KOLT #36

Page 1

DAS OLTNER STADT- UND KULTURMAGAZIN

M

AGE IT NDA Deze mbe r2

www.kolt.ch

NUMMER ZWÖLF 2012 // FR. 5.--

012

DAS GLAUBEN DIE ANDEREN

JOB-INTERVIEW Warum immer nach der Supercard gefragt wird CINEMA Wenn Engel Whiskey trinken STADTLEBEN Olten als europäische Logistik-Drehscheibe IM RAMPENLICHT Weg vom Husch-Husch-Downloaden KOLUMNE Der Killer von Olten IM EXIL Beim Zahnarzt in Ecuador


Die Religionen sind verschiedene Wege, die alle zum gleichen Punkt hinführen. In Wirklichkeit gibt es ebenso viele Religionen als Individuen. Mahatma Ghandi

Wir wünschen Ihnen schöne Festtage.

SIO AG, Generalvertretung COVER Rötzmattweg 66, 4603 Olten Tel. 062 207 07 07, Fax 062 207 07 00 info@cover.ch, www.cover.ch


IMPRESSUM

VERLAG / HERAUSGEBER Verlag 2S GmbH Leberngasse 17 4600 Olten verlag@v2s.ch www.v2s.ch

EDITORIAL

VERLAGSLEITUNG Yves Stuber, Matthias Sigrist REDAKTIONSLEITUNG Pierre Hagmann (ph) redaktion@kolt.ch FINANZEN Matthias Gubler INTERNETAUFTRITT Mathias Stocker LAYOUT / SATZ Christoph Haiderer REDAKTIONELLE MITARBEIT Elias Zimmermann, Rolf Strub, Pedro Lenz, Kilian Ziegler, Christian „Ché“ Dietiker, Dino Lötscher, René „Fribi“ Freiburghaus ILLUSTRATION Anna-Lina Balke, Jamie Aspinall, Manuel „Ti“ Mathys, Pascal „Tokijad“ Hofer, Céline Fallet, Petra Bürgisser, Rebekka Gerber, Christoph Zedler FOTOGRAFIE Till Forrer, Claude Hurni, Yves Stuber LEKTORAT Matthias Sigrist, Pierre Hagmann LESERBRIEFE leserbriefe@kolt.ch www.kolt.ch/leserbriefe AGENDA agenda@kolt.ch www.kolt.ch/agenda ABO Jahresabonnement CHF 49.—(inkl. MwSt) Gönnerabonnement CHF 99.—(inkl. MwSt) abo@kolt.ch www.kolt.ch/abo INSERATE inserate@kolt.ch www.kolt.ch/inserieren KONTAKT www.kolt.ch hallo@kolt.ch AUFLAGE 1'500 DRUCK Dietschi AG Druck und Medien Ziegelfeldstrasse 60 CH-4600 Olten © 2012, Verlag 2S GmbH. Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit Genehmigung. Die Urheberrechte der Beiträge bleiben beim Verlag. Keine Gewähr für unverlangt eingesandte Manuskripte, Fotos und Illustrationen.

KOLT

November 2012

Illustration: Christoph Zedler, Basel / www.monostration.de

Z

u Weihnachten werden sich die Menschen ihrer religiösen Identität wieder bewusster – oder sie merken, wie wenig sie eigentlich noch mit ‚ihrer Kirche’ zu tun haben. So geschieht es Tausenden von Schweizern, wenn sie am Weihnachtsabend zum ersten Mal seit langem wieder an einem Gottesdienst teilnehmen. Wir befassen uns diesen Monat mit Schweizer Gotteshäusern, in die viele Schweizer noch gar nie einen Fuss gesetzt haben: Nicht das Christentum, sondern drei andere Religionen rücken im Dezember in unseren Fokus, mit drei Reportagen aus drei verschiedenen heiligen Stätten in der Region. Der Journalist Elias Zimmermann hat für uns mit den Mönchen im buddhistischen Zentrum von Gretzenbach über ihre Aufgabe als QuasiEheberater gesprochen, er ging nach Langenthal in den Sikh-Tempel, wo er sogleich umarmt und zum Essen eingeladen wurde und schliesslich besuchte er auch den grössten HinduTempel der Schweiz, der in Trimbach zu Hause ist, und für dessen Verzierung eigens Spezialisten aus Südindien eingeflogen wurden. Gleichwohl stehe der Bau sinnbildlich für die Positionierung der tamilischen Diaspora in der Schweiz, „zwischen Intergration und Selbsterhalt“, schreibt

Zimmermann in seiner Reportage. So hoffen wir mit dieser Titelgeschichte einen kleinen Integrationsbeitrag leisten zu können, indem wir diesen „fremden“ Religionen und Kulturen ein Gesicht geben. Gerne hätten wir für diese Ausgabe auch mit Vertretern des türkischen Kulturvereins gesprochen, die in Wangen bei Olten die Moschee inklusive Minarett betreiben. Gerade in Bezug auf den Islam, der im Westen zunehmend unter einem Generalverdacht steht, wäre ein gegenseitiger Kulturaustausch förderlich, um die Voraussetzung für eine friedliche Koexistenz zu schaffen. Aus einem Besuch in Wangen wurde leider nichts. Gründe und Hintergründe, ab Seite 18: „Jenseits von Weihnachten“.

Das Cover von Till Forrer zeigt drei Sikhs aus dem Langenthaler Gurdwara

mit freundlicher Unterstützung von:

DRUCK&MEDIEN OLTEN

Natürlich wollen wir das eigene Gärtchen, die eigene Kultur nicht vergessen. Und so wünscht Ihnen, liebe Leserinnen und liebe Leser, die gesamte KOLT-Redaktion eine besinnliche Adventszeit und schöne Weihnachten! Der Oltner Advent bietet täglich eine kulturelle Überraschung, lesen Sie mehr dazu auf Seite 31. Bis im nächsten Jahr, wir freuen uns, Sie auch 2013 zu unseren treuen Leserinnen und Lesern zu zählen. Vielen Dank! Olten, im November 2012 Pierre Hagmann

3


I JUST TO SAY

I LOVE YOU Ein Weihnachtsgeschenk f端rs ganze Jahr! Schenken Sie Ihren Liebsten ein KOLT- Jahresabonnement f端r nur 49,-www.kolt.ch/abo


INHALT

DEZEMBER 2012

13 03 EDITORIAL / IMPRESSUM 06 PREVIEWS Highlights im Dezember 2012

16

09 CINEMA Lachen und weinen in Glasgow // 6 Fragen an Samichlaus

13 DAS KLEINE JOB-INTERVIEW Francis Rusca, Geschäftsführer von Coop City Olten

18

14 STADTLEBEN 14 Überraschendes aus der Ausländerstatistik der Stadt Olten 15 Hub City Olten

16 IM EXIL Menschen aus der Region berichten aus der Welt: Ein bisschen überall, Vancouver, Bangkok, Twyfelfontein, Otavalo, Berlin

18 Jenseits von Weihnachten Zu Gast in bunten Tempeln

26 HÖREN & LESEN 26 Pedro Lenz „Rauchende Schlangen“ // René Frauchiger „Der Killer von Olten“ 27 Ché‘s Bro Tipps // Deeno‘s Review // Fribi‘s Metal News 28 Rhaban Straumann „„i“ steht für intelligent“ // La Vache Kili „Über Untergänge“ 29 Schon gelesen...? // KOLT liest...

30

30 IM RAMPENLICHT 30 Nehmen Sie sich Zeit für diese Musik! // Clubbing wie früher im Dancing 31 Surprise, Surprise – So war 2012

32 FREAKS BRAUCHT DAS LAND Blowing in the Wind

32 KOLT

Dezember 2012

34 DAS LIEBSTE ZUM SCHLUSS Die besten Geschenkideen zum Schluss

5


PREVIEWS

...WIE DER SCHATTEN DAS LICHT... // DISTELI-DIALOG 2 // REGINA LITVINOVA EXTREME TRIO WITH STEPHAN URWYLER

bis 27.1.2013 KUNSTMUSEUM OLTEN www.kunstmuseumolten.ch

VEIN FEAT. GLENN FERRIS

Öffnungszeiten: Di-Fr 14-17 Uhr ; Do 14-19 Uhr; Sa/So 10-17 Uhr

VARIO BAR www.jazzinolten.ch www.vein.ch

Glenn Ferris - trb Michael Arbenz - p Raffaele Bossard - b Florian Arbenz - dr

6

200 JAHRE STADTKIRCHE ST. MARTIN OLTEN

VARIO BAR www.jazzinolten.ch www.extremetrio.de Sa 15. Dezember 2012 21 Uhr

HISTORISCHES MUSEUM OLTEN Konradstrasse 7 4600 Olten 062 212 89 89 www.historischesmuseum-olten.ch

Sa 1. Dezember 2012 21 Uhr

Das Piano-Trio Vein feiert seit Jahren europaweit grosse Erfolge mit seiner ureigenen Spielweise. Auf ihrer neuesten CD interpretieren die Basler Stücke aus der Oper „Porgy and Bess“ neu. Und dabei schliessen sich einige Kreise: Drei klassisch ausgebildete Musiker werden erst zu einem Jazz-Trio und spielen dann eine Oper. Allerdings genau die Oper, mit der George und Ira Gershwin die Grenzen zwischen Oper, Musical und Jazz verschwinden liessen. In diesem Herbst sind Vein zusammen mit dem Posaunisten Glenn Ferris auf Tour. Ferris ist eine lebende Legende, er spielte vor vielen Jahren mit Billy Cobham, den Brecker Brothers, Frank Zappa, John Scofield oder Stevie Wonder. Nach seinem Umzug nach Frankreich wurde er zu einer wichtigen Stimme im europäischen Jazz. Und nun wird er also das Trio Vein ergänzen und auf höchstem Niveau herausfordern.

Jazz in Olten

Vortrag „Die Orgel in der Stadtkirche von Olten“, anschliessend Adventskonzert

Jazz in Olten

Porgy und Bess treffen auf eine Posaunen-Legende

Im Rahmen der Ausstellung:

«Der Tod begleitet das Leben wie der Schatten das Licht» ist ein Zitat aus Rafik Schamis Roman «Der ehrliche Lügner». Unter dem Titel «...wie der Schatten das Licht...» präsentiert das Kunstmuseum Olten eine Gruppenausstellung, die sich jenen Themen widmet, die wir mit der Verwendung von Hell und Dunkel in der Kunst verbinden: Licht und Schatten, Schwarz und Weiss, Hitze und Kälte, Tag und Nacht oder eben Leben und Tod. Es begegnen sich darin herausragende Werke aus der Sammlung und zeitgenössische Positionen. Poetische Lichtarbeiten, die im öffentlichen Raum gezeigt werden, verführen die BesucherInnen zu einer spannende Entdeckungsreise durch das winterliche Olten. In der Ausstellungsreihe «Disteli Dialog» konfrontieren wir mit Ernst Thoma (*1953) zum zweiten Mal einen zeitgenössischen Künstler mit dem Werk des Oltner Zeichners Martin Disteli (1802–1844). Ausgangspunkt ist das spannungsreiche Verhältnis des liberalen «Pfaffenfressers» zu Religion und Kirche – ein Thema, das aus Anlass des 200-Jahr-Jubiläums der Oltner Stadtkirche gewählt wurde, deren Hochaltargemälde auf einen Entwurf Distelis zurückgeht. Die Ausstellung schliesst die Stadtkirche mit ein – eine hervorragende Möglichkeit, den sonst geschlossenen klassizistischen Bau zu besichtigen!

Vortrag am 10. Dezember 2012, 20 Uhr im Historischen Museum Olten anschliessend Adventskonzert in der Stadtkirche Olten Ausstellung bis 24. Februar 2013 (Öffnungszeiten Di bis Sa 14-17 Uhr, So 10-17 Uhr)

Im Rahmen der Ausstellung zum 200-jährigen Jubiläum der Oltner Stadtkirche, die über den Bau, die Geschichte und die Ausstattung des Gotteshauses informiert, findet im Dezember eine spannende Veranstaltung statt: der Vortrag „Die Orgel in der Stadtkirche von Olten“. Hans Rudolf Binz, Bibliothekar und Organist, informiert im Historischen Museum Olten über die Orgel von 1880 in der Oltner Stadtkirche. Anschliessend findet in der Stadtkirche Olten das Adventskonzert statt. Ein Anlass zusammen mit der Museumsgesellschaft Olten.

Teamwork. Und endlich eine junge Chefin! Ein seltsamer Bandname ist das. Und ein komplizierter dazu. So russisch, so extrem und trotzdem urchig. Das ist so: Die Russin Regina Litvinova ist in Moskau aufgewachsen und lernte zu Beginn ihrer Jazz-Karriere den deutschen Schlagzeuger Christian Scheuber kennen. Später zog Litvinova nach Deutschland um ihre Studien zu beenden. Dort formierte sie wieder ein Trio mit Scheuber und studierte beim Pianisten Richie Beirach. Dieses enorm swingende Trio existiert nun seit zehn Jahren und ihr Mentor inspirierte sie zu einer neuen CD ausschliesslich mit Beirach-Stücken. Der Schweizer Gastmusiker auf dieser CD steuert das Urchige im Namen bei. Stephan Urwyler ist einer der vielseitigsten Gitarristen im Land. In dieser Band pflegt er den Stil eines modernen Jazz-Gitarristen und erinnert dabei an John Scofield. Das tönt dann vielleicht nicht so urchig. Ab sehr erdig. Regina Litvinova - p Stephan Urwyler - g Andreas Manns - eb Christian Scheuber - d

Dezember 2012

KOLT


DEZEMBER 2012 DAS ADVENTKONZERT VOM KONZERTCHOR ZÜRCHER UNTERLAND

SILVESTERTANZ @ SCHÜTZI OLTEN

FRIEDENSKIRCHE OLTEN www.konzertchorzu.ch

Die Party zum Jahresende So 16. Dezember 2012 17 Uhr

SCHÜTZI OLTEN www.schuetzi.ch

Werkeinführung: 4. Dezember, 20 Uhr, im Schreiber

Mo 31. Dezember 2012

STRICKJACKENCOMBO Weltuntergangskonzert – Mit Gästen! VARIO BAR www.variobar.ch Der Konzertchor Zürcher Unterland wird am 16. Dezember in der Friedenskirche Olten sein Adventkonzert aufführen. Davor findet am 4. Dezember in der Buchhandlung Schreiber um 20 Uhr eine Werkeinführung durch den musikalischen Leiter Donat Maron statt. Am Adventkonzert singt der Konzertchor Zürcher Unterland die Krönungsmesse von L. Cherubini. Tomas Gallart spielt das Konzert für Horn und Orchester, Es Dur, KV 447 von Wolfgang Amadeus Mozart. Beide Werke stehen unter der Leitung von Donat Maron und werden vom Orchester Conductus begleitet. 2006 gründete Maron das Orchester Conductus. Dieses internationale Ensemble bietet jüngeren Musikern, unterstützt von erfahrenen und bekannten Instrumentalisten, die Möglichkeit, erste Konzerterfahrungen zu sammeln. Der Konzertchor Zürcher Unterland schätzt sich glücklich, mit dem Orchester Conductus zusammen konzertieren zu dürfen. Die Freude an der gepflegten Musik und die Lust am gemeinsamen Singen sind es, welche die rund 80 Sängerinnen und Sänger des Konzertchores Zürcher Unterland seit seiner Gründung im Jahre 1983 miteinander verbinden. Das Bedürfnis, wenig gehörte Chorwerke zur Aufführung zu bringen, steht im Vordergrund. Nebst regelmässigen Konzertaufführungen in der reformierten Kirche in Bülach und einem jährlichen Adventskonzert im Fraumünster Zürich ist der Chor in bekannten Konzertkirchen der gesamten Deutschschweiz zu hören.

