich habe mich vor ein, zwei Jahren dagegen entschieden, weil das Anforderungsprofil heute so technisch ist. Früher war Chefredaktor ein toller Job, man konnte etwas gestalten und über grosszügige Budgets verfügen. Ich habe diese Zeit gerade noch so am Rand gestreift. Heute sind Chefredaktoren vor allem Manager, die viel mit Administration und Verwaltung zu tun haben. Das interessiert mich zu wenig, da geniesse ich lieber die Freiheit als Autorin. Wie kamen Sie zum Journalismus? Ich wollte immer schreiben. Das heisst, zuerst wollte ich Jockey werden und dann Rennpferde züchten, aber während meines Studiums trat dann das Schreiben in den Vordergrund. Nachdem ich 2000 an der Uni Basel mein Lizenziat in Philosophie gemacht hatte, begann ich bei der Basler Zeitung als Kritikerin für elektronische Musik, später als Filmredaktorin. Es war die Zeit, als die Basler Zeitung nach jahrzehntelanger Misswirtschaft zum ersten Mal sparen und umstrukturieren musste. Vorher war es beinahe unmöglich, als junge Journalistin in diese geschlossene Männergesellschaft reinzukommen, aber die Krise war meine Chance. Zusammen mit Mathieu von Rohr, der jetzt beim Spiegel arbeitet, erhielt ich meine erste Festanstellung. Es war eine aufregende Zeit. Sie haben eine Alleinstellung: Es gibt keine andere Frau aus dem Printjournalismus, deren Gesicht man so oft sieht, sei es auf Podien oder im TV. Nervt Sie das nicht? Ich habe nicht das Gefühl, dass ich als Quotenfrau eingeladen werde. Ich glaube, es gibt einfach wenige Frauen, die bereit sind, sich so zu exponieren wie ich. Das hat auch mit dem Mamablog beim Tagesanzeiger zu tun, mit dem ich bekannt wurde. Das war ein Format, in dem ich mich austoben konnte, zum Teil auch sehr persönlich schrieb. Und ausserdem mit Bild auftrat. Dann hatte ich viele TV-Auftritte zum Beispiel im Club bei SRF, die Videobeiträge auf Newsnet. Ich habe immer auch journalistisch gearbeitet und bin durch meine Recherchen wie etwa zum Platzspitz oder der Geri Müller-Affäre aufgefallen. Und Sie sorgen immer wieder für Gesprächsstoff. Letztes Jahr entbrannte ein öffentlicher Streit zwischen Ihnen und dem Ex-Chefredaktor des Newsportals «watson», Hansi Voigt. Der Auslöser war ein Kommentar, den Sie zu Voigts Entlassung bei «watson» geschrieben hatten. Nach der Publikation ging es online
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in den Kommentarspalten und auf Facebook weiter. Sie wurden dort persönlich angegriffen, teilweise beschimpft. Wie gehen Sie mit so etwas um? Was in den ganzen Kommentarspalten abgeht, damit kann ich umgehen, ich bin mittlerweile abgehärtet. Aber der Streit mit Voigt war persönlich. Er wird deshalb als «Zürcher Luxusstreit» bezeichnet, weil es am Schluss doch nur die lästernde Medienbranche interessierte. Anhand der Reaktionen, die ich auf Voigts Facebook-Text erhielt, kann ich das nicht bestätigen. Ich hatte in einem kleinen Kommentar im Tagesanzeiger die Bemerkung gewagt, dass Voigt gern viel verspricht und es mit den Fakten nicht immer so genau nimmt, aber kein wahnsinnig guter Geschäftsmann ist. Ich muss ihn persönlich sehr getroffen haben. Er hat mit einem 12 000 Zeichen Essay auf Facebook geantwortet, in dem er über mich herzog und unter anderem über meinen Kleiderstil schrieb – Frauen werden halt gerne aufs Äussere reduziert. Und sein Kalkül ist aufgegangen, das wollten wirklich alle lesen, auch deshalb, weil seine Antwort wahnsinnig emotional war. Ich schoss mit dem Luftgewehr und er antwortete mit einer Atombombe. Logisch holen die Leute da das Popcorn raus. Bereuen Sie den Text rückblickend? Ich hatte die Information über Voigts Abgang schon im Voraus und wollte natürlich die erste sein. Heute bereue ich höchstens, dass ich die kleine Kommentarform wählte und ihn nicht ausgiebiger und härter angegriffen habe.
«Die Oltner waren Arbeiter, Ausländer, die Armen und dennoch hatten sie hochfliegende Träume. Viele wollten in die Welt hinaus, konnten aber nicht. Diese Sehnsucht spiegelt sich in ihrem schwarzen Humor.»
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Aber dann wären Sie nicht mehr die Erste gewesen? Ich habe diesen Streit nicht gesucht und ich habe ihn später auch nicht befeuert. Ich habe nie Stellung genommen zu seinem Facebook-Amoklauf und schrieb auch sonst nichts mehr über Voigt. Aber er scheint heute noch nicht darüber hinweg zu sein, wie seine jüngste «Aufarbeitung» der Affäre Jolanda Spiess-Hegglin zeigt. Dort griff er wiederum mich über mehrere Abschnitte hinweg an, obschon ich in dieser Geschichte nun wirklich eine sehr untergeordnete Rolle spielte. Der Fall der Ex-Zuger Kantonsrätin Jolanda SpiessHegglin ist ein weiteres Beispiel dafür, wie umstritten Sie als Person sind. Über diesen Fall schrieb ich zwei Texte. Der erste war ein Kommentar zur negativen Haarprobe. Ich hielt fest, dass man ohne forensische Beweise nie mit Sicherheit wissen wird, ob K.O.-Tropfen im Spiel waren oder nicht. Der zweite war ein längeres Porträt, für das ich sie Zuhause besucht und stundenlang mit ihr und allen anderen an der Affäre Beteiligten gesprochen habe, Frau Spiess-Hegglin hat dieses Porträt integral gegenlesen dürfen. Nun reden Spiess-Hegglins Unterstützerinnen und Unterstützer in den sozialen Medien davon, dieser Text sei ein «journalistischer Sündenfall» gewesen – dabei war alles korrekt. Ich bin bisher weder juristisch belangt noch vom Presserat gerügt worden. Sie waren also fair? Ich würde mich wirklich gerne mit jemanden hinsetzen, der mir konkret am Text aufzeigt, was an meinem Kommentar journalistisch falsch war. Aber diese Mühe machen sich die Leute nicht, viel mehr äussern sie ihre moralische Empörung, dass ich die Opferthese anzweifle. Manchmal sind das hunderte von Kommentaren, die so auf einen niederprasseln. Da kann man schon den Eindruck gewinnen, gemobbt zu werden. 2012 sagten Sie, auf die Generation Praktikum folge im Journalismus u.a. die Generation Burn-Out. Wie steht es um Ihre Gesundheit? Mir geht’s gut, ich kann mich nicht beklagen. Burnout ist bei mir kein Thema. Aber in der Branche verändert sich alles, und ich mache mir viele Gedanken darüber, wie es für mich weitergehen soll. Bei Ihrer Arbeitgeberin, der Tamedia, wird stark abgebaut. Und prominente Leute aus der Branche kritisieren diese Entwicklung. Sie auch? Die ganze Branche ist im Umbruch, das betrifft jedes Verlagshaus. Die Schweiz hatte bislang eine extrem dichte und vielfältige Medienlandschaft, wenn hier eine Strukturbereinigung stattfindet, ist das zwar schade, aber ich glaube nicht, dass die Demokratie auf dem Spiel steht. Diese Auseinandersetzung findet woanders statt, nämlich
im Phänomen der Sozialen Medien, die auch die Zeitungen konkurrenzieren. Die Tendenz geht dahin, dass alle nur noch das lesen, was sie ohnehin schon zu wissen glauben und dass politische Gegner nicht mehr miteinander reden, um einander zu verstehen und Kompromisse zu finden, sondern um sich zu beschimpfen und niederzuschreien. Bleiben Sie bei Tamedia? Bisher fühlte ich mich dort zu Hause. Ich arbeite in einem kleinen Team mit extrem talentierten Leuten, das gefällt mir. Und wir haben viele Freiheiten. Doch auch bei uns geht die Tendenz zur Zentralisierung, so dass Journalisten und Journa-
«Ich habe nicht das Gefühl, dass ich als Quotenfrau eingeladen werde. Ich glaube, es gibt einfach wenig Frauen, die bereit sind, sich so zu exponieren wie ich.» listinnen immer mehr Schnittstellen bewirtschaften, anstatt zu schreiben. Das finde ich schade. Zur Republik, dem Medienprojekt, das Ihr ehemaliger Kollege beim Tages-Anzeiger, Constantin Seibt, mitgegründet hat? Das ist sicher ein interessantes Projekt, ich bin sehr gespannt auf den Start. Aber Sie schrieben einmal in einem Branchenmagazin, alle, die bei der Republik anheuern, seien verzweifelt. Das war nicht despektierlich gemeint. Der Strukturwandel betrifft uns alle, und wer nicht verzweifelt ist, ist entweder naiv oder hat ein tolles neues Projekt am Start. Aber im Ernst: In den letzten Jahren haben sich viele sehr gute Journalistinnen und Journalisten aus dem Beruf verabschiedet, viele suchen ihre Zukunft woanders, das ist nicht gut. Da gibt ein frisches Projekt wie
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die Republik natürlich Hoffnung, ich finde ihre Ideen auch inspirierend. Aber ich bin mir nicht ganz sicher, ob ich von meiner politischen Haltung her gut dort reinpassen würde. Ich glaube, dafür bin ich zu wenig eindeutig links, zu sperrig und zu wenig stromlinienförmig. Haben Sie einen Republik-Mitgliederbeitrag bezahlt? Nein. Ich sagte mir, ich bezahle nächstes Jahr ein Abo, dann werden sie es vermutlich nötiger haben als jetzt. Ich mag Constantin Seibt sehr, er ist ein feiner Typ und er hat wirklich ein Talent, einen mit seinen Ideen mitzureissen. Ich wünsche ihnen alles Glück der Welt. Momentan läuft es recht gut mit Ihrem zweiten Buch zum Thema Fremdgehen. Ein Thema, das immer zieht. War das so kalkuliert? Vor fünf Jahren schrieb ich für «Die ZEIT» einen Artikel mit dem Titel «Monogamie: Die grosse Lüge». Das war der erfolgreichste Artikel meiner bisherigen Karriere. Bis heute erhalte ich Mails von Menschen, die ihn gelesen haben und sich dafür bedanken. Ich habe mir überlegt, dass ich Sachbücher schreiben und mir ein zweites Standbein als Autorin aufbauen möchte, dazu habe ich mir absichtlich ein quotenträchtiges Thema ausgesucht. Was interessiert Sie so allgemein? Mich interessieren Menschen, menschliche Abgründe, wie wir als Individuen in Systemen und wie gesellschaftliche Dynamiken funktionieren. Deshalb schreibe ich oft über Gesellschaftsthemen. Und dann natürlich das, was alle beschäftigt: Wie führe ich ein gutes Leben, was ist meine Aufgabe hier? Ich lese sehr gern und viel, weil ich in der Literatur Wahrheiten über uns Menschen finde, die sich sonst nicht so einfach zeigen. Dasselbe gilt auch für viele dieser neuen TV-Serien, die wirklich sehr gut geschrieben sind. Dann höre ich viel Musik, Spotify ist einfach ein geniales Tool für Leute, die sich für Musik interessieren. Sie haben einmal gesagt, Sie hätten nie geplant, über Mütter- oder Frauenthemen zu schreiben. Dann taten Sie es mit dem Mama- und dem Genderblog. Würden Sie es heute noch einmal tun, jetzt, da diese beiden Themen omnipräsent sind? Nein, das ist wie mit einer alten Beziehung oder einer alten Stadt. Ich habe mich daran abgearbeitet und jetzt sollen das andere tun. Es gibt ja auch genug junge Frauen, die das Thema für sich entdecken. Was natürlich nicht heisst, dass ich nicht weiterhin die eine oder andere Kolumne für den Mamablog schreiben würde.
