DAS OLTNER STADT- UND KULTURMAGAZIN
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AGE IT ND Mär z 201 A
www.kolt.ch
NUMMER DREI 2013 // CHF 5.-
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JOB-INTERVIEw Wildwest in der Oltner Taxiszene CINEMA Hitchcock und das scharfe Messer BILDUNG So könnte ein Campus im Säliquartier aussehen IM RAMPENLICHT Danke für die Einladung, Hanspeter Müller-Drossaart FREAKS In einem Land vor unserer Zeit
muff-illustration.ch
Ab 21. Mai 2013 in Olten Infos & Tickets: www.fabrikk.ch & Ticketcorner
Medienpartner
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Patronat
M채rz 2013
KOLT
IMPRESSUM
VERLAG / HERAUSGEBER Verlag 2S GmbH Leberngasse 17 4600 Olten verlag@v2s.ch www.v2s.ch VERLAGSLEITUNG Yves Stuber, Matthias Sigrist
EDITORIAL
REDAKTIONSLEITUNG Pierre Hagmann (ph) redaktion@kolt.ch FINANZEN Matthias Gubler INTERNETAUFTRITT Mathias Stocker LAYOUT / SATZ Christoph Haiderer, Gaia Giacomelli REDAKTIONELLE MITARBEIT Sarah Pfäffli, Fiona Gunst, Franziska Monnerat, Pedro Lenz, Kilian Ziegler, Christian „Ché“ Dietiker, Dino Lötscher, René „Fribi“ Freiburghaus, Andreas Ruf, Christoph Rast ILLUSTRATION Anna-Lina Balke, Jamie Aspinall, Manuel „Ti“ Mathys, Pascal „Tokijad“ Hofer, Céline Fallet, Petra Bürgisser, Gaia Giacomelli FOTOGRAFIE Cyril Müller, Caroline Vetter (Assistenz), Michael Isler, Yves Stuber, Dietrich Dettmann LEKTORAT Matthias Sigrist, Pierre Hagmann LESERBRIEFE leserbriefe@kolt.ch www.kolt.ch/leserbriefe AGENDA agenda@kolt.ch www.kolt.ch/agenda ABO Jahresabonnement CHF 49.—(inkl. MwSt) Gönnerabonnement CHF 99.—(inkl. MwSt) abo@kolt.ch www.kolt.ch/abo INSERATE inserate@kolt.ch www.kolt.ch/inserieren KONTAKT www.kolt.ch hallo@kolt.ch AUFLAGE 1'500 DRUCK Dietschi AG Druck und Medien Ziegelfeldstrasse 60 CH-4600 Olten © 2013, Verlag 2S GmbH. Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit Genehmigung. Die Urheberrechte der Beiträge bleiben beim Verlag. Keine Gewähr für unverlangt eingesandte Manuskripte, Fotos und Illustrationen.
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März 2013
Illustration: Jamie Aspinall, Basel nicht.schnuppe.ch
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er Fleischskandal, der vor ein paar Wochen aufgedeckt wurde und von dem halb Europa betroffen war, hat ans Licht gerückt, dass die eine oder andere „Rindfleisch-Lasagne“ voll mit Pferdefleisch war. Vor allen Dingen hat die Affäre aber verdeutlicht, wie komplex und undurchsichtig die Nahrungsmittelkette geworden ist. Ein südfranzösischer Fleischverarbeiter kauft über einen holländischen Händler, der einer zypriotischen Firma vorsteht, Fleisch aus einem rumänischem Schlachthof. Und irgendwann, irgendwo wurde aus dem Pferd ein Rind. Back to the roots, sagen sich die Menschen, ob solcher Szenen aufgeschreckt, und ziehen die Kartoffeln lieber wieder persönlich aus der Erde im eigenen Garten. Oder kaufen zumindest im Lädeli um die Ecke Esswaren aus der Region ein. Im April erscheint der zweite Band der Buchreihe „Das kulinarische Erbe der Schweiz“, abgedeckt ist darin auch der Kanton Solothurn. Autor des Buches ist Paul Imhof, weitgereister Journalist – unter anderem war er sechs Jahre lang Südostasien-Korrespondent –, und auch für ihn gilt: back to the roots. Der Trimbacher wohnt nun wieder in Trimbach. Regelmässig antwortet er im Zürcher „Tages-Anzeiger“ auf kulinarische Leserfragen. Für die aktu-
elle KOLT-Titelgeschichte stellte er sich den Fragen von Sarah Pfäffli, die hiermit erstmals für uns schreibt; Pfäffli arbeitet ebenfalls beim „Tagi“. Im Interview spricht Imhof über den Ursprung des Essens, er erklärt, wie die Lebensmittelindustrie die Nachfrage steuert – und er verrät Besonderheiten aus unserem Kanton. Illustriert wird das Thema von Cyril Müller, freischaffender Fotograf aus Fulenbach mit Wohnsitz in Österreich. Müller setzt in seinen Bildern gekonnt lokale Spezialitäten in Szene, vom Oltner Honig bis zur Thaler Wurst. „Das Exklusivste findet man im eigenen Garten“, ab Seite 18.
Cover fotografiert von Cyril Müller
mit freundlicher Unterstützung von:
DRUCK&MEDIEN OLTEN
Schliesslich gibt es noch Freudiges zu vermelden: Wie alle vier Jahre ehrt die Stadt Olten zum Ende einer Amtsperiode ausserordentliche Leistungen im kulturellen Schaffen von Stadt und Region. 2013 gehört auch KOLT zu den Preisträgern – wir freuen uns sehr über den Förderpreis der Stadt Olten an die beiden KOLT-Gründer Matthias Sigrist und Yves Stuber. Mit Pedro Lenz erhält ausserdem einer unserer Kolumnisten einen Anerkennungspreis. Seine aktuelle Kolumne „Vom Rückgang der Ferrophilie“ finden Sie auf Seite 26.
Olten, im Februar 2013 Pierre Hagmann
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Mehr als eine Druckerei. Dietschi AG Druck&Medien Ziegelfeldstrasse 60 4601 Olten Telefon 062 205 75 75 Telefax 062 205 75 00 www.dietschi.ch info@dietschi.ch
INHALT
MÄRZ 2013
13 03 EDITORIAL / IMPRESSUM 06 PREVIEWS Highlights im März 2013
09 CINEMA Messerscharf geschnitten // 5 Fragen an Andy Egli
13 DAS KLEINE JOB-INTERVIEW Christoph Ginsig, Taxifahrer
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14 STADTLEBEN Bildungsstadt Olten: 30'000 Menschen, aber (noch) kein Campus-Feeling
16 IM EXIL Menschen aus der Region berichten aus der Welt: Hurtigruten, Tucson, Kona, Guayaquil
18 "Das Exklusivste findet man
im eigenen Garten"
Ein Gespräch mit Paul Imhof, Journalist und Buchautor aus Trimbach
26 HÖREN & LESEN
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Pedro Lenz „Vom Rückgang der Ferrophilie“ // Valerie-Katharina Meyer „Die Bluse meiner Tante“
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Ché‘s Bro Tipps // Deeno‘s Review // Fribi‘s Metal News
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Stefan Frey „Denunzierte und Denunzianten“ // La Vache Kili „Die Autobahn“
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Schon gelesen...? // KOLT liest...
30 IM RAMPENLICHT 30
Integration per Knarre // Extravagante Bierideen im ehemaligen Kleidergeschäft
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"Das ist ein Fest, etwas vom Schönsten, was man machen kann"
32 FREAKS BRAUCHT DAS LAND Wie ein Detektiv auf Dinosaurier-Spurensuche
32 KOLT
März 2013
34 DAS LIEBSTE ZUM SCHLUSS Die besten Dinge des Monats
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PREVIEWS Aufmachen? Aufmachen!
Die Frühlingsmodeschau
Eine Ausstellung von Michael Meier & Christoph Franz
Dancestudio Olten Isler Optik Anneliese Kaufhaus Krone von Arx Blumen & Garten Adam
KUNSTMUSEUM OLTEN www.kunstmuseumolten.ch Weitere Ausstellungen: Bruno Meier. Stilles Leben // Disteli-Dialog bis 5.Mai 2013 Öffnungszeiten: Di-Fr: 14-17 Uhr // Do: 14-19 Uhr // Sa/So: 10-17 Uhr
Denis Croisonnier Quartet
Kulturzentrum Schützi, Olten Do 7. März 2013 Türöffnung: 19.00 Uhr Beginn: Modeschau 20.00 Uhr
Patrik Cottet-Moine / emmoH’l nonaC Pantomime
Tickets: Sitzplatz CHF 30.Stehplatz (Balkon) CHF 15.Vorverkauf: Isler Optik, Kaufhaus Krone und von Arx Blumen & Garten
THEATERSTUDIO OLTEN www.theaterstudio.ch Fr 8. März 2013, 20.15 Uhr Sa 9. März 2013, 20.15 Uhr
Jazz in Olten Das Akkordeon aus der Romandie: Denis Croisonnier Electric Jazz Quartet / Denis Croisonnier acc, Francis Coletta g, Jean-Pierre Schaller b, Maxence Sibille dr VARIO BAR www.variobar.ch Sa 9. März 2013, 21.00 Uhr
Vorverkauf: Leotard, Ringstrasse 28, Olten Kaum zu glauben: Eine TIEFGARAGE im Herz von Olten! Das schenkt Ihnen das Künstlerduo meierfranz! In ihrer ersten Einzelausstellung beschäftigen sich Michael Meier & Christoph Franz unter dem Titel «Aufmachen? Aufmachen!» mit Geschichte(n) rund ums Kunstmuseum. Mehr zu dieser Ausstellung auf Seite 30. Das «Stille Leben» des Zürcher Künstlers Bruno Meier (1905–1967) steht im Zentrum der zweiten Ausstellung. Ausgehend von einer grosszügigen Schenkung der Künstlerwitwe aus dem Jahr 1994 stellt sie das Schaffen des zurückgezogenen Einzelgängers vor. Die Stillleben, Landschaften und besonders die Figurenkompositionen lassen Bruno Meiers Suche nach der Ordnung im Raum deutlich werden. Als Architekt in der bildenden Kunst «baute» er seine Werke und mass primär der Farbgebung grosse Bedeutung zu. In der Ausstellungsreihe «Disteli-Dialog» konfrontieren wir mit Ernst Thoma (*1953) einen zeitgenössischen Künstler mit dem Werk des Oltner Zeichners Martin Disteli (1802–1844). Ausgangspunkt ist das Verhältnis des liberalen «Pfaffenfressers» zu Religion und Kirche – ein Thema, das aus Anlass des 200-JahrJubiläums der Oltner Stadtkirche gewählt wurde, deren Hochaltargemälde auf einen Entwurf Distelis zurückgeht. Die Ausstellung schliesst die Stadtkirche mit ein – eine gute Möglichkeit, den sonst geschlossenen klassizistischen Bau zu besichtigen!
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Pünktlich zum Frühlingsbeginn meldet sich die Schützi Olten wieder als Modeplattform zurück: 2013 haben sich sechs Oltner Unternehmen aus verschiedensten Branchen zusammengetan, um gemeinsam dem Publikum die neusten Trends in Mode und Lifestyle zu präsentieren: Brillen, Kleider, Frisuren, Blumen, Schmuck, Tanz und Inszenierungen. Der französische Pantomime Patrik Cottet-Moine ist Meister der visuellen Komik. Irgendwo zwischen Jacques Tati, Karl Valentin und Buster Keaton fasziniert er mit seiner einzigartigen Mimik, Gestik und seinen Geräuschen. Gross gewachsen und voll speziellem Humor. Eine erstaunliche Gestalt mit einmaliger Bühnenpräsenz. Ganz ohne Worte beschreibt er die unglaublichsten Situationen – mit Scharfsinn, Sinn fürs Detail und gewaltigem Gebärdenspiel. In «emmoH’l nonaC» taucht das Publikum in die verrückte Abenteuerwelt eines etwas wirren und ungeschickten Kanonenmenschen. Patrik Cottet-Moine spielt alleine, verwendet keine Tricks und macht die Geräusche live auf der Bühne. Weder Sampler noch Effektgerät. Mit dem Mund imitiert er die Geräusche, die sich auf die Gegenstände oder Lebensräume beziehen, die er zum Leben erweckt.
Anfangs März sollten die letzten Fasnachts-Klänge verklungen sein. Trotzdem hallen all diese Blech-Instrumente noch immer in unseren Köpfen nach. Als Gegenmittel empfiehlt „Jazz in Olten“ wiederum Jazz ohne Blasinstrument. Der Bandleader spielt diesmal ein Akkordeon, wohl eines der seltensten Jazz-Instrumente überhaupt. Wer kennt schon einen Akkordeonisten – ausser vielleicht den Franzosen Richard Galliano? Eben dieser Galliano war eines der grossen Vorbilder von Denis Croisonnier und inspirierte diesen, auch einen eigenen Stil zu suchen. Und den hat er gefunden! Zusammen mit seiner Band – allesamt Lehrerkollegen an der Jazzschule Lausanne – spielt er zeitgenössischen Jazz mit Ausflügen zu Latin, Musette und Tango. An der Gitarre agiert Francis Coletta, einer der vielseitigsten französischen Musiker und am Bass gibt es ein Wiedersehen mit Jean-Pierre Schaller, in Olten vor allem bekannt als Bassist von Bands wie The Clients, Funky Brotherhood oder Scorpio Electric. www.jazzinolten.ch www.myspace.com/croisonnierdenis
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NACHTFIEBER: METAMORPHOSEN Late Night Show VARIO BAR www.variobar.ch Do 14. März 2013, 22.01 Uhr Fr 15. März 2013, 22.01 Uhr
JüRG KIENBERGER / ICH BIN JA SO ALLEIN
DICHTERwETTSTREIT LÄDT ZUM FINALABEND
Reservationen via 062 212 09 90.
