KOLT #32

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DAS OLTNER STADT- UND KULTURMAGAZIN

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NUMMER SIEBEN / ACHT 2012 // FR. 5.--

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EIN NACKTER UND EIN BETRUNKENER VERUNSICHERN EINZELNE BAHNKUNDEN.

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DER BAHNHOF OLTEN. EINE REPORTAGE JOB-INTERVIEW Ein Käser in der Tiefkühltruhe CINEMA Wenn Teddy-Bären kiffen IM EXIL Frank Ribéry in Graz LA VACHE KILI Mein Bambi-Remake GASTKOLUMNE In drei Taxis durch Berlin IM RAMPENLICHT Die Openair-Highlights des Sommers


18.07. bis 05.08.2012 schützi olten nter Aktuelle Infos u DEIN PremierenOpen Air-Kino

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Juli / August 2012

KOLT


IMPRESSUM

VERLAG / HERAUSGEBER Verlag 2S GmbH Leberngasse 17 4600 Olten verlag@v2s.ch www.v2s.ch VERLAGSLEITUNG Yves Stuber, Matthias Sigrist

Cover von Markus Fischer REDAKTIONSLEITUNG Pierre Hagmann (ph) redaktion@kolt.ch

mit freundlicher Unterstützung von:

FINANZEN Matthias Gubler INTERNETAUFTRITT Mathias Stocker LAYOUT / SATZ Christoph Haiderer REDAKTIONELLE MITARBEIT Fiona Gunst, Christoph Rast, Karola Dirlam-Klüh, Rolf Strub, Pedro Lenz, Kilian Ziegler, Christian „Ché“ Dietiker, Dino Lötscher, René „Fribi“ Freiburghaus ILLUSTRATION Anna-Lina Balke, Jamie Aspinall, Manuel „Ti“ Mathys, Pascal „Tokijad“ Hofer, Céline Fallet, Petra Bürgisser, Rebekka Gerber FOTOGRAFIE , Yves Stuber LEKTORAT Pierre Hagmann, Matthias Sigrist LESERBRIEFE leserbriefe@kolt.ch www.kolt.ch/leserbriefe AGENDA agenda@kolt.ch www.kolt.ch/agenda ABO Jahresabonnement CHF 49.—(inkl. MwSt) Gönnerabonnement CHF 99.—(inkl. MwSt) abo@kolt.ch www.kolt.ch/abo INSERATE inserate@kolt.ch www.kolt.ch/inserieren KONTAKT www.kolt.ch hallo@kolt.ch AUFLAGE 1'500 DRUCK Dietschi AG Druck und Medien Ziegelfeldstrasse 60 CH-4600 Olten © 2012, Verlag 2S GmbH. Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit Genehmigung. Die Urheberrechte der Beiträge bleiben beim Verlag. Keine Gewähr für unverlangt eingesandte Manuskripte, Fotos und Illustrationen.

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Juli / August 2012

DRUCK&MEDIEN OLTEN

EDITORIAL

Nächster Halt: Olten. Wir sind Bahnhof. Rund 17'000 Einwohner zählt die Stadt, 80'000 Menschen verkehren täglich am Bahnhof. Ein Ort, an dem die meisten Schweizer immer nur umsteigen oder durchrasseln, das dafür die ganze Zeit. Will heissen: Viele Menschen kennen den Bahnhof dieser Stadt, die nur wenige kennen. Der Bahnhof ist eigentlich zu gross für Olten und darum meinen viele Nichtoltner, dass Olten grösser ist als dies effektiv der Fall ist. Weil sie eben nur den Bahnhof kennen. Ruf, Charakter und Entwicklung unserer Stadt sind unzertrennlich mit dessen Epizentrum, dem Bahnhof, verbunden. Das ist nicht nur ein Segen – es gibt romantischere Konnotationen. Die Vorteile hingegen liegen auf der Hand: Für 90% der Deutschschweizer ist Olten in maximal 30 Minuten zu erreichen, heisst es. Dementsprechend sind auch 90% der Deutschschweizer in maximal 30 Minuten von Olten aus zu erreichen. Olten – Eisenbahnstadt since 1856 – ist der Knotenpunkt eines Schienennetzes, das weltmeisterlich befahren wird: Niemand fährt häufiger mit der Bahn als Herr und Frau Schweizer. Was ist das bloss für ein Ort, an den alle nur hinkommen, um fortzugehen? Unsere Journalistin Fiona Gunst und unser Fotograf Markus Fischer sind hingegangen, um zu

bleiben. Ein Tag am Bahnhof Olten, zwei Perspektiven. Gunst zeichnet in ihrer Titelgeschichte nicht nur ein Bild der Gegenwart, sondern zeigt auch Geschichte und Zukunft dieses Mikrokosmos auf. „24 Stunden inmitten der Mitte“, ab Seite 18. A propos Mikrokosmos: Natürlich gibt es in einer Eisenbahnstadt auch Eisenbahnverrückte. Peter Schibli zum Beispiel. Unser Freak des Monats baut und steuert ein eigenes Miniatur-Schienennetz im Keller der Modellbaugruppe Wangen bei Olten. „Abgefahren!“, ab Seite 30. Immer lesenswert, diesmal aber besonders passend ist ausserdem „In einem Zug“: die Bahnhofskolumne von Schriftsteller Pedro Lenz, der in diesem Frühling den hochdotierten Kulturpreis der AZ Medien gewonnen hat. Nachträglich herzliche Gratulation an unseren geschätzten Kolumnisten. Liebe Leserinnen, liebe Leser, mit dieser Ausgabe verabschieden wir uns in die Sommerpause. Das nächste KOLT erscheint Ende August. An dieser Stelle ein grosses Dankeschön für Ihr Interesse an unserem Magazin. Geniessen Sie den Sommer! Pierre Hagmann Olten, im Juni 2012

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Energie liegt in der Natur der Sache. Aare Energie AG Solothurnerstrasse 21 Postfach 4601 Olten Telefon 062 205 56 56 Fax 062 205 56 58 info@aen.ch www.aen.ch

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Juli / August 2012

KOLT


INHALT

JULI / AUGUST 2012

11 03 EDITORIAL / IMPRESSUM 06 PREVIEWS Highlights im Sommer 2012

09 CINEMA Kein Teddy-Bär für kleine Kinder // 6 Fragen an Konrad "Kinokoni" Schibli

11 DAS KLEINE JOB-INTERVIEW

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Andreas Henzi, Tiefkühllager-Mitarbeiter

12 VON LINKS BIS RECHTS Soll die Stadt Olten einen Energie-Fonds anlegen?

14 IM EXIL Menschen aus der Region berichten aus der Welt: Graz, Dublin, Dunedin, Runa Huasi, Shanghai, New York

18 24 Stunden inmitten der Mitte Die Exklusiv-Reportage aus dem Bahnhof Olten

26 HÖREN & LESEN 26 Pedro Lenz „Mein Freund, der Leser“ // Pascale Staub „Die Welt ist keine Blumenwiese“ 27 Ché‘s Bro Tipps // Deeno‘s Review // Fribi‘s Metal News 28 Urs Heinz Aerni „City der Fallen“ // La Vache Kili „Die Geister, die ich rief“ 29 Schon gelesen...? // KOLT liest...

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30 FREAKS BRAUCHT DAS LAND Abgefahren!

32 IM RAMPENLICHT 32 Unter freiem Himmel: Das sind die Openair-Events der Region im Sommer 2012 33 FrauenArt: "Über Frauenkunst und männliche Besucher"

33 KOLT

Juli / August 2012

34 DAS LIEBSTE ZUM SCHLUSS Die besten Dinge des Monats

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PREVIEWS

Keep Cool Productions präsentiert

KONZERTE AM TURM

CHAOSTHEATER OROPAX: „POOL-POSITION“ art i.g. präsentiert Wassershow

ILDEFONSPLATZ, ALTSTADT OLTEN www.facebook.com/Konzerteamturmolten So 1. Juli 2012 / 14.30h: The Backyards Fr 17. August 2012 / 19.00h: Cronan So 19. August 2012 / 10.30h: Little Town Jazz Band So 26. August 2012 /10.30h: Bourbonstreet Jazzband

BADI OLTEN http://oropax.de

SKULPTUREN, SPIEL & TANZ IM WALD Openair-Kunst

Mi 4. Juli 2012, 20.30h Tickets: 50.- via ticketcorner.ch

ELEFANTENPLATZ / MÜHLETÄLIWARTBURGHÖFE SÄLIWALD OLTEN www.dehors2012.ch www.facebook.com/Dehors2012 17. Juni – 16. September 2012 Sa, 25. August Tanz&Spiel / Elefantenplatz Sa, 15. September Finissage / Elefantenplatz

GELATERIA IM KAUFHAUS KRONE

Auch diesen Sommer finden auf dem Ildefonsplatz die Konzerte am Turm statt. Wiederum gibt es ein breites Spektrum an Unterhaltung und Musik: Am 1. Juli spielen die Backyards ihren Blues n’ Roll und feuern so die in der Altstadt vorbeieilenden Athleten des Gigathlons an und bieten beste Unterhaltung für die Zuschauer. Am 17. August locken die Musiker von Cronan in die Altstadt. Die aus lokalen Musikern bestehende Formation hat sich ganz der Irish Music verschrieben. Ihr letzter Auftritt auf dem Ildefonsplatz blieb in bester Erinnerung! Die Little Town Jazz Band gastiert zum Sonntags-Matinee am 19. August auf dem Ildefonsplatz. Die Band spielt einen swingenden Jazz, der durch die Musikerpersönlichkeiten geprägt wird. Am 26. August gibt’s gleich nochmals Jazz, und zwar mit der Bourbonstreet Jazzband. Die Luzerner versprühen seit 30 Jahren Spiel- und Lebensfreude. Immer neue Innovationen und viel Humor sind die Markenzeichen der Dixie-, Jazz- und Swing-Band. Alle Konzerte sind unterstützt durch das Gewerbe Olten; Eintritt frei, Kollekte.

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Kulinarisches

Mit einem Open-Air-Happening der besonderen Art überraschen OROPAX ihre Fans im Sommer. «POOL-POSITION» lautet der Titel ihrer einzigartigen Wassershow. Mitten im Nass schwimmt eine riesige aufblasbare Insel, die zur Bühne wird. Auf ihr wüten die zwei überhitzten Kreaturen von OROPAX. Die Brüder sind wie die Insel... nicht ganz dicht. Doch die Wellenlänge im Freibad ist perfekt, um die Geister zu fluten. Frisch rasiert, weiss gebräunt und spärlich bekleidet fiebert sich OROPAX durch das Wasser-Happening. Mit viel Zitronensaft an der Kleidung ist für reichlich Sauerstoff gesorgt. Je nach Laune an Bord: lustige Steinzeitmenschen, fliegende Mönche, nackter Fleischkäse, Fontänen der Lebensfreude, viele Worte ohne Sinn und das herrliche Gefühl, dabei gewesen zu sein. Warnung: Das Wetter-inär-Amt meinte zu dieser Show: Das kann ja heiter bis stürmisch werden, denn bei blauem Himmel regnet es Lachtränen.

KAUFHAUS KRONE Solothurnerstrasse 8 | 4600 Olten | tel 062 213 08 88 | www.kaufhauskrone.ch kontakt@kaufhauskrone.ch Bis Mitte September lädt die art i.g., mit freundlicher Unterstützung des Oltner Säliwalds, auf eine kleine Reise durch ebendiesen ein. Nebst den von 27 etablierten Kunstschaffenden im Kontext des Waldes eingebetteten Werken wird der Elefantenplatz zur Freiluftbühne. Zum Beispiel mit „Spiel&Tanz“ am 25. August: Nadja Stoller, Pascale Utz, Simon Spiess und Memory of an Elephant schaffen gemeinsam ein Tanzspielbzw. ein Spieltanz-Opus der besonderen Art. An der Finissage vom 15. September werden die ausgestellten Objekte dann noch live beslammt - man darf gespannt sein, was die Protagonisten der LAUT&DEUTLICH-Trilogie in freier Wildbahn alles anstellen, bevor The Fuck Hornisschen Orchestra dehors2012 mit einem netten Showabend zu Ende bringt.

Öffnungszeiten: Dienstag – Freitag 9h – 18.30h | Samstag 10h- 16h

Ab sofort verkauft das Team von Kaufhaus Krone neben ausgesuchter Damenmode auch Bio-Glacé von luna llena aus Bern. Die Glace können mitgenommen werden oder auch direkt in der Gelateria an sonniger Lage vor dem Geschäft an der Solothurnerstrasse 8 in Olten genossen werden. Die beiden Inhaberinnen Susan und Lea Dätwyler freuen sich bereits auf einen Besuch!

Juli / August 2012

KOLT


JULI / AUGUST 2012

Tipp des Monats

VERENA THÜRKAUF / MONIKA DILLIER// DISTELIS REINEKE FUCHS / COM&COM//

Echtzeit - Digitale Kultur präsentiert:

DEMODAYS 2012 Computer- und Demofestival

KUNSTMUSEUM OLTEN www.kunstmuseumolten.ch bis 12.8.2012 Öffnungszeiten: Di–Fr 14–17 Uhr ; Do 14–19 Uhr ; Sa/So 10–17 Uhr

KLEINE DINGE MIT GROSSER BEDEUTUNG Ausstellung „Miniaturen“

Terminus präsentiert: HISTORISCHES MUSEUM www.historischesmuseum-olten.ch

„ZUM WISSE RÖSSLI“: CAIPIRINHAS UND COOLER SOUND

SCHÜTZI OLTEN www.demodays.org www.echtzeitkultur.org de.wikipedia.org/wiki/Demoszene Fr 31. August 2012 ab 17.00 Uhr, nonstop bis So 2. September, 13.00 Uhr

bis 19. August 2012

Highlight: Sa 1. September mit der Präsentation der Wettbewerbsbeiträge ab ca. 18.00 Uhr

Miniaturobjekte, also kleine Abbildungen von grossen Objekten, sind das Thema der nächsten Ausstellung im Historischen Museum Olten. Kleine Dinge, die als historische Zeugnisse eine grosse Bedeutung haben, sind in der Sammlung des Museums sehr zahlreich. Architekturmodelle, Modellfahrzeuge, Miniaturmaschinen und Funktionsmodelle vermitteln Kenntnisse über technische und städtebauliche Zusammenhänge; kleine Figürchen, Puppen mit ihrem Zubehör und Puppenstuben zeigen stets auch kulturelle Gewohnheiten aus ihrer Zeit, und Miniaturbilder waren schon immer und nicht erst in unserer Zeit beliebt, um Personen, Orte und anderes darzustellen. Das Historische Museum Olten sammelt Objekte und die persönlichen Geschichten, die mit diesen verbunden sind. Die grosse Modellsammlung des Museums wird gegenwärtig von Fachleuten neu inventarisiert und dokumentiert. Die Besucher können diese Arbeit in der Ausstellung zu bestimmten Zeiten direkt mitverfolgen.

