DAS OLTNER STADT- UND KULTURMAGAZIN
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AGE IT NDA Okto ber 2 0
NUMMER ZEHN 2012 // FR. 5.--
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www.kolt.ch
PARTY! PARTY? IM GESPRÄCH Trudi Gerster auf dem Coiffeurstuhl FREAKS Vogelbeeren zum Geniessen STADTLEBEN Kaum noch Oltner in der Kanti-Lehrerschaft IM RAMPENLICHT Ohne Rolf: Humor zum Umblättern GASTKOLUMNE Blocher und das linke Basel
Urban und mitten im Grünen: Ihre Wohn- und Gewerbe-Träume werden wahr. Herzlich willkommen in der Traumfabrik Hugi mit 45 Wohnlofts (95 – 146 m2, Raumhöhe 4 m, gehobener Ausbaustandard) und 14 Gewerberäumen zwischen Olten und Aarau. Einkaufs- und Freizeitmöglichkeiten und Bahnhof vor der Haustür. Überzeugen Sie sich selbst in unserer Musterloft! hugi-wohnhallen.ch / hugi-gewerbehallen.ch
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Oktober 2012
KOLT
IMPRESSUM
VERLAG / HERAUSGEBER Verlag 2S GmbH Leberngasse 17 4600 Olten verlag@v2s.ch www.v2s.ch
EDITORIAL
VERLAGSLEITUNG Yves Stuber, Matthias Sigrist REDAKTIONSLEITUNG Pierre Hagmann (ph) redaktion@kolt.ch
Cover von Janosch Abel
FINANZEN Matthias Gubler
mit freundlicher Unterstützung von:
INTERNETAUFTRITT Mathias Stocker LAYOUT / SATZ Christoph Haiderer REDAKTIONELLE MITARBEIT Katja Zellweger, Rebekka Gerber, Daniel Kissling, Franziska Monnerat, Pedro Lenz, Kilian Ziegler, Elias Zimmermann, Christian „Ché“ Dietiker, Dino Lötscher, René „Fribi“ Freiburghaus ILLUSTRATION Anna-Lina Balke, Jamie Aspinall, Manuel „Ti“ Mathys, Pascal „Tokijad“ Hofer, Céline Fallet, Petra Bürgisser, Rebekka Gerber, Yael Textor FOTOGRAFIE Janosch Abel, Yves Stuber LEKTORAT Pierre Hagmann, Matthias Sigrist LESERBRIEFE leserbriefe@kolt.ch www.kolt.ch/leserbriefe AGENDA agenda@kolt.ch www.kolt.ch/agenda ABO Jahresabonnement CHF 49.—(inkl. MwSt) Gönnerabonnement CHF 99.—(inkl. MwSt) abo@kolt.ch www.kolt.ch/abo INSERATE inserate@kolt.ch www.kolt.ch/inserieren KONTAKT www.kolt.ch hallo@kolt.ch AUFLAGE 1'500 DRUCK Dietschi AG Druck und Medien Ziegelfeldstrasse 60 CH-4600 Olten © 2012, Verlag 2S GmbH. Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit Genehmigung. Die Urheberrechte der Beiträge bleiben beim Verlag. Keine Gewähr für unverlangt eingesandte Manuskripte, Fotos und Illustrationen.
KOLT
Oktober 2012
DRUCK&MEDIEN OLTEN
Illustration: Yael Textor, Zürich / www.yaeltextor.ch
Ende 2011 schloss in Bern das „Sous Soul“ seine Tore. Eine einzelne Anwohnerin hat das legendäre AltstadtKonzertlokal mit Lärmklagen zur Verzweiflung und schliesslich zu Fall gebracht. Damit war die Sache allerdings nicht erledigt – sie ging erst richtig los. In Bern gingen zehntausend Menschen auf die Strasse, wo sie mehr Freiräume forderten und bei dieser Gelegenheit eine gigantische Party feierten. Dasselbe Problem in diversen anderen Städten des Landes, Chur, Luzern, Biel, Zürich, Aarau, um nur einige zu nennen, überall schwelt der Konflikt zwischen denen, die nachts ihre Ruhe wollen und jenen, die genau dann ein bisschen Spass suchen – willkommen in der 24-Stunden-Gesellschaft. Eine attraktive Stadt braucht auch ein attraktives Nachtleben. Je attraktiver das Nachtleben, umso grösser das Konfliktpotential. Und was ist eigentlich in und mit Olten los? Unsere Oktober-Titelgeschichte taucht ein in die Nacht der Stadt, die Wochenende für Wochenende in direkter Konkurrenz mit den grossen Zentren in jeweils halbstündiger Entfernung steht. Wir beschreiben, was ist, und zwar aus der Aussenperspektive: Die zwei Berner Journalistinnen Katja Zellweger und Rebekka Gerber, beide um die 25 Jahre alt und komplett Olten-unerfahren, waren für uns eine Freitagnacht lang unterwegs im Städtchen; sie haben für ihre Reportage weder den Cheeseburger im Chöbu ausge-
lassen noch den rosaroten Afterparty-Shot in der Bar 97. Ausserdem haben wir nachgefragt, wie es steht um das Nachtleben in Olten: bei einer Stadträtin, einem Schriftsteller, einer Lokalbetreiberin und bei zwei Partyveranstaltern. Fazit: Olten hat auch ein Problem, aber nicht das gleiche wie die oben erwähnten Städte. „Hell Yeah, it's friday“, ab Seite 18. Zum allerersten Mal überhaupt erscheint KOLT ohne die Parteienfrage. „Von links bis rechts“ macht Platz für eine Doppelseite „Stadtleben“, unsere neue Rubrik für verschiedenste Themen aus Politik, Gesellschaft und dem Stadtleben eben. Zum Auftakt unter anderem mit Sibylle Wyss: Die Rektorin der Kantonsschule Olten beklagt einen zunehmenden Mangel an Lehrkräften mit lokaler Verwurzelung, zu lesen auf Seite 15: „Kaum noch Oltner in der KantiLehrerschaft“. Ganz wollen wir auch künftig nicht auf die Parteienfrage verzichten. Zum Beispiel vor Abstimmungen werden die Parteien wieder gefragt sein. Gefragt und geschätzt ist auch Ihre Meinung, liebe Leserinnen und Leser. Anregungen, Kritik, Themenvorschläge – wir freuen uns immer, von Ihnen zu hören: redaktion@kolt.ch. Viel Lesevergnügen! Olten, im September 2012 Pierre Hagmann
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DRUCK&MEDIEN OLTEN
Mehr als eine Druckerei.
Mehr als eine Druckerei.
Dietschi AG Druck&Medien Ziegelfeldstrasse 60 4601 Olten Telefon 062 205 75 75 Telefax 062 205 75 00 www.dietschi.ch www.oltnertagblatt.ch
INHALT
OKTOBER 2012
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03 EDITORIAL / IMPRESSUM 06 PREVIEWS Highlights im Oktober 2012
09 CINEMA Eine Hoffnung namens Meier // 6 Fragen an Oliver Krieg
12 PUBLIREPORTAGE Ein Gespür kriegen für die Stadt
13 DAS KLEINE JOB-INTERVIEW
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Mike Fehlmann, Coiffeur
14 STADTLEBEN Mittelmass trotz Minigolf // Andaare – ein unbelebtes Stück Ufer? // Kaum noch Oltner in der Kanti-Lehrerschaft
16 IM EXIL Menschen aus der Region berichten aus der Welt: New York, Salento, Norderney, Jakarta, Kuala Lumpur
18 Hell Yeah, it's Friday! Abtauchen in die Oltner Nacht
26 HÖREN & LESEN 26 Pedro Lenz „Service inbegriffen“ // Lucas Fröhlicher „Die Kinder des Nebels “ 27 Ché‘s Bro Tipps // Deeno‘s Review // Fribi‘s Metal News 28 Philipp Schrämmli „Das linke Basel muss Blocher lesen“ // La Vache Kili „#givepeaceachance“ 29 Schon gelesen...? // KOLT liest...
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30 IM RAMPENLICHT 30 Schlichte Formen, lebendige Strukturen // Ein Zirkus des 21. Jahrhunderts 31 „Wir sind [B]lattländer.“
32 FREAKS BRAUCHT DAS LAND Die Kräuterhexe
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Oktober 2012
34 DAS LIEBSTE ZUM SCHLUSS Die besten Dinge des Monats
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PREVIEWS
KATJA SCHENKER bis 4.11.2012
DISTELI-DIALOG 2 bis 3.3.2013
TOM TOM CREW
KUNSTMUSEUM OLTEN www.kunstmuseumolten.ch
High Energy Music Show Öffnungszeiten: Di-Fr 14-17 Uhr; Do 14-19 Uhr; Sa/So 10-17 Uhr
STADTTHEATER OLTEN, THEATERSAAL www.stadttheater-olten.ch
Tipp des Monats
Do 25. Oktober 2012 20 - 22 Uhr VVK ab CHF 40.- auf www.kulturticket.ch
Wir präsentieren:
1. KOLT PINGPONG-NACHT 200 JAHRE STADTKIRCHE ST. MARTIN OLTEN
COQ D’OR www.kolt.ch www.coq-d-or.ch
HISTORISCHES MUSEUM OLTEN Konradstrasse 7 4600 Olten 062 212 89 89 www.historischesmuseum-olten.ch
Do 18. Oktober 2012 ab 20 Uhr
Ausstellung bis 7. April 2013
2 Tische, 1 DJ, kleine weisse Bälle, verschwitzte Stirnen: Herzlich willkommen zur 1. KOLT Pingpong-Nacht im Coq d’Or! Was in vielen Schweizer Städten einen richtigen Boom erlebt, kommt nun auch nach Olten. Klar, wir müssen nicht jeden Trend mitmachen. Pingpong ist aber definitiv cool und mitspielen kann jede und jeder. KOLT bittet an den Pingpong-Tisch: Bring Deinen Schläger mit, wir kümmern uns um den Rest. Isotonische und andere Getränke gibt’s an der Bar, gezapft vom passend gekleideten Barpersonal. Wir suchen keine verbissenen, jähzornigen, professionellen Turnierspieler, sondern einfach alle, welchen das Spiel am grünen Tisch Spass macht und ihren nächsten Bar-Besuch mit etwas Sport kombinieren wollen. Aaaasuge! Um den Tisch rennen, ein kurzes 1 gegen 1 als Rondo-Final und vielleicht gibt’s dabei sogar noch etwas Kleines zu gewinnen... Für die musikalische Unterhaltung sorgt DJ Justin Time mit Indie-, Rockund Electro-Tunes.
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In der ersten Ausstellung der neuen Museumsleiterin Dorothee Messmer zeigt die Schweizer Künstlerin Katja Schenker (*1968) eine speziell für Olten entwickelte, raumfüllende Installation. Diese wird erst durch die Performance im Rahmen der Vernissage und die Mitwirkung der BesucherInnen vollendet und schliesst eine Serie grossformatiger, kürzlich während eines Atelieraufenthalts in Wien entstandener Bleistiftzeichnungen ein. Daneben bietet die Schau einen Überblick über die Performances der letzten Jahre. Mit Ernst Thoma (*1953) tritt zum zweiten Mal ein Künstler im Rahmen der Ausstellungsreihe «Disteli-Dialog» in einen Dialog mit dem Werk des Oltner Zeichners Martin Disteli (1802– 1844). Ausgangspunkt ist das spannungsreiche Verhältnis des liberalen «Pfaffenfressers» zu Religion und Kirche – ein Thema, das aus Anlass des 200-Jahr-Jubiläums der Oltner Stadtkirche gewählt wurde, deren Hochaltargemälde auf einen Entwurf Distelis zurückgeht. Wie Disteli in seinem «Jüngsten Gericht» lehnt sich Thoma in seiner Arbeit oft bei Rubens an und setzt sich mit der Bedeutung des Körpers in unserer Gesellschaft auseinander. Er präsentiert einen «Höllensturz» aus unserer Zeit, in dem sich Pornokörper aus dem Internet im freien Fall der Oberflächlichkeit befinden.
Öffnungszeiten Di bis Sa 14-17 Uhr, So 10-17 Uhr
Die Stadtkirche von Olten entstand vor zweihundert Jahren als Ersatz für die viel zu klein gewordene ältere Kirche in der Altstadt. Als Baumeister beauftragte die Stadt den Laufenburger Zimmermann Blasius Balteschwiler, der wenige Jahre zuvor schon die neue Holzbrücke über die Aare gebaut hatte. Die Ausstellung berichtet über die Baugeschichte der Kirche, ihre Ausstattung und die Geschichte des Gotteshauses und der Pfarrgemeinden über zwei Jahrhunderte.
Ein DJ, ein Beatbox-Weltmeister und ein Schlagzeuger geben den Rhythmus zu einer explosiven Mischung aus Akrobatik und Streetdance, Hip-Hop-Beats und Zirkuskunst vor. Schlagzeuger Ben Walsh gibt den Grundbeat an. Herr über Platten und Pulte ist Scratching-Meister DJ Dizz1. Faszinierend Beatbox-Weltmeister Tom Thum – der Stimmakrobat erzeugt allein mit seinem Mund so mühelos Töne und Rhythmen wie sein Percussion-Kollege auf seinen Instrumenten. Vier talentierte Zirkus-Akrobaten stehen dem Trommelwirbel auf der Bühne in nichts nach. Tom Flanagan, Ben Lewis, Daniel Catlow und Shane Witt sind Absolventen des renommierten Flying Fruit Fly Circus, der australischen Kaderschmiede angehender Zirkusartisten. Wagemutig und verwegen, dreist und mutig zeigen die vier eine schwindelerregende Performance mit Seilartistik, Luftakrobatik in über sechs Metern Höhe und atemberaubenden Saltos.
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OKTOBER 2012
HAMMER NIGHT – THE SOUND OF THE 60’S, 70’S & 80’S On Stage: DJ TomTom & Guests
PREISVERLEIHUNG PRIXSOM
SCHÜTZI OLTEN www.bromusic.ch
Ein Kulturengagement der Schützi Olten
Sa 27. Oktober 2012 Doors: 20.30 – 04.00 Uhr Eintritt: CHF 20.Reservationen: bro@bromusic.ch
SCHÜTZI OLTEN www.solothurnermusikschulen.ch Fr 26. Oktober 2012 ab 18.30 Uhr
CORNELIA MONTANI / DIE STEINFLUT
18.30 Uhr Eröffnung durch Bildungsdirektor und Regierungsrat Klaus Fischer. Danach Präsentationen der Musikschulen Solothurn, Biberist und Lostorf. Anschliessend Apéro & Lehrer-Duo „Spiegel & Wyss“ der Musikschule Olten. Die Preisübergaben erfolgen als krönender Abschluss.
THEATERSTUDIO OLTEN www.theaterstudio.ch
Spezialversion und Wild essen!
Fr 26. Oktober 2012, 20.15 Uhr Sa 27. Oktober 2012, 20.15 Uhr
WIRTSCHAFT LOOHOF OFTRINGEN www.loohof.ch
Vorverkauf: Leotard, Ringstrasse 28, Olten
Sa 27. Oktober 2012 19.00h
An den Solothurner Musikschulen wird tolle Bildungsarbeit geleistet. Gerade in Projektarbeiten kommt dies immer wieder zum Ausdruck. Erstmals zeichnet der Verband der Solothurner Musikschulen SoM dieses Projektengagement mit drei Preisen aus. Die dem Verband angeschlossenen Musikschulen konnten ihre Projekte bis Ende April 2012 einreichen. Die Jury hat folgende Projekte zur Präsentation und Preisverleihung nach Olten eingeladen: Musicalprojekt „We go 2gether“ (Musikschule Solothurn), Opern-Orchester-Projekt (Musikschule Biberist), Band- und CD-Projekt „Black Fire & The Lostorf Symphony Orchestra“ (Musikschule Lostorf). Am Abend wird zudem ein Publikumspreis an eines der drei Projekte vergeben. Die musizierenden, singenden und tanzenden Kinder und Jugendlichen freuen sich auf ein grosses Publikum!
KOLT
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Am 11. September 1881 zerstörte ein gewaltiger Bergsturz den östlichen Teil der Gemeinde Elm im Kanton Glarus und brachte 114 Einwohnern den Tod. Franz Hohler hat das dramatische Ereignis zu einer ergreifenden Novelle verarbeitet. Hauptfigur ist die kleine Katharina, die intuitiv spürt, dass der Berg kommt. Als die siebenjährige Katharina Disch mit ihrem vierjährigen Bruder Kaspar am Freitag, den 9. September 1881, das Haus ihrer Grossmutter betrat, wusste sie nicht, dass sie erst wieder bei ihrer Hochzeit von hier weggehen würde. Cornelia Montani hat die Novelle «Die Steinflut» in ein packendes Erzähltheater übersetzt. Die Winterthurer Schauspielerin versteht es meisterhaft, die Angst des Kindes erlebbar zu machen. Sie schlüpft in die verschiedenen Charaktere, zieht alle Register ihrer variantenreichen Stimme und zeigt als begnadete Erzählerin eine überwältigende Bühnenpräsenz. Regie führte Klaus Henner Russius.