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Über Sie wird gesagt, Sie seien keine richtige Feministin. Das finde ich lustig, weil das meistens von Leuten mit einer ganz spezifischen politischen Haltung kommt, die sagen: Wenn du in bestimmten politischen Fragen nicht meiner Meinung bist, kannst du auch keine Feministin sein. Aber das ist ein schädliches Ausschlussverfahren. Ich glaube, wir brauchen eine sehr allgemeine Definition von Feminismus, die sich nicht darauf beschränkt, ob jemand Judith Butler zitieren kann oder Laury Penny gelesen hat. Meine Basisdefinition von Feminismus lautet, dass Frauen über ihre Körper bestimmen können müssen, aber Frau sein allein ist ja weder eine Haltung noch eine Qualifikation. Und eine Bewegung wie der Feminismus muss Differenzen aushalten können. Vor ein paar Wochen schrieben Sie im Mamablog über eine Schulsituation Ihres Sohnes, und es klang so, als hätten Sie ein Problem mit seiner Lehrerin. Sie klagten über die Verweiblichung des Lehrerberufs und machten sich über den gender-neutralen Ausdruck «Lehrperson» lustig. Ja, ich hasse den Ausdruck «Lehrperson» – und ich halte nichts von dieser Tendenz, sprachlich möglichst viele Unterschiede zwischen den Menschen auszumerzen. Diese Unterschiede gibt es nämlich und sie sind wirkungsmächtig, das darf sich auch in der Sprache zeigen. Ist das jetzt antifeministisch? Ist es antifeministisch, wenn man sich fragt, was es für einen Buben bedeutet, nur von Lehrerinnen unterrichtet zu werden? Ich glaube nicht.
«Meine Basisdefinition von Feminismus lautet, dass Frauen über ihre Körper bestimmen können müssen, aber Frau sein allein ist ja weder eine Haltung noch eine Qualifikation.»
Auf dieser Ebene sorgen Sie immer wieder für Irritationen. Ich habe in diesen Fragen auch eine Entwicklung durchgemacht. In der Kanti vertrat ich viel radikalere feministische Positionen, weil ich mich, wie viele junge Frauen heute, marginalisiert und nicht ernst genommen fühlte. Darin liegt auch ein gewisser Reiz. Neulich drückte es eine junge Frau mir gegenüber so aus: Ich liebe es, diskriminiert zu werden, denn das gibt mir einen Grund zu kämpfen. Heute weiss ich, dass die Sachlage sehr viel komplexer ist und die Unterdrückung nicht linear und nicht nur in eine Richtung stattfindet. Sie pauschalisieren aufgrund Ihrer eigenen Erfahrungen. Pauschalisieren ist doch ein Tabu, nicht? Pauschalisierung ist vor allem ein Stilmittel, das man zum Beispiel für Pointen braucht, Witze funktionieren so. Manchmal muss man pauschalisieren, manchmal differenzieren, je nachdem, was man erreichen will. Was mich stört, ist eine gewisse Wehleidigkeit, die sich ausbreitet, diese Lust am Opfer sein. Wenn das spielerisch geschieht, ist das eines, aber wir leben in einer sehr moralisierenden und verbissenen Kultur. Jeder möchte sich als Opfer sehen und man versucht über Sprache, schmerzhafte Themen zu eliminieren, anstatt den zugrundeliegenden Konflikt auszutragen. Sie waren einmal radikal, nun revidieren Sie Ihre Positionen. Wo führt das hin? Ich finde es wichtig, mich immer wieder zu hinterfragen. Persönlichkeiten und Perspektiven verändern sich, ich halte nichts davon, sich auf Gewissheiten auszuruhen. Deshalb bin ich keine gute Ideologin, deshalb bin ich auch für viele ein Feindbild. Ich verstehe mich als Journalistin, als kritischer Geist. Es ist meine Aufgabe, mich immer wieder neu auf Situationen einzulassen und sie immer wieder neu durchzudenken. Ich will nicht warm bei den Feministinnen oder sonst wo unterkommen. Wenn ich mich als Teil einer Community verstehe, dann als Teil der journalistischen, der denkerischen.
Michèle Binswanger (*1972) ist Journalistin, Autorin und Bloggerin. Sie wuchs als Kind eines Ärzte-Ehepaars zusammen mit drei Schwestern in Rickenbach bei Olten auf. Nach ihrem Studium der Philosophie und Germanistik in Basel begann sie als Kulturredaktorin bei der Basler Zeitung (BaZ) zu arbeiten. Danach war sie beim Nachrichtenmagazin «Facts» tätig und wechselte 2008 zu Newsnet (Tamedia) als Konzepterin und Co-Autorin des «Mamablog» (2009 bis 2011). 2010 wurde sie gemeinsam mit Nicole Althaus zur Journalistin des Jahres gewählt. 2012 veröffentlichten die beiden Mamabloggerinnen das Buch «Macho-Mamas: Warum Mütter im Job mehr wollen». Letztes Jahr wurde Binswanger vom Branchenmagazin «Schweizer Journalist» zur Gesellschaftsjournalistin des Jahres gewählt. Heute arbeitet sie als Redaktorin im Ressort «Hintergrund & Recherche» des Tages-Anzeigers und als Kolumnistin für «Radio 1». Vor Kurzem erschien ihr zweites Buch «Fremdgehen – Ein Handbuch für Frauen». Michèle Binswanger ist Mutter einer Tochter (16) und eines Sohnes (13) und lebt in Basel.
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Die Stadt wird kommuniziert © Simon Kneubühl
«Ich möchte hiermit mein Abo bei KOLT kündigen. Seit etwa einem Jahr ist es klar zu einem SPund OltenJetzt!Parteiheft verkommen, darum finde ich, sollen die das KOLT auch finanzieren.»
Ein anonymer Ex-Abonnent
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m 13. September fand im Stadthaus im Zimmer 406 ein informelles Treffen zum Thema «Bauliche Massnahmen am Ländiweg, überparteiliche Gruppe» statt. Davon erfahren wir kurz darauf durch einen Kommentar auf der «Olten jetzt!»-Facebookseite, verfasst von Gemeinderat-Neuling Tobias Oetiker. Dank seiner freiherzigen Kommunikation wissen wir noch am gleichen Tag, dass eine Sanierung der Kantonsstrasse zwischen dem Bahnhofsplatz und dem Postplatz im Frühjahr 2018 starten soll. Im Zuge dessen würde die Stützmauer zwischen Ländiweg und Kantonsstrasse durch eine Bohrpfahlwand ersetzt. Die Böschung würde dadurch zur Dekoration degradiert und man könnte diese problemlos entfernen, ohne dass es zu statischen Problemen führen würde, und ohne dass der Ländiweg zu einem breiten Platz würde. So hat dies der Oltner Stadtplaner Lorenz Schmid an besagtem Treffen im Zimmer 406 kommuniziert. Ausserdem habe der Stadtrat eine Studie zur Zwischennutzung Ländiweg in Auftrag gegeben, mit der man sich nach den Herbstferien auseinandersetzen wolle. Interessant, was man erfährt, wenn wenigstens ein Gemeinderat offen über städtische Vorhaben informiert. Auch wenn während der Sanierungsphase der Kantonsstrasse der Ländiweg gesperrt bleiben soll, sind diese Informationen Grund zur Hoffnung, dass sich dieser oft diskutierte Aareweg zum Besseren entwickeln kann. Am 15. September veröffentlichte der Stadtrat sein Legislaturprogramm 2017-2021, worin zwar von «Attraktivierung Aarezugang» die Rede ist, das Wort Ländiweg aber nirgends fällt. Am 20. September berichtete das Oltner Tagblatt, dass der Kanton erst im Jahr 2019 mit der Sanierung der Kantonsstrasse beginnen werde. Sieben Tage vorher will der Oltner Stadtplaner davon nichts
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gewusst haben? Auch sagt der kantonale Projektleiter im OT, dass der Ländiweg für den Kanton eine untergeordnete Rolle spiele, die Böschung vorerst nicht abgetragen werden solle, er aber die von der Stadt «aufgeworfenen Ideen nicht von vornherein ausschliessen» wolle. Das klingt doch schon ganz anders. Auf der einen Seite die Stadt Olten, die Studien und Ideen präsentiert, jedoch nicht genau weiss, wann der Kanton überhaupt mit der Sanierung der Kantonsstrasse beginnt und sich mit diesem offensichtlich auch nicht über das Abtragen der Böschung und der Verbreiterung des Ländiwegs einigen konnte. Und auf der anderen Seite der Oltner Stadtplaner, der den Einwohnerinnen und Einwohnern eines gibt: Hoffnung. So wird die Stadtregierung auch in der Lokalzeitung zitiert: «Die Oltner Regierung hofft, dass eine mögliche Zwischenlösung gemeinsam mit den Bauarbeiten des Kantons umgesetzt werden könne, um Synergien zu nutzen. Stadtpräsident Martin Wey bedauert zwar auf Anfrage die Verschiebung des Baubeginns. Dafür gäbe es nun mehr Zeit, um eine von allen Seiten getragene Zwischenlösung auszuarbeiten.» Die Faktenlage ist überschaubar: Der Kanton will die Kantonsstrasse im Frühling 2019 sanieren und ersetzt dabei die Stützmauer. Während dieser Phase, die ungefähr eineinhalb Jahre dauern wird, ist der Ländiweg gesperrt. Alles andere ist reine Spekulation und ein Jonglieren mit Ideen, welche der Oltner Stadtplaner zusätzlich anfeuert, um die Bevölkerung zu besänftigen. Bis 2020 wird der Ländiweg genau so bestehen bleiben, wie er ist. Dann beginnt auch schon bald wieder der Oltner Wahlkampf.