Bereits zum zweiten Mal findet das internationale Computer- und DemoFestival „Demodays“ in der Schützi statt. „Demos“ sind von Computern in Echtzeit berechnete Multimediashows – und diese werden von Programmierern, Musikern, Grafikern, Designern und Computer-Bastlern vom 31. August bis zum 2. September in verschiedenen Wettbewerbskategorien präsentiert und prämiert. Die Echtzeit-Animationen, Musikkompositionen und digitalen Grafiken für verschiedenste, auch uralte, Computerplattformen, sind eigens für diese Veranstaltung produziert. Das Besucherspektrum reicht dabei vom einfachen Hobbykünstler bis zum erfahrenen Profi aus der IT-, Spieleund Werbebranche. Der Event findet an den drei Tagen nonstop statt – für interessierte Besucher, welche nicht alle drei Tage teilnehmen möchten, wird am Samstag ab 18 Uhr ein Tagesticket zum vergünstigten Preis angeboten. Live-DJs und spontane Aktionen sorgen für zusätzliche Unterhaltung und Abwechslung zwischen den angeregten Diskussionen der Computer-Kreativen. Am Sonntag endet der Event mit der Preisverleihung am frühen Nachmittag.

CHILBI-ZELT www.terminus.ch Betrieben von: Terminus und Caveau du Sommelier Kirchgasse, vor dem Kunstmuseum Während der Oltner Chilbi, 11.-13. August 2012

Das Zelt «zum wisse Rössli» blickt auf eine erfolgreiche Chilbi 2011 zurück. Aus diesem Grund wird das gemeinsame Projekt vom Terminus Restaurant und Caveau du Sommelier auch dieses Jahr weitergeführt. Das grössere Zelt und die grösste Discokugel der Oltner Chilbi 2012, sind nur einige Highlights, die Sie bei uns finden werden. Es erwarten Sie Mädels im Dirndl, kulinarische Leckerbissen, edle Tropfen, Caipirinhas, cooler Sound, feinste Zigarren und die Anwesenheit der beiden Gastgeber. Einem gediegenen Chilbi-Abend steht also nichts im Wege! Sie finden uns erneut vor dem Kunstmuseum. Halten Sie einfach Ausschau nach fliegenden Pferdchen...

KOLT

Juli / August 2012

Die Doppelausstellung «Verena Thürkauf – PER SE» und «AUGENLIEDER – Monika Dillier» bringt die Werke zweier Künstlerinnen zusammen, die in Basel arbeiten. Äusserst reduziert reagiert Verena Thürkauf (*1955) auf die räumliche Situation im Museum. Bei Monika Dillier (*1947) taucht das Auge in einen poetisch versponnen, assoziationsreichen und sinnlichen Farbentaumel ein. Unter dem Motto «lustvoll listig» begegnen sich im 2. OG Distelis Reineke Fuchs und die Kunstfiguren Mocmoc und Mermer von Com&Com. Mit dem Gastspiel von Mocmoc und Mermer in Olten startet das Kunstmuseum eine Ausstellungsreihe, die in einen Dialog mit den Themen Distelis tritt. Während den Sommerferien bietet das Kunstmuseum ausserdem Veranstaltungen für Daheimgebliebene: für Kinder im Rahmen der Ferienpassangebote Olten und Wangen, für Erwachsene eine philosophische Soiree, Künstlerinnenführungen, Werkbetrachtungen und eine Performance mit der Basler Künstlerin Andrea Saemann.

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Wir machen den Weg frei.


CINEMA

UN CUENTO CHINO ARG 2011 // DRAMA 5.-9.7.2012, Kino Lichtspiele Der exzentrische Roberto ist ein notorischer Einzelgänger. Er führt ein Eisenwarengeschäft und ist ähnlich verbohrt wie die Schrauben, die er verkauft. Nichts und niemanden lässt er an sich heran. Doch dann wird sein Leben auf den Kopf gestellt: Jun ist Chinese und spricht kein Wort Spanisch. Er platzt in Robertos Leben und krempelt es komplett um. Regisseur Borensztein, der auch das Drehbuch verfasst hat, setzt auf eine melancholische Grundstimmung, die er mit rabenschwarzem Humor versieht.

BEST EXOTIC MARIGOLD HOTEL UK 2011 // COMEDY & DRAMA 24. Juli 2012, open youcinema Sieben Engländer in fortgeschrittenem Alter reisen aus den unterschiedlichsten Gründen nach Indien. Sie alle landen im "Best Exotic Marigold Hotel". Das Hotel, welches von einem hochmotivierten jungen Inder (Dev Patel) wieder zu altem Ruhm geführt werden soll, versprüht seinen ganz eigenen Charme. Und schon bald überträgt sich die magische Wirkung Indiens auf die Gruppe der Reisenden – bei jedem einzelnen auf seine ganz eigene Art.

6 Fragen an... KONRAD „KINOKONI“ SCHIBLI, INHABER YOUCINEMA

Kein Teddy für kleine Kinder Computeranimierte Filme, so weit das Auge reicht. In den Oltner Kinos starten in Kürze gleich vier Filme, die zumindest zum Teil computeranimiert sind – das Enfant terrible des Sommers ist ein kiffender Teddy-Bär. von Pierre Hagmann

E

rinnern Sie sich an „Toy Story“? Ein Film mit historischer Bedeutung: Zum ersten Mal überhaupt war im Kino eine Produktion zu sehen, die ausschliesslich am Computer entstanden war. Keine Schauspieler, keine Sets, nichts. Eine fantastische Welt, komplett erfunden und konstruiert. Das war vor 17 Jahren, 1995. Heute sind wir es uns gewöhnt, dass Spielzeuge zum Leben erweckt werden – und noch viel mehr, dass animierte Tiere sprechen. Im Angebot, diesen Sommer, unter anderem: Ein Säbelzahntiger, ein Mammut, ein Faultier, ein Eichhörnchen, eine nicht definierbare Kreatur namens Lorax und ein Teddy-Bär. Gleich vier computeranimierte Filme starten demnächst in den Oltner Kinos youcinema, neben „Lorax“ auch „Ice Age 4“, „Merida“ – und „Ted“. Ted ist der Teddy-Bär, der zum Leben erweckt wurde, nachdem sich sein kleiner Besitzer im Kindesalter genau das gewünscht hatte. Aussergewöhnlich ist einerseits, dass „Ted“ ein Mix zwischen Realfilm und CGI (Computer

Generated Imaginery, eben durch 3-D-Computergrafik erzeugte Bilder) ist; nur der Teddy-Bär selbst ist nicht real. Aussergewöhnlich ist indes vor allem, dass „Ted“ kein massgeschneiderter Familienfilm ist, wie die allermeisten sonstigen Animationsfilme, die oft auf Kinderbuchvorlagen basieren. Dass Tiere (oder eben TeddyBären) sprechen können, ist mittlerweile kalter Kaffee. Ted aber raucht Gras und säuft, hängt mit halbnackten Mädchen ab, fährt Autos zu Schrott und wirkt ziemlich verwahrlost. Regisseur Seth MacFarlanes (der Macher von „Family Guy“) führt die Vermenschlichung nichtmenschlicher Figuren einen Schritt weiter und sorgt damit wohl für manch einen Familienstreit: Kind will herzigen und lustigen Teddy schauen gehen, Mami will nicht, dass Kind kiffenden Teddy sieht. Die Lösung heisst dann wohl "Ice Age 4".

TED USA 2012 // COMEDY Start in Olten: 2. August 2012, youcinema

Was ist Ihr Lieblingsfilm? Einer meiner Lieblingsfilme ist Hear My Song. Er erzählt die Geschichte eines Theater-Managers. Ich konnte mich mit dem Hauptdarsteller sehr gut identifizieren. Was ist der schlechteste Film, den Sie je gesehen haben? Hunters Blood. Das war ein Horror-Thriller eines Dozenten damals an der UCLA. Welchen Film haben Sie zuletzt im Kino gesehen? The Dictator. Bei welchem Film hätten Sie gerne die Hauptrolle gespielt? Ich hätte gerne die Rolle von Steve Martin in L.A. Story gespielt. Ich liebe L.A. und Steve hat den Lifestyle so schön überzeichnet dargestellt. Mit welchem Filmstar würden Sie am liebsten einmal einen Kaffee trinken? Woody Allen. Ich würde ihn für ein Filmprojekt im Oltner Stadthaus gewinnen wollen. Alex Capus müsste das Drehbuch schreiben... Worüber würden Sie gerne einen Film drehen? Am liebsten eine tiefgründige Dramödie mit einem Wechselspiel an Emotionen.

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Juli / August 2012

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KULTURSPLITTER

MONATSTIPPS DER MAGAZINE AUS AARAU | BASEL | BERN | LUZERN | ST. GALLEN | VADUZ | WWW.KULTURPOOL.BIZ

JAZZ, ROCK, ELEKTRO, WILLISAU Das Jazzfestival Willisau verspricht dieses Jahr ein scharfes Menue aktueller Musikströmungen, von soundtüftlerisch bis orchestral, von atmosphärisch

GESANG IM DREILÄNDERECK

bis brachial. Bekannte Jazz-Namen (Gerry Hemingway

Seit 1994 geht im Raum Basel jeden Sommer das

(Bild), Bill Frisell, Jason Moran, Christian Muthspiel)

<Stimmen>-Festival über verschiedene Bühnen der

wechseln sich ab mit neu zu entdeckende Bands. Unter

WELTKLASSE AUF DEM LAND

Region. Lanciert hat es Helmut Bürgel, der Geschäfts-

ihnen das geil besetzte Quintett des New Yorker Schlag-

Es hat sich unter Liebhaber/innen der klassischen Mu-

leiter des Kulturhauses Burghof in Lörrach. Nun lädt

zeugers Ches Smith, das kürzlich gegründete Trio von

sik weit herumgesprochen: Im aargauischen Freiamt,

er zu seinem letzten Gesangsfestival ein, das er danach

Elliot Sharp, Melvin Gibbs und Lucas Niggli oder die

weitab der Zentren, findet bereits zum zwölften Mal

in jüngere Hände übergibt. Es ist diesmal dem Musen-

New York-infiltrierte Schweizer Band NoReduce um

das Weltklassik-Festival «Boswiler Sommer» statt. Wäh-

sohn Orpheus gewidmet und bringt wieder eine breite

den Saxophonisten Christoph Irniger. Nicht verpassen!

rend neun Tagen sind in 15 Konzerten – diesmal unter

Palette von Vokalkunst aus aller Welt und in allen Stil-

22.-26. August 2012, www.jazzfestivalwillisau.ch

dem Motto «Wunder» – herausragende Interpreten aus

richtungen zu Gehör: von Alter Musik über Jazz und

ganz Europa zu hören. Das Künstlerhaus Boswil, in des-

Soul bis zu Folk und Pop. Bespielt werden Innen- und

sen Jahresprogramm das Festival jeweils einen Höhe-

Aussenräume, u.a. Plätze und Pärke in Riehen (CH) und

punkt bildet, hat dieses Jahr Vilde Frang (Violine) und

Lörrach (D), das römische Theater in Augst (CH) und

Maxim Rysanov (Viola) als Festival-Artists eingeladen.

das Dominikanerkloster in Guebwiller (F).

Künstlerhaus Boswil, Alte Kirche, 30. Juni bis 8. Juli

Festival <Stimmen>: Mi 11.7. bis Mo 6.8. (Prolog Fr 6. bis

Infos unter: www.kuenstlerhausboswil.ch

So 8.7., www.stimmen.com

STURM IN DER HÜTTE Am Kulturfestival im familiären Innenhof des Historischen und Völkerkundemuseums St.Gallen drückt sich wieder einmal die Welt die Klinke in die Hand: Taraf de Haïdouks aus Rumänien den Winterthurern Baby Jail und diese den Kongolesen Staff Benda Bilili. Dazwi-

GURTENFESTIVAL

LIFE IN SCHAAN

schen klingelt, klopft und stürmt es weiter an der Tür.

Auch wenn sich Sponsorenzelt an Sponsorenzelt reiht,

Das Liechtenstein Festival, kurz Life, geht vom 6. bis

Dreien sei hier mit Extra-Trara die Pforte aufgestossen:

auch wenn der Berg viel fragwürdiges Volk anzieht,

7. Juli in die dritte Runde. Grosse Show-Acts sind an-

der reifstimmigen Soul-Newcomerin Y’akoto (Bild) aus

auch wenn mittlerweiler alles etwas gar routiniert

gekündigt, darunter Sunrise Avenue, Rea Garvey, Glo-

Hamburg (14. Juli), der zauberrauchenden Agnes Obel

wirkt: Das Gurtenfestival ist und bleibt ein Erlebnis. Es

bal Kryner oder Caroline Chevin. Die erste definitive

(10. Juli) aus Dänemark und der auf Solowegen schwe-

ist schön dort oben. Vier Tage lang gibt’s viel Musik auf

Zusage machte die finnische Band Sunrise Avenue,

benden Nouvelle Vague Sängerin Nadéah aus

die Ohren. Die Grossen: The Roots sind da (Bild), Norah

die am Samstag, 7. Juli ab 21.30 Uhr im SAL (Saal am

Paris (18. Juli).

Jones, Lenny Kravitz. Und jetzt die Interessanten: Fritz

Lindaplatz) in Schaan ihr aktuelles Album «Out of Sty-

Kulturfestival

Kalkbrenner, Birdy Nam Nam, Nneka, Boy, Noel Gallag-

le» und viele weitere Hits zum Besten geben wird. Ein

Dienstag, 3. bis Samstag, 21. Juli, ab 18.30 Uhr, Histori-

her. Es gilt die Faustregel: Nur, wer der Berg zu Fuss

kleines, aber überaus feines Musikfestival.

sches und Völkerkundemuseum St.Gallen.

erklimmt, ist seiner würdig.

6. und 7. Juli, Lindaplatz Schaan, SAL

Mehr Infos: www.kulturfestival.ch

Gurten, Bern. 12.–15. Juli.

KOLT

Juli / August 2012

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DRUCK&MEDIEN OLTEN

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April 2012

KOLT


DAS KLEINE JOB-INTERVIEW

»Die Westschweizer brauchen sehr viel Gemüse« Andreas Henzi, 44, aus Günsberg bei Solothurn arbeitet seit 13 Jahren als Mitarbeiter im Tiefkühllager der Migros-Verteilbetrieb Neuendorf AG. An seinem Arbeitsplatz herrscht selbst im Hochsommer tiefster Winter – willkommen in der Welt von minus 26 Grad. Text von Pierre Hagmann Foto von Yves Stuber

Andreas Henzi, was wollten Sie werden als Sie ein kleiner Junge waren? Mein Traum war es von klein auf, Käser zu werden. Ich wuchs vis-à-vis einer Käserei auf, war fasziniert von diesem Beruf und habe dann auch die Lehre als Käser absolviert.

Während der Rest des Landes im Sommer oft nach Abkühlung lechzt, haben Sie mehr als genug davon. Im Sommer ist es relativ happig. Nach einer Frühschicht kommt man mittags an die 30 Grad warme Luft, das sind mehr als 50 Grad Temperaturunterschied. Da muss man es ruhig angehen.