STROHMANN-KAUZ „WAIDMANNSHEIL!“
Zwei Jäger sitzen auf einem Hochsitz am Rande einer Lichtung, welche auch zu ihrem Abgrund werden kann. Das satirische Theaterduo (Matthias Kunz & Rhaban Straumann) zeigt ein mutiges Zeitbild von bestechender Doppelbödigkeit, gespickt mit makabren Seitenhieben. Manche sehen in der Jägersatire schlicht nur eine köstlich rabenschwarze Komödie. ‚Bitterböse’ oder ‚very british’ sagen weitere. „Waidmannsheil!“ bewegt und wird zuweilen heftig diskutiert. Darin sind sich aber alle einig: Es ist grosses Schauspiel, präzises Handwerk und vorzügliche Regiearbeit (Graziella Rossi & Helmut Vogel). Buch: Susanne Hinkelbein. Mehr Esstheater im Loohof: Strohmann-Kauz & Strub präsentieren: „Service Public am Tellerrand“ Do 22.11.12, Fr 14.12.12, Fr 22.12.12 Siehe auch www.strohmann-kauz.ch
In der Oltner Schützi geht bereits zum fünften Mal die Hammer Night über die Bühne – die Party, die dem legendären Lokal „Hammer“ gedenkt. Keine andere Party schafft es, die unvergessliche Stimmung von damals neu aufleben zu lassen, so dass die Besucher in Hippie- und FlowerPower-Erinnerungen schwelgen können. Selbstverständlich sind auch die jüngeren Semester, welche den Hammer nur vom Hören sagen kennen, herzlich willkommen. Hier wird der Alltag vergessen, ausgelassen getanzt und über alte Zeiten geplaudert. Für die passende Musik sorgt DJ TomTom, seit über 30 Jahren Musikfan und DJ aus Leidenschaft mit den Spezialgebieten 60er, 70er, Rock, Soul, Funk, Reggae, Hits und vergessenen Gassenhauern. Der Hammer war landesweit die Hochburg der Beat-Musik und präsentierte legendäre Konzerte von Bands wie Pink Floyd, John Mayall, Pretty Things und The Kinks. Lassen auch Sie sich vom nächtlichen Tanzfieber des Hammers anstecken, wenn dem Kultlokal die Ehre erwiesen wird.
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Ab 2013 wird der Strom in Olten neu gemixt! Infos unter www.aen.ch
Gilt bei einem Jahresverbrauch bis 100 000 kWh.
StandardStrom AareStrom GrauStrom
CINEMA
PARANORMAL ACTIVITY 4 USA 2012 // HORROR 18.Oktober, youcinema Nach den schrecklichen Ereignissen, die Katie und ihrer Familie widerfahren sind, beginnt der Spuk in einer anderen Nachbarschaft von Neuem. Ein junges Mädchen stellt fest, dass seit dem Einzug der neuen Nachbarn unerklärliche Dinge im Haus ihrer Eltern passieren. Dass das Licht flackert, sobald sich der kleine Nachbarsjunge dem Haus nähert, ist nur ein harmloser Vorbote des teuflischen Spiels des Dämons, das auch die Zukunft dieser Familie auf schreckliche Weise verändern wird.
HOTEL TRANSILVANIEN USA 2012 // ANIMATION, COMEDY 25.Oktober, youcinema Willkommen im HOTEL TRANSILVANIEN, wo sich Monster von ihrem stressigen Alltag und ohne Einmischungen der menschlichen Welt erholen können. Das Hotel freut sich über illustre Gäste wie Quasimodo, Frankenstein, die berühmte Mumie oder eine ganze Sippe von Werwölfen. Geführt wird das fünf-Holzpflock-Resort von Dracula. Doch das Unglück nimmt seinen Lauf, als ein normaler Mensch die Türschwelle des Hotels überschreitet und bei den Monstern für allerlei Chaos sorgt.
6 Fragen an... OLIVER KRIEG, GESCHÄFTSFÜHRER SCHÜTZI OLTEN
Eine Hoffnung namens Meier Es kommt selten vor, dass ein Schweizer Spielfilm über die Landesgrenzen hinaus bekannt wird. Die Regisseurin Ursula Meier könnte dies ändern. von Pierre Hagmann
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ie Schweizer seien ein undramatisches Volk, sagte der Oltner Dokumentarfilmer Bruno Moll im KOLT-Interview. Das erkläre mitunter, wieso sich die Schweizer Filmemacher im Dokfilm wohler fühlen als im Spielfilm. Tatsächlich ist es so, dass der Schweizer Spielfilm letzthin neben dem erfolgreichen Dok-Film eher ein Schattendasein fristete. Nun ist aber ein neuer Stern am Schweizer Autorenfilmhimmel aufgetaucht, der ziemlich hell scheint. „Es würde uns nicht erstaunen, wenn ihr nächster Film einen internationalen Hauptpreis gewinnen würde“, schrieb etwa die Basler Tageswoche. Die Rede ist von Ursula Meier, 41 Jahre alt, Tochter einer Französin und eines Schweizers. Erstmals sorgte sie 2008 mit „Home“ für Aufsehen, nun hat sie eindrücklich nachgelegt: Ihr zweiter Spielfilm „Sister“ wurde an der diesjährigen Berlinale mit dem „Silbernen Bären“ ausgezeichnet. Der Film ist in diesem Jahr bislang auch der einzige Schweizer Spielfilm, der an den Kinokassen nicht abfiel. Ursula Meier lebt in Belgien und vielleicht täte diese
Distanz zur Heimat ein paar anderen heimischen Filmemachern auch gut. Denn „Sister“ besticht dadurch, kein Heimatfilm zu sein – obwohl der Film in den Walliser Bergen angesiedelt ist. Wieder, wie in „Home“, geht es um eine aussergewöhnliche Familie, im Fokus stehen diesmal der zwölfjährige Simon (Kacey Mottet Klein, bekannt aus „Home“) und dessen ältere Schwester Louise (Léa Seydoux, beide im Bild), die zusammen in einem Hochhaus am Rande eines Skigebiets wohnen. Während der Wintersaison fährt Simon jeden Tag in die Berge und stiehlt dort Skier, um sie im Tal zu verkaufen. Da Louise nur unregelmässig arbeitet, sind sie auf seine Diebestouren angewiesen. Ursula Meier umgeht die Klischee-Falle und erzählt ein grossartiges Filmdrama vom Oben und Unten unserer Welt. Für Meier selbst, die in einem Vorort von Genf aufgewachsen ist, dürfte es nach weit oben gehen.
SISTER CH 2012 // DRAMA 25. - 29.10., Kino Lichtspiele
Was ist Ihr Lieblingsfilm? „Zabriskie Point“ von Michelangelo Antonioni, subversiv, antiamerikanisch und mit dem radikalsten Pink-Floyd-Musikclip aller Zeiten. Was ist der schlechteste Film, den Sie je gesehen haben? Den habe ich verschlafen oder verdrängt. Welchen Film haben Sie zuletzt im Kino gesehen? „The Best of Nachtfieber“ im Mai im Kino Palace. Oha, schon so lange nicht mehr im Kino gewesen. Sorry Koni! Bei welchem Film hätten Sie gerne die Hauptrolle gespielt? Den protzenden Zigeuner Dadan in „Schwarze Katze, weisser Kater“ von Kusturica. Mehr wegen der Musik und den Frauen als wegen dem Geld. Mit welchem Filmstar würden Sie am liebsten einmal einen Kaffee trinken? Mit Mathias Gnädinger im Fumoir. Worüber würden Sie gerne einen Film drehen? Eine Doku-Soap über die Sintflut in Olten.
Das ganze Oltner Kinoprogramm für den Monat September auf www.youcinema.ch / www.lichtspiele-olten.ch
Offizielles Partner-Festival des NIFFF Nous sommes partenaires du NIFFF The official partner festival of the NIFFF
Das nächste Fantastic Film Festival! Vom 1. - 4. Nov. 2012 im youcinema5 Oftringen · Grosser Newcomer-Filmwettbewerb. Melde deinen Film jetzt an! (Eingabeschluss 20.09.2012) · Preise für die besten Filme im Wert von CHF 5‘000 zu gewinnen! Oktober 2012 · TopKOLT Wettbewerbs-Jury mit Max Hubacher (Der Verdingbub), Tim Fehlbaum (Hell) und Georges Wyrsch (NIFFF)
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Smart & gut pi • smart food Tannwaldstrasse 34 Hotel Amaris – beim Bahnhof in Olten www.hotelamaris.ch/pi Die neue, frische «Drink & Food-Kultur» in Olten. Alles zum Mitnehmen oder Geniessen im pi.
KULTURSPLITTER
MONATSTIPPS DER MAGAZINE AUS AARAU | BASEL | BERN | LUZERN | ST. GALLEN | VADUZ | WWW.KULTURPOOL.BIZ
BASEL: KULTUR AUS MOSKAU Seit 10 Jahren findet das Festival Culturescapes statt,
LUZERN: NEUE ANSICHTEN
AARAU: ÜBERSICHT
das der Niederländer Jurriaan Cooiman ins Leben ge-
Die Ausstellung «Nouvelles boîtes» macht die Architek-
Wer sich einen konzentrierten Überblick darüber ver-
rufen hat, weil ihn fremde <Kulturlandschaften> schon
tur des Kunstmuseums Luzern sinnlich erlebbar: Bei
schaffen will, was die jüngere Generation von Künst-
immer fasziniert haben. Neun verschiedenen Ländern
fast allen Werken handelt es sich um Installationen, die
lerinnen und Künstlern in unserem Land umtreibt,
(mehrheitlich aus dem ehemaligen <Ostblock>) wurde
erst in einem architektonischen Kontext funktionieren
reist derzeit am besten nach Aarau: Das Aargauer
seit 2003 eine Plattform geboten, zunächst nur in Basel,
und welche die einzelnen Ausstellungssäle als Räume
Kunsthaus zeigt in einer grosszügig angelegten und
später auch in anderen Schweizer Städten.
und Gefässe an und für sich thematisieren. ie ameri-
sorgfältig präsentierten Schau 49 Positionen aus allen
Die 10. Ausgabe ist nicht mehr einem Land, sondern
kanischen Künstler Allora & Calzadilla, die mit ihrem
Landesteilen mit neuesten Arbeiten. Neben bekannten
der Metropole Moskau gewidmet und gibt mit einer
Beitrag an der Biennale in Venedig im letzten Jahr für
Namen sind auch einige Neuentdeckungen zu machen.
Fülle von Veranstaltungen Einblicke in deren vielfäl-
Aufregung sorgten, erarbeiten unter Mitwirkung von
Die Ausstellung markiert das 30-jährige Jubiläum des
tige, widersprüchliche und brisante künstlerische und
„Tanz Luzerner Theater“ eine Performance, die man
Manor Kunstpreises.
politische Lage.
sich nicht entgehen lassen darf.
Aarau, Aargauer Kunsthaus, bis 18. November,
Festival Culturescapes: Mi 17.10 bis So 2.12.,
SO 21. Oktober ab 13.00 Uhr, Kunstmuseum Luzern.
Infos unter www.aargauerkunsthaus.ch
div. Lokalitäten, Basel, www.culturescapes.ch
VADUZ: KUNST UND WIRKLICHKEIT
DUNKEL ANGEHAUCHTES APPENZELL
Anlässlich des Internationalen Tags der psychischen
Das Appenzeller Volkskundemuseum stellt zurzeit die
Gesundheit am 10. Oktober finden in Liechtenstein
berühmte Frage nach dem Geheimnis des Appenzel-
BURGDORF: KRIMITAGE
die sogenannten Wahnsinnsnächte statt. Mit Hilfe ver-
lers; auch auf erfrischende Weise durch Künstlerinnen
Zehn Tage lang wird Burgdorf wieder zum Zentrum der
schiedenster künstlerischer Medien wird eine öffentli-
und Künstler. Der 1979 geborene Urnäscher Ueli Alder
Schweizer Krimifans. In ihrer zehnten Ausgabe fahren
che Plattform geschaffen, wo Interessierte, Betroffene,
zeigt seine vordergründig idyllische Bilderserie «If you
die Krimitage ein reichhaltiges Programm auf, das wie
Fachpersonen und Kulturliebhaber einen gemeinsa-
get far enough away, you will be on your way back
gewohnt nicht nur aus Lesungen besteht:Theater, Film,
men Nenner finden und sich darüber hinaus mit zum
home» oder auf Appenzellisch «Wenn'd gnueg wiit
Hörspiel, Konzerte und Ausstellungen rund ums mör-
Teil tabuisierten Themen unserer Gesellschaft beschäf-
fort goscht, bischt irgendwenn wieder of em Heeweg!»
derische Thema sorgen fürs Ambiente in der Stadt. Und
tigen. Auf dem Programm stehen Film, Theater, Litera-
Kraftvoll und überzeugend legt er darin einen dunklen
natürlich dürfen Stars nicht fehlen:Ingrid Noll zum Bei-
tur und Vorträge.
Hauch Wilder Westen auf die Hügel des Appenzells.
spiel, Martin Walker, Arne Dahl und Peter James geben
21. Oktober bis 29. Oktober,
Ueli Alder im «Das Geheimnis des Appenzellers»
sich die Ehre – um nur einige zu nennen.
täglich an verschiedenen Veranstaltungsorten,
Ab 19. Oktober, Appenzeller Volkskundemuseum Stein.
Diverse Orte, Burgdorf. Fr., 26.10. bis So., 4.11.
www.wahnsinn.li
Mehr Infos: www.appenzeller-geheimnis.ch
www.krimitage.ch
KOLT
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PUBLIREPORTAGE
Eine vorfrankierte Postkarte als ein Geschenk, das neue Gäste nach Olten führen soll.
Ein Gespür kriegen für die Stadt An den ersten Sonntagen in den Monaten Mai bis Oktober flanieren Interessierte mit einer erfahrenen Stadtführerin durch die Gassen von Olten. Darüber hinaus bietet Olten Tourismus zu fairen Konditionen auch spezielle, individuelle Führungen übers ganze Jahr an. 11 Stadtführerinnen und Stadtführer veranstalten mehr als je 10 Rundgänge pro Jahr – aus reinem Interesse für ihre eigene Stadt. Kostenlose öffentliche Stadtführungen Für die öffentlichen Stadtführungen ist keine Anmeldung nötig – zudem ist die Führung kostenlos. Der Treffpunkt ist um 13.30 Uhr auf der rechten Aareseite der Holzbrücke bei der Wildsau. Dort wartet eine Stadtführerin auf interessierte Teilnehmer, welche spätestens am Ende der Führung, um 15.00 Uhr, mit anderen Augen durch Olten gehen werden. Nächste öffentliche Stadtführung: Sonntag, 7. Oktober 2012 Kontakt Olten Tourismus Frohburgstrasse 1 4603 Olten Tel. 062 213 16 16 Mail info@oltentourismus.ch Web www.oltentourismus.ch Öffnungszeiten Mo: 13.00 – 18.00 Uhr Di-Fr: 09.00 – 12.00 Uhr & 13.00 – 18.00 Uhr Sa: 09.00 – 12.00 Uhr
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m Jahr 2011 wurden 110 Stadtführungen für insgesamt über 1'700 Personen durchgeführt. Noch nie wurde eine Führung abgesagt. Das aktuelle Jahr wird diese Zahlen bei weitem übertreffen. Diese geführten Spaziergänge durch die Stadt sind sehr beliebt bei Vereinen, als Ergänzung für Seminarteilnehmer und bei Klassentreffen. Vor dem Termin nimmt die verantwortliche Stadtführerin Kontakt auf mit den Organisatoren. Der persönliche Kontakt wird geschätzt und von Olten Tourismus bewusst gefördert. Oft stehen den Begleitern zu Beginn des gemeinsamen Stadtrundgangs skeptische Besucher gegenüber. Olten besitzt kein gutes Image. Stadtführerin Emma Anna Studer meint: „Eine Stadt lernt man wie einen Menschen kennen und in Olten kann die Stadt nur gewinnen.“ Die Besucher kriegen im Verlauf der Tour ein Gespür für die Stadt, indem sie zum Beispiel erfahren, wo sich die letzten Steine der alten Stadtmauer befinden oder warum gewisse Pflastersteine in der Altstadt dunkler sind als die anderen. Mancher wird am Ende oft positiv überrascht sein von unserem Städtchen. Eine Oltner
Stadtführung erzählt Geschichten und sind Zeitreisen. Die „Touristen“ werden gepackt, indem alte Fotografien mit Orten, Gedichten und Geschichten kombiniert werden. „Orte bleiben mithilfe von Bilder besser haften“, weiss Stadtführerin Studer. Als Abschluss dieser ca. 1.5 stündigen Reisen dient jeweils ein Besuch auf der Stadthaus-Terrasse mit einem majestätischen Blick über die zahlreichen, gehörten Geschichten und gegen Ende der Tour erhalten die Teilnehmer eine vorgedruckte und frankierte Postkarte, die sie dann an eine verwandte oder bekannte Person senden können. Diese Bilder der Stadt werden hoffentlich neue Gäste nach Olten führen.