Theater/Musik
„laut&deutlich“: Poetry Slam
DAS ROMA-HAUS / „BERüHRUNG“
THEATERSTUDIO OLTEN www.theaterstudio.ch
SCHüTZI OLTEN www.schuetzi.ch
Ausstellung mit Fotos, Skulpturen und Live-Musik
Fr 15. März 2013, 20.15 Uhr Sa 16. März 2013, 20.15 Uhr
Fr 15.März 2013 Türöffnung: 19.45 Uhr / Showbeginn 20.30 Uhr
Aliza Eva Berger, Fotoausstellung Andreas Mantel, Skulpturen Live Act: Bee Johnson Es spricht: Kulturjournalistin Madeleine Schüpfer
Vorverkauf: Leotard, Ringstrasse 28, Olten
Tipp des Monats
ALTE KIRCHE HÄRKINGEN alizaevaberger.com coat.ch 9. bis 24. März 2013 Öffnungszeiten: Fr 19.00-21.00 Uhr Sa und So: 14.00-18.00 Uhr Vernissage: Sa 9. März, 17.00 Uhr
Fotografin Aliza Eva Berger über das Thema ihrer Ausstellung: “Meine Reise zu den Roma in der Slowakei war meine erste eigene Dokumentation im Ausland. Nach meinem Studium in Paris wollte ich unbedingt auf diese eine, die erste Reise, um endlich zu sehen wie es ist, ausserhalb seiner Komfortzone zu arbeiten. Die Slowkei ist zwar sehr nahe; zwischen Wien und Bratislava sind des gerade einmal 60 km. Doch ich begab mir wahrlich in eine andere Welt, weit weg vom Wiener Stefansdom. Ich war in Hrinova, zwei Autostunden nordöstlich von Bratislava. Stokovec heisst dort das “Haus” der Roma. Es ist am Waldrand ausserhalb des Dorfes gelegen.”
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Die Late Night Show für die mittelländische Nordwestschweiz geht in ihr sechstes Jahr. Um einer Sinneskrise mit gravierenden Abänderungen vorzubeugen, beginnt ‚Nachtfieber’ seine kulturelle Lebensmitte (könnte ja sein...) mit einer Verwandlung: Zweimal klein und viermal kurz. Veränderung findet statt, auch ohne Zutun. ‚Nachtfieber’ will sich verändern und die Protagonisten der Kultshow im nordwestlichen Mittelland tun es. Mit dabei sind wie immer die Oltner Schauspieler Rolf Strub (als Butler) und Rhaban Straumann (Moderation) sowie ihr Berner Partner Matthias Kunz (Dr. W.B. Grünspan). Zwischen den musikalischen Halterungen durch die ‚NachtfieberShow-Band’ von Roman Wyss spielen sie Gastgeber für zwei schwarz humorige Gäste: Die schweizerische Performerin und Autorin Ariane von Graffenried und der deutsche Kabarettist und Liedermacher Fabian Lau. Und sollte sich wer in seiner Haut nicht wohl fühlen, das Sein ist wandelbar, nicht nur auf der Bühne. Die Bühnencrew freut sich, dass sie für einmal ihre ansonsten einmalige Geschichte gleich zweimal zeigen darf. Und wie üblich freut sich das ganze Team auf ein neugieriges und offenes Publikum. Eine Kurzversion der Oltner Ausgabe wird übrigens am 27. April 2013 im Rahmen der Kulturnacht gleich viermal im Alten Spital Solothurn zu erleben sein. Ein neues Erlebnis, ein neuer Gast: Der bunte Vogel Damian Meier.
Jürg Kienberger inszeniert in «Ich bin ja so allein» eine mehrgestaltige, musikalische Lebensbeschreibung. Das Stück führt geographisch nach Sils-Maria ins Hotel Waldhaus, biographisch in Kienbergers Kindheit, künstlerisch aber in die weiten Räume eines meisterhaften Musik- und Unterhaltungskunstwerkers. Was der Minimalist des Mimischen auf die Bühne zaubert, ist Kunst der exzessiven Untertreibung. Allein mit seinem Körper, seiner (Kopf-)Stimme, Pausen und Instrumenten, vermag er ganze Welten zu imaginieren, in die sich das Publikum leichtfüssig einklinken kann. Er berichtet, wie er im Hotel aufwuchs, wie er über die Hotelband zur Musik fand oder von gelangweilten Gästen «im sogenannten Januarloch, wenn es nur fünf Gäste gab und 95 Angestellte... ». Mit unterkühltem Sarkasmus - «Tanzen Sie, wenn nötig!» - verwandelt Kienberger jedes Wort, jede Melodie in aberwitzig funkelnde Szenen. Seine Kleinkunst ist ganz gross. Jürg Kienberger wurde 1958 geboren. Als Theatermusiker lernte er Christoph Marthaler kennen, mit dem er jahrelang zusammenarbeitete. 2012 gewann er den Salzburger Ehrenstier.
Mehr Infos und Ticketreservation unter www.artig.ch Eintritt CHF 15.-
Am Freitag 15. März findet der grosse Finalabend der 7. Poetry Slam Trilogie der art i.g. in der Schützi statt. Nach zwei erfolgreichen Slams führt Kilian Ziegler als Lokalmatador knapp vor Hazel Brugger aus Dielsdorf. Moderiert wird der Slam erneut vom bewährten „laut&deutlich“-Duo Fabienne Käppeli und Etrit Hasler und wird vom kreativen Soundtüftler Tom Swift aus Basel begleitet. Wie gewohnt ist das Publikum die Jury und bestimmt somit mit, wer den Pokal in die Höhe stemmt. Olten darf sich auf ein tolles Dichterfeld freuen mit: Frank Klötgen aus Berlin, Kilian Ziegler, Hazel Brugger, Benj von Wyl, Gregor Stäheli, Manuel Diener (Bild), Nino Seiler, Martina Hügi, Raphael Kaufmann, Dominik Muheim, Laurin Buser und Alex Gendlin aus Wien.
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PREVIEWS Don Carlos Schauspiel von Friedrich Schiller Mit Julian Weigend, Wolfgang Grindemann, Jörg Reimers, Sarah-Jane Janson u.a.
Aufruf: Bringen Sie Ihre Sammelstücke zum neuen Ausstellungsthema
Stadttheater Olten, Theatersaal
U.K. Trio Jazz in Olten Viele Tasten – grosse Spielfreude: U.K. Trio / Ueli Kempter p, rhodes, farfisa, Andreas Aeberhard b, Kevin Chesham dr
von Roll Eisenwerk Do 21. März 2013 20.00 - 22.30 Uhr Werkeinführung: 19.30 Uhr im Konzertsaal Abonnements A, S, F, J Tickets, online auf www.kulturtickets.ch (ab 30.--)
Ausstellung
monti 2013 - popUp! Zirkus
HISTORISCHES MUSEUM OLTEN Konradstrasse 7 4600 Olten 062 212 89 89 www.historischesmuseum-olten.ch
Zofingen, Schützenmatte
VARIO BAR www.variobar.ch
22. bis 24. März 2013 Fr 22. März / 20.15 Uhr Sa 23. März / 15.00 / 20.15 Uhr So 24. März / 15.00 Uhr
Sa 16. März 2013, 21.00 Uhr
Vernissage: 17. April 2013, 18.00 Uhr Ausstellung: 18. April 2013 bis 27. Oktober 2013 Öffnungszeiten: Di bis Sa 14-17 Uhr, So 10-17 Uhr
Vorverkauf: Tel. 056 622 11 22 www.circus-monti.ch Ticketcorner: ab 4. März 2013
Piano-Trios gibt es viele. Erschreckend viele. Um trotzdem aufzufallen gibt es zwei Wege: unfassbar gut sein wie Keith Jarrett oder Chick Corea oder aber originell. Das U.K. Trio aus Bern hat sich vorerst für die zweite Variante entschieden. Obwohl die Band seit vier Jahren und zwei CDProduktionen gemeinsam unterwegs ist, scheinen sich die Musiker jedes Mal wieder frisch an ihrer Musik und ihren Instrumenten zu erfreuen. Besonders Pianist Ueli Kempter geniesst die verschiedenen KlangMöglichkeiten von Klavier, Fender Rhodes und der legendären FarfisaOrgel. Der Bandleader und Komponist beschreibt den Stil seines Trios als „instrumental story telling“. So erzählen die Kompositionen von gehenden Fischen, schadenfrohen Bauern, nicht miteinander verwandten Brüdern oder Plattenspielern, die Platten springen lassen. Ob man das auch so versteht ist aber egal – Spass macht es allemal. Kein Swing, keine Standards – die Neuentdeckung von „Jazz in Olten“ im Schweizer U30-Jazz! www.jazzinolten.ch www.uelikemptertrio.ch www.myspace.com/uelikemptertrio
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Friedrich Schiller hat in «Don Carlos» mehrere grosse Themen zu einem sehr komplexen Ganzen verwebt: eine tödlich-hoffnungslose Liebesgeschichte, einen verzweifelt-ausweglosen Vater-Sohn-Konflikt, die Opferbereitschaft einer wahren Freundschaft sowie der Kampf des Individuums um Befreiung von Despotismus und Inquisition. Unglücklich liebt der Infant Don Carlos seine Stiefmutter Elisabeth, die ihm einst als Braut versprochen war. Leidenschaftlich liebt Marquis Posa die Menschheit, doch seine Vision eines gerechten Staates droht im Machtbereich Philipps II. an der Realität zu zerbrechen. Im Korsett des Hoflebens finden Gefühle keinen Ausweg, vor den Intrigen der Ehrgeizigen gibt es kein Entkommen. «Don Carlos» bleibt mit seinem Gedankenreichtum, seinen plastisch gearbeiteten Gestalten und seiner Leidenschaftlichkeit eines der bedeutendsten Werke der deutschen Bühnenliteratur. Die Produktion ist vom gleichen Team, das höchst erfolgreich «Die Räuber» in der Saison 2010/11 auf die Oltner Bühne brachte.
Soeben mit dem Schweizer Innovationspreis 2013 für innovatives Schaffen, Originalität und Qualität der ktv ausgezeichnet, rüstet sich der Circus Monti für seine 29. Tournée. Didi Sommer und Cécile Steck (Comedia Zap) inszenieren gemeinsam mit dem Artistenteam monti 2013 – popUp! Zwei Clownfiguren machen sich auf, dem Traum vom Fliegen näher zu kommen. Auf ihrer wirren Suche stossen sie unverhofft auf fantastische Welten die sich, einem Pop-Up-Buch gleich, bunt und grossartig vor ihren Augen entfalten. Darin überraschen die Artistinnen und Artisten mit einzigartigen, preisgekrönten Darbietungen. Ob es dabei den beiden Clowns gelingt, ihrem Traum näher zu kommen, sei hier nicht verraten. Sicher ist aber, dass ihre Anstrengungen mit einer grossen Portion Lebensfreude belohnt werden – für die Clowns wie für das Publikum.
Die Ausstellung „200 Jahre Stadtkirche St. Martin Olten“, die wertvolle Objekte aus dem alten Kirchenschatz für kurze Zeit wieder vereinte, ist beendet. Als nächstes widmet sich das Historische Museum Olten der mehr als 200 Jahre langen Firmengeschichte der von Roll-Werke im Mittelland und in der Nordwestschweiz. Mit Fabriken in Klus, Gerlafingen, Olten, Choindez, Bern, Rondez, Emmenbrücke und Breitenbach prägt von Roll die Wirtschaftsgeschichte der Region. Die Ausstellung wird die einzelnen Unternehmensstandorte und ihre Entwicklung vorstellen, über Produkte und Geschäftsbereiche sowie über Produktionsprozesse von der Rohstoffgewinnung bis zur Abfallentsorgung informieren, die heutige Firmenstruktur erläutern und einen Blick in die Zukunft der Eisenindustrie wagen. Sie können helfen! Melden Sie sich beim Historischen Museum Olten, falls Sie alte von Roll-Unterlagen, Dokumente, Produkte oder Gussobjekte besitzen.
März 2013
KOLT
CINEMA
SEARCHING FOR SUGAR MAN SWE/UK 2012 // DOCUMENTARY 21.- 25.März 2013, Kino Lichtspiele Die Geschichte klingt unglaublich: Sixto Rodriguez, ein angeblich verstorbener Musikstar ohne Wertschätzung in der eigenen Heimat, ist in Südafrika eine Musiklegende im Stile der Rolling Stones geworden, ohne etwas davon zu ahnen. Aus dieser wahren Geschichte ist eine liebevoll gestaltete Musik-Doku geworden, die gleichzeitig von den harten Pflastern Detroits, der repressiven Regierung Südafrikas und dem bemerkenswerten Werdegang eines bescheidenen, schicksalsergebenen Mannes erzählt.