KOLT

Dezember 2012

Fr 21. Dezember 2012 21 Uhr

Tipp des Monats

NACHTFIEBER „Und sie dreht sich doch...“ SCHÜTZI OLTEN www.nachtfieber.ch

// Deejays: THE NICEGUYS (HÄRTEREI ZH, ROK LU) Ellen V. (Terminus) // Soundline: Mash ups – Electronica Partytunes – HipHop/RnB // Ab 18 Jahren Vorverkauf: 25.-- CHF inklusive Gebühren im Lumilauta Shop Olten 25.-- CHF exklusive Gebühren auf www.starticket.ch

Do 27. Dezember 2012 Türöffnung/Bar: 21.00 Uhr Showstart: 22.01 Uhr CHF 20.- bis 60.-

Die „Strickjackencombo“ mit ihrer reduzierten Stubenmusik passt immer wie die Faust aufs Auge. Angeranzter Charme von Ohrensessel und Stehlampe aus dem Raucherzimmer, verschmilzt mit akuter Absturzgefahr. Männer die leicht frieren, können Herzen erwärmen. Zu gegebenem Anlass wechselt die Combo das kleine Stübchen mit dem geräumigen Wohnzimmer der Variobar. Und das aus gutem Grund: sämtliche ehemaligen 12 Gäste wurden zur Feier „wenn uns die Maya auf den Kopf fällt“ eingeladen. Es werden nicht alle kommen. Weil sie diesen denkwürdigen Tag, an einem anderen Ort verbringen. Selber schuld! Neben der Stammformation mit Rolf Strub: Gesang und Zugemüse, André Tihanov: Gitarre, und Robert Weder: Klavier, Sounds und Minimaldrum haben folgende Gäste schon zugesagt: Roland Philip (Saxes), Roman Wyss (Tb/P), MC Düsli, Vera Öttiker (Voc), Silvan Bolle (Vibes), und ein paar Überraschungsgäste. Wie das gehen soll? Come and see!

Am 21.12.12 soll Schluss sein. Das sagen die Mayas und auch Irene glaubt daran. Auch verdienen Filmer und Kolumnisten ihr Geld damit. Wir wissen nicht so recht, was wir davon halten sollen und haben vorsorglich trotzdem eine Show geplant: Am 27.12.12 geht die Satire- und Musikshow für die Nordwestschweiz und das Mittelland (man merkt, es wurde ausgebaut...) zum 25. Mal über die Bühne. Wir halten satirischen Jahresrückblick auf Politik und gern Geschehen, plaudern mit unseren Gästen (Balthasar Streiff und Les 3 Suisses) über Gott und Weltgeschehen, stolpern über Schlagzeilen wie „Haustierbetreuung nach Weltuntergang“ und lassen gute Musik geschehen. Ja, wir wären froh, wenn es weiter ginge, das können wir eingestehen.

Ob nun „Ostertanz“, „Herbsttanz“ oder „Wintertanz“: Wer die Tänze kennt, weiss: Hier geht’s zur Sache. Schliesslich treffen erstklassige DJ’s auf ein feierwütiges Publikum und einen rappelvollen Club! Nachdem der „Silvestertanz“ letztes Jahr die Schützi hat beben lassen war klar: dieses Jahr wieder! Für erstklassige Unterhaltung sorgen: THE NICEGUYS! Die wohl meistgebuchten Partyspezialisten der Eidgenossenschaft! Wochenende für Wochenende tingelt das DJ-Duo durch das Land und zaubert dem Ausgehvolk ein Lächeln ins Gesicht! Unterstützt werden Sie von der DJ Ellen V., der geschätzten Resident des Terminus Clubs! Natürlich wird wieder eine fette Lichtanlage und ein dickes Soundsystem aufgezogen. Special: Auf der Galerie können Tische reserviert werden: dusan@eventmanufaktur.org

7


DRUCK&MEDIEN OLTEN

Mehr als eine Druckerei.

Mehr als eine Druckerei.

Dietschi AG Druck&Medien Ziegelfeldstrasse 60 4601 Olten Telefon 062 205 75 75 Telefax 062 205 75 00 www.dietschi.ch www.oltnertagblatt.ch 8

Dezember 2012

KOLT


CINEMA

ANNA KARENINA UK 2012 // DRAMA Ab 6. Dezember, youcinema 1874. Die schöne und lebenslustige Anna Karenina (Keira Knightley) hat alles, was sich ihre Zeitgenossinnen erträumen: Sie ist die Ehefrau von Karenin (Jude Law), einem hochrangigen Regierungsbeamten, dem sie einen Sohn geboren hat, und ihr Status in der St. Petersburger Gesellschaft könnte kaum höher sein. Dann aber macht sie im Zug nach Moskau Bekanntschaft mit Gräfin Wronskij, die von ihrem Sohn, dem attraktiven Kavallerie-Offizier Wronskij am Bahnhof erwartet wird...

JACK REACHER USA 2012 // CRIME Ab 27. Dezember, youcinema Auf den Strassen einer Kleinstadt in Indiana werden bei einem Massaker fünf Menschen kaltblütig erschossen. Alle Indizien sprechen gegen den ExArmee-Scharfschützen James Barr, doch während des Verhörs bringt dieser nur drei Worte über die Lippen: „Holt Jack Reacher!” Reacher (Tom Cruise) ist ein genialer Ex-Ermittler des Militärs. Im Namen der Gerechtigkeit macht er gnadenlos Jagd auf jene, die unter dem Deckmantel des Gesetzes Menschen töten. So wie im Fall des Verdächtigen James Barr.

Lachen und weinen in Glasgow Engel trinken Whiskey oder wie aus dem Glasgower Rüpel Paul Brannigan ein Filmstar wurde: Die Tragik-Komödie „The Angels’ Share“ hat auf und neben der Leinwand ein paar besonders schöne Geschichten auf Lager. von Pierre Hagmann

P

aul Brannigan stammt aus Glasgow und seine Eltern waren heroinsüchtig und kriminell. Mit 16 sass er in einem Jugendgefängnis, danach war ohne Arbeit, ohne Perspektiven. Es war in einem AntiJugendgewalt-Training der Glasgower Polizei, in welchem Branningan entdeckt wurde. Erst nach der dritten Einladung zum Casting ging er hin. Im Mai dieses Jahres lief er nun am Festival in Cannes über den roten Teppich. Im seinem neusten Filmprojekt ("Under the Skin") spielt er neben Scarlett Johansson. Zu verdanken hat er das alles dem Regisseur Ken Loach und dessen Film „Angels’ Share“ – ein vergnügliches Drama quasi, oder wie die Süddeutsche Zeitung schreibt: „Die Lage ist hoffnungslos, aber nicht immer ernst.“ Der Film, der in Cannes den Jurypreis gewann, kommt in den Hauptrollen gänzlich mit Laienschauspielern aus, die noch nie zuvor vor der Kamera standen – neben Brannigan ist da etwa Gary Maitland, der im richtigen Leben als Müllmann arbeitet und für die Dreharbeiten unbezahlten Urlaub nahm. An Authentizität

fehlt es den Figuren nicht, schliesslich dreht sich auch im Film vieles um das raue Arbeiterleben, Schlägereien – und Whiskey: The Angels Share, das sind die zwei Prozent Flüssigkeit, die pro Jahr Lagerung aus jedem Whiskey-Fass verdunsten; der Schluck also, den sich die Engel gönnen. Das bringt Robbie, gespielt von Paul Brannigan, auf eine nicht ganz legale Geschäftsidee; Whiskey als Mittel zum sozialen Aufstieg, solange man ihn nicht selber trinkt. Regisseur Ken Loach zeigt mit „The Angels' Share“ inmitten einer europäischen Krisenphase die harte Realität der Jugendarbeitslosigkeit und schaffts dennoch, dass sein HeistMovie (Räuberfilm) nicht als beklemmendes Sozialdrama endet, sondern als Film mit „ein paar Gelegenheiten, um zu lächeln“, wie Loach selber sagt. Moral der G'schicht: Lachen hilft auch im Schlamassel. Also: Lach mal wieder, Europa!

THE ANGELS' SHARE UK 2012 // DRAMA/COMEDY 20.12. – 30.12. (ausser 24. und 25.12.), Kino Lichtspiele

6 Fragen an... Samichlaus Was ist Ihr Lieblingsfilm? „Das Wunder von Manhattan“ aus dem Jahr 1947. Eine Weihnachtsgeschichte, die von Menschen handelt, die noch an mich glaubten. Was ist der schlechteste Film, den Sie je gesehen haben? "The Polar Express". Voll Hollywood, viel zu kitschig. Welchen Film haben Sie zuletzt im Kino gesehen? Ich gehe nicht ins Kino, es ist mir zu heiss in diesen Sälen. Bei welchem Film hätten Sie gerne die Hauptrolle gespielt? In „Bad Santa“ verkörpert mich Billy Bob Thornton. Diese Rolle hätte ich lieber gleich selbst gespielt. Mit welchem Filmstar würden Sie am liebsten einmal einen Kaffee trinken? Mit Jim Carrey, der „The Grinch“ gespielt hat. Dem würde ich gerne die Leviten lesen... Worüber würden Sie gerne einen Film drehen? Einen Sowjet-Agenten-Film, der nur von Kindern gespielt würde.

Das ganze Oltner Kinoprogramm für den Monat Dezember auf www.youcinema.ch / www.lichtspiele-olten.ch

Bequem Tickets an der Kasse bezahlen Online-Tickets gebührenlos kaufen! Vergünstigte Eintritts-Preise

KOLT

Dezember 2012

www.youcinema.ch

9


COLLIER POMELLATO «SABBIA» Rotgold 750 ANHÄNGER «SABBIA» Rotgold 750 mit schwarzen, weissen oder champagner Diamanten RINGE «SABBIA» Rotgold 750, poliert, mit schwarzen, weissen oder champagner Diamanten

UHREN Blancpain Chopard IWC Jaeger-LeCoultre Longines Montblanc Omega RADO Tissot BIJOUTERIE Adam Goldschmied Diadoro Frieden Furrer Jacot Gellner Jochen Pohl Jörg Heinz Lapponia Niessing Noor Pesavento Pomellato Schmuckwerk Schoeffel Teno Wellendorff

10

RINGE "SATURN" in Gelb-, Rot- und Weissgold 750 mit Brillanten

IWC_PORTOFINO Handaufzug, 8 Tage Gangreserve, Rotgold 750 mit dunkelbraunem Santoni Alligatorenlederband

HERRENUHR OMEGA SEAMASTER "PLANET OCEAN" Co-Axial-Werk, Edelstahl auf Stahlband

AUSSERGEWÖHNLICHES DESIGN aus dem Adam Goldschmiede-Atelier

ADAM Uhren Bijouterie / Hübelistrasse 19 / 4603 Olten / Tel. 062 212 10 20 / Web www.adam.ch / Fax 062 212 35 85 / Öffnungszeiten: Dienstag bis Freitag 08.30 – 12 Uhr / 13.30 – 18.30 Uhr / Samstag 08.30 – 16 Uhr // ADAM Goldschmiede-Atelier / Ringstrasse 15 / 4603 Olten / Tel. 062 212 10 21 Dezember 2012 KOLT


KULTURSPLITTER

MONATSTIPPS DER MAGAZINE AUS AARAU | BASEL | BERN | LUZERN | ST. GALLEN | VADUZ | WWW.KULTURPOOL.BIZ

LUZERN: MATANA ROBERTS IM MULLBAU Die Ex-Sticks-And-Stones-Saxofonistin Matana Roberts ist eine der interessantesten Musikerinnen unserer Zeit. Ihr letztjähriges Album «Coin Coin Chapter One: Gens de couleur libres», das sich mit Spuren und Hinterlassenschaften von Vorfahren, ihrer afroamerikanisch-indigenen Familie auseinandersetzt liess Kritiker

AMMAN IN AARAU

in Hymnen verfallen. Da ist Schmerz drin, da sirrt Voo-

Noch immer selten genug sind Arbeiten von Künstler/

doo, da lärmen die Sklavenverkäufer. Geschichte wu-

innen aus dem Nahen Osten in unseren Breitengraden

BASEL: TEMPOREICHES JUGENDTHEATER

selt. Klänge sürmeln, brechen aus. Kehlige Schreie.

zu sehen. Das Forum Schlossplatz in Aarau zeigt jetzt in

Auf den ersten Blick passen sie nicht zusammen, der

Kerbiges Altsax. Ein Must!

der Ausstellung «Amman Journal» Arbeiten von jorda-

langweilig wirkende Unternehmersohn Maik Klingen-

Matana Roberts, DI 4. Dezember, 20 Uhr, Mullbau Luzern

nischen Kunstschaffenden und von Schweizer Künst-

berg und Andrej Tschichatschow, genannt <Tschick>,

ler/innen, die als Gäste in Jordanien lebten. Sibylle Om-

der kleinkriminelle Sohn armer russischer Einwande-

lin, die längere Zeit in der jordanischen Hauptstadt die

rer. Doch dann brechen die beiden 14-jährigen Klassen-

Kunstszene und die Geschichte Jordaniens erforschte,

kameraden in einem gestohlenen Lada zu einer Reise

hat die Ausstellung kuratiert und zeigt Werke von Bar-

in die Walachei auf und erleben einen wilden Som-

bara Caveng, Samah Hijawi, Raed Ibrahim, Saba Innab,

mer jugendlicher Irrungen und Wirrungen. Das Junge

Helen Keiser, Faouzi Laatiris, Walid Raad, Christoph

Theater Basel bringt den Erfolgsroman von Wolfgang

Rütimann, Oraib Toukan, Ala Younis, René Zäch und

Herrndorf mit viel Witz und Tempo auf die Bühne, klug

Sima Zureikat.

gekürzt, in Mundart und auf hiesige Verhältnisse ange-

Aarau, Forum Schlossplatz, bis 27. Januar 2013

passt. Eine ausgezeichnete Arbeit der jungen

(Mi, Fr, Sa 12.00–17.00, Do 12.00–20.00, So 11.00–17.00)

Regisseurin Suna Gürler.

Infos unter www.forumschlossplatz.ch

<Tschick>: bis Sa 12.1.2013, www.jungestheaterbasel.ch

ST.GALLEN: SCHLACHTHUUS SÜDPOL Tra-tra-trallala, seid ihr alle da? Das Kasperlitheater für Horrorfans ist wieder da. Nach «Schnäuzlis letztem Kampf» besteigt das Splätterlitheater diesmal Expeditionsschiffe. Wer ist zuerst am Südpol? Lord Sandwich und seine Magd Kennedy, die die zivilisatorische Über-

«DER GOALIE BIN IG» IN BERN

VADUZ: WEIHNACHTSSTÜCK FÜR DIE GANZE FAMILIE

legenheit Britanniens verkünden wollen wollen oder

Der gerngelesene und vielverkaufte Mundartroman

der deutsche Biologe Helly Hansen? Die schwermütige

«Der Goalie bin ig» von Pedro Lenz kommt auf die

Das Junge Theater Liechtenstein bringt ein Weihnachts-

Nihilistin mit ihrem Seelenfreund oder die zwei Ext-

Bühne: Till Wyler inszeniert die Geschichte fürs Kon-

stück frei nach der Geschichte «Die sieben Raben» auf

remsportler Grind und Köbi Wolfshut, die auf der Su-

zert Theater Bern, Johnatan Loosli spielt den Goalie. Sie

die Bühne. Das Besondere ist, dass Kinder zwischen

che nach der maximalsten Challenge sind?

handelt vom kleinen und grossen Scheitern und von

acht und elf Jahren und Erwachsene gemeinsam The-

Splätterlitheater

der Hoffnung eines Mannes, der eben aus dem Knast

ater spielen. Premiere ist am 8. Dezember. Das Junge

Samstag, 1. Dezember, Kaff Frauenfeld.

zurückgegangen ist. Der erste Roman von Lenz (Bild)

Theater Liechtenstein ist ein selbständiger Verein, der

Mittwoch, 12. bis Samstag, 15. Dezember, 20 Uhr,

packte mit dem Plauderton des Erzählers – die Thea-

sich seit 10 Jahren die Förderung der Theaterpädagogik

Südpol Luzern.

teradaption ist schon fast eine Rückkehr in Lenz’ Genre

in Liechtenstein zum Ziel gesetzt hat.

Donnerstag, 27. und Freitag, 28. Dezember,

Spoken Word.

Die sieben Raben, Premiere am 8. Dezember, 16 Uhr; wei-

Grabenhalle St.Gallen.

