KOLT #27

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DAS OLTNER STADT- UND KULTURMAGAZIN

www.kolt.ch

NUMMER ZWEI 2012 // FR. 5.--

MIT AGEND BEILAG A E

NAJET

JOB-INTERVIEW Ein Frauenarzt als Hahn im Korb CINEMA Ein Stummfilm als Oscar-Anwärter IM RAMPENLICHT Ein DRS-3-Moderator über Gesichter in Kuchenstücken IM EXIL Scharf gewürzte Hunde vom Markt DAS LIEBSTE ZUM SCHLUSS Olten freut sich über Gault-Millau-Thai-Food zum Mitnehmen


Überwinden Sie Ihre eigene Ängste mit einem Feuerlauf! Samstag, 12. Mai 2012 in Aarau

Nutzen Sie jetzt die Gelegenheit und melden Sie sich jetzt an unter www.feuerlauf-aarau.ch Persönliche Grenzen verschieben

Die Königsdisziplin im Mentalbereich

Informationen

Kennen Sie das? Sie stehen vor einem Problem und möchten es lösen, doch Ihnen fehlt die notwendige Kraft oder Entscheidung? Ängste begleiten Sie und Sie haben Zweifel? Oder haben Sie sich auch schon gefragt, weshalb einige Leute ihre Ziele schnell und ohne grossen Aufwand erreichen während Sie immer noch am gleichen Ort stehen? Oder sind Sie bereit, neue Erfahrungen zu machen? Wollen Sie Unvorstellbares in die Realität umwandeln?

Seit vielen Jahrhunderten werden in verschiedensten Kulturen Feuerläufe praktiziert. Heute haben Sie dank dem Feuerlauf die Möglichkeit, viele neue Energien zu tanken und freizusetzen, um neue Taten zu begehen. Dieses Erlebnis gibt Ihnen viel Power und Lebenslust, der Ihren Alltag bereichern wird.

Datum: Zeit: Ort:

Dieser aussergewöhnliche Event spricht Frauen, wie auch Männer aller Alters- und Berufsschichten an. Viel wurde bereits in den Medien über das Phänomen Feuerlauf berichtet. Nun haben Sie die Möglichkeit, in Ihrer Nähe einen Feuerlauf zu erleben. Erfolgreiche Persönlichkeiten und Teams haben bereits das Feuerlaufen als wirkungsvolles Instrument schätzen gelernt. Lernen nun auch Sie, wie Sie Ihre persönlichen Grenzen verschieben können und erleben Sie einen einzigartigen und unvergesslichen Tag mit vielen neuen Erfahrungen und Motivationen.

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Erleben Sie an nur einem einzigen Tag, welche Techniken Sie jederzeit erfolgreich umsetzen und anwenden können, um Ihre Ziele zu erreichen! Nebst zahlreichen praxisbezogenen Übungen lernen Sie, wie Sie sich in einen guten Zustand versetzen können, um später mit Leichtigkeit über die glühenden Kohlen zu gehen. Sie werden sehen, dass Sie sehr schnell Ihre Bedenken überwinden und Ihre gesteckten Ziele auch im Alltag erreichen können. Alle Übungen sind freiwillig und ein erfahrenes Team wird Sie persönlich begleiten und unterstützen.

Investition:

Infos: Anmeldung:

Samstag, 12. Mai 2012 13:30 bis ca. 23 Uhr Aarau. Weitere Details erfahren Sie nach der Anmeldung. CHF 320 pro Person beinhaltet » Seminar » Unterlagen » Getränke & Zwischenverpflegung » Nachtessen (3-Gang) » Live Didgeridoo und Percussion Event findet bei jeder Witterung statt. Melden Sie sich im Voraus an unter www.feuerlauf-aarau.ch Hier finden Sie auch weitere Informationen Mit Geld zurück Garantie! Limitierte Teilnehmerplätze

Und was hindert Sie, sich jetzt gleich anzumelden? Wir garantieren Ihnen ein unvergessliches Erlebnis!

KOLT offeriert eine Vergünstigung über CHF 50. Einfach bei der Anmeldung «KOLT» vermerken und profitieren! Februar 2012 KOLT (limitierte Anzahl, Angebot gültig bis 15. März 2012)


EDITORIAL IMPRESSUM

VERLAG / HERAUSGEBER Verlag 2S GmbH Leberngasse 17 4600 Olten verlag@v2s.ch www.v2s.ch VERLAGSLEITUNG Yves Stuber, Matthias Sigrist

Cover fotografiert von Sara Merz

REDAKTIONSLEITUNG Pierre Hagmann (ph) redaktion@kolt.ch FINANZEN Matthias Gubler INTERNETAUFTRITT Mathias Stocker LAYOUT / SATZ Christoph Haiderer

mit freundlicher Unterstützung von:

REDAKTIONELLE MITARBEIT Kilian Ziegler, Christian „Ché“ Dietiker, Dino Lötscher, René „Fribi“ Freiburghaus, Pedro Lenz, Fiona Gunst, Daniel Kissling, Franziska Monnerat DRUCK&MEDIEN OLTEN

ILLUSTRATOREN Werner Nydegger, Anna-Lina Balke, Jamie Aspinall, Manuel „Ti“ Mathys, Pascal „Tokijad“ Hofer, Céline Fallet, Petra Bürgisser, Rebekka Gerber FOTOGRAFEN Sara Merz, Yves Stuber LEKTORAT Pierre Hagmann, Matthias Sigrist LESERBRIEFE leserbriefe@kolt.ch www.kolt.ch/leserbriefe AGENDA agenda@kolt.ch www.kolt.ch/agenda ABO Jahresabonnement CHF 49.—(inkl. MwSt) Gönnerabonnement CHF 99.—(inkl. MwSt) abo@kolt.ch www.kolt.ch/abo INSERATE inserate@kolt.ch www.kolt.ch/inserieren KONTAKT www.kolt.ch hallo@kolt.ch AUFLAGE 1'500 DRUCK Dietschi AG Druck und Medien Ziegelfeldstrasse 60 CH-4600 Olten © 2012, Verlag 2S GmbH. Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit Genehmigung. Die Urheberrechte der Beiträge bleiben beim Verlag. Keine Gewähr für unverlangt eingesandte Manuskripte, Fotos und Illustrationen.

KOLT

Februar 2012

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ie aktuelle Titelgeschichte sollte eigentlich eine Geschichte über die Modelwelt werden. Wir vereinbaren ein Treffen mit einer Oltnerin, die im Ausland als Model arbeitet, und fragen nach, wie sich die Modelwelt verändert, wie das Leben ist, wenn sich so vieles um Äusserlichkeiten dreht. So war der Plan. Doch wie wir dasitzen und das Gespräch seinen Lauf nimmt, wird schnell klar: Das wird keine Geschichte über die Modelwelt, das wird die Geschichte einer Getriebenen. Najet El Kamel, 32, die schöne Halbtunesierin aus Olten, lebt zwar hauptsächlich vom Modeln, aber nicht dafür. Nicht, dass sie daran keinen Spass hätte, aber sie erzählt lieber von anderen Dingen. Von ihrer Traumrolle als Schauspielerin, von ihrer Arbeit als Produzentin, von ihren Begegnungen mit berühmten Menschen, die die Macht haben, Dinge zu bewegen und entscheiden. Sie selbst möchte Dinge bewegen, sie möchte Geld und Macht, stört sich daran, dass „Macht“ so negativ konnotiert ist. Najet El Kamel hat die Präsenz eines Ausrufezeichens; falsche Bescheidenheit, Zurückhaltung, Pessimismus finden keinen Platz im Vokabular dieser Frau mit dem unbescheidenen

Namen. Zu verraten, was der bedeutet, war selbst ihr ein bisschen peinlich, sie tat es am Ende netterweise doch. „Das Portrait einer Getriebenen“, ab Seite 16. Vor einem knappen Jahr drehte sich in unserer März-Ausgabe (fast) alles um die Oltner Fasnacht. Diesmal begnügen wir uns mit ein paar Schnitzelbank-Versen (Gastkolumne, Seite 28). Es soll ja auch Menschen geben, die mit Narren, Guggen und Konfetti nichts anzufangen wissen. Allen anderen Leserinnen und Lesern wünschen wir feuchtfröhliches Vergnügen! In unserer Agenda finden Sie die Ortstermine der Oltner Fasnacht, Ausgabe 2012, vom 15. bis am 21. Februar.

Korrigendum: Im Bericht „Spiel mir das Lied von der eigenen CD“ (KOLT 1/12) steht fälschlicherweise geschrieben, dass die CD „Das Duo“ von Noby Lehmanns Band „RhythmTalk“ stammt. Richtig ist, dass diese CD vom Gespann „Les deux“ (bestehend aus Lehmann und Beat Escher) eingespielt wurde. „RhythmTalk“ ist eine andere Band von Lehmann, die nichts mit der CD „Das Duo“ zu tun hat. Wir möchten uns für diesen Fehler entschuldigen.

Pierre Hagmann Olten, im Januar 2012

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Aare Energie AG Solothurnerstrasse 21 Postfach 4601 Olten Telefon 062 205 56 56 Fax 062 205 56 58 info@aen.ch www.aen.ch

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Februar 2012

KOLT


INHALT

FEBRUAR 2012

03 EDITORIAL / IMPRESSUM 06 PREVIEWS Highlights im Februar 2012

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09 CINEMA Ohne Worte // 5 Fragen an Pascal Krebs

11 DAS KLEINE JOB-INTERVIEW Gustav Beck, Frauenarzt

12 VON LINKS BIS RECHTS Soll die Kantonsschule Hardwald saniert oder durch

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einen Neubau ersetzt werden? Wo wäre der geeignetste Standort dafür?

14 IM EXIL Menschen aus der Region berichten aus der Welt: Tomohon, Bangkok, Vancouver, Rom, New York, Berlin

16 Das Portrait einer Getriebenen Najet El Kamel aus Olten will die Welt bewegen

26 HÖREN & LESEN 26

Pedro Lenz „Yolanda“ // Martin Halotta „Mr. Rock and Mrs. Roll“

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Ché‘s Bro Tipps // Deeno‘s Review // Fribi‘s Metal News

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Schnitzelbänkler bruwo „Es Wintermärli“ // La Vache Kili „Mein Nachbar“

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Schon gelesen...? // KOLT liest...

30 FREAKS BRAUCHT DAS LAND Der Taubenvater

32 IM RAMPENLICHT

32 KOLT

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Stahlberger singt solo // Sanfte schwedische Höllenlieder

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Ein Auge fürs Alltägliche

34 DAS LIEBSTE ZUM SCHLUSS Die besten Dinge des Monats

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PREVIEWS BARBARA DAVATZ / FOTOGRAFISCHE REIHUNGEN KUNSTMUSEUM OLTEN www.kunstmuseumolten.ch 12.2. bis 29.4. 2012 Vernissage: Sa 11. Februar 2012 18 Uhr Öffnungszeiten: Vom 1.-11.2.2012 ist das Museum wegen Ausstellungsumbau geschlossen. Besuch der Sammlung für Gruppen und Schulklassen auf Anfrage möglich. Di–Fr 14–17 Uhr ; Do 14–19 Uhr ; Sa/So 10–17 Uhr

Tipp des Monats

REETO VON GUNTEN / iSEE MORE THEATERSTUDIO OLTEN www.theaterstudio.ch Fr 24. Februar 2012, 20.15 Uhr Sa 25. Februar 2012, 20.15 Uhr Vorverkauf: Leotard, Ringstrasse 28, Olten

RETO ZELLER / „SCHONZEIT“ LIEDERABEND SCHWAGER THEATER www.schwager.ch www.oltentourismus.ch

REINEN HERZENS LESUNG VON HELENA REICH AUS IHREM NEUSTEN ROMAN

Fr 3. Februar 2012 20.15 Uhr Reservation und Vorverkauf: Olten Tourismus, 062 213 16 16

Reto Zeller ist Geschichtenjäger. Sein wacher Verstand ist sein Fernglas, die Feder seine Flinte, der Alltag sein Jagdgebiet. Dabei zielt er auf alles, was sich bewegt. Kühe mit Alzheimer, Mondkalender, Luftlöcher, Sportflugzeuge, Peter Reber und französische Hotelbetten. Hier gelingt ihm ein Blattschuss mitten ins Herz, dort ein Streifschuss, einmal trifft die Feder fernab des Ziels ins Schwarze, und manchmal ist Schonzeit. Im seinem dritten abendfüllenden Programm präsentiert Reto Zeller seine jüngsten Beutestücke. Musik wird gepaart mit Lyrik, Spielfreude mit Hinterlist, Humor mit Kunst. Entstanden ist mehr als nur ein gitarrenuntermalter Liederabend: Ein poetisch-skurriles, herzerfrischendes Programm. Hintergründig, sympathisch, quergedacht.

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BUCHHANDLUNG SCHREIBER www.schreibers.ch Die gross angelegte Retrospektive vereint acht Fotoserien von Barbara Davatz (*1944) aus den Jahren 1968 bis 2011. Trotz technischer Präzision und formaler Strenge wirken die enzyklopädischen Reihungen von Portraits und Landschaften lebendig, verbinden Zeitlosigkeit und Zeitgeist. Sie künden vom Staunen einer Fotografin, die mit ihren typologischen Bildsammlungen Feldforschung in familiären, gesellschaftlichen und natürlichen Biotopen betreibt. Einer sehenden Wissenschaftlerin gleich beobachtet und fotografiert sie ihre Sujets mit einer Mischung aus Distanz, Genauigkeit und Neugier. Ihre Themen könnten als biologische Forschungsgebiete durchgehen: Zwillinge, Sippenähnlichkeiten, urbanes Paarungsverhalten, Selbstdarstellung und Gruppenidentität in einer globalisierten Mode- und Arbeitswelt. Daneben beschäftigt sie die Fragilität ökologischer Systeme. Flüchtige und unscheinbare Naturphänomene verwandeln sich in ihren Bildern in ein visuelles Spektakel, das den Reichtum des vermeintlich Einfachen sichtbar macht.

Fr 24. Februar 2012 20.00 Uhr Reservationen sind erwünscht.

Drei rätselhafte Morde. Ein Kommissar auf Abwegen. Ein eiskaltes Geheimnis. Kommissar David Andel überlebt einen Anschlag schwer verletzt. Die hochschwangere Attentäterin und ihr ungeborenes Kind sind tot. Statt einer Kugel werden nur Spiegelsplitter in der Wunde gefunden. David verlässt das Krankenhaus und fährt nach Franzensbad, um sich zu erholen. Kaum angekommen, werden auch dort zwei Leichen gefunden: Bei beiden findet man statt der Kugeln nur Spiegelsplitter.