UNA NOCHE CUB/UK 2012 // DRAMA 7.-11. März 2013, Kino Lichtspiele Drei Jugendliche aus Kuba träumen von einem besseren Leben anderswo. Nur neunzig Meilen trennen Kuba von Florida. Nach einem unglücklichen Zwischenfall bleibt ihnen nur die Flucht. Doch schon das Auftreiben des für die Überfahrt benötigten Materials ist ein einziges Abenteuer. Spannungsvoll inszeniert die britische Regisseurin Lucy Mulloy auf authentischem Hintergrund und fängt ausgebleichte Fassaden und Oldtimer ebenso ein wie das klandestine Havanna.
5 Fragen an...
Messerscharf geschnitten Hommage an ein Schwergewicht der Filmgeschichte: 1960 kam „Psycho“ von Alfred Hitchcock ins Kino. 2013 kommt „Hitchcock“ von Sacha Gervasi ins Kino, in dem die Entstehungsgeschichte von „Psycho“ nacherzählt wird. von Pierre Hagmann
H
ollywood übt sich wieder einmal in Selbstreferenz. „Hitchcock“ basiert auf dem Buch „Alfred Hitchcock and the Making of Psycho“ von Stephen Rebello und zeigt die Hürden, die der Regisseur zu meistern hatte, um den Film zu realisieren – sowohl die Produktionsfirmen als auch seine Frau glauben nicht an den Stoff und so beschliesst er, den Film selbst zu finanzieren. Das hat sich bekanntlich gelohnt. Alfred Hitchcock wird gespielt von Anthony Hopkins, währenddem die Frau hinter dem Duschvorhang 2013 nicht mehr Janet Leigh heisst, sondern Scarlett Johansson (Bild). Das Staraufgebot ist insgesamt beachtlich und zugleich wenig verwunderlich. Hollywood ist ein bisschen in seine eigene Geschichte verliebt – und Alfred Hitchcock auch in diesem Kontext ein Schwergewicht. Hitchcock, der 1899 in England zur Welt kam und 1980 in Los Angeles starb, gilt als einer der ersten Autorenfilmer: Mit dem Beginn des 2. Weltkriegs siedelte er in die USA über und wirkte als eigenwilliger Regisseur mit individueller Handschrift als Kataly-
sator im Aufbrechen des damals starren Studio-System Hollywoods, das von standardisiertem (Traum-)FabrikCharakter geprägt war. Hitchcocks Filme stellen alles in den Dienst der Spannung und des Schocks – sein explizites Ziel war es, die Zuschauer zu schockieren. Wesentlich mitverantwortlich für die Erzeugung von Spannung in seinen Filmen ist der Schnitt. Hitchcock war der Begründer der sogenannten Suspense-Montage: der Film wird so aufgebaut, dass der Zuschauer mehr weiss als der Protagonist. Auch „Psycho“ – sein wohl berühmtestes Werk – stellt die Spannung eher durch filmische Mittel wie eben den Schnitt her als durch die eigentliche Story und feiert damit das Medium Film. Klassisches Schock-Beispiel ist die Duschszene, in der die Protagonistin erstochen wird. Jene Szene gilt neben der Treppenszene von Sergej Eisensteins „Panzerkreuzer Potemkin“ als am häufigsten analysierte Szene der Filmgeschichte.
HITCHCOCK USA 2012 // BIO/DRAMA Ab 14. März 2013, youcinema
Andy Egli, Fussball-Experte was ist Ihr Lieblingsfilm? „Spiel mir das Lied vom Tod“. was ist der schlechteste Film, den Sie je gesehen haben? „Easy Rider“. Ich kann mich nur noch erinnern, dass ich schon vor der Pause aus dem Kino gestürmt bin. Einfach nur todlangweilig. Bei welchem Film hätten Sie gerne die Hauptrolle gespielt? „Robin Hood“ alias Kevin Kostner, weil mir diese Rolle passen würde: den Superreichen materielle Güter zu entwenden, um es den weniger Begüterten zu geben. Mit welchem Filmstar würden Sie am liebsten einmal einen Kaffee trinken? Claudia Cardinale, weil ich neugierig wäre, ob sie privat auch diese betörende Ausstrahlung hat wie im „Spiel mir das Lied vom Tod“. worüber würden Sie gerne einen Film drehen? über die „7 Weltwunder der Antike“, weil ich ergründen möchte, weshalb von diesen Bauwerken nur noch die Pyramiden von Gizeh intakt sind.
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März 2013
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KULTURSPLITTER
MONATSTIPPS DER MAGAZINE AUS AARAU | BASEL | BERN | LUZERN | ST. GALLEN | VADUZ | WWW.KULTURPOOL.BIZ
LUZERN: VOM STREICHQUINTETT ZUM BLÄSEROKTETT Seit Jahren beschäftigt sich der Musiker und Komponist Peter Vögeli speziell mit Werken für Blasinstrumente,
AARGAU: KINO MARIE
und im 2003 von ihm mitbegründeten Ensemble Beau-
Das Theater Marie steht vor einem Neuanfang. Im letz-
fort stehen diese im Zentrum. Im aktuellen Konzertpro-
ten Herbst hat ein neues vierköpfiges Leitungsteam
gramm präsentiert das Ensemble als Bläseroktett drei
seine Arbeit aufgenommen: Olivier Bachmann, Patric
Werke von Mozart, Schubert und van Beethoven, die
Bachmann, Pascal Nater und Erik Noorlander – alle
ersten beiden Bearbeitungen werden uraufgeführt. Be-
vorher auf der Berner Theaterszene aktiv, machen jetzt
sonders auf Mozarts Streichquintett für acht Blasinst-
im Aargau Theater. In ihrer ersten Produktion setzen
rumente gespannt sein: Mozart schrieb 1788 das (über-
sie ihre Probebühne, das ehemalige Kino Central in
aus beliebte) Bläseroktett in c-Moll für Streichquintett
Suhr in Szene. In einem anregenden Theaterabend mit
um. Peter Vögeli geht mit seiner Bearbeitung den um-
musikalischem Einschlag erforschen sie Geschichten
BASEL: VIVA TANGO!
gekehrten Weg: Aus einem Streichquintett entsteht ein
und Begebenheiten rund um das Schicksal dieses Vor-
In Basel ist der Tango Argentino seit langem heimisch
Bläseroktett. (mak)
ortkinos. Mit dabei sind Manuel Löwensberg, Nadine
und beglückt ganzjährig in verschiedenen Lokalitäten
Ensemble Beaufort, Bläseroktett: SA 2. März, 20 Uhr,
Schwitter, Sandra Utzinger und Diego Valsecchi.
Tanz- und Musikfreudige. Grosse Verdienste bei der
Matthäuskirche Luzern. SO 3. März, 17 Uhr,
Vorstellungen im März im Ex-Kino Central, Suhr, im
Verbreitung dieser Leidenschaft hat die Tango Schule
Villette Cham
Theater am Bahnhof, Reinach AG, im Herbst im Cine-
Basel von Cécile Sidler und Romeo Orsini, die heuer
ABC, Bern, Theater Roxy Birsfelden;
ihr 25-jähriges Bestehen feiern kann. Noch immer ist
Infos: www.theatermarie.ch
das Gründungsduo aktiv und lädt wie jedes Jahr zum <Oster Tango Festival> ein, bei dem u.a. internationale Stars der Szene auftreten und Tango in seiner ganzen Vielfalt zu erleben ist – als intimes Tanztheater, «das aus zwei Menschen ein Herz auf vier Beinen macht». 14. Oster Tango Festival: Do 28.3. bis Mo 1.4., Volkshaus Basel, www.tangobasel.ch
ST.GALLEN: GESCHICHTE VON UNTEN Globuskrawalle, Streiks, Fabrikrealität und so weiter: Das Panoptikum zur Schweizer Sozialgeschichte um-
BERN: CHINAS TERRAKOTTA-ARMEE
fasst Zehntausende von Fotos und Dokumente einer
1974 wurde die Terrakotta-Armee mit 8000 lebensgros-
«Geschichte von unten». Die einmalige Sammlung hat
sen Kriegerfiguren entdeckt. Mit dem immensen Kunst-
VADUZ: GANZ NEUE TÖNE
der Fotograf Roland Gretler seit den 1970er Jahren auf-
werk hatte sich der chinesische Kaiser Qin Shi Huangdi
Wenn an Ostern die neue Orgel in der Kathedrale Va-
gebaut. Im Zürcher Kanzleischulhaus untergebracht,
(259–210 v. Chr.) ein Denkmal gesetzt: Heute ist es eines
duz eingeweiht wird, endet ein mehrjähriges Grosspro-
wird sie jetzt von einer St.Galler Historikergruppe zu-
der berühmtesten archäologischen Funde überhaupt.
jekt, das alle Beteiligten vor grosse Herausforderungen
sammen mit Gretler aufgearbeitet und der Öffentlich-
Das Bernische Historische Museum zeigt einen kleinen
stellte. Unter den rund 2800 Orgelpfeifen befinden sich
keit in einer Ausstellung zugänglich gemacht.
Teil der Terrakotta-Armee, dazu zahlreiche weitere Ar-
nach wie vor einige, welche erstmals unter Josef Gabri-
Gretlers Panoptikum
tefakte aus den Anfängen des chinesischen Reichs. «Qin
el Rheinberger intoniert wurden. Und so erhält Vaduz
2. März bis 30. April
– der erste Kaiser und seine Terrakottakrieger» dürfte
nicht nur eine neue Orgel, sondern setzt seinem gros-
Raum für Kultur, Regierungsgebäude St.Gallen.
zur grössten Berner Ausstellung des Jahres werden –
sen Komponistensohn ein Denkmal.
Mehr Infos: www.gretlers-panoptikum.ch
das Historische Museum hat extra dafür angebaut.
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AM LIEBSTEN NACH HAUSE
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Januar 2011
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DAS KLEINE JOB-INTERVIEW
„Einige Taxi-Fahrer sorgen für Wildwest-Szenen in Olten“ Christoph Ginsig, 44, aus Lostorf arbeitet seit fünf Jahren als Taxifahrer. Er liebt seine Arbeit, beklagt aber, dass die „Taxi-Situation“ in Olten entglitten sei.
OLTEN über die Welt
Interview von Pierre Hagmann Foto von Yves Stuber
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hristoph Ginsig, was wollten Sie werden, als Sie ein kleiner Junge waren? Lokführer. Ich hab dann aber alles mögliche andere gemacht. Nach meiner Lehre als Verkäufer in der Unterhaltungselektronik arbeitete ich als Briefträger, im Aussendienst, als Auslandmonteur. Und nun also Taxifahrer. Mittlerweile arbeite ich seit fünf Jahren bei der Firma Bur, als Taxifahrer und als Stellvertreter der Geschäftsleiterin. Ich liebe die Freiheit, die Strasse, muss unterwegs sein. wie hat sich die Verkehrssituation in Olten in diesen fünf Jahren verändert? Das Verkehrsaufkommen hat aus meiner Sicht drastisch zugenommen, die Verkehrssituation ist äusserst schlecht. Taxifahrer sind in Olten ausserdem benachteiligt, weil uns die Benutzung der Busspuren strikt verboten wird – das ist vielerorts anders, schliesslich gehört das Taxi quasi zum ÖV-Angebot. Da haben wir schon x Vorstösse gemacht, aber nichts ist bis jetzt passiert. Genau wie bei der Revision des Taxi-Reglements, die uns auf letzten Sommer versprochen wurde. Wir werden nicht informiert, was da der Stand der Dinge ist.
rer Zählung 32 Konzessionen, die die Stadt vergeben hat. Es dürften theoretisch also 32 Taxis gleichzeitig am Bahnhof stehen. Die Stadt stellt aber nur knapp 8 Parkplätze für Taxis zur Verfügung. wenn man die Dimensionen der Stadt bedenkt, liegt das Problem wohl eher bei der Anzahl Konzessionen als bei den Standplätzen. Richtig. Es ist auch geplant, provisorisch auf 30 Konzessionen zu reduzieren. Doch das sind immer noch viel zu viele. Wir fordern, dass auf rund 20 reduziert wird. Die Bemühungen der alteingesesse-
wozu braucht es eine Revision? Erstens sind die festgelegten Verhaltensregeln zu vage formuliert. "Die Verhaltensregeln sind zu vage formuliert": Die Marktöffnung vor einigen JahTaxifahrer Christoph Ginsig. ren hat mehrere neue Ein-MannBetriebe angezogen. Diese sorgen teilnen Taxibetriebe diesbezüglich sind weise für Wildwest-Szenen, was leider bisher jedoch im Sand verlaufen. Die dem Ansehen aller Taxibetriebe schaSituation ist unbefriedigend. Ausserdet. Das bedauere ich sehr. In diesem dem wäre es angebracht, die FahrZusammenhang sind ein paar Unterpreise anzupassen. Die letzte Preissuchungen hängig, in denen der Taxiveränderung fand 2005 statt, seither Verantwortliche der Stadtpolizei involhat sich der Benzinpreis aber ungeviert ist, mehr möchte ich dazu nicht fähr verdoppelt. sagen. Ortskenntnisse müssten aus meiner Sicht eine SelbstverständlichSie wünschen sich eine Rückkehr zu keit sein, werden aber im aktuellen Restärkerer Regulierung. Ist das nicht glement von der Stadt nicht verlangt. fragwürdig in einer liberalen Marktwirtschaft? Wenn man Taxis als SerUnd zweitens? Zweitens haben wir vice public betrachtet, nicht unbeviel zu wenig Taxi-Standplätze am dingt. Ausserdem ist die Situation in Bahnhof. Aktuell sind es nach unseder Stadt Olten in dieser Frage einfach
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entglitten – es braucht nun konkrete Massnahmen. wird zu wenig genau geprüft, wer eine Konzession erhält? Ja. Die Stadt hat in den letzten Jahren auf Grund einer zu liberalen Vergabe die Konzession zu sehr als Einnahmequelle betrachtet und dabei zu wenig strenge Zulassungs- und Qualitätskriterien angewendet. was kostet eine solche Konzession? Die Konzession A kostet 600 Franken im Jahr und pro Fahrzeug. Sprechen wir noch kurz von ihrem Berufsalltag: was fahren Sie? Toyota, Mercedes und Opel. Ich fahre mit allen Fahrzeugen gerne. Die Marke spielt keine Rolle. Und Ihr Traumauto? Wer träumt nicht von einem Lamborghini? Ich bin aber kein Auto-Freak, man muss damit von A nach B kommen, mehr nicht. Sprechen Sie viel mit Ihren Gästen? Da überlasse ich die Initiative dem Fahrgast. Wir richten uns nach den Bedürfnissen der Kunden. Bevorzugen Sie es, wenn der Gast vorne oder hinten einsteigt? Die meisten steigen vorne ein. Tagsüber ist mir beides recht. Nachts ist es angenehmer, wenn der Gast vorne sitzt – so „spürt“ man diesen besser. was ist die längste Strecke, die Sie mit ihrem Taxi gefahren sind? Von Olten nach Strassburg. Die kürzeste war übrigens vom Denner zum Hammer an der Solothurnerstrasse – das sind etwa 100 Meter. Die Firma Taxi Bur existiert seit 52 Jahren und ist damit 2 Jahre älter als der andere „alte Hase“ im Oltner TaxiBusiness, Aare Taxi. Taxi Bur hat insgesamt 7 Fahrzeuge, 20 Angestellte und arbeitet täglich im Zwei-Schicht-Betrieb, 365 Tage im Jahr.