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MEINUNG
Matthias Tschopp, 28, arbeitet Teilzeit als Baumpfleger und Forstwart, engagiert sich im Netzwerk «Olten im Wandel» und ist in der Freizeit gerne in den Bergen oder mit dem Velo unterwegs. Nach einigen Wanderjahren wohnt er wieder in seiner Heimatstadt Olten.
Der König von Olten regiert sich selber
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onntagmorgen. To-dos: KOLT-Kolumne schreiben, joggen. Ich entscheide mich, das Joggen vorzuziehen, denn mit meinen steifen Knochen kommen in der Regel auch meine Gedanken etwas in Bewegung. Im Hardwald gehen mir zwei Lokalnews durch den Kopf: Der Stadtrat setzt dem König von Olten ein Denkmal. Und das Historische Museum zeigt eine Spezialausstellung zum Thema «Olten regiert sich selber». Beide Nachrichten haben mich im ersten Moment ähnlich irritiert und ich kann nicht anders, als sie miteinander zu vermählen, als ironische Krönung unseres kleinstädtischen Paradoxons: Der König von Olten regiert sich selber! Nachdenklich laufe ich unter den Bahngleisen in Richtung alte Aare. Meine Beine haben keine Freude daran, an einem Sonntag so hart zu arbeiten, und ich muss mich quälen, um einen leichten Laufschritt beizubehalten. Ein König, der nur sich selbst beherrscht, ein Sinnbild für unsere Stadtregierung? In vielen Situationen ist mir in der vergangenen Zeit nämlich aufgefallen, wie wenig selbstverwaltet die Stadt Olten ist, wie abhängig sie von steuerzahlenden Firmen, privaten Investoren und einzelnen Amtsträgern ist. Wäre der verewigte Stadtkater nicht eine Persiflage eben dieser Situation? Bei der Fähre überquere ich die Aare, um meinen Rückweg auf der anderen Flussseite in Angriff zu nehmen. Der Weg verengt sich, und intuitiv beschleunige ich meinen Lauf. Es scheint mir jetzt, als fliege ich über den sich am Ufer entlang-
windenden Weg, endlich sind meine Beine in ihrem Element und belohnen mich dafür. Toulouse lässt mich nicht los, ein Denkmal für eine Katze!? Wohl auch eine Wertschätzung der Natur und des Eigensinns, wenn ich es mir recht überlege. Ein Symbol eines bevorstehenden Paradigmenwechsels: Nicht nur die menschlichen Höchstleistungen, sondern genauso die einfachen und zeitlosen Werte brauchen dringend unsere Anerkennung. So gesehen deute ich das Denkmal plötzlich als fortschrittlich, visionär und sinnbildlich für die vielen Ideen und Bewegungen, welche sich stetig einsetzen für Unabhängigkeit und Selbstbestimmung. Am Stauwehr geht mir langsam die Puste aus, habe ich mich mit der Routenwahl möglicherweise etwas übernommen? An die vielen Sparmassnahmen denkend, stellt sich für mich die Frage: Ist denn wirklich der richtige Moment, um aus der gebeutelten Stadtkasse diesen beachtlichen Betrag für ein Denkmal zu sprechen? Eine feste Meinung dazu kann ich nicht fassen. Aber ist es denn verboten, sich einmal nicht für einen klaren Standpunkt zu entscheiden? Ich nehme mir diese Freiheit heraus, denn es entlastet mich ungemein. Froh laufe ich die letzten Meter, hüpfe zu Hause unter die Dusche, fülle meinen hungrigen Bauch und geniesse die Schwere in meinen Beinen.
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«Ein König, der nur sich selbst beherrscht, ein Sinnbild für unsere Stadtregierung?»
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Gutknecht gegen die Grossen Es gibt sie noch, die Kämpfer für Gerechtigkeit. Einer kommt aus Kappel. Mit viel Einsatz setzt sich Christian Gutknecht für den freien Zugang zu wissenschaftlicher Literatur ein. Zu Hilfe kommt ihm dabei das Öffentlichkeitsgesetz.
Interview von Josh Guelmino Fotos von Lucas Ziegler
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ahr für Jahr werden an den Universitäten Berge von Dokumenten verfasst, die dann von grossen Verlagen wie Elsevier und Springer veröffentlicht werden. Die Universitäten zahlen den Verlagen für diese Veröffentlichung einen schönen Batzen an Steuergeldern. Will man dann die Dokumente lesen, kauft man sich entweder das entsprechende Buch oder leiht sie gegen eine Gebühr in der Bibliothek aus. Gutknecht wollte das ändern. Doch wer ist Christian Gutknecht überhaupt? Nach der Matura an der Kanti Olten wusste er, wie so einige Maturanden und Maturandinnen, nicht so recht, in welche Richtung es für ihn weitergehen sollte. Durch Zufall erfuhr Gutknecht von einem Vorpraktikum für den Studiengang Informationswissenschaft und begann schliesslich bei der Kantonsbibliothek in Liestal zu arbeiten. Er absolvierte berufsbegleitend das Masterstudium in Wirtschaftsinformatik in Olten und danach folgte der definitive Abschied aus der Eisenbähnlerstadt – Gutknecht zog nach Dübendorf. Den Bibliotheken blieb Gutknecht aber weiterhin treu, indem er an der Universitätsbibliothek in Zürich das sogenannte Repository betrieb, einen Ort, wo wissenschaftliche Dokumente digital gesammelt werden. Es war diese Tätigkeit, die sein Interesse für das Thema Open Access weckte. Nach einiger Zeit an der Universi-
tätsbibliothek Zürich wechselte Gutknecht in die Bundeshauptstadt, wo er das Repository für die Forschenden der Universität Bern aufbaute. Irgendwann, während eines Treffens mit einem Bekannten aus FHNW-Zeiten, wies dieser ihn auf eine offene Stelle beim Schweizerischen Nationalfonds hin. Dort ist der 34-Jährige nun für die Informationssysteme verantwortlich und fungiert als Vermittler zwischen Entwicklerinnen und Usern. Nebenbei lässt er sein Wissen und seine Erfahrungen, die er im Kampf als Privatperson für Open Access gewonnen hat, in Projekte des SNF einfliessen.
Open Access und Öffentlichkeitsgesetz Unter Open Access versteht man den freien Zugang zu wissenschaftlichen Informationen, die mit öffentlichen Geldern finanziert werden. Publikationen von Forschenden, so die Forderung, sollen für die Öffentlichkeit frei zugänglich sein. Open Access fördert die Wissenschaft und den wissenschaftlichen Austausch, davon ist Gutknecht überzeugt. Die Digitalisierung biete zudem die ideale Möglichkeit, um wissenschaftliche Dokumente kostengünstig und schnell verfügbar zu machen. Vorreiter in Sachen Open Access war die Uni Zürich, als sie 2008 alle For-
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schenden mittels neuer Policy verpflichtete, ihre Dokumente im Repository frei zugänglich zu machen. Vor ein paar Wochen gab Matthias Egger, Forschungsratspräsident des SNF, gegenüber der Berner Tageszeitung «Der Bund» bekannt, dass sämtliche mit SNF-Geldern unterstützte Publikationen bis 2020 frei zugänglich sein sollen. Momentan sind 40 Prozent Open Access – und auch da hatte Gutknecht seine Finger im Spiel. Die grossen Spielverderber bei der Umsetzung der Idee von Open Access waren und sind nach wie vor eine Grosszahl der Verlage. Die Universitätsbibliotheken zahlen hohe Summen für Lizenzen, damit die Forschenden ihre Arbeiten publizieren können. Es gibt zwar alternative Publikationsformen wie Open Access-Zeitschriften, die auch für die Verlage attraktiv wären, dennoch sträuben sich vor allem die grossen Verlage gegen jegliche Änderungen der gängigen Praxis. Gutknecht sieht den Grund dafür darin, dass eine mögliche Rendite von zehm Prozent im Vergleich zu den etwa 30 Prozent mit dem Status quo zu klein sei. Die Verlage hätten gegenüber den Universitäten schlicht eine zu starke Verhandlungsposition. Also wurden die Forschenden in Zürich aufgefordert, wenn sie ihre Arbeit bei den Verlagen publizierten, auch eine Kopie im Repository der Universität zu hinterlegen. Diese Forderung war dann aber doch etwas paradox, be-
In den teils zähen Verhandlungen hätten sich dann mit der Zeit auch Vertraulichkeitsklauseln in die Verträge mit den Verlagen eingeschlichen. Diese sollten die Universitäten daran hindern, Zahlen offen zu legen. Diese Praxis steht jedoch im argen Widerspruch zum Öffentlichkeitsgesetz. Als Gutknecht die Universitäten auf das Gesetz ansprach, stellte sich heraus, dass sich nie jemand wirklich um das Thema gekümmert hatte.
denkt man, dass die Bibliotheken gleichzeitig immer noch hohe Beträge an die Verlage bezahlten. Gutknecht entschloss sich, die Ausgaben der Berner Unibibliothek, wo er zu jener Zeit arbeitete, in einem Blog zu veröffentlichen. Daraufhin, Gutknecht weilte gerade in der Toskana in den Ferien, erreichte ihn eine Mail des Konsortiums der Schweizer Hochschulbibliotheken, in der er aufgefordert wurde, die veröffentlichten Daten zu löschen, da sie die Verhandlungsposition der Unis gegenüber den Verlagen schwächen würde. Doch warum sollten diese Beträge nicht für alle einsehbar sein?, fragte sich Gutknecht. Nach einem Gespräch mit einem WoZ-Journalisten wurde er dann auf das 2004 verabschiedete und 2006 revidierte Öffentlichkeitsgesetz aufmerksam. Das Gesetz soll Transparenz über den Auftrag, die Organisation und die Tätigkeit öffentlicher Verwaltungen schaffen. Und die Universitätsbibliotheken fallen als staatlich finanzierte Institutionen unter dieses Gesetz.