Wie kam es, dass Sie schliesslich im Tiefkühllager gelandet sind? Nach dem Umbruch in der Milchwirtschaft und einem Jobverlust entschloss ich mich, anderweitig eine Einnahmequelle zu organisieren. Da stiess ich auf das Inserat der Migros.

Sämtliche Tiefkühlprodukte der Migros kommen durch dieses Lager. Verraten Sie uns: Worauf stehen die Schweizer besonders? Schwer zu sagen. Mir ist vor allem aufgefallen, dass das Angebot immer vielfältiger und grösser wird. Und: Die Westschweizer brauchen sehr viel Gemüse, verglichen mit anderen Regionen des Landes.

Was genau machen Sie nun in Ihrem Job? Wir befinden uns im Aufbau einer vollautomatischen Kommissionier-Anlage. Da arbeite ich als Anlageführer, ich sorge dafür, dass der Betrieb reibungslos läuft und greife ein, falls eine Störung auftritt. Und das alles bei -26 Grad. Für Sie war die Kältewelle im letzten Winter wohl ein Zuckerschlecken. Naja, auch ich dachte in "Es ist nicht so, dass ich nun immun gegen Kälte dieser Zeit ein paar Mal: Ist ziemwäre": Lagermitarbeiter Andreas Henzi. lich frisch draussen. Es ist nicht so, dass ich nun komplett immun geWieso muss es im Lager eigentlich gen die Kälte wäre. Ausserdem haben derart kalt sein? Die Vorschrift beträgt wir hier drin eine ganz andere Kälte, -18 Grad für Tiefkühlprodukte. Mit eine sehr trockene und vor allem ist der extremen Kälte verhindert man es komplett windstill. jegliche Qualitätsverluste.

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11.6.2012

Sie arbeiten unter relativ extremen Bedingungen. Sind die Arbeitsbedingungen grundsätzlich fair? Ich habe nichts auszusetzen. Nach 50 Minuten Arbeit gibts normalerweise 10 Minuten Pause, um sich aufzuwärmen. Spürt man mal schon nach 30 Minunten die Finger kaum noch, kann man sich auch mal kurz vertreten lassen. Ausserdem werden wir fair entlöhnt.

14:42 Uhr

Haben Sie weitere Berufsziele? Im Moment wünsche ich gar keine Veränderung. Das Ziel ist es, so weiterzumachen. Kaufen Sie ausschliesslich bei der Migros ein? (überlegt...) Sagen wir zu etwa 96%. Mein Leitsatz lautet: Dort wo ich meinen Lohn beziehe, dort kaufe ich ein. Und der Alkohol dann bei Coop. Nein, natürlich bei Denner!

OLTEN über die Welt Was halten Sie von der Klimaerwärmung: Panikmacherei oder reale Bedrohung? Martina Kiefer, 25, Olten Die Klimaerwärmung ist eine Bedrohung für uns. Panikmacherei ist aber auch im Spiel und die bewirkt das Gegenteil. Man fühlt sich von den Unmengen an Informationen überfordert, belästigt und hört nicht mehr hin. Niklaus Hagen, 37, Olten Meteorologische Veränderungen gab es schon immer. Und doch ist es sinnvoll, dass die Menschen sensibilisiert werden. Die reichen Nationen sollen mit einer klugen Klimapolitik vorangehen und den Schwellenländern ein gutes Beispiel sein. Tobias Hofer, 26, Olten Einerseits ist das Thema Klimaerwärmung zurzeit voll im Trend und somit ist auch ein Stück Panikmacherei dabei. Andererseits ist die Erwärmung sicher kein Phantom. Ich mache mir aber keine Sorgen. Jan Pavel Stritzko, 33, Olten Ich halte es für eine reale Bedrohung, die man sehr ernst nehmen muss. Je nach Gegend kann es katastrophale Auswirkungen geben. Ich hoffe, dass die neue Mittelschicht in den Schwellenländern etwas mehr für den Umweltschutz tut. Wir haben nur diese Erde, schauen wir zu ihr.

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VON LINKS BIS RECHTS

Soll die Stadt Olten einen Energiefonds anlegen? Und wie soll dieser gespiesen werden?

PATRICK WEIBEL

RUDOLF MOOR

Die im Stadtparlament hängige Motion zur „Schaffung eines Energiefonds für die Stadt Olten“ stammt aus der Feder der Grünen. Der Stadtrat wird darin beauftragt einen solchen Fonds zu schaffen und mit genügend Mitteln zu speisen. Dies ist notwendig,

Eine grosse Mehrheit der Bevölkerung unterstützt die grundlegenden ökologischen Ziele, wie Reduktion der Emission von schädlichen Stoffen und die Reduktion des Energieverbrauchs. Jede und jeder einzelne möchte aber nicht auf den erworbenen Lebensstandard verzichten und möglichst wenig zusätzlich bezahlen.

Gemeinderat Grüne Olten

denn als Energie- und Klimabündnisstadt ist Olten verpflichtet sich, für Energieeffizienz, nachhaltige Energieerzeugung und zum Schutz des Klimas einzusetzen. In einzelnen Bereichen werden bereits heute Massnahmen umgesetzt – andere Bereiche werden hingegen noch weitgehend vernachlässigt. Olten hat beispielsweise eine zukunftsgerichtete Gebäudestrategie, welche sagt, dass stadteigene Liegenschaften auf die Ziele der 2000-WattGesellschaft ausgerichtet sind. Hingegen besteht Handlungsbedarf bei privaten Liegenschaften, bei Industrie/Gewerbe und bei der Mobilität. Der Energiefonds stellt die notwendigen Mittel für Massnahmen in all diesen Bereichen bereit. Die Massnahmen dienen der Steigerung der Energieeffizienz, der Energieerzeugung aus erneuerbaren Quellen und dem Klimaschutz. Die Mittel aus dem Energiefonds können von allen Einwohnerinnen und Einwohnern und von allen Unternehmen genutzt werden. Die Voraussetzungen für die Unterstützung von Vorhaben und die Anforderungen zum Nachweis derer Wirksamkeit müssen dabei klar festgelegt sein. Die Speisung des Energiefonds mit genügend Mitteln und über einen Zeitraum von mindestens fünf Jahren ist wichtig. Wir schlagen einen jährlichen Betrag

vor, welcher 2 Steuerprozentpunkten bezogen auf den gesamten Steuerertrag entspricht. In Franken beziffert bedeutet dies ca. 1.6 Mio. (Stand Rechnung 2010). Mit ei-

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Gemeinderat SP

Den Glauben, dass die Ökonomie alles von selbst richtig macht, teile ich nicht. Ökologische Innovationen sind oft mit erheblichen finanziellen Risiken behaftet und eingesetztes Startkapital kann nur sehr langfristig gewinnbringend eingesetzt werden. Die monetarisierte Welt käme aus ökologischer Sicht nur ins Lot, wenn für alle ökonomischen Schäden entsprechend bezahlt werden müsste. Davon kann aber heute keine Rede sein. Wir bezahlen heute weder für die heute verursachten, aber erst in Jahrzehnten wirksamen Folgen der Klimaerwärmung, noch für Risiken aus der Lagerung radioaktiver Abfälle in 10000 Jahren. Ohne staatliche steuernde Massnahmen geht es nicht. Der Staat oder eine Stadt kann steuern durch Verbote, aus Steuermitteln finanzierten Subventionen oder eben durch Fonds. Vor allem auf Gemeindeebene gibt es kaum Möglichkeiten für sinnvolle Verbote. Subventionen und andere

ökologisch sinnvolle Massnahmen, die aus Steuergeldern finanziert werden, sind aus unserer Sicht geeignet, um ökologische Ziele gerecht, sozialverträglich und effizient zu erreichen. Leider sind solche Massnahmen oft

nem Energiefonds unterstreicht die Stadt Olten ihre aktive Rolle als Energie- und Klimabündnisstadt und verstärkt ihre Aktivitäten durch den Einbezug der Bevölkerung und der Unternehmen.

nicht mehrheitsfähig. Spezielle Fonds wie Energiefonds sind mehrheitsfähiger als Subventionen, wenn sie aus Abgaben finanziert werden, aber weniger sozialverträglich. Aus diesen Gründen unterstützen wir einen Energiefonds. Dieser sollte aber möglichst nicht nur aus Abgaben, sondern auch aus Steuern finanziert werden.

weibelp@yahoo.com

ruedimoor@bluewin.ch

SIMON HALLER

Gemeinderat Grünliberale Partei Es würde der Stadt Olten in der Tat gut anstehen, einen Energiefonds zu schaffen. Ob dafür allerdings gleich jährlich ca. 1,5 Millionen Franken bereitgestellt werden sollen, wie es der Vorstoss der Grünen verlangt, stelle ich in Frage. Ein Betrag von einer

halben Million Franken, kombiniert mit einer präzisen Umschreibung der Adressaten, sollte reichen. Stellt ein Energiefonds doch nichts anderes dar, als ein Subventionspool. Ein Oltner Energiefonds macht Sinn, weil private Unternehmen und Haushalte über eine Vielzahl an Potentialen verfügen, um Energie einzusparen, welche von der Politik nur schwerlich erreichbar sind. Den Kern grünliberaler Umweltpolitik bildet der Gedanke, dass sich umweltverträgliches Handeln mittel- bis langfristig auch rechnen muss. Und genau darin liegt auch die Gefahr eines Energiefonds. Er darf nicht zum Selbstbedienungsladen zur Finanzierung von ideologischen Projekten verkommen. Ein Reglement hat deshalb klare Vorgaben über die Bestimmung des Energiefonds zu beschreiben. Neben dem Energiefonds verfügt die Stadt Olten noch über einige Potentiale im Bereich von Mobilität und Energie, welche sich auf direktem Weg umsetzen lassen. Im Bereich der Strassen-

beleuchtungen besteht beispielsweise ein grösseres Sparpotential. Es leuchtet mir jedenfalls nicht ein, weshalb jede kleine Gasse und jeder Fahrradweg unserer Stadt zu jeder Nachtzeit ausgeleuchtet werden muss. Mittels neuerer Technologien liesse sich in diesem Bereich einiges erreichen, ohne das viel zitierte „subjektive Sicherheitsempfinden“ zu tangieren. In anderen Schweizer Städten laufen derzeit Pilotprojekte zu diesem Thema. simonhaller@gmx.ch

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KOLT


Hintergrund: Ein Energiefonds wird unter anderem für die Förderung von Gebäudehüllensanierungen, thermischen Sonnenkollektor-Anlagen sowie Solarstromanlagen eingesetzt. Juristische und natürliche Personen können einen Antrag auf Fördergelder auf vorgenannte Projekte beim Energiefonds stellen. Verschiedene Schweizer Städte mit dem Label "Energiestadt", wie es die Stadt Olten auch hat, unterhalten bereits einen Energiefonds. Im Parlament der Stadt Olten ist dieses Geschäft im Moment hängig.

MARCEL STEFFEN

Präsident CVP und Gemeinderat Olten Was ist der Zweck eines Energiefonds? Die Idee ist, Gelder so zu leiten, dass ein gewünschtes Energieverhalten hergeleitet werden kann. Im Grundsatz eine perfekte Lösung, um einen sanften Druck aufzubauen, damit wir lernen, mit unseren Ressourcen besser umzugehen. Bei den schon unzählig bestehenden

Energiefonds werden oft Wärmedämmungsmassnahmen, erneuerbare Energiequellen sowie Stromeffizienzmassnahmen unterstützt. Als klare Erkenntnis der bestehenden Fonds ist die notwendige Reglementierung der Bezugsberechtigung und somit Förderung von Bürokratie zu bemerken. Je nach Ausgestaltung des Fonds muss hier mehr oder weniger Geld zur Verfügung gestellt werden. Gehe ich von einem Menschenbild aus, welches alles daran setzt, im Einklang mit dieser Welt zu leben, so ist jeder Bewohner selbst gefordert. Bauherren und Hausbesitzer nehmen selbsttätig die notwendigen Massnahmen vor. Sie bauen umweltbewusst und setzen alles daran, die Bauten nach dem neusten Stand der Technik auszurüsten. Soweit die Theorie zu diesem Menschenbild, denn diese Illusion mache ich mir nicht. Meiner Meinung nach gilt es, die bestehenden Massnahmen wie Steuerabzüge bei Renovationen, Beiträge Dritter wie Förderprogramme von Kanton und Bund oder den Klimarappen zu berücksichtigen. Bereits

heute kann jeder entsprechende Fördergelder beantragen und der Anreiz ist somit vorhanden. Als klare Schlussfolgerung daraus bin ich der Meinung, dass Olten kein separates Förderprogramm für die Stadt braucht. Vielmehr stelle ich mir die Frage, ob die Stadt nicht mehr investieren und mögliche Standorte für Solarstromanlagen nutzen sollte. Wäre es nicht möglich, auf den städtischen Bauten wie z.B. Schulhäusern flächendeckend mit Solarpanels auszustatten? Vielleicht wäre hier das Geld besser eingesetzt, als es in einen Fonds zu leiten. cvpolten@bluewin.ch

KOLT

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GERT WINTER Gemeinderat SVP

DANIEL DÄHLER

Gemeinderat FDP Olten Ja! Es braucht Anreize, damit wir die Energiewende realisieren können. Ob das Ausschütten von Fördergeldern das alleinige Heilmittel ist, wage ich aber stark zu bezweifeln.

Zu allererst braucht es Aufklärung und Informationen, damit eine Sensibilität im Umgang mit unseren Energieressourcen in der breiten Bevölkerung gefördert werden kann und danach muss gewährleistet sein, dass der eingesetzte Franken oder das verändern des Verhaltens mit dem höchstmöglichen Effekt geschieht. Es gibt heute bereits viele Fördertöpfe vom Bund und den Kantonen, die die gängigen Effizienzmassnahmen, wie Gebäudehüllensanierungen oder Wärmeerzeugungsersatz fördern – weitere Fördergelder aus einem Energiefonds der Stadt Olten wäre Wasser in die Aare getragen! Was fehlt, ist die Förderung innovativer Projekte oder Firmen, die in der Stadt Leuchtturm-Projekte realisieren und so einen nachhaltigen Beitrag leisten. Das würde zur Imagesteigerung der Stadt führen und so direkt oder indirekt auch die Standort- resp. Wirtschaftsförderung unterstützen.

Ein solcher Fonds darf nicht ausschliesslich durch die öffentliche Hand gespiesen werden, sondern dieser muss zwingend in Form einer Public Private Partnership (PPP) mit Wirtschaftspartnern aufgegleist werden.