Wer ist Ihre Lieblingsbundesrätin oder Ihr Lieblingsbundesrat? Christian von Büren, 34, Olten Alt Bundesrat Kurt Furgler; wegen seiner Eloquenz und Bescheidenheit. Oder sonst halt Wilhelm Tell wegen seinem Bart. Elmas Duran, 53, Olten Für mich ist Doris Leuthard am glaubwürdigsten. Sie setzt sich für die Anliegen der Leute ein und beweist dabei, dass sie in allen Situationen die Übersicht behält – sehr solide. Max Niedermann, 42, Starrkirch-wil Adolf Ogi, weil Leidenschaft so einiges kompensiert. Marc Gerber, 26, Olten Alain Berset, weil er diesen Kulturbürokraten gespickt hat. René Hofer, 51, Gunzgen Ueli Maurer. Er ist ein gutes Aushängeschild für die Schweiz, weil er deren Werte und Charakter ideal wiedergibt. Er repräsentiert Volk und Land auf eine sympathische, bescheidene Art und Weise. Dass er nun die Patrouille Suisse abschaffen will, stört mich nicht – ich bin kein Militärkopf. Jennifer Khelil, 28, Olten Früher war es eindeutig Micheline Calmy-Rey – aber die ist ja leider nicht mehr dabei. Von den aktuellen würde ich meine Stimme am ehesten an Simonetta Sommaruga geben. Die Bernerin politisiert sehr seriös und sachbezogen. Ausserdem macht sie den Anschein, in all ihren Dossiers sehr sattelfest zu sein. Tobias Losli, 21, Rickenbach Meine Lieblingsbundesrätin ist Eveline Widmer-Schlumpf, weil sie sich von niemandem einschüchtern lässt und ihre Politik verfolgt.
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Bildungsstadt Olten: 30'000 Menschen, Die Zahl lässt aufhorchen: 30'000 Menschen nutzen das Angebot der Oltner Bildungsinstitutionen im Säli-Bifang-quartier, vom Fachhochschulstudenten bis zur Kursteilnehmerin an der Migros-Clubschule. Haben wir in 15 Jahren einen richtigen Bildungs-Campus? Ein Gespräch mit Nico Zila, Sekretär vom Netzwerk "Bildungsstadt Olten.Bifang". Interview von Matthias Sigrist Foto zVg
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ausende Fachhochschüler, Berufsfach- und Mittelschülerinnen, Erwachsene an der Volkshochschule oder an der MigrosClubschule und Kinder in der Primarschule und Kindergarten: Bildung ist ein grosser Faktor auf der rechten Stadtseite. 16 Bildungsinstitutionen haben sich vor rund drei Jahren zur Projektgruppe beziehungsweise zum Netzwerk „Bildungsstadt Olten.Bifang“ zusammengeschlossen. Der Oltner Nico Zila ist Sekretär dieser Projektgruppe. Nico Zila, wieso wurde die Projektgruppe "Bildungsstadt Olten.Bifang?" gegründet? Nach einem ersten Treffen vor drei Jahren zwischen den Direktoren der Fachhochschule Nordwestschweiz Olten, Ruedi Nützi, und dem Berufsbildungszentrum Olten, Georg Berger, fiel im Oktober 2010 der Startschuss mit den weiteren Bildungsinstitutionen. Die Idee dahinter ist naheliegend: Im Bifangquartier befinden sich auf engstem Raum sehr viele Bildungsinstitutionen, da muss man doch zusammenarbeiten und Synergien nutzen. Zuvor bestanden bloss lose Kontakte, aber nicht gebündelt oder koordiniert. Ziel des Netzwerkes "Bildungsstadt Olten.Bifang" ist ein gemeinsames Auftreten gegenüber der Öffentlichkeit und der Politik und die Vertretung unserer Interessen.
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Dann kann man die Bildungsstadt auch als Lobbygruppe sehen, die politisch aktiv ist? Wir äussern unsere Anliegen gegenüber der Stadt, der Politik. Auch bei einfachen oder nicht schwergewichtigen Themen. Stichwort Beschilderung: Wir wollen vom Bahnhof oder der anderen Stadtseite gefunden werden. Auch das Thema Littering wird gemeinsam behandelt und mit der Stadt behandelt. Was wir nicht können, ist ein Dachmarketing aufziehen und uns um die Vermarktung des Bildungsangebotes kümmern. Es ist von uns aus gesehen Aufgabe der Stadt, Olten als Bildungsstadt zu vermarkten, das liegt nicht an uns oder den einzelnen Schulen. Dafür hat unsere Projektgruppe auch gar keine
"Hier bräuchte es doch eine vernünftige Buchhandlung": Nico Zila.
Ressourcen. Wir haben aber auch einen Sitz in der Steuerungsgruppe im städtischen Projekt Olten Ost, Ruedi Nützi ist Mitglied in dieser Gruppe und bringt das Thema Bildung und unsere Anliegen dort ein. Ausserdem haben wir Meetings zum Beispiel mit der Stadtentwicklung oder der Baudirektion, um bauliche Themen wie zum Beispiel die Signalisation der Bildungshäuser zu erörtern. Beim „Campus Säli“ geht es also vorwärts. Haben wir in 15 Jahren einen richtigen Campus, auch räumlich? Studien dazu gibt es ja vom Architekten Klaus Schmutziger. Steter Tropfen höhlt den Stein. Wenn wir Schritt für Schritt wachsen und das Gebiet zum Leben erwecken können, auch mit der Bevölkerung, kann das kommen. Durch Gespräche mit allerlei Leuten soll auch das Bewusstsein geweckt werden, was hier entsteht und wächst. was könnte konkret ein nächster Schritt auf dem weg zu einem solchen Campus sein? Die Ansiedlung von Läden beispielsweise. Es bräuchte doch eigentlich, mit so viel Bildungshungrigen, eine vernünftige Buchhandlung hier oben. Klar, wir sind nicht die, die diese Buchhandlung eröffnen. Wir können nur Bewusstsein schaffen, dass es hier das nötige Potenzial gibt.
Das Potential scheint offensichtlich: 30'000 „Bildungskonsumenten“ jährlich. Unglaublich, aber war. Wobei man muss relativieren: Das sind natürlich nicht tägliche Besucher unserer Institutionen sondern zum Teil auch Leute, die einmal im Jahr an eine Weiterbildung kommen. Aber doch, die Zahl ist beachtlich und beeindruckend. Der Grossteil davon nutzt jedoch nur das jeweilige Bildungsangebot und verlässt die Stadt anschliessend gleich wieder. was lässt sich tun? Ich zum Beispiel mache vor allem mit meinen auswärtigen Klassen Stadtführungen in die Altstadt – diese Stadtseite wird nicht besucht und ist den meisten kaum bekannt. Dazu braucht es eine Verbindung, die diesen Namen verdient. Thema Winkelunterführung... Auch die Kommunikation ist nicht ausreichend: Das Angebot der Institutionen der linken Stadtseite, vor allem auch der Kulturinstitutionen, macht sich nicht bemerkbar bei uns. Vielleicht ist aber auch die Zahl von 30'000 „Bildungskunden“ schlicht noch nicht angekommen in der Stadt. Eine Idee ist es, dass die Bildungsstadt Olten.Bifang alle Bar-, Restaurant- und Kulturlokalbetreiber an einen Info-Anlass einlädt, um so das Bewusstsein dafür zu wecken, was für ein Riesenpotenzial zur Belebung der Stadt hier liegt.
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aber (noch) kein Campus-Feeling Der Oltner Architekt Klaus Schmuziger hat sich dem öffentlichen Raum des Campus Bifang-Säli angenommen und dazu seine Visionen formuliert und skizziert. Damit zeigt er Möglichkeiten auf, wie ein städtischer Bildungs-Campus im Bifangquartier aussehen könnte.
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Text von Matthias Sigrist Visualisierung von Klaus Schmuziger
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laus Schmuziger ist ein Fachmann in Sachen Städtebau und Architektur. Er ist ein Getriebener, „wie Architekten das nun mal sind“, sagt er selbst. Städtebau, die Königsdisziplin der Architektur, ist seine Leidenschaft. Und so denkt er mit, wie etwa bei der Bildungsstadt OltenBifang, die er seit Anbeginn als Einzelmitglied in städtebaulichen Fragen begleitet. Er will anregen und Diskussionen auslösen, auch weil ihm die Stadt Olten am Herzen liegt und er ihr etwas zurück geben will. Nun hat er seine Ideen und Visionen eines städtischen Campus Säli-Bifang aufgezeichnet und beschrieben. Schmuziger spricht dabei von „der Verpflichtung, an diesem Unort Ordnung zu schaffen, mittels Verdichtung und Durchmischung von Wohnen, Arbeiten, Bildung, Freizeit und Einkauf.“ Und um auch das enorme Wissen und die Fachkompetenz der Bildungsinstitute gegen aussen sichtbar zu machen. Dabei setzt er auf drei Elemente:
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1 Offene Hallen 2 Aufstockung Berufsbildungszentrum 3 Wohnen / Ateliers 4 Studentisches Wohnen 5 Neubau Fachhochschule 6 Coop Sälihof 7 Hotel Arte / Klinik Pallas 8 Migros Do-it
Bestehend / Neubau
Skizze / Vision Schmuziger
2. Strasse beruhigen 1. Aufstocken / Verdichten Die jetzigen Gebäude sollen auf eine gemeinsame Traufhöhe aufgestockt und neue, Lücken schliessende Gebäude erstellt werden. So entsteht räumlich das Gefühl eines zusammenhängenden Ortes. Neu geschaffen werden sollen zum Beispiel Gebäude für studentisches Wohnen und Ateliers, Orte zur Begegnung (öffentlicher Raum) beispielsweise für kulturelle Veranstaltungen.
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Die Riggenbachstrasse, die den Campus durchschneidet, soll in diesem Abschnitt als Tempo-20-Begegnungszone geführt werden. Der Langsamverkehr, Fussgänger und Velofahrer, sollen Vortritt haben, der motorisierte Individualverkehr nur noch die notwendigen Fahrten machen (Einfahrt ins Parkhaus Migros-Säli z.B.). So rücken nur schon durch den belebten Strassenraum die Gebäude funktional zusammen.
3. Offene Hallen zur Begegnung Über die jetzigen Vor- und Parkplätze von Coop Sälihof, Hotel Arte und Migros Do-it sollen offene Hallendächer gespannt werden. Unter diesen sollen durch eine einfache Aussenmöblierung, kleinen Pavillons, Kiosken oder Beizen das Leben und der Austausch stattfinden.
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Di 5. März 2013, 20 Uhr Rigoletto Oper von Giuseppe Verdi Theater Biel Solothurn Di 12. März 2013, 20 Uhr Verrücktes Blut Schauspiel von Nurkan Erpulat und Jens Hillje der gefeierte Beitrag zum Thema Integration KOLT
Do 21. März 2013, 20 Uhr Don Carlos Schauspiel von Friedrich Schiller mit Julian Weigend, Alexander Wipprecht, Wolfgang Grindemann, Jörg Reimers, Sarah-Jane Janson u.a. So, 24. März 2013, 15 Uhr Schneeweisschen und Rosenrot Kindermärchen ab 5 Jahren Märchentheater Fidibus Rasser / Münzel
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Sie wissen schon: www.stadttheater-olten.ch Tel.: 062 289 7000
grafikmeier.ch
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Mi 27. März 2013, Apéro riche 18.30 Uhr / Vorstellung 20 Uhr Ein Sommernachtstraum Durchtriebenes Kammermusical nach William Shakespeare mit Sabine Fischmann, Till Krabbe, Markus Neumeyer, Berthold Possemeyer
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Im Pazifik-WC schlägt die blaue Stunde Menschen aus der Region berichten aus der Welt – diesmal unter anderem über Kristallbetten im hohen Norden, Smalltalk beim US-Shopping und leicht übertriebene Fürsorglichkeit auf der Pazifik-Insel.