Vidmarhallen im Liebefeld. Premiere:

tere Aufführungen am 9., 12. und 14. Dezember

Mehr Infos: www.splaetterlitheater.com

Sa., 15.12., 19.30 Uhr

KOLT

Dezember 2012

11


Urban und mitten im Grünen: Ihre Wohn- und Gewerbe-Träume werden wahr. Herzlich willkommen in der Traumfabrik Hugi mit 45 Wohnlofts (95 – 146 m2, Raumhöhe 4 m, gehobener Ausbaustandard) und 14 Gewerberäumen zwischen Olten und Aarau. Einkaufs- und Freizeitmöglichkeiten und Bahnhof vor der Haustür. Überzeugen Sie sich selbst in unserer Musterloft! hugi-wohnhallen.ch / hugi-gewerbehallen.ch

12

Besichtigung Musterwohnung: +41 44 746 43 43

Dezember 2012

KOLT


DAS KLEINE JOB-INTERVIEW

Mir wäre echte Konkurrenz lieber Francis Rusca, 48, ist der Geschäftsfßhrer von Coop City Olten und damit Chef von 100 Mitarbeitern. Im Interview spricht der Luzerner, der auch im lokalen GewerbeverbandVorstand steht, ßber die Besonderheit der Oltner Filiale und verrät, weshalb man wirklich jedes Mal an der Kasse nach der Supercard gefragt wird. Interview von Pierre Hagmann Foto von Yves Stuber

Francis Rusca, was wollten Sie werden, als Sie ein kleiner Junge waren? Metzger. Meine Eltern betrieben eine Metzgerei und so hab ich auch Metzger gelehrt. Zehn Jahre lang habe ich dort gearbeitet. Wir mussten die Metzgerei vor 25 Jahren aber strukturbedingt aufgeben.

Mieten sind zu teuer, die Lage ist ungewiss. Ich arbeite aber gerne in Olten, lieber hier als in ZĂźrich etwa. Es ist Ăźberschaubarer und man kann mit den Kunden eine schĂśne, gesunde Beziehung pflegen.

Wie kam es, dass Sie schliesslich Geschäftsfßhrer bei Coop City Olten wurden? Zunächst habe ich anschliessend bei der Migros als Leiter Metzgerei gearbeitet, so bin ich im Detailhandel gelandet. 2004 wurde ich Geschäftsfßhrer von Coop City in Aarau. Vor drei Jahren schliesslich hat eine Rochade stattgefunden, so kam ich nach Olten. Wie unterscheidet sich die Oltner Filiale von jener in Aarau? Olten ist sehr speziell. Wir sind das einzige Warenhaus in der näheren Umgebung, es gibt nichts anderes, die Leute sind sehr verbunden mit dem Haus. Es gibt einen hohen Anteil Stammkundschaft, etliche sind täglich hier. Sie profitieren also von dieser Monopolstellung. Mir wäre eine echte Konkurrenz nebenan lieber. Das bringt mehr Abwechslung, mehr Kundenfrequenz. Unser Ziel muss es sein, den Kunden in Olten zu halten. Das ist hier schwieriger als in Aarau. Es fehlt die gesunde Strukur rundherum. Die

"Wenn sich eine Ware nicht bewegt, muss die weg": Mister Coop City Francis Rusca.

Es weihnächtelt schon wieder sehr, und das seit Wochen. Bewirkt man aus Umsatz-Perspektive damit nicht einen kontraproduktiven Over-Kill? Nein. Am 1. November ist der offizielle Weihnachtsverkauf-Start, wir brauchen aber eine kleine Vorlaufzeit. Das war auch vor zehn Jahren nicht anders. Und die Zahlen spre-

chen fßr sich: Wir sind in diesem Jahr im Weihnachtsbereich bisher 20 Prozent ßber dem Vorjahr. Aber klar: Das Weihnachtsgeschäft ist eminent wichtig. November und Dezember machen wir rund 40 Prozent mehr Umsatz als in den anderen Monaten. Wie reagieren Sie, wenn sich eine Ware schlecht verkauft? Wir halten die einzelnen Verkaufspunkte im Auge. Wenn sich eine Ware nicht bewegt, muss die weg und etwas anderes hin. Das ist besonders wichtig, weil wir einen sehr hohen Stammkundenanteil haben. Mit einem einfachen Umplatzieren von Ware kann man ßber Leben und Tod eines Artikels entscheiden. Hier sind wir aber gewissen Regulierungen unterstellt. Es gibt einerseits Layout-Vorschriften, vor allem im Bereich KÜrperpflege und Food, anderseits zahlen gewisse Anbieter fßr die lukrativsten (und teuersten) Plätze auf SichthÜhe. Zum Schluss noch ein Wunsch: KÜnnten Sie nicht anordnen, dass man kßnftig nicht mehr bei jedem Einkauf nach der Supercard gefragt wird. Das nervt ein bisschen. (lacht) Leider nein. Wir mßssen täglich viele Punkte nachtragen, weil Leute ihre Karte vergessen haben. Das bedeutet fßr uns einen unverhältnismässig grossen Aufwand. Diesen wollen wir mit der Erinnerung an der Kasse minimieren.

OLTEN Ăźber die Welt

Am 21.12. soll die Welt untergehen. Wie stellen Sie sich diesen Untergang vor? Christoph Henzmann, 31, Trimbach Wir stossen an, geniessen den Abend, feiern einen schĂśnen Geburtstag – hĂśren das Ă–ffnen der sieben Siegel, stehen auf den Balkon, begutachten die Reiter der Apokalypse, grĂźssen DĂźrer – und quälen uns am Samstag in voller Frische aus dem Bett und beseitigen die Spuren des Weltuntergangs. Maximilian Pfote, 32, Wangen b. O. Ein riesiger Meteorit schlägt auf die Erde ein. Schockwellen und Tsunamis Ăźberrollen die ganze Welt. Sarah Frey, 29, Olten Es wird eine sternenklare Nacht, im Beisammensein mit seinen Liebsten, an einer grossen Tafel, die Weingläser klirren aneinander, das Kerzenlicht geht aus...und am 22.12.12 wieder an. Sarah Nyenegger, 29, Olten Zusammen mit meiner Familie bei einem leckeren Znacht und einem edlen Wein und dann warten wir gemeinsam, bis die Welt untergegangen ist. Ob es einen lauten Knall gibt?! Haha... Am 22.12.gehe ich auf jeden Fall dann nach Davos Ski fahren...

Feinste Kaliber von NOMOS GlashĂźtte.

KOLT

Dezember 2012

13


30.11 .2 01 2 – 01 .04.2013

STADTLEBEN

Überraschendes aus der Ausländerstatistik der Stadt Olten

Unterstützt von:

Hodlerstrasse 8 – 12 CH-3000 Bern 7 www.kUnstmUseUmBern.CH dI 10H – 21H mI-so 10H – 17H

In Zusammenarbeit mit: wo die Ausstellung vom 25.04. bis 29.07. 2013 gezeigt wird

121107_Ins_Kulturpool_Itten_klee_92x139mm.indd 1

SIE WÜNSCHEN EIN

07.11.2012 14:49:35

MAGAZIN?

WIR VERWIRKLICHEN: VOM KONZEPT BIS ZUM DRUCK. GUTES DESIGN IST BEI UNS OBLIGATORISCH.

112 und damit mehr als die Hälfte aller Nationen sind in der Kleinstadt Olten vertreten. Dazu gehört auch Sri Lanka – und wie!

1

94 offiziell anerkannte Staaten gibt es auf der Erde. 112 davon sind in der Stadt Olten vertreten. Eine beeindruckende Zahl, wenn man bedenkt, dass auf dem ganze Planeten über 7 Milliarden Menschen und von diesen 7 Milliarden nur knapp 18'000 entschieden haben, sich in Olten niederzulassen. In einer Stadt, in der 0,0025 Prozent der Weltbevölkerung leben sind also 57,7 Prozent aller Nationalitäten vertreten – willkommen im Global Village. 4782 Ausländer hat die Stadt Olten per Ende 2011 gezählt, gegenüber von 4861 im Vorjahr, die Gerüchte, wonach immer mehr Ausländer in Olten leben, lassen sich mit diesen Zahlen entkräften. Heute leben hier zum Beispiel 49 Vietnamesen, 54 Portugiesen, 82 Chinesen, 370 Mazedonier, 557 Türken, 566 Deutsche und 839 Italiener. Das alles ist auf der offizellen Webseite der Stadt Olten nachzulesen. Glaubt man diesen dort veröffentlichten Zahlen stellt anno 2012 jedoch nicht Italien die grösste ExilBevölkerung in Olten, sondern: Sri Lanka. 2230 Sri Lankerinnen und Sri Lanker, so werden die Einwohner des Inselstaates im Indischen Ozean auf Deutsch korrekt genannt, haben ihren Wohnsitz in unserem Städtchen. „Das sind aber sehr viele Tamilen für eine Stadt mit nicht mal 20'000 Ein-

wohnern“, werden sich die meisten Leserinnen und Leser nun denken. „Wo sind die denn alle, in Blechhütten in SüdWest oder im Industriegebiet?“. Dazu lässt sich zweierlei sagen: Erstens sind nicht alle Sri Lanker auch Tamilen; die Tamilen sind eine ethnische Minderheit im Norden von Sri Lanka, Hindus, die nur etwa einen Zehntel der Bevölkerung von Sri Lanka ausmachen (also noch weniger als die Sri Lanker in Olten). Die grosse Mehrheit der Menschen in Sri Lanka sind buddhistische Singhalesen. Die beiden Ethnien haben sich immer mal wieder bekämpft. Eine Folge dieser Bürgerkriege war, dass viele Tamilen aus ihrem Heimatland geflüchtet sind und so kommt es, dass die meisten Srilanker, die im Ausland leben, effektiv Tamilen sind. Sie sind also ein bisschen überall in der Minderheit, die Tamilen – ausser in Olten? Nun, der Teufel liegt im Detail und damit wären wir bei Zweitens: Es ist einfach eine Null zuviel reingerutscht, in diese Statistik auf der offiziellen Webseite der Stadt Olten. 223 müsste es heissen, Vorjahr 250. Somit bilden doch die Italiener die Mehrheit innerhalb der ausländischen Minderheit in der Oltner Bevölkerung. Immerhin müssen die Tamilen – pardon, Sri Lanker hier keinen Bürgerkrieg fürchten. ph

L ebern g a ss e 1 7 | Po s t fa ch 1 9 2 7 | 4 6 0 0 Olt en | 0 6 2 5 1 1 2 3 00 | ve r l a g @v 2 s .ch | w w w . v 2 s. c h 14

Dezember 2012

KOLT


STADTLEBEN Das "Lagerhaus der Schweiz" (Region Egerkingen-Olten), hier in einem Zukunfts-Szenario von Avernir Suisse.

Hub City Olten SBB Cargo verlegt seinen Hauptsitz nach Olten und verhilft der Stadt, ein LogistikSchwerpunkt zu werden. Genauso, wie es ein Szenario im Auftrag von „Avenir Suisse“ 2003 beschrieben hat. Jedenfalls fast. Text von Matthias Sigrist Fotomontage von MVRDV und Birkhäuser Verlag AG, Basel Foto von Yves Stuber

O

lten ist das Bahnkreuz der Schweiz. In etwas grösserem Massstab betrachtet, ist Olten auch das Autobahnkreuz der Schweiz, genauer Egerkingen, 9 km westlich von Olten gelegen, als Ost-West- und Nord-Süd-Knoten der Schweiz, für den Personen-, aber auch für den Güterverkehr. Die Linienführung des Autobahnnetzes orientierte sich damals in der Planungsphase an der Theorie der zentralen Orte: Gut ausgebaute Autobahnen sollten nach den Vorstellungen der Politiker und Planer die städtischen Zentren rasch miteinander Verbinden. Sie sollten die Zwischenräume vom Siedlungsdruck befreien und dadurch Landschaftserhaltung betreiben. Es kam anders: Das Autobahnprojekt wurde nicht zur wirksamen Begrenzung des Sied-

"Wir setzen auf die 'Logistik von Personen', nicht auf Waren": Urs Blaser, Wirtschaftsförderung Olten.

KOLT

Dezember 2012

lungswachstums – sondern zu seinem wichtigsten Motor. Das Siedlungsland entlang der Autobahn von Zürich nach Bern – das sogenannte A1-Land – bildet mit seinen Verteilerzentralen das logistische Rückgrat des schweizerischen Mittellandes. Und so wurde die Region Egerkingen – Olten zum „Lagerhaus der Schweiz“ (vgl. auch KOLT Nr. 7 & 8/2011). Die schweizerische Denkfabrik „Avenir Suisse“ liess im Jahr 2003 Szenarien zur Umgestaltung der Schweiz in ihrem Buch „Stadtland Schweiz“ entwickeln.

DAS AUTOBAHNKREUZ WIRD IN DIESEM SZENARIO ZUM WICHTIGSTEN KNOTENPUNKT EUROPAS. Darin spielt Olten keine unwesentliche Rolle: So beschreibt ein Szenario, entwickelt vom renommierten holländischen Planungsbüro MVRDV, unsere Region als sogenannte „Hub City“, zu deutsch etwa: Drehscheibe. Und genau das wird in diesem Szenario beschrieben: Das Autobahnkreuz Egerkingen wird zum wichtigsten Verkehrs- und Warenumschlagsknotenpunkt von Europa, eine Stadt mit Hundertausenden von Einwohnern und entsprechenden Arbeitsplätzen in dieser Branche. Kürzlich wurde vermeldet, dass SBB Cargo, die GüterAbteilung der SBB, 2014 mit 500 Arbeitsplätzen nach Olten zieht. Wird das Szenario „Hub

City Olten“ nun Schritt für Schritt Realität? KOLT hat nachgefragt bei Urs Blaser, Leiter der Wirtschaftsförderung Region Olten. Urs Blaser, lautet die Strategie der Wirtschaftsförderung Olten: Ansiedlung von Logistikfirmen in der Region? Mit SBB Cargo scheint ja ein guter Anfang geglückt zu sein. Ich kehre die Frage bzw. die Antwort um: SBB Cargo kommt nicht wegen der Lage für den Güterverkehr nach Olten, sondern wegen der Lage der Erreichbarkeit der Mitarbeitenden. Wir haben hier Zugang zum grössten Arbeitsmarkt der Schweiz – in 30 bis 40 Minuten erreichen 2/3 der Schweizer Bevölkerung Olten. Deswegen setzen wir auf die „Logistik von Personen“ und nicht auf Waren. In Zukunft werden wir aber immer weniger pendeln, also nimmt diese „Logistik“ ab. Man wird vermehrt dort wohnen, wo man arbeitet, das zeigen Studien. Dann werden – hoffentlich – mehr Menschen in Olten und Region wohnen bleiben. Wir schaffen durch Ansiedlung solcher Firmen somit gute Voraussetzungen für ein Wachstum der Stadt. Sollte die Alpiq eines Tages wegziehen, braucht es wieder grosse Steuerzahler. Welche Strategie verfolgt die Wirtschaftsförderung – in welcher Branche sehen Sie die Zukunft? Wir konzentrieren uns nicht primär auf eine Branche, wie z.B. eben die Logistik, sondern setzen eher auf „zentrale Dienstleistungen“. Das heisst, dass wir durch unsere zentrale Lage für viele Firmen zum wichtigen (Neben-) Hauptsitz werden können, da in an-

genehmer Pendlerdistanz Mitarbeiter aus der ganzen Schweiz nach Olten gelangen. Wir setzen auch auf Firmen mit Qualität, speziell wollen wir natürlich Knowhow binden und arbeiten daher eng mit der Forschung zusammen, zum Beispiel mit dem Programm Learning Area der Fachhochschule. Zudem platzieren wir uns als Wirtschaftsregion in strategisch wichtigen Organen wie dem Magazin der SWISS oder dem NZZ Equity, einem Jahrbuch für Investoren. In letzter Zeit wurde bekannt, dass auch Gewerkschaften und Personalverbände, also Arbeitgeber mit tiefem Steuersubstrat nach Olten gezogen sind. „50 neue Arbeitsplätze in Olten“ – das tönt eigentlich gut. Nehmen solche Organisationen nicht potenteren Firmen mit hohem Gewinn und Umsatz – eben z.B. aus der Logistik – Büroflächen weg? Natürlich sind gerade Gewerkschaften und Personalverbände nicht die grossen Steuerzahler, das ist richtig. Aber 50 Mitarbeiter geben der Stadt auch einiges zurück; sie essen hier, kaufen ein, gehen nach der Arbeit noch was trinken. Das darf man nicht unterschätzen. Zudem bleibt sicher der ein oder die andere hier als neuer Einwohner, was der Stadt ja auch wieder Steuereinnahmen bringt. Wir schauen aber schon, wer denn zu uns kommt, wir wollen nicht zum „Billig-Standort“ werden. So sind wir gerade dabei ein Forschungszentrum im Bereich der Biotechnologie aufzubauen. Ein Forschungszentrum der Biotechnologie? Ja. Mehr kann ich dazu im Moment aber noch nicht sagen.