Nein. Auf gar keinen Fall. Derartige Ideen werden regelmässig von planwirtschaftlich orientierten Leuten lanciert, welche die Marktkräfte ausschalten wollen, weil sie sich für unendlich klüger als sämtliche anderen Marktteilnehmer und somit für berechtigt halten, diese in ihren Entscheidungen faktisch zu bevormunden. Was bei solchen Umverteilungsübungen im Ergebnis gefördert wird, ist erfahrungsgemäss lediglich die Verschwendung von Steuergeldern beziehungsweise die Fehlallokation von Kapital. Da indessen auch im Falle von

Olten weiterhin zahlreiche Möglichkeiten existieren, Steuergelder sinnvoll auszugeben, sollte auf die Ausschüttung von Subventionen aller Art an Private, also auch im Energiebereich, grundsätzlich verzichtet werden. Trotzdem hat die Politik gewisse, beschränkte Möglichkeiten. Anstelle eines planwirtschaftlichen Ansatzes auf Gemeindeebene wäre es meiner Meinung nach Sache des Bundes, im Bereich der Energieversorgung – idealerweise – das freie Spiel der Marktkräfte zuzulassen, d.h. keine Form der Energieerzeugung zu bevorzugen – und zusätzlich Kostenwahrheit herzustellen. Letzteres geschieht, indem die sog. externen Kosten beim jeweiligen Energieträger eingepreist werden (z.B. mittels einer CO2-Steuer). Dummerweise han-

delt es sich bei der Schweiz jedoch, wie Sie von der schweizerischen Debatte zu einem EWR-Beitritt her sicher noch wissen, nicht um eine Insel, insbesondere nicht um die einzige Insel auf dem Globus. Die Möglichkei-

Die öffentliche Hand hat noch ein weiteres Instrument in der Hand, sie kann mit Ihrem Liegenschaftspark und mit der öffentlichen Beleuchtung eine Vorbildsfunktion einnehmen, indem sie Effizienz- und Innovationsstandards setzt.

ten der nationalen Politik bei der Verteuerung der Energiepreise sind deshalb beschränkt, falls die Abwanderung von Arbeitsplätzen und deren Verlegung an Orte mit niedrigeren Umweltstandards nebst entsprechenden Folgen für das Klima vermieden werden sollen.

daniel.daehler@iwb.ch

gert.winter@bluewin.ch

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IM EXIL

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Züridütsch im TongliSexmuseum Menschen aus der Region berichten aus der Welt diesmal unter anderem über reiche Schweizer in Österreich, das Böse am anderen Ende der Welt und chinesische Zwischenräume.

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GRAZ, AUT

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etzte Woche hatte ich die Ehre, den Haubenkoch Gustav Jantscher im Restaurant Aiola City in Graz zu portraitieren. Als Jantschers Wechsel vom Hotel Edelweiss in Schruns zum Szenelokal Aiola in Graz Anfang dieses Jahres publik wurde, zog die Presse grossangelegte Vergleiche: "Das ist etwas so, wie wenn Sturm Graz Franck Ribéry verpflichten würde!". Eine Bewertung für seinen Auftritt in der Grazer Altstadt steht noch aus, aber Jantschers klares Ziel sind drei Hauben bei Gault Millau. Als Herr Jantscher erfährt, dass ich Schweizer bin, gibt er eine kleine Anekdote zum Besten: Vom Schweizer Gast, der mit der gesamten Familie auftauchte, nach acht Gängen Löwenzahnsuppe, Ochsenschwanz, Aaltortellini und Wein einen Blick auf die Rechnung warf, den Chef de Service zu sich holte und in breitem Züridütsch forderte: "Das

isch aber nur d Rächnig für ei Person oder? Ich zahl alles!". Cyril Müller, 30, stammt aus Fulenbach und arbeitet in Österreich als freischaffender Fotograf

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DUBLIN, IRL

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um ersten Mal überhaupt kam letzthin die Olympische Fackel nach Irland. An der Grenze zwischen Nordirland und der Republik fand die Fackelübergabe zwischen zwei früheren Box-Olympiasiegern statt – ein symbolisches Friedenszeichen. In Dublin wurde die Fackel dann von diversen Menschen getragen – auch von einem der "Jedward"- Zwillinge. Sie sind die Popstars in Irland, in unseren Breitengraden bekannt als Teilnehmer beim "Eurovision Songcontest". Najet El Kamel, 32, stammt aus Olten und war kürzlich in Dublin.

DUNEDIN, NZ

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n Neuseeland lauert das Böse überall! Selbst zwischen scheinbar harmlosen Schafherden und verschlafenen Nestern. Und so bauen die Kiwis – wie ihr grosser Bruder im Westen – an jeder noch so ruhigen Ecke eine Videokamera auf und warnen jeden Gangster vor dummen Ideen. Dieses Foto samt Warnschild wurde aufgenommen an einer kleinen Kreuzung mitten in der Pampa, wo es ausser einem Café, 15 Schafen und drei Gästen nix gab. Aber eben: das Böse... Bähram Alagheband, 32, und Daniela Püntener, 30, Journalisten aus Olten, reisen derzeit um die Welt.

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RUNA HUASI, ECU

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as Licht fällt in Streifen durch das dicht verwachsene Grün, Tautropfen leuchten wie Diamanten und die Blätter sind so gross

Die clevere Art, bye-bye zu sagen. Olten H Ringstrasse 17 H 062 206 77 88 H olten@globetrotter.ch H globetrotter.ch


IM EXIL

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6 wie Regenschirme. Nach wochenlangem Reisen um die Welt landen wir mit grosserer Vorfreude in Equador. Bei einem Abstecher nach Rio Arajuno mitten im Regenwald finden wir die Bungalowanlage Runa Huasi. Die Hängematte auf unserer Terrasse lädt zum Verweilen und Nachdenken ein. Wir sind eingetreten in eine magische Welt – neue Farben, Formen, Gerüche. Baumrinden mit Strukturen, wie von Künstlerhand auf Leinwand gezaubert. Runa Huasi gehört zu einer Reihe von Projekten, die mit Schweizerischer Unterstützung aufgebaut wurden und von Schweizern geführt werden. Sie arbeiten eng mit der Indiogemeinschaft von Ahuano zusammen, um den Regenwald auf nachhaltige Weise zu nutzen und damit zu schützen. Die Projekte bringen mehreren Indiofamilien in der Umgebung Arbeit und Einkommen CAPS-Inserat_3-12_KOLT_Inserat 06.06.12 16:16 Seite 1

und sind unserer Meinung nach unbedingt weiter zu unterstützen. Luzia Schmuziger und Tobias Rudolf von Rohr, beide 30, wohnen in Olten und reisen derzeit durch Südamerika.

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SHANGHAI, CN

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ine Stunde und eine halbe raus aus Shanghai, gen Westen, nach Tongli, durch die Landschaft um Shanghai. Landschaft? Es ist eher ein Zwischenraum, der auf irgendetwas wartet. Ein Raum zwischen der diffusen Grenze von Schanghai und derjenigen der nächsten Millionenstadt. Ein Raum, der wie zufällig mit Flecken von identischen 50-Stöckern gefüllt ist, dazwischen Fische gezüchtet und Blumen gezogen werden. Darüber hängt ein Spinnennetz aus Hochspannungsleitungen. Irgendwo dazwischen, also im Zwischen-zwi-

schen-Raum, liegt eine kleine Perle, eine kleine Wasserstadt. Zugegeben, Wasser ist etwas übertrieben, aber überall zieht es durch kleine Kanäle, unter Brücken hindurch, um die kleinen Schiffchen herum. Ein wenig ein History-Disneyland, für das nur die Einwohner Dauerkarten haben, aber irgendwie nett. Man passt sich an, schaut mit Menschen, harmonischer Architektur und Pflänzchen überfüllte Pärke an, feuert ein paar Kugeln mit der druckluftbetriebenen Kanone ab, bestaunt eine "Kleines Arschloch"-Figur als angebliches Artefakt aus dem 18. Jahrhundert im Sexmuseum, fotografiert ungefragt Menschen aus einem Meter Entfernung und, ganz wichtig, isst die wohl beste Schweinekeule seines Lebens. Denis F. Berger, 34, stammt aus Olten, lebt und arbeitet in Shanghai als Anwalt.

new york, usa

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ew York, die Stadt des Jazz! Mein erster Abend in Harlem: Ich kreuze einen Betrunkenen, der den Swinglaufstil hat und halte später vor dem berühmt-berüchtigten Club Village Vanguard. Sicher zehn meiner Lieblingsplatten sind hier aufgenommen worden. Ich überquere die Strasse und gehe ins Smalls, ein sehr kleiner Club mit unglaublichem Charme. Ich sitze an der Bar und neben mir steht der Trompeter Roy Hargrove mit Sonnenbrille und Hut. Ich kann es kaum glauben. Später steige ich die Stufen des Fat Cat's hinab, auf der Bühne packe ich mein Horn aus und jamme zwei Songs mit der Band. Auf dem Heimweg singen die Menschen auf den Strassen, in der Metro spielt ein Saxophonist und es riecht förmlich nach Jazz im Zug. JAZZ JAZZ JAZZ! Yeah! Simon Spiess, 25, stammt aus Olten.

DAMIT SIE DEN ANSCHLUSS NICHT VERPASSEN …. C R É AT I V E - AT E L I E R S A L Z M A N N . W E R B E A G E N T U R . P R I N T D E S I G N , D I G I TA L P U B L I S H I N G , W E B D E S I G N .

Créative-Atelier Salzmann GmbH

Leberngasse 21, 4600 Olten

Telefon 062 285 50 80

www.creative-atelier.ch


TITEL

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KOLT


24 STUNDEN INMITTEN DER MITTE

24 Stunden inmitten der Mitte 80'000 Personen steigen täglich am Bahnhof Olten ein, aus oder um; 1'200 Personen- und Güterzüge passieren den Knotenpunkt im Schweizerischen Eisenbahnnetz. Damit alles möglichst reibungslos läuft, wird im Hintergrund durchgehend gearbeitet. KOLT bewegte sich auf der Bühne und blickte hinter die Kulissen des täglichen Schauspiels am Bahnhof Olten. Text von Fiona Gunst Fotos von Markus Fischer

4. 48 DIE ERSTEN ZÜGE VERLASSEN DEN BAHNHOF OLTEN. Den Kaffeepappbecher in der einen, die Laptoptasche in der anderen Hand haben sich die vereinzelten Reisenden auf die Wagen verteilt. Zerknautschte Gesichter, müde Augen: Noch ist die Vorfreude auf den Urlaub

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denen nicht anzusehen, die mit Rollkoffer und Rucksack in den Zug nach Zürich-Flughafen steigen. Während nun langsam Leben in den Bahnhof Olten kommt, wurde im Hintergrund durchgehend gearbeitet. Nur der Bereich Verkauf kennt so etwas wie Büroarbeitszeiten. Wobei: Schalteröffnungszeiten von 6:30 bis 19:30 Uhr wochentags und 7:00 bis 18:30 Uhr am Wochenende versprechen nicht gerade einen klassischen Büroalltag.

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TITEL

Wie eine Schweizer Uhr: Das Pünktlichkeitsziel wurde am Bahnhof Olten in der entsprechenden Woche in allen Teilbereichen erfüllt.

Trotz Möglichkeiten, ein Ticket im Internet, per App oder am Automaten zu lösen, kauft sich noch immer 25 Prozent der Kundschaft ihr Billet am Schalter.

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6. 24 EIN NACKTER UND EIN BETRUNKENER VERUNSICHERN EINZELNE BAHNKUNDEN. Andreas Rey, Leiter der Aufsicht Personenverkehr, wollte eigentlich die in den Süden Reisenden über Alternativen zur gesperrten Gotthardstrecke informieren. Statt auf dem Gleis 12 für Fragen zur Verfügung zu stehen, eilt er nun aber Richtung Aare, das Funkgerät am Ohr. Die Kollegin von der Intervention bittet um Unterstützung: Eine Kundin habe einen Nackten in der Nähe des Bahnhofs auf Stadtgebiet gesehen, ausserdem pöble ein Betrunkener Leute in der Unterführung an. Der Nackte ist nirgends zu sehen, kann aber bald von der Intervention an der Aare aufgegriffen werden, die ihn an Polizei und Ambulanz übergibt. Er hatte sich, wie wir später erfahren, seiner Kleider entledigt, weil die bei einem Sturz in

die Aare nass geworden waren. Den Betrunkenen treffen wir an einem Verkaufsstand. Andreas Rey beobachtet erst aus der Ferne, sucht dann das Gespräch und kann feststellen, dass der junge Mann inzwischen in Begleitung zweier (nüchterner) Freunde ist, die versprechen, sich um ihn zu kümmern. Damit sollte er keine zu grosse Belästigung für die Bahnkunden mehr darstellen; Andreas Rey kann zum Tagesgeschäft übergehen. Das Kerngeschäft des Aufsichtspersonals ist die mündliche Kundeninformation zur Rush Hour und bei besonderen Vorkommnissen direkt auf den Perrons. Ein gewöhnlicher Arbeitstag beginnt deswegen um sechs Uhr. Man informiert sich über aktuelle Verkehrsstörungen, allenfalls entsprechende Umleitungen, über angemeldete Gruppen und weitere Besonderheiten des Tages. Mit übergestreifter gelber Leuchtweste geht es dann zu einer gut dreieinhalbstündigen Tour in den Bahnhof. Viereinhalb

Kilometer marschieren wir allein an diesem Morgen. Perron 8/9, Gleis 12, Perron 2/3, Perron 10/11. Unterstützt wird die Aufsichtsperson vor Ort von der Intervention und zusätzlich von einem Mitarbeiter aus einem nahegelegenen Kommandoraum. Dieser Mitarbeiter überwacht am Computer den Bahnbetrieb in der Schweiz und gibt Ereignisse, über welche der Kunde informiert werden muss, an den Mitarbeiter im Bahnhof, die Aufsicht Personenverkehr weiter. Neben der Kundeninformation hat die Aufsicht auch die Aufgabe, die Zugbegleiter bei der Abfertigung der Züge zu unterstützen: Sie weist Fahrgäste daraufhin, bei der Zugseinfahrt hinter die Sicherheitslinie zu treten, sämtliche Türen zum Einsteigen zu benutzen oder die Türen freizugeben; sie begleitet Reisende aus verspäteten Zügen zu ihren Anschlusszügen, um eine möglichst pünktliche Abfahrt der Letzteren zu gewähren (sobald alle Fahrgäste den Anschluss

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24 STUNDEN INMITTEN DER MITTE

erreicht haben, informiert sie den Zugchef, sein Zug sei abfahrbereit); sie weist den angemeldeten Gruppen möglichst vor Einfahrt des Zuges den Ort an, an dem sie in den Zug einsteigen sollen oder begleitet umsteigende Gruppen von einem Gleis direkt zum nächsten.

9. 17 BIER UND ZELTE IN HÄNDEN, BESTEIGT EINE GRUPPE METALFANS DEN REGIONALZUG NACH BASEL. WEITERE FESTIVALGÄNGER FOLGEN. MAN BEGRÜSST SICH, PROSTET SICH ZU, STIMMT EINEN SONG AN. Andreas Rey fragt kurz nach, wohin die Metaller unterwegs seien. „Nach Pratteln, an ein Openair“, und sie würden keine Probleme machen, meinen die Jungs. Das habe er auch nicht erwartet, entgegnet der Mitarbeiter Aufsicht. Die Rush Hour ist vorbei, einzelne Ausflügler werden noch über Alternativen zur Gotthardstrecke informiert und reisen auf Anraten über Bern statt Luzern nach Andermatt. Nun zieht sich das Aufsichtspersonal zurück bis zur zweiten Rush

Hour am Abend. Man plant im Büro die Handhabung von Events und bevorstehenden Streckenunterbrüchen infolge Bauarbeiten: Wo braucht es wann wieviel Personal, welche Informationen muss dieses den Reisenden vermitteln könne, müssen Ersatzbusse eingesetzt werden? Auf den Perrons kehrt Ruhe ein.