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HURTIGRUTEN, NORWEGEN
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änger als eine Nacht wollte noch niemand bleiben», antwortet eine sympathische Stimme, als ich zwei Nächte im Snowhotel in Kirkenes, im hohen Norden, buchen will. Okay, Hauptsache ich kann zwei der begehrten Zimmer sichern. Die Reise in den Winter Norwegens kann beginnen. In Bergen, einer charmanten Stadt am Nordantlantik, erwartet uns die MS Midnatsol, ein Schiff der Hurtigruten-Flotte. Hurtigrute bedeutet «schnelle Linie». Gemeint sind die Post- und Transportschiffe, die seit 130 Jahren täglich von Bergen im Süden Norwegens nach Kirkenes im Norden fahren – und wieder zurück. Der warme Golfstrom verhindert Packeis und gewährt auch im tiefsten Winter freie Fahrt. Die Schiffsrei-
se ist bei Ruhesuchenden, Naturliebhabern und Norwegen-Fans hoch im Kurs. Bereits am zweiten Tag passieren wir den Polarkreis und tauchen in die Dämmerung ein. Drei Stunden ist es hell; so hell, wie es ohne Sonne hell sein kann. Die hellste Stunde nennen die Norweger «die blaue Stunde», weil sich der Himmel in diesem unbeschreiblich schönen arktischen Blau verfärbt. Danach wird es dunkler und dunkler. Und mit der Sonne verabschiedet sich auch das Zeitgefühl und ich falle in einen Dauer-Dämmerzustand. Dieser meditative schwerelose Zustand ist ein wunderbares Gefühl. Fjorde, Leuchttürme, Häfen, Häuser, Dörfer, Städtchen und Städte, Tage und Nächte ziehen vorbei. In Kirkenes, nahe der russischen Grenze, gehen wir von
22. Mai – 1. Juni 2013 Michael Schuller Michael Krebs Stefan Waghubinger Michael Elsener Frank Sauer Florian Schroeder Michel Gammenthaler Anny Hartmann Luise Kinseher Sibylle Birkenmeier Alexander Götz
Knuth und Tucek Duo luna-tic Alex Porter Kai Eikermann Martin Buchholz ZU ZWEIT Theaterkabarett Birkenmeier Till Reiners Simon Chen Bodo Wartke
Marco Tschirpke Fabian Lau Roger Stein Philipp Scharri Sandra Kreisler Jochem Hochstenbach Hanspeter MüllerDrossaart Pigor & Eichhorn Lisa Catena Michael Feindler
www.kabarett.ch twitter.com/kabaretttage
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Bord. Mit Husky-Hundeschlitten fahren wir durch märchenhafte Winterlandschaften und geniessen die wildromantische Natur. Und plötzlich ist es da: das Snowhotel; aussen Iglu, innen Eispalast. Bar, Stühle und Betten aus Eis, so klar wie Kristall. Fantastisch, mystisch, zauberhaft. Die Nacht ist erfüllt vom Klang der Stille. Und die Nacht ist kalt, sehr kalt und lang. Christine Kern, Baslerin, wohnhaft in Olten.
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Tucson, USA
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er Höhepunkt des Einkaufs in unserem „Tante Emma-Laden“ kommt jeweils an der Kasse. Das Personal ist überaus freundlich, grüsst mit „How are you?“ und
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am Schluss mit „Have a good day.“ Dazwischen das Beste: Neue Produkte im Sortiment werden vom Kassenpersonal kommentiert: „That’s new". Dann: „Have you ever tried these?“ (zu den Wasabi-Nüsschen zeigend) – „Not yet.“ – „They're delicious!“ Weiter geht’s mit anderen Kommentaren zum „Ach-so-glücklichen-Einkauf“ von heute: „Did you know these organic tofu veggie burgers are glutenfree?“ – „...“ (Was soll man da sagen?) – „My daughter is on a gluten-free diet and I have just found out.“ („Bravo!“ ?) Was macht der Kunde oder die Kundin während diesen Ausschweifungen des Personals? Entweder nichts und ist damit genau richtig beraten: Einpacken muss man nicht selber, das macht das Personal. Das seinen Taschen allerdings nicht traut
und sie immer doppelt ineinanderstellt (tatsächlich reissen sie, wenn man sie nur einfach nimmt und beladen lässt). Oder: Man kann selbst beladen, muss dann einfach noch rausfinden, ob das „Thanks for helping/packing“ ernst gemeint war. Adrian Strub, 30, stammt aus Gretzenbach und lebt seit September 2011 mit seiner Ehefrau in Arizona.
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KONA, HAWAII, USA
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ha. So geht das auf hawaiianischen Klos. Eigentlich nicht anders als bei uns. Eine umweltfreundliche Spülung und der Umgang damit ist jedem doch bestens bekannt. Könnte man meinen. Doch offenbar sind die Hawaiianer –
man darfs kaum sagen – zu doof zum Sch... Darum hat Uncle Sam vom Festland eine Bedienungsanleitung zum Aloha-Staat rüber schicken lassen. Dann ist ja alles gut. Und welchen Knopf muss ich schon wieder drücken beim grossen Abfall? Bähram Alagheband, 32, und Daniela Püntener, 30, Journalisten aus Olten, waren auf Weltreise.
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guayaquil, ECUADOR
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igentlich wollte ich ja nur eine Reise durch Südamerika machen, damals, vor 25 Jahren. In Ecuador bin ich hängengeblieben, habe geheiratet und ich bin noch immer da. Heute lebe ich in Guayaquil, einer Hafenstadt mit bald 3 Millionen
Einwohnern. Dabei dachte ich doch immer, dass Olten eine grosse Stadt ist. Was mich hier noch heute am meisten fasziniert, ist die Landschaft – von der Küste hinauf in die Gebirge, über die Andenketten an den Vulkanen vorbei und dann ab ins traumhaft schöne Amazonasgebiet. Ich fühle mich zu Hause hier, bezeichne mich schon lange als eine Guayaquileña, mit der Zeit passt man sich an; ich bin nun auch unpünktlich geworden. Ich liebe dieses Land mit all seinen Problemen und Komplikationen. Wenn aber das Flugzeug in Zürich zur Landung ansetzt, dann schlägt mein Herz höher. Und wenn wir an der Oltner Holzbrücke vorbeifahren, kann es schon mal vorkommen, dass Tränen fliessen... Renate Schenker de Miranda, 50, stammt aus Olten.
Die clevere Art, bye-bye zu sagen. Olten H Ringstrasse 17 H 062 206 77 88 H olten@globetrotter.ch H globetrotter.ch
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DAS EXKLUSIVSTE FINDET MAN IM EIGENEN GARTEN
"Das Exklusivste findet man im eigenen Garten" Der Journalist Paul Imhof hat für den zweiten Band der Reihe „Das kulinarische Erbe der Schweiz“ den typischen Solothurner Speisen nachgespürt – und kaum welche gefunden. Der Autor, in Olten und Trimbach aufgewachsen, erklärt, wie er deshalb tricksen musste, wo er in der Region am liebsten isst und warum die Lebensmittel heute zu billig sind.
Interview von Sarah Pfäffli Fotos von Cyril Müller
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nde April erscheint der zweite Band ihrer Buchreihe "Das kulinarische Erbe der Schweiz". Darin ordnen Sie den Cervelat dem Kanton Solothurn zu. Wollen Sie uns weis machen, ein Solothurner habe die Nationalwurst erfunden? Nein. Man könnte die Wurst fast überall unterbringen. Von 400 Produkten, die im kulinarischen Erbe erfasst sind, ist ein Viertel überregional oder national bekannt, die musste ich irgendwo platzieren. Aber die Geschichte des Cervelats passt ganz gut in den Kanton Solothurn: Bevor die Wege in der Schweiz so kurz geworden sind wie heute, haben sich zahlreiche Parteien, Verbände, Gewerkschaften, Ver-
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eine und so weiter im Bahnhofbuffet des Knotenpunkts Olten getroffen und dort Wurstsalat gegessen. Wohl aus Zeitmangel. Jedenfalls wurde der Wurstsalat dadurch in der ganzen Schweiz berühmt. Es scheint, als wäre das kulinarische Erbe Solothurns nicht gerade reich. Von den 400 Produkten auf der Website des kulinarischen Erbes sind nur vier aus Solothurn. Der Kanton Solothurn ist klein und nicht all zu einheitlich – der Kanton Bern reichte einst von Nyon bis Brugg. Das sagt einiges aus. Deshalb habe ich die Produkte aus Solothurn etwas aufgestockt, zum Beispiel mit Früchtewähe oder Zwetschgenwasser - beides
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»In Lyon ass ich einmal rohen Seeigel. In Indonesien Hund. Aber diese Küche ist derart scharf, dass man kaum merkt, auf was man beisst. Es hätte auch Kuh oder Kaninchen sein können.« könnte man dem ganzen Mittelland zuschreiben. Das Baumnussöl habe ich hier verortet, weil es im Kanton eine Mühle gibt, die zumindest ab und an noch in Betrieb ist. Dann eben der Cervelat, die Ramswurst und die Schweinsbratwurst; sie wird in einer Quelle von 1729 erstmals erwähnt. Oder die Meitschibei, da gibt es einen Hinweis, dass dieser "schmale Nussgipfel von einer besonderen Form" aus Gösgen stamme. Der Ursprung der Solothurner Torte ist eindeutig. Dann gibt es zum Beispiel noch die Umgangspastete und den Buttenmost. Was ist das? Das kennen die wenigsten Solothurner, weil er von der Juranordseite kommt, aus Hochwald. Buttenmost ist eine Hagenbuttenpaste. Man kann sie für Konfitüre brauchen oder als Dessert unter geschlagenen Rahm ziehen. Es gibt noch ein, zwei Familien, die ihn herstellen. In Basel ist er recht beliebt.
ZUR PERSON Paul Imhof, geboren 1952, ist vergangenes Jahr in sein Elternhaus in Trimbach zurückgekehrt. Zuvor lebte er vor allem in Basel, war Reporter und sechs Jahre lang Korrespondent in Südostasien. 1977/78 absolvierte er die RingierJournalistenschule, nachdem er das Studium der Germanistik und Philosophie an der Universität Basel abgebrochen hatte. Heute schreibt Imhof unter anderem für den „Tages-Anzeiger“ in Zürich über Essen und Trinken. Zudem ist er verantwortlich für die Schweiz-Seiten des Magazins „GEO“ und ist Autor mehrerer Bücher.
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Abgesehen von der Verfügbarkeit der Rohstoffe: Welche Faktoren hatten noch Einfluss auf unsere Speisen? Unzählige. Die Römer, der Handel, die Religion, das Söldnertum, die Tätigkeit der Menschen, Armut, Reichtum. Ein Beispiel: Der Konfekt kam meist aus der Stadt - Bäuerinnen hatten ja keine Zeit, um stundenlang Gutzi zu backen; handwerkliche Spezialisten und Haushaltspersonal dagegen schon. Käse und Wurst sind Edelstücke der Konservierung. Damals schlachtete man einmal im Jahr ein Tier, das Schwein, eine altersschwache Kuh, und verarbeitete praktisch alles. Das Verderblichste wie Blut und Leber wurde sofort verzehrt, alles andere haltbar gemacht: gesalzen, getrocknet, gepökelt, geräuchert. Obst und Gemüse wurde eingemacht, in Öl eingelegt, in Alkohol aufbewahrt. Mussten Sie sich für Ihr Buch als Historiker betätigen? Nein, diese Arbeit hat die Equipe des Vereins „Das kulinari-
sche Erbe der Schweiz“ erledigt. Ich schreibe nur die Geschichten dazu, ich nenne sie Miniaturen. Ich finde dieses Erbe unglaublich faszinierend. Aber es erhält viel zu wenig Beachtung.
Man hat jede Ruine ausgegraben und jeden Stein vermessen. Aber ein Inventar unserer Nahrungsmittel fehlte bisher. Die Bedeutung der Nahrung und insbesondere der Beschaffung von Lebensmitteln wird komplett unterschätzt. Das Essen war einst Antrieb für alles: Wie sich die politische Welt heute darstellt, ist am Ende auf den Gewürzhandel zurückzuführen. Der ganze Kolonialismus hat darin seinen Ursprung. Das kann man sich heute gar nicht vorstellen, wenn es in jedem Laden allerbilligsten Zimt und Nelken gibt. Wir leben in einer total verwöhnten Gesellschaft, in der jeder darauf schaut, das neuste Handy und den modernsten Fernseher zu haben. Aber über die Ursprünge des Essens wissen viele Leute nichts. Essen wird als selbstverständlich vorausgesetzt, weil es immer verfügbar ist. Es gibt aber auch eine fast exzessive Beschäftigung mit dem Essen. In gewissen Kreisen gilt es heute als chic, wenn man aus auserwählten Zutaten etwas Kompliziertes kocht. In den vergangenen 20 Jahren hat sich das Essen zum Lifestyle-Thema entwickelt. Beim Smalltalk tauscht man Adressen von Olivenöl-Händlern, Trüffelnasen und Winzern aus. Derzeit scheint eine Rückbesinnung auf alte Gerichte stattzufinden, und die jungen Städter finden es toll, zu gärtnern. Woher kommt dieser Trend? Wenn es alles überall gibt, wird es wieder langweilig. Die Exklusivität ist verloren gegangen. Früher waren Sushi noch etwas Besonderes, heute erhält man sie in jedem Warenhaus.