FRAUENGESCHICHTEN IM 18. UND 19. JAHRHUNDERT Möchten Sie mehr über die Rolle der Frau von früher und heute wissen? Dann ist die Führung „Frauen im 18. und 19. Jahrhundert“ genau das richtige für Sie.
KULINARISCHE STADTFÜHRUNG Die kulinarische Stadtführung beeinhaltet einen Apéro riche vor oder nach der Führung im Restaurant Bodega EL PATO und oder ein Mittag- oder Abendessen im Restaurant Rathskeller.
KLOSTERFÜHRUNG SATIRISCHE STADTFÜHRUNG MIT STROHMANN-KAUZ Als die beiden Senioren Ruedi & Heinz begleiten Sie das Theaterduo Strohmann-Kauz durch ihr persönliches Olten. Dabei kratzen sie an Fassaden, heben Dolendeckel und fördern Archiviertes zu Tage.
Auf dieser Führung entdecken Sie das Kloster wie auch das Klosterleben.
ALTSTADTFÜHRUNG Lassen Sie sich von der faszinierenden Altstadt berühren und lernen Sie während einer Stadtführung die Vielfalt von Olten kennen.
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DAS KLEINE JOB-INTERVIEW
ÂťIch hatte einige Prominente, aber ich mache da keinen UnterschiedÂŤ Sein Business sind die Haare: Mike Fehlmann, 43, betreibt einen eigenen Coiffeur-Salon in Olten. Nebenbei verbringt er viel Zeit in den Metropolen Europas, um anderen Coiffeuren sein eigenes Haarschnitt-System beizubringen. Text von Pierre Hagmann Foto von Yves Stuber
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ike Fehlmann, was wollten Sie werden, als Sie ein kleiner Junge waren? Pfarrer. Fragen Sie mich nicht, wieso. Wie kam es schliesslich, dass Sie Coiffeur wurden? Als ich zum ersten Mal bewusst Haare angefasst habe, hat mich die Leidenschaft gepackt. Und so wusste ich plĂśtzlich: Coiffeur, das ist es. Dann habe ich eine Lehre absolviert, bevor ich in einer englischen Akademie mit Arbeiten begann. 1995 hab ich schliesslich meinen eigenen Salon Haarwerk in Olten erĂśffnet.
Was reizt Sie am Haar? Das Haar ist eine Hauptsache und der schĂśnste Schmuck, den wir besitzen. Was mir am Job gefällt: Haareschneiden kann man Ăźberall. Seit 15 Jahren unterrichte ich in ganz Europa, ich schule jährlich etwa 3500 Coiffeure fĂźr die Firma Schwarzkopf auf unser 5-Punkte-Haarschnitt-System, das ich 1998 mitentwickelt habe. Dieses System unterstĂźtzt die Kreativität und achtet gleichzeitig auf die EďŹ&#x192;zienz. Es muss schnell gehen heute! Ich alleine mache im Monat 200 Haarschnitte.
ne Kunden davon profitieren kĂśnnen. Ich habe in Olten Familie und Freunde, hier bin ich zuhause. In Olten gibt es Ăźbrigens 90 Coiffeur-Salons, der Wahnsinn, das sind eigentlich viel zu viele! Ich liebe es aber schon, im Ausland neue Erfahrungen zu sammeln. Im Juli war ich etwa an der grĂśssten globalen Frisurenshow aller Zeiten in
Was ist zurzeit angesagt? Wir haben aktuell einen sehr aggressiven Trend, die Haare werden sehr flächig, glatt, stringent gehalten mit unterschiedlichen Strukturen und Längen mit rasierten Stellen. Bei Männern ist der Bart voll im Trend.
"Wir haben aktuell einen sehr aggressiven Trend": Fehlmann macht monatlich 200 Haarschnitte.
Wieso kehren Sie immer wieder nach Olten zurßck? Der Laden hier ist und bleibt mein Herzstßck. Mit der internationalen Tätigkeit mache ich nur weiter, solange mein Team und mei-
hat Catwalk-Fashion gezeigt. ZwÜlf Auserwählte, ich war einer davon und repräsentierte die Schweiz, haben diese Schnitte in Versionen umgewandelt, die die Menschen auch auf der Strasse tragen kÜnnen. Das läuft wie bei der Kleider-Mode. Das Modediktat gibt es aber nicht mehr wie frßher. Zu unserem Job gehÜrt es, die PersÜnlichkeit der einzelnen Kunden zu betonen, ihre Gesamterscheinung ist mitentscheidend.
Barcelona. Da waren 6000 Coiffeure aus 40 Ländern anwesend. Was haben Sie da gemacht? Das Thema war â&#x20AC;&#x17E;From Catwalk to Salonâ&#x20AC;&#x153;. Tyler Johnson, die Koryphäe momentan,
Wer war der prominenteste Kunde, den sie je hatten? Ich hatte einige, mal eine Prinzessin, aber ich mache da keinen Unterschied. Einige Coiffeure nennen sich selbst Starcoiffeur, weil Sie mal einen Prominenten bedient haben. Das ist doch lächerlich. Trudi Gerster war vor 20 Jahren mal meine Kundin, die ist mir in guter Erinnerung geblieben. Wer schneidet Ihre Haare? Hauptsächlich jemand aus meinem eigenen Team. Ab und zu lass ich mir die Haare aber auch gerne im Ausland schneiden.
OLTEN Ăźber die Welt Bald hat die Schweiz 8 Millionen Einwohner. Braucht es nun eine Begrenzung? Annetta Wyss, 42, Olten "8 Millionen in der Schweizâ&#x20AC;Ś Eine LĂśsung habe ich nicht, aber einen Vorschlag: Entweder nehmen wir die Nachbarländer ein oder wir glätten die Alpen! Oder kennt ihr Tetris? Wäre auch eine MĂśglichkeit zu bauenâ&#x20AC;Ś" Bejhan Asanoski, 30, Olten "Von der Vogelperspektive her gesehen hat die Schweiz noch viel Platz. Ich finde, man soll nicht konservativ, sondern wirtschaftlich denken. Die Grenze soll dann erreicht sein, wenn man in die HĂśhe bauen muss, denn das Schweizer System wird auch mit 30 Mio. Einwohnern fertig. Daran zweifle ich keine Sekunde." Samuel Blatter, 30, Olten "Ich finde es sollten nur noch Leute kommen dĂźrfen, die entweder einen Plattenspieler haben, oft an Konzerte gehen, gerne malen oder gut kochen kĂśnnen." Corinne Remund, 37, Olten "Das ist eine schwierige Frage und grosse Herausforderung. Ja, irgendeinmal wird es sicher eng. Viel mehr wachsen sollten wir nicht. Aber eine Begrenzung ist ein sehr heikles Thema, das wohl bedacht angegangen werden sollte!"
Feinste Kaliber von NOMOS GlashĂźtte.
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STADTLEBEN
Mittelmass trotz Minigolf Eine bekannte Schweizer Zeitschrift hat ihr neustes Gemeinde-Ranking publiziert. Olten liegt zwischen Wängi und Langendorf. Das passt nicht allen.
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iskutiert wird viel in Olten, über alles mögliche, vor allem aber über Parkplätze. Oft fragen sich die Menschen im Städtchen auch, wie attraktiv oder unattraktiv ihre Heimat nun wirklich ist. Zum Glück gibt es die Weltwoche. Die Weltwoche liefert Antworten auf die meisten Fragen, so auch in diesem Fall, in dem die Antwort lautet: Olten ist die 447. beste Gemeinde im Land. Das besagt das neuste Gemeinde-Ranking, das die Zeitschrift kürzlich veröffentlicht hat. Den allerletzten Rang dieser Rangliste belegt das solothurnische Gerlafingen, die Gemeinde wird an 876. Position geführt. Vollständig ist dieses Bild indes nicht, in der Schweiz gibt es schliesslich 2495 Gemeinden (per 1.1.12).
Antworten werfen wieder neue Fragen auf, und so diskutieren die Menschen im Städtchen munter weiter. Zum Beispiel im Netz, auf Facebook natürlich. Da gibt es eine Gruppe, die sich simpel „Olten“ nennt, 1308 Mitglieder und viel Gesprächsstoff. Unter anderem werden die RankingKriterien kritisiert: Arbeitsmarkt, Dynamik, Reichtum, Sozialstruktur, Steuerbelastung. Wie zum Teufel misst man Dynamik, fragt sich User F.*. Wie auch immer: Olten kackt überall ziemlich ab, nur beim Arbeitsmarkt sind wir voll dabei – Rang 32! Einige Online-User bemängeln, dass „weiche“ Kriterien wie Kultur, Gastronomie, Mobilität oder Bildung komplett ignoriert werden. Andere sehen das Abkacken gar nicht so negativ: „Ich will in keiner Stadt
leben, die in diesem Ranking gut abschneidet. Kategorie „Reichtum", also bitte“, schreibt J.*. Und wieder andere wie E.* verzichten ganz auf Argumente oder Einwände und lassen stattdessen einfach ihr Herz sprechen: „Für mich liegt Olten auf dem gefühlten Platz 63. Alles klar?“ Alles klar! Für echte Klarheit sorgt schliesslich M*: „Apropos profillose Mitte: 876 Orte wurden bewertet. Die mathematische Mitte: 438 - der Platz von Olten 447.“ So wissen wir nun immerhin: Wir leben nicht nur in der Mitte, wir sind auch Mittelmass. Ausser vielleicht im Minigolf, aber das war leider kein Kriterium im Weltwoche-Ranking. Mögen die Diskussionen weitergehen und auf fruchtbaren Boden fallen! ph *Namen der Redaktion bekannt.
So beflügeln wir die Innenstadt Die Oltner Innenstadt wird autofrei. Ende Juni 2013 soll die neue Zone eröffnet werden. Wie soll diese gestaltet und genutzt werden? Bis am 15. Oktober läuft ein Ideenwettbewerb. KOLT macht mit und bringt fünf Vorschläge. 1. CITY-BEACH Beach-Feeling kommt beim BeachVolley-Event ja schon ein bisschen auf – wieso nicht den Sand danach liegen lassen, ein paar Hängematten und Loungesessel dazu stellen, vielleicht ein kleiner Pool; fertig ist der City-Beach Olten!
2. PÉTANQUE-BAHN In Frankreich ist es mehr als ein Zeitvertreib welcher ein paar ältere Herren betreiben. Pétanque verbindet Generationen und die ganze Familie fiebert am Sonntag mit, wenn die silbernen Kugeln nahe ans kleine Kügelchen geworfen werden.
3. BÜROSTUHL-RENNEN Hünenberg? Hauptsache Zug! Das sind die Top 5 des Weltwoche-Gemeinde-Rankings.
Andaare – ein unbelebtes Stück Ufer? Olten erhält ein neues Aareufer, das Stimmvolk hat sich für das Projekt „Andaare“ ausgesprochen. Schön und gut, findet KOLT. Aber: Das Ganze soll und will auch belebt sein. Darum fänden wir es sehr toll, wenn zwischen Aarebistro und Bahnhof eine weitere Beiz miteingeplant würde. Oder vielleicht eine mobile Bühne auf der Aare. Ein drittes Lokal in diesem Abschnitt wünscht sich übrigens auch unser Starschriftsteller Alex Capus. Er meint: „Das wäre doch ein wunderbarer erster Auftritt für die Stadt – man verlässt den Bahnhof und gönnt sich auf der Aare draussen einen Coupe Colonel." Stadträtin Iris Schelbert gibt sich diesbezüglich offen, aber zurückhaltend: „Das Projekt ist in Planung, da ist noch nichts in Stein gemeisselt. Ich sehe aber vor allem ein Platzproblem. Und dann redet auch der Kanton noch ein Wörtchen mit – das Aare-Ufer gehört dem Kanton. Vielleicht wäre etwas Kleines, Mobiles die Lösung.“
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Ein alter Hut? Mag sein. Trotzdem hatten wir die offizielle BürostuhlRennen-Weltmeisterschaft in Olten – ein Riesen-Spektakel! Da würde niemandem einen Zacken aus der Krone fallen, diese wiederzubeleben.
4. SKATEBOARD-SCHULE MIT OUTDOOR-OBSTACLES Die Eltern sind am Einkaufen und die Kinder währenddessen unter Aufsicht das Rollbrett am Entdecken – mitten in der Stadt!
5. DER TÄGLICHE OLTNER FRISCHMARKT Wir schaffen den Wochenmarkt ab und platzieren eine fixe Infrastruktur für einen täglichen Frischmarkt sowie passende Verweil-Oasen, um vor Ort einen Schwatz zu halten oder einen Kaffee zu trinken.
Zum Beispiel so! (Fotomontage von Daniel Pfluger)
Weitere Informationen unter www.treffpunkt-innenstadt.ch/wettbewerb
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Kaum noch Oltner in der Kanti-Lehrerschaft Vor gut 20 Jahren wurde die Wohnsitzpflicht für Lehrer der Kanti Olten aufgehoben. Heute wohnt mehr als die Hälfte der Lehrerschaft in anderen Kantonen. Das bereitet der Rektorin der Kantonsschule, Sibylle Wyss, zunehmend Sorgen. Text von Pierre Hagmann Foto von Yves Stuber
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nfangs August feierte sie Jubiläum: Vier Jahre ist es her, dass die Oltnerin Sibylle Wyss zur Direktorin der Kantonsschule berufen wurde. Mittlerweile heisst ihre Position Rektorin, aber die Funktion ist derselbe geblieben: Sie leitet die Geschicke der Kanti Olten, einer Mittelschule, in der sie bereits seit 30 Jahren beruflich tätig ist. Die Schulreformen und kantonalen Grossprojekte wie zum Beispiel Harmonisierte Matur und Kantonaler Lehrplan des Gymnasiums verlangen ihr, der Schulleitung und dem Lehrerkollegium einiges ab. Als eine der grössten Herausforderungen nennt Wyss die Sek-I-Reform, welche nun seit zwei Jahren umgesetzt wird.
samt 150 Lehrer in anderen Kantonen (siehe Kasten). Diese Lehrer beteiligen sich im Normalfall nicht oder nur wenig am öffentlichen, lokalen Leben – sie kommen aus Zürich oder
Pflicht zurückfordern würde – „das wäre nicht mehr zeitgemäss“. Stattdessen versteht sie es als Aufgabe von Schule und Stadt, den Auswärtigen Olten näherzubringen und Ihnen die
PROBLEM LEHRERMANGEL
"WIR SIND NICHT AUF EINER BURG" Was ihr persönlich aber auch besonders am Herzen liegt: dass die Kanti Olten sich aktiv am Stadtleben beteiligt und dieses mitgestaltet. (Bildungs-)Politisch, kulturell, sportlich. Als Nebeneffekt würde man mit solchen Engagements auch bestes Marketing für die eigene Institution betreiben, so Wyss, und dieses ist mittlerweile nötig, um im Konkurrenzkampf mit alternativen Bildungswegen nicht an Bedeutung zu verlieren und speziell das Gymnasium klar zu positionieren. Hauptsächlich geht es ihr aber um die Sache an sich: „Wir sind nicht auf einer Burg oben und machen ein bisschen Bildung und das Umfeld interessiert uns nicht. Unser Bildungsanspruch ist ein breiter und dazu gehört eben auch das Dabeisein und Mittragen einer Gemeinschaft, die Teilnahme am öffentlichen Leben.“ Genau da gibt es aber ein Problem: Den Lehrern, die dafür mitverantwortlich wären, fehlt zunehmend die lokale Verankerung. Mittlerweile wohnen fast 60 Prozent der insge-
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„Das Feedback war äusserst positiv, da wurde Eis gebrochen“, sagt Sibylle Wyss. Ihr sei jedoch klar: Olten habe in den letzten Jahren auch einiges verpasst. „Das Problem der mangelnden Attraktivität ist aber erkannt und jetzt wird viel gemacht.“
Wünscht sich mehr ausserschulisches Engagement: Rektorin Sibylle Wyss.
Basel in den Hardwald und sind nach Schulschluss wieder weg. Die positive Sicht der Situation: „Die Kanti Olten hat als Arbeitgeber offensichtlich eine attraktive Ausstrahlung.“
EIN DEUTLICHES ZEICHEN Fast 20 Jahre ist es her, dass die Wohnsitzpflicht abgeschafft wurde. Wyss geht nicht so weit, dass sie diese
Vorzüge der Stadt auch als Wohnort schmackhaft zu machen. Da wurde zum Auftakt des Schuljahres ein deutliches Zeichen gesetzt: Anlässslich der Begrüssungskonferenz wurden sämtliche Lehrer und Mitarbeitende der Kanti vom Vize-Stadtpräsidenten empfangen. Anschliessend gab es verschiedene Führungen und schliessslich wurde zum Apéro auf die Stadthaus-Dachterrasse geladen.