11. 51 EIN SBB-ANGESTELLTER IN ORANGER ARBEITSKLEIDUNG TRÄGT EINEN STYROPORKASTEN MIT SETZLINGEN DURCH DIE UNTERFÜHRUNG. WOHIN? WOZU?

14. 43 EINE BUNT GEWÜRFELTE KINDERSCHAR STÜRMT LÄRMEND DIE TREPPE ZUM GLEIS 7 HOCH. Es ist die Zeit der Schulreisen, der Geschäftsausflüge, der Radiowanderungen. Gruppenreisen bedeuten Mehrarbeit fürs Aufsichtspersonal und sie sind einer der Hauptpfeiler des

Kerngeschäft mündliche Kundeninformation zur Rush Hour: Das SBB-Aufsichtspersonal.

Verkaufsgeschäfts. Allerdings beschränkt man sich an den SBB-Schaltern längst nicht mehr auf den Billettverkauf: Der Kunde kann hier Eventtickets erstehen, Gepäck aufgegeben, Western Union Geldtransfers tätigen, Geld wechseln, Prepaid-Karten beziehen, seit Januar ist es sogar möglich Lotto zu spielen. Für Bahnangebote interessiert sich noch rund die Hälfte der Kundschaft. Man kauft Abos, lässt sich bezüglich des Freizeitangebots der SBB beraten, bucht einen Familienausflug, löst ein Kollektivbillett und reserviert die benötigten Plätze oder kauft – tatsächlich – ein einfaches Billett. Trotz Möglichkeiten, ein Ticket im Internet, per App oder am Automaten zu lösen, kauft sich noch immer 25 Prozent der Kundschaft ihr Billett am Schalter.

16. 21 EIN ÄLTERES PAAR BUCHT EINE SCHIFF- UND BAHNFAHRT VON SOLOTHURN NACH TWANN UND ZURÜCK, EIN HERR GIBT FÜNF BLAUE ROLLKOFFER AUF, EIN ANDERER BUCHT EINE GRUPPENREISE, VIELLEICHT EINE KLASSENZUSAMMENKUNFT.

Die Geschichte vom Bahnhof Olten 4. Februar 1853 Gründung der Schweizerischen Centralbahn (SCB), einer Eisenbahngesellschaft, die das Ziel hatte, ein schweizerisches Eisenbahnkreuz mit dem Mittelpunkt Olten zu errichten. 9. Juni 1856 Eröffnung des Bahnhofs Olten zusammen mit der Bahnlinie AarauLuzern durch die SCB. Eröffnung auch der Hauptwerkstätte der SCB in Olten. Aus dieser Anfangszeit stammt auch der berühmte Inschriftstein, der sich heute beim Gleis 12 befindet. Das Monument enthält nur gerade die Ziffer Null. Vom Ausgangspunkt in Olten bezeichneten die Bahnverwaltungen die Wegstunden als Masseinheit für die Strecken. Seit der Meter offizielles Längenmass ist (1877), beginnen die Kilometerangaben bei Basel. 28. März 1857 Beim Bau des Hauenstein-Scheiteltunnels kommt es zu einem Unglück mit 63 Toten. 1. Mai 1858 Eröffnung der ersten Gebirgsstrecke der Schweiz, der Hauensteinlinie. Es bestehen ausserdem die Strecken Olten-Langenthal-Bern, Olten-Langenthal-Solothurn-Biel. 1876 Eröffnung der Gäubahnlinie Olten-Oensingen-Solothurn. 1900 Casimir von Arx (1852-1931), Stadtammann von Olten und Ständerat, wird erster Verwaltungsratspräsident der SBB und leitet ihre Geschäftspolitik bis 1923. Die Bahnhofhalle Olten wird gebaut. 1. Januar 1901 Der Bund übernimmt die SCB und deren Netz von insgesamt 333 Kilometer. 1. Januar 1902 Offizielles „Geburtsdatum“ der SBB. Integration der privaten

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WET

TBEW

ERB

LESEN UND REISEN

DAS PASST! Der Sommer kommt bestimmt. Du entscheidest, wohin die Reise gehen soll. Wir empfehlen die Lektüre: KOLT, das Stadt- und Kulturmagazin für die Region Olten! Natürlich auch zu Hause geniessbar.

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24 STUNDEN INMITTEN DER MITTE

Gesellschaften in den Bundeskonzern. 1910 Die Bevölkerung Oltens hat sich seit 1850 dank des wirtschaftlichen Aufschwungs durch die Eisenbahn versechsfacht. 8. Januar 1916 Eröffnung des Hauenstein-Basistunnels (direktere Streckenführung nach Basel). 1930 Mit Ausnahme der Strecke nach Läufelfingen sind sämtliche von Olten wegführenden Strecken elektrifiziert. Der Lokwechsel findet nicht mehr in Olten statt. 3. Juni 1956 Das Zweiklassensystem wird eingeführt.

Gibt es irgendwo Bauarbeiten, wird das im hausinternen Chat aufgelistet. Es könnte ja zu Verspätungen führen.

Peaktime im Reisezentrum. Gerade Freizeitangebote werden häufig am Vortag zwischen 16:00 und 19:30 Uhr gebucht, wenn man weiss, wie das Wetter wird, sämtliche Anmeldungen beisammen hat oder spontan Lust auf eine Schifffahrt bekommt. Dem Seniorenpaar empfiehlt der Verkäufer 1. Klasse zu reisen. Gemäss der aktuellen Incentive, die als Wettbewerb unter den Reisezentren der Region Aargau/Solothurn angelegt ist, sollen die Verkäufer versuchen, den Verkauf von 1.Klass-Billetts zu fördern. Die Incentives sind dieses Jahr als „Wetten, dass...“ organisiert, wobei der Leiter Verkauf des Marktgebiets Aargau/Solothurn, Reto Bollhalder, gegen sein Personal wettet und dieses wiederum versucht, die Wette zu gewinnen. Die besten Verkaufsstrategien werden an der Rückseite der dem Kunden zugewandten Broschürenwand aufnotiert: Learn from the Best. Am selben Ort finden sich auch aktuelle Informationen und Weisungen. Die neueste Information besagt, dass der Veloselbstverlad für Gruppen nicht erlaubt ist. Alles, was abgeklärt wurde, wird hier für die anderen Mitarbeitenden zugänglich gemacht. Die Ausflügler an Schalter vier wollen 2. Klasse reisen. Man plaudert kurz noch über das Wetter, während

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nebenan die Gruppenreise mit allen Teilstrecken gebucht werden kann. 24 Erwachsene, 2 GA, der Rest Halbtax. „Hunde, Kinder?“ fragt der Verkäufer scherzhaft. „Keine.“ Man versteht sich. Indessen hat der Herr mit den Rollkoffern entschieden, dass die Koffer nach dem Rückflug direkt nach Oensingen verbracht werden sollen. Die Koffer werden in den angrenzenden Raum gebracht, der zu dieser Jahreszeit ziemlich leer ist. Man wünscht dem Kunden schöne Ferien.

18. 05 DIE ABFAHRT DES ZUGS NACH BASEL VERZÖGERT SICH, DAS SIGNAL ZUR AUSFAHRT ZEIGT ORANGE AN. EIN PAAR VERSPÄTETE FAHRGÄSTE HABEN GLÜCK. In Olten fahren die Züge nämlich unglaublich pünktlich, wie eine Übersicht im Operativen Betriebszentrum Olten mit ausnahmslos grünen Prozentzahlen über 90% beweist: Das Pünktlichkeitsziel wurde in der vergangenen Woche in sämtlichen Teilbereichen erfüllt. Das ist auch und vor allem das Verdienst der Zugverkehrsleitenden, die von hier aus die Weichen und Signale fast des gesamten Mittellandes stellen.

Im Kommandoraum sieht es ein wenig aus, als würde hier eine Gruppe Erwachsener eine neue Form von Pac-Man spielen. Jeder Arbeitsplatz zeigt auf sechs Bildschirmen die zu überwachenden Bahnhöfe, auf einem weiteren Computer ist der Chat geöffnet, auf den auch das Aufsichtspersonal zugreift. Im Chat werden Ereignisse aufgelistet, die zu Verspätungen führen könnten: Personen in Gleisnähe, Türstörungen, Bauarbeiten. Auf den Pac-Man-Oberflächen sind grün die offenen Fahrstrassen ersichtlich. Jede grüne Strecke ist mit einer Nummer versehen, die anzeigt, für welche Zugnummer die Signale und Weichen gestellt worden sind. Der Zug erscheint dann rot auf dem Bildschirm und „frisst“ seine offene, grüne Fahrstrasse. Hinter ihm wird die Strasse wieder weiss; sie kann nun für weitere Züge verwendet werden. Natürlich sind viele fahrplanmässige Abläufe inzwischen programmiert, berichtet Herr Birrer, der uns durch das unscheinbare grün-braune Gebäude führt, das über die Tannwaldstrasse ragt. Wenn allerdings ein Güterzug anrollt, dann müssen Weichen und Signale für ihn gestellt werden. Das verlangt eine genaue Überwachung des Personenverkehrs: Zwischen einen Zug, der eine Minute zu früh und einen, der zwei zu spät unterwegs ist, kann man den Güterzug

1971 Im Bahnhofbuffet Olten konstituiert sich die Gruppe Olten, ein Verbund aus Schriftstellenden, die aus dem Schweizerischen Schriftstellerverband ausgetreten sind. Auch im Bahnhofbuffet gegründet wurden der SAC (1863), die SP (1880), die FDP (1894), der Schweizerische Fussballverband (1895). 1. Oktober 1978 Einweihung des modernisierten Bahnhof Olten (neu gibt es das heutige Gleis 12). 23. Mai 1982 Einführung des Taktfahrplans auf dem gesamten Netz. Olten erhält als Knotenpunkt eine halbe und eine volle „Spinne“ (Züge kreuzen in Olten um xx:30 und xx:00). 12. Dezember 2004 Eröffnung der Neubaustrecke über Mattstetten-Rothrist nach Bern. 17. Juni 2006 Eisenbahnfest „150 Jahre Eisenbahn in Olten“. Ein Zug mit Dampflokomotive fährt die Eröffnungsstrecke Aarau-Olten-Luzern. 25./26. Juni 2010 Fest zum Abschluss der Arbeiten im Bereich der Gleise 4/7 (Kubus über der Martin-Disteli-Unterführung sowie Erhöhung der Perrons).

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TITEL

In Zukunft Soviel ist klar: Olten bleibt eine Eisenbahnstadt. Die SBB baut hier eine der schweizweit vier Betriebszentralen, und mit dem Neubau der Fachhochschule wird der Bahnhof morgens von noch mehr Menschen genutzt werden. Details zu den Änderungen am Bahnhof Olten haben wir hier zusammengestellt. 350 neue Arbeitsplätze für Olten Im Zuge einer Konzentration der Steuerung des Verkehrs auf dem Schweizerischen Schienennetz wird momentan in Olten die Betriebszentrale Mitte gebaut. Bisher wurde der Verkehr von über 100 regionalen Standorten in der gesamten Schweiz aus gelenkt (einer dieser Standorte ist das Operative Betriebszentrum Olten); nun sollen die Standorte in vier Betriebszentralen zusammengeführt werden. Zwei dieser Betriebszentralen haben bereits den Betrieb aufgenommen; die Betriebszentrale Mitte wird wohl Ende 2014 bezugsbereit sein. Die Standortwahl ist ein klares Bekenntnis der SBB zur Wichtigkeit Oltens im Schweizerischen Schienenverkehr. Von Olten aus wird demnach künftig der Verkehr auf der Achse Nord-Süd von Basel bis Luzern und Bern, auf der Achse Ost-West von Brugg bis Grenchen gesteuert. 350 Arbeitskräfte werden für den Betrieb der Zentrale benötigt werden. Man hofft, auf bestehendes Know-How aus den aktuell betriebenen Zentren in Bern, Basel, Luzern und Olten setzen zu können. Da die meisten Stellen Schichtarbeit erfordern, wird Olten mit Eröffnung der Betriebszentrale Mitte zum neuen Wohnort für die meisten Angestellten werden. Noch mehr Menschen in der Martin-Disteli-Unterführung Schon heute ist in der Martin-Disteli-Unterführung zur Rush Hour kaum mehr ein Durchkommen. Und während die SBB eine Zuwachs an Bahnkunden prognostiziert, weiss die Stadt Olten, dass mit der Eröffnung des Neubaus der Fachhochschule Nordwestschweiz ab 2013 alleine 3'000

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Ein Knochenjob: In unglaublichem Tempo wuseln die Herren der Zugsreinigung durch die Kompositionen.

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24 STUNDEN INMITTEN DER MITTE

manchmal schon einfädeln. Ein paar Klicks auf der „Iltis“ genannten Oberfläche, und die Fahrstrasse ist wieder frei. Für den Fall, dass das System abstürzen sollte, gibt es in jedem mit Iltis geführten Bahnhof noch ein sogenanntes Dominostellwerk aus der Zeit vor der Computerisierung. Hier werden die Befehle durch Drücken von Knöpfen abgegeben. Ob per Iltis oder Domino: Der Befehl wird vom System, dem Stellwerk, in den Relaisraum des jeweiligen Bahnhofs geleitet, wo dann ein vielstimmiges Rattern und Klicken einsetzt. Die Relais leiten das Signal an die Aussenanlage weiter. Jeder Zugverkehrsleiter gibt von seinem Arbeitsplatz in Olten aus Impulse an rund sieben solche Relaisräume (wobei der Relaisraum in Däniken natürlich kleiner ausfällt, als der in Olten, der von zwei Personen Befehle erhält...). Wenn man im Oltner Relaisraum steht, dann wird einem klar, warum bei der Meldung „Stellwerkstörung“ häufig mit grösseren Verzögerungen im Reiseverkehr zu rechnen ist: Aberhunderte von Relais sind für den Bahnhof Olten vonnöten, um sämtliche Befehle zu übertragen. Wenn nun eines von diesen aussteigt, dann gleicht die Suche nach dem richtigen der nach der sprichwörtlichen Nadel im Heuhaufen. Man stelle sich tausend winzige Sicherungen vor, von denen eine einzige durchgebrannt ist, und diese einzige hat man nun zu finden. Kommt es in dem vom Zugverkehrsleiter überwachten und gelenkten Abschnitt zu solchen oder anderen Ungereimtheiten, dann meldet der Zugverkehrsleiter das dem Informations-Assistenten, der die Lautsprecherdurchsagen und Anschriften an den Anzeigetafeln in den betroffenen Bahnhöfen entsprechend umprogrammiert. Im Kommandoraum des Betriebszentrums Olten sind Zugverkehrsleitende und Informations-Spezialisten in unmittelbarer Nähe platziert, so dass Letztere zumeist direkt mitbekommen, wenn etwas nicht so läuft, wie es sollte. Der Zug nach Basel ist bei orange angerollt. Orange bedeutet: Die Fahrstrasse ist nur auf dem ersten Abschnitt frei. Er zieht aber an, und während seine letzten Wagen noch neben dem Perron rollen, springt das Signal auf grün, Fahrstrasse frei.