Ein Dia-Abend? Zugegeben, erst stutzt man. Das kann doch nur altbacken werden. Und wenn man sich überwunden hat hinzugehen, stellt man fest: ist alles genau wie früher. Stühle in Reih’ und Glied, dunkel, Leinwand, Projektor. Etwas moderner vielleicht und grösser, als man vermutet hätte. Mehr Publikum. Man denkt immer noch: mal schauen. Aber dann kommt dieser Typ auf die Bühne und alles wird anders. Aber wirklich alles. Mit einem Fingerschnippen sind die zwei Stunden vorbei. Und dann, wenn alles vorüber ist, stellt man fest, dass da noch gar nichts vorbei ist. Weil man Tage später plötzlich wieder mittendrin ist in dieser Bilderwelt, die er im Kopf hat entstehen lassen. Und man stellt zufrieden fest: Das ist dieser Dia-Abend, der da nachwirkt. Reeto von Gunten, 1963 in Grosshöchstetten geboren, ist Autor, Musiker und der legendär charismatische Radiomann des Sonntagmorgens auf DRS3. Seit 2002 schreibt er Kurzgeschichten, konzipiert Drehbücher und ist als Ghostwriter tätig. Er hat zahlreiche CDs und Bücher veröffentlicht. Bericht über Reeto von Gunten auf Seite 33

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FEBRUAR 2012

9 CHAMBERS DIE HARD ROCK SUPERGROUP Mit Greg Hampton (Alice Cooper), Ed Mundell (Ex-Monster Magnet), Jorgen Carlsson (Gov‘t Mule) & Vinnie Appice (Black Sabbath, Heven & Hell, Dio) MOONWALKER MUSIC CLUB Bahnhofstrasse 50 4633 Aarburg www.moonwalker.ch Sa 25. Februar 2012 Türöffnung 20.00 Uhr Vorverkauf: www.starticket.ch

REMO BUESS FOTOGRAFIEN AUSSTELLUNG

art.i.g präsentiert

Tick vor 12 und youcinema präsentieren

GALERIE LENZ FRIENDS www.remobuess-fotografie.ch

WORTKLANG / DIE BÜHNE FÜR TEXT & TON

DAS GEHEIMNIS UNSERES WALDES

Sa/So 25./26. Februar und 03./04. März 2012 11:00 - 18:00 Uhr

MIT MANUEL STAHLBERGER (SG), MATTHIAS KUNZ (BE) UND HARRY KIENZLER (DE)

EIN FILM VON HEIKKO BÖHM, ERZÄHLT VON BRUNO GANZ MATINÉE-FILM

VARIO BAR www.vario.ch www.artig.ch So 26. Februar 2012 Reservation 062 212 09 90

Ein Leckerbissen für alle Hard-Rockund Classic Rock-Fans. Letztendlich sind es die gleichen Rock-Wurzeln, die Gitarrist und Sänger Greg Hampton (Alice Cooper, Lita Ford) und Gitarrist Ed Mundell (Monster Magnet) eint: Ihr Sound ist in den Siebzigern verhaftet, als Musik noch echtes Abenteuer war und das Künstlerleben ungeahnte Geheimnisse besass. Mundell und Hampton sind die Galionsfiguren der neuen Band 9 Chambers, die sich zudem mit Gov’t Mule-Bassist Jorgen Carlsson und Black Sabbath / Dio / Heaven & Hell-Schlagzeuger Vinny Appice auf berufene Kräfte verlassen können. Nun kommt die Super Hard-RockBand 9 Chambers für ein einziges Konzert in die Schweiz! Also verpasst nicht den Tag, an dem Hard-RockBands noch so tönten wie echte HardRocker: 9 Chambers die „Monster Magnet, Gov’t Mule, Alice Cooper Alumni Launch New Band“!

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Remo Buess lebt und arbeitet in Olten. Vor gut einem Jahr fing er als Assistent beim bekannten Portraitfotografen Marco Grob an. Dabei konnte er an namhaften Projekten wie der AVO-Session oder auch beim Jubiläumsbuch für die Schweizer Illustrierte mitwirken. Im letzten Jahr fotografierte Remo Buess diverse Persönlichkeiten wie Emil Steinberger, Viktor Giacobbo, Thorsten Fink oder den Maler Christoph Aerni. In der Ausstellung werden diese Werke gezeigt, aber auch diverse Naturfotografien, welche auf verschiedenen Reisen durch diverse Länder entstanden sind.

Bei „wortklang“ gehört der Sonntagabend dem klingenden Wort. Ein Schriftsteller, ein Musiker und ein bis zwei Spokenword Performer gestalten gemeinsam ein Abendprogramm. Die deutsche Sprache und/ oder Mundart nehmen einen Hauptstellenwert ein. Abwechslungsweise tauschen Literat, Singer-Songwriter und Slammer das Mikrofon. Die aktuelle Ausgabe von „wortklang“ bestreiten mit dem Salzburger-StierPreisträger und Erfolgsmusiker Manuel Stahlberger aus St. Gallen, dem unter anderem durch „StrohmannKauz“ bekannten Oltner Schauspieler Matthias Kunz, und der Slam-Koryphäe Harry Kienzler aus Tübingen (DE) drei Leckerbissen der Kleinkunst. Bericht über Manuel Stahlberger auf Seite 32

YOUCINEMA3 OLTEN www.tickvor12.ch www.youcinema.ch So 26.Februar und 04. März 2012 10.30 Uhr

Unser Wald. Er fasziniert und beängstigt, er nützt, erfreut und macht zuweilen Sorgen. Einst gezähmt und geplündert, bedeckt er wieder ein Drittel der Schweiz. Doch wie viel Platz räumen wir dem Wald in unserem modernen Leben noch ein? Das Geheimnis unseres Waldes ist die Neuentdeckung eines geschätzten, fremden und manchmal wilden Freundes, erzählt in faszinierenden Bildern mit Geschichten aus dem Wald von beeindruckenden Menschen im Wald. Und ein packender Streifzug durch vier Jahreszeiten. Erzählt von Bruno Ganz’ warmer Stimme, ist dieser Film ein besonderes Erlebnis.

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KULTURSPLITTER

MONATSTIPPS DER MAGAZINE AUS AARAU | BASEL | BERN | LUZERN | ST. GALLEN | VADUZ | WWW.KULTURPOOL.BIZ

HEIMISCHES AM HEIMSPIEL Der Februar in Bern steht ganz im Zeichen des loka-

ASSOZIATIVE REIBUNGSFLÄCHEN

len Tanzschaffens: Bereits zum siebten Mal findet in

SIGNER‘S SUPER-8-FILME

der Dampfzentrale das Tanzfestival Heimspiel statt.

In den Jahren 1975 bis 1989 hat der Ostschweizer

Am Festival präsentieren Berner Choreografinnen und

Künstler Roman Signer seine berühmtberüchtigten

Choreografen ihre neusten Produktionen. Auch das

Aktionen jeweils auf Super 8 aufgezeichnet. 36 dieser

diesjährige Programm bietet einen breiten Einblick in

selten gezeigten Filme sind jetzt in einer raumgreifen-

das vielseitige lokale Tanzschaffen. Zu Gast ist etwa die

den Installation im Aargauer Kunsthaus zu geniessen.

Berner «aerial dance»-Compagnie «öff öff» mit ihrem

In einem zweiten Teil der Schau zeigt Signer die Fotose-

neuen Stück «Le vent nous portera...».

rie «Strassenbilder» von 2004 – alltägliche Szenerien an

Dampfzentrale, Bern. Fr., 27.1., bis So., 26.2.

Strassenrändern im Osten Europas, improvisierte Ver-

www.dampfzentrale.ch

kaufsstände für Obst und Gemüse sowie Gedenkstätten

Die Verbindung von Mensch und Technologie hat etwas

zur Erinnerung an die Opfer von Verkehrsunfällen.

Faszinierendes. Damit beschäftigen sich Angela Stöck-

Aarau, Aargauer Kunsthaus (bis 22. April)

lin (Tanz, Choreografie), Jan Schacher (Interaktion, Pro-

Infos unter www.aargauerkunsthaus.ch

jektion, Szenografie) und Marie-Cécile Reber (Musik, Komposition) im Stück «Trans-form». Und dazu mit den Spannungsfeldern Unabhängigkeit und Kontrolle sowie mit Beziehungen und Begegnungen. Die «interdisziplinäre Performance» legt sich radikal mit der Kommunikation an und geht so weit, ihre Unmöglichkeit zu suggerieren. Gibt es einen Weg hinaus? Einen Alternativzustand? Trans-form: DO 23. und FR 24. Februar, 20 Uhr, Südpol Luzern

STÖRSENDER IM APPENZELL «Nach meinem Tod werde ich vielleicht doch noch bekannt.» An diese Worte glaubte sich «Saiten»-Autor

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René Sieber in einem Artikel über den Appenzeller

DIE FREMDE IM OHR

Schriftsteller, Fotografen, Robert-Walser-Kenner und

Das Basler Museum der Kulturen hat sich inhaltlich

Freund Peter Morger zu erinnern. Anlass für den Text

neu ausgerichtet und erntet dafür Lob, aber auch Ta-

war die Veröffentlichung einer Schriftenreihe des Li-

del. Denn es stellt nicht mehr Objekte in konstruierten

teraturwissenschaftlers Rainer Stöckli unter dem Titel

Lebenswelten aus, sondern rückt Handlungen, Wissen

«Peter Morger – Sichtung eines literarischen Werkes».

und Räume hinter den Exponaten und ihren Eigensinn

BURLESQUE-TANZ IM THEATER

Und nun folgt zehn Jahre nach dem Freitod Peter Mor-

ins Zentrum. Schon zum zweiten Mal lädt das Haus zu

Koko La Douce steht für Schauspiel, Sexappeal und

gers die Ausstellung: Gehen Sie hin (der Besuch lässt

einem <Blickwechsel>, einer szenischen Auseinander-

Spass auf der Bühne. Im Februar kommt die studier-

sich wunderbar mit einer Wanderung Hügeli uf und

setzung ein. Die Teilnehmenden verlassen das Museum

te Schauspielerin, Ehefrau, Sekretärin und Mutter von

Hügeli ab verbinden) und lernen Sie den Menschen

und hören auf einem Spaziergang Geschichten von

zwei Kindern ins TAK in Schaan. Ihre Show vereint

Morger kennen, der sich mit den Worten verabschie-

Eingewanderten, ihren Ländern und Kulturen, ihrem

klassischen Burlesque mit feministischen Acts, wobei

dete: «Ich bin ein Störsender und beame mich selbst ins

Alltag und ihrem Weg in die Schweiz.

letztere nicht weniger erotisch sind, aber von einem

Abseits.»

Nach diesen Berichten sieht man die Museumsobjekte

neuen weiblichen Selbstbewusstsein zeugen.

Peter Morger // 24. Februar bis 31. August, Museum für

in einem anderen Licht.

Koko La Douce, The burlesque way of tittytainment,

Lebensgeschichten Speicher (AR)

<Blickwechsel>: Do 2. Bis So 5.2.,

10. Februar, 20.09 Uhr, TAK in Schaan

Mehr Infos: www.museumfuerlebensgeschichten.ch

Museum der Kulturen Basel, www.mkb.ch

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CINEMA NÄHERE INFORMATIONEN ZU SPIELZEITEN UND KINOSAAL AUF WWW.YOUCINEMA.CH UND WWW.LICHTSPIELE-OLTEN.CH

SILENT SOULS

Ohne Worte Ein französischer Film steht in der Pole Position für den Oscar als „Bester Film“ – ein Award, den die Amerikaner gewöhnlich für sich selbst reserviert haben. Wenn am 26. Februar im Kodak Theatre in Hollywood zum 84. Mal die Oscars verliehen werden, kommt es im Rennen um den Award für den Besten Film des Jahres voraussichtlich zum Zweikampf zwischen „The Artist“ und „The Descendants“. Beide Filme sind seit vergangenem Donnerstag im Oltner Kino youcinema zu sehen. „The Artist“, der kürzlich drei Golden Globes abräumte, geht als Favorit in dieses Rennen – sollte er tatsächlich gewinnen, wäre das besonders erstaunlich, weil der Film weder eine amerikanische Produktion ist noch eine britische, sondern aus Frankreich stammt. Die Siegerfilme der Kategorie „Bester Film“ waren in der Vergangenheit praktisch ausschliesslich amerikanischer Herkunft. Ein französischer Triumph hätte also einen historischen Seltenheitswert – und wäre doch einfach erklärbar: „The Artist“ ist ein Stummfilm. Der Film dauert 100 Minuten, es wird kein einziges Wort gesprochen. Die verbale Kommunikation findet einzig über ein paar eingeblendete Dialogszenen

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statt. So wie der Film bis zur Einführung des Tonfilms halt funktionierte. Genau darum geht es auch im Film: „The Artist“ erzählt die Geschichte von George Valentin, ein gefeierter Filmstar der 20er-Jahre, dessen Karriere mit dem aufkommenden Tonfilm zerbricht. So ist die Produktion in doppelter Weise als Hommage an diese Epoche der Filmgeschichte zu verstehen. Und trifft damit voll den Nerv des grassierenden Retrotrends. Das ist natürlich nicht die einzige Qualität dieses Schwarzweiss-Streifens. Hauptdarsteller Jean Dujardin etwa beweist grandioses schauspielerisches Talent. Gelungen ist offenbar auch der Auftritt von Uggy, der die meisten Hundeszenen im Film spielt. Er wurde in Cannes mit dem Palm Dog Award für die beste Hunde-Performance ausgezeichnet. ph THE ARTIST FRANKREICH 2011// DRAMA, COMEDY Start in Olten: 26. Januar 2012, youcinema

RUSSLAND 2010 // ROAD MOVIE 09.02. – 13.02., Kino Lichtspiele Es ist ungewöhnlich, dass eine Liebesgeschichte damit beginnt, dass die Geliebte gestorben ist und zu Grabe getragen werden soll. Der russische Regisseur Aleksi Fedorchenko erzählt eine solche Geschichte und macht klar, dass das Lebensende keine wirkliche Grenze für die Liebe darstellt. „Silent Souls“ ist ein atemberaubend fotografierter Ausflug in die Kunst des Erzählens, der nicht umsonst in Venedig für die beste Kameraarbeit ausgezeichnet wurde.

5 Fragen an... PASCAL KREBS, OFFENSIVSPIELER BEIM EHC OLTEN

Welches ist Dein Lieblingsfilm und wie oft hast Du den schon gesehen? Once – von John Carney. Wunderbarer Independentfilm über die Liebe zur Musik. Wenn ich von einem Film begeistert bin, dann darf ich ihn nur einmal schauen, sonst verliert er seine Faszination. Welches ist der schlechteste Film, den Du je gesehen hast? Ocean’s Twelve. Im Kino hatte ich das Gefühl, dass sich das Starensemble über die zahlenden Zuschauer lustig macht.

HUGO USA 2011 // ADVENTURE Start in Olten: 9. Februar, youcinema „Hugo“, der neue Film von Starregisseur Martin Scorsese, erzählt die Geschichte vom Waisenjungen Hugo Cabret, der verborgen hinter den Gemäuern des Pariser Bahnhofs im Jahre 1931 lebt. Seit dem tragischen Tod seines Vaters (Jude Law), ein begnadeter Uhrmacher, wohnt Hugo auf dem Dachboden hinter der grossen Bahnhofsuhr und führt die Tradition seines Vaters fort. Eines Tages stösst er auf die neugierige Isabelle (Chloe Moretz), die sein Leben auf magische Weise verändert.

Welchen Film hast Du zuletzt im Kino gesehen? The Ides of March. Politische Filme ziehen mich meistens in Kino. Bei welchem Film hättest Du gerne die Hauptrolle gespielt? Vicky Christina Barcelona – ohne Erklärung. Worüber würdest Du gerne einen Film drehen? Über die momentane Lage der Länder in Nahost und Nordafrika, in denen der arabische Frühling etwas in Bewegung setzen konnte.

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DRUCK&MEDIEN OLTEN

Mehr als eine Druckerei.

Mehr als eine Druckerei.

Dietschi AG Druck&Medien Ziegelfeldstrasse 60 4601 Olten Telefon 062 205 75 75 Telefax 062 205 75 00 www.dietschi.ch www.oltnertagblatt.ch 10

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OLTEN

DAS KLEINE JOB-INTERVIEW

»Die Kinder kommen halt nicht alle zur Bürozeit zur Welt« Gustav Beck ist Chefarzt der Frauenklinik am Kantonsspital Olten. Unvorhergesehene Nachteinsätze und die zunehmenden administrativen Aufgaben sind die Kehrseite seines Traumberufes. Text von Matthias Sigrist Foto von Yves Stuber

Gustav Beck, was wollten Sie werden, als Sie ein kleiner Junge waren? Einen Wunschberuf hatte ich eigentlich nie, ich liess mir alles offen. Erst während der Kanti-Zeit begann mein Interesse für die Medizin zu wachsen. Mich faszinierte der menschliche Körper, das Physiologische – und nicht etwa Krankheiten. Ich wusste nur, was ich sicher nicht werden wollte: Lehrer. Da hatte ich zu schlechte Vorbilder... Wieso sind Sie schliesslich Gynäkologe geworden? Die definitive Entscheidung fiel erst spät im Studium. Ich wollte ein chirurgisches Fach belegen und manuell arbeiten, was bei der Gynäkologie und Geburtshilfe der Fall ist. Auf der anderen Seite wollte ich einen Beruf, in dem ich selbständig arbeiten kann. Die Frauenheilkunde zusammen mit der Geburtshilfe beinhaltet ein recht breites medizinisches Spektrum, von der jährlichen Vorsorgeuntersuchung über die Geburt bis hin zu schwierigen Tumoroperationen der Brust und des Unterleibes.

näkologie ist praktisch schon in Frauenhand. Ganz im Allgemeinen stellt man ja eine Feminisierung fest, nicht nur in der Medizin. In den intellektuellen Fächern nimmt der Frauenanteil ja ständig zu. Ausgeprägt ist der

bis fünfzehn Jahren waren die Hälfte Männer. Wie sind die Arbeitsbedingungen in der Frauenklinik? Können Sie Ihre Arbeit angemessen erledigen? Es hat sich einiges getan die letzten Jahre. Wir sind dem Arbeitsgesetz unterstellt und haben einen neuen Gesamtarbeitsvertrag. Dieser regelt beispielsweise die maximale Arbeitszeit pro Woche, was einer Entlastung gleichkam – bei ungefähr gleich bleibender Entlöhnung. Im Moment genügen unsere Ressourcen noch, wir können unsere Arbeit erledigen. Jedoch nimmt vor allem im administrativen Bereich die Arbeitsmenge zu. Welchen Teil Ihres Jobs würden Sie gerne ersatzlos streichen? Nun, es gehört halt alles dazu, auch dass die Kinder nicht alle während der regulären Bürozeit zur Welt kommen. Unvorhergesehene Nachteinsätze sind tatsächlich nicht das Angenehmste.