Kampf gegen die Verlage und für Transparenz Aus den Ferien zurückgekehrt, begann Gutknecht vor etwas mehr als drei Jahren seinen Kampf für die Transparenz. Als Privatperson, also nicht im Namen des SNF, schrieb er alle Bibliotheken an und verlangte die Offenlegung der Zahlungen an
die drei grössten Verlage. Von allen, bis auf die Uni Tessin, erhielt er eine negative Antwort. Im Tessin war wohl der zuständige Bibliothekar in den Ferien und die Weisung, die Zahlen nicht herauszugeben, schien nicht ganz bei allen angekommen zu sein. Jedenfalls schickte die Uni Tessin ein paar Wochen später alle Zahlen. Daraufhin erteilte ihr die ETH einen Rüffel. Auch der Elsevier-Verlag schaltete sich ein und verlangte eine Erklärung für diese Datenherausgabe. «Das Verhältnis zwischen den Universitäten und den Verlagen war schon seit längerem angespannt, und wirklich zufrieden waren die Unis nie mit den Verträgen», so Gutknecht. In den teils zähen Verhandlungen hätten sich dann mit der Zeit auch Vertraulichkeitsklauseln in die Verträge mit den Verlagen eingeschlichen. Diese sollten die Universitäten daran hindern, Zahlen offen zu legen. Diese Praxis steht jedoch im argen Widerspruch zum Öffentlichkeitsgesetz. Als Gutknecht die Universitäten auf das Gesetz ansprach, stellte sich heraus, dass sich nie jemand wirklich um das Thema gekümmert hatte. Auch die Unis Basel und Genf erteilten Gutknecht eine Absage und er stellte Anträge an die jeweiligen Rekurskommissionen. Während er mit Basel bis vor das Bundesgericht ging, schaltete er parallel den Eidgenössischen Datenschutz und Öffentlichkeitsbeauftragten (EDÖB) ein. Dann hiess
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es Gutknecht gegen EPFL, ETH und andere Universitäten. Dennoch schien der Gang vor eine offizielle Stelle seine Wirkung zu zeigen: In der Zwischenzeit kam die Empfehlung der Rekurskommission in Genf, die Daten rauszugeben. Der Rektor wog kurz die Situation ab, sah wohl den kleinen Gutknecht gegen die grossen Verlage und ihre Anwälte und entschied sich kurzerhand gegen eine Veröffentlichung. Gutknecht engagierte einen Anwalt und startete zwecks Finanzierung eine Crowdfunding-Kampagne. Währenddessen entschied auch der EDÖB, dass ETH und Co. die Daten offen zu legen hatten. Auch das Gericht in Genf entschied, dass Gutknecht im Recht sei, dennoch musste er einen grossen Teil der Anwaltskosten alleine tragen. Begründung des Richters: Mit dem Entscheid des EDÖB hätte er das Ganze auch gratis haben können, darum sei der Gang vor das Gericht eigentlich gar nicht nötig gewesen.
Kantönligeist bei den Unis Obwohl nun ein Gerichtsentscheid für Gutknecht sprach und klar war, dass die Daten an die Öffentlichkeit gehören, stellte sich die Grosszahl der Schweizer Universitäten weiterhin quer. Auch die Kantons- und Universitätsbibliothek Fribourg sträubte sich bis zum Schluss gegen die Herausgabe der Zahlen, bis die Angele-
genheit vor die Direktion für Erziehung, Kultur und Sport gezogen wurde. Diese meinte dann gelassen, dass die Staatsrechnung laut Verfassungsartikel sowieso öffentlich einsehbar sei und eine Vertrauensklausel somit gar nicht gültig sei. Als richtige Knacknuss entpuppte sich die Fachhochschule St. Gallen. Da sie von den Kantonen St. Gallen, Appenzell Inner- und Ausserrhoden sowie Thurgau mitfinanziert wird, untersteht sie nicht dem St. Galler Gesetz. Jedoch falle sie auch nicht in den Geltungsbereich der Gesetze der anderen beteiligten Kantone. Der Freigabe der Daten stehen noch eine Wartezeit von zehn Monaten sowie 1500 Franken Gebühr im Wege.
Open Access erreicht das Bundeshaus Dass eine Gebühr verlangt werden kann, steht zwar in den Öffentlichkeitsgesetzen der einzelnen Kantone festgeschrieben, dennoch ist die Höhe der Beträge nur schwer nachvollziehbar. Die Gesetze schreiben meist einen Stundenansatz vor, um den zusätzlich entstandenen Aufwand zu decken. Auch als Gutknecht bei der ETH nachfragte und noch mehr Daten verlangte, stellten diese eine scheinbar unverhältnismässig hohe Gebühr von 4000 Franken in Rechnung – wohl auch mit der Hoffnung, dass eine Privatperson diesen Betrag alleine nicht stemmen könne. Diese Abschreckungsmethode hebelt natürlich das Öffentlichkeitsgesetz aus. Nach einer Mediation beim EDÖB und einer Einschränkung der Anfrage, lenkte die Uni ein und lud Gutknecht zum Verhandeln ein. Am Ende einigten sich die Parteien auf 600 Franken Gebühr. Das Thema ist mittlerweile auch auf der politischen Ebene angekommen. Neben einer parlamentarischen Initiative, die die Gebühren nur noch im Ausnahmefall zulassen will, gibt es weitere Gruppen im Parlament, die sich mit dem Öffentlichkeitsgesetz befassen. Wie etwa die Interpellation der GLP aus dem Jahr 2016, die fragte, wie Verlage davon abgebracht werden können, der Gesellschaft den Zugang zu Wissen zu verwehren. «Das Öffentlichkeitsgesetz als demokratisches Werkzeug gewinnt immer mehr an Bedeutung», meint Gutknecht.
Open Access fördert die Wissenschaft und den wissenschaftlichen Austausch, davon ist Gutknecht überzeugt.
Zwar ist nun besser bekannt, dass das Öffentlichkeitsgesetz gilt. Doch die nächste Hürde wird sein, die Gebühren auf einem Minimum zu halten. Bis Gutknecht sein Ziel, den kompletten Open Access, erreicht haben wird, steht ihm wohl noch ein steiniger Weg bevor. Erst kürzlich forderte die Universität Zürich eine Gebühr von 4000 Franken für die Offenlegung ihrer Zahlungen an die Top 13-Verlage. Obendrauf kommen noch 320 Franken Mehrwertsteuer – Kooperation sieht anders aus.
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SERIE
FILM
Familie Laurent und der unnatürliche Tod
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rüher waren uns die Sterne näher: Vor 20 Jahren, oder besser, rund 300 Jahre in der Zukunft der Menschheit, war «Star Trek» das Mass aller Dinge, wenn es darum ging, das Gutmenschentum in das Universum zu bringen. Aber ScienceFiction hatte im Fernsehen schon immer einen schweren Stand und findet sein Publikum heute zunehmend eher in der Nische als auf einem der grossen amerikanischen Sender. Die Sterne sehen heute vom Fernsehsessel aus betrachtet weitaus düsterer aus (und ich frage mich überhaupt, wer noch einen Fernsehsessel besitzt). Die Serie «The Expanse», mittlerweile in der zweiten Staffel angekommen, zeigt eine hoffnungslose Zukunft. Ein Solarsystem voller gebrochener Charaktere, an der Klippe eines Konflikts, den man am Anfang noch schwer fassen kann. Drei verfeindete Parteien – Erde, Mars und der Belt – stehen sich lauernd gegenüber. Mittendrin stolpern ein abgehalfterter Polizist, Joe Miller, und James Holden (der John Snow des Alls) an unterschiedlichen Ecken des Alls in die Geschichte, nichtsahnend – darauf läuft es oft genug hinaus – dass die Zukunft der Menschheit von ihnen abhängt. Am Ende ist «The Expanse» eine der spannendsten Neuheiten des Genres seit Jahren. (bs)
The Expanse
2+ Staffeln, 23 Episoden, Sci-Fi USA, 2015, Netflix
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«Happy End» von Michael Haneke. von Pierre Hagmann
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atürlich hat der neue Film von Michael Haneke keinen Soundtrack und natürlich ist der Filmtitel «Happy End» ironisch gemeint. Wobei diese Geschichte um eine privilegierte, aber unglückliche Familie aus Nordfrankreich auch schlimmer hätte enden können. George Laurent (Jean-Louis Trintignant) ist der Grossvater, der nicht mehr leben mag, nach einem gescheiterten Suizidversuch ist er an den Rollstuhl gebunden. Anne Laurent (Isabelle Huppert), seine Tochter, hat die Leitung der Familien-Baufirma vom alten Patron übernommen und leitet diese nun mit ähnlich kühler Aura wie sie der Familie begegnet. Ihr Bruder Thomas (Mathieu Kassovitz) ist Arzt und zum zweiten Mal verheiratet, und Eve, seine 13-jährige Tochter aus erster Ehe, wohnt jetzt bei ihm, weil deren schwer depressive Mutter nicht mehr für sie da sein kann. In luxuriösen Ausstattungen leben die vier Hauptfiguren ihr angespanntes Leben und dass Huppert und Trintignant wie schon im letzten Haneke-Film «Amour» (2012) wieder dabei sind, hat seinen einfachen Grund: «Happy End» ist die narrative Fortsetzung des preisgekrönten «Amour». Das wird
ALBEN MEINES LEBENS
Lauryn Hill The Miseducation of Lauryn Hill Ein tolles Stück Geschichte, Musik und Rap. Lässt Erinnerungen aufkommen oder laut zu «Doo Wop (That Thing)» unter der Dusche mitsingen.
spätestens in der wohl intensivsten Sequenz des neuen Films klar: Da sitzt der Grossvater im Büro und erzählt seiner Enkelin Eve, wie er damals seine kranke Ehefrau (Emmanuelle Riva) in den Tod erlöste – mit dem Bettkissen. Jenem Ende von «Amour» folgt nun also dieser nüchterne Ensemble-Film, den die grosse Schauspielerin Emmanuelle Riva leider nicht mehr miterleben kann; sie ist im Januar 90-jährig den realen Tod gestorben. Dem österreichischen Regisseur Michael Haneke gelingt es nicht ganz, an den grandiosen Vorgänger anzuknüpfen. Wunderbar zwar, wie er es schafft, aus solch lebhaften Persönlichkeiten die beklemmende Leere ihrer Figuren zum Vorschein zu bringen; doch in der Summe der langen Einstellungen fehlt dem Film dann eine gewisse Vehemenz. Eine begeisternde Entdeckung hingegen ist die 12-jährige belgische Schauspielerin Fantine Harduin, die Enkelin Eve spielt. Sie spricht nicht viel und lacht eigentlich nie, doch sie ist da, wenn es wirklich zählt in «Happy End» – auch bei der formidablen Schlussszene.
von HUGOwho
Vanessa da Mata Sim Wunderbare Sängerin, vor allem «Boa Sorte/ Good Luck» ist einer meiner Favoriten, weil Ben Harper auch noch gleich mitsingt und ich ihn sowieso liebe, seit ich Musik konsumiere.