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20. 37

21. 24

Basel und der erste Zug von Luzern, meint Walter Glanzmann, Teamleiter Zugvorbereitung. Auch bei den Doppelstockzügen, die den ganzen Tag über quer durchs Land fahren, ist die Reinigung sehr aufwändig. Am mühsamsten sei die Zeit um Samichlaus und Fasnacht: Konfetti und die Schalen von Spanischen Nüssli überall. Zugreinigung ist ein Knochenjob: Nicht nur muss man sich beim Putzen beeilen, man nimmt dabei auch eine ständig gebückte Haltung ein und arbeitet oft nachts. So ist es wenig verwunderlich, dass es sich schwierig gestaltet, Leute zu finden: Zu Walter Glanzmanns Mannschaft gehören oft auch Temporäre.

DER ERSTE ZUG, DER ÜBER NACHT IN OLTEN GEREINIGT WIRD, FÄHRT EIN.

23. 04

EINE GLASSCHEIBE DES KUBUS MUSS AUSGETAUSCHT WERDEN. SECHS MÄNNER DRÄNGEN SICH AUF DEM SCHMALEN GERÜST, DER TREPPENAUFGANG ZU DEN GLEISEN 4 UND 7 DARUNTER IST ABGESPERRT. ZWEI SECURITY KÜMMERN SICH DARUM, DASS NIEMAND DIE ABSPERRUNG MISSACHTET.

Der Zugchef kontrolliert zunächst, ob alle Fahrgäste ausgestiegen sind. Derweil überprüft der Lokführer, ob seine Lok im Laufe des Tages Schaden genommen hat. Haben beide ihre Kontrollgänge abgeschlossen, steigen die vier Putzkräfte sowie ein Rangierer zu. Der Zug wird Richtung Abstellgeleise gefahren. Unterwegs müssen Weichen von Hand gestellt werden. Das übernimmt der mitfahrende Rangierer. Halten darf der Lokführer erst genau am vorgesehenen Ort, weil sonst nicht alle zu reinigenden Züge auf den Abstellgeleisen Platz finden. Eine Zentimeterangelegenheit.

AUF GLEIS 8 SOLLTE DER ZUG NACH BERN FAHREN. DIE ANZEIGETAFEL ZEIGT "BITTE NICHT EINSTEIGEN". IM BAHNHOF STEHT ABER EIN ZUG MIT OFFENEN TÜREN UND BRENNENDEM LICHT. DIE WARTENDEN REISENDEN SCHAUEN SICH IRRITIERT AN UND UM. SOLLEN WIR EINSTEIGEN? ENDLICH WIRD DER ZUG WEGGESTELLT.

Nun geht es los: In einem unglaublichen Tempo wuseln die vier Herren der Zugsreinigung durch die Wagen. Systematisch von vorne nach hinten wird der Zug gereinigt: Abfallkübel ausräumen, Zeitungen einsammeln, Tischchen putzen. Der Schichtleiter wischt den Boden und sorgt mit Raumspray für einen angenehmen Geruch, ein Mitarbeiter ist für die WCs zuständig, das gibt Zulage. Vier, fünf Tage lang wird eine Komposition in dieser Art gereinigt, danach wird sie zur gründlichen Reinigung auch der Aussenseite in den Unterhalt gebracht. 24 Züge reinigt das Team heute bis in die frühen Morgenstunden, rund 100 Wagen.

EINER DER LETZTEN ZÜGE TRIFFT IN OLTEN EIN.

Für die erste Komposition am heutigen Abend sind 50 Minuten eingeplant, das sind kaum fünf Minuten pro Wagen. Für diesen Zug reicht das, er ist ziemlich ordentlich geblieben. Schlimm sähen die Züge am Wochenende aus, der „Lumpensammler“ von

1. 24 Die S-Bahn ist der letzte eintreffende Zug, der zur Reinigung in Olten bleibt. Ihm entsteigen ein paar angeheiterte Nachtschwärmer. Zerknautschte Gesichter, müde Augen. Noch immer arbeiten Menschen in und um den Bahnhof: Die Bahnreinigung bis sechs Uhr früh, vereinzelt Zugverkehrsleitende, die den nächtlichen Güterverkehr organisieren, ein Mitarbeiter von der Aufsicht, der den Chat überwacht. Obwohl es aussieht, als würde der Bahnhof schlafen: Er tut es nicht.

4. 20 DIE S-BAHN, ANKUNFT 1:24 VON LUZERN, IST SAUBER UND BEREIT ZUR ABFAHRT 4:48 NACH DELEMONT.

"Noch mehr Menschen wird der Bahnhof also auf die Tannwaldstrasse hinausspucken." Studierende die Unterführung nutzen werden. Noch mehr Menschen wird der Bahnhof also auf die Tannwaldstrasse hinaus ausspucken. Rund um diesen östlichen Zugang zum Bahnhof hat die Stadt deswegen Massnahmen geplant oder bereits ergriffen. Kürzlich wurde die Verkehrsführung angepasst: Einbahnstrassen, eine Verbreiterung des Trottoirs im nach Norden vom Bahnhof wegführenden Abschnitt der Tannwaldstrasse, eine Wendemarkierung vor dem Bahnhof auf der Martin-Disteli-Strasse. Im Zuge der Arbeiten auf der Tannwaldstrasse wurden die Veloparkplätze da abgeschafft. Das Velochaos soll sein Ende in einer unterirdischen Halle auf dem Niveau der Unterführungen finden, in der rund 700 Velos abgestellt werden können, 230 mehr als auf den bisherigen Abstellplätzen. Direkt beim Zugang zum Bahnhof, da wo jetzt noch die Fahrräder stehen, soll es sogenannte Kiss-and-Ride-Parkplätze geben, Kurzzeitparkplätze, die zur Verabschiedung oder zum Empfang der Liebsten und für andere Arten der kurzzeitigen Bahnhofnutzung genutzt werden können. Der Kopf der Martin-Disteli-Unterführung soll grosszügiger werden: Treppe und Lift sollen in eine unterirdische Halle von rund 180 Quadratmetern Fläche münden, die etwa doppelt so viele Personen zu fassen vermag, wie die bisherige Anlage. Für die Quartierbewohner östlich des Bahnhofs und die KantonsschülerInnen ist ein zusätzlicher Treppenaufgang von der Hardeggunterführung auf die Tannwaldstrasse projektiert. Ob mit den Massnahmen das Platzproblem in den Unterführungen zur Rush Hour gelöst oder nur gelindert wird, sei dahingestellt.

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HÖREN & LESEN IN EINEM ZUG

Die Welt ist keine Blumenwiese von Pascale Staub

Ich schreibe für jene, die für eine gerechte Welt kämpfen, die den Kampf verloren haben oder daran gehindert werden, sich zu entfalten. Manchmal, wenn die menschliche Kälte um mich herum Eisblumen in mein Herz zeichnet, bekomme ich Angst. Angst, dass ich meine Kraft verliere, um zu kämpfen. Dann wünsche ich mir, meinen Frust wie eine Pusteblume einfach wegzublasen. Doch die Welt ist keine Blumenwiese. Ich habe mein Herz dem Widerstand geschenkt. Ich kämpfe für die Liebe, die Toleranz und die Gerechtigkeit. Wir sollten anfangen, aufeinander aufzupassen, statt einander möglichst viele Steine in den Weg zu legen. An der „Tanz-dich-frei“-Demo in Bern ging ich mit 20'000 Menschen auf die Strasse. Öffentlich diskutiert wird nur über „Abfallberge“. Dabei haben wir für unsere Rechte demonstriert. Ich will frei denken und mich frei entfalten können, ohne dafür schräg angeschaut zu werden. Öffnet euer Herz, öffnet eure Augen und euch eröffnet sich eine Welt, in der ein Mensch noch Mensch sein kann. Pascale Staub, freier Mensch, Trimbach Die KOLT-Leserkolumne. Schick auch Du uns Deine 1000 Zeichen an redaktion@kolt.ch.

Mein Freund, der Leser

Pedro Lenz, 46, ist Schriftsteller und

von Pedro Lenz

lebt in Olten gleich beim Bahnhof. Er ist

Illustration von Petra Bürgisser

praktisch täglich im Zug unterwegs.

S.

ist ein alter Freund. Vor vierzig Jahren sassen wir in der Schule nebeneinander und lernten gemeinsam lesen und schreiben. Nach wenigen Schuljahren trennten sich unsere Wege. Später machte S. eine Lehre bei der Post. Lange war er in Genf, ich sah ihn kaum noch. S. hat kein leichtes Leben, die Gesundheit macht ihm zu schaffen, aber er beklagt sich nicht. Inzwischen arbeitet er in Härkingen im Briefzentrum. Hin und wieder laufen wir uns im Bahnhof Olten über den Weg, wenn er umsteigt und ich aussteige. Dann gehen wir einen Kaffee trinken oder ein Bier oder viele Biere. Mit S. ist es gut zu trinken, er wird nie laut, wird nie weinerlich, behält immer seine innere Ruhe und seine Freude an den kleinen Dingen. «Liest du eigentlich noch Bücher?», fragte er mich unlängst und beinahe hätte mich die Frage beleidigt. «Natürlich lese ich Bücher, was meinst du denn, es ist mein Beruf!», sagte ich fast ein wenig aufgebracht. Aber S. blieb ganz ruhig: «Aha, ich dachte dein Beruf sei es, Bücher zu schreiben, nicht Bücher zu lesen.» Ich versuchte ihm klarzumachen, dass das zusammengehört, aber S. war anderer Meinung. Er lese auch, aber das heisse nun nicht zwingend, dass er deswegen auch schreibe. Ich fragte ihn, was er lese. «Im Augenblick lese

ich ein Buch, in dem es um einen Typen geht, der Probleme hat.» – «Probleme haben wir alle», unterbrach ich ihn. «Ja, klar, das schon, aber der Typ im Buch, der war Kapitän und dann geschieht ein Unglück und er verlässt das sinkende Schiff. Seither findet er keine Stelle mehr.» Ob es denn um dieses italienische Kreuzfahrtschiff gehe, die „Costa Concordia“, fragte ich und wunderte mich, dass es schon ein Buch darüber gibt. Nein, es sei ein altes Buch, es heisse „Lord Jim“ und er leihe es mir gerne aus, wenn er es fertig habe. Aber etwas müsse ich wissen, sagte S., das Buch sei nicht so leicht zu lesen, man müsse sich anstrengen. Das sei in Ordnung, versicherte ich ihm. Mir mache es nichts aus, mich beim Lesen anzustrengen. «Dann gehörst du zu einer Minderheit», bemerkte S. und bestellte noch eine Runde. «Weisst du noch, wie wir uns anstrengen mussten, um lesen zu lernen?», fragt mich S. auf einmal. Ich wusste es noch. «Und weisst du noch, wie schön es war, als es einigermassen funktionierte?» Auch das wusste ich noch. Ich begleitete S. bis aufs Gleis und sah dem abfahrenden Zug nach. Nun frage ich mich hin und wieder, ob S. so philosophische Fragen stellt, weil er Bücher liest oder ob er Bücher liest, weil er so ist wie er ist.

SCHAURAUM

Ringstrasse 26 4600 Olten

Ein Raum für interessante Ideen: ein spezielles Dinner, einen Firmenanlass, Theater, Lesungen, Möbel und Kunst, Bilderausstellungen. Es ist vieles möglich, fragen Sie uns an! info@schau-oo-raum.ch Tel. 062 296 00 26 schau-oo-raum.ch


HÖREN & LESEN

Fribi's Metal News

Deeno‘s Reviews

Ché's Bro Tipps www.bromusic.ch

www.outsider-shop.ch

TESTAMENT

2ECOND CLASS CITIZEN

Dark Roots Of The Earth (Nuclear Blast)

The Small Minority (Equinox Records)

NENEH CHERRY & THE THING Floridas finest in Thrash are back! Neben Metallica die Thrash-Band schlechthin in den USA. Back to the Basics heisst wohl die neue Devise, denn Testament klingen auf „dark roots“ so wie in ihren Anfängen, nur viel ausgereifter. Chuck Billy singt wieder anstatt nur zu „growlen“ und das gibt dem ganzen wieder einen hohes Mass an Erkennungswert zurück.Die Band entfacht ein Riffgewitter, wie es höllischer nicht sein könnte, waghalsige Breaks und ultraschnelle Drumbeats verschaffen dem Ganzen eine unglaubliche Dynamik. Ein Album, das Abwechslung bringt und sogar Songs zum lauthals Mitsingen liefert: Hier herrscht Kaufpflicht für Thrash-Maniacs.

Vor drei Jahren erschien der Erstling „A World Without“ von 2econd Class Citizen. Ein Album, das vor allem in Musikerkreisen wahre Begeisterung auslöste, und es schien, als bräuchte es nur noch einen kleinen Funken und 2econd Class würde soviel Ruhm ernten wie es Massive Attack tun.Nun, das ist ausgeblieben. Die Band ist aber noch da, und spinnt ihre musikalische Vision weiter und dies eindrücklicher denn je! Hier treffen sich Folk und HipHop, als wären sie schon immer beste Freunde gewesen, melancholische Samples reiten auf euphorischen Beats, und cineastisch grosse Melodien werfen ihren Schatten voraus zum nächsten Sonnenuntergang in Südsee-Manier. Gross!

NATUR

VARIOUS ARTISTS

Head Of Death (Erache)

Rinse:19 – mixed by Icicle (Rinse)

Kauziger Name, kauzige Musik, treffender gehts bei Natur wohl nicht! Geboten wird erdiger Metal, angereichert mit alten Hardrock-Elementen, wie man sie aus dem New Wave of British Heavy Metal der frühen 80er kennt. Den leichten 70er-Groove bringt wohl der derzeitige Trend so mit sich, stört jedoch nicht im Geringsten. Die noch junge Band schafft es in kürzester Zeit, einen zu verzaubern, hier herrscht keine GenreDruck oder Trend-Anpassung wie bei vielen grösseren Bands in diesem Stilbereich. KickAss-Hardrock vom Feinsten, vergleichbar mit Bands wie den alten Jaguar oder Battleaxe. Grossartig verspielte, komplexe Sounds sucht man vergebens, einfaches Handwerk effektiv umgesetzt und rotzfrech vorgetragen.

Der musikalische Stilbegriff „Dubstep“ ist gerade in aller Munde. Vor 1-2 Jahren noch in dreckigen Londoner Kellerloch-Clubs von der unabhängigen elektronischen Musikgemeinde abgefeiert, macht sich dieses relativ junge Genre nun auf, in horrendem Tempo die Popwelt zu erobern. Leider ist Dubstep mittlerweile auch zum Modewort gewachsen, obwohl viele MusikHipsters keinen Schimmer haben, um was es sich da handelt. Die neuste Compilation vom Label Rinse, die vom Drum&Bass und Dubstep Altmeister „Icicle“ gemixt wurde, ist der ideale Einstieg in diese Szene und super, um sich mal so richtig was um die Ohren zu hauen. Das ist deep und fesselnd, lässt jedes Fenster wackeln und die Bässe nehmens locker mit Flugzeugturbinen auf.