„Mich interessiert der menschliche Körper“: Gustav Beck in seinem Büro im Kantonsspital Olten.

Immer mehr Frauen bevorzugen es, zu einer Frauenärztin zu gehen. Spüren Sie diese Entwicklung – ist die Frauenmedizin bald in Frauenhand? Die Gy-

Frauenanteil aber schon in der Gynäkologie und Geburtshilfe, das ist so. In unserem Team von elf Personen bin ich der einzige Mann. Noch vor zehn

Alter: 61 Ausbildung: Studium der Humanmedizin, Facharzt für Gynäkologie und Geburtshilfe Arbeitgeber: Solothurner Spitäler AG Arbeitsstunden pro Woche: zwischen 50 und 70

über die Welt

Hat Europa als Gemeinschaft noch eine Zukunft? Camill Droll, 19 OLTEN „Es wird sehr schwer werden, die EU als solidarische Gemeinschaft aufrecht zu erhalten. Es sind zu viele unterschiedliche Länder und zu verschieden starke Wirtschaften miteinander durch den Euro verbunden, als dass auf lange Zeit eine Einigung bezüglich Schulden gefunden werden kann, die allen recht ist.“ Andreas Denzler, 41 OLTEN „Ja, weil wir wirtschaftlich und kulturell viel zu eng miteinander verbunden sind. Dabei können auch von Menschen künstlich geschaffene Grenzen nichts ändern.“ Joëlle Büchel, 27 OLTEN „Ich finde, dass Europa als Gemeinschaft eine Zukunft haben muss. Ein Zusammenbruch bzw. Auseinanderfall der EU hätte schlimme Folgen, möglicherweise auch für die Schweiz.“ Ingrid Brucker, 87 OLTEN „Ja. Bis Europa aber ein zusammengeschweisstes Konglomerat sein wird, dauert es sicher noch 50-60 Jahre. Die Ost-Staaten müssen sich weiterentwickeln und das wirtschaftliche Niveau muss sich angleichen. Die EU war ein erster Schritt in eine gemeinsame Zukunft, in der die Schweiz auch nicht fehlen darf.“

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VON LINKS BIS RECHTS

Soll die Kantonsschule Hardwald saniert oder durch einen Neubau ersetzt werden? Wo wäre der geeignetste Standort dafür?

DIETER ULRICH

FELIX WETTSTEIN

Gemeinde- und Kantonsrat Grüne Olten Die Antwort der Grünen heisst: Sanierung. Wir sind damit auf derselben Linie wie die Kantonsregierung und der Kantonsrat, welche ja bereits die Weichen entsprechend gestellt haben. Am Kantonsschulgebäude scheiden sich die Geister. Das können wir sehr gut nachvollziehen.

Für einen Teil der architektonischen Fachwelt ist es ein Vorzeigebeispiel der Jurasüdfuss-Architektur, für die meisten von uns ist es gelinde gesagt eine gewöhnungsbedürftige Anlage. Wer zur Kanti hinaufsteigt, vor allem wer das nicht täglich tut, muss schon mal leer schlucken. Es beginnt mit den düsteren Veloeinstellplätzen, setzt sich fort im Eingangsbereich mit den Brauntönen und den massigen Türen. In den zahlreichen Korridoren und Treppenbereichen dann erneut dieses uneinladende Grau-Braun. Der Stahlskelett-Betonbau ist ein Zeuge seiner Zeit, und die Zeit seither hat gehörig am Gebäude genagt. Darum kommt allein die Sanierung fast so teuer zu stehen wie etwa der gesamte Neubau des Fachhochschul-Campus. Es ist in letzter Zeit in Olten etwas Mode geworden zu fordern: „Fort mit dem G’hütt“, niederreissen, anderswo neu anfangen.

Das eine Mal ist es das Stadthaus, das nächste Mal das Kunstmuseum, dann die Kantonsschule. Wann kommt der Ruf, den Bahnhof zu verlegen und neu zu bauen?

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SIMON HALLER

Gemeinderat SP

Gemeinderat Grünliberale Partei

Mit dem Gebäude der Kanti verhält es sich gleich wie mit dem Stadthaus. Beide Gebäude prägen das Stadtbild markant, werden aber häufig auch als unästhetische Betonklötze bezeichnet. Mit dieser Qualifizierung geht oft die Forderung einher, die Gebäude abzureissen.

Die Kantonsschule Olten ist bald 40 Jahre alt und weist gravierende energetische Mängel auf. Die neue oder sanierte Oltner Kanti muss an hohen Standards gemessen werden und der Kanton seiner Vorbildfunktion als ökologischer Bauherr nachkommen. Die Baustruktur ist ein zweites Kriterium, welches bei der Beurteilung der Frage von Bedeutung ist. Im Falle der Kantonsschule sind die Voraussetzungen gut.

Wie beim Stadthaus gibt es jedoch auch beim Kantigebäude gute Gründe für eine Sanierung und den Erhalt. Ich will dabei nicht auf architektonische Aspekte eingehen, dafür ist ein Architekt besser geeignet. Aus meiner Sicht sprechen viel mehr praktische Gründe für eine Sanierung: • Ein Neubau wäre nur an einem andern Ort möglich, da ein Parallelbetrieb gewährleistet sein muss. Der jetzige Standort ist dank dem nahen Bahnhof sehr gut. Der die Schule umgebende Hardwald bietet die Möglichkeit, den Schulbetrieb schnell und unkompliziert nach draussen zu verlegen, sei es im Turnen, Zeichnen oder einem anderen Fach.

Auch ist es fraglich, ob an einem neuen Standort der Platz vorhanden wäre, um Sportanlagen in der gleichen grosszügigen Art zu erstellen, wie bisher. • Nicht nur um die Gebäude herum ist viel Platz vorhanden, auch das Innere gestaltet sich mehrheitlich grosszügig, mit weiten Gängen und „Plätzen“. Bei einem Neubau würde sicherlich in kleineren Dimensionen geplant, so dass z.B. für Ausstellungen von Schülerarbeiten oder Gruppenarbeiten weniger Platz bliebe.

Das quadratische Stützenraster lässt eine flexible Unterteilung der Flächen und die Schaffung von kleineren Raumeinheiten zu. Turnhallen, Aula, Mensa und andere Ergänzungsräume können mit ihrer strukturellen Konzeption auch zukünftigen Bedürfnissen gerecht werden. Die Beurteilung nach ästhetischen Kriterien ist in der Standortfrage höchstens sekundär. Auch wenn gerade an dieser Frage, die Beurteilungen meist weit auseinander gehen. Meine Meinung dazu: Die Kantonsschule Hardwald bildet mit den diversen Aussenplätzen und Terrassen ein dichtes und gelungenes Ensemble. Und nicht zuletzt stellt sie ein Zeitzeuge der Nachkriegsmoderne dar. Sie gehört zum Oltner Stadtbild. Zudem ist sie mit der Nähe zum Bahnhof gut erschlossen.

Wichtiger als die Frage nach der Schönheit der Kantonsschule ist die Beurteilung der Finanzen.

Klar würden alle diese Gebäude und Anlagen heute anders gebaut, wenn sie erst jetzt entstehen würden. Klar wäre es – bezogen auf die Kantonsschule – kaum mehr denkbar, dass sie in den Hardwald hineingebaut würde. Dennoch sind wir der Meinung, dass wir mit dem baulichen Erbe respektvoll umgehen sollen. Das gilt nicht nur für jahrhundertealte Strukturen, sondern auch für 40 bis 50-jährige öffentliche Gebäude. Darum ziehen wir auch im vorliegenden Fall die Sanierung vor.

Mit der Sanierung kann das zweckmässige und markante Gebäude wieder für weitere Jahrzehnte nutzbar gemacht, resp. gehalten werden. Es sollte nicht aus einer „Betonallergie“ heraus einem Neubau geopfert werden, der in seiner Qualität kaum über den bisherigen Bau hinausreichen würde.

Der Regierungsrat beziffert die Kosten für die Sanierung der Oltner Kanti auf ca. 86 Millionen CHF. Ein Neubau am Standort Hardwald wird auf mehr als 125 Millionen CHF geschätzt, ein Neubau an einem anderen Standort gar auf mehr als 130 Millionen. Ob diese Zahlen so richtig sind, kann ich nicht beurteilen. Die aufgezeigten Relationen dürften indes in etwa stimmen. Die Erstellungskosten sind nur ein Aspekt der finanziellen Betrachtung. Die sogenannten Lebenszykluskosten spielen ebenso eine Rolle. Diese Betrachtung fehlt bislang in der regierungsrätlichen Antwort und muss im Rahmen der weiteren Abklärungen sauber und mit offenem Ausgang analysiert werden.

felix.wettstein@bluewin.ch

dieter.ulrich@bluewin.ch

simonhaller@gmx.ch

Zu guter Letzt würde ein Neubau rund 50 Mio. CHF mehr kosten als die vorgesehene Sanierung. Ein erheblicher Betrag, der andernorts sicher sinnvoller investiert werden kann.

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Hintergrund: Das Kantonsschulgebäude wurde im Jahr 1973 eingeweiht. Der Sanierungsbedarf ist aufgrund des baulichen Zustandes der Kanti unbestritten und dringend notwendig. Drei Varianten stehen im Raum: Sanierung, Neubau am gleichen Standort oder an einem anderen Ort. Der Kanton liess die Varianten rechnen: Eine Gesamtsanierung kostet 85.8 Mio., ein Neubau an gleichem Ort 127.7 Mio. und ein Neubau an einem neuen Standort rund 131.5 Mio. Franken.

MARCEL STEFFEN

Präsident CVP und Gemeinderat Olten Experten zu der gestellten Frage wird es genug geben. Die einen werden sicher den Neubau in irgend einem Baugebiet von Olten fordern, und die anderen aus Kostengründen sich vehement für die Sanierung einsetzen. Ich bin kein Experte und stehe dem Thema relativ gelassen und offen gegenüber. Nun was soll ich also schreiben? Idee: Fragen wir doch ein paar Menschen, welche die Kanti gut kennen: Theo Ehrsam, ehemaliger Rektor: Bis zum Sanierungsbeginn wird unsere Schulanlage beachtliche 40 Jahre alt sein. Ein Refreshing der Bausubstanz ist angesichts der fortgeschrittenen Planungsarbeiten und der Geduld mehrerer SchülerInnengenerationen, der Lehrkräfte und der Mitarbeitenden nun dringend geboten:

für weitere Jahrzehnte erfolgreichen Wirkens an und in der Kanti Hardwald! Serena Hagmann, ehemalige Schülerin: Den Standort würde ich nicht ändern (Wald für Sportunterricht, Nähe zum Bahnhof). Neubau oder Sanierung – keine Ahnung. Klar ist aber, dass sicher einiges getan werden muss, denn das Gebäude ist weder von aussen und schon gar nicht von innen sehr freundlich. Es fehlt an Helligkeit und Farbe und auch sonst hapert es an vielen Stellen.

Falls der Standort aber geändert werden müsste, ist wichtig dass er sich in der Nähe des Bahnhofs befindet, aber finde da mal einen geeigneten Platz!

URS KNAPP

Präsident FDP-Fraktion im Gemeindeparlament Olten Als blutjunger Journalist landete ich mit einem Bericht über die damals kaum zehn Jahre alte Kantonsschule Olten meinen ersten Primeur. Unter der Schlagzeile «Und sie rostet doch!» deckte ich auf, dass der beim Bau verwendete Cor-Ten-Stahl schwere Mängel aufweist. Sogenannte Experten hatten versprochen, dass sich auf Cor-Ten nur am Anfang eine dünne Rostschicht bildet, die dann die Kanti länger als andere Fassaden schützen werde.

Bereits kurz nach der Eröffnung zeigte sich, dass der Rostprozess nicht wie versprochen stoppte: Das Gebäude rostete unaufhaltsam weiter. Es wurde zum unattraktiven Rosthaufen im Hardwald, gut sichtbar vom Stadtzentrum aus. Heute ist wahrscheinlich der letzte Rest des CorTen-Stahls weggerostet und ersetzt. Die Spuren an der Fassade sind aber geblieben. Nicht besser sieht es im Innern des Gebäudes aus: Schmuddelige Bodenbeläge, tropfende Decken und unansehnliche Fenster verleihen der Kanti einen morbiden Charakter, den wir sonst nur bei Plattenbauten im real existierenden Sozialismus gesehen hatten. 20 Jahre nach dem Fall der Mauer sind im Osten bald die letzten Plattenbauten gefallen. Nicht so im Westen, genauer in Olten: Hier diskutiert man immer noch, ob die Kanti im Hardwald nicht doch saniert werden solle. Die Fakten liefern die klare Antwort:

Dr. Martin Wey, ehemaliger Schüler und Stadtrat: Ich habe die naturnahe Umgebung der Schulanlage sehr geschätzt. Obwohl das Bauwerk zwischenzeitlich „in die Jahre gekommen ist“, würde ich den

Nur mit einem Neubau lässt sich ein Schulgebäude erstellen, das ökologisch und ökonomisch für die nächsten 50 Jahre eine Visitenkarte für Olten ist.

Abbruch der Kantonsschule am jetzigen Ort aus emotionalen Gründen bedauern und würde deshalb eine Sanierung einem Neubau vorziehen. So viel zum Thema. Wer weiss, vielleicht gibt es ja aus diesem Beitrag ein zwei Gedanken, welche sich lohnen weiter zu verfolgen.

Eine Sanierung würde zu viele Kompromisse erfordern und könnte unliebsame finanzielle Überraschungen hervorrufen. Beim Standort darf man aber zur Geschichte stehen: Der Neubau gehört wiederum in den Hardwald. Während der Bauarbeiten kann die Schule in ein Provisorium umziehen, zum Beispiel in das dannzumal alte Gebäude der Fachhochschule.

cvpolten@bluewin.ch

knapp@farner.ch

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DORIS KÄNZIG Gemeinderätin SVP

Vor rund 40 Jahren wurde die Kantonsschule im Hardwald gebaut – als damals hochmodernes Bauwerk mit überputz angebrachten Leitungen. Übermütige SchülerInnen hatten damals ihren Spass am Herausdrehen der dort angebrachten Schrauben. Im Oltner Volksmund wurde die neue Kanti lieblos „Rosthaufen“ genannt. Energieeffizienz war damals noch kein Thema, bis der „Club of Rome“ 10 Jahre später erstmals auf die Endlichkeit der Ressourcen aufmerksam machte.

So brachten Infrarotaufnahmen der Kanti zahlreiche undichte Stellen zu Tage, wo Heizungswärme in den Hardwald entweicht. Es fehlte jegliche Isolation am Gebäude. Später wurde die Oelheizung durch eine umweltgerechtere Gasheizanlage ersetzt. Aber noch heute sind die Heizkosten überdurchschnittlich hoch, weil die Wärme durch undichte Fenster und Türen nach aussen dringt. Es regnet durchs Dach ins Innere, was mit zahlreichen Eimern so gut wie möglich aufgefangen wird. Die Kanti soll ihren Standort behalten, wo sie im Hardwald als Oltner Wahrzeichen von weit her sichtbar ist.