15


IM EXIL

1

2

1

EIN BISSCHEN ÜBERALL

Generell gilt ja für die meisten Menschen: Arbeit nervt. Man freut sich zwar am Ende jeden Monats über ein festes Gehalt auf dem Konto, kann die obligatorische Stunde pro Tag mit dem Stalken von hübschen Bekanntschaftinnen auf Facebook verbringen, und geht in den meisten Fällen auch nach Hause wenn die acht Stunden abgesessen sind. Das Blöde daran ist: Man muss meistens tun was der Chef sagt, sich mit den Launen der idiotischen Mitarbeiter abfinden, den grausigen Kaffee aus der verkalkten Geschäftsmaschine trinken und auch dann jeden Tag pünktlich im Büro erscheinen wenn draussen eigentlich die Sonne scheinen und die Mädchen Bikini tragen würden. Der einzige Ausweg aus dem Schlamassel: Die Selb(st)

Betrunkene Zahnärzte im Wüstenland Menschen aus der Region berichten aus der Welt – diesmal unter anderem über Bikinigirls am Baggersee, afrikanische Eiswürfel-Dealer und Berliner Baumschulen.

CAPS-Inserat_7-12_KOLT_Inserat 12.11.12 15:19 Seite 1

ständigkeit. Sein eigener Chef sein. Man arbeitet ein bisschen wann man will und auch wenn man den ganzen Sommertag mit den Bikinigirls am See verbracht hat, ist das noch lange kein Grund für ein schlechtes Gewissen – man holt die Arbeit schliesslich einfach nach. Grossartig! Das Blöde daran ist: Mann muss immer noch tun, was der Chef sagt (man hat jetzt sogar mehrere davon), man hat keine idiotischen Mitarbeiter mehr, über die man sich lustig machen kann und der Kaffee schmeckt nicht viel besser, dafür muss man ihn selber bezahlen. Ausserdem fühlt sich jede Minute auf Facebook irgendwie scheisse an, weil man sich selbst die Zeit (und somit das Geld) stiehlt. Also doch nicht so grossartig? Das einzige was uns Freelancern wirklich bleibt,

sind also die Tage am See. Aber wisst ihr was? Dafür lass ich Facebook Facebook sein und bezahle gerne auch meinen Kaffee selbst. Cyril Müller, 31, stammt aus Fulenbach und arbeitet als freiberuflicher Fotograf ein bisschen überall. Er lebt in Dornbirn, Österreich. www.cyrilphoto.com

2

VANCOUVER, CAN

V

ancouver, im November auch „Raincouver“ genannt, ist eine wunderschöne Stadt. Wenn die Sonne scheint bringt der dunkelblaue Himmel die Farbenpracht der Ahornbäume noch mehr zum Ausdruck. Auch mitten in der Stadt findet man den Strassen entlang diese Bäume, welche zusätzlich noch mit Weihnachtslämpchen verziert sind,

DAMIT IHR AUFTRITT GLAUBHAFT IN ERSCHEINUNG TRITT. C R É AT I V E - AT E L I E R S A L Z M A N N . W E R B E A G E N T U R . P R I N T D E S I G N , D I G I TA L P U B L I S H I N G , W E B D E S I G N .

II III IV

VIII IX X

XI XII I

V VI VII

Créative-Atelier Salzmann GmbH

Leberngasse 21, 4600 Olten

Telefon 062 285 50 80

www.creative-atelier.ch


IM EXIL

5

3

6

4

6 was die Abendstimmung noch märchenhafter erscheinen lässt. S., F. & A. Heuberger leben in Olten und waren kürzlich in Kanada.

3

BANGKOK, TH

B

angkok, 1. November 2012: Wenn Du am Morgen erwachst und anstelle deiner Ehefrau einen Strassenköter in den Armen hast, dann kannst Du ziemlich sicher drauf gehen, dass Du zuviel gesoffen hast..! Jo Schlapbach, 29, stammt aus Wisen und lebt in Bangkok

4

TWYFELFONTEIN, NA

E

s ist eines der trockensten Gebiete der Welt mit Temperaturen von locker 40 Grad. Es

scheint, als gäbe es mitten in all den Steppen und Wüsten in Namibia nur Antilopen und einsame Lehmhütten. Und doch trifft man mitten in der Einöde auf ein unscheinbares Schild mit unglaublicher Aufschrift: Eiswürfel zu verkaufen. Kein Scherz. Selbst dort wo monatelang kein Regen faellt, hat irgend ein findiger Mensch das Geschäft gewittert, und bietet das an, was man am ehesten braucht – und am wenigsten erwartet. Bähram Alagheband, 32, und Daniela Püntener, 30, Journalisten aus Olten, reisen derzeit um die Welt.

5

OTAVALO, ECU

H

ier möchte ich nicht zum Zahnarzt, da liegt die Patientenreferenz ja gleich im Schaufens-

ter! Angetroffen habe ich das Fenster in Otavalo, Ecuador. Als ich wirklich zum Zahnarzt musste, ging ich daher in die Hauptstadt nach Quito. Dort hat man mir zur Begrüssung Mundspühlung, Handdesinfektionsmittel und Taschentücher gegeben und währenddem ich kurz warten musste im Monitor oberhalb des Behandlungsstuhl eine Powerpoint zum richtigen Zähneputzen gezeigt. Dann wurden die Instrumente betont demonstrativ zur neuen Verpackung herausgenommen. Zum Schluss durfte ich eine Beurteilung der Behandlung ausfüllen und dem Fräulein am Empfang abgeben. Wow. Und billig wars auch noch. Petra Schneider, 29, stammt aus Wangen bei Olten und arbeitet in Otavalo für eine Schweizer Stiftung im Bildungsbereich.

BERLIN, GER

E

s gibt Orte in Grossstädten, die einem von Anfang an auffallen. Bei mir war das der Baumschulenweg in Berlin. Ich wohne in Niederschöneweide, das Spreitenbach von Berlin. Fünf Meter von mir entfernt ist die Spree und rund herum Industrieromantik. Abends fahre ich in die Stadt, um dort an Jams oder Lesungen zu gehen. Wenn die S-Bahn Richtung Stadt an der Station "Baumschulenweg" hält, stelle ich mir immer kleine Bäumchen vor, die vor dem grossen Baum, dem Lehrer, stehen und dem Unterricht lauschen. Was genau am Baumschulenweg ist, weiss ich nicht und eigentlich will ich mein Fantasiebild auch nicht zerstören. Vielleicht steige ich da aber trotzdem mal aus. Simon Spiess, 25, stammt aus Olten und lebt zurzeit in Berlin.

Die clevere Art, bye-bye zu sagen. Olten H Ringstrasse 17 H 062 206 77 88 H olten@globetrotter.ch H globetrotter.ch


TITEL

Aus viel Medienpr채senz wurde grosse Journalisten-Scheu: Das Minarett von Wangen bei Olten.

18

Dezember 2012

KOLT


JENSEITS VON WEIHNACHTEN

Jenseits von Weihnachten In der Adventszeit über das Christentum hinausschauen: Welche anderen heiligen Stätten gibt es in der Region, wie funktionieren sie, wer sind die Menschen dahinter? Machen Sie in unseren drei Reportagen aus Gretzenbach, Trimbach und Langenthal Bekanntschaft mit Buddhisten, Hindus und Sikhs. Die Moschee in Wangen blieb uns leider verschlossen. Text von Elias Zimmermann Fotos von Till Forrer

H

induismus und Buddhismus tauchen selten auf dem Radar des öffentlichen Interesses auf und wenn, dann in den Spalten der Auslandnachrichten oder als Lifestyle-Religionen für Menschen, die spirituelle Erfahrungen suchen. Nur wenig wahrgenommen werden sie als Religionen, die seit Jahrzehnten mitten unter uns praktiziert werden. In den letzten Jahren wurden – ohne viel Aufsehen zu erregen – bei Olten gleich die zwei schweizweit grössten Tempel ihrer Art gebaut: Ein hinduistischer Tempel in Trimbach (S.24-25) und ein buddhistischer Tempel in Gretzenbach (S. 21-22). Anders ist zur Zeit die Situation des Islam in der Schweiz: Spätestens seit der Minarett-Initiative im Jahr 2009 sind Moscheen ein heiss diskutiertes Thema. In den Augen einiger Parteien stehen Muslime unter dem Generalverdacht, eine Schattengesellschaft zu bilden, ja sogar einen Staat im Staat aufbauen zu wollen.

KOLT

Dezember 2012

KOLT wollte deswegen die Betroffenen in der Region selber zu Wort kommen lassen. Wir versuchten den türkischen Kulturverein in Wangen bei Olten davon zu überzeugen, dass unsere Berichterstattung die Möglichkeit bietet, sich der Öffentlichkeit zu präsentieren. Immerhin erregt die Moschee von Wangen zumindest architektonisch seit 2009 viel Aufmerksamkeit mit einem der wenigen Minarette der Schweiz. Falsche Gerüchte um die Verbindung des Vereins zu einer türkischen Terrororganisation haben die Verantwortlichen gegenüber Journalisten schweigsam gemacht – unsere Anfragen wurden allesamt abgelehnt. Da ein Bericht über die Moschee in Wangen nicht möglich ist, liegt nun die dritte portraitierte heilige Stätte nicht in der Region Olten selber, sondern in dessen Nachbarschaft: nämlich in Langenthal. Dort befindet sich der einzige Tempel der Sikhs in der Schweiz, der von aussen als solcher erkennbar ist (S. 23-24).

19


TITEL

Selbst das thailändische Königshaus hat für den Tempel gespendet, der den Namen der thailändischen Königin trägt.

24 Stunden am Tag erreichbar: Prakru Kitti Dhammawithet Chinuttamo, stellvertretender Abt.

Die Mönche von Gretzenbach

E

Der buddhistische Tempel in Gretzenbach wird jährlich von 30'000 Menschen besucht – eine Zahl, von der viele Kirchen nur träumen können. Das Wat Srinagarindravararam ist in den achtzehn Jahren seines Bestehens zu einem Magnet für Thailänder und Schweizer geworden.

s hat angefangen mit einer Mauer. 1994 wurde auf dem Areal in Gretzenbach, neben dem heute ein Lidl thront und hinter dem sich der Kühlturm von Gösgen am Himmel abzeichnet, eine Mauer gezogen – nicht um auszugrenzen, sondern um einzugrenzen. „Ein buddhistischer Tempel braucht Ruhe“, sagt Rita Lämmli, Mitglied der Stiftung für das Wat Srinagarindravararam. Innerhalb der Mauer wurden vorerst Wohncontainer aufgestellt, zwei Jahre später konnte das erste Gebäude, eine Wohn- und Arbeitsstätte der Mönche, eingeweiht werden. Getauft wurde der Tempel auf den Namen der thailändischen Königsmutter, die man bereits 1993 um Erlaubnis für diese Ehre bat. Srinagarindravararam, die 1995 verstarb, war eine bedeutende Botanikerin und bestens bekannt mit der Flora der Walliser Bergwelt – mithin ein Grund, wieso sie die Schweiz sehr schätzte.

20

VOM WOHNCONTAINER ZU UBOSOTH Es ist denn auch den Spenden des thailändischen Königshauses zu verdanken, dass sich innerhalb der Mauer weitere Gebäude für eine Sonntagsschule, kleinere Tempel und schliesslich 2003 der Ubosoth – ein prächtiger Gebetsraum für die Mönche – realisieren liess. Das Gebäude ist mittlerweile ein Wahrzeichen des Tempels geworden: Reich verziert mit Blattgold und seit 2006 komplett von Hand ausgemalt, ist er einzigartig in der Schweiz – insbesondere beeindrucken die über 300 Quadratmeter (!) bedeckenden Darstellungen aus Buddhas Leben. Rita Lämmli macht während ihrer Führung gerne auf die Details der Fresken aufmerksam: In einer Ecke kann man einen Appenzeller mit Alphorn entdecken, gleich daneben flirtet ein Älpler mit einer knapp bekleideten Siamesin aus dem

16. Jahrhundert. Der Kontrast zum traditionellen religiösen Gemälde ist gewollt. Wie auch die Schweizerkreuze im Geländer rund um das Ubosoth herum beweisen, wird das Schweizerische in den Tempel integriert. Anders als viele Muslime und Hindus in der Schweiz, so Lämmli, haben die thailändischen Frauen – sie stellen den Grossteil der Gemeinde – vor allem Männer von hier und sind demnach per se näher am Schweizer Alltag.

ZWEIMAL AM TAG ESSEN Es ist den guten Beziehungen zwischen Thailand und der Schweiz zu verdanken, dass die sechs Mönche des Tempels eine Sonder-Aufenthaltsbewilligung erhalten. Sie haben alle in Bangkok studiert und sprechen fliessend Pali, die religiöse Sprache thailändischer Buddhisten, die nichts

Dezember 2012

KOLT


JENSEITS VON WEIHNACHTEN

»Die Mönche, das hat sich weit über die buddhistische Gemeinde herumgesprochen, sind gute Psychologen und – wie in Thailand üblich – auch Eheberater.« Zwischen Lidl und Kühlturm: Weil viele Thailänderinnen mit Schweizern liiert sind, sind die Buddhistinnen auch näher am Schweizer Alltag als etwa Muslime oder Hindus.

mit dem Thailändischen selber zu tun hat: Pali ist ein Dialekt des Sanskrit. Der Tagesablauf der Mönche ist strikt geregelt, wie der stellvertretende Abt, Prakru Kitti Dhammawithet Chinuttamo, erklärt. Um fünf Uhr wird aufgestanden, zwischen sechs und sieben findet eine Morgenandacht mit Rezitationen und Meditation statt. Nach sieben wird gefrühstückt, dann beginnt die eigentliche Arbeit der Mönche: Sie empfangen Gäste, führen seelsorgerische Gespräche, halten Zeremonien ab – Hochzeiten, Segnungen, sogar Beerdigungen auf dem kleinen Urnenfriedhof entlang der Tempelmauer oder auf dem Friedhof einer christlichen Kirche. Oft sind die Mönche ausserhalb des Tempels in Privathaushalten gefragt, wo sie in diesem Falle zu Mittag essen. Wichtig ist, dass das Essen bis zwölf beendet ist. Denn nach dem Mittag dürfen die Mönche bis am nächsten Morgen um sechs keine feste Nahrung mehr zu sich nehmen.