Ein weiteres Manko, das die Schulleiterin festgestellt hat: „Diejenigen Lehrer, die in Olten und Region wohnen, engagieren sich zu wenig.“ Sie wünscht sich auch hier verstärkte Mitarbeit in lokalpolitischen Kommissionen und Gremien, um die Vernetzung mit der Stadt zu pflegen. Ihr sei aber bewusst, dass das oft auch schlicht ein Zeitproblem sei. Positiv zu erwähnen sei dagegen, dass die Schüler selbst „sehr aktiv sind“. Und natürlich gibt es auch einige Lehrer, die dasselbe tun – und in der Öffentlichkeit auch als Vertreter der Kanti wahrgenommen werden. Kommt erschwerend hinzu: Vom Lehrermangel ist auch die Kanti Olten betroffen. „Wir haben vor allem im Bereich Naturwissenschaften und Mathematik Mühe, Leute zu finden,“ so Sibylle Wyss. Für Naturwissenschaftler und Mathematiker gebe es genügend Alternativen zum Lehrerberuf. „Spontanbewerbungen erhalten wir gegenwärtig hauptsächlich für den Deutsch- oder GeschichtsUnterricht.“
VON WO DIE 150 LEHRER DER KANTI OLTEN KOMMEN 23 aus Olten 32 aus der Region Olten 9 aus dem restlichen Kanton 86 aus anderen Kantonen Top 6 Herkunfts-Gemeinden: Olten (23), Basel (14), Zürich (12), Solothurn (8), Aarau (7), Bern (6)
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IM EXIL
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NEW YORK CITY, USA
9/11/2012:
Elf Jahre ist's her... Stephanie Dinkel, 30, stammt aus Wisen und lebt und arbeitet als Fotografin in New York.
Freibier mit Robben in Blechhütten Menschen aus der Region berichten aus der Welt diesmal unter anderem über Palmen auf Kuhwiesen, Surfen in der Nordsee und unfassbar grosse Städte.
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SALENTO, COL
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chwarzweiss-gefleckte Kuehe, die auf saftigen grünen Weiden grasen, inmitten hoher Berge. Man könnte meinen, man sei in der Schweiz, irgendwo auf einer Alp. Doch ein kleines Detail passt nicht in dieses Bild. Palmen! Bis zu 50 Meter hoch stehen sie zusammen mit Kühen auf Kolumbiens Wiesen, 2000 Meter über Meer, in den Ausläufern der Anden. Ein Stück Heimat, weit weg von zu Hause. Bähram Alagheband, 32, und Daniela Püntener, 30, Journalisten aus Olten, reisen derzeit um die Welt.
APS-Inserat_5-12_KOLT_Inserat 06.09.12 13:45 Seite 1
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NORDERNEY, GER
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reitag Abend, Firmenfeier auf dem Rheinschiff: "Business Casual", die Frisur sitzt. Nach 8 Stunden Freibier, -Caipirinha und Party-Klassikern runter vom Schiff, drei Kollegen stehen schon an der Anlagestelle. Direkt im tiefergelegten Celica über die zerborstenen Strassen NRWs in Richtung Nordsee, mein Rückgrat merkt sich jede Querrille. Im Morgengrauen kämpfe ich mich aus dem Notsitz des Japaners heraus auf den Parkplatz am Hafen Norddeich. Die Frisur sitzt nicht mehr, die Stimme krächzt. Unsere Fähre
kriecht durchs Wattenmeer in Richtung Norderney, im Schlick weit entfernt sonnen sich ein paar Dutzend Robben. Norderney besteht aus zwei Streifen breiten Sandstrands, die Dünen dahinter schützen einen Flecken Tundra davor, von Wind und Wellen davongetragen zu werden. Wir sind todmüde, aber wir sind zum Surfen hier! Und tatsächlich: Mein Körper scheint sich an die paar Surfstunden von 2007 zu erinnern. Die Wellen haben Kraft und sind doch nicht zu gross, manchmal tragen sie mich an den Strand, ja, und dann vertreibt Euphorie die Müdigkeit. Schnell wieder raus in die Brandung! Ausser-
DAMIT SIE IHREN ANSCHLUSS NICHT VERSCHLAFEN. C R É AT I V E - AT E L I E R S A L Z M A N N . W E R B E A G E N T U R . P R I N T D E S I G N , D I G I TA L P U B L I S H I N G , W E B D E S I G N . V VI VII
Créative-Atelier Salzmann GmbH
Leberngasse 21, 4600 Olten
Telefon 062 285 50 80
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www.creative-atelier.ch
IM EXIL
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dem: Das Flensburger flenst, der Hering schmeckt und in zwei Wochen kommen wir wieder. Martin Kraxner, 29, stammt aus Oberbuchsiten und lebt und arbeitet in Düsseldorf.
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JAKARTA, IND
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akarta, die Hauptstadt Indonesiens, schafft es mit knapp 10 Millionen Einwohnern nicht einmal in die Top Ten der grössten Städte der Welt. Für mich als eingefleischten Provinzler ist diese Dimension dennoch auf keinste Art und Weise fassbar. Man stelle sich das so vor: Die ganzen Schweizer, auch die Tessiner und die Welschen, würden alle nach Olten ziehen. Und natürlich auch die ganzen Deutschen und anderen Aus-
länder die in der Schweiz leben. Damit kommen wir aber erst auf knappe 8 Millionen, wie wir alle wissen. Erst wenn jeder der zuletzt genannten Bevölkerungsgruppe "plus eins" auf die Gästeliste darf, kommen wir der Sache näher. Die neue Umfahrung übers Gheid würde spätestens jetzt den neuen Herausforderungen nicht mehr gewachsen sein! Ausserdem würden, wie in Millionenstädten leider so üblich, dann auch in Olten viele Leute in Blechhütten wohnen. Das wäre sicher nicht im Sinne der Stadt, auch wenn die momentanen Bestrebungen gross sind, neue Einwohner anzuwerben. Wie unsere Provinzstadt mit 10 Millionen Einwohnern ausschauen würde will ich mir nicht ausmalen. Aber nach einigen Tagen in Jakarta kann ich eines
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sicher sagen: In Olten wäre bestimmt mehr los. Cyril Müller, 30, stammt aus Fulenbach und lebt als freischaffender Fotograf in Dornbirn. www.cyrilphoto.com.
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KUALA LUMPUR, My
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alaysia – truly Asia“. Mit dieser Aussage des bereits im ankommenden Flugzeug abgespielten Werbefilms wird die Erwartunghaltung erzeugt, hier das wahre Asien kennenzulernen. Nach den ersten Reisewochen ist für uns tatsächlich eine Vielfalt an asiatischen Religionen und Gebraeuchen erkennbar. Die historische Vergangenheit als bedeutende Handelsstaette zwischen Indien und China
sowie als britische Kolonie hat verschiedene kulturelle Spuren hinterlassen. Für uns ist nicht identifizierbar, ob der Verkäufer nun Malay, Hindi, Mandarin oder eine Mischsprache spricht und von welcher ursprünglichen Abstammung sein Verhalten zeugt . Noch mehr Verwirrung stiften traditionelle Gerichte, die nach indischem Curry schmecken und uns zusammen mit Soya Sauce zu Gebetsgesängen aus der nahegelegenen Moschee serviert werden. Bei all dieser Durchmischung verstehen wir die Werber, die mit ihrem Slogan eine allumfassende Aussage gewählt haben, um diesem vielseitigen Land einigermassen gerecht werden zu können... Sandra und Andreas Walder, beide 30, stammen aus Olten und reisen momentan durch Asien.
Die clevere Art, bye-bye zu sagen. Olten H Ringstrasse 17 H 062 206 77 88 H olten@globetrotter.ch H globetrotter.ch
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HELL YEAH, IT'S FRIDAY!
Hell Yeah, it's Friday! Zwei Bernerinnen verlassen um 19.04 Uhr im Zug den Bahnhof Bern. 27 Minuten später fahren sie in Olten ein, steigen aus – und gehen aus. Zehn Stunden später, um 05.36 verlassen sie die Stadt wieder. Hier erfahren Sie, was dazwischen geschah. Die Reportage einer ganz normalen Oltner Freitagnacht. Ausserdem: Was Capus, Schelbert, Papatzikakis, Antoniadis und Burkart zum Zustand des Oltner Nachtlebens zu sagen haben. (Soviel vorweg: Es ist kritisch.) Text von Katja Zellweger und Rebekka Gerber / Interviews: Pierre Hagmann Fotos von Janosch Abel / Interviews: Yves Stuber
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as ist auch selten: In den Ausgang gehen sollen wir, so lautet der Auftrag. Die Lage kritisch beurteilen mit einem ungetrübten Auge von auswärts; Feldarbeit, ja Nachtarbeit ist gefragt und erste Informationen wollen zusammengetragen werden. Pedro Lenz bezeichnet seine Stadt in einer Ode an „Oute“ an den Kabaretttagen als „provinziell und unbeschoute“. Trifft dies auch auf das Nachtleben zu, oder was kann man von einem Durchfahrbahnhofstedtli in Sachen Nachtleben noch erwarten? Die Reaktionen auf das durchaus interessante Angebot fallen weitgehend gleichtönig aus: Olten??? Ja was willst du dort am Knotenpunkt? Kann man dort überhaupt ausgehen, ja hält der Zug überhaupt? Die Berner, so scheint es, steigen in Olten wenn nötig um, betrachten, zu grösseren (Party-)Destinationen reisend, die grünen sanften Hügel mit der Burg und der Aare oder witzeln über die erwartbare Provinzialität von Leuten und Lo-
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kalität. Auch penetrant investigative Fragen in unserem Berner Umkreis ergeben wenig hilfreiche Informationen. Die Türsteher seien besonders bösartig, oder es gäbe viele Raser. Immerhin: Eine Kollegin mag sich vage an eine „Sozialistenbar, die von einem Sozialisten-Anarcho“ gegründet worden sei, erinnern, sie soll sehenswert sein. Wo sie liegt: in Olten, und es steigen ihr Lachtränen in die Augen. Eine Luzerner Germanistikstudentin meint eine Bar von Pedro Lenz zu kennen, wir selbst haben vor Jahren eine Shisha in der Nähe vom Bahnhof geraucht, das ist aber auch grad alles. Gut möglich, dass damit ein und dieselbe, oder noch schlimmer: die einzige Bar von ganz Olten gemeint ist? Was bleibt uns anderes übrig, als vor Ort mit Stadtplan, Notizbuch, Tipps von der Redaktion und einer beinah unvoreingenommenen Einstellung durch die schönen Altstadtgassen zu streifen und, wie es der juristische Fachjargon nennt, Augenschein zu nehmen.
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"Unüblich wenig Publikum" hats im Terminus, und doch fühlen sich die Reporterinnen hier drin "völlig losgelöst".
Es bleibt noch zu sagen, dass die leicht herablassende oder einfach uninformierte Haltung vieler Berner in einer eigenen Verunsicherung fusst: jüngste Seilziehereien um Öffnungszeiten, Lärmbelastung und Kriminalität haben das Nachtleben mit Gesetzesparagrafen eingeschränkt und dezimiert. Ein Verein kämpft nun für die Rechte der Tanzwütigen als auch der Clubs, ja sogar der Club von SF diskutierte über das leidige Thema. Der Unmut über Clubschliessungen und eingeschränkte Betriebszeiten, die durch ebenso subjektive wie penetrante Lärmklagen eines Anwohners erreicht wurden, gipfelten schliesslich in einer enorm trinkfreudigen Tanzdemonstration vor dem Bundeshaus diesen Sommer. Das Konterfei des Regierungsstatthalters, der Einhaltung der Betreibungszeiten und -auflagen forderte, zierte danach wochenlang, mit „Figg di“ betitelt, die Innenstadt. Die betroffenen Clubs bleiben geschlossen oder schliessen zur Polizeistunde kurz nach Mitternacht brav die Tore, wer danach einfach etwas trinken will, hockt sich entweder an die Aare und flüstert, geht zu sich nach Hause und
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flüstert, oder schreit sich an in einem Club an der Bar. Immerhin bleibt das Thema Nachtleben so in aller Munde. So gesehen sticheln die Berner Experten in Sachen Ausgang vom hohen Ross herab gen Olten, dabei sind die Angebote auch in der Hauptstadt überschaubar und können sich nicht messen mit einem Zürich oder Berlin. Ob auch Olten mit solchen Problemen zu kämpfen hat, das wird sich zeigen. So oder so, sind wir schon angenehm positiv überrascht, im Internet versprechen mehrere Adressen gemütliche Bar- und Schwatzabende, als auch ausufernde Aktivitäten zum Tanz mit Livebands oder DJs. Im Interregio tuckern wir an unser Reiseziel: Olten, an den Ort von wo aus man alles erreichen kann, aber nirgends ist. Tun wir der alten Stadt am Aareufer unrecht mit unserer hauptstädtischen Vorstellung, oder ist etwas dran? Auf Festzeltbänken vor alten Butzenscheiben, die den Blick freigeben auf eine beachtliche Feuerwaffensammlung, versorgen wir uns erstmals mit einem stadtbekannten Cheeseburger. Im Rathskeller scheint der Wirt die Dienstwaffen vom gesam-
»DIE ZEIT FÜR GEHEIMNISVOLLE KELLER UND ECKEN IST ANGEBROCHEN. DIE AFTER HOUR ZEIT IN OLTEN. ES GIBT SIE.« ten Städtchen gehortet zu haben, dem ballistischen Wandbehand macht einzig ein Flachbildschirm Konkurrenz. Ein Phänomen, das sich als konstitutiv für Bars erweisen wird: Flimmerkisten in Bars. Bevor wir losziehen wird der Stadtplan ergänzt mit zeitlichen Richtlinien, diktiert von den Öffnungszeiten der Lokale. Es zeichnet sich ab, was überall Usus ist: von Bar zu Club zu Afterhour zum Beck und dann auf den ersten Zug, das Nachtle-
benkonzept ist also bundesweit einigermassen kompatibel. Wir müssen zumindest nicht fürchten, dass wir uns die anderthalb Stunden zwischen Clubschliessung um 4 Uhr und dem ersten Zug schlotternd im Wartsaal verbarrikadieren müssen, damit uns weder ein aggressiver Türsteher belästigt, noch ein Raser überkarrt oder mitnimmt. Die Variobar steht also nicht so weitab vom Zentrum, wie es auf dem Plan den Anschein macht. Wir sind ein wenig zu früh, die meisten Leute kommen ab elf Uhr und machen es sich draussen gemütlich, drinnen läuft der Fernseher, die Billardkugeln prallen aufeinander wie die musikalischen Genres Electro, Singer-Songwriter, Indie, Kuschel- und Hardrock. Erste Erkundigungen auf der Strasse, tönen nicht vielversprechend. Mitleidig und ungläubig wird unsere Frage nach Ausgehtipps goutiert: wir seien doch hoffentlich nicht deswegen angereist, Ausgang sei nur in Luzern und Zürich möglich. Terminus heisst einmal mehr die einzige Lösung für das Tanzbein, nach vier Uhr gäbe es nur noch „etwas am Wasser, dort hat’s aber nur Schippis“ – Ausländer.
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Das Sisième und Magazin versprechen Aussicht und/oder gemütliche Barstimmung – ersteres unterhält jedoch ein gewöhnungsbedürftiges Rauchverbot auf der in Drogenblaulicht beleuchteten Terrasse, im zweiteren lenkt die Übertragung der Sportnachrichten von SF vom doch sehr jungen Publikum ab. Die Zeit scheint uns reif, die nächste Phase des Nachtlebens mit einem Konzert im Coq d’Or auf der anderen Aareseite anzubrechen. Im goldenen Gockel informiert denn auch gleich ein Schild über die fast Küken-freie Zone, die wir betreten. Augenscheinlich wird sofort, dass hier ein Melting Pot von Musikinteressen problemlos koexistieren können. Nietengurt, indigener Ohrschmuck, Tattoo, Hippster, Typ von Nebenan, Minijupe und Make-up
»OLTEN, AN DEN ORT VON WO AUS MAN ALLES ERREICHEN KANN, ABER NIRGENDS IST.« Maske – im Coq d’Or herrscht entspanntes Nebeneinander, hier scheint das begrenzte Angebot der Kleinstadt die Vermischung zu begünstigen, vermeintliche Coolness, die einzig durch Gruppenzugehörigkeit verliehen wird, fehlt hier weitgehend. Zur Abwechslung hängen denn auch mal unbewegte Bilder an den Wänden und bei dem Publikum sind denn auch mehrere Stilmixe in der Innenausstattung auszumachen: Hirschgeweih und Notenwand meets PlastikKronleuchter und Brockilampe. Wie wir vom Barkeeper und Oltenkenner Oli erfahren, mussten aus lärm- und erschütterungstechnischen Gründen die Konzerte in den unteren Stock verlegt werden. Ein Soundcheck soll dem Nachbar den „Mörtel von der Decke weggebrösmelt“ haben, an sich gut und recht, doch: donnert nicht seit Erfindung der Eisenbahn in Olten mindestens halbstündlich sowie-
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„Mehr Gelassenheit auf allen Seiten wäre auch nicht schlecht“ Der Oltner Schriftsteller Alex Capus, 51, über die Bedürfnisse der EasyjetGeneration, mutlose Entscheidungsträger und Ausgang vor 30 Jahren.