Eine Sanierung mittels Energieschutzhülle drängt sich auf, das Gebäude soll auf diese Weise erhalten – und nicht abgerissen werden, die Kosten- und Energieeffizienz soll dabei im Vordergrund stehen. Schlussendlich sind folgende Aspekte entscheidend: Beibehaltung der sensationellen ruhigen Lage beim Bahnhof, sowie die Kosteneinsparung, indem saniert statt neu gebaut wird.

doris.kaenzig@bluewin.ch

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IM EXIL 2 1

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GerĂśstete Hunde auf Thai-Pillen Menschen aus der Region berichten aus der Welt – diesmal unter anderem Ăźber makabere Märkte, U-Bahn-Schlagzeuger und thailändische Medizin.

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INDONESIEN

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charf gewĂźrztes Hundefleisch, gegrillte Feld- und Waldratten oder gerĂśstete Fledermäuse – die Minahasa-KĂźche verblĂźfft auch welterfahrene Gourmets.“ Weiss der ReisefĂźhrer. Weitaus eindrĂźcklicher als die fertig zubereiteten Speisen ist meines Erachtens der traditionelle Markt, an dem ihre Zutaten feilgeboten werden. Hier gibt es von frisch geschlachteten Schweinen Ăźber noch lebende und bereits gerĂśstete Hunde bis hin zu Schlangen oder eben Ratten und Fledermäusen alles zu kaufen. Erwähnter ReisefĂźhrer nennt ihn „farbenfroh“, ein anderer „makaber“. Fest steht, dass der Markt von Tomohon auch welterfahrene Reisende verblĂźfft. Tatsächlich verschlägt es derer nur sehr wenige in den kleinen, zwischen zwei Vulkanen gelegenen Bergort am nordĂśstlichen Zipfel

der Insel Sulawesi. Dementsprechend gross die Zahl neugieriger Blicke, die tagtäglich auf dem Weg zum Bßro an mir haften bleiben. Als Forschungsassistenz im Bereich Public Health trage ich hier während eines Jahres zum internationalen Austausch bei. Nina Gutweniger, 29, ist Vegetarierin und stammt aus Hägendorf

BANGKOK

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in soeben von der Klinik Lad Phrao zurĂźckgekommen. Wollte mir kurz einen Nasenspray abholen, da ich seit einigen Tagen an einer verstopften Nase leide – Klimaanlage lässt grĂźssen! Anstelle des erwarteten Triofan-Nasensprays habe ich eine Ladung Antibiotika direkt in meinen Allerwertesten gekriegt. DarĂźber hinaus wurde mir noch die eine oder andere Tablette verschrieben... Jo Schlapbach, 28, stammt aus Wisen und lebt in Bangkok.

Feinste Kaliber von NOMOS GlashĂźtte.

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lick vom Stanley Park Richtung Downtown Vancouver. Zu diesem fantastischen Ort, in fünf Minuten vom Stadtzentrum zu erreichen, kommen Tag für Tag viele Menschen, um sich bei einem Spaziergang etwas Ruhe vom hektischen Stadtalltag zu gönnen. Vancouver ist gerade dadurch eine faszinierende Stadt: eine Weltstadt, in der man Rummel und Nachtleben geniessen kann, rundherum aber Berge und Natur innert kürzester Zeit erreicht, um sich zu erholen. Matthias Gubler, 23, stammt aus Hägendorf und studierte ein Semester in Vancouver, Kanada.

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tellen Sie sich ein Genf vor, das in einer Sandwüste verloren ist, und Sie haben eine Idee von Berlin. Es wird vielleicht eines Tages die Hauptstadt von Deutschland werden, aber immer wird es die Hauptstadt der Langeweile sein.“, nörgelt Karl Gutzkow, ein bekannter Deutscher Schriftsteller, im 18. Jahrhundert über Berlin. Auch viele andere bereits verstorbene Schriftsteller und Künstler lästern in der Anthologie „Berlin ist das Allerletzte“. Zeit ist vergangen und Berlin hat sich gewandelt und wurde mittlerweile Hauptstadt. Offiziell hat Berlin zwar immer noch rund 61 000 000 000 Euro Schulden. Das interessiert die 3 479 740 Einwohner Berlins aber wenig. „Arm, aber sexy“, so nannte Klaus Wowereit, Regierender Bürgermeister von Berlin, den Zustand der deutschen Hauptstadt.

Berlin lebt. Berlin ist Kult. Karl Gutzkow hätte, würde er noch leben, seine Meinung längst geändert. Und ich bin Berlin dankbar, denn Berlin ermöglicht es mir, meinen Traumberuf leben zu können. Tino Honegger, 29, stammt aus Olten und lebt und arbeitet als Musical-Darsteller in Berlin.

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ROM

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uf dem Weg zur Arbeit; 4. Januar 2012, 9:07am. Aussicht von der PONTE MILVIO auf die im Mussolini-Stil, um 1939-1951 von Armando Brasini, aus Travertin erbaute PONTE FLAMINIO. Der Tiber lässt die doppelte Schönheit zu. Raffaela Zerilli, 27, stammt aus Olten und wohnt und arbeitet in Rom.

NEW YORK CITY

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nion Square Subway Station, ein wichtiger Knotenpunkt in Downtown Manhattan. Täglich, auf meinem Weg zur Arbeit, steige ich da vom L-Train aus Brooklyn kommend auf den R-Train Richtung Soho um. Der Union Square ist nicht nur über dem Boden ein Ort des Begegnens, mit Künstlern und ihren Ständen, Bauernmarkt am Wochenende oder Kundgebungen. Aber auch unter dem Boden spielt sich da immer einiges ab, vor allem musikalisch. Mein Liebling ist ein Schlagzeuger, der es immer schafft, die Leute in seinen Bann zu ziehen, so dass auch der gestresste New Yorker mal einen vorbeisausen lässt, um ihm noch ein bisschen länger zuhören zu können. Stephanie Dinkel, 28, stammt aus Wisen und lebt und arbeitet als Fotografin in New York.

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DAS PORTRAIT EINER GETRIEBENEN

Das Portrait einer Getriebenen Das ist die Geschichte von Najet El Kamel, eine Halbtunesierin, die in Schwyz geboren wurde, in Olten aufwuchs und nun in München lebt. Es ist die Geschichte einer Frau ohne Plan B, denn wer einen Plan B habe, sagt sie,“wird Plan A nie erreichen.“ Najet El Kamel verdient ihr Geld vor allem als Model, doch ihr Plan A ist viel grösser. „Ich denke gross und international“, sagt die 32-Jährige. Das ist die Geschichte einer Getriebenen.

Text von Pierre Hagmann Fotos von Sara Merz

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ie ging in die zweite Klasse, arbeitete an diesem Nachmittag gerade im Service im Restaurant ihrer Eltern, als ein Fotograf zur Türe hineintrat, und sagte: Ich habe einen Auftrag der Solothurner Handelsbank und brauche ein Model. Willst Du mein Model sein? Najet El Kamel wollte, es wurde ihr erstes Shooting, vor einem Eckhaus an der Ringstrasse in Olten. Und wenn sie sich richtig erinnert, war dieser Auftrag für eine Plakatwerbung auch eines der ersten Shootings des Fotografen. Sein Name: Marco Grob. „Das ist auch so ein Getriebener“, sagt Najet heute, „wie ich“. Was aus Marco Grob geworden ist, ist bekannt. Wer aber ist Najet El Kamel?

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Najet El Kamel ist heute 32 Jahre alt, Mutter eines 7-jährigen Jungen, wohnt in München und arbeitet ein bisschen überall. Sie ist mit dem brasilianischen Starautor Paulo Coelho ebenso befreundet wie mit Geyer Kosinski, dem Manager von Angelina Jolie, in der Presse wurde ihr schon eine Schwangerschaft von Boris Becker angehängt, sie fliegt am Morgen kurz nach Paris für ein Casting für einen neuen Film, am Abend ist sie zurück in München, um für ihren Sohn nach der Schule da zu sein. Sie macht fünfmal pro Woche Sport, Yoga, Pilates, Joggen, das tut ihr gut, ist aber auch einfach part of the (Model)Business. Auf ihren Unterarm hat sie ein Tattoo stechen lassen, „Warrior

of light“ steht da, Krieger des Lichts. So heisst ein Buch von Coelho, er beschreibt damit Menschen, die für das kämpfen, was sie fühlen. Eines Tages habe er, Paulo, ihr geschrieben: Najet, Du bist ein wahrer Krieger des Lichts. Da dachte sie: Jetzt kann ich sterben. Diese Worte – aus der Feder von Paulo – mehr geht nicht! Doch sterben will sie noch lange nicht, denn sie hat noch vieles vor. Bald will sie ernten, wofür sie seit langem kämpft, an verschiedenen Fronten. „Ich lebe nicht, um berühmt zu sein“, sagt sie. Sie lebe für ihre drei Projekte. Ihr Kind. Die Schauspielerei. Das Produzieren, im Filmbereich.

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„Mein Naturell ist mein Joker, den ich natürlich bewusst nutze“: Najet über ihre Art, die in den USA geschätzt wird.

Vom Bornhof nach Saas Fee

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ajet El Kamel wurde am 10. Dezember 1979 als zweite von vier Töchtern in Schwyz geboren. Ihr Vater stammt aus Tunesien, ihre Mutter ist Schweizerin. Als sie im Kindergartenalter war, übernahmen die Eltern das Restaurant Bornhof an der Solothurnerstrasse in Olten, dort wo jetzt ein indisches Restaurant zu Hause ist. In diesem Restaurant hat sie ihre halbe Kindheit verbracht, „ich habe es geliebt“, sagt sie. Sie hat mitgeholfen im Service, und sie war gerne unter all den Leuten, „vor allem gegen Ende unserer Zeit da war der Bornhof wirklich ein Meetingpoint in Olten, viele junge Leute kamen zu uns, der EHC war oft da.“ Das Ende kam vor vierzehn Jahren, ihre Eltern gaben das Restaurant auf. Nachdem sie im Hübeli- und im Frohheimschulhaus in Olten ihre Schulzeit abgeschlossen hatte, woll-

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te sie Lehrerin werden. Als sie aber die Aufnahmeprüfung fürs LehrerSemi auch im zweiten Anlauf ganz knapp nicht bestand, nahm sie das als Zeichen: Ich sollte nicht Lehrerin werden. Najet glaubt an Zeichen. Sie ging fort von Olten, ein erstes Mal, nach Saas Fee und absolvierte eine KV-Lehre mit Berufsmatura im Hotel Ferienart. Ihr dortiger Chef wollte ihr die Berufsmatura zunächst nicht erlauben. „Ich lass mir gar nichts verbieten“, sagt Najet. Sie machte die Berufsmatur, verzichtete auf ihren freien Halbtag, begann für dieses Hotel zu leben, und fand dadurch auch die Unterstützung des Chefs. Sie erinnert sich: „Er sagte mir eines Tages: Mach, was du spürt, lebe deine Träume.“ Ehrgeizig sei sie schon immer gewesen, aber das war der Weckruf, den sie benötigt hatte. Sie verliess Saas Fee, beschloss beim Fernsehen zu arbeiten und landete bei TV3, diesem privaten nationalen Sender, der mittlerweile nicht mehr

existiert. Das war sicher nicht ihr Schuld, aber sie selbst sagt: „Ich war eine untalentierte Redakteurin. Ich habe das mit meinem Charme und Ehrgeiz kompensiert.“ Nach einem kurzen Engagement bei der Comedy-Sendung Libero, moderiert von René Rindlisbacher, wurde sie an die grosse Produktionsfirma B&B Endemol weiter empfohlen, um bei der Produktion der Reality-TV-Show „Die Bar“ mitzuhelfen. „Ich habe schnell gemerkt, dass ich nicht für ein 08/15-Leben gemacht bin“, sagt Najet, die 176 Zentimeter gross ist. Am liebsten wäre sie BallettTänzerin geworden. Doch dazu hatte sie den falschen Körperbau. „Eine Ballett-Tänzerin muss sehr schlaksig sein, ich bin schon ziemlich weiblich.“ Im Wallis begann sie, Gesangsunterricht zu nehmen. „Ich war keine talentierte Sängerin, aber ich spürte, ich will auf die Bühne“. Ihr Gesangslehrer riet ihr: Besuche eine Schauspielschule. Und weil das generell

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DAS PORTRAIT EINER GETRIEBENEN Zu wenig schlaksig für Ballet, genau richtig als Model: Najet, 176 Zentimeter gross.

mal erzählt, dass er in Begleitung von blonden Frauen gar nicht fotografiert werde, weil diese eben nicht in sein „Beuteschema“ passen. Ich habe viel von ihm darüber gelernt, wie Boulevardmedien funktionieren. Seid ihr noch befreundet? Nicht wirklich. Das hat sich im Sand verlaufen. Man kennt und grüsst sich, trifft sich

Foto: zVg

>ICH HABE DURCH DIE SEHR EIGENE MENTALITÄT, DIE IN MÜNCHEN HERRSCHT, HERAUSGEFUNDEN, WER ICH NICHT BIN.<

ihr Ding ist, Bühne, kämpfen, sich hingeben, fand Najet: Wieso nicht? Sie bewarb sich bei diversen Schauspielschulen und wurde in München angenommen. 2002 ging sie ein weiteres Mal fort von Olten, verliess die Schweiz und begann ein neues Leben in München. „Hier beginnt der erwachsene Teil meiner bisherigen Biografie“, sagt Najet und lacht.

DAS BEUTESCHEMA VON BORIS

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nser Treffen findet im Café Ring in Olten statt, es ist Samstagmorgen, die Leute frühstücken, der Laden ist voll. Najet ist wieder einmal in Olten, zu Besuch bei ihren Eltern. Bevor das Gespräch wirklich losgeht, klären wir die Geschichte um die „Blick“-Schlagzeile, die zwar einige Jahre alt ist, die aber immer noch durchs Internet geistert. Sie lautet: „Najet El Kamel: Schwanger von Boris Becker?“

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Najet, ist Boris Becker der Vater Deines Kindes? (lacht) Nein, natürlich nicht, diese Schlagzeile war und ist kompletter Schwachsinn. Wie kam der „Blick“ auf diese Idee? Der „Blick“ hat damals einfach von der „Berliner Zeitung“ abgeschrieben, die auf der Titelseite ein Bild von mir mit Kind im Bauch neben Boris Becker abgedruckt hat und an dieser Stelle das Gerücht in die Welt gesetzt hat, das Kind sei von ihm. Warst Du je mit ihm zusammen? Nein. Als das Bild geschossen wurde, hatten wir uns eben erst kennengelernt. Ich war wie jedes Jahr mit Freunden an der Berlinale (Internationale Filmfestspiele von Berlin, die Red.) und kam dabei mit Boris, der zufällig am Nebentisch sass, ins Gespräch. Und weil ich damals bestens in sein Beuteschema passte (lange dunkle Haare), hat ein lustiger Fotograf uns fotografiert und dieses Gerücht in die Welt gesetzt. Boris hat mir später

zufällig, aber auch nicht mehr als ein- zweimal im Jahr. Übrigens: Wenn man mit ihm persönlich spricht, redet er eine Oktave tiefer und lispelt nicht so wie bei TV-Auftritten und ist definitiv smarter als er im TV rüber kommt. ////////////////////////////////////////////////////////////// Als das ominöse Foto geschossen wurde, war Najet El Kamel schon ein paar Jahre in München und absolvierte dort ihr Schauspielschule. Sie war mit einem Münchner zusammen, der auch der Vater ihres Kind ist. Heute leben sie getrennt. München. Heute sagt sie über München, wo sie noch immer lebt: „Ich habe mit der Stadt meinen Frieden geschlossen und die zehn Jahre München waren eine gute Lebensschule. Ich habe durch die sehr eigene Mentalität, die in dieser schönen Stadt herrscht, herausgefunden, wer ich nicht bin.“ München sei umhüllt von einer Negativität, die ihr manchmal

das Gefühl gab, zu „ersticken“. Die Münchner seien ständig am „granteln“, wie das in Bayern heisst. Der Wortlaut lässt erahnen, was damit gemeint ist. Najet erklärt: „Ein Münchner sagt beispielsweise nicht: ‚Hey, du siehst heute hübsch aus!’. Stattdessen wird der Münchner antworten: ‚Für deine Verhältnisse siehst du gar nicht mal so übel aus.’ Das Glas ist stets halb leer. Die einen mögen das – mich lähmt es.“ Nach Abschluss der Ausbildung in München war sie froh und dankbar, ein Semester auf einer Schauspielschule in Los Angeles besuchen zu können, samt Freund und Kind. Schon bei der Ankunft am Flughafen in L.A. merkte sie: „Ich kann atmen!“ In den USA sei sie aufgeblüht, dort lag eine ganz andere Stimmung in der Luft, eine Stimmung, die einem entgegenschrie: „Du hast einen Traum? Go for it!“ Sie studierte ein weiteres Semester an einer Schauspielschule, doch sie blieb nur kurz in den USA, denn bald schon kam die Krise und mit ihr verschwanden die Jobs. Die Krise sei auch heute noch extremst spürbar in L.A., sagt Najet, besonders in der Branche. Zurück in Deutschland machte sie wiederum an der Berlinale die Bekanntschaft mit Hermann Bühlbecker, Inhaber der Lambertz-Gruppe, ein sehr reicher Mann mit sehr vielen Kontakten in der internationalen Filmszene. In den USA trägt Bühlbecker den Kosenamen „Chocolateman“, weil er sein Vermögen mit einer Gebäck- und Printenfabrik gemacht hat. Najet El Kamel bezeichnet die Begegnung als Wink des Schicksals. Seine Einladung, ihn an die Oscar-Verleihung nach L.A. zu begleiten, schlug sie aus, ebenso die Einladung ans Filmfestival in Cannes. „Ich bin schlechtes Beigemüse“, erklärt sie. „Ich will nicht als Frau von jemandem über den roten Teppich, das entspricht einfach nicht meinem Naturell, dann bin ich lieber ein Niemand.“ Ihr gehe es nicht um Ruhm, sondern um die Sache. Um welche Sache denn? Es ist etwa neun Jahre her, als Najet erfuhr, dass „Der Alchimist“ von Paulo Coelho verfilmt werden sollte. Das Buch ist nach der Bibel das am meisten gelesene der Welt. Seit jenem Tag, an dem sie von diesem Filmprojekt hörte, weiss sie: Die Rolle der Fatima ist ihre Rolle.