Das Exklusivste findet man jetzt im eigenen Garten: Die Tomate, die man pflückt, wenn sie reif ist. Ich frage mich, von welcher Grossmutter-Küche jene Generation einmal schwärmen wird, die mit Fastfood und Tiefkühlpizza aufwächst. Was kochen Sie selber gern? Gerichte wie Ragout und Curries, Côte-deboeuf vom Grill oder Pasta mit diversen Saucen. Mein Notvorrat besteht aus Spaghetti, Risottoreis, Zwiebeln, Knoblauch, Sherry, Öl und Parmesan. Ich muss mir immer einen Risotto machen können. Oder Spaghetti aglio e olio mit Peperoncini. Eher einfache Gerichte. Ich bin einfach wieder hier gelandet, bei der Cuisine du terroir. Ich habe in vielen guten Restaurants gegessen. Es fängt an, einen zu langweilen. Was halten Sie von den neuen gefeierten Köchen wie René Redzepi im Noma in Kopenhagen? Das interessiert mich nicht mehr. Weshalb sollte ich dort eine Crevette auf Moosteppich essen?
Ich war beruflich einmal zehn Tage auf einer Kreuzfahrt in Französisch-Polynesien. Dort gab es jeden Tag fangfrischen, rohen Fisch. Das lässt sich durch nichts übertreffen. Die Suche nach dem Puren, Ursprünglichen ist unser neuer Luxus. Warum Luxus? Ich finde es gut, wenn man persönliches Interesse an einem möglichst guten Produkt hat, das nicht um die halbe Welt gereist ist wie Erdbeeren im Winter. Es bedingt ja auch, dass man sich nach den Jahreszeiten richtet. Das schützt einen vor schlechter Ware - und auch vor der Lebensmittelindustrie. Ausserdem könnten wir sehr viel Abfall vermeiden, wenn wir uns nach der Saison richten würden.
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AUS DER REGION OLTNERLI Produzent Tinner-Metzg, Olten Erhätlich bei Tinner-Metzg, Ringstrasse 25, Olten Info Spezielle Würzung, grob gehackte 5mm Schweinefleisch, Grundbrät, Halsspeck und Kirsch.
OLTNER STADTHONIG Produzent Imkerei zum Bienenkorb, Nicole & René von Arb, Neuendorf, www.zumbienenkorb.ch Erhältlich bei Olten Tourismus und bei „Eguete - delikat-essentrinken“, Konradstrasse 32, Olten Info Die Stadtbienen sammeln fleissig in den Gärten, Parkanlagen und Blumenkistchen von Olten. Durch die nahegelegenen Wälder rund um die Dreitannenstadt entsteht ein spezieller Blütenhonig durchmischt mit Waldhonig
OLTNER TORTE Produzent Suteria, Olten Erhältlich bei Suteria, Hauptgasse 11, Olten Info Mit einem fein getränkten (Grand Marnier-) Rouladen-Biscuit hergestellt, eingebettet mit Schokoladenund Mocca-Crème, abgerundet mit einem caramelisierten Makkaronen-Finish.
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Energie liegt in der Natur der Sache.
Aare Energie AG Solothurnerstrasse 21 Postfach 4601 Olten Telefon 062 205 56 56 Fax 062 205 56 58 info@aen.ch www.aen.ch
DAS EXKLUSIVSTE FINDET MAN IM EIGENEN GARTEN
»Ich wundere mich, wie man Köchen zuschauen kann, die Vorträge darüber halten, dass man einen Knoblauch nicht verdrücken dürfe, sondern ihn mit diesem und jenem Messer schneiden müsse. Dabei stopft man vor dem Fernseher PommesChips in sich hinein und trinkt Coca-Cola. Ziemlich schräg.« Das alleine würde den Abfallberg nicht verhindern. Aber es würde dazu beitragen. Am meisten würde es helfen, wenn wir für unser Essen wieder so viel bezahlen müssten, wie es wert ist. Die Lebensmittel sind zu billig. Statt die Bauern mit Steuergeldern zu subventionieren, sollte man ihre Produkte angemessen bezahlen. Einst arbeitete der Mensch einzig und allein, damit er am Abend etwas zu essen hatte.
geschäften und beim Detailhändler. Bei Coop finde ich Labelprodukte wie Pro Montagna oder Slow Food interessant. Oder Pro Specie Rara. Die Stiftung kümmert sich um alte Nutzpflanzen und -tiere, ihr haben wir zum Beispiel das Rüebli Jaune longue du Doubs zu verdanken. Eine Entdeckung an Geschmack und Konsistenz.
Warum verwenden manche Köche Convenience-Produkte? Ist es billiger? Kaum. Aber es geht halt schneller. Bergrestaurants brauchen so was als Vorrat, weil sie nie genau wissen können, wann sie mit einem Ansturm rechnen müssen. Oft hängt es aber auch damit zusammen, dass manche Köche gewisse Dinge nicht können.
Bei Rüebli gibt es Geschmacksunterschiede? Ja, natürlich!
In der westlichen Welt geben wir nicht einmal mehr zehn Prozent unseres Einkommens für Essen und Trinken aus.
Heute gibt es viele, die eine Beiz aufmachen und keine Ahnung vom Kochen haben.
Kaufen Sie Bioprodukte? Ja. Der entscheidende Punkt ist aber nicht Bio an sich, sondern die ökologische Gesamtrechnung.
Trotzdem fahren viele Schweizer ins benachbarte Ausland, um günstig Lebensmittel einzukaufen. Das ist bedenklich. Und ein ökologischer Unsinn dazu. Aber in der Werbung wird einem auch die ganze Zeit weisgemacht, man müsse profitieren, sonst sei man blöd.
Viele Leute wissen heute nicht mehr, was wann Saison hat. In den Läden ist immer alles verfügbar. Die Geschäfte müssen sich ja auch nach der Nachfrage richten. Ein Teufelskreis. Es ist immer beides: Die Detailhändler richten sich nach der Nachfrage, sie steuern sie aber gleichzeitig. Wie die Lebensmittelindustrie auch. Sie schafft ein gewisses Suchtpotenzial, sodass man statt einem Wurstweggen am liebsten vier essen möchte, weil es so fein ist.
Die Einkaufstouristen argumentieren, sie hätten zu wenig Geld, um in der Schweiz einzukaufen. Die Preise im Discounter in Deutschland sind für Hartz-IV-Empfänger gemacht, nicht für Leute, die 3000, 4000 Franken im Monat verdienen und von Zürich nach Deutschland fahren, um dort billig einzukaufen. Ich habe 25 Jahre in Basel gelebt, da gehört die Grenze zum Alltag. Ich habe oft im Elsass und im Badischen gegessen, vielleicht einmal frisch gestochene Spargeln gekauft, aber ich bin nie über die Grenze gefahren, um den Wocheneinkauf zu machen. Die Gemüsebauern aus dem Dreiländereck kommen ja in die Stadt. Wo kaufen Sie denn Ihre Lebensmittel ein? Bis vor kurzem wohnte ich in Basel gleich beim Marktplatz, da besorgte ich mir jeweils am Morgen, was ich brauchte. Ich musste lernen, wirklich nur Tagesportionen zu kaufen. Dann beim Comestibles, in Spezialitäten-
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Wie das denn? Zucker macht sehr viel aus. Ein Lebensmittelingenieur hat mir einmal erzählt, das grosse Suchtpotenzial von Hamburgern rühre vom Zucker im Brötchen. Oder Ketchup: Es enthält so viel Zucker – das ist mehr Sirup als Tomatenmark. Sie sind vor einem halben Jahr nach Trimbach zurückgekehrt und in ihr Elternhaus gezogen. Wo gehen Sie in der Region auswärts essen? Der Salmen ist ein gutes Restaurant. Die Felsenburg ist ein klassischer, traditioneller Italiener mit einer sehr interessanten Weinkarte. Arno Sgier in der Traube Trimbach kocht toll. Eine Entdeckung für mich ist das Kreuz in Obergösgen: Eine gute, traditionelle Küche mit überraschenden Gerichten. Kürzlich ass ich dort eine Rehhaxe – das gibt es nicht überall.
Seit das Wirtepatent nicht mehr zwingende Voraussetzung ist? Ich würde es wieder einführen. Man sagt zwar, ein Markt organisiere sich selber. Aber als Gast hätte ich gerne eine Vorselektion. Ich möchte nicht neun von zehn Mal Unerfreuliches essen, weil es so viele Beizen gibt und ich eben gerne ausprobiere. Die Ernährung ist heutzutage einfach nicht wichtig genug. Man sollte doch verlangen können, dass ein Wirt eine saubere Ausbildung hat und Leute beschäftigt, die ihre Aufgabe beherrschen. Andererseits klagen die Wirte, dass die Bürokratie immer grösser wird. Das stimmt. Dabei weiss ein gut ausgebildeter Koch, wie er mit Lebensmitteln umgehen muss. Mit gewissen Vorschriften lässt sich der Mensch auch entmündigen.
Wenn ein Joghurt zwei Tage über das Haltbarkeitsdatum hinaus im Frigo steht, bedeutet das noch nicht, dass es nicht mehr gut ist. Aber wir gehorchen dem Stempel auf dem Deckel. Die ganze Bürokratie arbeitet zugunsten der Nahrungsmittelindustrie. Haben Sie schon mal bei McDonald's gegessen? Sicher, ja! Gerade in meiner Zeit als Korrespondent in Asien. Aber dieser Fastfood stösst mir dann einen Tag lang auf. Und wenn man sich Burger-Patties genauer anschaut,
BANAGO Produzent Firma Haco, Gümligen Erhältlich bei Migros Info Erfunden wurde das beliebte Kakaopulver 1927 von der Firma Nago in Olten. Ursprünglich enthielt das Produkt auch Bananen, was den Namen Banago erklärt.
BUREMEHL Produzent Schnyder Mühle, Laupersdorf Erhältlich bei u.a. Chäsi Balsthal, Brauereiweg 1, 4710 Balsthal Info Die Getreidebauern liefern Roggen, Weizen und Dinkel direkt bei der Mühle an. Das Mehl wird besonders schonend gemahlen und weist deutlich bessere Backeigenschaften auf als herkömmliches Mehl. Frei von Zusatzstoffen.
RAPSÖL VON GASSERS Produzent Willy und Ruth Gasser, Laupersdorf Erhältlich bei u.a. Chäsi Balsthal, Brauereiweg 1, 4710 Balsthal Info Dieses reine Naturprodukt wird kalt gepresst. Wegen niedrigen Temperaturen bleiben die wertvollen Inhaltsstoffe der Ölfrüchte erhalten.
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TITEL
»Früher mochte ich gern Turbot und Loup de mer. Auch Sashimi aus frischem Thuna habe ich früher oft gemacht, aber damit habe ich aufgehört. Da bleibt einem der Bissen im Hals stecken, wenn man an die Ausrottung der Thunfische denkt. «
Miniaturen von Paul Imhof
Das kulinarische Erbe der Schweiz
Band 2 — Bern: Bauernschinken, Baumnussöl, Bier, Berner Alp käse, Berner Brot, Berner bzw. Emmentaler Bretzeli, Berner Hasel nusslebkuchen, Berner Hobelkäse, Berner Honiglebkuchen, Berner Zungenwurst, Blauer Kuchen, Bondelles, BrächereBrönnts, Bri enzer Krapfen, Büschelibirnen, Chörbliwasser, Dänzeschiibli, Dinkel, Eaudevie de poire à Botzi, Emmentaler, Emmentaler Bauernbratwurst, Emmentalerli, Essigzwetschgen, Fleischvögel, Graswürmleni, Grümpelwurst, Gumpesel, Hasli kuchen, Kirschenmus, Kräuterbonbons, Löwenzahn konfitüre, Meringues, Ovomaltine, Quittenschnaps, Salzige Wähen, Sauerkraut, Speckkuchen, Spitzbuben, Schmelzkäse, Schwartenwurst, Tannenspitzenho nig, Zopf. Berner Jura und Kanton Jura: Atriaux, Beignets à l’entonnoir/Striflates, Bûche de Noël, Braisi, Chaux d’Abel/Tomme de la Chaux d’Abel, Damassine, Eauxdevie de fruits sauvages jurassi ennes, Eaudevie de gentiane, Gâteau à la crème, gâteau à la crème cuite, Gelée de ménage, Pâté des PrinceEvêques, Saucisse d’Ajoie, Tête de moine, Totché, Viandes fumées jurassiennes. Solothurn: Bettlacher Klemenzpastete, Buttenmost, Cervelat, Früchtewähe, Meitschibei, Ramswurst, Schweins bratwurst, Selzacher Umgangspastete, Solothurner Torte, Zwetschgenwasser. Basel-Landschaft: Bauern schüblig, Burgermeisterli, Cenovis, ColaFröschli, Cordon bleu, Hefegugelhopf, Mirabellenschnaps, Mohrenkopf, Pepita, Rahmtäfeli, Schinkengipfeli/ Croissant au jambon, Speisesalz, Zimtststängel. Basel-Stadt: Anisbrötli, Basler Brot, Brunsli, Basler Läckerli, Fasnachtskiechli, Fastenwähe, Hypokras, Kümmelwurst, Magenbrot, Mailänderli, Mässmogge, Osterfladen, Rippli und Schüfeli, Rosenküchlein, Schenkeli, Schlumbergerli, SchokoladeS, Schützen wurst/Aussteller, Zimtsterne.