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n verschiedenen Schweizer Städten fordern Jugendliche mehr Freiräume und mehr Angebote im Nachtleben. Hat diese Bewegung etwas politisches? Ja, sicher. Für die Jugendlichen gibt es wohl so viele Angebote wie noch nie, nur sind diese Angebote alle ziemlich gleich: es sind kommerzielle Angebote. Es braucht nicht-kommerzielle Freiräume, dieses Anliegen der Jugendlichen verstehe ich gut. Von denen gibt es wahrscheinlich weniger als früher, weil es so viele kommerzielle gibt. Der Soziologieprofessor Kurt Imhof etwa sieht dahinter nur die Lust auf eine grosse Sommerparty einer weitgehend konformen Jugend, der es nicht um sexuelle Befreiung oder Inhalte geht, die viel eher sparen will und ein Haus bauen und in einem KMU Karriere machen. Das ist doch paternalistische Altherrenpsychologie. Zum Beispiel die „Tanz dich frei“-Anlässe in Bern sind sehr wohl politisch motiviert. Es geht um Kommerzverweigerung. Wie schafft man solche nichtkommerziellen Räume? Indem man nicht alle Räume dem freien Markt überlässt. Hier ist auch die öffentliche Hand gefordert, die zum Beispiel erkennen soll, wo Zwischennutzungen möglich sind, es muss ja auch nicht alles für 1000 Jahre in Beton gegossen sein. Oder dass die öffentliche Hand einfach nichts macht und zulässt, was sowieso passiert, das wäre auch schon viel! Ideal ist es, wenn sich die Jugend ihre Freiräume selber sucht und wenn das in einem gewissen Dialog stattfindet. Wie erleben Sie die Jugend anno 2012? Ich beobachte, dass die Jugend unter enorm grossem Druck steht, die Zukunftsaussichten sind sehr ungewiss, verglichen mit meiner Generation. Es hat seine Logik, dass sich dieser Druck einmal manifestiert. Gleichzeitig beobachte ich, dass die Jugend wieder viel mehr Wert auf lokale Verwurzelung legt und auch ins Auge fasst, dort ihr
Leben zu verbringen, wo sie aufgewachsen ist. Wir wollten alle fort, Australien, Südamerika, egal wohin, Hauptsache weg. Das ist ja auch nicht wahnsinnig reflektiert. Die Easyjet-Generation ist vielleicht wieder pragmatischer und schätzt es, im vertrauten Lokalen Gestaltungsmöglichkeiten zu haben. Wenn ich nächste Woche nach Los Angeles auswandere, habe ich erstmal null Gestaltungsmöglichkeiten. Kommen wir eben auf das Lokale zu sprechen. Wie stehts um das Oltner Nachtleben? Wenn man sich auskennt, ist es okay. Dann gibt es für fast alle Bedürfnisse ein Lokal,
»Vor 20 Jahren kamen die Aarauer und Solothurner nach Olten in den Ausgang, heute ist es umgekehrt.« es gibt einfach nicht zwei oder drei. Es wird präzise alles gerade so abgedeckt, aber die Vielfalt und Dichte fehlt. Insgesamt ist das Nachtleben in Olten aber ins Hinterteffen geraten, im Vergleich zu Solothurn oder Aarau etwa. Vor 20 Jahren kamen die Aarauer und Solothurner nach Olten in den Ausgang, heute ist es umgekehrt. Es gibt politische Kreise in Olten, die das gut finden, weil sie ihre Ruhe wollen.
Weshalb ist Olten ins Hinterteffen geraten? Häufig liegt es an Personen, die an der politischen Spitze stehen, die ein Klima prägen. Ich wünschte mir für Olten Entscheidungsträger mit mehr Mut zum Experiment und für kreative Beschlüsse. Dass man auch einfach mal etwas macht, ohne sich immer durch Experten absichern zu lassen! Wir sind so ängstlich in Olten und denken immer über 100 Jahre hinaus über alle Eventualitäten nach. Wie war das, als Sie 20 waren? Damals war es eine grosse Ausnahme, wenn jemand zum Arbeiten nach Zürich ist. Heute ist es eher umgekehrt. Die Zentrifugalkraft ist viel, viel grösser geworden. Und dann ging man auch in Olten weg am Abend. Von Donnerstagabend bis Sonntag hats gebrummt in der Altstadt. Und doch kam es dazumal keinem Anwohner in den Sinn, die Polizei zu rufen. Das ist neu, dass diese ihre Ruhe wie auf der Kuhweide wollen. Eine Gesellschaft muss zur Jugend stehen und auch dazu, dass die jungen Leute laut sind und blöd tun. Und wenn am Sonntagmorgen halt mal drei Bierdosen rumliegen – in Gottes Namen, es gibt Schlimmeres. Mehr Gelassenheit auf allen Seiten wäre auch nicht schlecht.
Sie gehören nicht dazu. Nein. Ich finde den Slogan „Clevere Pendler leben hier“ falsch. Wir sollten keine Pendlerstadt sein, sondern eine, die lebt. Dazu brauchts auch ein Nachtleben, sonst ist es eine Schnarchstadt. Das ist gerade für eine Kleinstadt wie Olten tödlich. Es ist eine Überlebensfrage, lebendig zu bleiben in Zeiten von unbeschränkter Mobilität. Dass wir unsere eigene eine kleine Metropole bleiben und nicht zur Schlafstadt von Zürich degenerieren.
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19. – 21. Oktober 2012 BallyLab Schönenwerd www.in-out-design.ch Trendmesse & Verkaufsausstellung
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so ein Zug vor demselben Haus vorbei? Doch jedem Lärmklager seine Nachtruhe! Darum zwängen wir uns in den nachtschwarzen Bandraum im Keller, der trotz musikalischen Leistungen eine Stimmung vermittelt vom Jugendraum von früher, wo man gebannt dem Schwarm zuschaut, wie er an seiner Gitarre zupft. Weil um zwei Uhr schon Nachtruhe sein soll, geht’s weiter in die Sichtbar, der Namen lässt uns eine hippe, angesagte Prenzlauerberg „Knelle“ vermuten – konsterniert stolpern wir beinah in die „Traube“ und freuen uns, die schlichte Sichtbar, gerade noch rechtzeitig zum SF-Spätfilm, gefunden zu
weiss, wird ausgelassen getanzt, niemand lässt sich vom grossen Parkett einschüchtern, einzig ein einheimischer Jungpolitiker zeigt sich leicht überfordert vom weiblichen Hauptstadtbesuch. Nach dem Terminus kehren wir nicht um, wir tanzen uns in eine andere Welt. Die Zeit für geheimnisvolle Keller und Ecken ist angebrochen. Die After-Hour-Zeit in Olten. Es gibt sie. Nach ein paar wenigen Schritten mit den letzten motivierten Terminusgängern landen wir vor einer vermeintlichen U-Bahn Station. Im Underground enthüllt sie sich als Fumoir der Oltner Latino Bar. Die
»DER BARBESITZER VERKÖRPERT MITSAMT SEINEM LOKAL EIN SELTENES RELIKT AUS DER PORNOINDUSTRIE DER 70ER, WIE WIR ES UNS HEUTE VORSTELLEN: OBERLIPPENSCHNÄUZCHEN. PFERDESCHWÄNZCHEN UND DIE GÜRTELSCHNALLE AUF HÜFTHÖHE.« haben. Ungern werden wir an erste Alkoholversuche erinnert, wenn wir die Dreissigjährigen draussen beim Smirnoff exen beobachten, auch andern Oltnern erscheint dies äusserst provinziell. Eine berühmtberüchtigte Serienparty im Terminus ruft, auch drei ältere Semester wissen ebenfalls nur von dieser Adresse, sie zeigen sich als einzige Einheimische zufrieden mit dem oltnerschen Angebot. An der Party „Hell Yeah – It's Friday“ schüttelt man dann definitiv alle Sorgen der Arbeitswoche ab. Zu Charts und synthetisierten Hits fühlen wir uns, besonders hier wo uns niemand kennt, völlig losgelöst. Obwohl unüblich wenig Publikum für die wohl am häufigsten stattfindende Party in Olten, wie der zum Takt wippende Garderobemann zu berichten
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karibische Musik und die farbigen LCD-Lichtspiele, die sich durch Plastikpalmblätter schlängeln Wände und Fenster bedecken, locken uns in die Bar hinein. Wir tanzen nicht. Wir sind mit der üppigen Innenausstattung beschäftigt und den zwei älteren Herren, die genüsslich Penne all'arrabiata, die Spezialität der Latino Bar, kauen und mit ihren Blicken simultan den Bewegungen der speditiven Latina Barfrau folgen. Der Barbesitzer verkörpert mitsamt seinem Lokal ein seltenes Relikt aus der Pornoindustrie der 70er, wie wir es uns heute vorstellen: Oberlippenschnäuzchen. Pferdeschwänzchen und die Gürtelschnalle auf Hüfthöhe. Es ist viertel nach vier und wir wollen noch mehr entdecken. Wir suchen nach einem grösseren, tan-
„Es braucht junge Leute, die etwas reissen wollen“ Iris Schelbert ist Oltner Stadträtin (Grüne) und Direktorin Öffentliche Sicherheit. Sie wünsche sich auch ein attraktives Nachtleben, sagt sie. Eine bestimmte Bar sei ihr aber ein Dorn im Auge.
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ris Schelbert, ist das Nachtleben derzeit ein Thema im Stadtrat? Nein, zurzeit nicht.
Gibt es im Oltner Nachtleben also kein Lärm- und Sicherheitsproblem? Wenn jemand um 22.10 Uhr bei der Polizei reklamiert, es sei zu laut, dann muss diese ausrücken. Es ist ein Spagat. Ich sagen den Wirtinnen und Wirten immer: Ihr müsst mit eurer Nachbarschaft klarkommen, lädt sie zum Apéro ein, sucht den Dialog. Es stimmt aber, dass eine Interpellation hängig ist in diesem Zusammenhang? Ja, aber da hätte statt einem Vorstoss auch ein Telefonat gereicht. Es geht in diesem Fall vor allem um eine angebliche Schliessung des Kulturlokals Coq d’Or, die aber gar nie zur Diskussion stand. Da gibt es andere Kaliber, zum Beispiel die Bar 97. Da haben wir zwei Ordner voll mit Anzeigen und es passierte zu nichts, der Kanton beliess es bei Bussen. Nun erhält das Lokal aber verschärfte bauliche und lärmtechnische Auflagen. Die Bar ist Ihnen ein Dorn im Auge? Ja. Da kämpfen wir mit den üblichen Nebenwirkungen: Lärm, Littering, Vandalismus. Der Club macht die Winkelunterführung nicht sicherer, im Gegenteil.
betriebe. Die erste Bilanz? Positiv. Das sollte so weitergeführt werden. Für die allermeisten reicht die vereinbarte Zeit. Dennoch: Olten scheint gegenüber den ähnlich grossen Städten ins Hintertreffen gelangt zu sein. Wieso? Einerseits schadet uns die ideale Lage – man ist schnell weg. Andererseits gibt es halt derartige Entwicklungen. Mit dem Metro etwa ist ein grosser Magnet weggefallen. Wenn ein paar Leute zum Beispiel in der Industrie ein geeignetes Lokal finden und dort etwas Gutes aufziehen, dann schwappt das wieder. Es braucht die richtigen Leute mit der richtige Idee, dann kommt das wieder. Das ist ja nicht Aufgabe der Stadt. Alex Capus sagt, dass es auch an mutigen Entscheidungsträgern fehlt. In erster Linie braucht es junge bewegte Leute, die etwas reissen wollen, die sich einen Raum suchen, ihn finden und dafür einstehen. In Verhandlung mit solchen aufständischen Jugendlichen braucht es einen mutigen Stadtrat und das wollen wir auch sein. Ich empfinde unsere Jugend aber als eher unbewegt, konform und sicher nicht als rebellisch.
Will die Stadt überhaupt ein aktives Nachtleben? Ja, wir wollen eine lebendige Innenstadt. Ich persönlich will um 23 Uhr abends bei einem Bier in der Stadt auch nicht flüstern müssen, weil irgendeiner aus dem 3. Stock sein Mikrofon raushält, um zu beweisen, dass die Lärmgrenze überschritten wird. Aber es ist klar: Der Konflikt zwischen den Leuten im Ausgang und denen, die schlafen wollen, wir es immer geben. Wenn sich Leute beklagen, dann versuchen wir zu vermitteln. Das ist meine Rolle. Seit diesem Jahr gelten die verlängerten Öffnungszeiten für Aussen-
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„Es herrscht eine Jömmerli-Stimmung“ Nathalie Papatzikakis, 28, betreibt seit Anfang 2010 das Kulturlokal Coq d’Or. Ihr Anspruch: den Gästen etwas zu bieten, das diese in Zürich nicht kriegen. Und: Bald gibts auch einen Coq-d'Or-Kulturverein.
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ie geht’s dem Oltner Nachtleben? Es tümpelt vor sich hin, ist ein bisschen hoffnungslos. Im Coq d’Or wollen wir uns aber nicht von dieser Stimmung anstecken lassen. Wir glauben daran, dass diese Stadt ein tolles Publikum hat, das sich begeistern lässt. Unser Anspruch muss es sein, etwas zu bieten, dass die Oltner in anderen Städten nicht kriegen. Damit die Leute hier bleiben. Was kann das sein? Das familiäre, Olten-typische. Das gibt’s in Zürich nicht. Olten-typisch? Es ist Olten-typisch, dass Prestige unwichtig ist. Hier wird man danach beurteilt, wie man wirklich ist, und nicht nach Kleidern, Ausbildung oder Job. Das prägt auch die Atmosphäre im Coq d’Or. In unserer „Familie“ wird jeder aufgenommen, der ein toller, angenehmer Mensch ist. Damit ein Laden wie das Coq in Zürich funktioniert, brauchst du entweder mit den Trends zu gehen oder eine extreme Nische zu bedienen. Ich möchte aber keinen Hipster-Laden, das ist mir zu kurzzeitig.
Sie planen also längerfristig mit Ihrem Lokal? Ja. Aber sicher mit ständigem Wandel, wie wir jetzt gerade einen durchmachen. Unser neues Konzept läuft unter dem Slogan „Kultur für Nachtschwärmer“ und sagt dem Kommerz den Kampf an, der sich zuvor langsam hier eingeschlichen hatte. Plötzlich kam jeder hierher und wenn jeder kommt, wird das Lokal hundskommun. Wir setzen auf eine alternative Programmation und wollen vermehrt Kultur- und nicht Sauflokal sein. Uns geht’s um die Sache, nicht um Profit. In dem Kontext planen wir auch, bis Ende Jahr einen Kulturverein zu gründen. So dass künftig alle kulturellen Anlässe, die hier drin stattfinden, über den Verein laufen, bei dem die Leute auch Mitglied und aktiv werden können.
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Ihr hattet mit Lärmklagen zu kämpfen. Wie schaut die Situation zurzeit aus? Es ist schon zermürbend, zu wissen, dass ein einzelner Nachbar im Stand ist, immer und immer wieder die Polizei vorbeizuschicken. Ausserdem schmerzt es finanziell, wenn fast jede Woche eine Busse ins Haus flattert, das kostet jedes Mal 250 bis 350 Franken. Und das alles wegen der immer gleichen Person. Es kam auch vereinzelt vor, dass sonst jemanden reklamiert hat, aber dann wars auch wirklich zu laut, da hatten wir die Busse verdient. Es ist aber nicht so, dass uns eine Schliessung angedroht wurde. Steht die Stadt aber auf Eurer Seite? Ja, die stehen voll auf unserer Seite und unterstützen uns. Ich finde es auch zu einfach, der Stadt mangelnde Offenheit vorzuwerfen: Wie ich das mitgekriegt habe, erhält die Stadt gar keine konkreten Anfragen für neue Projekte oder Lokale. Ich habe generell das Gefühl, dass eine „Jömmerli“-Stimmung herrscht im Moment. Alle jammern, dass nichts läuft und nichts passiert, aber keiner tut was! Ich sehe jedenfalls Potential: Zum Beispiel für ein neues Konzertlokal, wo auch grössere Bands auftreten könnten.