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TITEL Sie ging nicht an die Oscars mit Bühlbecker, stattdessen traf sie seine rechte Hand Ufuk Sevinc, der auch in München wohnt. Ihm sagte sie: Ufuk, ich will Fatima spielen. Ufuk antwortete: Ich habe keine Ahnung, warum ich das tue, aber hier hast du die Telefonnummer und E-Mailadresse von Paulo Coelho, und hier hast du die Nummer und E-Mailadresse vom Manager von Angelina Jolie. Der mag Mädchen wie dich. Ein halbes Jahr später, Najet war zurück in L.A., schrieb sie eine E-Mail an Paulo Coehlo, und erzählt ihm von ihrem Traum. Er antwortete umgehend: Viele Celebrities und bekannte Schauspielerinnen würden diese Rolle spielen wollen. Najet schrieb zurück: „Das ist mir bewusst, aber am Ende werde ich zuoberst auf der Liste stehen“. Aus diesem ersten schriftlichen Kontakt wurde eine Freundschaft, sie sehen sich nicht oft, aber sie schreiben sich, immer wieder. Vor ein paar Jahren gingen sie gemeinsam ans Filmfestival nach Cannes. Najet holte ihn ab in seiner Genfer Wohnung, sie fuhren an die Côte d’Azur, verbrachten zehn Tage zusammen. Einmal kam es zu einem Streit, und Najet fragte Paulo: Sag mal, liest Du eigentlich deine Bücher? „Das ist vielleicht etwas vom Intelligentesten, das ich je gesagt habe“, meint Najet, laut lachend.

KOSINSKI WAR NICHT ALLEINE Sie meldete sie sich auch beim Manager von Angelina Jolie, Geyer Kosinski. „Da hab ich schnell verstanden: Bei den Amis muss man aufdringlich sein, die muss man permanent anrufen, viel Leidenschaft zeigen, um gehört zu werden.“ Irgendwann reagierte er: „Wer hat Dir meine Nummer gegeben?“, fragte er, „und überhaupt – wer bist Du?“ Sie trafen sich in einer Bar in West Hollywood, Kosinski war nicht alleine. Neben ihm sass Billy Bob Thornton, der Ex-Mann von Angelina Jolie. Kosinkis erster Satz war: Was willst Du? „Ich erklärte ihm: Ich bin die Fatima, ich will einen Termin mit Harvey Weinstein“. Harvey Weinstein ist einer der mächtigsten und meist gefürchtetsten Produzenten in ganz Hollywood. Geyer Kosinksi lud sie einen Tag später auf eine Party in einer Villa in Beverly Hills ein, sie amüsierte sich prächtig, Kosinski aber liess sich kaum blicken, bis er um drei Uhr Nachts mit einem Glas Tequila plötzlich vor ihr stand und sagte: „Ich

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habe dich jetzt zwei Abende lang beobachtet. Du bist cool, anders als die anderen. Du erhältst deinen Termin bei Weinstein.“ Am nächsten Morgen hatte sie auf ihrem Handy einen Anruf von „Scissorman“, wie Weinstein in der Branche genannt wird, einem Mann, der den Ruf hat, gerne junge Schauspielerinnen zu vernaschen, einem Mann aber auch, der mitentscheidet, wer welche Rolle spielt. Mit dem Treffen klappte es erst später, zurück in Europa, nach der Premiere vom Film „The Reader“, den Weinstein produziert hatte, in Berlin. Scissorman bestellte sie an die chice Bar des Hotel de Rome. „Ich war vor dem Treffen zwar extrem nervös“, sagt Najet, „ich wollte dieses Treffen, aber ich kannte ja auch seinen Ruf“. Doch Najet, hat eine nützliche Begabung: „Ich kann nicht fanen“. Sobald sie jemanden treffe, egal wie wichtig oder bekannt die Person sei, verliere sie die Nervosität, „dann sehe ich sie, als Menschen wie du und ich – was sie ja auch sind.“ Sie erklärte Weinstein also, wieso sie die Richtige sei für die Rolle der Fatima, und fragte ihn irgendwann: Wer ist eigentlich als Regisseur vorgesehen? Baz Luhrmann war seine Antwort, jener Luhrman, der monumentale Filme wie Australia oder Moulin Rouge gedreht hatte. Sie tickte aus, sagte ihm, dass er spinne, dass Luhrmann der komplett falsche Mann für diesen Film sei, weil er viel zu pompöse Filme drehe, da brauche es viel eher einen europäischen Filmemacher. „Da hat er gemerkt, dass es mir um die Sache geht, ums Projekt und nicht nur um die Rolle“, erinnert sich Najet. Ausserdem sei er sich kaum mehr gewöhnt, offen kritisiert zu werden. Luhrmann ist mittlerweile abgesetzt, das Filmprojekt steckt aktuell noch in der Drehbuch-Phase. Ein Film, der im Kino läuft, hat eine Anlaufzeit von mindestens 10 Jahren. Najet traf Weinstein später erneut in dessen Büro in London, wo er ihr das „Alchimist“-Treatment, also die Zusammenfassung des Drehbuchs, in die Hände drückte, mit der Bitte, ihm ihre ehrliche Meinung dazu abzugeben. Zuerst wagte sie es kaum, einen Blick darauf zu werfen. Ein zweistelliges Millionenprojekt und ihre Meinung war gefragt? Sie, die keine Drehbucherfahrung hatte, sollte ein englisches Treatment mit Begründungen kritisieren? Doch dann habe sie festgestellt: „Es steckt viel mehr in einem, als man denkt. Irgendwann hat es nur noch so aus mir geschrie

„ES STECKT VIEL MEHR IN EINEM, ALS MAN DENKT. IRGENDWANN HAT ES NUR NOCH SO AUS MIR GESCHRIEBEN - ICH, DIE KLEINE NAJET AUS OLTEN.“

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DAS PORTRAIT EINER GETRIEBENEN

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„DU BIST JUDE, ICH BIN ARABERIN, HAST DU ERNSTHAFT DAS GEFÜHL, DASS ICH DIR DAS JETZT ERZÄHLE?“ Najet zu Harvey Weinstein, Filmproduzent

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Ob es Najet El Kamel je in einen Weinstein-Film schafft, ob sie je die Fatima spielen wird, steht in den Sternen. Sie hat bisher kaum Erfahrung sammeln können als Schauspielerin in Deutschland. Sie entspricht nicht dem deutschen Typ. Nun ist sie aber bei der renommierten Schauspielagentur „Artmedia“ in Paris untergekommen, wo auch Schauspielerinnen wie Catherine Deneuve und Virginie Ledoyen unter Vertrag sind. „Das ehrt mich natürlich sehr“, sagt Najet. Sie wird regelmässig an TopCastings schickt, auch für amerikanische Filme. Die Amerikaner casten mittlerweile intensiv in Europa für ihre Filme – und, was Najet besonders Hoffnung macht: unbekannte Gesichter sind hoch im Kurs. Die Halbtunesierin wurde im letzten Jahr von ihrer Agentur auch ans Casting für das neue Bond-Girl geschickt. Es war schliesslich die Französin Berenice Marlohe, die das Rennen um die begehrte Rolle machte. Najet blieb die frohe Erkenntnis, weit gekommen zu sein, und damit die Bestätigung dafür, dass „ich so schlecht nicht sein kann“.

„ICH BIN MÜDE VON DIESEN LEEREN GESPRÄCHEN“

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an hört ihr zu, wie sie über Scissorman und Chocolateman und Geyer erzählt, über Parties in Beverly Hills und Meetings in London, und dann schaut man um sich, Café Ring, draussen tobt ein kleiner Schneesturm, drinnen essen Schweizer Mittellanddurchschnittsmenschen ihre Gipfeli und trinken ihren Kaffee, es sind – zumindest vordergründing – zwei gegensätzliche Welten, die in diesem Moment heftig kollidieren. Genauso widersprüchlich mögen gewisse Aussagen von Najet El Kamel erscheinen, und erst mit der Zeit, beginnt man zu verstehen, worum es ihr wirklich geht. Najet, wie ist es für Dich, nach Olten zurückzukehren, hier im Café Ring zu sitzen? Schön! Ich komme immer wieder gerne zurück. Ich geniesse es, durch Olten zu laufen und alte Bekannte wiederzutreffen. Ich habe etwas Naives, Echtes. Ich kann mich so freuen, jemanden zu sehen, und ich glaube, das überfordert viele

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leiten lassen. Ich kritisiere, wenn Menschen sich selbst zurücknehmen und nicht genau das leben, was sie fühlen. Ich könnte nie im Kompromiss leben.

Foto: zVg

ben – ich, die kleine Najet aus Olten. Dieser Moment war einschneidend in meinem Leben“.

Ihr Ziel: Najet als Fatima in der geplanten Verfilmung von „Der Alchimist“.

Menschen. Hier ist schliesslich ein Teil meiner Wurzeln, und Wurzeln sind mir extrem wichtig – ich finde es traurig, wenn jemand wurzellos ist. Ich mag das Städtchen, ich mag es nicht, wenn alle immer über Olten schimpfen. Ich denke aber, dass es als Aussenstehender schwierig ist die Schönheit von Olten zu erkennen, man muss schon hier aufgewachsen sein. Ich empfinde es überhaupt nicht als verschlafene Kleinstadt. Klar klingt München, Paris und London besser. Aber wie hat es Alex Capus einmal formuliert: Ist doch egal, ob du in New York oder Olten wohnst – du bewegst dich sowieso nur in deinem „Viertel“. Recht hat er. Ist Dir der Gegensatz zu Deiner Glamour-Welt nicht zu gross? Ach was. Ich bin so, ich bin schwarz oder weiss, ich liebe auch das Einfache, ich mag zum Beispiel auch Ländlermusik, das sind schöne Kindheitserinnerungen, bei mir ist immer alles extrem. Ich lebe generell und gerne wie in zwei verschiedenen Welten. In München führe ich eigentlich ein furchtbar langweiliges Leben. Das heisst? Ich gehe selten aus, eigentlich nur viel ins Kino und Theater, verbringe viel Zeit mit meinem Kleinen. Ein Kind gibt dir unheimlich

viel Halt, ohne ihn wäre ich bestimmt noch immer flatterhaft. Aber ich bin sowieso kein grosser Partymensch. Ich gehe nicht gerne an diese langweiligen A/B-Promi-Parties, von denen es in München sehr viele gibt. Ich hasse Smalltalk, ich bin zu alt für diesen Scheiss, das ist mir zu blöd. Wenn ich aber abends zuhause auf dem Sofa sitze, hab ich nicht das Gefühl, etwas zu verpassen. Ich bin müde von diesen leeren Gesprächen, da entstehen keine Deals. Ich bin lieber zuhause am lesen, am recherchieren, mich weiterbilden. Ich bin auf meinem Weg, ausruhen und resignieren steht nicht in meiner Agenda. Und dann gibt es nebenbei dieses Leben in der „High Society“ der glamourösen, grossen Städte. Ich bewege mich durch meine beruflichen Projekte in diesen Szenen, verbinde Dinnerparties mit Meetings, Verhandlungen. So oft kommt das aber nicht vor. Sowieso: Ich könnte auch in einem Dorf leben, es geht mir nicht um die Grösse eines Ortes, sondern nur um die Leute, die mich inspirieren. Womit ich allerdings wirklich Mühe habe, ist diese falsche Bescheidenheit der Deutschschweizer und die Attitüde: Was denken wohl die anderen? Es macht mich wahnsinnig, wenn sich Menschen zu sehr von dieser Frage

Wie meinst Du das genau: Das leben, was sie fühlen? Ich will jeden Tag in den Spiegel schauen und sagen können: Ich lebe das, was ich fühle. Ich habe das Gefühl, dass viele Menschen das nicht tun. Ich habe zum Beispiel festgestellt, dass viele Leute meiner Generation ihren Glanz in den Augen verloren haben. Ich meine damit nicht, dass jetzt alle in die grosse, weite Welt ziehen müssen oder einen Oscar als Ziel haben müssen, man kann auch andere Dinge bewegen. Zu viele Menschen leben das Leben, das einem vorgelebt wird, haben gewissermassen resigniert, aber eigentlich wollten sie mal etwas anderes. Darum bin ich sehr dankbar, dass ich so getrieben bin. Ich kann mich anlügen und einen Umweg gehen, meine innere Bauchstimme ignorieren, aber sie hat immer recht und ist laut. Immer! Ich bin eine Getriebene, bin eigentlich eher unsicher und auch nicht sonderlich selbstbewusst. Aber diese Stimme ist stark und diese Flamme kann man nicht auslöschen. Da gibt es kein Ja, aber. Ich habe wie alle anderen Tiefs in meinem Leben, aber nie eine Sekunde an meinem Weg gezweifelt, weil es keinen Plan B gibt, was auch gut so ist. Wer einen Plan B hat, wird Plan A nicht erreichen. Ich würde wohl erkranken, wenn meine innere Stimme wegfallen würde. Wie sieht denn Dein Plan A genau aus? Dank meiner Agentur glaube ich wieder daran, dass ich als Schauspielerin arbeiten werde. Die Fatima ist nach so vielen Jahren nach wie vor ein Herzensprojekt. Daneben habe ich ein zweites grosses Herzensprojekt. Ich habe begonnen, erste Schritte als Filmproduzentin zu tätigen. Konkret geht es um den Roman „Das Herzenhören“ vom deutschen Autor JanPhilipp Sendker, ein magisches Buch. Es hat mich stark an die Geschichte von „The English Patient“ erinnert. Instinktiv rufe ich Weinstein an und sag ihm: Ich habe deinen neuen englischen Patienten gefunden. Er fragte: Wie heisst das Buch? Ich antwortete: Du bist Jude, ich bin Araber, hast du das Gefühl, dass ich dir das jetzt erzähle? Wie hat er reagiert? Er sagte: Verhandle mit dem Bertelsmannverlag und

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TITEL komme wieder auf mich zurück. Die Verhandlungen mit dem Verlag sind abgeschlossen, ernsthafte Gespräche mit einem internationalen Produzenten laufen. Harvey Weinstein hatte nach langem hin und her abgelehnt, da kam mir Geyer Kosinski wieder in den Sinn, er unterstützt mich in diesem Projekt sehr. So bin ich in die Rolle der Produzentin gerutscht – und habe dabei gemerkt: Ich liebe die Macht, ich liebe sie wirklich. Ich liebe es, zu entscheiden und zu kämpfen und über grosse Dinge zu verhandeln. Macht ist so negativ behaftet, aber ich liebe es, etwas bewegen zu können. Und ich habe auch gemerkt: Ich will Geld. Ich will viel Geld. In Europa ist das nicht gern gesehen, aber Geyer hat mir die Augen geöffnet. Er hat gesagt: Du willst Geld, dann höre auf darüber zu jammern und sag und lebe: Ich liebe Geld und ich will viel davon. Recht hat er. Es ist keine Schande. Ich habe seither ein total anderes Verhältnis zu Geld. Du willst es, du kannst es haben, sei smart, arbeite hart, und kämpfe für dein Projekt wie für dein Kind.

nicht mehr so kennen: Ich bin normal – ich bin echt, uneitel, eine Bäuerin, wenn Du so willst. Nicht berechnend, auch mal vorlaut. Nicht affektiert sein: das schätzen besonders die Amerikaner. Mein Naturell ist mein Joker, den ich natürlich bewusst nutze. Ich nenne es das Heidi-Klum-Gen, weil sie genau damit in den USA so grosse Erfolge feiert.