Echtzeit
ist das ja nichts Erfreuliches, die sind so fad. Kein Vergleich mit würzigen Hacktätschli.
Das kulinarische Erbe der Schweiz. Miniaturen von Paul Imhof. Band 2: Bern – Jura – Solothurn – Basel-Landschaft – Basel-Stadt; erscheint Ende April im Echtzeit Verlag. Das kulinarische Erbe der Schweiz ist ein überquellender Schatz an Preziosen, sein Inventar umfasst über 400 registrierte Produkte: Vom Tête de moine über Fasnachtskiechli bis zur Ovomaltine. Nun gibt es diesen Fundus auch als Buch: Die fünfbändige Reihe «Das kulinarische Erbe der Schweiz» ist eine Sammlung einheimischen Geschmacks. www.kulinarischeserbe.ch KOLT-Leserinnen und -Leser können das Buch unter folgendem Link vergünstigt – für 27 statt 29 Franken – bestellen: www.echtzeit.ch/kolt
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was ist das Verrückteste, das Sie je gegessen haben? Diverses, vor allem in Südostasien. In Malaysia war ich einmal zu einem Essen eingeladen, bei dem es lauter verbotene Dinge gab. Ich habe darüber dann einen Artikel geschrieben. Es gab zum Beispiel Kantschil, das ist der kleinste Paarhufer der Welt. Und Double Boiled Snake Soup, konzentrierte Schlangensuppe. wie schmeckt Schlange? Nicht sehr speziell. Wie Poulet, ein bisschen faseriger. Auch Krokodil schmeckt ähnlich wie Hühnerfleisch. In Lyon ass ich einmal rohen Seeigel. In Indonesien Hund. Aber diese Küche ist derart scharf, dass man kaum merkt, auf was man beisst. Es hätte auch Kuh oder Kaninchen sein können. Gibt es etwas, das Sie nicht essen? Insekten. In Bangkok gibt es überall frittierte Heuschrecken. Das macht mich einfach nicht an. Das hat mit unserer Prägung zu tun. Schnecken muss ich auch nicht haben. Austern mochte ich früher gern, aber ich kann sie heute nicht mehr sehen: Ich habe einmal eine Nacht auf der Toilette verbracht, nachdem ich in einem sehr edlen Restaurant Austern gegessen hatte. Kann passieren. Bei ihnen sozusagen Berufsrisiko. Vermutlich ist Gastrojournalist auch sonst nicht der gesündeste Beruf. (lacht) Ja, man sieht es mir an, dass ich gern esse. Aber ich habe ja auch ein gewisses Alter. Mich stört das nicht gross. Ich sollte mich mehr bewegen statt nur am Schreibtisch zu sitzen. Ansonsten klingt ihr Beruf nach einem Traumjob. Sie werden fürs Essen bezahlt. Längst nicht nur. Ich muss
auch investieren, um mich auf dem Laufenden zu halten. Die aktuellen Spitzenrestaurants sollte man schon kennen, um überhaupt vergleichen zu können. Es ist ein faszinierendes Gebiet, aber es hat sich gewandelt.
was sind sonst häufige Leserfragen? Oft geht es um die richtige Zubereitung von Fleisch. Und wenn es mir mal langweilig wird, muss ich nur einmal über Froschschenkel oder Foie gras schreiben...
Heute interessiere ich mich stärker für die Zusammenhänge, die Herkunft von Nahrungsmitteln, die Ursprünge unserer Küche.
Haben Sie schon einmal Froschschenkel gegessen? Ja, schon oft. Das ist etwas Feines, wenn man es richtig zubereitet. Ein guter Koch nimmt nur Fleisch von sauber geschlachteten Tieren.
In diesem Beruf braucht man keine Hobbys. Ich langweile mich nie. Schauen Sie sich Kochsendungen am Fernsehen an? Selten. Ich wundere mich, wie man Köchen zuschauen kann, die Vorträge darüber halten, dass man einen Knoblauch nicht verdrücken dürfe, sondern ihn mit diesem und jenem Messer schneiden müsse. Dabei stopft man vor dem Fernseher Pommes-Chips in sich hinein und trinkt Coca-Cola. Ziemlich schräg. Es ist ein visuelles Vergnügen, wie Kochbücher anschauen. Eine Inspiration. Ich schaue lieber einen Dokumentarfilm oder einen Krimi. Kochen sollte man selber. Sie beantworten im "Tages-Anzeiger" Leserfragen zum Thema Essen und Trinken. was sind die häufigsten Fragen? Trinkgeld ist ein wichtiges Thema, das die Leute verunsichert. Es ist unsinnig, allgemeingültige Regeln aufzustellen. Ich gebe ja selbst mal viel, mal gar nichts. Gar kein Trinkgeld? Ja, wenn es ein Ärger war. Wenn man merkt: Die Leute sind im falschen Metier. Wenn mir die Kellnerin von Beginn weg vermitteln möchte, dass sie im richtigen Leben Schauspielerin ist und auf die grosse Bühne gehört statt in ein Restaurant.
Und Foie gras? Auch. Die Fettleber ist im Grunde etwas Natürliches, Flugproviant der Gänse. Auch da kommt es auf die saubere Herkunft an. Das lässt sich erfragen, überprüfen. Gibt es nichts, das Sie aus ethischen Gründen nicht essen würden? Doch:
Der Verzehr von Meerfisch wird für mich immer mehr zu einer ethischen Frage. Früher mochte ich gern Turbot und Loup de mer. Auch Sashimi aus frischem Thuna habe ich früher oft gemacht, aber damit habe ich aufgehört. Da bleibt einem der Bissen im Hals stecken, wenn man an die Ausrottung der Thunfische denkt. Wenn es mir serviert wird, dann esse ich es, aber ich bestelle es nicht und ich kaufe es nicht. Was derzeit mit dem Meer passiert, ist schrecklich. Im Übrigen haben wir ja hier genügend Süsswasserfische. Essen sie jeden Tag Fleisch? Nicht mehr. Früher schon.
Heute wäre es wohl schlimmer für mich, auf Tomaten verzichten zu müssen. Ohne Tomaten wäre das Leben um Einiges langweiliger.
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Fotografie Cyril Müller, cyrilphoto.com Assistenz Caroline Vetter Location Restaurant Flügelrad Koch Martin Allemann
DEGENBIER Produzent Claude Degen, Trimbach Erhältlich bei „Eguete - delikat-essen-trinken“ Info Das goldfarbene Degen Hell wird aus 4 Spezialmalzen, Edelaromahopfen und frischer Hefe gebraut. Der runde Malzkörper und das blumig-fruchtige Hopfenaroma machen es unverwechselbar.
THALERWURST Produzent Metzgerei Stübi, Matzendorf Erhältlich bei u.a. Chäsi Balsthal, Brauereiweg 1, 4710 Balsthal Info Rind-und Schweinefleisch, geräucht. Wurst zum Rohessen. Die Metzgerei Stübi ist ein Familienbetrieb, der noch selber Tiere schlachtet. Den Tieren aus der Region wird somit eine lange Transportdauer erspart.
PASSWANG-MUTSCHLI Produzent Käserei Reckenkien, Mümliswil Erhältlich bei u.a. www.chees-shop.ch Info Milder, aromatischer Käse, aus frischer Bergmilch hergestellt, die ausschliesslich von 15 umliegenden Bauernhöfen stammt.
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HÖREN & LESEN IN EINEM ZUG
DIE NaRr-KOLUMNE
Vom Rückgang der Ferrophilie Pedro Lenz, 47, ist Schriftsteller und
Die Bluse meiner Tante
lebt in Olten gleich beim Bahnhof. Er ist
von Pedro Lenz
praktisch täglich im Zug unterwegs.
Illustration von Petra Bürgisser
von Valerie-Katharina Meyer Weisser Duft umhüllt das feine Fadengeflecht. Immer die Hände waschen, bevor du dich auf den Schoss setzt. So bleiben der Duft, die weissen Fäden unbefleckt. Und dann kommt die Geschichte, die mehr wie ein Lied ist. Das wissen deine Kinderhände. Sitzt du aber mit sauberen Händen im Schoss der Tante, so schmiegst du dich an das Kleid, drückst die Rotznase in das duftende Geflecht: Jasmin, Geborgenheit und Tante fügen sich zusammen. Kein anderes Stoffstück ist edler, feiner und zarter. Perlenstoff ist die Bluse für deine Kinderhände, und sie streicheln immer wieder darüber. Perlenstoff mit Zauberknöpfen. Sie umklammern ihn mit ihren schweissigen Fingern und wollen nicht mehr loslassen, warten auf die Geschichte, die mehr ein Lied ist. Für immer im Kokon der Tante eingehüllt sein - umspannt von der Geborgenheit der Stoffperlen, umflogen von der tiefen Stimme. Und die Tante singt ein Lied, das eigentlich eine Geschichte ist. Valerie-Katharina Meyer, 1988 in der Schweiz geboren, wuchs in Basel auf, verbrachte aber einen Teil ihres Lebens in Griechenland. In Basel studiert sie Geschichte und Germanistik. Mehrere Kurzgeschichten wurden von ihr veröffentlicht, u.a. auch in NaRr #2 und dem NaRr Koch Les Buch. Bestellen: www.dasnarr.ch
W
oran mag es liegen, dass an Bahnhöfen kaum mehr über Technik geredet wird? Vielleicht ist es bloss ein unbegründeter Eindruck, aber mir scheint, als seien die Ferrophilen eine aussterbende Gattung. Ferrophile waren einst diejenigen, die zu jeder Lokomotive die technischen Daten aus dem Gedächtnis abrufen konnten, die immer lautstark kommentierten, ob es sich bei jener Lok um eine Ae 4/6 oder um eine Re 6/6 handelt, die immer wussten, wann und wo jede Lokomotive gebaut worden ist, welche Eigenschaften sie hat und auf welchen Routen sie vorwiegend eingesetzt wird. Ferrophile kannten die Fahrstrecken der einzelnen Personen- und Güterzüge. Sie kannten die Abläufe, wussten immer Bescheid, schauten den Rangierarbeitern zu und kontrollierten mit einem routinierten, aber stets diskreten Blick, ob jeder Wagen richtig angehängt und jede Komposition korrekt zusammengestellt war. Zuhause hatten diese Leute bestimmt eindrückliche Modelleisenbahnanlagen, auf denen sie am Feierabend stundenlang echten Bahnverkehr simulierten. In mir lösten die kenntnisreichen Bemerkungen meiner ferrophilen Mitmenschen stets gemischte Gefühle aus. Einerseits mahnte mich ihr bahnspezifisches Wissen an meine diesbezügliche Ignoranz. Andererseits vermochte
mich genau dieses Fachwissen auch zu beruhigen. Der Umstand, dass jede Bahn neben dem offiziellen Personal eine erstaunlich grosse Anzahl von Experten transportierte, verstärkte mein Sicherheitsgefühl beim Bahnfahren. Trotzdem hatten die Ferrophilen auch etwas Lästiges an sich. Ihre Bemerkungen kamen einem meist ungewollt zu Ohren und vor allem waren sie schnell einmal langweilig für all die vielen, die selbst nicht ferrophil veranlagt sind. Halte ich mich am Bahnhof auf, dann frage ich mich zuweilen, wo sich die Ferrophilen in den letzten Jahren versteckt haben. Mir ist dann, als interessiere es niemanden mehr, welche Lokomotiven ein- und ausfahren. Die Menschen nehmen Züge nur noch als Räume wahr, die möglichst rasch in Beschlag genommen werden wollen. Sie achten nicht auf den Typus ihres Zuges. Es wäre geheuchelt zu behaupten ich würde die Ferrophilen am Bahnhof wirklich vermissen. Mich nähme nur wunder, wo sie geblieben sind. Theoretisch wäre es auch denkbar, dass sie auf den Bahnsteigen rumlungern wie eh und je, aber einfach nichts mehr sagen, weil viele Menschen heute ganz allgemein lieber twittern als reden. Doch selbst wenn es tatsächlich so wäre, würde ich wohl darauf verzichten, FerrophilenFollower zu werden.
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HÖREN & LESEN
Fribi's Metal News
Deeno‘s Reviews
Ché's Bro Tipps www.bromusic.ch
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HEAT
BENJAMIN DAMAGE
Old Sparky (Rough Trade)
Heliosphere (50 Weapons)
Nach dem Hören der ersten beiden Songs denkt man, es handle sich um das neue Album von Black Sabbath. Doch dieses erscheint ja erst im Mai. Soll heissen: Heat knüpfen bei den ersten beiden Sabbath-Alben an, ohne wie eine billige Kopie zu wirken. Düster-psychedelisch und mit schweren Riffs beladen fliesst der Sound aus den Boxen. Das Ganze analog produziert, lässt „Old Sparky“ im totalen Vintage-Look daherkommen. Mit „ending aging“ als genialem Schlusspunkt setzen Heat die Messlatte ziemlich hoch – der 15-Minuten-Blueskracher lässt kaum Wünsche offen. Staubig, mit tief gestimmten Blues-Gitarren, bleiernem Drum-Sound und wummerndem Bass kracht die Nummer ohne Ende und hinterlässt bei den Hörern nichts als offene Münder.