The Cherry Thing 80er-Pop-Star trifft auf Jazz Combo. Die Stieftochter des charismatischen Jazzmusikers Don Cherry zusammen mit dem skandinavischen Free-Jazz-Trio „The Thing“.

DR. JOHN Locked Down Unter der Regie von Black Keys Gitarrist Dan Auerbach werden moderne Neo-Vintage-Grooves mit Gospel, Voodoo, Soul, Funk und Jazz fulminant vermengt.

QUANTIC & ALICE RUSSELL Look Around The Corner Neues von Will Holland alias Quantic mit der Ausnahmesängerin Alice Russell, begleitet von Quantics Kapelle aus Kolumbien „Combo Barbaro“.

NEIL YOUNG

KOLT

Juli / August 2012

Americana Mit seiner Band Crazy Horse lässt Neil Young auf dem neuen Album die Geschichte Amerikas aufleben.

BOBBY WOMACK Bravest Man In The Universe Das Comeback-Album der Soul-Legende, sein 27stes, ist das Resultat aus der Zusammenarbeit mit Damon Albarn (Gorillaz; Blur) und XL Records Boss Richard Russell.

TALLEST MAN ON EARTH There’s No Leaving Now Der kleinwüchsige Schwede Kristian Matsson wird nicht zu Unrecht mit dem jungen Bob Dylan verglichen.

MARCUS MILLER Renaissance Nach fünf Jahren und zwei Live-Alben dazwischen erscheint ein neues Studioalbum vom Star-Bassgitarristen.

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HÖREN & LESEN

City der Fallen: Ein Gunzger in Berlin Alles nur Show? Alles nicht echt? Die Berliner Berge rufen, ich komme. Eine Gastkolumne von Urs Heinz Aerni

"H

ier sind wir". Licht geht an, der Fahrer zeigt auf den Taxometer, ich staune. Da kann man nichts sagen. Ich lege die Euros auf die offene Hand. Er lächelt, ich auch. Echt nicht teuer, muss ich sagen, "Tschüss" ich. "Tschüssi" er. Mit Rollkoffer peile ich die Reception an. "Sind Sie gut gereist?" "Danke, tip top". Ich lege die BestätigungsE-Mail auf das Marmor. Sie tippt und der Bildschrim erhellt ihr junges Gesicht mit bläulichem Licht. Sie lächelt, aber mit einer Spur Irritation. "Sie sind nicht angemeldet und das Haus ist voll." Nach mehrmaligem Buchstabieren wirds klar. Ich bin zwar in einem Grand-Hotel in Berlin Mitte, wie auf dem Papier, aber in einem anderen. Sie schiebt den Zettel zurück und drückt den Knopf fürs Taxi. Ich sitze im Neuen. Tja, Berlin sei eben gross und immer mehr Hotelketten mit ähnlichen Bezeichnungen sorgen für Zusatzgeschäfte beim Personentransport. Beim zweiten Grand Hotel fragt der Taxifahrer, ob er warten solle. "Ne, Danke. Schönen Abend."

fragen und wie ein Kellner frech lächelt und sagt "alles nur Trick". Ich schwitze und sehe, wie der Bär auflacht, seine Zähne zeigt und brüllt. Wie er brüllt "Fertig lustig", "Kein neuer Flughafen", "Aus für Hertha", wie er drohend trohnt über eine Stadt namens Berlin, die gar nicht so heisst, eine Stadt, die protzt und dabei pleite ist, eine Stadt, die strahlt, dabei gammelt. Eine Hauptstadt, und sein Haupt in Europa verliert. Berlin, was geschieht mit Dir? Berlin, gibt es Dich? Berlin, muss ich weg, zurück in den Gebirgssüden? Alles nur Show? Alles nicht echt? Falsche Taxis, Hotels? "Hallo, Zimmerservice". Ich sitze aufrecht im Bett. Die Sonne flutet ins Fenster. "Danke, alles ok." Habe ich geschrien? Fuhr ich gestern mit drei Taxis? Oh, ich verlorener Sohn der Alpen. Was wird aus mir? Trau ich mich auf die Strassen, in die Bahnen? Berlin, ich komme und möchte staunen. Berlin, sei mir heute ein Gastgeber, wie ich es hoffte, Berlin, sei mir die Stadt, die ich erträumte.

Das war ein Fehler. Kurz und gut, ich sitze im dritten Taxi zum Grand-Hotel Berlin Mitte. Der Fahrer informiert mich, dass er mein Malheur nachvollziehen könne, denn das Hotel, das auf mich wartet, ist heute Berlin Mitte aber eigentlich in Wedding. Nach Rückversicherung an der Reception im dritten Hotel, hätte ich ihn beinahe umarmt und zum Drink an der Hotelbar eingeladen. Traumatisiert verfiel ich in einen unruhigen Schlaf. Ein grosser grinsender Berliner Bär schaute auf mich herab. Ich rannte Richtung Kudamm. Wo ist die Gedächtniskirche? Das alte Gemäuer? Weg, stattdessen steht hier ein pothässlicher Geschäftsbau. Ich sehe, wie Touristen taumelnd nach dem Denkmal

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Fenster auf, Radio und Dusche an. Zähne putzen, die Haar föhnen. Das Gestern und der Traum wegrasieren. Mit fröhlichem "Guten Morgen" an der Reception vorbei und mit neuem Mut auf Entdeckungen. Wie in den Bergen, wie zuhause in den Alpen. Meinen Finger navigiere ich über das Strassennetz. Suche Ausblicke und bin gespannt, was sie halten, die Namen wie Kreuzberg oder Prenzlauer Berg. Die Berge rufen, ich komme. Drücken Sie mir die Daumen. Urs Heinz Aerni ist Journalist u.a. für Radio 32 und Buchreport (Dortmund) und moderiert seit Jahren das Diner Litteraires im Hotel Baseltor in Solothurn. Im Knapp Verlag ist sein Buch "Bivio - Leipzig" erschienen. www.ursheinzaerni.ch

Die Geister, die ich rief von Kilian Ziegler

Ich bin nicht von allen guten Geistern verlassen, die Geister und ich, wir führen lediglich eine Fernbeziehung. Während die Gespenster irgendwo ihren Geschäften nachgehen (Erasmussemester, Klubschulseminare, Selbstfindungsbesäufnisse), bin ich ebenfalls produktiv. Konkret: anstatt Däumchen, drehe ich einen Film – und was für einen. Ich mache einen auf ZweimeterzehnKoch, heisst, ich rühre mit der ganz grossen Kelle an, und produziere ein sogenanntes Reh-make: Bambi Reh-loaded. In 3D. Und Farbe. Um es vorwegzunehmen, Bambi ist gar kein Reh, sondern ein Hirsch, und dieser Hirsch manövriert sich durch eine einfache, doch geniale Story. Bambi, neu ein triebgesteuertes Neurosensammelbecken, mit Hang zum jungintellektuellen Charmeur (für jeden Zuschauer wird die passende Identifikationsfläche geboten), rächt seine tote Mutter, gespielt von einem Grabstein. Unter dem Kampfnamen Bambo verarbeitet er mit seinem CO 2 -neutralen Solar-Flammenwerfer Jäger und Nacktwanderer zu Staub. In den Nebenrollen: Morgan Freeman als Bambis Vater („aus grosser Kraft folgt grosse Verantwortung“), Lindsay Lohan als das Stinktier, sowie Peach Weber als das freche Kaninchen Klopfer. Irgendwann, die unerwartete Wendung: Bambi verliebt sich in eine Jägerin, eigentlich eine versteckte Ermittlerin („ich hol dich hier raus!“), was Bambis Freundin Feline auf die Palme brächte – gäbe es denn solche in nordamerikanischen Mischwäldern. Was folgt, ist eine Dreiecksbeziehung mit endlosen Diskussionen und einem Arthouse-würdigen, offenen Ende. Damit der Kinobesucher den Saal mit Wohlgefühlen verlässt, schliesst der Film mit einer Bollywood-Zumba-Szene. Ganz klar, das wird ein preisgekrönter Film von sozialer und politischer Relevanz, der sich in die Liste zeitloser Unterhaltungsklassiker wie Indiana Jones, Star Wars oder Zurück in die Zukunft einreihen wird. Ich stelle mir vor, wie sich einmal im Jahr alleinstehende Informatiker und Berufshacker zu „Bambi Conventions“ treffen, wo sie sich als Waldtiere verkleiden, Verschwörungstheorien streuen und über Unstimmigkeiten des Films debattieren. Davor bleibt aber eine wichtige Frage: Wer besetzt die Hauptrolle, wer spielt Bambi? Natürlich: der grandiose Bill Murray. Dieser brilliert immer, man denke an Ghostbusters. Da fällt mir ein, bevor ich mit dem Drehbuchschreiben beginne, sollte ich vielleicht mal wieder die guten Geister anrufen und fragen, was sie so treiben. Eine geistreiche Zeit Le cerf Kili PS: Mein Film wird auch über iTunes ausleihbar sein, Fachausdruck: Bambi-Verleihung.

Juli / August 2012

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HĂ–REN & LESEN

Schon gelesen..?

KOLT liest... WEIRD THINGS CUSTOMERS SAY IN BOOKSHOPS von Jen Campbell Die beste Fantasie reicht nicht aus, um zu erahnen, was sich Buchhändler fĂźr seltsame Sätze anhĂśren mĂźssen. Dieses Buch sammelt einige der skurrilsten Aussagen – witzig und tragisch zugleich. Kilian Ziegler, Kolumnist

Buchtipps von Christoph Rast

UFO IN HER EYES von Xiaolu Guo Satire auf den blinden Fortschrittsglauben in China. Die Verfilmung läuft zur Zeit im Kino. Franziska Monnerat, redaktionelle Mitarbeiterin

DIE STERBLICHEN von Yiyun Li Roman

Ă–L AUF WASSER Die US-Autorin mit Wurzeln in China hat mit diesem Roman ein tief berĂźhrendes, spannendes, kafkaeskes Gesellschaftsbild erschaffen. Sie zeigt uns einen Mikrokosmos und dazu ein plastisches Bild Chinas gegen Ende der siebziger Jahre. Die Kulturrevolution lebt noch. Das Buch bietet nicht nur einen Einblick in die Diktatur, sondern es lässt uns auch tief in die Psyche der Menschen blicken. Ein beeindruckender, grossartiger Roman, der genauso gut heute Realität sein kĂśnnte. Es gibt keine Chance, dem Text zu entkommen! Schwer zu verstehen, dass sich solche Geschehnisse vor den Augen der WeltĂśffentlichkeit abspiel(t)en. Die schockierenden Fakten aus dem damaligen China wirken einerseits unvorstellbar, andererseits geben sie einem das GefĂźhl, direkt dabei gewesen zu sein. Dieses Buch ist ein SchlĂźssel zur chinesischen Denkweise. Eine passende Aussage ist auf Seite 119 zu finden: "Der Tod war bei weitem nicht das Schlimmste, was einem Menschen passieren konnte.“

von Helon Habila Roman Nie wieder unschuldig tanken? „Was wie eine surreal poetisierte Apokalypse anmutet, ist in Wirklichkeit der real existierende Alptraum, den der Ă–lreichtum Ăźber Nigeria gebracht hat“, stellt die „Frankfurter Rundschau“ fest. Mit seinem neuen Roman taucht der nigerianische Schriftsteller tief in den Albtraum aus Umweltverschmutzung, Ausbeutung, Korruption, Kriminalität und Gewalt ein. Die Story um eine entfĂźhrte Ingenieursgattin und einen unerschrockenen Journalisten auf der Suche nach seinem Scoop Ăźberzeugt durch kĂźhlen Realismus und glasklaren Aufbau. Helon Habila beschreibt in ruhigem Ton und teils sehr poetischen Sätzen, wie sich der „Ölkrieg“ auf die Menschen auswirkt. Die Konzerne unterstĂźtzen das Militär, die Rebellen wollen Missstände beseitigen, Trittbrettfahrer verdienen mit EntfĂźhrungen gewohnheitsmässig ihr Geld. So terrorisieren sich letztlich alle gegenseitig.

TRANSHELVETICA Magazin Fast 100 Seiten "Schweizer Reisekultur" laden zum Daheimbleiben ein. Wozu exotische Länder in Zeiten, in denen das Fliegen keinen bleibenden Eindruck, sondern einen CO2-Fussabdruck hinterlässt? Wieso also nicht seine Heimat neu entdecken und erstaunt sein, wie vieles wir selbst noch gar nicht kannten? www.transhelvetica.ch Markus Fischer, Fotograf

Christoph Rast ist Leiter der Stadtbibliothek Olten und veranstaltet ebenda Buchbesprechungen im „CafĂŠ Litteraire“.

100 TAGE von Lukas Bärfuss Ruanda, 1994, es wßtet der Mob, VÜlkermord in Reinform, und David, ein Schweizer Entwicklungshelfer steckt mittendrin. Statt das Land frßhzeitig zu verlassen, wählt er das Risiko und bleibt wegen einer Frau in Kigali. Aufwßhlende Geschichte, inkl. Kritik an die Adresse der Schweizer Entwicklungshilfe. Pierre Hagmann, Redaktionsleiter

Feinste Kaliber von NOMOS GlashĂźtte.

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M U S I K F ES T WO C H E M EI RI N GE N 6. – 14 . J U L I 2 012

Übergänge

IM RAMPENLICHT

Unter freiem Himmel Die Theaterbühnen, Konzertsäle und Musikclubs der Region haben im Juli & August geschlossen. Kunst und Kultur findet draussen statt. Hier präsentieren wir Ihnen eine kleine Openair-Übersicht für die Region mit einem Fokus: Frauenkunst. Text (rechts) von Karola Dirlam-Klüh

Konzerte in der Michaelskirche und Umgebung Künstlerischer Leiter: Patrick Demenga

Foto zVg

Preisverleihung «Der Goldene Bogen» an Edicson Ruiz Gambe oder Geige – ein Kontrabass entsteht Ausstellung, Vorträge und offene Werkstatt in der Geigenbauschule Brienz Vorverkauf kulturticket.ch Telefon 0900 585 887 haslital.ch Telefon 033 972 50 50 musikfestwoche-meiringen.ch

Zürcher Theater Spektakel 16. August bis 2. September 2012 Zürich: Landiwiese, Werft, Rote Fabrik Veranstalterin: Stadt Zürich Kultur

Billette gibt’s hier www.theaterspektakel.ch oder www.starticket.ch

FRAUENART Genre: Kunst Was: Ausstellung von 20 Künstlerinnen, Rahmenprogramm mit Konzerten und Lesungen. Nur teilweise Openair. Wann: 18. & 19. August Wo: Alte Chäserei, Fulenbach Mehr: www.frauenart-event.ch / siehe Artikel auf der rechten Seite

DEHORS 2012 Genre: Kunst Was: Openair-Kunst im Wald, von 28 Kunstschaffenden aus der Region, mit Rahmenprogramm Wo: Säliwald Olten, Gebiet Müheltäli und Wartburghof Wann: Noch bis am 16. September Mehr: www.dehors2012.ch / siehe auch KOLT 6/12

OPENAIR AM DORFMÄRET Genre: Musik Was: Kleines Openair mit „Timber Driven Space Bar“, „Kasparov“ und „Handsome Hank“ Wo: Trimbach Wann: 24. August Mehr: auf Facebook

HEITERE OPENAIR Genre: Musik Was: Das mit Abstand grösste Musik-Festival der Region Arolfingen, national bekannt, schön gelegen, musikalisch breites Spektrum, aber zumeist massentauglich.