Und was willst Du mit all dem Geld? Geld ist mir nicht wichtig, weil ich bei Gucci ein sündhaft teures Kleid kaufen will, sondern weil ich es brauche, um das zu verwirklichen, was ich will. Ich bin ein unglaublich freiheitsliebender Mensch und Geld bedeutet nun mal Freiheit. Ich weiss, ich werde nicht US-Präsidentin, aber ich will etwas Grosses schaffen. Mir ist es egal, wenn ich billige Jeans trage und ich muss auch nicht über den roten Teppich gehen. Ich will etwas erreichen, und Geld gibt Freiheit. Ich weiss, dass ich viel bewegen kann. Frag mich nicht, woher diese Stimme kommt, aber ich weiss es. Heute fühl ich das mehr denn je. Ich kann nicht zurück. Ich weiss, dass ich die Welt bewegen werde... jeder kann das, in seinem Rahmen.

Ihre Antwort kommt schnell und vehement:

Ist Kosinski diesbezüglich Dein Vorbild? Er ist mein Mentor und sicherlich ein Vorbild. Er hat Visionen, ist pragmatisch, demütig, respektvoll – und schnell! Ich dachte, ich bin schnell, die Deutschen kommen mit meinem Tempo nicht mit, aber mit den Amerikanern ist es so, dass ich ihnen hinterherseckeln muss. Du kommst aber offensichtlich gut an bei den Amerikanern. Mein Geheimnis ist banal und wirkt besonders bei den „Amis“, weil die das in dieser Form

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////////////////////////////////////////////////////////////// Najet El Kamel sagt, sie gehe ihren Weg konsequent weiter. „Ich strebe nicht wie andere Ferien an, ich will arbeiten“. Sie sei der glücklichste Mensch, wenn sie Stress habe. Sie sei halt eine Getriebene, das sagt sie immer wieder. Sie sagt aber auch, dass sie nun bereit sei, zu ernten. Im Gegensatz zu Heidi Klum etwa hat sie noch keine grossen Erfolge vorzuweisen, die ihrem grossen und internationalen Denken entsprechen würden. Ein Grossteil ihrer Arbeit der letzten Jahre war in erster Linie eine Investition in die Zukunft. Doch was, wenn sie scheitert?

„Man kann nicht scheitern. Wenn man den Mut hat, einen Schritt vorwärts zu gehen und stürzt, wird man kurz darauf erkennen, dass man einen Schritt weiter ist, als man am Anfang war. Das war es schon wert, denn man ist einen Schritt weiter und es folgt auf den Sturz was Neues. Und das wäre nicht möglich gewesen, wenn man den ersten, mutigen Schritt nicht gegangen wäre. „Scheitern“ ist eine Chance, sich neu zu orientieren, eine Chance, wieder in sich rein zu hören. Lernt man nicht daraus, entsteht der Effekt des berühmten Hamsterrades. Die meisten sind nur zu müde und bequem, sich aufs „Scheitern“ einzulassen und es positiv zu sehen. Deswegen leben und lieben sie in Grautönen. Ich will scheitern, lernen und wieder aufstehen. Paulo Coelho hat mal gesagt: Du musst sieben Mal umfallen und acht Mal aufstehen. Selbst wenn also all meine Projekte nie so enden, wie ich es mir jetzt gerade vorstelle, werde ich keinen Tag bereuen, weil ich das Leben genau so lebe, wie ich will und ich weiss, dass dieser Weg mein Weg ist und mich dahin führt, wo ich hin gehöre. So lange ich ehrlich zu mir selbst bin und weitermache, ist alles gut.“

Für Najet gilt also: Das Ziel ist das Ziel, aber genauso ist der Weg das Ziel. „Das macht mich zu einem entspannteren Menschen.“ //////////////////////////////////////////////////////////////

„JULIA SANER MACHT MICH HÄSSIG“ Es ist mittlerweile Mittagszeit, die Fotografin ist zu uns gestossen und weist Najet an, kurz zu unterbrechen und in die Kamera zu schauen, mit Pose. Sie, die ihr Geld hauptsächlich als Model verdient, unter anderem für die renommierte Agentur Option, macht dabei den Eindruck, als wäre das ein bisschen stressig. Und so kommen wir schliesslich doch noch kurz auf ihren Job als Model zu sprechen. Arbeitest Du nicht gerne als Model? Doch, ich mache diese Arbeit sogar sehr gern. Aber beim Modeln versteckt man sich ja hinter einer Fassade, man spielt eine Rolle. Jetzt, so pur, wenn es um mich geht, werde ich dann doch etwas scheu und unsicher... Modeln ist für Dich also mehr als bloss Mittel zum Zweck und zum Geldverdienen? Nun, ich habe mich früher nie selber als Model gesehen. Ich modle lustigerweise ja auch erst wirklich, seit ich ein Kind habe, also seit ich 24 bin. Aber wie gesagt macht es mir viel Spass. Und es ist mein Glück, dass die Agenturen heutzutage gut arbeiten mit Models, die nicht mehr blutjung sind. Aber ohne die Unterstützung vom Vater meines Kleinen könnte ich auch nicht so konsequent meinen Weg weiter gehen. Für seinen Glauben an mich, werde ich ihm ein Leben lang dankbar sein. Natürlich ist das Durchschnittsmodel aber deutlich jünger als ich. Ich bin vor zwei Jahren an der Beldona-UnterwäscheShow gelaufen, das war so ein EgoDing, weil es das Höchste ist, was man in der Schweiz als Model erreichen kann. Da sind die meisten schon so um die 20. Julia Saner, Ronja Furrer, Whitney Toyloy etc. Was hälst Du von Julia Saner, die ihre phänomenal gestartete Karriere kürzlich bereits wieder auf Eis gelegt hat? Es macht mich hässig. Es macht Dich hässig? Ja, es macht mich hässig, dass sie so schweizerisch agiert. Ich kenne Julia nicht gut, wir mochten uns aber auf Anhieb. Ich

würde sie am liebsten wachrütteln – was mir aber natürlich nicht zusteht. Jetzt will sie ihre Fahrprüfung machen? Sorry, das geht ja wohl nebenbei. Ihr fehlt der Drive. Das Mädchen hat alles, was es braucht, sie hat aber eine zu ausgeprägte Schweizer Mentalität. Sie hat so viel Glück, ihr stehen alle Türen offen, und was macht sie? Sie kehrt nach Bern zurück und nimmt sich eine Auszeit. Das darf doch nicht wahr sein. Uns geht es allen zu gut. Auch wenn es nicht zu 100 Prozent ihr Ding war: Was ich kritisiere, ist der fehlende Drive. Nein, wirklich, so was kann ich nicht nachvollziehen. Man kann gerade in diesem Job viele Dinge parallel machen und ausprobieren. Wer ist die schönste Frau der Welt? Uh, schwierig. Mir gefallen vor allem Menschen die mit Würde altern, die glänzen. Helen Mirren oder Fanny Ardant, zum Beispiel, obwohl die ja nicht schön im klassischen Sinn ist. Ich liebe Persönlichkeit. Auch bei den Männern. Ich mag Typen wie Benicio del Toro oder Sean Penn, Typen mit Charisma. Findest Du Dich selber schön? Manchmal mehr, manchmal weniger, da geht’s mir wohl wie den meisten. Ich weiss, dass ich schöne Augen habe. Wenn mir andere Menschen sagen, wie schön ich sei, freut mich das, überrascht mich aber auch immer wieder. Ich habe nicht das Gefühl, ich sei die Schönheit. Ich bin ein Typ. Was gefällt Dir nicht an Deinem Körper? Da gibts schon einiges. Ich habe nicht die schönsten Füsse. ////////////////////////////////////////////////////////////// Das war die Geschichte einer Getriebenen. Najet weiss nicht, wohin ihr Weg führen wird, sie weiss aber, dass sie auf ihrem Weg ist. Alles ist offen, sagt sie. In München werde sie ihre Rente wahrscheinlich nicht erhalten. Das einzige, was sie wisse: „Ich werde einmal in Zermatt leben, dort zumindest eine Wohnung haben. Zermatt hat eine einzigartige, positive Energie, es ist ein magischer Ort.“ Sie liebt die Berge, liebt ihre Schweizer Wurzeln, genauso wie ihre tunesischen. Diese haben nicht nur im Namen ihre Spuren hinterlassen, aber auch – und wie: Najet, ihr Vorname, bedeutet „göttliches Wesen“, El Kamel heisst übersetzt „vollkommen“. Darüber muss sie lachen.

Februar 2012

KOLT


Foto: zVg

DAS PORTRAIT EINER GETRIEBENEN

„WENN MIR ANDERE MENSCHEN SAGEN, WIE SCHÖN ICH SEI, FREUT MICH DAS, ÜBERRASCHT MICH ABER IMMER WIEDER. ICH HABE NICHT DAS GEFÜHL, ICH SEI DIE SCHÖNHEIT. ICH BIN EIN TYP.“

KOLT

Februar 2012

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HÖREN & LESEN

IN EINEM ZUG

Mr. Rock and Mrs. Roll

Yolanda

Pedro Lenz, 46, ist Schriftsteller und lebt in Olten gleich beim Bahnhof. Er ist

von Pedro Lenz

praktisch täglich im Zug unterwegs.

Illustration von Petra Bürgisser

von Martin Halotta

Lars meint, dass die Brünette an der Theke nicht nein sagen würde. Hängt ein gieriges Lachen in sein Gesicht, zuckt mit den Augenbrauen wie ein Anstifter, legt dann seinen Arm um die Hüfte der Blondine zu seiner Linken, die ihm vorhin als Olga, die Frisörin, vorgestellt wurde. Vor allem, weil ihre beiden Freundinnen mit Typen da sind, schiebt er hinterher, bevor Olga ihn am Hinterkopf packt und auf ihre Lippen drückt. Zwischen zwei zappelnden Paaren wippt die Brünette zart in ihrem taillenbetonten Kleid, schickt dumpfem Loungelicht ein Lächeln entgegen. Für einen Augenblick stelle ich mir vor, wie wir zu den Klängen einer Rockbalade tanzen. Ehe sich zwei Kerle mit gegeelten Haaren breitbeinig in meinem Blickfeld aufbauen, Cocktailstrohhalme in grinsende Münder stecken, der DJ, ein Asiate mit vier Ringen in der Nase, zum Trance übergeht, und einer der beiden das taillenbetonte Kleid antanzt. Als Lars für einen Moment aus Olgas Locken auftaucht, flüstere ich ihm zu: »Die Brünette und ich, das rockt nicht.« Martin Halotta (1978) gehört zu den Autoren von „Narr. Das narrativistische Literaturmagazin“. www.dasnarr.ch Die Kolumne für Newcomer und solche, die es werden wollen. Schick auch Du uns Deine 1000 Zeichen an redaktion@kolt.ch.

A

n jenem Abend musste ich nach Lenzburg. Der Zug fuhr in Olten um 17 Uhr 05. Im Abteil hinter mir sass ein ganz junger Mann, der schon im Zug gewesen war. Er sprach am Telefon mit einer Yolanda. Immer wieder sagte er laut ihren Namen. Und nein, sie verstehe ihn komplett falsch. Und nein, er meine es wirklich endgültig. Und nein, er habe ihr schon viel zu oft eine neue Chance gegeben. Und nein, nun könne er einfach nicht mehr. Und nein, sie, sie müsse jetzt einmal ihm zuhören und sie möge doch endlich verstehen, dass es für ihn auch nicht einfach sei, dass es aber nicht anders gehe. Die Worte des jungen Burschen klangen mechanisch und hart. Mir tat diese Yolanda furchtbar leid, diese blutjunge Yolanda, die ich gar nicht kannte, deren Namen ich aber ständig hörte. Bestimmt sass sie, während der Bursche in der S23, die zwischen Langenthal und Baden verkehrt, mit ihr Schluss machte, weinend in einem Jungmädchenzimmer irgendwo im Mittelland. Ich stellte mir vor, wie an der Wand hinter ihrem Bett ein Pferdeposter aus der Camarque hing. Ich stellte mir das rote, herzförmige Kissen mit der Aufschrift «I love you» vor, das auf ihrer Bettdecke lag. Ich stellte mir vor, wie er im letzten Sommer an einem Schiessstand das Kissen für sie herausgeschossen hatte, wie er es ihr mit einer

grossen Geste überreicht hatte und wie Yolanda glücklich gewesen war und ihn lachend auf den Hals geküsst hatte an jenem Sommerabend, am Jahrmarkt, zwischen Zuckerwatte und Autoscooter. Und nun sass sie in ihrem Zimmer, hinter ihr das Pferdeposter, in einer Hand das Handy, in der anderen ein zerknülltes Papiertaschentuch, das ihre Tränen längst nicht mehr trocknen konnte, während er im Zug auf der Höhe von Schönenwerd bestimmt zum zehnten Mal versicherte, es sei wirklich endgültig und obwohl es ihm selber auch leid tue, könne er nicht mehr mit ihr zusammensein. Yolanda schien noch immer nicht zu verstehen. Als der Zug in Aarau hielt, sagte er ihr, sie soll rasch warten. Dann stand er auf, begrüsste einen Bekannten der zugestiegen war, sagte «doch, doch» und «Merci» und «Ja, ja, es geht gut. Und dir?» Und dann deutete er auf sein Handy und hielt das Gerät wieder ans Ohr und fragte Yolanda, ob sie noch dran sei. Er mache jetzt Schluss, sagte er noch, er wünsche ihr alles Gute. Und schon steckte er das Handy in die Jackentasche, um mit seinem Bekannten weiterzuplaudern. Der Zug fuhr in Aarau an. Yolanda vergrub derweil ihr Gesicht im roten, herzförmigen Kissen mit der Aufschrift «I love you.» Es war 17 Uhr 19.

2. Mai – 13. Mai 2012 Casanova wusste, was Frauen wirklich hören wollen, und er beherrschte die Art des In-sich-verliebt-Machens in beispielloser Weise. Und Sie? Werden Sie Mitglied und kommen Sie gratis zur Vorstellung von Michael Sens „Das CasanovaPrinzip!“ Do, 1. März 2012, 20.15 Uhr, Stadttheater Olten 26 www.kabarett.ch

Anmeldung unter info@kabarett.ch bis 20. Februar 2012. Für Nichtmitglieder Tickets CHF 38.00/30.00 (Plätze 1. oder 2. Kategorie). Jugendliche haben CHF 10.00 Ermässigung.

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Februar 2012

KOLT


HÖREN & LESEN

Fribi's Metal News

Deeno‘s Reviews

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ELUVEITIE

KINNY

Helvetios (Nuclear Blast))

Can’t Kill a Dame with Soul ( TruThoughts )

Diese Schweizer Band braucht man kaum noch jemanden vorzustellen, höchstens den Ignoranten in den Schweizer Musikredaktionen. Im Ausland schon bekannter als Krokus, kann das 8-köpfige Bandungetüm mit sechs Alben auf eine Bilderbuch-Karriere zurückblicken. Mit dem Konzeptalbum „Helvetios“ knüpfen sie nahtlos an ihr vorhergehendes Schaffen an. Viel Folk gepaart mit harten Deathgrowls und ausgefallenen Instrumenten wie Violinen, Drehleier oder Flöten, die auf harte Gitarren und Percussions treffen. Kaum einer hätte wohl gedacht, dass diese Band ausserhalb der Schweiz so erfolgreich werden könnte. Durch ihre einzigartige Musik haben sie eine Nische geschaffen und vielen Bands diese Genres den Weg bereitet.