Joni Mitchell Blue Perfekte SonntagmorgenMusik, um langsam in den Tag zu starten und einen geilen Brunch zuzubereiten. Beflügelt das Gemüt und das Herz. Und lässt dann Frühlingsstimmung aufkommen, wenn sie gebraucht wird.
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Sampha Process Tolle Stimme. Bestes Pop-Album 2017. Punkt.
Antony and the Johnsons I Am a Bird Now Wenn du glaubst zu wissen, was musikalischer Tiefgang bedeutet, dir jedoch die britische Songwriterin und Pianistin Anohni (früher als Antony Hegarty bekannt) entgangen ist, dann hast du etwas aufzuholen. Nichts für depressive Moods.
MUSIK
WIR TRAGEN B A RT L O M E .
Aus Schaffhausentown Min King macht Soul zum mitgrölen. von Marc Gerber
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arry White kann Schweizerdeutsch und kommt aus Schaffhausen, wirklich, ich verarsche euch nicht. Okay, SoulLegende Barry White ist 2003 gestorben, ich bin mir aber ziemlich sicher, dass sein Geist den Körper von Philipp Albrecht, Sänger von Min King, übernommen hat. Denn Soul auf Schweizerdeutsch funktioniert und hat fast so viel Charme wie «Can't Get Enough of Your Love, Babe». Man muss schon ein wenig verrückt sein, um auf die Idee zu kommen, Soul funktioniere auf Schweizerdeutsch. Noch mehr, wenn man bedenkt, dass Philipp im breiten Schaffhauser Dialekt singt. Bünzlischweizer und schwarze Soul-Musik, das passt doch nicht. So war jedenfalls meine Haltung, als ich 2011 von dieser Band hörte. Doch ich gebe es zu, ich war sprachlos, als ich mir ein Jahr später das erste Mal ihr Debütalbum «Am Bluemeweg» reinzog. Das Konzept funktioniert und ist auf eine komische Art sympathisch, obwohl man ihrem Debüt anmerkt, dass es nicht von Motown produziert wurde, sondern eher in einer Garage in Schaffhausentown. Wirklich interessant wird es aber erst live, denn die siebenfache Kombo dreht so richtig
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auf. Ich würde sogar soweit gehen zu sagen, Min King ist eine Partyband – alle ihre Konzerte, die ich erlebt habe, sind ein wenig ausgeartet. Denn sind wir mal ehrlich, wer achtet normalerweise bei Soul-Songs schon auf den Text? Doch wenn man plötzlich alles versteht und das ganze Publikum die Songs mitgrölt, ja, dann ist Partystimmung garantiert. Keine Angst, Min King macht keinen BallermannSound, denn sie bleiben ihrem Soul treu. Ihr zweites Album «Immer wieder» macht da weiter, wo «Am Bluemeweg» aufgehört hatte. Die Songs sind Ohrwürmer, die Aufnahmen sind noch energiegeladener, und musikalisch haben sich Min King weiterentwickelt. Das Album klingt um einiges professioneller, und ich könnte mir vorstellen, dass die Songs «Meisli, Teil Dich Mit» oder «Mir hend en Verein» auch Barry White gefallen würden, wenn er denn Schweizerdeutsch könnte und nicht schon über zehn Jahre tot wäre, aber das sind Details...
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........................ KOLT liest ........................
von Daniel Kissling
Vom Plattenladen in die Traufe
DIE HAUPTSTADT von Robert Menasse
Der österreichische Autor Menasse hat bereits ein flammendes Pamphlet für Europa verfasst, jetzt folgt ein Krimi, angesiedelt ausgerechnet in der EU-Verwaltung. Blasse Bürokraten, katholische Auftragsmörder, Auschwitz-Überlebende und ein Schwein waten durch Korruption und Misswirtschaft – am Schluss erscheint die EU gerade deswegen ziemlich sexy. Caspar Shaller, Journalist
WORAUF DIE AFFEN WARTEN von Yasmina Khadra
Wie geht das? Endzeitstimmung in schönste Sprache verpackt. Hoffnungslosigkeit, die Lust auf mehr macht. Yasmina Khadra schafft das, der Soldat, der unter dem Pseudonym einer Frau schreibt. Er kreiert kraftvolle, wundersame Bilder wie kein Zweiter, lässt die Sehnsucht keimen, trotzdem hoffen zu dürfen. Und dies alles verpackt in einen politischen, algerischen Krimi. Grossartig. Rhaban Straumann, KOLT-Autor
Das Leben des Vernon Subutex von Virginie Despentes
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ls 2008 der Plattenladen «Bro Records» schloss, war das ein Stich ins Herz aller Oltner Musik-Fans. Doch war dies kein Einzelfall: Reihenweise erloschen in den Nullerjahren die Lichter in den früheren Heimstuben guter Klänge. Das Internet hatte den Plattenladen als Fundgrube neuer Sounds abgelöst, die Tiefstpreise von Ex Libris und Co. erledigten den Rest. Auch in Paris, auch Vernon Subutex traf dieses Schicksal. In den 80ern und 90ern war sein Shop «Revolver» der Treffpunkt für alle vom Rock besessenen Freaks der französischen Hauptstadt. Er hatte Freunde, er hatte Mädchen, doch dann ging‘s bergab, Stück für Stück, ganz nach unten, bis Vernon aus seiner eigenen Wohnung geschmissen wurde. Dort, ganz unten, treffen wir auf Vernon, dort setzt er ein, der fulminante Roman von Virginie Despentes. In Frankreich 2015 erschienen, längst ein Bestseller und mittlerweile zur Trilogie gewachsen, ist nun der erste Teil endlich auch auf Deutsch erschienen. Endlich, weil man dieses Buch lesen muss. Endlich, da dieses Buch so nah an unserer Zeit ist, dass man keine Sekunde länger damit warten sollte. Mit dem Rausschmiss aus seiner Wohnung nämlich beginnt für Vernon eine Odyssee durch Paris, durch sein Leben und durch alle Gesellschaftsschichten. Auf der Suche nach etwas Geld, Drogen, Herzlichkeit (oder wenigstens Sex), vor allem aber nach einer Bleibe klappert er alte Bekannte ab und trifft dabei auf allerhand verkrachte Existenzen.
Auf fremdgehende Ehemänner, auf alleinerziehende Mütter, auf durch Koks angetriebene Banker, auf Kreativ-Wirtschafter am Existenzminimum. Zwischen Zynismus und Nostalgie («früher war alles besser») berichtet Vernon uns Lesern von seinen Begegnungen. Doch lässt Despentes nicht nur den verbitterten Mit-Fünfziger zu Wort kommen, sondern auch seine Gegenüber und macht so nicht nur deutlich, wie unterschiedlich zwei Menschen die exakt selbe Situation betrachten und bewerten können, sondern komponiert dadurch ein so vielschichtiges wie schonungsloses Porträt einer Gesellschaft, in welcher jede und jeder auf seine ganz eigene Art mit sich selbst und den anderen hadert, einer Gesellschaft, die nicht mehr weiss, wohin es gehen soll. Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit, darin ist «Das Leben des Vernon Subutex» getränkt. Ein Happy End scheint, zumindest vorläufig, keines in Sicht. Doch wer hätte vor ein paar Jahren auch erwartet, dass die Schallplatte dieser Tage ihr fulminantes Comeback feiern würde? Vielleicht besteht ja doch noch Hoffnung? Die Zukunft und die hoffentlich bald auf Deutsch erscheinenden Fortsetzungen von Despentes furioser Gegenwartsdiagnose werden es zeigen.
Virginie Despentes
Das Leben des Vernon Subutex Kiepenheuer & Witch, Köln 2017. 400 S. ISBN: 978-3-462-04882-7
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AM TRESEN
In Bezug auf das Trinken bedeutet «Komfort-Zone» für den Tresentester so viel wie: keine Kontaktbars, keine Bars, in die man nicht hineinsieht, keine Bars, in denen Menschen verkehren, die Cohibas rauchen und/oder Louis-VuittonTaschen umhängen haben, keine Vinotheken, in denen nur pensionierte Lehrpersonen herumhocken. In Bezug auf Vinotheken hat der Tresentester seine Meinung nun revidiert. Goodbye Vorurteil! Seit 1998 gibt’s in Olten an prominenter Lage eine Vinothek. Wer Wein mag, der sollte sie unbedingt ansteuern. Die Getränkekarte sieht zwar aus, als wäre sie im Kopierräumchen eines Schulhauses entstanden (schmerzhaft rotes A4-Papier, sauber in der Mitte gefaltet), doch da schaut man gerne drüber hinweg. Die Weinauswahl ist gross, die Preise klein. Zum Glas Wein wird ganz bescheiden ein Körbchen mit Weissbrot gereicht, das Hahnenwasser gibt’s aus dem Plastikbecher. Ist die Aussentemperatur warm genug, kann man auf dem Vorplätzchen auf Design-Stühlen um zwei Bistrotische herum sitzen. Und schliesst der Laden dann, lässt man sich noch ein Pack italienische Pasta, zwei hübsch gestaltete Dosen Pelati und eine Flasche sardischen Rotwein auf die Rechnung schreiben – das alles gibt’s nämlich an der Hübelistrasse auch zu kaufen. Nice.