"Es ist viertel vor vier und wir wollen noch mehr entdecken".
zenden After-Hour-Publikum. Wir steigen mit der Rolltreppe hoch in die Dunkelheit. Nach dem vergeblichen Versuch eine U-Bahn zu finden haben wir definitiv Lust auf Grossstadt und tauchen kurz in die Manhattan Bar ab, von der uns vor allem die Spannteppiche in Erinnerung geblieben sind. Anschliessend befinden wir uns in einer Unterführung in der noch viel in Bewegung ist. In der Bar 97, die einem Zumba Tanzstudio ähnelt, tanzen graziöse Damen vor verspiegelten Wänden und schauen ihren eigenen Bewegungen zu. Sogar der Türsteher wird bezirzt und spontan in einen Schlangentanz involviert. Hüftsteif und erschöpft sitzen wir auf den Barhockern und hoffen, dass uns niemand zum Tanz auffordert. Erst als der Barchef bemerkt, dass wir von der Manhattan Bar kommen, in der er sich vorher, gleichzeitig wie wir, aufgehalten hat, werden wir mit rosaroten Shots beschenkt. Unsere Augenlider auf Halbmast beginnen wieder aktiv zu werden und die Lust nach salzigem Essen kommt langsam auf. Wir machten kehrt und Olten sei Dank, schon nach wenigen Minuten stehen wir vor einer gutgelaunten Beckersfrau und kaufen grossartiges Picknick für die Zugfahrt ein. Wir sind eifersüchtig auf die Frische, die sie ausstrahlt. Unsere Zeit ist definitiv
»HÜFTSTEIF UND ERSCHÖPFT SITZEN WIR AUF DEN BARHOCKERN UND HOFFEN, DASS UNS NIEMAND ZUM TANZ AUFFORDERT.« abgelaufen, der erste Zug wollen wir nicht verpassen und zum ersten Mal in dieser Nacht scheint uns die Distanz zurück zum Bahnhof lang. Olten ist mehr als eine Beiz, Olten hat ein Leben in der Nacht. Die Oltner ziehen nachts von Bar zu Bar. Überhaupt sind sie mobil. Aus Gesprächen zeigt sich, dass die meisten auch im Zürcher, Luzerner, Basler oder Berner Nachtleben bewandert sind. Es ist wohl der Grund dafür, dass es nirgends ein riesiges Menschengetümmel mit Tumult und Gedränge gibt. Szenebars existieren nicht, uns fällt eine spannende Mischung von
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„1. Baden, 2. Aarau, 3. Solothurn, 4. Olten“ Georgios Antoniadis, 39, und August Burkart, 43, sind Gründer und Geschäftsführer der POP ART Veranstaltungen GmbH. Die Firma tritt seit 2000 als kommerzieller Veranstalter im Mittelland-Nachtleben auf, unter anderem im Oltner Terminus und in der Aarauer Kettenbrücke. Früher war Olten hip, sagen sie. Dann liess man es schleiffen.
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unterschiedlichen Typen in einigen Lokalen auf. Ü30, U18, Alternativ oder Chic sind zum Teil vereinigt in einer Bar, was uns sehr gefällt und eine entspannte Stimmung bewirkt. Ein Manko daran ist, dass schliesslich auch die Interieurs diverser Bars ein Konglomerat an Stilen aufweisen. Der Charme wird ihnen durch inkonsequente Gestaltung der Oberfläche und Inventar ein bisschen weggenommen. Die Stilbrüche sind aber nebensächlich, wenn man die Sympathie und Offenheit der von uns angetroffenen Personen betrachtet. Sie sind beschwichtigend auf uns zugekommen und gegenüber der Provinzialität und dem Ausgangsangebot vor Ort kritisch. Obwohl Olten nicht Berlin ist, die Autos zum Teil schneller um die Ecken kommen, raten wir den Bernern und überhaupt «Grossstädtern» der Schweiz mindestens einmal eine Nacht auf Oltens Gassen zu verbringen. Zur Abwechslung einmal unbekannte, neue Köpfen zu sehen, tut gut, zudem ist Olten für nächtliche Touristen extrem übersichtlich. Falls Langeweile aufkommt, zieht man zusammen Haus um Haus weiter, bis der erste Zug fährt und man zum Kenner von jedem Lokal wird. Und: Olten ist immer auf halber Strecke!
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eorgios Antoniadis, Sie sagten kürzlich in einem AZ-Interview zum Thema Nachtleben: „Zofingen ist tot, Olten liegt im Koma“. Inwiefern liegt Olten im Koma? Antoniadis: Verglichen mit früheren Zeiten ist das Oltner Nachtleben brutal am darben. Ende der 90er-Jahre kam nach dem Kaufleuten das Terminus, die Leute kamen von ziemlich weit her, Sex lag in der Luft, es war the place to be, House-Musik, ziemlich glamourös. Die EHCO-Spieler mit Käppi und Turnschuhen wurden nicht reingelassen, das führte zu einigen Diskussionen. 1999 sind wir da eingestiegen mit der Partyreihe Saturday Night Fever. Olten war damals viel belebter als heute, Bodega, Metro, Hammer, Nagys, Terminus, man ging nach Olten und man hat rotiert. Aarau hat damals niemanden interessiert, Olten war hip und Aarau war tot. Was lief dann schief? Burkart: Olten hat es schleiffen lassen. Man hatte einen hohen Standard und hat es verpasst, am Ball zu bleiben. Plötzlich erwachte Aarau, dort schossen die Bars wie Pilze aus dem Boden. Die Konkurrenz zog nach und überholte; das passiert, wenn man nicht zu seinen Schafen schaut. Heute hat das Terminus an einem Freitag 50 bis 150 Leute, bei bekannteren Acts sinds auch mal mehr. In der Kettenbrücke in Aarau sinds 800-900 jeden Freitag. Olten leidet heute generell unter seinem schlechten Ruf: Viel Verkehr, viele Ausländer, grau. Welche Mittelland-Stadt ist heute am attraktivsten bezüglich Nachtleben? Antoniadis: Unser unvollständiges Ranking sieht so aus: 1. Baden, 2. Aarau, 3. Solothurn, 4. Olten. Was braucht es in Olten, um wieder attraktiv zu werden? Burkart: Es reicht nicht, wenn der Fritz eine coole Bar eröffnet. Damit Olten ernsthaft an Attraktivität gewinnt
und Leute auch von ausserhalb anzieht, braucht es eher zehn neue Bars und zwei neue Klubs. Eine Stadt ist nur attraktiv, wenn die Vielfalt und Grundstimmung passt. Ein gutes Beispiel ist Sursee: Früher war das Städtchen totlangweilig, heute blüht das Leben in der Altstadt völlig auf, die Stimmung passt. Baden hat auch realisiert: Wir haben Zürich vor der Nase, wir müssen den Leuten etwas bieten. Und das tun sie aktiv! Zofingen hingegen lässt verkünden: Wir sind eine Wohnstadt. Da bleibt kein Platz für Nachtkultur. Während es da eindeutig die Stadt ist, die verhindert, sind die Oltner Entscheidungsträger keine Verhinderer. Sie lassen den Menschenverstand walten, wir hatten immer eine gute Zusammenarbeit. Olten ist von behördlicher Seite her unkompliziert. Aber gleichzeitig wohl zu wenig aktiv. Wie oder wo soll die Stadt konkret aktiv werden? Antoniadis: Aus eigener Erfahrung gesprochen: Nach der Metro-Schliessung hätte ich erwartet, dass die Stadt gesagt hätte: Wir helfen euch eine neue geeignete Location zu suchen, mit der Auflage, dass ihr weiterhin Konzerte organisiert wie bis anhin. Für uns war das Gerolag-Areal ein Thema als Location für einen Metro-Nachfolger, doch das finanzielle Risiko war uns zu gross. Und leider gab es keine Subvention von der Stadt oder Kanton. Das Resultat: Heute kommt praktisch keine Band mehr nach Olten. Burkart: Man darf auch nicht vergessen, dass eine solche Location ideales Stadtmarketing bedeutet. In Olten gibt es derzeit nichts, dass einen solchen Beitrag leisten könnte.
Thema. Wir sehen nach wie vor Potential im Gerolag-Areal. Dort könnte man ein neues Zentrum des Oltner Nachtlebens pushen, mit einem neuen Konzertlokal, einem Klub, Bars, dem obligaten Kebab-Stand... Das könnte eine positive Ausstrahlung auf die ganze Stadt haben. Antoniadis: Oder in dem Quartier, wo das Silo8 war... Vorläufig investiert ihr aber lieber in anderen Städten? Aktuell bauen wir einen „Platzhirsch“-Ableger in Langenthal. Extrem nette Leute dort.
»Ende der 90erJahre kam nach dem Kaufleuten das Terminus, die Leute kamen von ziemlich weit her, Sex lag in der Luft, es war the place to be, HouseMusik, ziemlich glamourös.« Georgios Antoniadis (links) und August Burkart
Gibt es keine aktuellen Pläne für ein neuerliches Engagement in Olten von Eurer Seite? Burkart: Ich möchte im Moment nicht der Erste sein, der in Olten ein Zeichen setzt. Aber wir sind grundsätzlich offen und wenn ein Klimawechsel stattfindet, wird Olten auch für uns wieder zum
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HÖREN & LESEN IN EINEM ZUG
Die Kinder des Nebels von Lucas Fröhlicher
Service inbegriffen von Pedro Lenz
Ein Blättlein hing an einem Ast und war dem Baum fast keine Last Und trotzdem liess der Baum es fallen, liess herzlos es gen Boden prallen. Dort unten standen Kinder froh, das Lied sie sangen, es ging so: Du Blättchen stirbst und das zurecht, bist bald schon tot, das ist nicht schlecht. Die Welt besteht aus Tod und Qual, jeder krepiert, ganz ohne Wahl. Das Blättlein jammert ohne Ton, seufzt leis „Ade“ und betet schon, da kommt ein Windstoss, weht es weg ganz hoch hinauf in das Geäst. Dort liegt es froh nicht tot zu sein, die Kinder stimmen alle ein: Du Blättchen lebst, doch nicht für lang. Bist bald schon tot, so ist der Gang. Die Welt sie ist ein kalter Ort, rafft dich und unsre Eltern fort. Das Blättlein will nun nicht mehr leben, hat Hoffnung, Freude aufgegeben. „Was ist der Sinn dann?“, fragt es lau, schaut traurig auf, zum Himmel grau und wünscht sich Gift und Strick herbei, denn wütend ist der Kinderschrei: Du Blättchen hast niemals geliebt, hast weder Frau, noch Kind es gibt, die bald an deinem Grabe kauern, um dich, um deine Seele trauern. Lucas Fröhlicher (*1988) lebt in Solothurn und schreibt unter anderem für die Literaturzeitschrift NaRr.
Illustration von Petra Bürgisser
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andalismus, Littering oder ähnlich unschöne Dinge begegnen uns ja beinahe überall, zum Beispiel auch in fahrenden Zügen. Verklebte Sitze, am Boden herumliegende Zeitungen oder halbvolle Bierdosen auf den Ablagen sind keine Seltenheit. Nicht, dass das furchtbar schlimm wäre, aber es fällt halt auf. Vermutlich gibt es einen direkten Zusammenhang zwischen dem Begriff «Selbstkontrolle» und dem Begriff «Kontrollverlust». Wer nämlich regelmässig Bahn fährt, wird gemerkt haben, dass die schmutzigsten Bahnwagen immer die sind, die ohne Zugpersonal unterwegs sind. Dort wo «Selbstkontrolle» an der Wand steht, ist es um eben diese Selbstkontrolle nicht so gut bestellt. Am Ende muss die Bahn das Geld, das sie bei den Kondukteuren einspart in Bahnpolizisten investieren, was die Sache nicht unbedingt besser macht. Die beste Prävention gegen jedes Fehlverhalten im Zug sind nämlich immer noch die klassischen Zugführerinnen und Zugführer. Sie kontrollieren nicht nur die Fahrkarten, sie geben nicht nur kompetent Auskunft, nein, sie leisten zwischendurch Dinge, die wir gar nie erwartet hätten. So wie neulich am späten Abend in einem Schnellzug von Olten nach Bern. Ist die Mehrheit der Pendler einmal zuhause angekommen sind Züge meistens nicht mehr so
Pedro Lenz, 47, ist Schriftsteller und lebt in Olten gleich beim Bahnhof. Er ist praktisch täglich im Zug unterwegs.
voll, was das Bahnfahren sehr angenehm macht. Und am Abend, um den es hier geht, war der eine Wagen im Zug sogar fast leer. Als der Zugführer bei einem Passagier stehen blieb, um sein Billet zu kontrollieren, schien die Kontrolle noch im gewohnten Rahmen abzulaufen. Aber als der Bähnler das Billet geprüft und es dem Fahrgast dankend zurückgegeben hatte, ging er nicht wie gewohnt weiter. Er blieb beim Passagier stehen und schaute ihn aufmerksam an. «Isch öppis nid guet?», fragte der Passagier. – «Chunnt druf a», antwortete der Kondukteur. Es komme nämlich darauf an, ob diese Art, den Kragen des Jackets nach innen zu falten eine Mode oder ein Versehen sei. Aber falls es ein Versehen sei, empfehle er dem Fahrgast, den Kragen neu zu richten. Der Fahrgast sah sich im spiegelnden Zugfenster an und erschrak ein wenig. Tatsächlich hatte er nicht bemerkt gehabt, dass sein Kragen auf einer Seite völlig unschön nach innen zeigte, was leicht bedeppert aussah. Der Zugführer bückte sich zu ihm runter und richtete ihm das Kleidungsstück so, dass es wieder eine Gattung machte. «Voilà, jetz sit er e Flotte!», sagte er zum SBB-Kunden und lief davon mit der Befriedigung eines Mannes, der ein bisschen Ordnung in die Welt gebracht hat.
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HÖREN & LESEN
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WITCHCRAFT
KID KOALA
HENRIK FREISCHLADER
Legend (Nuclear Blast / Warner)
12 Bit Blues (Ninja Tune)
Das vierte Album der Nordländer, neu unter dem Major Banner, um der Masse den grossartigen Sound des Vierers näher zu bringen. Eigentlich muss man diese Jungs kaum noch vorstellen, den sie gehören zu der Speerspitze des Retro Rocks neben Bands wie Graveyard, Wolfmother oder Rival Sons. Doch der Kenner hört sofort, dass man sich hier nicht einfach an Grössen wie Black Sabbath, Grand Funk oder Led Zeppelin bedient, sondern ziemlich viel Eigenkompo niertes geliefert bekommt. Witchcraft heben sich ziemlich aus der Masse ab, da sie mit diversen folkigen Elementen herum experimentieren. Das ist erdiger Rock, fein arrangiert und mit viel Liebe zum Detail produziert.
Eric San alias Kid Koala ist ein Virtuose, wenn es darum geht, einen Plattenspieler als eigenständiges Instrument einzusetzen. Seit jeher lotet er die Grenzen des Machbaren aus und versteht es wie kein anderer, mit Samples und Scratching unerhört charmante Musik zu produzieren. Auf seinem neuen Album verschmilzt er triefenden Blues und Turntable-Akrobatik zu einer Einheit, und das groovt bis sich die Nadeln biegen. Satte OldSchool-BluesSamples tragen die verspielten Soundeskapaden dieses Ausnahmekönners und präzis eingesetzte Gesangsschnippsel setzen dem Ganzen die Krone auf. Das ist Musik für Entdecker und klingt zuweilen, als hätten die Black Keys und DJ Shadow im tiefsten Südstaaten-Sumpf eine Steckdose für ihren Verstärker gefunden.
House In The Woods Neues Album des deutschen Ausnahme-Gitarristen. 10 Eigenkompositionen, live mit Band eingespielt und in herausragender, sehr authentischer Soundqualität produziert. Live im Moonwalker Aarburg: 01.12.2012
RIVAL SONS Head Down Sie werden als die ultimativen Led Zeppelin-Nachfolger abgefeiert. Mit ihrem dritten Album übertreffen die Kalifornier alle Erwartungen.
THE HEAVY The Glorious Dead Die bereits von den Vorgängeralben vertraute Mixtur aus Neo-Soul, Garage-Rock und Funk, verschmilzt auf dem Nachfolger „The Glorious Dead„ völlig ungehemmt genial mit bombastischen Bläser- und Streichersätzen, Motown-Soul, schweren HipHop-Beats und Gospel.
RICKIE LEE JONES ENSLAVED riitiir (Nuclear Blast) Kunst oder Kitsch?, stellen sich die Black Metaller hier die Frage. Ich tendiere auf Ersteres. Wenn man den Werdegang von Enslaved etwas genauer betrachtet, stellt man fest, dass Ihre Musik einen gewaltigen Wandlungsprozess durchgemacht hat. Begannen sie als waschechte Nordic Pagan Black Metal Band bewegen sie sich heute im Bereich Avantgardistischer Progressiv Metal mit leichten Black Metal Einflüssen. Wie schon ihre Kollegen von Satyricon drosseln Enslaved das Tempo und bauen auf zähflüssigen Sound, der teils doomig und tonnenschwer daherkommt. Das Ganze wirkt auf den Hörer sehr episch, ja teils sogar folkig. Die Jungs bauen stark auf Spannungsmomente, die sie dann gleich wieder mit brachialer Gewalt und Härte zerstören. Wärmstens zu empfehlen!