ALCEST les voyages de l’ame (Prophecy Records) Poetisch schön und gefühlvoll: Das sind die Worte, die am besten die Musik von Alcest umschreiben. Epischer Metal mit cleanen Vocals und leichten Black-Metal-Growls, die passend eingesetzt wurden. Das atmosphärische Gitarrenspiel unterstreicht passend den leicht melancholischen Gesang und lässt die Songs fast schon balladesk anmuten. Fans von Opeth, Ghost Brigade oder Anathema sollten die Band unbedingt antesten. Alcest aus Frankreich machen ernstzunehmende gute Metal-Musik mit Tiefgang.

KOLT

Februar 2012

Ché's Bro Tipps

Die Sängerin Kinny serviert uns ihr zweites Studioalbum und kommt auch diesmal ohne übertriebene Arrangements aus und das ist gut so. „Reduced to the Max“ heisst hier die Devise – weniger ist mehr. Einmal mehr hat sie mit dem norwegischen Produzenten-Duo Souldrop zusammengearbeitet, die ihr die Instrumentals massgenau auf die Stimme gezaubert haben. Einfache, soulige und extrem eingängige Tracks begleiten die warme kratzige Stimme von Kinny und verleihen dem Album den roten Faden, der beim Erstling noch etwas zu fehlen schien. Irgendwo zwischen Reggae, Jazz, Hip-Hop und einer gepfefferten Portion Soul macht dieses Album Laune und besticht durch seine positiven Vibes.An manchen Stellen erinnert das Ganze an Moloko oder eine fröhliche Erykah Badu. Abwechslungsreich, eingängig und gut!

AZIZ SAHMAOUI University of Gnawa Aziz Sahmaoui mixt auf seinem Debüt-Album Beats von Senegal und Marokko mit Gnawa Trance. Der in Marrakesch aufgewachsene Aziz spielte von 2005 bis 2007 an der Seite von Joe Zawinul als Mitglied der legendären Gruppe Zawinul Syndicate.

LEFTIES SOUL CONNECTION One Punch Pete Das dritte Album der Amsterdamer Raw-Funk-Formation besticht wiederum mit grobem Funk und 60’s-R&B. In neue Dimensionen wächst ihr Sound durch das Mitwirken von drei verschiedenen GastSängerinnen.

AIR Le Voyage Dans La Lune

TERRANOVA

Die beiden Sound-Ästheten Nichola Godin und Jean-Benoit Dunckel veröffentlichen ein neues Album, welches eine Hommage an den gleichnamigen Stummfilm aus dem Jahre 1902 von Georges Méliès ist.

Hotel Amour ( Kompakt )

PORTICO QUARTET Portico Quartet

Terrranova sind seit 1996 aktiv in der Danceszene unterwegs und gehören mit unzähligen Releases zu den Mitbegründern des heutigen Electro- und Housesounds. Nach längerer Pause veröffentlicht das Berliner Vorzeigelabel !K7 nun ein neues Album. Die 13 Songs bestechen durch die für Terranova typische Clubtauglichkeit, ohne dabei jemals in ein gängiges Schema abzudriften. Wer solange dabei ist, der weiss genau was es braucht, damit ein Track funktioniert. Deeper, treibender House trifft auf geschickt eingebaute Vocals von verschiedensten Gastsängern, die mit Sorgfalt ausgewählt wurden.

Auf seinem dritten Album erobert sich das Portico Quartet neue Klanglandschaften. Vormals rein akustisch, setzt die Band hier erstmals Samples und Loops ein.

THE URBAN VOODOO MACHINE In Black n Red Die wilde Gang rund um Mastermind Paul-Ronney Angel umfasst bis zu zwölf Musiker. Zelebriert wird auf Gitarren, Drums, Geige, Trompeten, Banjo, Washboard, Piano, Kontrabass, Gong, Mandolinen, Accordion, Harmonicas, Tuba, Saxophon, Ukulele, Bouzouki und leeren Flaschen. Angel nennt dies „Bourbon Soaked Gypsy Blues Bop N Stroll“.

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HÖREN & LESEN

Es Wintermärli von Schnitzelbänkler bruwo

w

ww.olte.ch So foht nid mängs Märli a. Meh cha au nid viel erwarte. Mir spiele mit ver-zingg-te Charte. Wie aber i jede Märli chasch läse, Hei mir im Ernst au so Fabelwäse. Z.B. s’Gäutier erschint fasch jede Fritig Ir lokale OT- Märli- und Gschichtlizitig. Mir hei schnell nocheglugt bim „Google“. S’Gäutier sig weder Fisch noh „Voogle“. Das sig schösch es illegals, unehlichs Wäse Vom Mieschfraueli, dasch die mit em Bäse. Regiert wird Olte vo viele, viele Zwerge, Doch die wohne nid öppe hinter de Berge. Nei, die wohne im allergröschte Hus. S’chunnt zwar niemer so richtig drus, Sig dört alles es bitzeli verschobe, Was schösch unde isch, sig dört obe. Unde sige aber d’Schalter für die Arme, Und näbedra huse au recht viel Gendarme. Das sind die blaue Posture, die geile Wo am Tag die beliebte Zettel verteile. Über em Hauptigang stoht der berühmti Satz: „Niene wird so viel gschaffet, wie für d’Katz“. S’Dornrösli het s’Tuch usbreitet über d’Stadt Und alles schloft und träumt, s’isch glatt. Die ausserirdische grüne Männli und Fraue Löih im Schöngrund gar nüt meh loh baue. D’Gwerbler chömme bald uf e Märlihund Und wete mit allem möglichst i Untergrund. Die Gäle und Schwarze i vergiftet Öpfel bisse Und die Rote lieber keini Strick zerrisse. Und au d’Sportfan blibe ganz dehei, Meh schloft sogar tief im Ishockey. D’Situation isch leider chli verfahre. S’git nur noh eis: „ Mir göih a d’Aare .“ Mit dem neue Stäg schint alles glöst, Während im Märliland meh witer döst. Jetz träg i der Schlof, meint der Oberzwerg Dank Fusion noh witer bis zum Wieseberg. Und im Märli ghörsch d’Engeli singe: Wirsch noh Oberzwerg vo Arolfinge ! Joh, Märli werde mängisch wohr. In Olte duret’s halt noh 100 Johr. Meh macht sich’s in Olte ganz bequem, Sig das mit oder ohni Parkleitsystem. Drum blibe mir bim Leitsatz vor erste Stund: Mir schlofe witer, denn schlofe isch gsund !

Mein Nachbar von Kilian Ziegler

E

s ist erschreckend, wie schlecht ich meinen Nachbarn kenne – ich weiss nicht einmal, wo er wohnt. Wer ist dieser Mann? Vielleicht ein Perverser? Ein Massenmörder? Oder noch schlimmer: ein Lehrer? Sein Name ist mir ebenfalls unbekannt. Ein Blick auf seinen Briefkasten könnte weiterhelfen, allerdings bewiese das noch gar nichts, auch Namensschilder lügen: Lange glaubte ich, mein Nachbar hiesse „keine Werbung“. Um mehr über ihn zu erfahren, könnte ich eine versteckte Kamera in der Nähe seines Stubenfensters installieren, doch das dürfte Datenschutz-Probleme nach sich ziehen. Wie hat Kurt Felix das damals bloss gemacht? Es führt kein Weg daran vorbei: Ich muss gegenüber anklopfen und dem Herrn Anwohner möglichst viele Informationen entlocken. Aber wie mache ich das, ohne dass es nach Kreuzverhör anmutet? Mit einem witzigen Spruch könnte ich das Eis brechen: „Hallo, ich bin ihr Nachbar und war zufällig in der Gegend.“ Nicht schlecht, doch wie weiter? „Ich schreibe eine Kolumne über sie“ (zu direkt?). Oder: „Ich habe Brot und Salz mitgebracht, so wie man das bei neuen Anwohnern macht“ (was, wenn er schon zwanzig Jahre hier wohnt?). Oder: „Süsses oder Saures!“ (geht jedoch nur an Halloween, und womöglich meint er, ich wolle mit ihm sweet and sour essen). Sich neuen Leuten anzunähern ist echt schwierig, aber ich muss gar nicht weiter darüber nachdenken, denn – ganz ehrlich – für solche Anklopf-Aktionen fehlt mir sowieso der Mut. Soll der Mann ein Fremder bleiben. Was bringt es mir zu wissen, dass mein Nachbar ein Veganer mit Bindungsängsten ist, der täglich mit seiner Modelleisenbahn spielt und übers Internet soziokulturelle Animation studiert? Bringt mir sehr wenig bis noch sehr weniger. Seinen Nachbarn nicht zu kennen ist eigentlich gar nicht tragisch. Schlimmer ist es, wenig über Freunde und Verwandte zu wissen. Welche ist Mutters Lieblingsfarbe? Wie lautet das Geburtsdatum des besten Freundes? Und wie der Vorname des eigenen Bruders? Klar, solche Fragen sind nicht einfach, die Antworten sollte man dennoch auf Lager haben. Wenn nicht, dann bleibt keine Zeit zu verlieren: fragen, fragen, fragen – so wie es Gameshow-Moderator Kurt Felix zu tun pflegte, oder, alternativ, im Kreuzverhör. Eine gute Zeit La vache von nebenan

Eine Warnung: Mitte Februar übernehmen wieder die Narren die Macht über die Stadt.

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PS: Barbie sagt zu ihrem Freund: „Ich Ken dich.“

Februar 2012

KOLT


HÖREN & LESEN

Schon gelesen..?

KOLT liest...

von Daniel Kissling

NAKED LUNCH. DIE URSPRÜNGLICHE FASSUNG

JPOD von Douglas Coupland Tropen, 2011 ISBN: 978-3-608-50103-7

Daniel Kissling ist lesender Bar-Mann im Coq d’Or in Olten, organisiert ebenda jeweils das Literatur-Festival „Lesbar“, ist Herausgeber des Literaturmagazins „Narr“ und widmet sich nebenher den Geisteswissenschaften Germanistik und Philosophie. www.dasnarr.ch 1-inserat-kolt_233x75-4f.rz 14.9.2011

Es gibt Bücher, die sind zeitlos und es gibt Bücher, die stehen mitten im Hier und Jetzt. Zu letzterer Kategorie gehört „JPod“ des Kanadiers Douglas Coupland. Ethan Jarlewski ist Ende Zwanzig, lebt in Vancouver und arbeitet in einer riesigen SpieldesignFirma als Programmierer. Ginge es nach ihm, würde er ein ganz normales Leben führen, am liebsten zusammen mit der neuen, bildhübschen Mitarbeiterin Kaitlin. Doch dann erschiesst seine Marihuana anbauende Mutter einen Rocker, sein erfolgloser Schauspieler-Vater beginnt ein Techtelmechtel mit einer Frau, die zwei Jahre jünger ist als sein Sohn und als Ethan am Abend nach Hause kommt trifft er auf eine Schiffsladung chinesischer Flüchtlige, welche sein Bruder bei ihm untergebracht hat. „JPod“ ist ein rasanter Roman voller Popkultur-Zitate, irrwitziger Einfälle und Wendungen, in welchem Coupland der heutigen Gesellschaft mit beissendem Humor den Spiegel vorhält, so wie er es 1991 schon mit „Generation X“ für die 80erSeite gemacht 16:15 Uhr 2 hat.

von William S. Burroughs Rowohlt Taschenbuch, 2011 ISBN: 978-3-499-25644-4 „Ein widerlicher Gifthauch ununterbrochener Perversion, literarischer Abschaum“ heisst es in dem Urteil des Supreme Courts, welcher „Naked Lunch“ 1965 in den USA verbot. Seit William S. Burroughs sein Meisterwerk 1959 veröffentlicht hat ist viel Wasser die Aare hinuntergeflossen, so einfach ist die Welt nicht mehr zu schockieren. Doch auch heute ist das Lesen dieses Buchs, das neben „Unterwegs“ von Jack Kerouac zurecht als eines der wichtigsten (und bei weitem düstereren) Dokumente der amerikanischen Beat-Generation gilt, gefährlich. Einmal aufgeschlagen wird man von der hektischen, rotzigen Schreibe Burroughs hineingezogen in die albtraumhafte Welt des schwulen Heroin-Junkies Bill Lee, voller Kriminalität, Nadeln, Exkrementen und Horrortrips. 50 Jahre nach der Erstveröffentlichung in neuer, unverfälschter Übersetzung von Michael Kellner und mit gestrichenen Passagen, zusätzlichen Texten und Dokumenten versehen ist „Naked Lunch“ noch immer ein rauschhaftes Leseerlebnis, das wie Heroin an der Psyche nagt und ebenso süchtig macht.

VERBRECHEN von Ferdinand von Schirach Unglaubliche, tragische, haarsträubende und spannende – aber allesamt wahre – Fälle, die der Berliner Rechtsanwalt in bester Sprache wiedergibt. Matthias Sigrist, Verlagsleitung LOVE MAGAZIN Auf meinem Nachttisch liegt das LOVE Magazin. Ich mag es nicht nur wegen dem Namen, sondern auch wegen den schönen und inspirierenden Bildstrecken. Vor dem Schlafen gehen blättere ich in dem Magazin, träume von meinen nächsten Shootings und kreiere so neue Ideen. Sara Merz, Fotografin DER JAKUBIJAN-BAU von Alaa al-Aswani Religion, Politik, Sex, Terror, Liebe, Korruption – all diese Bereiche kreuzen sich in diesem hinreissenden Roman aus Ägypten. Alaa alAswani erzählt uns eine Geschichte aus dem turbulenten Kairo, die extrem spannend zu lesen ist, auch wenn man keinen Bezug zur Stadt hat. Im Jakubijân-Bau herrscht eine verstrickte Angelegenheit, fortan werden neue Bewohner vorgestellt und im Geschehen involviert. Das Gebäude wird zum Mikrokosmos für Ägypten. Rebekka Gerber, Redaktion CLIENTS FROM HELL Blog: http://clientsfromhell.tumblr.com Der Name sagt schon alles... Mathias Stocker, Informatik

Lassen Sie sich von uns verwöhnen

KOLT FebruarSALMEN 2012 RESTAURANT Erleben Sie in unserem Weinkeller ein einzigartiges Tête-à-tête bei Kerzenlicht oder geniessen Sie in der Gruppe vor dem Essen ein Apéro (maximal 17 Personen) .

Restaurant Salmen Ringstrasse 39, 4600 Olten Telefon 062 212 22 1129 w w w. s a l m e n - o l t e n . c h


FREAKS BRAUCHT DAS LAND

Fesselringe inkl. Telefonnummer des Besitzers - auch Brieftauben verirren sich.

Der Taubenvater Text von Fiona Gunst Fotos von Yves Stuber

A

n den Kauf seiner ersten Taube erinnert sich Giuseppe Graziano noch heute, als wäre es gestern gewesen. In Neapel, wo er aufwuchs, seien die Menschen verrückt nach Brieftauben. Dass er sich als Bub eine solche wünschte, ist also nicht so absonderlich, wie das für einen Oltner oder eine Oltnerin vielleicht klingen mag. Ganz so einfach liess sich der Wunsch aber nicht erfüllen. Seiner Mutter klaute Giuseppe Graziano als Kind einige tausend Lire, um sich damit seine erste Taube zu erstehen. Erfreut war die Mamma darüber natürlich nicht. Sie hätte ihm die Ohren lang gezogen, aber das sei ihm egal gewesen, lacht Graziano. Überallhin nahm er seine Taube mit, er liess sie fliegen und freute sich jedes Mal über ihre Rückkehr.

Schon als Kind war Giuseppe Graziano selten ohne seine Taube unterwegs. Heute ist er ein erfolgreicher Brieftaubensportler und -züchter, für den die Rückkehr seiner Tauben nach einem Wettflug noch immer das höchste der Gefühle ist. KOLT hat den Mann mit dem aussergewöhnlichen Hobby im Taubenschlag in Winznau besucht. sagt Giuseppe Graziano und seine Augen leuchten dabei wie die eines liebenden Vaters, der stolz ist auf die Leistungen seiner Kinder. Und stolz sein darf er auf seine Tauben durchaus. Regelmässig fliegen sie erste Plätze bei den schweizerischen Brieftaubenwettbewerben ein. Dabei werden die teilnehmenden Tauben an einen Ort gebracht, der in ungefähr derselben Entfernung zu allen Schlägen liegt. Da werden sie „aufgelassen“, wie das in der Fachsprache heisst, und fliegen dann zu ihrem Schlag zurück. Wenn die Tauben in Winznau durch das Fenster fliegen, registriert ein Computer ihre Ankunft und berechnet die durchschnittliche Fluggeschwindigkeit. Die schnellste Taube gewinnt den Wettbewerb.