ÜBERQUELLENDE GABEN Umso festlicher und reichhaltiger ist das Mittagessen. Die Besucherinnen des Tempels, die später selber hier essen werden, knien im Halbkreis

KOLT

Dezember 2012

um die versammelten Mönche und beten laut. Bald setzen die Mönche in die Gebete ein und während fünf Minuten entwickelt sich ein wechselseitiger Gesang. Vor den Mönchen biegt sich der Esstisch, alles Spenden der Gemeinschaft. „Oft ist es sogar zu viel Essen, das wir weiterverschenken müssen“, sagt Rita Lämmli. Ähnlich ist es mit dem Mineralwasser, das dem Tempel geschenkt wird. In südostasiatischen Kulturen ist reines Wasser nicht nur im Alltag wichtig, sondern hat eine symbolische Bedeutung – deshalb wird mehr gesponsert, als im Frischwasser-Land Schweiz nötig wäre. Nach dem Essen gehen die Mönche bis um 18 Uhr wieder ihrer Arbeit für die Gemeinde nach, dann folgt eine weitere Stunde der Meditation vor dem Schlafengehen. In Notfällen kommen die Mönche und vor allem der Abt jedoch nicht zum Schlafen: „Die Mönche sind vierundzwanzig Stunden am Tag erreichbar. Es ist auch schon vorgekommen, dass junge Menschen – nicht unbedingt Buddhisten – mitten in der Nacht angerufen haben und sagten‚ wenn ich nicht sofort mit jemandem sprechen kann, bringe ich mich um.’ Dann hat der Abt bis um vier zugehört.“

PSYCHOLOGEN UND EHEBERATER Die Mönche, das hat sich weit über die buddhistische Gemeinde herumgesprochen, sind gute Psychologen und – wie in Thailand üblich – auch Eheberater. „In Thailand braucht man keine Scheidungsanwälte“, so Lämmli, „dort wird alles von den Mönchen geregelt und zwar so, dass es einvernehmlich endet.“ Das ist nicht weiter verwunderlich, wenn man sieht, wie gross der Respekt ist, der den Mönchen gezollt wird. Gerne würde der Tempel noch mehr Mönche aus Thailand ständig beherbergen, denn es gibt mehr als genug Arbeit für sie in Gretzenbach. Zur Zeit, so der stellvertretende Abt, werden leider nicht mehr Aufenthaltsbewilligungen genehmigt. Eine räumliche Expansion ist hingegen möglich: Fleissig wird Geld gesammelt, um nahegelegenes Land zu kaufen und darauf eine Mehrzweckhalle zu realisieren. Schliesslich hat die Sonntagsschule mit ihrem grossen Angebot von Massagekursen bis zu thailändischen Schnitztechniken bereits heute jedes Wochenende 170 Schülerinnen und Schüler. Auch dies eine Zahl, von der viele Kirchen nur träumen können.

Drei grosse Feste im Jahr Im Wat steht zwar manchmal eine verzierte Tanne zur Weihnachtszeit, doch das ist ein Zeichen des kulturellen Austausches und hat keine religiöse Bedeutung. Drei grosse Feste werden im Tempel gefeiert, sie variieren in ihrem genauen Datum von Jahr zu Jahr: Das Makha Puja im März ist einer wichtigen Predigt Buddhas gewidmet, an der sich spontan 1250 Mönche eingefunden haben. Am Visakha Puja im Mai gedenkt man der Geburt, der Erleuchtung und dem Tod Buddhas – alle Ereignisse begaben sich am selben Tag im buddhistischen Mondkalender. Das Asalha Puja im Juli schliesslich erinnert an die erste Predigt Buddhas, die er in einem Hirschpark hielt. www.wat-srinagarin.com

21


<<Wir machen uns stark f端r die Jugend und den EHC Olten>>

Mit unserem Engagement beim EHC Olten unterst端tzen wir Spitzen-Eishockey in der Region und erm旦glichen Kanti-Sch端lern gratis Eintritt zu den Heimspielen.

www.alpiq.ch


JENSEITS VON WEIHNACHTEN

Der Gebetssaal im mittleren Stock mit Himmelbett, wo das heilige Buch täglich hingelegt wird.

"Wir schulden der Schweiz etwas": Karan Singh.

„The kitchen is a must“

D

Öffentliches Fest am 2. Dezember Das grösste Fest der Sikhs findet jeweils vom 30. November bis zum 2. Dezember statt, an dem der Gründer des Sikhismus, Guru Nanak Sahib Ji, geboren wurde. Während drei Tagen wird aus dem heiligen Buch Guru Granth Sahib gelesen, am dritten Tag – dieses Jahr ein Sonntag – wird das Gurdwara für eine grosse Feier geöffnet und es werden Menschen aus allen Religionen eingeladen. www.gurdwarasahib.com

KOLT

Dezember 2012

amit haben wir nicht gerechnet. Als wir beim Gurdwara Sahib inmitten eines wenig ansehnlichen Industriegebietes ankommen, werden wir zur Begrüssung umarmt – und gleich zum Essen eingeladen. Karan Singh, der Präsident der Sikh-Stiftung Schweiz, ist ein kleiner Mann mit langem, ergrauendem Bart und wie alle Sikhs trägt er den traditionellen Turban. Er spricht schnell und selbstsicher ein Englisch, das von deutschen und schweizerdeutschen Wörtern durchzogen ist. Voller Stolz zeigt er uns die Räume des Tempels. Dieser besitzt die Grösse eines normalen Einfamilienhauses, hat ansonsten aber wenig mit der europäischen Architektur gemein: Ein strahlend weisser Bau mit einer reich verzierten Kuppel und vielen kleinen Aufsätzen. Tritt man ein, glaubt man sich in einer anderen Welt – oder zumindest in einem anderen Teil der Welt.

EIN TEMPEL, AUFGEBAUT WIE DIE RELIGION Nur ungefähr siebenhundert Sikhs leben in der Schweiz. Ihre Religion ist

In der Schweiz gehören die Sikhs zu den kleineren religiösen Minderheiten. Trotzdem haben sie 2006 in Langenthal einen Tempel – ein sogenanntes Gurdwara – errichtet, dessen Ausstrahlung weit über die Stadt hinausreicht. wenigen bekannt, häufig werden sie mit Muslimen oder Hindus verwechselt. Das ist kein Zufall, hatte doch ihr Gründer Guru Nanak während dem 16. Jahrhundert im Sinn, Islam und Hinduismus zu reformieren. Anders als Muslime glauben Sikhs an die Wiedergeburt, anders als Hindus herrscht bei ihnen kein Kastenwesen und sie beten zu einem einzigen, universellen Gott. Am Aufbau des Tempels lassen sich wichtige Merkmale der Religion ablesen. Zuoberst, in der Kuppel, wird in einer kleinen Kammer das heilige Buch, das Guru Granth Sahib, aufbewahrt. Jeden morgen trägt ein Priester es hinunter in den mittleren Stock, den der Gebetssaal ausfüllt, und legt es auf eine Art Himmelbett. Dieses Buch ist das zentrale heilige Objekt, die Sikhs beten weder Figuren noch Bilder an. Im Erdgeschoss, das nur barfuss und mit Kopfbedeckung betreten wird, befinden sich Anlagen zur rituellen Waschung und – beinahe wichtiger als der Gebetsraum – die Küche. „The kitchen is a must“, erklärt Karan Singh, „before we build a gurdwara, we plan our kitchen.“

EINE BEWEGTE GESCHICHTE Die Küche ist das Herz des Tempels und Ausdruck seines sozialen Engagements. Jeder kann gratis essen, alle Nahrungsmittel und alle finanziellen Ausgaben des Tempels sind Spenden der Gläubigen. Hier in der Küche treffen wir nicht nur die Musiker und ehrenamtlichen Haupt-Priester des Tempels (im Grunde ist jeder Sikh ein Priester), sondern auch Gläubige aus Kanada, England, Malaysia und Polen. Zufälligerweise findet zur Zeit eine Familienzusammenkunft statt, nach dem Tod eines Angehörigen haben sich Verwandte aus drei Kontinenten zusammengefunden. Gesprochen wird Panjabi, eine indogermanische Sprache aus dem Nordwesten Indiens und dem Nordosten Pakistans, woher der Sikhismus ursprünglich stammt. Viele Sikhs flohen 1947 aus Pakistan während der tumultösen Trennung der beiden Staaten, 1984 emigrierten noch mehr aus Indien, als Indira Gandhi blutig ihre Unabhängigkeitsbestrebungen unterdrückte – wofür sie mit dem eigenen Leben zahlte. Auch das Leben Karan Singhs ist untrenn-

23


TITEL Bei ihm laufen alle Fäden zusammen: Vereinspräsident Ramalingam Vasantharajan.

»We ‚Ausländer’ should give a lot to make Switzerland more powerful – socially powerful.« bar mit der bewegten Geschichte seiner Religionsgemeinschaft verflochten. 1984 entführte er ein Flugzeug nach Pakistan; eine unblutige Aktion, die auf die Verfolgung der Sikhs aufmerksam machen sollte. Singh verbüsste dafür dreizehn Jahre in einem pakistanischen Gefängnis.

INTERRELIGIÖSES ENGAGEMENT In den neunziger Jahren kam Karan Singh mit seiner Familie in die Schweiz und beantragte Asyl – nach Indien zurückzukehren war für ihn, den viele Inder als Verräter betrachteten, unmöglich. Es folgte ein jahrzehntelanger Kampf um das Recht, hierbleiben zu dürfen, mehrere Ausschaffungsentscheide wurden – zum Teil im letzten Moment – abgewendet. Wer daraus folgert, dass Karan Singh deshalb der Schweiz gegenüber gemischte Gefühlte hat, der täuscht. Spricht er vom Verhältnis der Sikhs zur Schweiz, so ist er voller Dankbarkeit: „We ‚Ausländer’ should give a lot to make Switzerland more powerful – socially powerful. We owe something back.“ Zusammen mit Pfarrer Sieber, den er sehr bewundert, engagiert er sich für den interreligiösen Frieden und sucht auch Kontakt zu Juden, Muslimen, Buddhisten und Hindus. Nach dem blutigen Massaker in einem Sikh-Tempel in Amerika anfangs August, verurteilte Singh dieses nicht primär als Akt gegen seine Religionsgemeinschaft, sondern als unmenschliche Tat schlechthin. Mit dem amerikanischen Botschafter, der persönlich im Gurdwara Tempel kondoliert hat, habe er ein sehr gutes Gespräch geführt. Auch das Verhältnis zur lokalen Bevölkerung in Langenthal sei ausgezeichnet. Suche ein Ortsunkundiger den Tempel, so werde ihm von den Langenthalern geholfen, die meisten kennen die Sikh-Gemeinschaft. Schliesslich besuchen jährlich bis zu siebenhundert Nicht-Sikhs den Tempel, erklärt Karan Singh stolz, bevor er uns zum Abschied umarmt.

24

Bald ist der Tempel ganz bunt In Trimbach steht seit 2010 der grösste Hindu-Tempel der Schweiz, doch ganz fertig ist er noch nicht: Nach wie vor entsteht hier ein Stück Indien mit direktem Blick auf die Schweizer Berge. Ein Blick in eine Kultur, die den Mittelweg sucht zwischen Selbsterhalt und Integration.

E

s ist ein sonderbares Gebäude. Es ist ein sonderbares Gebäude, selbst wenn man drei Monate in Indien gelebt hat und zu wissen meint, wie ein hinduistischer Tempel aussieht. Das Sri Manonmani Ampal Aylam scheint aus dem Zusammenprall eines modernen europäischen Hauses mit einem traditionellen südindischen Tempelbau entstanden zu sein: Aus einem schlichten kubischen Betonbau erheben sich filigran verzierte Bögen und Türme. Drinnen setzt sich dieser gebrochene Eindruck ungebrochen fort. Eine schlichte Glastüre führt in einen schwarzausgelegten Vorraum, an der Decke hängt eine Überwachungskamera. Nur wenige Schritte weiter und eine grosse Halle öffnet sich, auch sie mit schwarzen Platten ausgelegt – doch diese werden unterbrochen von bunten Säulen, die Tempel umringen, vier kleine und ein grosser: Das Heiligtum.

EIN TAMILISCHES KULTURZENTRUM Hier wird bald die Gottesstatue von Uma, Shivas Frau, stehen. Dieselbe Göttin ist auch bekannt als glücksbringende Parvathi, zornige

Durga oder todbringende Kali; alles verschiedene Formen, die sie in der hinduistischen Mythologie annimmt. Uma ist als „Mutter der Welt“ ihre sanftmütigste Erscheinung, sie ist die Hauptgöttin des Tempels, der wie die meisten tamilischen Kultstätten in der Schweiz der shivaitischen Tradition angehört. Ungefähr 40'000 tamilische Hindus leben in der Schweiz, 2008 betrieben sie 16 Tempel in allen Landesteilen – mittlerweile dürften es sogar noch mehr Gotteshäuser geworden sein. Viele Tamilen emigrierten aufgrund des Konfliktes in Sri Lanka und versuchen hier, wie andere Diaspora-Kulturen auch, ihre kultisches Erbe weiterzupflegen. So befindet sich in Trimbach unter dem Dach des „Vereins zur Förderung der tamilischen Kultur in der Schweiz“ auch eine Schule, die für vierzig bis fünfzig SchülerInnen in der Freizeit Sprach-, Tanz- und Musikunterricht anbietet. Die fünf Lehrer erhalten zwar ein kleines Entgelt, arbeiten jedoch hauptsächlich ehrenamtlich: Alles, damit die zweite Generation ihre Wurzeln nicht vergisst. Aber auch die Integration in die schweizerische Kultur ist ein Ziel, so wird z.B. Nachhilfeunterricht in Französisch

und Deutsch für schwache Schüler angeboten und zeitweise gibt es einen Deutschkurs für Erwachsene.

PRIESTER RUND UM DIE UHR Auf die Errungenschaften des Vereins, der 1991 gegründet wurde, ist sein Präsident Ramalingam Vasantharajan sichtlich stolz. Bei ihm laufen alle Fäden zusammen, er ist Präsident des Vorstandes, überwacht den Bau und kommuniziert mit den Medien. Eine Machtfülle, die ihm 2010, als der Tempel gerade fertig gestellt wurde, negative Schlagzeilen bescherte. Der bisherige Priester des früheren, kleineren Tempels beschuldigte ihn, seine Geschäfte intransparent zu führen. Der „Blick“ bauschte den Konflikt auf, doch der Sturm im Wasserglas legte sich bald wieder. Der Priester habe freiwillig gekündigt, so Vasantharajan, der Streit sei schnell beendet worden. Dass es zu einem Streit überhaupt kommen konnte, mag an den Anforderungen liegen, die ein Priester im neuen Tempel in Trimbach zu erfüllen hat. Während momentan noch ein Gottesdienst pro Tag gefeiert wird, soll nach der offiziellen Einweihung des Tempels

Dezember 2012

KOLT


JENSEITS VON WEIHNACHTEN

Der zweitgrösste tamilische Tempel Europas. Der grösste steht in Hamm, Deutschland.

im Frühling 2013 gleich dreimal täglich den Göttern die Ehre erwiesen werden. Vasantharajan sucht einen Priester, der vierundzwanzig Stunden am Tag für die Gläubigen abkömmlich ist, fliessend Englisch und Tamilisch spricht und einen guten Draht zu den Menschen hat. Zudem soll der Gottesmann und sein Hilfspriester im Tempel wohnen, er soll „eins sein mit dem Tempel“. Dass der Gottesmann aufgrund der schwer zu erhaltenden Aufenthaltsbewilligung nicht aus Indien, sondern aus dem EU-Raum kommen muss, macht die Sache nicht leichter.

(FAST) DER GRÖSSTE HINDU-TEMPEL EUROPAS Die Priestersuche ist nur eine der schwierigen Aufgaben, die Vasantharajan zu bewältigen hat. Eine Herausforderung ist auch die Finanzierung des Baus, der bereits über vier Millionen Franken gekostet hat. Er wird über Spenden und Darlehen betrieben, auf regelmässige Einnahmen wie die christlichen Landeskirchen der Schweiz kann er nicht zurückgreifen. Die hinduistischen Tempel in der Schweiz und in ganz Europa haben keine gemeinsame Hauptverwaltung; die Kommunikation zwischen

KOLT

Dezember 2012

Für die Verzierungen wurden extra hochspezialisierte Handwerker aus Chennai eingeflogen.

ZWEI BAUKULTUREN TREFFEN SICH

setzte, arbeiteten die Inder mit Werkzeugen, die seit Jahrhunderten die gleichen seien: Der Zement wurde in grossen Schalen angerührt, gemessen wurde mit einem Lot am Faden und einer Schlauch-Wasserwage. „Die Künstler gehen ohne Pläne vor, die Figuren entstehen alle vor Ort und basieren auf einem Wissen, das nicht verschriftlicht ist, sondern von Generation zu Generation weitergegeben wird.“ Hinzu gekommen seien religiöse Vorschriften: Die Treppen hätten dreimal neu gebaut werden müssen, um den kultischen Standards zu genügen. Hildebrand hat Erfahrung mit Tempelbauten, auf seinem ‚Reissbrett’ ist teilweise – ganze drei Architekten haben daran gearbeitet – auch der buddhistische Tempel in Gretzenbach entstanden (vgl. S. 20).