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LILABUNGALOW Same (Analog Soul) Lilabungalow, das ist zuallererst einmal Mastermind Patrick Föllmer. In wechselnder Besetzung spielt und tourt die Band seit 2004. Föllmer hält dabei die Arrangments mit seiner wunderbar zerbrechlichen Stimme stets zusammen und textet sich durch das wahre Leben. Irgendwo zwischen ElectroPop und forderndem Funk musiziert das Kollektiv ohne erkennbare Grenzen drauflos, und gewann so auch prominente Fans wie Herbert Grönemeyer. Diese Musik ist manchmal eigenartig, scheppert dahin, jedoch mit dermasen grossen Gefühlen, dass man sich dem kaum entziehen kann. Das ist Musik mit direkter Aussicht auf’s Meer!
Devil You Know Unter dem Motto "The songs on this album are the picture, the voice is the story” singt Rickie Lee Jones ihre Lieblingssongs mit Unterstützung von Ben Harper.
XX Coexist Minimal-Pop mit R&B und Elektro-Facetten. Das Zweitwerk des jungen Trios aus England.
FINK Wheels Turn Beneath My Feet Aufgenommen auf der europaweit gefeierten "Perfect Darkness"-Tour gibt es auf "Wheels Turn Beneath My Feet" dreizehn Live-Aufnahmen in fantastischer Qualität.
BOB MOULD Silver Age Powerrock wie in alten Zeiten. Mit seiner Band „Hüsker Dü“ war Mould’s Musik in den 80ern Inspiration für Bands wie Nirvana.
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HÖREN & LESEN
Das linke Basel muss Blocher lesen Eine Gastkolumne von Philipp Schrämmli
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amstags lese ich gerne ausgiebig Zeitungen. Mindestens eine Stunde lang. Das entspannt mich, das ist mein Katerfrühstück. Früher war der Ablauf klar strukturiert. In eines der Stammcafés, zur Auslage, Zeitungen horten, Cappuccino bestellen, dann zuerst die „Basler Zeitung“ – Sport, Region, Schweiz – dann den „Blick“ – Sport, Schweiz (aber nur schnell durchblättern, damits keiner merkt) – und dann vielleicht noch die „Basellandschaftliche Zeitung“ oder was sonst so rumliegt. Heute ist das alles nicht mehr so einfach. Denn Zeitunglesen ist in Basel mittlerweile ein Politikum. Mit dem Griff zu den lokalen Gazetten begeht man ein Outing. Entweder bekennt man sich zur SVP oder stellt sich in die linksautonome Ecke. Das Rauschen im Basler Blätterwald begann mit dem Verkauf der „Basler Zeitung“ durch die langjährige Besitzerfamilie Hagemann im Februar 2010. Als neue Eigentümer präsentierten sich der Tessiner Financier Tito Tettamanti und der Basler Anwalt Martin Wagner. Doch spätestens als im August desselben Jahres der ehemalige „Weltwoche“-Journalist Markus Somm als Chefredaktor installiert wurde, mutmassten viele, dass im Hintergrund ein alt Bundesrat mitmischen könnte. Es überraschte daher kaum, als die „NZZ am Sonntag“ wenig später aufdeckte, dass die Firma Robinvest von SVP-Übervater Christoph Blocher ein Beratungsmandat bei der „BaZ“ hielt. Tout Bâle war empört. Tettamanti und Wagner gaben sich reuig und verkauften an CrossairGründer Moritz Suter; damit dieser eilig verkünden durfte, die Zusammenarbeit mit Blocher würde sofort beendet. Die Seligen haben es geglaubt. Im Dezember 2011 enthüllte der „TagesAnzeiger“, dass Blochers Tochter Rahel Anteile an der „BaZ“ hält. Und im gleichen Monat gab Papa Christoph
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in seiner Talkshow „Tele-Blocher“ erstmals zu, dass er Einfluss auf die Zeitung ausübe. Seither ist auch dem Letzten klar, woher der Wind weht.
#givepeaceachance
Der Rechtsrutsch der Zeitung war indes schon vorher nicht zu übersehen. Unzählige Redaktoren hatten das Blatt freiwillig verlassen oder wurden gegangen. Die gesamte Inlandredaktion ersetzte Somm – er schrieb Blochers Biographie – durch liniengetreue Journalisten. Im Regionalteil fahren Reporter seit Monaten eine Sicherheitskampagne. Täglich erfährt man da, wie gefährlich die Stadt doch ist.
Ich kann keiner Mücke etwas zuleide tun, obwohl ich Grund genug dazu hätte, wer mir ungefragt Piercinglöcher sticht, darf nicht verschont bleiben. Aber Gewalt liegt ausserhalb meiner Kompetenzen, hätten Mutter Teresa, Mahatma Gandhi und der Dalai Lama eine WG, sie wäre brutaler als ich es bin. Das könnte allerdings daran liegen, dass die Form der Wohngemeinschaft allgemein als konfliktfördernd gilt. Ich habe noch nie jemanden verprügelt. Mein Körper ist zu Gewalt gar nicht im Stande, mein kraftvollster Schlag vertritt ein Streicheln, massagegleich. Aber manchmal, sagen wir, wenn einem geliebten Menschen Unrecht getan wird, werde sogar ich, selbstbeherrschter Friedenslieber, ungewohnt aggressiv. Dann brechen meine Instinkte durch und ich werde zum grossen grünen Monster – nein, nicht zu Bastien Girod –, zum unglaublichen Hulk. Der Neandertaler in mir meldet sich zu Wort: „Töten muss, ugah-ugah.“ Was nach einem Rap-Song klingt, ist Ausdruck meiner seltenen Gewaltfantasien, in denen ich die Zähne meines Antagonisten in alle Himmelsrichtungen verteile. Ich weiss, das hätte man nicht von mir gedacht, aber von wem vermutet man das schon? Roger Federer ist ja auch irgendwie ein Schlägertyp. Zum Glück bleiben erwähnte Gedanken fernab der Umsetzung – nur schon, wenn ich an Schlägereien denke, bedeckt mich eine Gänsehaut. Als rationaler Mensch sind Höflichkeit und Respekt meine Prämissen. Ich bin überzeugt: bist du gut zu Menschen, sind sie es zu dir – wie man in den Wald ruft, so ruft es zurück. Wenn man also am Waldrand in die grüne Nacht hineinschreit:„Wald, du bist ein Arschloch“, sollte man sich nicht wundern, wenn das Holz wenig später auf Twitter postet „@lavachekili: danke, du auch! #givepeaceachance“. Vielleicht taucht dann plötzlich auch der Förster auf, und man merkt, er ist die Reinkarnation des Schriftstellers David Förster Wallace. Er zitiert sich selbst: „Die wirklich wichtige Freiheit erfordert Aufmerksamkeit und Mühe und die Empathie, andere Menschen wirklich ernst zu nehmen und Opfer für sie zu bringen, wieder und wieder, auf unendlich verschiedene Weisen, völlig unsexy, Tag für Tag. Das ist wahre Freiheit. Das heisst es, Denken zu lernen.“
Von diesen Turbulenzen profitieren wiederum andere. Die AZ-Medien, zu denen die „Basellandschaftliche Zeitung“ gehört, blasen zum Angriff. Mit mehreren Namenswechseln, der Lancierung von Schwesterblättern („bz Basel“, „Nordwestschweiz“, Basler Teil im „Sonntag“), sowie dem Ausbau der Redaktion will man enttäuschten „BaZ“Lesern eine Alternative bieten. Viele Städter schätzen diese Entwicklung, schämen sich dann aber doch ein bisschen, die vormals von ihnen belächelte „Provinz-Postille“ zu kaufen. Mit der „Tageswoche“ ist vor gut einem Jahr zudem eine neue Wochenzeitung entstanden. Die beiden Chefredaktoren und viele weitere Angestellte sind ehemalige „BaZ“-Mitarbeiter. Mehrere tausend Basler haben das Blatt abonniert. Doch auch die „Tageswoche“ kämpft mit ihrem Ruf. Bei vielen gilt sie als „AntiBaZ“, die Ausrichtung sei entsprechend links. Manche behaupten, sogar ihre Druckerschwärze rieche nach Revolution. Ich lese samstags nun vermehrt das „Oltner Tagblatt“. Philipp Schrämmli (27) wohnt in Basel und
von Kilian Ziegler
Wenn ich somit nächstens einer Mücke in Form eines Prügelknaben begegne, lass ich sie wissen: „Ich nehme dich ernst und weiss, deine Schläge sind Ausdruck deiner bescheidenen Intelligenz oder deiner ungewöhnlichen Sozialisierung. So hau drauf, ein Schlag auf den Kopf erhöht das Denkvermögen.“ Egal, wie die Muskelmassemücke darauf reagieren wird, ich bleibe dabei: Ich habe noch nie jemanden verprügelt. Eine gute Zeit Love vache Kili
arbeitet als Journalist bei der Basler Ausgabe vom „Blick am Abend“.
PS: Für einen Neandertaler ist das Leben die Höhle auf Erden.
Oktober 2012
KOLT
HÖREN & LESEN
Schon gelesen..?
KOLT liest... DIE 4-STUNDEN-WOCHE von Timothy Ferriss Sehr amerikanisch drängt Ferriss uns „aus dem Hamsterrad“ zu entschwinden. Ferriss liefert Dutzende hilfreicher Tipps, unsere Arbeit und vor allem unsere Arbeitszeit effizienter zu organisieren und fokussierter ans Ziel zu gelangen. Yves Stuber, Verlagsleiter
Buchtipps von Daniel Kissilng
DER MEISTER UND MARGARITA von Michail Bulgakow Roman Galiani Verlag, Berlin 2012
ÄNDNACHT / LICHTARIEN von The Sessa Connection Buch mit CD Verlag Der Kollaboratör, Luzern 2012 „Ändnacht / Lichtarien“ ist weder Buch noch Tonträger und doch beides. „Ändnacht / Lichtarien“ besteht weder aus Gedichten, noch Fragmenten, noch Songtexten und ist doch voll davon. „Ändnacht / Lichtarien“ ist genauso Mundart wie spoken word, Dada wie Beat, Expressionismus wie Rap. Es ist ein Sammelsurium an Texten aus der Feder des Luzerner Jungschriftstellers Pablo Haller (Jahrgang 1989) und zwar nicht nur schriftlich in einem reduziert gestalteten und mit Farbcollagen versehenen Heft, sondern auch klanglich als CD („Ändnacht“) bzw. kostenloser Download („Lichtarien“) festgehalten. Dort rezitiert, nuschelt, grollt und schreit Haller seine Texte meist in Dialekt über den improvisierten Sound seiner dreiköpfigen Band und lässt gesellschaftskritische Tiraden ebenso vom Stapel wie introspektive Seelentrips. „Ändnacht / Lichtarien“ ist junge Literatur aus der Schweiz, wie man sie derzeit selten findet: innovativ, spontan, waghalsig und gefährlich.
KOLT
Oktober 2012
„Faust“ trifft auf „Evangelium“ trifft auf „Manifest der Kommunistischen Partei“, so könnte man dieses Buch auf die Schnelle zusammenfassen. Der russische Schriftsteller Michail Bulgakow lässt zwar in seinem rund 500 Seiten starken Roman durchaus den Teufel ins sowjetische Moskau der 20er-Jahre fliegen, um sich dort mit einem verrückt gewordenen Schriftsteller zu verbünden und den sowjetischen Kulturfilz so richtig aufzumischen, doch ist das Ganze bekanntlich mehr als nur die Summe seiner Teile. Gesellschaftssatire, Schriftstellerschicksal, Fantasy-Plot, Liebesgeschichte – all dies verarbeitete Bulgakow in seinem literarischen Opus Magnum gekonnt zu einer aberwitzigen Story, die ebenso mitreisst wie verwirrt und deren Figuren ebenso lächerlich sind wie liebenswürdig (sogar der Teufel!). Dass Bulgakow darüber hinaus nicht nur ein Meister der Fabulier-, sondern auch der Sprachkunst war, das stellt diese von Alexander Nitzberg neu übersetzte und um ein Nachwort der deutschen Schriftstellerin Felicitas Hoppe ergänzte Ausgabe unmissverständlich fest. Wer dieses Buch nicht liest, den soll der Teufel holen.
DIE ZEIT, DIE ZEIT von Martin Sutter Ein schönes Buch, welches zum Weiterdenken anregt und "die Zeit" aus einer anderen Sicht zeigt. Janosch Abel, Fotograf VERBRECHEN UND STRAFE von Fjodor Dostojewskij Die wohl berühmteste Mordgeschichte der Literaturgeschichte (erschienen 1866), erzählt aus der Perspektive des Täters und ist gespickt mit philosophischen Betrachtungen zu Schuld und Strafe, packend und klug geschrieben. Muss man gelesen haben! Fiona Gunst, redaktionelle Mitarbeiterin
Daniel Kissling ist lesender Bar-Mann im Coq d’Or in Olten, organsiert ebenda das Literatur-Festival „Lesbar“, ist Herausgeber des Literaturmagazins „Narr“ und widmet sich nebenher den Geisteswissenschaften Germanistik und Philosophie. www.dasnarr.ch
THE WEEKENDER Magazin für Einblicke und Ausflüge Auf hundert Seiten gibts im Weekender wunderschöne Fotos und herrvorragende Texte (teilweise auf Englisch) zu den Themen Wohnen, Reisen, Essen und Natur. Besucht werden Kreativ-, Genuss- und sonstige Menschen von Brooklyn bis Köln. Ausgezeichnet mit dem deutschen Lead Award für das beste Newcomermagazin 2012. Nathalie Bursac, redaktionelle Mitarbeiterin
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IM RAMPENLICHT
Schlichte Formen, lebendige Strukturen Christoph Blatter ist ein Oltner Schmuckdesigner. Seine zeitlosen Colliers, Ohrstecker, Fingerringe und Broschen sind Ende Oktober an der Designmesse in&out in Schönenwerd zu sehen. Text von Franziska Monnerat Foto von Yves Stuber
Hauchdünne, sanft geschwungene Lamellen aus Edelmetall bilden den Armreif Unda aus der ersten Schmuckkollektion von Christoph Blatter. Inspiriert haben ihn übereinandergestapelte Wellbleche. Während eines Kurses an der Kunstakademie Salzburg, an der er eine Weiterbildung absolvierte, hat er diese neben einem Steinbruch entdeckt, fotografiert, einen Ausschnitt vergrössert und Modelle von dreidimensionalen Schmuckstücken aus Papier gefertigt, indem er die Wellen verbogen, verdreht und verschoben hat.
INSPIRATIONSQUELLEN „Schlichte Formen, die von Strukturen leben, zeichnen meine Schmuckstücke aus“, sagt Christoph Blatter und
fügt an: „Durch dieses Reduzieren auf das Minimum können sie auch als Skulpturen aufgestellt anstatt am Körper getragen werden.“ Um sich von anderen Schmuckdesignern und seinen früheren Kollektionen abzuheben sucht er immer wieder neue Formen in der Natur, Architektur und Mode. Der Knochen eines Walfisches im naturhistorischen Museum Basel beispielsweise lieferte ihm die zündende Idee zu seiner fünften Kollektion Cellula. Von der ersten Skizze bis zum fertigen Schmuckstück, dessen Flächen er matt schleift und Kanten poliert, vergehen manchmal mehrere Jahre. Im Schnitt erscheint alle vier Jahre eine neue Kollektion, wobei Christoph Blatter auch immer wieder frühere Kollektionen weiterentwickelt und ergänzende Stücke schafft,
zum Beispiel aktuell ein Collier für die Sinus Kollektion mit miteinander verketteten Kurvenelementen.