Eifersucht als Motivation Der Stolz des liebenden Vaters Diese Faszination, dass die Tauben immer wieder zu ihrem Schlag, zu ihrem Halter zurückkehren, die hat ihn nie losgelassen. Für einen Züchter sei es jeweils das Schönste, wenn die Tiere in den Schlag heimkommen,

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Wie die Tauben zurückfinden, ist bis heute ungeklärt. Motiviert aber werden sie nachweislich durch Witwerschaft: Die männlichen und die weiblichen Tauben werden einige Tage vor dem Wettbewerb voneinander getrennt. Wenn sie zurückkommen, finden sie ihre Partner im Schlag vor.

Das wissen sie und darum bemühen sie sich, schneller zu sein. Der Trick funktioniert für Männchen wie Weibchen gleichermassen, erklärt Giuseppe Graziano schmunzelnd. Männchen aber würden auf langen Strecken eher bummeln, während Weibchen auch grössere Distanzen zuverlässig schnell zurücklegen. Eine verirrte Brieftaube erkennt man übrigens an den Fesselringen. Auf dem einen ist die Telefonnummer des Besitzers festgehalten, damit dieser über ihren Aufenthalt informiert werden kann.

Flugfähigkeit und Schönheit Das Training der Brieftauben beginnt im Frühjahr, wenn die Tauben noch nicht ganz jährig sind. Sie werden zuerst in der näheren Umgebung des Schlags aufgelassen, dann werden die Distanzen langsam erhöht. Sobald die Tauben aus einer Entfernung von gut 15 Kilometern zurückfinden, kann man sie auch über Strecken von 200 Kilometern fliegen lassen. Gute Flugfähigkeiten gehen selten mit besonderer Schönheit einher, so Giuseppe Graziano. Das besondere Ziel und der grösste Erfolg eines

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19.08.2011 - 15.01.2012

.03. 1 1 s i b ert Verläng

Hodlerstrasse 8 – 12 CH-3000 Bern 7 www.kunstmuseumBern.CH di 10H – 21H mi-so 10H – 17H

Züchters ist es, beides in einer Taube zu vereinigen. Während er uns das erklärt, faltet der Taubenvater sanft den Flügel einer Taube aus, bei der ihm genau das gelungen ist. Eine solche Taube könne auf dem Markt den Preis eines Pferdes erreichen.

GEGEN DEN SCHLECHTEN RUF DER STADTTAUBEN Ganz anders verhält es sich mit den Oltner Stadttauben. Die sind weder wertvoll noch besonders beliebt, auch weil es von ihnen schlicht zu viele gibt. Deswegen hat die Stadt Olten ein Projekt ins Leben gerufen, das die Zahl der Tauben reduzieren und den Bestand gesünder werden lassen soll. Dafür wurden in den Dächern des Hübeli- und des Bifangschulhauses Taubenschläge eingerichtet, in denen Geburtenkontrolle betrieben und die Gesundheit der Tauben überwacht werden kann. Das entlastet zudem die Umgebung vom Taubenkot. Stadttauben werden eingefangen und, sofern sie gesund sind, an das Leben in einem Schlag gewöhnt. Die-

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ses Projekt begleitet Giuseppe Graziano, auch weil ihm missfällt, dass Stadttauben einen derart schlechten Ruf haben. Dass seine Lieblingstiere nur als Krankheitsverbreiter und Schmutzverursacher wahrgenommen werden, gefällt dem Taubenfreund gar nicht.

JEDE FREIE MINUTE FÜR DIE TAUBEN Gerade flattern einige Stadttauben um den Schlag. „Die fürchten sich vor dem Habicht“, meint Graziano, „die suchen Schutz hier.“ Er öffnet ihnen ein Türchen zu einem Nebenschlag. Weil Habichte im Winter Jagd auf kleinere Vögel machen, lässt Giuseppe Graziano seine Brieftauben erst wieder im März in die Lüfte. Jede freie Minute verbringt er mit seinen Tauben, füttert sie, reinigt den Schlag, trainiert sie für die Wettbewerbe. Auch ihre medizinische Versorgung übernimmt er selbst. Denn keiner kennt seine Kinder besser als der Vater.

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IM RAMPENLICHT

Stahlberger singt solo Am 26. Februar 2012 wechseln sich drei Künstler, darunter der St.Galler Liedermacher Stahlberger, in der Vario Bar am Mikrofon ab und gestalten so einen Sonntagabend der leisen Töne und kreativen Texte. Mundart nimmt bei der Veranstaltung „Wortklang“ einen genauso hohen Stellenwert ein wie bei Manuel Stahlbergers erstem Soloprogramm „Innerorts“. Text von Franziska Monnerat Fotos zVg

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ber i ha mi wiit ewäg tenkt. Abghenkt.”, singt Manuel Stahlberger, Gewinner des Salzburger Stiers (siehe Artikelende), im Titelstück des aktuellen Albums in unverkennbarem St.Galler Dialekt, begleitet von seiner vierköpfigen Band. „Plötzlich klingt ‚Oschtschwiizerdüütsch‘ unheimlich sexy und spannend“, kommentiert ein Anhänger auf Youtube und stellt damit alle Dialekt-Beliebtheitsranglisten, an deren Schluss stets Thurgauerisch, Appenzeller- und, St.Galler-Deutsch stehen, in Frage. Nicht nur beim Publikum, auch bei den Kritikern ernten die Lieder über Spiessbürgertum („Abghenkt“), gegen den Strom schwimmen („Wanderwätter“) und Menschen mit Handschuhen, die sich nichts mehr zu sagen haben („Schnee“), Beifall.

SOLOPROGRAMM „INNERORTS“ Manuel Stahlberger beobachtet die Gesellschaft, „grüblet“, spitzt Alltags-

geschichten zu und macht seine Innen- und Aussenansichten zum Mittelpunkt der Lieder. Getragen werden die tief-, teilweise abgründigen Texte durch Musik zwischen Synthie-Pop und Surfgitarre. Selbstkritisch gibt Manuel Stahlberger zu, dass er technisch kein ausgefeilter Musiker sei und seine Vorstellungen oft an der Umsetzung scheiterten. Wisse er bei Wörtern, wohin es ihn trage, sei die Musik für ihn ein offeneres Feld, sozusagen neues Gelände, das er nun mit dem Soloprogramm „Innerorts“ erforsche. Wörter und Musik werden dabei durch Bilder – Manuel Stahlberger zeichnete für das Kulturmagazin „Saiten“ bis 2005 monatlich den Comic „Herr Mäder“ – bereichert. Für ihn sei es eine merkwürdige, aber interessante Erfahrung, alleine auf der Bühne zu stehen. Bevor er mit der Band Stahlberger durch die Clubs und Kulturlokale des Landes zog, trat er in zwei, mittlerweile aufgelösten, Kabarett-/Klein-

kunst-Duos namens „Mölä&Stahli“ und „Stahlbergerheuss“, auf.

PREMIERE IM SEPTEMBER Während das Soloprogramm erstmals im September am „Nachtfieber“ in der Schützi und die darauffolgenden Tage im Theater-Studio in Olten zu sehen sein wird, teilt er sich an der Veranstaltung „Wortklang“ im Februar die Bühne mit dem Langenthaler Schauspieler Matthias Kunz und dem Slam-Poeten Harry Kienzler aus Tübigen (DE). Wie die drei Künstler den Abend gestalten werden, steht noch nicht fest. „Ich mag es, wenn ein Abend nicht allzu geschliffen daher kommt, spontan und offen bleibt.“ Manuel Stahlberger (geboren 1974) wurde 2009 mit dem „Salzburger Stier“ ausgezeichnet. Der Preis ehrt jährlich einen Kabarett-/KleinkunstVertreter aus Deutschland, Österreich und der Schweiz.

Sanfte schwedische Höllenlieder Songs aus der Hölle, für einmal ganz soft: Die Coverband Hellsongs aus Göteborg machen am 17. Februar Halt im Coq d’Or.

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ie sind die schwedische Antwort auf die Band „Nouvelle Vague“ aus Frankreich. Das Repertoire der Hellsongs besteht vornehmlich aus Coversongs. Während die Musiker von „Nouvelle Vague“ Punk- und NewWave-Stücke aus den 80er-Jahren neu interpretieren, widmen sich die Hellsongs aus Göteborg dem Metal – und machen aus harten Klängen sanfte, folkige Pop-Balladen, wovon einige allerdings etwas seicht ausfallen. Als „Lounge Metal“ lässt sich das Resultat klassifizieren, sagt die Band selbst, Metallica, Slayer, Guns’n’Roses,

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Iron Maiden – plötzlich tönt alles ganz anders, das Geschreie weicht einer weichen Frauenstimme und plötzlich werden auch die Songtexte klar und deutlich verständlich. „Inzwischen ist das Härteste und Mutigste im Metal, sanft zu spielen“, sagte Gitarrist Kalle Karlson kürzlich in einem Interview. Neben Karlson gehören der Pianist Johan Bringhed und neu auch die Sängerin My Engström Renman zu den Hellsongs, die am 15. Februar, zwei Tage vor ihrem Auftritt in Olten, in Deutschland ihre „Long Live Lounge“-Tour starten. Da-

bei gab die schwedische Coverband noch vor einem knappen Jahr ihre Auflösung bekannt, nachdem die damalige Leadsängerin Siri Bergnéhr einen leichten Schlaganfall erlitten hatte. Ende November 2011 folgte der Rückzieher vom Rückzieher: Renman ersetzt nun Bergnéhr, am Sound ändert sich indes wenig. Diesen Monat erscheint ausserdem ihr erstes LiveAlbum „Long Live Lounge“, der Mitschnitt eines gemeinsamen Auftritts der Hellsongs mit dem Göteborger Symphonieorchester. ph

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IM RAMPENLICHT

Ein Auge fürs Alltägliche Mit seinem etwas anderen Dia-Abend „iSeemore“ gastiert Reeto von Gunten Ende Februar im Theaterstudio Olten. Im Interview spricht der Radiomann über seine Mission, dem Publikum die Augen fürs Alltägliche zu öffnen, über Fragen der Seele und die Macht der Bilder. Text von Fiona Gunst Foto zVg

Was darf man von einem Dia-Abend mit Reeto von Gunten erwarten? Familienfotos, Reisebilder? Der DiaAbend beginnt zwar mit solchen Bildern, aber zwei Stunden lang würde ich das niemandem zumuten, das wäre langweilig. Nein, die Mehrheit der gezeigten Bilder sind solche, die das Auge für das Alltägliche schärfen sollen: Fundstücke, die mir auf Spaziergängen ins Auge fallen, Installationen, die aus einer Idee heraus entstanden, aber auch Bilder von Menschen, die an einem meiner Dia-Abende waren und mir ihre eigenen Beobachtungen zuschicken oder Trouvaillen aus dem Internet. Nennen Sie uns ein konkretes Beispiel. Eine Serie, die ich über eine sehr lange Zeit hinweg verfolgt habe, ist die der Gesichter: Wenn man aufmerksam ist, dann erkennt man Gesichter in Kuchenstücken, auf Orangen, in Strassenschildern oder in Sträuchern. Irgendwann habe ich festgestellt, dass die wenigsten Menschen einen Blick dafür haben, es aber lustig finden, wenn man ihnen die Gesichter zeigt. Ihnen die Augen zu öffnen für das, woran sie Tag für Tag vorübergehen, das ist das Ziel meiner Dia-Abende. Wenn mir dann ein Besucher Tage später schreibt, dass er auf seinem Arbeitsweg sechs Gesichter entdeckt habe und diesen Weg deswegen nicht mehr so doof findet, dann gibt mir das ein unglaublich gutes Gefühl. Welcher Art sind denn die Geschichten, die man zu den Bildern zu hören bekommt? Zu manchen Serien gibt es keine Geschichte. Die mit den Dingge-

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sichtern zeigte ich einfach, das Publikum begreift dann irgendwann, was es darauf zu sehen gibt. Eine andere, neue Serie leite ich mit ihrer Entstehungsgeschichte ein. Diese Serie besteht aus je drei Bildern, wovon zwei das Gesicht eines Menschen zeigen: Einmal, wenn dieser angezogen vor der Kamera steht, dann, nachdem er sich ausgezogen hat. Das dritte Bild zeigt den Ständer, auf dem die ausgezogenen Kleider hängen. Die Umsetzung dieser Idee hat mich unglaublich viel Überwindung gekostet. Es fällt mir nicht leicht, Menschen anzusprechen und sie zu bitten, sich für mein Projekt auszuziehen. Schliesslich fängt ein Bild immer auch einen Teil der Seele eines Menschen ein. Umgekehrt beseelt eine Geschichte aber auch ein Bild. Genau. Und weil manchmal jemand im Saal aus einem Bild eine andere Geschichte herausliest, als die, die ich gesehen habe, beseelt auch das Publikum meine Bilder. Wenn jemand mir durch einen Ausruf einen neuen Blick auf ein Bild eröffnet, dann erzähle ich von dem Abend an zum gleichen Bild vielleicht eine neue Geschichte, als an den Abenden zuvor. Sowieso ist es das Publikum, das meine Vorstellungen gestaltet. Ich beginne immer mit der gleichen Serie und fahre dann mit jeweils anderen fort, je nach Stimmung, die im Saal herrscht. Das ist der Vorteil der Bühne gegenüber dem Radio: Ich kann die Atmosphäre einfangen und darauf reagieren. Ist das der Reiz eines Dia-Abends? Auch, ja. An einem Dia-Abend bilden

Upside down, wie sich das für einen Dia-Abend gehört: Reeto von Gunten.

die Menschen einen Halbkreis. Die perfekte Gestalt einer Zusammenkunft von Menschen ist ja der Kreis: wenn man gemeinsam um einen Tisch herumsitzt und jeder mit jedem spricht. Heute jedoch sitzen die Menschen meistens alleine vor ihrem jeweiligen Gerät und sprechen mit anderen nur noch vermittels dieses Geräts. Im Halbkreis dagegen entstehen noch Gespräche, man schaut gemeinsam und deswegen anders, man spricht über das, was man sieht, und jeder sieht etwas anderes als sein Nebenmensch.

Welt zu verstehen, dass es mehr bewirken kann, als jedes sofortige Einschreiten in einer heiklen Situation, dass die andere Perspektive auf die Dinge, die einem ein Bild gibt, etwas im Betrachter verändern kann, davon bin ich überzeugt. Das ist die Verantwortung, die jeder Fotograf zu tragen hat.

ZUR PERSON „iSeemore“ ist mindestens doppeldeutig: „Ich sehe mehr“ und „ich verstehe mehr“. Sieht, versteht Reeto von Gunten mehr als andere? Und hilft Sehen, um zu verstehen? Natürlich sehe ich nicht mehr als andere. Deswegen ist das I auch kleingeschrieben, „i“ vorneweg, als Marke. Ausserdem stellte ich mich bei den Aufnahmen zum Promobild der ersten Diaabend-Tour „iSee“ in einen See, eben „i See“. Dass ein Bild allerdings helfen kann, die

Reeto von Gunten (1963) stammt aus dem Kanton Bern. Er arbeitet bei DRS 3 und ist da jeden Sonntagmorgen von 7 bis 11 Uhr zu hören. Er tritt mit seinem Programm „iSeemore“ am 24. Und 25. Februar um jeweils 20.15 Uhr im Theaterstudio Olten auf.

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DAS LIEBSTE ZUM SCHLUSS

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Collage von Rebekka Gerber

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Neue Frisur gef채llig? Vortrag 체ber Haarwurzeltransplantationen 20. M채rz 2012, 19 Uhr in der Artemedic Olten Anmeldung unter 062 286 62 70 oder info@artemedic.ch www.artemedic.ch/haare


Das Geheimnis des Lebens liegt im Suchen nach Schรถnheit. Oscar Wilde

Unser Tipp: Die schรถnsten Balkon- und Sitzplatzverglasungen kommen aus Olten.

SIO AG, Generalvertretung COVER Rรถtzmattweg 66, 4603 Olten Tel. 062 207 07 07, Fax 062 207 07 00 info@cover.ch, www.cover.ch


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