Hilfe geholt hat man sich dagegen aus Indien selber: Alle Verzierungen sind von hochspezialisierten Handwerkern und Künstlern aus Chennai, die extra eingeflogen werden. Die Dekorationen sind deshalb im Stil eines zweitausendjährigen Tempels von Chennai gehalten, eine Qualität, die selbst viele indische Tempel nicht aufweisen können. Zwei unterschiedliche Baukulturen trafen aufeinander – während Hildebrand modernste Technik ein-

Das stilistisch so gebrochene Aussehen des Tempels mag ein treffendes Sinnbild für die Positionierung der tamilischen Diaspora zwischen alt und neu, Integration und Selbsterhalt sein – gewollt ist es auf jeden Fall nicht: Was zur Zeit noch Sichtbeton und dunkle Verschalung ist, wird in Zukunft bunt sein, nach und nach sollen die Ornamente das ganze Haus bedecken. Für das schweizerische Auge sonderbar und sonderbar faszinierend wird der Tempel fraglos bleiben.

ihnen ist zum Teil mangelhaft, nicht zuletzt weil sie in Konkurrenz um Gläubige und Spenden stehen. Dass Vasantharajan seinen Tempel als den „grössten Europas“ preist, korrigiert sein Architekt Hildebrand: Es sei der zweitgrösste tamilische Tempel auf dem Kontinent, der grösste stehe in Hamm, Westfalen Deutschland. Dieser, so hält Vasantharajan entgegen, sei zwar zugegeben etwas grösser, verfüge aber nicht über eine so gute Infrastruktur wie Trimbach. Hamm sei im weitesten Sinne ein Vorbild gewesen für das Projekt, doch besonders viel Hilfe hätte man von dort nicht erwarten können.

Tempelfeier im Frühling Obschon viele tamilische Hindus auch christliche Heilige verehren (z.B. die Madonna in Mariastein, SO), feiern sie keine Weihnachten. Das wichtigste Fest in Trimbach wird die Tempelfeier mit Prozession sein, die diesen Frühling bei der Eröffnung zum ersten Mal abgehalten und dann alljährlich wiederholt wird. Das genaue Datum ist zur Zeit noch nicht festgelegt. Als „Hindu-Weihnachten“ bezeichnet Ramalingam Vasantharajan den „Diwali“ am 13. November, an dem viele Lichter entzündet werden und der Sieg Krishnas über einen Dämonen gefeiert wird.

25


HÖREN & LESEN IN EINEM ZUG

Der Killer von Olten

Rauchende Schlangen Pedro Lenz, 47, ist Schriftsteller und

von René Frauchiger

von Pedro Lenz Illustration von Petra Bürgisser

Im Winter 2012, während 16 Menschen in Olten erwürgt, ertränkt oder erschlagen werden – den Täter nennt der Boulevard in Anlehnung an Alex Capus‘ Erzählband "Der Killer von Olten" –, verliebt sich Daniel Wegmüller in die Primarlehrerin Annette Vermeer. Annette reagiert auf Daniels Annäherungen kaum und erzählt auf einem Spaziergang, dass der "Killer von Olten" sie verfolge. Daniel versucht sie zu beruhigen, nimmt ihre Hand. Doch sie schreit: "Nun hat er mich." Weil es sich bei dem Mann, der ihnen nun entgegenkommt, lediglich um Gymnasiallehrer Moser handelt, bleibt Daniel ruhig – bis Moser ihn zu erdrosseln versucht, Daniel ihn erschlägt und von der alten Brücke in die Aare wirft. Kurz darauf schlafen Daniel und die Primarlehrerin miteinander beim Ausgang der Brücke. Am Mittwochabend ertappt Daniel Annette mit einem anderen, Hand in Hand. "Nun hat er mich", schreit Annette, als sie Daniel sieht, der Fremde stürzt sich auf ihn und wird erschlagen. Daniel und Annette schlafen miteinander vor dem Hübelischulhaus hinter einem Volvo. Woche für Woche erscheint Annette mit einem Neuen, Woche für Woche erdrosselt oder ertränkt ihn Daniel; und gerade in dem Moment, als er erkennt, dass er sich zum ersten Mal in einer festen Beziehung befindet, erscheint Annette Vermeer mit einem stämmigen Bündner und Daniel Wegmüller liegt bald selbst bei der Aare, ermordet vom „Killer von Olten“. Der Autor René Frauchiger (*1981) ist Mitherausgeber des Schweizer Literaturmagazins NaRr. www.dasnarr.ch

Z

u Beginn des 20. Jahrhunderts gab es in Italien eine Kunstbewegung, die voller Zukunftshoffnung alle Errungenschaften der Technik und die Geschwindigkeit moderner Transportmittel besang. Die Mitglieder dieser Bewegung, zu der neben Dichtern auch Maler und Musiker gehörten, nannten sich Futuristen. Ihr Begründer, Filippo Tommaso Marinetti verfasste im Jahr 1909 ein berühmtes Manifest, in dem unter anderem steht: «Besingen werden wir (...) die gefrässigen Bahnhöfe, die rauchende Schlangen verzehren.» Die heutigen Kunstschaffenden stehen den Segnungen der ständig voranschreitenden Technik viel skeptischer gegenüber. Inzwischen wissen wir alle, dass Technik und Fortschritt auch ihre Schattenseiten haben. Einem gegenwärtigen Dichter fiele wohl kaum ein, der Bahn, dem Automobil oder dem Flugzeug eine Ode zu widmen. Von Gedichten über Quantenphysik oder Nuklearforschung wollen wir gar nicht reden. Dennoch muss ich zuweilen an die alten Futuristen denken, wenn ich abends sehe, wie der gefrässige Bahnhof vor meinem Fenster nicht nur die einfahrenden Züge verzehrt, sondern auch die Massen von Reisenden problemlos schluckt und in seinen soliden, unterirdischen Magen treibt. Natürlich haben die oben zitierten Schlangen, seit der

lebt in Olten gleich beim Bahnhof. Er ist praktisch täglich im Zug unterwegs.

Elektrifizierung der Bahn, zu rauchen aufgehört. Und selbstverständlich verliert ein Transportmittel, das uns von frühester Kindheit an vertraut ist, einen Teil seines Zaubers. Ausserdem will ich nicht verschweigen, dass die Futuristen in ihren Manifesten auch eine grosse Anzahl ganz hässlicher Ideen verbreitet haben. Doch wenn am Jurasüdfuss der Abend hereinbricht und der Nebel wie eine Polsterung für empfindliche Seelen über Olten hängt, entfalten die einfahrenden Züge am Bahnhof einen poetischen Zauber, der einen noch heute anrühren kann. Nehmen Sie sich zwischendurch einmal die Musse, an einem kühlen Abend den Zügen zuzusehen, wenn sie mit ihren gelblich flackernden Lichtern den Nebel durchschneiden, bevor sie vom gefrässigen Bahnhof einverleibt werden. Um diesen Anblick erhaben zu finden, brauchen wir weder eisenbahnerische Kenntnisse, noch müssen wir eine ausgeprägte Liebe zur Technik verspüren. Im spätherbstlichen Dunst verwandeln sich die Dinge, wie sich zuweilen die Gedanken verwandeln können. Und auf einmal wird etwas, von dem wir glaubten, es sei gewöhnlich und banal zu einem beglückenden Schauspiel. Die Poesie kommt auf Schienen und wer sich von ihr anrühren lässt, hat vielleicht ein kleines bisschen mehr vom Leben.


HÖREN & LESEN

Fribi's Metal News

Deeno‘s Reviews

Ché's Bro Tipps www.bromusic.ch

www.outsider-shop.ch

ZÜÜL To The Frontlines (HRR) So soll traditioneller Heavy Metal klingen. Die jungen Bands machen den Grossen wie Iron Maiden vor, wie das heute klingen soll. Unbeirrt huldigen Züül den New Wave of British Heavy Metal, fernab aller Trends und sterilen Sounds von heute. Hier kommt der Urmetaller der mit Saxon, Judas Priest oder Angel Witch gross geworden ist, voll auf seine Kosten. Von der epischen Ballade „of the Fallen“ bis hin zu Nackenbrechern wie „Guillotine“ oder „Skullsplitter“ kommt das Blut jeden Headbangers in Wallung, frei nach dem Motto: Tradition vor Moderne!

MAMMOTH MAMMOTH Volume III Hells Likely (Napalm) Punkrock mit Stoner-Schlagseite heisst die einfache Umschreibung des Sounds dieser noch jungen Band. Eine lauschige Platte mit viel Kickass-Rock’n’Roll, die Metaller, Punks und Freunde der harten Mucke verzaubern wird.

BLUTMOND The Revolution Is Dead (Code666) Nicht alles, was aus Olten kommt ist schlecht, das beweisen Blutmond auf ihrem dritten und besten Album. Avantgarde Metal mit Saxophone und Death Growls; klingt schräg und ist es auch. Abgefahrene progressive Sounds mit jazzigem Anflügen und messerscharfen Gitarren-Riffs lassen dieses Teil zum echten Musikleckerbissen werden und machen Appetit auf mehr. Ein echter Trip, der einem das Hirn zerpflückt und zeigt, dass Metal durchaus auch Kunst sein kann.

KOLT

Dezember 2012

STUBBORN HEART Same (One Little Indian) Luca Santucci und Ben Fitzgerald sind Stubborn Heart. Ein Londoner Duo, deren Musik man am besten als Electronic-Soul bezeichen kann. Mit ihrem selbstbetitelten Erstling beweisen sie Stilsicherheit und legen ein bewundernswert reifes Werk vor. Beeinflusst von 80er-JahrePop und 70erSoul-Musik erschaffen sie episch anmutende Soundlandschaften. Getrieben von schleppenden Electro-Rhythmen und getragen von der melancholischweinenden Stimme Santuccis kreieren Stubborn Heart grosse Stimmungen. Insgesamt ergibt das hymnische Tracks, die aber nie übers Ziel hinaus schiessen. Das erinnert an Massive Attack zu ihren besten Zeiten, The XX oder auch James Blake. Passt perfekt zum Wintereinbruch!

VAN MORRISON Born To Sing: No Plan B Das erste Studioalbum in vier Jahren ist das zweite für Blue Note und das 34ste überhaupt und es ist gut!

HIDALGO, DICKINSON, NANJI 3 Skulls & The Truth Los Lobos-Gitarrist David Hidalgo, IndigenousFrontmann Mato Nanji und North Mississippi Allstars bzw. Black Crows-Saitenguru Luther Dickinson, allesamt hochgeschätzte Ikonen des Blues-, Southern- und Jamrocks in einer aussergewöhnlichen Kollaboration.

BETTY LAVETTE Thankful And Thoughtful Sie tourte mit Ben E. King, Otis Redding und James Brown. Trotzdem war Bettye LaVette bis vor zehn Jahren noch ein Geheimtipp für eingefleischte Blues- & Soul-Fans.

BJÖRK Bastards (One Little Indian) Bei Björk scheiden sich die Geister. Entweder man ignoriert sie oder man ist ein Hardcore Fan. Ich gebe zu: Ich tendierte zu ersteren. Mit Bastards releast die Isländerin kein richtig neues Album, sondern Remixes ihres siebten Studio-Albums Biophilia. Hand angelegt an die Songs haben eine illustre Schar von Musikern. Von Matthew Herbert, Hudson Mohawke, Alvo Noto und einigen mehr wurden die Tracks mit einem neuen Klanggewand versehen und überarbeitet. Ich für meinen Teil finde: Diese Remixe gefallen ausserordentlich und dürften auch Björk-Ignoranten für einmal in ihren Bann ziehen. Von technoid-stampfend bis zum Frickel-Dubstep-Remix ist Bastards für ein Remix-Album doch äusserts homogen und spannend geworden.

MANU KATCHÉ Manu Katché Der französische Ausnahme-Drummer gehört seit gut zwanzig Jahren zu den renommiertesten und erfolgreichsten zeitgenössischen Schlagzeugern. Katché hat mit Musikgrössen wie Sting, Peter Gabriel, Nigel Kennedy, Pink Floyd, Tracy Chapman, Tori Amos und Youssou N'Dour zusammengearbeitet. Auf dem neuen Album wird er begleitet von den beiden Norwegern Nils Petter Molvaer (trompete) und Tore Brunborg (sax) sowie dem Briten Jim Watson (piano, hammond).

GARY MOORE Blues For Jimi Der vor einem Jahr verstorbene Hardrock- und Blues-Gitarrist aus Irland erweist seinem amerikanischen Idol Jimi Hendrix Tribut und macht ihm dabei zugleich Konkurrenz in Sachen Einzigartigkeit.

27


HÖREN & LESEN

„i“ steht für intelligent Auf der Zugfahrt von Bellinzona nach Olten frage ich mich: Darf man eigentlich auch noch selber denken? Eine Gastkolumne von Rhaban Straumann

I

m Herbst war ich auf Reisen. Runter via Chur, zurück über Bellinzona. Das macht Spass. Gross war die Freude in Bellinzona. „Ja“, rief ich, „es gibt noch Zugswagen mit Fenstern zum Öffnen!“ Ich freute mich auf eine Heimfahrt mit Fahrtwind und ohne klimatisierte Standardunterkühlung. Die auch sehr verbreitete Standardüberheizung wäre kein Problem, denn Fenster sind zum Öffnen da. Und wie ich das tat! Zwar nicht mehr so jugendlich sperrangelweit tief heruntergerissen, so dass es mir ständig die Haare zersauste, nein, einfach so, damit ich den Sound der Zugreise und den Duft der Eisenbahn geniessen konnte. Speziell in Tunnels. Ansonsten beschränkt sich heute der Duft der Eisenbahn auf die chemische Toilette, deren Abluft sich auf Irrwegen in die Lüftung schleicht. Insbesondere in Doppelstockwagen. Der Sound einer Zugsreise bedeutet dieser Tage uniformes Blättern in Gratiszeitungen, Streicheleinheiten auf Touchscreens und aufschlussreiche Telefonate: „Schatz, i bi ufem Heiwäg.“ Aha. Da wünsche ich mir manchmal Dürrenmatts endlosen Tunnel herbei. Nicht so auf dem Heimweg von Bellinzona. Denn mein Wagen war leer. Obwohl der Blick auf dem Perron und in die modernen Zugswagen mich das Gegenteil erwarten liess. Warum? Die Antwort erschien mir auf dem Rückweg von der Toilette mit natürlicher Lüftung. Es ist die Schiebetür. Ja, es gibt sie, die Passagiere, die vor verschlossener Schiebetür kehrt machen, da diese sich nicht automatisch öffnet. Die denken, sie sei defekt. Herrlich! Die Technik ist ein Segen! Auch früher schon. Ich entsinne mich wie ich damals als Teenager meine erste Kamera kaufte. Eine Minolta 700. Der analoge Fotoapparat konnte schon viel, ich durfte trotzdem noch alles manuell machen. Bald erschien ihre Nachfolgerin auf der Bildfläche, die Minolta 700i. Das

28

„i“ stehe für Intelligenz, erklärte mir der Händler. Toll. Eine intelligente Maschine. Ich dachte sofort: „Bald muss ich nichts mehr denken. Geil! Bald kann ich mich nur noch mit Hochglanzmagazinen vergnügen! Geil! Bald lese ich nur noch über schöne Dinge wie... Ich weiss nicht. Die sagen mir dann schon, was schön ist. Und geil. Und geschrieben wird nur, womit sich das wirklich grosse Geld machen lässt. Yeah!“ Falsch. Mit 20 wusste ich nicht, dass ich später auch schreibend Geld verdienen werde. Egal. Ich dachte: „Geil, je besser es mir geht, desto weniger will ich wissen. Das ist natürlich und logisch. Nur so kann sich die Natur des Menschen selber regulieren, nur so macht eine Gesellschaft irgendwann Platz für eine andere. Das ist das Gesetz der Natur.“ Nein, ganz ehrlich, mir graut vor dem Moment, wo ich mir einen neuen Tourneebus kaufen muss, und nur noch ein Auto mit elektronischen, stupiden Denkhilfen kriege. Hilfe! Ich will noch denken dürfen! Und handeln. Nicht nur ausführen. Was nützt mir Komfort, wenn dabei das Leben an mir vorbei zieht? Kinder wachsen an den kleinen und grossen Beschwerlichkeiten. Da nennt man das lernen. Und nun soll plötzlich damit Schluss sein? Ist doch erst Halbzeit. Ist der Mensch dazu geschaffen, es nur möglichst einfach zu haben? Findet Entwicklung ohne Anstrengung statt? Nützt Denken das Hirn ab? Muss es nicht, das erledigt die Technik. Dem „i“ sei Dank scheitern Menschen heute vor manuellen Schiebetüren. Geil. Ich glaube, ich beantrage bei der SBB je Komposition einen Wagen ohne Klimaanlage, ohne automatische Schiebetür, ohne Chic. Ja, das werde ich. Ich Hinterwäldler hätte immer Platz genug.