EXKLUSIVER EYECATCHER Für die Designmesse in&out möchte er eine Idee umsetzen, die ihm schon seit rund zwei Jahren im Kopf herumgeistert: Ein übergrosser Kragen, der an Häkeldeckchen aus Grossmutters Zeiten erinnert, soll die Blicke der Besucher auf seinen Stand ziehen. Ein italienischer Botschafter wurde vor zwei Jahren an der Messe auf Christoph Blatters Arbeiten aufmerksam und bestellte einen Ashanti-Ring in Sonderanfertigung. „Der Ring reicht über drei Finger und ist etwa fünfzig Gramm schwer – ein riesiges Schmuckstück und einer meiner
ungewöhnlichsten Aufträge bisher.“ Bereits zum sechsten Mal stellt Christoph Blatter an der in&out aus: „Viele Aussteller kennen sich mittlerweile gut, es ist wie eine Familie.“ Rund ein Drittel der 95 Aussteller aus den Bereichen Mode, Schmuck, Möbel, Accessoires, Keramik und Glas zeigen ihre Arbeiten zum ersten Mal im Bally Lab Schönenwerd.
in & out – Raum für Schweizer Design Bally Lab Schönenwerd, 2 Gehminuten vom Bahnhof Schönenwerd entfernt Freitag, 19.10. 12.00 – 20.00 Samstag, 20.10. 10.00 – 20.00 Sonntag, 21.10. 10.00 – 18.00 http://www.in-out-design.ch/
Ein Zirkus des 21. Jahrhunderts Seit 2006 sorgt die Tom Tom Crew aus Australien für ausverkaufte Hallen. Jetzt treten sie im Oltner Stadttheater auf. Die Absolventen einer Zirkus-Kaderschmiede bieten eine Mischung aus Akrobatik, Hip-Hop-Musik und Breakdance. Die Tom Tom Crew aus Australien steht vor einem anstrengenden Monat: Praktisch jeden Tag wechseln die Spezial-Akrobaten die Stadt, 24 Auftritte in 30 Tagen, eine Tour durch ganz Deutschland, mit drei Abstechern in die Schweiz: Zug, Thun und, am 25. Oktober, Olten. Bemerkenswert ist auch, wo das Ensemble hier zu sehen sein wird: im Stadttheater. Das ist insofern aussergewöhlich, als dass ihre Performance nicht gerade das ist, was man in einem klassischen
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Theater erwarten würde. Pumpende Beats, Beatbox und vor allem viel Akrobatik – und das ohne Netz und doppelten Boden. Die Location ist indes kein Irrtum: Der Geschäftsführer des Stadttheaters Olten, Herbert Schibler, will die Bandbreite des Angebots vergrössern und damit unter anderem auch vermehrt jüngere Leute ansprechen. In diesem Kontext hat das Stadttheater auch das Abo Y lanciert (siehe KOLT 9/12). Jugendliche zwischen 21 und 35 Jahren profitieren dabei von
einem speziellen Kombi-Angebot, das eben auch für den Auftritt der Tom Tom Crew gilt. Man darf auf den Auftritt der vier Australier gespannt sein: Mehr als 25‘000 Menschen erlebten im August 2006 in Edinburgh das Europa-Debüt der jungen Künstler – und das Fringe Festival stand Kopf. So wie die Artisten in der Luft. Tom Flanagan, Ben Lewis, Daniel Catlow und Shane Witt sind Absolventen des renommierten Flying Fruit Fly Circus, der australi-
schen Kaderschmiede angehender Zirkusartisten. Klassischer Zirkus sieht allerdings anders aus. Statt Elefanten und Clowns ist Breakdance angesagt. Aussergewöhnlich genug für die Bühne des Stadttheaters.
www.tomtomcrew.ch Stadttheater Olten, Donnerstag, 25. Oktober 2012, 20:00 - 22:00 Uhr, u.a. für Abo Y.
Oktober 2012
KOLT
IM RAMPENLICHT
Das Duo Ohne Rolf spricht nicht, auch nicht, wenn es als "Schlussevent" des Jubiläumsprogramms der Oltner KabarettTage auftritt. Wir liessen sie für einmal auch im Interview schweigen – und chatteten stattdessen munter drauf los mit den beiden. Text von Elias Zimmermann Foto zVg
Jonas Anderhub: So, dann mal los... Christof Wolfisberg: Sagst Du, wann das Interview eginnt? Jonas: Es B....eginnt sicher gleich, Christof. KOLT: Hat es jetzt schon begonnen? Jonas: Wir zählen auf drei... Dann beginnen wir. Ok? Eins... Zwei... Drei! KOLT: Dass wir hier ein Chat-Interview führen, ist ja kein Zufall, eure Kunst wird immer wieder in den Zusammenhang mit den neuen Medien – insbesondere Chat und SMS gestellt. Fühlt Ihr Euch mit den neuen Medien besonders verbunden? Christof: Nicht mehr als andere. Wir ha en uns damals vor zehn Jahren sehr naiv an die Plakate herangewagt. Jonas: Damals war Chatten oder SMSSchreiben noch nicht verbreitet. KOLT: Ihr habt auf der Strasse Eure Schilder hochgehalten und die Leute ziemlich verwirrt, oder? Christof: Wir stellten uns mit Plakaten wie: " eachten Sie uns nicht!" auf die Strasse. oder: "Hier gi t es nichts zu sehen!" KOLT: Könntet Ihr Euch vorstellen, heute auch mit z.B. Twitter zu arbeiten? Jonas: Auf der Bühne bleiben wir beim guten, alten Papier. KOLT: Und abseits von der Bühne: Gibt es bald ein Buch von „Ohne Rolf“? Christof: Das gi ts`s ja eigentlich schon: loss kommen die Zuschauer zu uns, sie lesen und wir lättern für sie.
KOLT
Oktober 2012
KOLT: Und das mit grossem Erfolg: Ihr wurdet von der SonntagsZeitung zu den besten Komikern des Jahres 2012 gekürt. Wart Ihr überrascht? Christof: Natürlich waren wir ü errascht! Jonas: Und freuten uns natürlich auch. Christof: Zumal wir ursprünglich einfach mal nur ein Theaterstück mit Plakaten produzieren wollten. Dass das dann noch als lustig efunden würde, wussten wir damals noch nicht. KOLT: Manchmal wird das auch als sehr intellektuell befunden: Seid ihr die "Akademiker" unter den Schweizer Kabarettisten? Jonas: Nein. Sicher nicht. Aber wir arbeiten nun mal mit Text. Christof: Wir gehen einfach immer davon aus, dass das Pu likum mindestens so schlau ist, wie wir. Jonas: Wie schlau sind wir denn, Christof? Christof: Da muss ich drü er nachdenken. KOLT: Zu einem anderen Thema: Ist es austauschbar, wer von Euch auf der Bühne links, wer rechts steht? Christof: Von wo aus gesehen? KOLT: Was ich damit meine: Versteht Ihr Euch auf der Bühne als eigenständige Charaktere? Jonas: Ja. Christof: Was uns ver indet ist unser Dasein als attländer. Sorry: lattländer! Mit meiner Tastatur stimmt was nicht. KOLT: Das ist uns tatsächlich auch
schon aufgefallen... Jonas: Drück mal härter auf die Taste! Christof: Das ist wahrscheinlich der Grund, warum die -Taste e en nicht mehr funktioniert! Weil ich einen harten Daumenschlag ha e. Jonas: Ich schenke Dir gerne ein paar Buchstaben um die Lücken zu füllen: Christof: Soll ich den Computer wechseln und wir eginnen nochmals von vorn? Jonas: B B B B B B B B B B B B B B B Bbbbbbbbbbbbbbbbbbb bbb Christof: Danke, Jonas, Du Bist sehr grosszügig! Jonas: itte! KOLT: Helft Ihr Euch öfters derart aus der Patsche? Oder nervt man sich von Zeit zu Zeit auch übereinander, wenn man schon so lange gemeinsam auf der Bühne steht? Christof: Klar, wir sind wie ein altes Ehepaar. Jonas: Naja. Christof: Zumindest sagt man uns das manchmal nach und wir können es schwerlich leugnen. Jonas: Aber wir verstehen uns blind. Solele djgfj diw dndöahwihd =? Sorry, versuchte gerade blind zu schreiben... Christof: Mit Blind meint er: Wir tappen oft im Dunkeln, wenn sich das Gegenüber zu erklären versucht. Jonas: Genau, das wollte ich sagen. Danke Christof. KOLT: Nun tretet Ihr ja bald beide an den Oltner Kabarett-Tagen auf. Was darf das Publikum da von Euch erwar-
ten? Oder wollt Ihr es noch im Dunkeln tappen lassen? Christof: Ein Abend voller Überraschungen und dramaturgischer Wendungen. Aber auch ein Abend, an dem man ungestört schlafen kann, falls man müde ist, denn wir sind ja stumm. KOLT: Zum Schluss noch: War das Euer erstes Chat-Interview? Christof: Glaubscho. Jonas: Ja. War sehr anstrengend mit meinem 2-Fingersystem. KOLT: Verletzt? Christof: Och, jetzt blutet er wieder, der Arme. Jonas: Keine Angst, ich werde in Olten blättern können.
Ohne Rolf Seit 1999 treten Christof Wolfisberg und Jonas Anderhub als „Ohne Rolf“ auf. Sie haben sich seither in der Schweizer, aber auch in der Deutschen Kabarett-Szene einen Namen gemacht, ohne ein einziges Wort auf der Bühne zu sagen: Sie bestreiten ihr Programm jeweils nur mit TextPlakaten. Wer der abwesende Rolf ist, haben sie bisher nicht verraten. Schlussveranstaltung Jubiläumsjahr der Oltner Kabarett-Tage Ohne Rolf: "Unferti" Samstag, 27.10.2012, 20.00 Uhr Stadttheater Olten www.ohnerolf.ch Tickets: www.kabarett.ch
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FREAKS BRAUCHT DAS LAND
Die Spezialität: Liköre und Schnäpse, die man nicht im Geschäft findet. Das kann auch mal Vogelbeerenlikör sein.
Die Kräuterhexe Text von Franziska Monnerat Fotos von Yves Stuber
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asilikumblätter, Zitronenschale, Pfefferkörner und Kandiszucker liegen in einem grossen Einmachglas. Ariane Ruckstuhl füllt es mit Korn auf, bis alle Zutaten mit Alkohol bedeckt sind. „Der Basilikumlikör muss nun ein paar Wochen ziehen, für den Frauenmantelschnaps muss ich morgen noch Wodka kaufen, es fehlen etwa zwei Deziliter“, sagt sie und deutet auf ein etwas kleineres Einmachglas voller getrockneter Kräuter, die nur bis zur Hälfte im hochprozentigen Alkohol schwimmen. Frauenmantel ist die Helferin der Frauen, ein einheimisches Kraut, das Regelschmerzen mildert. Der Name bezieht sich auf die Ähnlichkeit der gefältelten Blätter mit dem Schutzmantel Marias.
DUNKLES MITTELALTER Mit Maria und der Kirche hat Ariane Ruckstuhl nichts am Hut, mit dem Mittelalter schon. „Manchmal habe ich das Gefühl, ich lebe in der falschen Zeit.“ Wohin sie reisen würde, wenn sie eine Zeitmaschine hätte?
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Ariane Ruckstuhl stellt in der Küche ihrer Oltner Wohnung selber Likör, Schnaps und Tinkturen her. Die Kräuter und Früchte dafür sammelt sie in ihrem Garten und im Wald.
„Ins Mittelalter“, antwortet sie und fügt lachend an, „aber sag‘ jetzt nicht, dann wäre ich auf dem Scheiterhaufen verbrannt worden.“ Mein Blick wandert zu den zwei Hexenpuppen, die, reitend auf Besenstielen, von der Wohnzimmerdecke hängen und ich denke einen Moment darüber nach, wie es Ariane Ruckstuhl wohl damals ergangen wäre, als Heilkräuterkundige verfolgt und des Teufelswerks bezichtigt wurden. „Ich hätte kämpfen müssen in dieser dunklen Zeit und vermutlich wie Hildegard von Bingen in einem Kloster Unterschlupf gesucht.“
MEDIZIN, NICHT GENUSSMITTEL Im Gegensatz zur Benediktinerin Hildegard von Bingen schreibt Ariane Ruckstuhl ihre Rezepte grösstenteils nicht auf, sondern ändert die Grundrezepte, die sie in einem Buch von Prof. Hademar Bankhofer findet, nach Gutdünken ab. Ungewöhnlich dabei ist, dass sie ihre Kreationen nicht probiert. Zumindest als Genuss-
mittel trinkt sie keinen Alkohol: Vom Lavendelschnaps mit Orangenblüten beispielsweise nimmt sie im Winter ab und zu einen Kaffeelöffel voll, weil er das Gemüt aufhellt und Depressionen vorbeugt. „Der Lavendelschnaps schmeckt nicht gut, es ist Medizin, darum ist weniger mehr.“
VERMEINTLICH GIFTIGE BEEREN Ariane Ruckstuhl spezialisiert sich auf Likör und Schnaps, die man nicht in Geschäften findet. „Himbeer-, Aprikosen-, Holunder-, Kiwi- und Apfellikör – all das habe ich schon gemacht, was mich wirklich interessiert, sind Liköre nach alten Rezepten, die kaum jemand noch kennt, Vogelbeerenlikör zum Beispiel.“ Ich horche auf: Vogelbeeren, die sind doch giftig? „Nein, sind sie nicht“, beruhigt sie mich, „nur ungeniessbar.“ In Alkohol eingelegt oder gekocht, also in irgendeiner Form weiterverarbeitet, seien Vogelbeeren durchaus geniessbar, was bleibe, sei ein leicht bitterer Nachgeschmack. „Vogelbeerenlikör ist als
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KOLT
"Manchmal habe ich das Gefühl, ich lebe in der falschen Zeit": Ariane Ruckstuhl.
Aperitif oder Digestif, also vor oder nach dem Essen, geeignet.“
SCHÄTZE AUS DEM EIGENEN GARTEN Die Vogelbeeren sammelt Ariane Ruckstuhl im Wald, aber auch ihr Garten hinter dem Haus birgt viele Schätze: Citronellageranium, Pfefferminze und Hagenbutte für Tee, Holunder für Konfitüre und Sirup, eine Weihrauchpflanze und Alant, auch Sonnenwurzel genannt, für Reinigungs- und Schutzräucherungen, Thymian, Salbei, Majoran, Currykraut und Kapuzinerkresse zum Kochen und Würzen, Meerzwiebeln zum Heilen von Wunden. „Wenn du das Blatt der Meerzwiebel abbrichst, kommt eine klebrige, zähe Flüssigkeit heraus, mit der du offene Wunden bedecken und schliessen kannst.“ Löwenzahn übersät die Wiese, einer Wildnis gleich, weit entfernt von englischem Rasen. Früher, als ihre Mutter noch lebte, sah der Garten anders, für viele Leute wohl schöner und gepflegter aus, erzählt Ariane Ruckstuhl. „Aber das wäre nicht ich. Es gibt kein Unkraut, jedes Kraut ist für etwas da, aus dem Löwenzahn mache ich im Frühling Gelee, Likör und Honig.“ Spitzwegerich, mit dem sie auch schon Tinktur gemacht hat, breitet
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Oktober 2012
sich zur Zeit ohne ihr Zutun zwischen den Steinen rund um den Teich aus. „Pflanzen, die mir gut tun, wachsen plötzlich überall, der Spitzwegerich zum Beispiel lindert meinen Husten. Mit Pflanzen, die nicht zu mir passen, habe ich Pech: Rosmarin geht mir immer ein, davon lasse ich mittlerweile die Finger.“
POSITIVE ENERGIE WEITERGEBEN Von ihren Flaschen und Einmachgläsern lässt Ariane Ruckstuhl die Finger, wenn sie sich nicht wohl fühlt. „Sonst würde sich die schlechte Energie übertragen und ich will ja etwas Positives weitergeben.“ Für die Gaben, die ihr die Natur dafür zur Verfügung stellt, bedankt sie sich bei den Pflanzen. Damit sie im Frühling, Sommer und Herbst frische Kräuter pflücken kann, möchte sie den Kräutergarten bald umgestalten. „Gesunde Pflanzen ausreissen kann und will ich nicht, es zerreisst mir schon beinahe das Herz, wenn ich daran denke, dass ich meinen Birke stutzen muss, damit sie nicht auf das Hausdach drückt.“
«Wenn schlafen zum Erlebnis wird» Das Bett, das Ihnen Energie und Lebensfreude schenkt – Nacht für Nacht. Natürlich gebettet, in ein wohlig-stützendes Nest aus gesunden Naturmaterialien, fällt es leicht loszulassen und Körper und Geist zu regenerieren. Erholsamer Schlaf ist der Schlüssel für Gesundheit und Leistungsfähigkeit!
Wer einen selbstgemachten Likör oder Schnaps von Ariane Ruckstuhl kaufen will, kann ihr eine Email schreiben: ariane_r@bluewin.ch
Hüsler Nest AG
www.huesler-nest.ch
DAS LIEBSTE ZUM SCHLUSS
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Collage von Rebekka Gerber
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KOLT
wine&dine 2. November 2012
pure-olten.ch facebook.com/pureolten
Bei Tage ist es kinderleicht, die Dinge nüchtern und unsentimental zu sehen. Nachts ist das eine ganz andere Geschichte.
www.fotografie-albrecht.ch
Ernest Hemingway
Nachtleben auch auf dem Sitzplatz. Natürlich mit COVER.
SIO AG, Generalvertretung COVER Rötzmattweg 66, 4603 Olten Tel. 062 207 07 07, Fax 062 207 07 00 info@cover.ch, www.cover.ch