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Wer: Stress, Züri West, Kaizers Orchestra, Donovan Frankenreiter, Deichkind u.v.m. Wann: 10.-12. August Mehr: www.heitere.ch

FEEL GOOD FESTIVAL Genre: Musik Was: „Das Musikfestival im Niederamt“, hauptsächlich Schweizer Acts, wenig Subkultur, viel Gute-LauneMusik, ganz dem Namen verpflichtet Wer: Florian Ast, Seven, Pegasus, William White und andere Wo: Niedergösgen Wann: 3./4. August Mehr: www.feelgood-festival.ch

OPENAIR GRÄNICHEN Genre: Musik Was: Kleines, aber feines Festival mit Zeltplatz und Sounderia – und erstmals mit Kinderkonzert am Mittwoch vor dem eigentlichen Openair Wer: Philipp Fankhauser, Deliahs, Boysetsfire, Madball, Vale Tudo, u.v.m. Wo: Im Moortal, Gränichen Wann: 3./4. August Mehr: www. openairgraenichen.ch

KONZERTE AM TURM Genre: Musik Was: Openair-Konzertreihe im Sommer an hübscher Location, im Publikum sitzt der kulturinteressierte Oltner ab 35 und geboten wird

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IM RAMPENLICHT

Über Frauenkunst und männliche Besucher Bei der ersten „frauenArt“-Ausstellung werden 20 Künstlerinnen ihre Werke in Fulenbach präsentieren. Wir haben bei einigen Teilnehmerinnen nachgefragt: Gibt es typisch weibliche Kunst überhaupt? Wodurch unterscheidet sie sich von Männerkunst? dern, die den Rahmen sprengen und Neues schaffen.“ Nadja Lerch Keramik, Solothurn: „Ich denke nicht, dass sich Frauenkunst von Männerkunst unterscheidet. Die ganze Person des Künstlers oder der Künstlerin mit ihrem Leben, ihrem Umfeld und ihrer Geschichte ist entscheidend für die künstlerische Arbeit. Vielleicht hat man nur manchmal das Gefühl, dass etwas weiblich oder männlich wirkt. Ganz sicher werden sich bei „frauenArt“ also auch Männer angesprochen fühlen. Egal ob Mann oder Frau – es ist wichtig, sich auf etwas einlassen zu können.“

viel Jazz und Folk aus der Region. Spezialanlass während Gigathlon. Wer: The Backyards, Cronan, Little Town Jazzband, Bourbon Street Jazzband Wo: Ildefonsplatz, Olten Wann: 1.7./ 17.8 /19.8/ 26.8 und weitere Anlässe

OPEN YOUCINEMA Genre: Film Was: Filme unter freiem Himmel und dazu gibt’s Food und Drinks. Filme wie Step up 4, G.I. Joe 2, Batman - The Dark Night rises u.v.m. feiern Premiere am diesjährigen open youcinema. Wo: Schützi Olten Wann: 18.Juli - 5.August Mehr: www.youcinema.ch

BÜCHERPROJEKT BADI OLTEN Genre: Sonstiges Was: Auch in diesem Sommer sorgt der Verein Oltner Bücherstützen für genug Lesestoff in der Badi. In der Bücherbox findet sich Literatur für Badigäste jeden Alters. „Die Bücher werden von den Gästen sehr geschätzt“, sagt die Vereinspräsidentin Doris Rauber, die das Sommerprojekt betreut. Über 200 Exemplare bietet die Bücherbox. Die Bücher werden zur Verfügung gestellt von der Buchhandlung Klosterplatz, von Schreiber und dem Knapp Verlag, ebenso vom Buchzentrum Hägendorf sowie etlichen Badegästen und Vereinsmitgliedern.

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Karin Müller abstrakte Malerei, Solothurn: Das FrauenArt-Ensemble. Im KOLT-Fokus: Claudia Brander (3. von rechts), Karin Müller (6. von links), Nadja Lerch (2. von rechts) und Silja Coutsicos (fehlt auf dem Bild).

Claudia Brander Initiantin und Organisatorin „frauenArt“:

erwartet Objektkunst aus verschiedenen Materialien an einem äusserst originellen Ausstellungsort.“

„Ich glaube nicht, dass sich von Männern oder Frauen kreierte Kunst relevant voneinander unterscheidet – die Leidenschaft, die dahinter steckt, ist dieselbe. Es ist eher der Entstehungsweg, der den Unterschied macht: Männliche Künstler können sich gezielter auf ihre Projekte konzentrieren; Frauen haben häufig nebenbei viel um die Ohren – Familie, Job oder beides. Kunst findet bei Frauen eher in den Randstunden statt. Die Beschränkung auf Frauen als Ausstellerinnen bei „frauenArt“ macht den ganzen Anlass speziell. „frauenArt“ soll eine neue künstlerische Plattform, ein lebendiges und exquisites Kunstevent werden, das durch seine Vielfalt und das Rahmenprogramm ein breites Publikum anspricht. Die Besucher

Silja Coutsicos Mosaik, Schönenwerd: „Frauenkunst ist Lebenskunst – nicht abgehoben und elitär, sondern in den Alltag eingebettet. Gestaltend verändern weibliche Künstlerinnen ihre Umwelt, aktiv wagen sie sich, sich einzumischen, mitzudenken, weiterzudenken und auch umzudenken. Die Besucher von „frauenArt“ dürfen sich auf ein buntes Bouquet von Farben und Formen und vielfältigem kreativen Schaffen und Wirken freuen. Frauen können sich von der gezeigten Frauenpower anstecken lassen; Männer werden feststellen, dass sich Frauen keineswegs scheuen, gerade auch in so genannten männlichen Gebieten ihre Frau zu stehen. Es gibt Frauen zu bewun-

„Ich glaube, Frauen bevorzugen in ihrem künstlerischen Schaffen oft Ausdrucksmaterialien und -methoden, die Männern eher fremd sind, wie zum Beispiel Stoff, Wachs, Häkeln und Stricken. Thematisch beziehen sich Frauen wohl eher auf sich selbst und ihr näheres Umfeld als Männer dies tun. Die „frauenArt“-Ausstellung wird aber sicher auch für Männer interessant sein, da sie eine grosse Vielfalt von Werken regionaler Künstlerinnen zeigt.“

„ICH GLAUBE NICHT, DASS SICH VON MÄNNERN ODER FRAUEN KREIERTE KUNST RELEVANT VONEINANDER UNTERSCHEIDET – DIE LEIDENSCHAFT, DIE DAHINTER STECKT, IST DIESELBE." 31


FREAKS BRAUCHT DAS LAND

Dieser Blick von oben, auf eine funktionierende Welt im Kleinen – die Technik überwiegt.

Man(n) hat diese Welt selbst kreiert, kennt jede Weiche: Peter Schibli.

Abgefahren! Text von Rolf Strub Fotos von Yves Stuber

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inter dem Restaurant Bahnhof, direkt an den Gleisen der SBB steht in einem Keller aufgebaut, die permanente Anlage der Modellbaugruppe Wangen b. O. „Es ist eine Gruppe, kein Verein!“ wie Peter Schibli betont. Er ist eines von vier Mitgliedern der Gruppe die schon seit 1973 besteht. Draussen rattert das echte Leben mit Getöse knapp am Haus vorbei, drinnen auf Spur-0 täuschend echt, aber viel angenehmer und leiser, rauscht und klappert rhythmisch der kleine Bruder. Um zur Anlage vorzustossen, muss man sich erst mal bücken. Gewissermassen eine Verneigung vor der immensen Arbeit die sich da vor einem ausbreitet.

Dieser Blick von oben, auf eine funktionierende Welt im Kleinen. Die Technik überwiegt. Menschen und Tiere sind unbewegliche Staffage. Man(n) hat diese Welt selbst kreiert, kennt jeden Baum, jedes Haus und jede Weiche. Auf Knopfdruck gehen die Lichter an und wieder aus. Da fährt ein Zug nicht nach nirgendwo, sondern in einem geschlossenen System. Sagen wir im Kreis. Es ist eine eigentümliche Scheibenwelt. Zwar nicht getragen von einer Riesenschildkröte, auf der vier Elefanten stehen wie in Terry Prattchet’s Fantasy-Romanen. Denn unter dieser flachen Welt befindet sich ein Wirrwarr von Kabeln und Holzsegmenten, die für das Funktionieren unabdinglich sind.

ISEBÄHNELE?

Deswegen ist diese Welt auch vielleicht eher etwas für grosse Jungs. Die Kleinen dürfen nur unter Aufsicht damit spielen. Dies jedenfalls ist eine Erfahrung, die die meisten Buben mit ihrem Eisenbahn-begeisterten Papi gemacht haben. Nicht so Peter Schibli. Schon als Sechsjähriger durfte er mit seinem Vater ran an die Geleise und auch mit der Anlage spielen. Und er war begeistert. Diese Leidenschaft hält bis heute an.

Wenn man dann inmitten der Anlage steht, kann man sich der Bezauberung kaum entziehen und schaut, taucht ein in diesen Kosmos der Schienen, Häuser und Landschaften. Es schleicht sich das Gefühl ein, wieder Kind zu sein und zugleich ein Schöpfer, ein mächtiges Wesen, das nur mit einem Finger das Geschehen da unten auf dramatische Weise verändern könnte.

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Gestandene Männer mit kleinen Zügen: Peter Schibli hat sich mit viel Leidenschaft eine Eisenbahn-Miniaturwelt aufgebaut.

Der Gradmesser um mit dem Modellbau aufzuhören, sagt Herr Schibli mit einem schelmischen Schmunzeln, sei das Bücken unter der Anlage durch, damit man überhaupt reinkommt in den Raum. Und vor allem das Herumrutschen auf den Knien. Man wird halt nicht jünger. Auf die unvermeintliche Frage, ob er Lokführer werden wollte, sagt Herr Schibli: „Das war schon ein Wunsch von mir, aber dann bin ich ins Kinogeschäft eingestiegen. Aber ich hatte ja nebenher noch meine Eisenbahnboutique.“

DIE ARBEIT GEHT NIE AUS Filigrane Fahrleitungen werden hergestellt, Berge gegipst, Bäume gebastelt und Schienen verlegt. Neben den massstabsgetreuen Lokomotiven (1:45), die aus Messing selber gebaut werden und zirka 2,5 kg schwer sind, werden auch Bausätze und fertige Wagons dazu gekauft. Es muss auch immer wieder etwas repariert werden. Dann wird gelötet, gebohrt, geschliffen und geklebt, dass das Zeug hält. Für die ganze Verdrahtung der Steuerung, die Programmierung des Computers wird gerne auch ein Spezialist hinzugezogen. Da ist man gera-

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LANGENTHAL

4. – 5. JULI

OLTEN

6. – 8. JULI

ZOFINGEN

9. – 10. JULI

AARAU

13. – 16. JULI

Markthallenplatz

Schützenmatte

Heiternplatz

Da fährt ein Zug nicht nach irgendwohin, sondern in einem geschlossenen Kreis.

de dran, die Steuerung der einzelnen Loks mittels iPad einzuführen. Auch dafür gibt es schon eine Applikation. Warum gerade Spur-0? „Es ist eine gute, handliche Grösse, die Spurbreite beträgt 32 mm und die Augen werden eben auch nicht besser“. Stimmt. Die Minitrix (Massstab 1:160, also Spurweite N) ist halt etwas für Feinstmechaniker mit Adleraugen und Uhrenmacherfingern.

BAHNHOF VERSTEHEN Der Bahnhof auf der Anlage erinnert stark an das Oltner Bahnhofsgebäude, an dem gerade die kleine Ae 6/6 vorbei schnurrt und eigenartigerweise ein bisschen Melancholie aufkeimen lässt. „Das ischs Lied vo de Bahnhöf wo dr Zug geng scho abgfahre isch, oder nonni isch chooooo!“ hört man Mani Matter im Hinterkopf singen. Schibli setzt sich auch für den Erhalt der echten, grossen Ae 6/6-Lokomotive mit Namen „Olten“ ein, die ebenda im Depot steht und revidiert werden sollte, damit sie fahrtüchtig bleibt. Dafür wird noch Geld benötigt, ein Gönnerkonto wird demnächst eingerichtet.

MODULE AUF REISEN Die digitalisierte Modulanlage war schon auf diversen Ausstellungen zu

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Schachen

bewundern, zum Beispiel in Genf, Köln und Friedrichshafen. Dahin gelangt sie in einem gemieteten Sattelschlepper, auf 28 Paletten. Die achtzig Module (120 auf 60 cm) mit denen die Gruppe auf Reisen geht, sind in Rickenbach zwischengelagert. „Man kann so die einzelnen Module, die ca. 15 kg schwer sind, gut mit nach Hause nehmen und daran weiterarbeiten.“ Damit alle diesen Blick von oben auf eine kleine, überschaubare, funktionierende Welt erhaschen können, sollte dem Wunsch von Peter Schibli entsprochen werden: „Wir wünschen uns einen bezahlbaren Platz in Olten, ca. 250 Meter, wo wir unsere Moduleisenbahnanlage über längere Zeit der Öffentlichkeit präsentieren könnten.“ Menschen, Leute, Publikum und Politik! Das müsste doch in der Eisenbahnerstadt Olten möglich sein, oder? “People get ready, there's a train comin' ” (Curtis Mayfield)

Vorverkauf: www.knie.ch und

Antonio SAurA D i e

Spur-0 Eisenbahn-Modellbaugruppe Wangen bei Olten Peter Schibli Solothurnerstrasse 40 CH-4600 Olten www.allmodulbau.ch

r e t r o S p e k t i v e 06.07. –

11.11.2012

in ZusammenarBeit mit: museum wiesBaden ausstellung 30.11.2012 – 24.03.2013 Fondation archives antonio saura, genF

Hodlerstrasse 8 – 12 CH-3000 Bern 7 www.kunstmuseumBern.CH di 10H – 21H mi-so 10H – 17H

unterstütZt von:


DAS LIEBSTE ZUM SCHLUSS

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Collage von Rebekka Gerber

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Die Erfindung des Bergbahnsystems verdankt ihren Ursprung meinen Erfahrungen, die ich als technischer Chef der Schweizerischen Centralbahn in Olten zu sammeln in der Lage war. Niklaus Riggenbach (1817 – 1899) Erfinder der Zahnradbahn Oltner Ehrenbürger

Olten, ein gutes Pflaster für findige Köpfe.

SIO AG, Generalvertretung COVER Rötzmattweg 66, 4603 Olten Tel. 062 207 07 07, Fax 062 207 07 00 info@cover.ch, www.cover.ch


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