Über Untergänge von Kilian Ziegler

Mein Lieblingsessen ist Kartoffelgratin. Das hat zwar nichts mit nachfolgendem Text zu tun, aber Medienkenner haben mir versichert, die Leute stehen auf prickelnde Details aus dem Privatleben eines Künstlers. Voilà. Nun aber zu Wichtigerem: Die Welt geht unter. Ich weiss, das war direkt, aber Schönlügerei wäre fehl am (bald nicht mehr vorhandenen) Platz. Die Maya sollen prophezeit haben, dass sich am 21. Dezember dieses Jahres die Welt verabschieden und in Richtung Inexistenz auswandern wird. Aber ist der Weltuntergang denn wirklich eine solch grosse Sache? Die Sonne geht jeden Tag ohne grosses Tamtam unter, aber wenn dann ein(!)mal die Welt Gleiches tut, mein lieber Herr Gesangsverein, dann ist ganz schön was los. Immer diese Polemik. Wie waren die Maya überhaupt im Stande diesen Termin so genau zu berechnen? Die hatten noch nicht einmal Taschenrechner, oder Kartoffelgratins. Weiter stellt sich die Frage: Wer ist am Untergang schuld? Herr und Frau Maya? Der Klimawandel? Die Ausländer? Yoko Ono? Eine Apokalypse ist ganz schön verwirrend, ich bin froh, wenn sich nach dem Ende der Welt die Lage beruhigen wird und alle wieder ihrem Tagesgeschäft nachgehen können. Vielleicht sollte unsereiner die Warnungen schlichtweg missachten und sich gegen aussen isolieren. Das könnte aber auch etwas heikel sein, man sieht ja, wie weit es sich abkapselnde Dinge gebracht haben. Zum Beispiel Nespresso verfügt über ein eigenes Abkapselsystem und das ist scheusslich und teuer. Ich lehne das Konzept „abschotten“ ab! Warum sagt man eigentlich abschotten? Weil sich die Schotten mit ihren Röcken und Dudelsäcken vom Rest der Welt distanzieren wollen? „Hey Kollege MacKenzie, unser Dudelgesacke ist schlimmer als jeder Tinnitus und in diesem Kilt gleicht meine Herrengegend einer Tiefkühltruhe, aber immerhin lassen uns die Kommunisten und Hippies in Ruhe. Komm, wir trinken ’nen Nespresso.“ Ich habe den (bald nicht mehr vorhandenen) Faden verloren. Immer mehr werde ich gefragt, ob ich selbst an die ganze „Tschüss Welt“-Ansage glaube. Aber natürlich! Bis jetzt waren noch alle Verschwörungs- und Untergangstheorien richtig, wobei jedoch immer etwas dazwischen kommen könnte: „Meine Damen und Herren, infolge Abwartens einer Anschluss-Katastrophe verzögert sich der Weltuntergang um circa 1500 Jahre, wir bitten Sie um Entschuldigung.“ So oder so ist mit der Niedergangsmeldung vieles aus den Fugen geraten, oder wie es der schweizerdeutsche Kartoffelfan sagen würde: „Us de Fuge Gratin.“ Na super, mein Lieblingsessen ist schuld. Eine gute Zeit La vache Kili

Der Oltner Schauspieler Rhaban Straumann kriegt öfters Nacht- und Reisefieber (www.wyss-straumann.ch)

PS: Wörtlich genommen, ist Oltens Bahnhofpassage auch irgendwie ein Unter-Gang.

Dezember 2012

KOLT


HÖREN & LESEN

Schon gelesen..?

KOLT liest... DER KOCH (2010) Roman von Martin Suter Der tamilische Asylbewerber Maravan gründet während der Wirtschaftskrise mit seiner Kollegin Andrea ein Catering für Liebesmenüs. Zu den Kunden zählen Geschäftsleute, die in kriminelle Waffengeschäfte mit den Bürgerkriegsparteien in Sri Lanka verwickelt sind. Wirtschaft, Politik und Kochkunst gekonnt verknüpft. Franziska Monnerat, redaktionelle Mitarbeiterin

Buchtipps von Christoph Rast

WINTERS KNOCHEN von Daniel Woodrell Roman Ein wuchtiges Buch wie ein schwerer Wein, die Sprache verblüffend markant. Woodrells Roman zeigt den LeserInnen ein Amerika, von dem man nichts weiss. Er entlarvt amerikanische Vorstellungen, abseits der Städte sei das Leben in Ordnung, denn der American Dream gilt nur noch für die Mächtigen. Die Familie Dolly lebt in mausarmen Verhältnissen im Hinterland von Missouri, in den „Ozarks“. Es fehlt dort an allem, sie haben kaum zu essen und nicht genug Feuerholz. Als der Winter naht verschwindet Vater Jessup Dolly. In dieser Welt muss die siebzehnjährige Ree Dolly nicht nur überleben, sie muss auch ganz auf sich gestellt für ihre Familie sorgen. Eine echte Kindheit hat sie kaum gehabt, so wenig wie ihre kleinen Brüder. Frühzeitig bereitet sie diese auf ein selbständiges Leben vor. Die Elterngeneration dagegen ist verantwortungslos, gleichgültig, rücksichtslos, brutal. Als ihr Vater Jessup, der wegen Drogengeschäften auf Kaution frei ist, nicht zum Gerichtstermin erscheint, droht der Verlust des Hauses, das für die Kaution verpfändet wurde. Ree muss Vater Jessup finden. Doch sie stösst auf heftigste Widerstände. Ein wuchtiges Buch, absolut empfehlenswert!

DU UND ICH von Niccolò Ammaniti Roman Lorenzo, ein vierzehnjähriger Junge, ist alles andere als normal. Er lebt am liebsten alleine. Damit nicht allzu viele Fragen gestellt werden, versucht er sich anzupassen. Das klappt gut, er hat seine Ruhe. Dann wird ein Skiurlaub geplant, eine schlimme Vorstellung für ihn. Warum nicht einfach zusagen - der Mutter zuliebe - und sich für diese Zeit im Keller verstecken? Gedacht, getan. Diese verrückte Idee klappt, bis seine Halbschwester für einige Tage auch Unterschlupf im Keller sucht. Lorenzo kennt diese kaum. Doch diese Konfrontation ändert für die beiden alles. Anrührend, komisch und traurig zugleich ist diese kurze Geschichte vom Erwachsenwerden. Aber sie hat es in sich! „Du und ich“ ist ein zärtlicher Roman über eine Geschwisterbeziehung und ein eindrucksvolles, trauriges und anrührendes Stück Prosa über das Aufwachsen im heutigen Italien. Ich empfehle "Du und ich" all jenen, die wieder mal etwas mit Emotionen lesen möchten und zum Nachdenken angeregt werden. Niccolo Ammaniti ist ein Meister des Wortes und der Emotionen!

STO-Saisoninserat_Kolt_viertelseite_grafikmeier 17.07.12 11:51 Seite 2

WONDER BOYS (2008) Roman von Michael Chabon Creative-Writing-Dozent Grady Tripp führt ein turbulentes und desolates Schriftsteller- und College-Lehrer-Leben, und so gerät er an einem "normalen" Wochenende auf einen rasanten Trip mit Drogen, Alkohol, Frauen, Literatur und reichlich schrägen Begegnungen im nächtlichen Pittsburgh. Matthias Sigrist, Verlagsleiter

Christoph Rast ist Leiter der Stadtbibliothek Olten und veranstaltet ebenda Buchbesprechungen im „Café Litteraire“.

FLORENZ UND BAGDAD (2008) eine westöstliche Geschichte des Blicks Sachbuch von Hans Belting Belting vergleicht in diesem Buch den Blick der westlichen Welt, der im Florenz der Renaissance geboren wurde und völlig neue Bilder hervorbrachte, mit dem der islamischen Welt, der sich in ihrer Kunst und ihrem Verhältnis zu Bildern ausdrückt. Zugleich macht Belting deutlich, wie das westliche Bild der Neuzeit erst in einem intensiven Austausch mit Wissenschaft und Kultur der arabischen Welt entstehen konnte. Till Forrer, Fotograf

grafikmeier.ch

ts H i g he lz iegmhb e r i m D

Di 04. Dez. 2012, 20 Uhr Verrückte Zeiten – Berlin Comedian Harmonists Eine turbulente Mischung aus Theater- und Musikprogramm mit dem sensationellen Berliner Ensemble

Mi 19. Dez. 2012, 20 Uhr Der blaue Engel Schauspiel nach dem Roman «Professor Unrat» von Heinrich Mann mit Gerd Silberbauer, Stefanie Mendoni, Peter Schmidt-Pavloff u.a.

Mi 12. Dez. 2012, 15 Uhr Hänsel und Gretel – Abenteuer im Zauberwald Kindermärchen ab 6 Jahren mit Musik nach Engelbert Humperdinck

Do 20. Dez. 2012, 20 Uhr L’Opera Stravagante Ivano Zanenghi, Mandoline und Leitung Simone Kermes, Sopran Konzerte und Arien von Vivaldi, Händel und Telemann

KOLT

Dezember 2012

Sie wissen schon: www.stadttheater-olten.ch Tel.: 062 289 7000

29


IM RAMPENLICHT

Nehmen Sie sich Zeit für diese Musik! Neun Konzerte in neun Monaten und am Ende wird das Album getauft: Roamer mit Protagonisten aus Solothurn, Olten, Bern und Zürich macht Musik für die grosse Minderheit – und mit ihrem Projekt „Take my Time“ das Coq d’Or einmal im Monat zur Oase der Entschleunigung. Text von Pierre Hagmann Foto von Yves Stuber

Es war während seiner Zeit an der Jazz-Schule, Samuel Blatter litt an einer chronischen Krankheit und war ständig müde. Einmal setzte er sich auf einen Baum und schaute von dort auf die Welt herab. „Zum ersten Mal seit langem“, erinnert er sich, „nahm ich in diesem Moment meine Umwelt bewusst war“. Da realisierte er, dass er auch an einer Zivilisationskrankeit litt. Ständige Ablenkung, unbewusstes Leben, ohne Fokus auf örtliche und zeitliche Gegenwart. Auf diesem Baum schrieb der Musiker einen Song: „I’m sick enough to take my time“, heisst es darin. Daraus wurde der Song „Take my Time“ und aus dem Song schliesslich ein ganzes Projekt. Denn Blatter will Gegensteuer geben und mit seiner Band Roamer zusammen für die Musik das tun, was der Slow-Food-Trend in der Gastronomie ist. „Wir wollen einstehen für eine tiefere Auseinandersetzung mit der Materie Musik“, sagt Blatter. Heute gehe Musik sharen oft so: ein Link auf Facebook zu einem neuen YouTube-Clip, schnell reinhören,

und wenns nach 20 Sekunden nicht klick gemacht hat, ist man wieder weg. Roamer spielt Industrial, Progrock, Electronica und Roamer will die Entschleunigung, will weg von der Husch-Husch-Download-Mentalität. "Take my Time" heisst also ihr Projekt, das sie neunmal in neun Monaten ins Coq d’Or in Olten bringt, an jedem dieser Konzerte präsentiert die Band einen neuen Song (und ausserdem Special Guests, im November zum Beispiel mit der internationalen Tanzkompanie „betweenlines“) und beim letzten dieser Auftritte, Ende Mai, wird die Take-My-Time-Platte getauft, bestehend aus eben diesen neun Songs. Gleichzeitig entsteht in dieser Zeitspanne auch das Filmmaterial für das Musik-Video zum Titelsong. Auf takemytime.tv werden Online-User aufgerufen, Kurzfilme beizutragen, die ihre ganz persönliche Vorstellung vom Sich-Zeit-Nehmen in bewegten Bildern dokumentiert. Roamer wird zum Projekt-Ende Ausschnitte dieser User-Filme zum offiziellen Musik-Videoclip zusammenschneiden.

Stehen ein für Entschleunigung: Die vier Roamer-Musiker Blatter, Stebler, Rupp und Weber (v.links)

WIE DIE YOUNG GODS Roamer, das sind ausser dem Solothurner Leadsänger und Kopf der Band Samuel Blatter, der seit drei Jahren in Olten lebt, der Schlagzeuger Martin Stebler aus Olten, der Berner Simon Rupp (Gitarre) und, am Bass, Christian Weber aus Zürich. Blatter will mit Roamer durchstarten. „Das ‚Take my Time –Album’ ist ein exklusives Goodie für die Besucher der Coq d’Or-Konzerte“ so der Vollblut-Musiker, der als Komponist und KlavierLehrer arbeitet. 2013 will die Band ihr erstes Studio-Album veröffentlichen, und zwar ein Doppelalbum. Spätestens dann soll die Roamer-Rakete gezündet werden. „Am liebsten“, sagt Samuel Blatter „wäre mir eine Karriere à la ‚The Young Gods’“. Die Westschweizer Post-Industrial-Band konnte sich auch – oder besser: vor allem – im Ausland einen Namen machen.

Die nächsten Konzerte Das nächste Roamer-Konzert der Take-My-Time-Reihe findet am 20. Dezember 2012 im Coq d’Or statt. Tags darauf, am 21.12., spielen sie ausserdem ein „normales“ Konzert im Aarauer KiFF. Weitere Daten und Infos: roamermusic.ch // takemytime.tv Plattentaufe von The Years Between Roamer-Schlagzeuger Martin Stebler feiert im Dezember mit einer anderen Band gleich noch eine Plattentaufe im Coq d’Or. Die Oltner Folk-RockBand The Years Between mit Andi Spring, Remo Panzeri, Martin Schenker und eben Martin Stebler tauft am 15. Dezember ihr Debütalbum „Key Elements“.

Clubbing wie früher im Dancing Ausgerechnet im Oltner Jugendzentrum Provisorium 8 findet kurz vor Weihnachten eine Ü30-Party statt. Auch 60-Jährige wollen ausgehen und tanzen, sagt die Organisatorin der Partyreihe "groove2move".

„E

s gibt sie“, sagt Organisatorin Catherine Müller, „50bis 60-Jährige, die ausgehen und tanzen wollen“. Darum gebe es nun diese Party: „groove2move“ heisst der Event, der am 22. Dezember zum dritten Mal stattfinden wird, diesmal als pre-xmas-Edition, da unmittelbar vor Weihnachten. Es war an einer privaten Geburtstagsparty im Provisorium 8, als das Feedback von verschiedenen Gästen kam, dass in Olten für ältere Leute kaum Gelegenheiten existierten, um

30

ab und an abends tanzen zu gehen. Nun gibt es zumindest eine Gelegenheit mehr; offiziell wollen die Organisatoren ein Publikum im Alter von 30 bis 60 Jahren ansprechen. Dass die Party für Ältere ausgerechnet im Jugendzentrum Provisorium 8 stattfindet, hat laut Catherine Müller einen simplen Grund: „Es ist der ideale Ort mit der idealen Grösse.“ Ausserdem stehe das Provisorium 8 vom Konzept grundsätzlich ja allen offen zur Miete, nicht nur Teenagern. Hinter groove2move stecken neben Müller

auch Regina Graber, Marc Aeschbacher und Ralph Wicki, alle zwischen 40 und 50 Jahren alt. Wicki und Müller gehörten zum Gründungsteam von Radio 32, heute ist Müller freiberuflich unter anderem als Anwältin im Medienbereich tätig und wohnt zwar in Zürich, will aber bald nach Olten zurückkehren. „Ich bin mit der Stadt immer verbandelt geblieben“, sagt Catherine Müller, unter anderem ist sie auch im Vorstand von "Tanz in Olten" aktiv. Musik-Redaktor Ralph Wicki agiert bei der Party als DJ. Das Musik-

konzept: „Die Leute wollen Songs mit hohem Bekanntheitsgrad, solche, mit denen sie aufgewachsen sind – dann wird auch richtig viel geshakt!“ So gebe es von 21 bis 1 Uhr viel Funk, Soul und R’n’B. Und wenn sich nach Mitternacht die 50- bis 60-Jährigen langsam verabschieden, so Müller, beginne nach 1 Uhr der zweite, „etwas härtere“ Teil des musikalischen Abends: Electronica, bis 3 Uhr früh. "groove2move": 22.12.12, 21 - 03 Uhr, Provisorium 8, Rötzmattweg 8, Olten

Dezember 2012

KOLT


IM RAMPENLICHT

Surprise, Surprise – So war 2012 Das Jahr endet mit einer täglichen Überraschung. Olten hat seinen eigenen kulturellen Adventskalender mit 23 verschiedenen Live-Auftritten. Wir bieten eine exklusive Vorschau inklusive subjektivem Jahresrückblick.