Vinothek Hübeli Hübelistrasse 2
WO SPIELT DIE MUSIK?
Wer an Texas denkt, dem sausen wahrscheinlich zuerst Bilder von schnurrbärtigen Männern mit Cowboy-Hüten, von grillierten Steaks und Revolverhelden durch den Kopf. Natürlich sind das Überspitzungen der Realität. Doch neben dem ganzen Öl unter der Erde hat Texas auch viel Musik in den Städten. Austin zum Beispiel ist die Heimat des Blues und des Country, und vielleicht gerade deswegen gibt es dort auch eine grosse alternative Musikszene. Letztere wird am jährlichen «South by Southwest (SXSW)»-Musikfestival mit einer breiten Palette Sound bedient. Über 2000 Künstler und Künstlerinnen aus der ganzen Welt heizen die Stadt während zwei Wochen ordentlich ein. Auf den vielen Bühnen können sich auch aufstrebende Talente ein Gehör verschaffen und vom Rahmenprogramm, das aus Konferenzen, Workshops und Konzerten besteht, profitieren. Austin hat noch ein weiteres Festival zu bieten: das «Levitation Festival», das früher «Austin Psych Fest» hiess. Kein Festival für schiesswütige Cowboys, sondern für ein internationales Publikum, das sich für aufkommende Musikszenen interessiert.. (ud)
MOST WANTED
Stadtbibliothek 16 Jahre sind seit ihrem supererfolgreichen Erstling vergangen. Nun ist erschienen, der fünfte Roman der . Es geht Britin um eine Freundschaft zwischen zwei Mädchen, Tanz, Musicals, Michael Jackson und Identität. Der Roman wird auf der ganzen Welt gefeiert – und in der kleinen Oltner Stadtbibliothek ebenso.
«Swing Time»
Zadie Smith
Jugendbibliothek Keiner zu jung, um Personenschützer zu sein, dachte sich wohl , der Autor als er die «Bodyguard»-Buchreihe erfand. Mittlerweile ist der fünfte Band mit dem Titel erschienen. Der Hauptprotagonist Connor Reeves darf noch nicht einmal wählen gehen, dafür ist er ganz gut im Ju-Jutsu und Kickboxen. Deshalb darf er auch Präsidententöchter beschützen. Oder Oligarchensöhne, wie etwa im jüngsten Buch. Ab nach Russland! (nb)
Chris Bradford
Anschlag»
«Der
sxsw.com levitation-austin.com
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Reformator mit Herz
Text von Fabio Lüdi
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Der Schweizer Singer/Songwriter James Gruntz brennt, wof체r andere nur Nasenr체mpfen 체brig haben: Popmusik. Sein Erfolg scheint ihm recht zu geben. Vom Versuch, eine Branche zu ver채ndern.
Fotos von Yves Stuber, zVg
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itte September wirkt es beinahe so, als hätte es den Sommer nie gegeben. In Zürich-West pfeift der Herbstwind durch die breiten Strassen und weht meine Verabredung für den Abend herbei: James Gruntz und Jannik Till. Die beiden absolvieren gerade einen Promotermin-Marathon anlässlich des Release von Gruntz’ neuem Album «Waves». Einen zusätzlichen Medientermin können sie gerade noch während eines Nachtessens unterbringen. Im Les Halles ist es pumpenvoll, aber gemütlich. Die Geburt eines neuen Werks hatte ich mir allerdings festlicher vorgestellt, als eine Zeit der dekadenten Ausschweife und feierlichen Rituale. Doch obwohl Gruntz unterdessen ein halbes Dutzend Platten in die Presse geschickt hat, gibt es das bei ihm nicht. «Es wäre allerdings schön, ein Ritual zu haben», sinniert er über die Idee. Eine für ihn ungewöhnlich kurze Antwort. Legt der Musiker los, streut er Nebensätze und Einschübe wie Konfetti. Dann spricht er allerdings über Dinge, die ihn beschäftigen, für die er brennt. Kurzum, er weiss, was er will: von seiner Musik leben. Aufgewachsen ist James Gruntz in Nidau, am Bielersee. Später zog es ihn nach Basel, dann nach Zürich, Musik gab ihm seit jeher den Takt vor. In eine Musikerfamilie hineingeboren, studierte er an der Zürcher Hochschule der Künste Popmusik. In der Limmatstadt bewohnte er das Parterre eines Hauses, Raum genug, um nicht nur zu wohnen, sondern auch zu musizieren. «Ich habe das super gefunden, einfach zu Hause Musik machen zu können», erinnert sich Gruntz. Von da an gab es keine Alternative mehr, blosses Wohnen war nicht mehr genug. Als die Zeit in seinem Parterre zu Ende war, musste also entsprechender Ersatz her. In Zürich war das unmöglich, also erweiterte er seinen Fokus auf «irgendwo zwischen Zürich und Biel». Schliesslich wurde er in der ehemaligen Schuhfabrik in Dulliken fündig. Der Wegzug von der Grossstadt aufs Land steht in umgekehrter Proportionalität zu seinem Erfolg als Musiker. Vor sechs Jahren schaffte er es das erste Mal in die Schweizer Hitparade, spätes-
tens seit seinem Hit «Heart Keeps Dancing» 2014 dürfte er vielen ein Begriff sein. Entsprechend reist der Dreissigjährige heute herum: «Ich bin viel unterwegs für Konzerte und Termine, da finde ich es sehr easy, wenn ich heim komme und nichts läuft.» Ein Ort abseits der grossen Lichter passt aber auch zu dem Menschen, der in seinem Schaffen stets einen Hauch Schwermut mitschwingen lässt und auch mal gerne alleine ankommt. «Ich geniesse es, wenn der Zug in Dulliken und ich die einzige Person bin, die aussteigt.» In seiner Loft, die gleichzeitig auch sein Studio ist, produziert Gruntz Musik, die lange synonym stand für sterile Belanglosigkeit und schlechte Entscheidungen: Pop. Das Genre steht nicht im Ruf, gut zu altern, allzu präsent sind noch immer die Popsünden der 90er-Jahre. Damit will auch Gruntz nicht in Verbindung gebracht werden. «Damals sind Sachen gemacht worden, die sind wirklich nicht geil», winkt er ab. Quasi aus Trotz fing er darum vor einigen Jahren an, eine eigene Stilrichtung zu prägen, den Postpop. Das neue Etikett ist die Demarkationslinie, die Midi-Pianos und billige Synthies in die Vergangenheit verbannen soll. «So kann ich mich abgrenzen von dieser Findungszeit der Popmusik, wo vieles nicht gut war», sagt der Musiker. Er ist allerdings davon überzeugt, dass der kontemporäre Pop aus diesen Missgriffen gelernt hat. Doch selbst wenn sich die ganze Welt von ihm abwenden sollte, für Gruntz ist das Genre Herzenssache. Den Vorwurf, Popmusik habe keine Message, lässt er nicht gelten. «Message und Musik sind für mich zwei verschiedene Dinge», konstatiert er in einer seiner Satzgirlanden. Musik sei Musik, Message sei Message. «Bei mir geht’s vor allem um das Gefühl.» Und das vertrage sich nicht mit kopflastiger Informationsfülle. Sein Pop-Gärtchen bewirtschaftet Gruntz also ziemlich selbstsicher, da weiss er, wo er steht und wo die Reise hingeht. Anders sieht es im Makrokosmos der Schweizer Musikindustrie aus. Der Musiker ist überzeugt, dass die Branche Erneuerungsbedarf verspürt: «Im Musikbusiness verändert sich momentan alles.» Geld sei nicht
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«Ich bin viel unterwegs für Konzerte und Termine, da finde ich es sehr easy, wenn ich heim komme und nichts läuft.» James Gruntz
Lebt und arbeitet in Dulliken: Musiker James Gruntz.
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mehr vorhanden, auch nicht bei vormals profitablen Genres wie der Popmusik. Das Publikum ist nicht mehr in gleichem Masse bereit Geld auszugeben wie früher. Die grossen Labels versuchten durch irgendwelche «schrägen Deals» mit den Streaming-Plattformen wettzumachen, dass sie die technische Entwicklung der letzten 20 Jahre verschlafen haben. Die Branche lechzt nach Lösungen, und James Gruntz wirft seinen Hut in den Ring. Zusammen mit Jannik Till, einem langjährigen Freund aus der Musikszene, hat er ein eigenes Label gegründet: «House of Hearth». Das Label verkörpert eher eine Idee und weniger eine konkrete Vision. «Wir wissen auch noch nicht so genau, was es eigentlich werden soll», so Gruntz. Aber es gehe darum, die Dinge in die eigenen Hände zu nehmen. Sein Backkatalog, die bisher erschienen Alben also, wird mittlerweile von House of Hearth verwaltet. «Wir konzentrieren uns momentan auf das Projekt James Gruntz», sagt Jannik Till. Er managt den Künstler über das Label, schaut zu, dass sich sein Freund vorerst auf das Kreative konzentrieren kann. Till ist
Geht es nach Gruntz und Till, liegt die Zukunft der Musikindustrie im persönlichen, vertrauten Umgang zwischen Künstler und Institution. «House of Hearth» soll exemplarisch für diese Veränderung weg vom gesichtslosen Musikkonzern stehen. Eine Revolution will das Duo dennoch nicht anzetteln, alleine schon, weil sie die Branche eigentlich schätzen. Denn gerade in der Musikindustrie gebe es wenig unangenehme Menschen. Das Problem der heutigen LabelStrukturen sei, dass die Mittelmänner zwischen Künstler und Publikum wegbrechen. Musik kann im Wohnzimmer produziert und online vertrieben werden, grosse Maschinerien sind nicht mehr nötig. «Die Leute, die noch dazwischen sind, müssen sich für ein Projekt engagieren wollen», ist Gruntz überzeugt. Diesen Willen stecken die beiden Musiker-Freunde also in ihr Label, deren bester Kunde momentan noch sie selbst sind. Das soll sich irgendwann natürlich ändern, doch nicht in unmittelbarer Zukunft. «Momentan haben wir nicht mehr Kapazität», weiss Till, «aber wir würden es uns auch noch nicht zutrauen, einen weiteren Künstler zu betreuen.» Vorerst geht es darum, den eigenen Erfahrungsschatz zu ver-
«Ich geniesse es, wenn der Zug in Dulliken anhält und ich die einzige Person bin, die aussteigt.» James Gruntz
grössern und zu zeigen, dass ihr Konzept funktionieren kann. Denn keiner der beiden glaubt, dass die Musikwelt auf sie gewartet hat. «Man ist selbst in der Pflicht etwas zu liefern, das einen Mehrwert bringt», ist Till überzeugt.