A

dvent, Advent. Vom 1. bis am 23. Dezember 2012 gibt’s im Kino Lichtspiele jeden Abend von 18.15 bis 18.45 Uhr eine halbe Stunde lang eine kulturelle Sternschnuppe zu entdecken. Musik, Tanz, Theater, Comedy, Film, Literatur, Performance und einiges anderes mehr; ziemlich alles, was auf einer Bühne Platz findet. Hinter dem Projekt steht nicht ein einzelner Organisator, sondern gleich 17: So viele Oltner Kultur-

organisationen haben sich für diesen Adventskalender zusammengetan, um eine überraschende Veranstaltungsreihe auf die Beine zu stellen. Das Überraschende daran: Es ist zwar bekannt, welche Künstlerkollektive, Künstlerinnen und Künstler auftreten werden – nicht verraten wird hingegen, wer an welchem Tag auf die Bühne steigt. Wir wollen einen kleinen Vorgeschmack auf die bald herabfallenden Sternschnuppen bieten

– und gleichzeitig einen Rückblick wagen. Schliesslich bedeutet Adventszeit auch Jahresende und so haben wir bei den Künstlern nachgefragt: Was war das, 2012? Antworten gibt’s nun und hier in zehn verschiedenen Mini-Jahresrückblicken aus der Perspektive von zehn verschiedenen Sternschnuppen. In der Summe gibt das keine Chronik über die grössten Katastrophen oder wichtigsten politischen Entscheidungen, wie sie in der

Tagesschau zu sehen sein wird, sondern eine sehr subjektive Sicht der Dinge. Das wollen und sollen Künstler schliesslich sein: subjektiv.

OLTNER ADVENTSKALENDER „23 STERNSCHNUPPEN“ 1. - 23.12.12, jeweils von 18.15 bis 18.45 Uhr, Kino Lichtspiele. Ohne Eintrittsbillette und Reservationen, dafür mit Kollekte.

SÄMI BLATTER, Musiker URS HEINZ AERNI, Autor & Kulturagent 2012 ist das Jahr, in dem man mir zum ersten Mal mit einem Feuerzeug die aus den Ohren rauswachsenden Härchen abgefackelt hat. Machen die das in diesem türkischen Friseursalon in Berlin Kreuzberg immer so oder werden diese Härchen altersbedingt länger? 2012 ist das Jahr, in dem mir eine Zahnarztgehilfin zum Geburtstag gratulierte und mich prompt um 10 Jahre jünger schätzte. Soll ich an ihrer Zurechnungsfähigkeit zweifeln oder sie zum Drink einladen? 2012 ist aber auch das Jahr, in dem ein junger Mann versuchte, das Zugsabteil zu verlassen, aber die Schiebetür sich nicht rührte. Er fuchtelte erfolglos mit den Händen um den Bewegungsmelder zu reaktivieren bis eine liebenswürdige Oma ihm erklärte, dass wir uns in einem älteren Eisenbahnwaggon befänden und dass die Türe durch Betätigung des Griffs und humaner Kraft zu öffnen und zu schliessen sei. Verlegen bedankte sich der Jünglich. Lachte ich aus Mitgefühl?

DONOGOOD, Lesetheater 2012 war für uns ein Jubiläumsjahr, 10 Jahre humoristische Themenlesungen mit Strub/Millns/Burri und vielen tollen Gästen. Die Donogood-Worldsendtour 12 endet wie alles andere auch am 21.12.12, wenn uns die Maya auf den Kopf fällt.

KOLT

Dezember 2012

Das Jahr 2012 war eins der längsten bis jetzt. Glaub ich zumindest.

UTZ/SPIESS, (Pascale Utz Jazz&Tanz

&

Simon

Spiess),

2012 war das Jahr, in welchem wir kontinuierlich und unermüdlich fusioniert haben. Um Kunstrichtungen gemeinsam ein zu zoomen, de zu konstruieren, um ins Detail zu gehen.

REGINA LITVINOVA QUARTETT FEAT. STEPHAN URWYLER, Jazzband Noch besser als das vergangene Jahr ist das kommende Jahr! Noch ist alles möglich, noch ist alles drin.

COLLIE HERB, Reggaemusiker Das perfekte Jahr, um etwas Neues, Eigenes zu machen. Die Welt wartete darauf.

PATRIC MARINO, Schriftsteller Wenn wir in der Schule einen Schreibfehler mit Tintenkiller löschten, sagte uns der Lehrer, dass die Tinte ein paar Jahre später wieder hervorkommen würde, und dass wir den Tintenkiller nicht zu oft brauchen sollten. Im Jahr 2012 sind viele Fehler mit Tintenkiller gelöscht worden, aber wir werden sie erst in ein paar Jahren erkennen können. Bis dann ist alles richtig, bis dann geht alles gut.

BERND KOHLHEPP, Kabarettist Ist das Jetzt vorbei, stapeln sich die Erinnerungen auf einem großen Haufen. Unsortiert. Zur späteren Verwendung. Gestern? Vor drei Jahren? Letztes Jahrhundert? Macht kaum Unterschied. Vorbei, aber noch da, im dämmerlichtigen Gedächtnisarchiv. In diesem Jahr, vor dreien oder im letzten Jahrhundert, war auch das Klassentreffen im Café bei der alten Schule. Die schöne Katharina hat mich wieder nicht gesehen. Der laute Gerhard macht noch dieselben Witze. Elke quäkt mit derselben Stimme und guckt. Alles unverändert - als wäre gar nichts geschehen.

COMEDIA ZAP, Cécile Steck und Didi Sommer 2012 haben folgende Worte von Joachim Ringelnatz unseren Bühnen-Alltag begleitet: „Humor ist der Knopf, der verhindert, dass uns der Kragen platzt“. Wenn es uns gelungen ist, das Publikum für ein paar Augenblicke dem Alltag zu entreissen und ihnen ein Lachen ins Gesicht zu zaubern, machte uns dies glücklich.

31


FREAKS BRAUCHT DAS LAND

Früher war er als Erntehelfer in Frankreich, Spanien, Portugal unterwegs, dann hat ihn das Strassenmusik-Virus gepackt: "Örni", geboren in Waldenburg, Baselland.

Blowing in the Wind Text von Rolf Strub Fotos von Claude Hurni

32

U

ngefähr in der Mitte der trostlosen Winkelunterführung, in der Nähe der einander gegenüberliegenden Vitrinen der SP, Slogan: „Für alle statt für wenige“ und der CVP: „Familien stärken“ steht ein Mann, greift in die Saiten seiner Gitarre und singt. „Die Akustik ist hier am besten. Weiter oben entsteht so viel Hall, dass man ganz durcheinander kommt“. Alle scheinen diesen Mann zu kennen, denn es wird fleissig gegrüsst und doch weiss man nicht sehr viel über ihn. Ernst Degen, Strassenmusiker, bald 53 Jahre alt, hat es nicht gern wenn man Ernst zu ihm sagt. Die meisten kennen ihn sowieso nur als „Erni“ oder „Örni“. Seine bevorzugten Plätze sind: die alte Brücke visà-vis Maronihäuschen, die Winkelunterführung und der Sälipark gleich bei der Einkaufswagen-Garage. Sein Erlebnisbericht, ohne Punkt und Komma sprengt die Grenzen dieses Artikels bei weitem. Nachdem er vor ca. 30 Jahren in Frankreich, Spanien und Portugal als Erntehelfer un-

Er macht Allwetter-Gutelaune-Blues, ist bekannt in der ganzen Stadt und würde mit der Strassenmusik auch nicht aufhören, wenn er im Lotto gewänne: Das ist Ernst Degen, 52, besser bekannt als "Örni". terwegs war, erwischte ihn das Strassenmusik-Virus. Gemeinsam mit einem Kumpel, startete er seine Karriere aus Spass an der Freude in Bern. Und hat seither nicht mehr aufgehört. Sogar wenn er im Lotto gewinnaen würde, sagt er, wäre das kein Grund für ihn, damit aufzuhören.

RIESIGES REPERTOIRE Er könne einen ganzen Tag lang spielen ohne ein einziges Lied zu wiederholen, sagt er. Es sind dies meist Lieder aus den glorreichen 60er und 70er Jahren. Songs von Cat Stevens, Bob Dylan, den Stones, Beatles, und den anderen üblichen Verdächtigen. Das Gitarrenspiel hat er sich selbst beigebracht. So manchen Kollegen aufs Griffbrett geschaut. In vielen europäischen Städten, aber auch in Zürich, Bern und Neuenburg konnte er auf der Strasse seine Griffe üben und verfeinern. Heute ist er nur noch in Olten unterwegs. Er sei halt auch ein bisschen faul geworden, meint er schmunzelnd. Am Bahnhof würde er gerne

spielen, das wäre am lukrativsten, aber da sei es leider verboten. Vor seinen Füssen liegt der offene Gitarrenkoffer mit Kinderzeichnungen und Fotos seiner Frau und den beiden Töchtern (15 und 5 Jahre alt). Mit dabei, ein blauer Rucksack mit den nötigen Utensilien und eine Tasse Kaffee, die er sich beim Caritasladen hat holen dürfen. Wenige Leute gehen vorüber, an diesem trüben Novembertag, die klammen Hände in den Taschen. Erni aber meint fröhlich: “Gar nicht so kalt heute. Ich hab schon bei 15 Grad Minus gespielt, das macht mir nichts aus“. Da helfen sicher auch die gelben „Amadisli“, die Fliesweste und die Mütze. Kälte sei ihm sowieso lieber. „Wärme ist härter fürs Singen, als die Kälte fürs Spielen“.

„TSCHAU, Ä SCHÖNE!“ Es gäbe durchaus Menschen die ihn nicht mögen. Trotz oder gerade wegen seiner freundlichen Art. Von vergasen, bis an die Wand stellen, hätte er sich schon alles anhören müssen.

Dezember 2012

KOLT


Immer mit dabei: Sein Gitarrenkoffer mit Kinderzeichnungen seiner beiden Töchter.

Und weil er immer grüsse, würden sich auch einige genötigt fühlen, zurück grüssen zu müssen. Aber damit könne man leben. „Das Schlimmste ist mir bisher aber auf der Bahnhofstrasse in Zürich passiert. Inmitten von vielen Schaulustigen wurde ich von fünf Typen grundlos so verprügelt, dass ich danach drei Wochen im Spital lag. Ausgeschlagene Zähne, Rippenbrüche und so weiter. Die Gitarre haben sie mir auch geklaut“. Das ist bisher zum Glück nicht mehr passiert.

KONKURRENZ? Für ihn gäbe es keine Konkurrenz. Andere Strassenmusiker seien eine Bereicherung. Es gäbe für ihn auch einen Unterschied zwischen Strassenmusikern und Musikern auf der Strasse. Und er könne schon mal auch ein bisschen ranzig werden, wenn so einer an seinem Stammplatz stünde. Aber das sei extrem selten. Und man könne ja meistens miteinander reden. Er suche auch immer das Gespräch mit den Anwohnern. Es könne ja durchaus nerven, wenn man sich Tag für Tag den Örni anhören müsse. Deshalb rede er einfach direkt mit

KOLT

Dezember 2012

den Leuten. Es bringe ja nichts, wenn andauernd die Polizei anrauschen müsse, weil es jemanden störe, dass er immer am selben Ort Musik mache. Er kläre das lieber gleich selber.

NO BLOWING Hin und wieder rumpelt dumpf ein Zug jenseits der Decke der Winkelunterführung in irgendeine Himmelsrichtung, ein Kind mit Kickboard scheppert vorbei. Der Mann an der Gitarre bleibt unbeeindruckt. Während er die Saiten zupft und singt, grüsst er immer wieder Passanten, ohne das Spiel zu unterbrechen. Eine Art Routine. „Naja, das ist halt hier irgendwie mein Büro, und wenn jemand ins Büro kommt, sagt man doch was, oder?“ Ab und zu purzelt ein Geldstück in den Gitarrenkoffer. „Tschau, schöne Nomittag!“ Es bläst kein Wind und doch, die Kälte kriecht von unten hoch. Nicht alle sind so kälteresistent. Es ist Zeit für den Abschied. „Tschau, no ä Schöne gäll! Und danke!“ ruft er, der Mann, der kein Musiker auf der Strasse ist, sondern ein echter Strassenmusiker: „Örni“ Degen aus Waldenburg, weit gereist und hier geblieben.

SIE HABEN STIL? DANN SIND SIE BEI UNS RICHTIG!

BARTLOME OPTIK AG BRILLEN UND KONTAKTLINSEN HAUPTGASSE 33 - 4600 OLTEN

SEIT 30 JAHREN DER BEGRIFF FÜR QUALITÄT!


DIE LIEBSTEN GESCHENKIDEEN ZUM SCHLUSS

34

Collage von Rebekka Gerber

Dezember 2012

KOLT


Silvestergala – Montag, 31. Dezember 2012 Herzlich willkommen, 2013!

Das neue Jahr steht vor der Tür. Und zusammen mit Ihnen wollen wir es willkommen heissen. Bis es so weit ist, servieren wir Ihnen an der grossen Silvestergala im festlich dekorierten Bankettsaal des Hotel Arte einen vergnüglichen Abend voller Genüsse – mit exquisiten Gaumenfreuden, Prickelndem im Glas, Mitreissendem auf der Tanzfläche. Gaumenfreuden 19.00 Uhr Begrüssungs-Apéro mit Amuse-Bouche 20.00 Uhr Internationales Vorspeisenbuffet 21.30 Uhr Hauptgang Am Stück gebratenes Kalbsnierstück mit Tomaten und frischen Kräutern an Estragonsauce Kartoffelkrapfen und Trio vom Gemüse 22.30 Uhr Reichhaltiges Dessert- und Käsebuffet 23.55 Uhr Der Countdown läuft: Happy New Year 2013 Genuss gibt’s zwischen und nach den Menü-Gängen auch auf der Tanzfläche: Das Duo Voices ist seit Jahren in der ganzen Schweiz erfolgreich. Preis Silvestergala (exkl. Getränke) CHF 110.– Wir freuen uns auf Ihre Anmeldung unter Telefon 062 286 68 00 oder info@konferenzhotel.ch

Entspannt ins neue Jahr im pure Restaurant, Bar & Lounge Das pure ist Ihr Treffpunkt für einen unbeschwerten Start in den Silvesterabend. Den ganzen Abend lang laden Sie Bar und Lounge ein zum Verweilen und zum gemütlichen Apéro. Oder planen Sie einen entspannten Silvesterabend mit kulinarischen Köstlichkeiten? Das pure Restaurant ist während des ganzen Silvesterabends für Sie geöffnet und verwöhnt Sie mit seiner beliebten A-la-carte-Auswahl. Wir freuen uns auf Ihre Tischreservation unter Telefon 062 286 69 18 oder info@pure-olten.ch Gut zu wissen: Das pure Restaurant, Bar & Lounge ist während der Festtage täglich geöffnet! www.pure-olten.ch | www.facebook.com/pureolten

Hotel Arte | Riggenbachstrasse 10 | 4600 Olten | Telefon 062 286 68 00 | Fax 062 286 68 10 | info@konferenzhotel.ch | www.konferenzhotel.ch


16 Standorte in der ganzen Schweiz, mit dem Herzen in der Region Olten: www.nussbaum.ch

Nussbaum – ein attraktiver Arbeitgeber in der Region

R. Nussbaum AG, 4601 Olten Hersteller Armaturen und Systeme Sanitärtechnik


Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.