«Die Erfahrung ist schon intensiver, wenn man sich selber in die Scheisse reitet.» Jannik Till
selbst Musiker und Schlagzeuglehrer, daneben ist er Leader seiner Band What Josephine Saw. Den Rest seiner Zeit widmet er sich dem gemeinsamen Label-Projekt. Dass beide Partner bereits viel Erfahrung als Musiker sammeln konnten, hilft dem Vorhaben allerdings nur bedingt. Beide sind Neulinge im Label-Geschäft, beide Individualisten – und beide wollen sie neue Erfahrungen selbst machen. Ratschläge von alten Hasen hätten sie teilweise bewusst missachtet, manchmal auch mit später Reue. «Die Erfahrung ist schon intensiver, wenn man sich selber in die Scheisse reitet», sagt Till . Darüber können beide lachen.
Musiker, Drummer und Manager von James Gruntz: Till Jannik.
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Musikerfreunde mit einer gemeinsamen Vision von einer neuen, persönlichen Musikindustrie: Till Jannik (l.) und James Gruntz (r.) haben gemeinsam das Label «House of Hearth» gegründet.
Hauptsache wird aber sein, mit dem Label «grossartige» Musik zu ermöglichen. Eine fast schon anmassende Ambition in einer Branche, die wie fast keine andere vom persönlichen Geschmack regiert wird. «Grossartig ist Musik dann, wenn sie wirklich jeder begreift, und zwar sofort», sagt Gruntz. Das spielt in sein Verständnis seines Schaffens, das für ihn über das Herz, die Empfindung funktionieren muss. Seine Songs schreibt er darum in erster Linie für sich, «fast schon therapiemässig». Beim Schreiben denkt er also nicht an das Publikum: «Ich frage mich nicht, wie das bei den Leuten ankommt.» Das komme erst, wenn es schliesslich um die eigentliche Produktion des Albums gehe. Erst dort versucht er, seinen Hörern einen Zugang zu seiner Welt zu ermöglichen, als Liebesdienst quasi. «Für mich bräuchte es eigentlich keine zweiten Strophen in einem Lied. Der Refrain reicht für mich meist.» Bei seinem Schaffen geht es dem Musiker um den bewussten Umgang mit der eigenen Musik, dass man bei sich selbst beginnt, die Emotion soll wahr bleiben. «Am liebsten bräuchte ich überhaupt keine Strophen, nicht, wenn die Emotion stimmt». das Wortkonfetti fliegt wieder. Als jemand, der seine Berufung aber auch als Beruf sieht, ist ihm klar, dass das dem Publikum schwer zu verkaufen wäre. Genau dieses Publikum braucht der Künstler allerdings, nicht nur, um keinen Zweitjob antreten zu müssen.
Selbst dann würde er zwar noch immer Musik machen, ist Gruntz überzeugt. Er brauche das, für den Seelenfrieden, das Herz, das Gefühl. Doch um den ganzen Aufwand zu rechtfertigen, den er nicht scheut, um dem Publikum Zugang zu seiner Welt zu verschaffen, ist er auf mehr angewiesen. «Ich brauche in diesem Moment die Bestätigung von aussen.» Den Prozess des Konkretwerdens, von der Idee zum Produkt, fände er sonst zu mühsam, um vom Aufwand überzeugt zu sein. An dieser Bestätigung hat es in den letzten Jahren nicht gemangelt, trotzdem, oder eher: Gerade deshalb verändert sich der Musiker Gruntz von Album zu Album. Bei jedem neuen Werk setzt er sich selbst kleine Aufgaben. Sei es, dass ein Song nur mit drei Akkorden funktionieren soll, sei es, dass er in jedem Stück an der Ukulele zupft. Seine neueste Platte «Waves» wagt nicht, sich auf technische Details zu beschränken. «Ich habe einen Hang zur Melancholie in meinen Liedern», sagt Gruntz mit Blick auf seine bisherigen Stücke. Wer sein Oeuvre kennt, den mag diese Aussage kaum überraschen. «Der erste Song des Albums handelt also nur von Dingen, die ich schätze und geniesse im Leben.»
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«Grossartig ist Musik dann, wenn sie wirklich jeder begreift, und zwar sofort.» James Gruntz
KILIAN ZIEGLER
NaRr
Staub von Nico Michel
Znüni Der Eint list s 20 Minute, der ander list der Blick. S'Gabi trinkt es Kaffi mit zwoi Zucker, Red Bull trinkt der Stift. Si rede öbere Film, wo si im Kino gseh hei beidi, er sig guet gsi, säge si, vor allem de chli Baum, so herzig, «I am Groot». Ke Feischter het der Znüni-Ruum, nur Neonröhre. Me merkt ned, dasses Summer isch. Me merkt ned, dasses Morge isch. E weiss ned, öb si glücklich si. E weiss ned, öb ig glücklich bi, läbe düe mir alli. «De Student», so säge si mir, ig bi nor zwöi Mönet do. Ig trink Espresso, lieber hätti Club Mate. Ig lis es Buch, geschter hani mir d NZZ gchauft. Es wandelnds Klischee, s‘Gabi mag meh löpfe as ig, Guardians of the Galaxy kenn i aber ou.
Nico Michel (*1996) studiert in Bern und arbeitet dazwischen in Lagerhäusern und schreibt daneben, u.a. fürs Narr. www.dasnarr.ch
I
ch sauge Staub. Nicht, weil ich das besonders gut könnte oder gerne machen würde, sondern weil ich den Boden nicht mehr sehe. Es ist, als hätte es in meinem Zimmer Staub geschneit. Während ich einen Picasso-esken Elefanten vor mir herstosse, dessen Rüssel all den Schmutz in sich hineinsaugt, denke ich darüber nach, wo das ganze Zeug herkommt. Mein Schulwissen lässt mich im Stich, nirgends zwischen dem Passé composé und dem Satz des Pythagoras kann mein Hirn eine Erklärung für die Allgegenwärtigkeit des Staubs finden. Also stelle ich den Sauger ab und beschliesse, von der Neugier geleitet, mir ein Mikroskop zu kaufen. Bei den zwei grössten Detailhändlern werde ich nicht fündig, was ziemlich ironisch ist, besteht doch das Wort Mikroskop aus den Wörtern Migros und Coop. Nachdem ich in einem anderen Laden ein Gerät ergattern konnte, gehe ich zurück in mein Atelier, hebe ein Staubkorn auf und betrachte es unter dem Mikroskop. Und schau an, am Körnchen ist ein winziges Schild befestigt: «Staub ©. Made in Effretikon.» Zwei Stunden später stehe ich im Empfangsbereich eines Fabrikgebäudes, irgendwo zwischen Zürich und Winterthur. Während ich darauf warte, dass ich bedient werde, betrachte ich eine Büste aus Stein: «Gregor Stäubli – Ein Leben für den Staub.» Wohl der Steve Jobs der Staubwelt. «Kann ich Ihnen helfen?», fragt mich die gerade erschienene Empfangsdame. Ich nehme eine Handvoll Staub aus meiner Hosentasche und lege ihn auf den Tresen. «Das würde ich gerne zurückgeben. Zuhause habe ich noch mehr davon.» «Sind Sie damit nicht zufrieden? Ist es die Farbe? Die neue Kollektion kommt im Herbst.» «Nein,
dieser Sch... [Fluchwort der Redaktion bekannt] stört mich, ich brauch’ ihn beim besten Willen nicht.» Ihrem Ausdruck entnehme ich, dass ich nicht der Erste bin, der sich beschwert. «Folgen Sie mir.» Wir gehen vorbei an Sitzungsräumen, einer Cafeteria und einem besonders staubigen Zimmer. «Da drin sollte man dringend mal staubsaugen», sage ich, die Dame erwidert: «Das ist unser Showroom.» Wir kommen zu einem Aktenschrank, dem die Frau ein Formular entnimmt. Sie drückt es mir in die Hand und fordert mich dazu auf, die mit Post-It-Pfeilen markierten Stellen zu unterschreiben. Ich tu wie mir geheissen. «Man kann sich ganz einfach vom Staub abmelden? Wieso weiss das niemand?» «Wissen Sie, auch wir müssen Geld verdienen. Ich hoffe, Ihnen ist bewusst, dass Sie nicht nur uns von der Stäubli AG bestrafen, sondern auch Partnerfirmen wie Swiffer und Dyson. Aber Sie müssen’s wissen. Wir werden Sie auf jeden Fall nicht mehr beliefern.» Noch bevor ich fragen kann, wie der Staub denn überhaupt in meine Wohnung kommt, stehe ich wieder vor dem Gebäude. Ich beschliesse mich aus dem Staub zu machen, setze Kopfhörer auf, höre «Another One Bites the Dust» von Queen und werde den Verdacht nicht los, dass meinem Leben etwas genommen wurde, das ich noch vermissen werde.
«Es ist, als hätte es in meinem Zimmer Staub geschneit.»
Eine saubere Zeit Kilian Ziegler PS: Immer wenn ich Dyson höre, kommt mir folgendes Rätsel in den Sinn: Die Gemeinsamkeit von Mike Tyson und einem Sargverkäufer? Bei beiden geht’s um Boxen.
www.bijouterie-maegli.ch
AnziehungskrAft
liegt in unserer nAtur.
PETRA & Christian
Wir melden uns von Christian de Simoni (Text) und Petra Bürgisser (Illustration)
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b er sich sonst wo hinsetzen könne. «Der Baum ist ideal für meine Slackline.»
«Sehr geehrte Frau Weber», schreibt Nancy, Stagiaire. Reto erinnert sich an die Nachricht über seinen angeblichen Text «Das Rosenhaus». Esther Piller-Fratz, Sekretariat. Knapp vorbei. Sein «Mix» sei gut, schreibt indes Nancy. Sie freue sich. Allerdings nicht für ihn.
Das Seewasser wäre bestimmt kühl. Reto streckt nur die Füsse hinein. Er könnte in den Urlaub fahren. Falls er Bescheid kriegt. Ein Seilbahnmechaniker aus Graubünden schildert eine Rettung mit dem Hubschrauber: «Du fliegst mit der Hüpfburg hin. Frauen und Kinder zuerst. Das stimmt hier nicht. Es geht darum, wer länger durchhält. Manche sind wie gelähmt, die musst du schubsen.» Sie werden sich bestimmt melden. Montag haben sie gesagt. Reto entschuldigt sich bei der sportlichen Touristin und spaziert zurück zum Bahnhof. Setzt sich ganz hinten hin. Wenn der Wagen zu voll ist, würde er nichts verstehen. In Spiez steigen Schüler zu. Johlen und brüllen. Reto schaut auf die Uhr; sie könnten noch bei der Arbeit sein. Wechselt in Thun auf den Regio. Vielleicht heisst Montag Anfang Woche? Den Klingelton auf die höchste Lautstärke gestellt. Überprüft alle paar Minuten, ob er einen Anruf verpasst hat. Der Akku noch voll. Nimmt das Telefon mit. Aufs Klo, in den Keller zur Waschmaschine. Beeilt sich, weil der Empfang dort schlechter ist. Kauft nur wenig ein, damit es nicht im Laden klingelt, meidet auf dem Heimweg stark befahrene Strassen. Am Mittwoch wird er nachfragen.
Reto streckt die wundgelegenen Beine, stellt das Mobiltelefon aus und tritt auf die Strasse. Im Brunnen schwimmen erste verfärbte Blätter. «Kühe haben keinen Orientierungssinn», meint ein Bauer, der seine leere Eisteeflasche mit Wasser füllt.
Vor der Gelateria die Menschen. Stehen bis auf die Strasse hinaus an. Autofahrer weichen unwillig aus. Auf die Mail keine Antwort. Hat er die Namen falsch geschrieben? Feiertag im Kanton Zürich? Unfälle, Brände? Im Internet nichts dazu. Reto überlegt sich Gegenmassnahmen. Einen Anruf. Eine Bewertung. Zögert, ob er lesen soll. Beckett vielleicht. Von Menschen, die in einem Erdloch sitzen. Wie manche versuchen, die Wände hochzuklettern. Sisyphos. Bleibt die nächsten zwei Wochen im Bett, bestellt Essen online. Drückt Anrufer weg, geht nicht an die Tür, duscht nicht, prüft den Akku. Die Lautstärke. Die Anruferliste.
«Weshalb?», fragt Reto. «Wenn die abhauen, finden sie nicht mehr zurück. Im Dunkeln muss man sie suchen gehen. Haben Sie diesen Western gesehen mit John Wayne, Panik am roten Fluss?»
Christian de Simoni aufgewachsen am Jurasüdfuss, ist Schriftsteller in Bern. Zuletzt erschien der Essay «Das Rigilied. Herkunft und Bedeutung» (Bern 2017). www.christiandesimoni.ch
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DER KOLTIGE MONAT
After Paul Klee
Jackson Pollock, Composition No. 16, 1948, Öl auf Leianwand, aufgezogen auf Holz, 56,5 x 39,4 cm (Ausschnitt), Museum Frieder Burda, Baden-Baden, © Pollock-Krasner Foundation / 2017, ProLitteris, Zurich.
www.zpk.org
ISABELLE HUPPERT FANTINE HARDUIN
JEAN-LOUIS TRINTIGNANT
MATHIEU KASSOVITZ
FRANZ LAURA ROGOWSKI VERLINDEN
TOBY JONES
UND
HAPPY END EIN FILM VON
MICHAEL HANEKE
«Stilsicher geschrieben, inszeniert und gespielt und mit einer gehörigen Portion schwarzem Humor versehen.» NZZ am Sonntag
Abfahrt Schafer Nach 16 Jahren im Stadtrat verabschiedet sich der SP-Mann Peter Schafer aus der Oltner Politik. Ein ehrliches und unversöhnliches Gespräch zum Schluss über verpasste Chancen, den Weltwoche-Artikel und den Sand im Oltner Polit-Getriebe. Text von Franziska Monnerat Fotos von Cyril Müller
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eter Schafer, 16 Jahre lang waren Sie Stadtrat von Olten und es hiess, Sie wollten weitermachen. Wieso ist nun wirklich Schluss? Schlussendlich musste ich einsehen, dass es ohne Unterstützung der Parteispitze nicht geht. Hätte ich wild kandidiert, hätte ich mich masslos selbst überschätzt. Das macht man in der FDP, aber nicht in der SP (lacht). In meinen Augen wäre es durchaus möglich gewesen, dass die SP im Stadtrat drei Sitze gewinnt. 16 Jahre sind eine lange Zeit, aber ich habe fast keine Fehler gemacht. Es war nicht gerechtfertigt, dass man mich so «abserviert».
Warum, denken Sie, hat die Parteispitze es doch getan? Der Parteispitze fehlte ganz offensichtlich der Weitblick. Sie sagen, dass Sie während den vier Amtszeiten «fast keine Fehler» gemacht haben. Welche Fehler gestehen Sie ein? Bekanntlich hat das Thema Olten SüdWest hohe Wellen geschlagen. Im Nachhinein wäre es wohl
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Mit Marion Rauber wurde nun eine Frau in den Stadtrat gewählt, die frischen Wind bringen soll. Kann eine einzelne Person, die zu einem eingespielten Team stösst, überhaupt etwas verändern? Eine neue Person hat neue Ideen, sieht ihre Aufgabe mit anderen Augen; jeder neuen Person fehlt aber der Rückhalt, das Gedächtnis. Marion hat eine schnelle Auffassungsgabe und wird diese Aufgabe meistern. Die Amtsübergabe lief super. Wir haben uns drei oder sogar vier Mal zusammengesetzt. Ich habe ihr wichtige Dokumente übergeben, die ich für sie zur Seite gelegt hatte und habe ihr alles erklärt. Wie war das Politisieren im Oltner Stadtrat am Anfang, als Sie 2001 als Neuling begannen? Und: Wie haben Sie sich seither entwickelt? Als Neuling nahm ich an, was Alteingesessene behaupteten, entspreche der Wahrheit. Je vehementer jemand auftrat, desto mehr Glauben schenkte ich ihm. Irgendwann dachte ich mir:
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Das habe ich aber nicht so gehört. Zweifel kamen auf, und ich begann, Fragen zu stellen. Indem ich mich mehr mit der Materie auseinander setzte, die Unterlagen noch sorgfältiger las, lernte ich, zu deuten, was zwischen den Zeilen steht. Während der ersten vier Jahre habe ich viel zugehört. Danach begann ich, mitzureden. Während der letzten acht Jahre habe ich mitbestimmt. Die meisten Geschäfte der Sozialdirektion betreffen Personalangelegenheiten. Anhand eines kantonalen Verteilschlüssels wird jährlich neu berechnet, wie viele Ressourcen eingesetzt werden können. Je mehr Fälle es hat, desto mehr Stellenprozente gibt es. Warum sorgten diese Vorlagen trotzdem immer wieder für Diskussionen? Wie man diesem System gegenüber steht, ist eine Glaubensfrage. Im Kanton Solothurn haben wir ein sehr gerechtes Sozialgesetz. Es spielt keine Rolle, wo jemand, der Sozialhilfe bezieht, lebt. Jeder Einwohner zahlt gleich viel an die Sozialhilfekosten. Die Kosten werden also – anders als in anderen Kantonen – solidarisch geteilt. Trotzdem haben immer noch einige Parlamentarier das Gefühl, Olten müsse alleine dafür aufkom-
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Gegendarstellung KOLT befragte den ehemaligen Stadtrat Peter Schafer kritisch zu seiner Zeit als Chef der Sozialdirektion. Dieser reagierte mit Rundumschlägen. Klar erkennbar, aber ohne Namensnennung, rückt Peter Schafer mich in ein schlechtes Licht. Und namentlich greift er die Stiftung Arkadis an. Peter Schafer bezeichnet «jemanden aus dem Gemeindeparlament», der im Stiftungsrat von Arkadis sitzt, als «Rädelsführer». Mit diesem «jemand» meint er klar erkennbar mich. Fakt ist: Ich habe nie eine öffentliche Medienkampagne gegen Peter Schafer gestartet; die Bezeichnung «Rädelsführer» ist falsch und persönlichkeitsverletzend. Und: Zu keiner Zeit hat der Stiftungsrat von Arkadis direkt oder indirekt eine Kampagne gegen Peter Schafer in Auftrag gegeben oder unterstützt. Peter Schafer behauptet, der «ganze Stiftungsrat der Arkadis ist in bürgerlicher Hand». Fakt ist: Nur fünf von elf Stiftungsräte sind politisch aktiv – zwei für die Grünen, zwei für die FDP und einer für die GLP. Als ehemaliger Arkadis-Stiftungsrat sollte Peter Schafer die Tatsachen kennen. Peter Schafer bezeichnet Arkadis als «Sozial-Firma». Fakt ist: Arkadis ist eine nicht gewinnorientierte, gemeinnützige Stiftung. Diese wird von den Aufsichtsbehörden regelmässig überprüft und erhält danach jeweils beste Noten. Peter Schafer behauptet, Arkadis erhalte von Olten «jährlich über eine Million Franken». Fakt ist: Arkadis verschickte zwar im Jahr 2016 Rechnungen in der Höhe von 1'049'368 Franken. Olten konnte aber diese Kosten bei Invalidenversicherung, Hilflosenentschädigung und Ergänzungsleistungen zurückfordern. Dass Peter Schafer diese Rückerstattung verschweigt, ist diffamierend.
Urs Knapp, Mitglied Stiftungsrat Arkadis und Mitglied Gemeindeparlament Olten
AB 12. OKTOBER IM KINO
besser gewesen, die Frage eines möglichen Landkaufes mindestens in einer Kommission behandeln zu lassen.
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Fonduezelt das Oltner Winterhighlight
Start: 9. November 2017 Freuen Sie sich auf: • Fondue-Variationen • Raclette • unvergessliche Events • Live Musik
gesellig gemütlich heimelig beheizt
pure Restaurant | Riggenbachstrasse 10 | 4600 Olten | 062 286 68 00 | info@pure-olten.ch | www.pure-olten.ch | www.facebook.com/pureolten
«Passt auf, es wird bald einmal warm hier drin.» Polo Hofer am Snowpenair auf der Kleinen Scheidegg 2012
COVER – für warme Wintertage.
SIO AG COVER Generalvertretung Schweiz Rötzmattweg 66 CH-4601 Olten T +41 62 207 07 07 F +41 62 207 07 00 info@cover.ch cover.ch
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