50 Weapons ist das Label der Berliner Techno-Götter Modeselektor. Und genau diese haben seit längerem einen Narren gefressen an Benjamin Damage. Sein zweiter Longplayer erscheint nun auch auf deren Label und beweist, dass sich Damage langsam aber sicher in der Oberliga der Technowelt festsetzt.
HYPOCRISY
TRIXIE wHITLEY
End of Disclosure (Warner)
Fourth Corner (Unday Records)
ROBIN TROwER Roots And Branches Die britische Gitarrenlegende huldigt seinen frühen Einflüssen. Nebst neuem Songmaterial hat Trower auf "Roots And Branches" einzigartige Versionen von „Hound Dog“, „Thrill Is Gone“, „Little Red Rooster“, „Born under a bad Sign“ und mehr aufgenommen. Nach wie vor zählt Trower zu den gefühlvollsten und ausdruckstärksten Gitarristen überhaupt.
BASSEKOU KOUYATE & NGONI BA Episch produzierter Sci-Fi Techno mit einer grossen Affinität für ausgewählte und frische Sounds. Das ist Clubmusik auf höchstem Niveau, ohne SchnickSchnack und überflüssige Attitüde. Animiert mich persönlich zum Tanzen, oder auch zum Staubsaugen. Auf jeden Fall kommt man da in die Gänge!
Jama Ko Bassekou Kouyaté zeigt den Weg von Malis Stammesmusik zum Blues und zum modernen Soul auf. Das klingt manchmal roh und hypnotisch, kann aber auch ganz rockig werden – Musik für Herz und Hüfte gleichsam, geprägt von der Ngoni, der Kalebasse und warmen Gesängen. Die BBC kürte die Band bereits 2008 als "Best African Artist of the Year" und ihr Debüt-Album "Segu Blue" gleich noch zum "Best World Music Album of the Year".
ERIC BURDON Til Your River Runs Dry
Die Death Metal-Institution aus Schweden schlägt wieder zu. Mr. Tätgren, seines Zeichens Kopf von Hypocrisy und Pain, zeigt einmal mehr, dass man auch nach acht Alben immer noch auf höchstem Niveau arbeiten kann. Der Producer, Gitarrist und Sänger in Personalunion liefert hier ein Powerpack der Extraklasse ab. Wuchtig und unheimlich groovy kommen die Nummern rüber. Mal pfeilschnell und ultra präzise schiessen hier heftigste Blast-Beats aus den Speakern und hinterlassen den Eindruck, als würde man von einer Rakete getroffen werden. Kaum Langeweile auszumachen auf „end of disclosure“ und dies liegt wohl auch an den coolen und unverkennbaren Death Growls des Masterminds. Ein Death Metal-Album wie aus einem Guss, das zurecht punkten wird.
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Als Frontstimme der Allstar Super Group „Black Dub“ rund um Daniel Lanois, sang sich Trixie Whitley schon mal in die Herzen einer breiteren Hörerschaft. Von Belgien über den grossen Teich nach New York ausgewandert, arbeitete Trixie schon mit Grössen wie Robert Plant, Marianne Faithful oder Joe Henry. Über das Indie-Label Unday erscheint nun ihr Erstling als Solo-Künstlerin und der hats wahrlich in sich. Eine Stimme, rauchig und stark, aber dennoch zerbrechlich und fein, bahnt sich den Weg durch die manchmal düstere Musik. Irgendwo im Zwischenreich von Folk, Rock und R'n'B haut die Frau einem Songs um die Ohren, die man nicht so schnell vergisst. Eindrückliches Debüt einer noch eindrücklicheren Sängerin!
Eric Burdon, altgedienter Fackelträger von Blues, Rock, R'n'B und Funk, hat laut eigener Aussage “mehr als nur seine Stimme in dieses Album gesteckt“. Sein introspektives neues Oeuvre ist Burdons Ode an Fats Domino, Bo Diddley und Barack Obama, an die “Kraft des menschlichen Geistes“.
EELS Wonderful Glorious Impulsiv und stets für Überraschendes gut, reisen Mastermind Mark Oliver Everett und sein Quintett durch psychedelische Rock-Welten oder – in ruhigeren Momenten – durch kratzig melancholisches Liedgut. Die neuen Lieder strahlen vor Spielfreude, Energie, Extravaganz und Melodienreichtum.
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Denunzierte und Denunzianten Oliva konnte es nicht zu Reichtum bringen, dazu war er einfach zu ehrlich. Und plötzlich sass er im Gefängnis. Eine Gastkolumne von Stefan Frey
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liva lebte ein ruhiges Leben in vergleichsweise guten Verhältnissen. Höherer Beamter, über zwanzig Jahr an verschiedenen Posten im Einsatz – er hätte getrost seiner Pensionierung entgegenblicken können. Oliva erfüllte seine Pflicht, war nicht raffgierig und deshalb kaum über ein unterdurchschnittliches Mass hinaus empfänglich für Gefälligkeiten seiner Mitbürger, die er am Schalter abzufertigen hatte. Im von Amtes wegen zur Verfügung gestellten Haus kein Prunk: ein TV-Gerät, einfache Möbel wie jedermann, eine Fourgonette - ein Lieferwägelchen. Nicht einmal ein Dienstfahrzeug. Oliva konnte es nicht zu Reichtum bringen. Er war einfach zu ehrlich dazu. Aus Sympathie zum Menschen vor dem Schalter lieferte er Dokumente und Stempel. Einfach so. Ohne das übliche – weisst Du, mein Onkel ist gerade krank und die Medikamente sind, Du verstehst? – Agio, ohne dessen Schmierfunktion sich kein Staatsrädchen in Bewegung setzt. Er knöpfte nur jenen einen Obolus ab, die sich als neureiche Kotzbrocken benahmen und die vom Putsch der letzten Saison an irgend eine einträgliche Pfründe gespült worden waren und nun grossmäulig ihre gestohlene Wichtigkeit spazieren führten. Insofern hatte Oliva stets den einen oder anderen bezahlenden Kunden an der Hand. Das schon. Aber reich geworden ist er dabei nicht. Vielleicht zufriedener. Plötzlich verschwand Oliva von der Bildfläche. Er sei im Gefängnis, hiess es. Man besucht seine Familie, die ohne den Ernährer schutzlos dasteht. Geld muss beschafft werden, man hilft. Der Freund sei ohne jedes Verfahren, nicht einmal aufgrund einer formellen Anklage, eingekerkert worden. Nach zwei Monaten endlich ein Besuch im Gefängnis. Kein schöner Anblick, das Gefängnis in einem Land, das viele für ein Paradies halten. Wer im Loch überleben will, muss Freunde haben – drinnen und draussen. Jeden Vormittag stehen dutzende Frauen, Müt-
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ter, Kinder vor dem Gefängnis. In langen Schlangen warten sie geduldig in höllischer Hitze, bis sie an der Reihe sind, Essbares für ihren Nächsten abzugeben. Überleben für einen weiteren Tag. Oliva sagt, er habe die Hoffnung nicht aufgegeben, dass er bald wieder rauskomme, denn erstens habe er nichts Unrechtes getan und zweitens wisse er, dass ihm Gott beistehe. Beides nicht gerade überzeugende Gründe für eine rasche Rückkehr in den Freundeskreis. Nach vier Monaten kommt Oliva überraschend frei. So wie er hineingekommen ist. Ohne Begründung. Einfach so. Er bekommt einen hohen Posten, der sogar noch etwas besser dotiert ist, als sein vorheriger. Sogar einen Dienstwagen. Aber Gerechtigkeit widerfährt ihm nicht. Oliva weiss, dass er danach nicht fragen soll. Warum? Er kennt die Antworten auch so. Sein ehemaliger Untergebener war sein Nachfolger geworden. Raffgierig, wie es sich für höhere Beamte geziemt, hatte er endlich aufsteigen wollen. Und abkassieren. An den Schalter, ans richtige Geld kommen. Nachdem er Oliva denunziert und ausgeschaltet hatte, ist er auch prompt aufgestiegen, unter Bezahlung eines gehörigen Agios an den Oberamtsvorsteher, versteht sich. Jetzt steht man auch hier Schlange, wie es sich gehört. Oliva ist nicht mehr da, um für ein bisschen Ausgleich zwischen jenen zu sorgen, die die Realitäten dieses Landes erschaffen und jenen, die sie tagtäglich erleiden müssen. Der Kotzbrocken ist jetzt nicht mehr vor dem Schalter. Er steht dahinter. Stefan Frey lebt und arbeitet seit 25 Jahren in Madagaskar und in Olten. Die Beobachtungen des ehemaligen Journalisten sind im
Die Autobahn von Kilian Ziegler
Sie hat kein Anfang und kein Ende, ist einfach da. Und sie ist nie leer. Selbst zu unheiligen Zeiten wird sie von verlorenen Seelen befahren, die weg oder zurück oder nicht bleiben wollen. Es hüten die Strassengötter, oder immerhin der TCS, und über den fahrenden Dächern hängt der Damoklesstau. Keine Kurve zuviel, keine Baustelle zuwenig: die Autobahn, die wichtigste aller Schweizer Strassen. Ihre Gäste sind Passanten, bleiben nur kurz, und reisen zu den Ikeas, Media Markts und wie sie alle heissen. Oder sie rasen mit tiefergelegtem Niveau und geleastem Selbstvertrauen umher, oder fahren des Fahrens wegen. Egal welche Gründe einem die Auffahrt befahren lassen, die Autobahn ist ein wirksames Mittel für die Psychohygiene. Die Schnellstrasse kennt ihre eigene Romantik: Unscharfe Lichter, wie wir sie aus Filmsequenzen kennen, schweben über die Strasse, das Brummen des Motors als Mantra. Leitplanken zeichnen geregelte Bahnen und weisen die Richtung – es herrscht Monotonie, die Autobahn sieht überall gleich aus. Hier geht es nicht um schöne Landschaften, wie bei Spazierfahrten überland, hier lässt man sich treiben. Jeder findet seine Spur und sein Tempo. Kein Rückwärts, immer nur nach vorne, so wie im Leben auch. Einsame Reiter fahren auf endlosen Odysseen vorbei an Lastwagenfriedhöfen und Raststättensaloons. Ihre Radios spielen den Blues, besingen die Sehnsucht. Jeder weiss, die traurigsten Lieder sind die schönsten. Und so träumen die Fahrer von der verflossenen oder nie gefundenen Liebe. Von alten Zeiten und verpassten Chancen. Von einer besseren Zukunft und der nächsten Aktion in der Migros. So schön die grosse Strasse sein kann, sie ist nicht ohne Gefahren, man sollte stets vor Unfällen auf der Hut, oder besser: auf der Bremse sein. (Immerhin ist sie weit weniger gefährlich als Tiefseetauchen, auf der Autobahn ist noch nie jemand ertrunken.) Zugegeben, ich habe keinen Führerschein und fahre am liebsten Zug, wo ich lesen, Kaffee trinken und schreiben kann, und ich finde, das Auto geniesst einen irrational hohen Stellenwert. Aber trotzdem, eine Fahrt auf der Autobahn, und sei es nur als Beifahrer, hat was. Womöglich sind Strassen-Metaphern überstrapaziert und lediglich Klischees, aber mir gefällt der Gedanke der unaufhörlichen Fortbewegung, unwichtig, wo man hin will. Oder um es in den Worten George Harrisons zu sagen: „If you don’t know where you’re going, every road will take you there.“
Kurzgeschichten-Band "Blätter aus dem Tropenwald" im Oltner Knapp-Verlag erschienen. Buchvernissage am Donnerstag,
Eine gute Fahrt La vache Kili
21. März 2013 um 19.30 Uhr in der Vario Bar Olten. Mit Rolf Strub, Fabienne Hoerni, Justin Vali. Eintritt frei.
P(ferde)S(tärke): Hinduistische Automobilisten kennt man auch als Mantra-Fahrer.
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Schon gelesen..?
KOLT liest...
WEEK
Christoph Rast ist Leiter der Stadtbibliothek Olten und veranstaltet ebenda Buchbesprechungen im „Café Littéraire“.
Projekt@party
Ich nannte ihn Krawatte
von Beqë Cufaj
von Milena Michiko Flasar
Früher kamen Eroberer, später Missionare, heute sind es Entwicklungshelfer, Mitarbeiter der UN-Missionen und der NGOs, die in geschundene Länder einfallen. Diese sind, wie der Dolmetscher dem Ich-Erzähler erklärt, entweder Idealisten, die aber wie so viele Idealisten schnell enttäuscht sind oder sich neu verlieben, nämlich in andere Krisenherde und Katastrophen. Zu welcher Kategorie der Ich-Erzähler gehört, ein Hochschullehrer, der aus seiner gescheiterten Ehe und unzähligen Affären mit Studentinnen ausbrechen will und sich für eine Mission in dem freudlosen, hässlichen, bürgerkriegs- und interventionszerstörten Balkanland bewirbt, wird nicht recht klar; aber genausowenig wie die anderen Helfer aus aller Herren Länder wird er in seiner Mission etwas bewirken. Denn die sind mehr mit sich selbst beschäftigt als mit ihrer Aufgabe, die sich im Übrigen als unlösbar herausstellt, denn die einheimische Bevölkerung betrachtet sie in erster Linie als Eindringlinge oder bestenfalls als Naivlinge, denen man leicht das Geld aus der Tasche ziehen kann. So bleiben die Helfer am liebsten unter sich in ihren schäbigen Büros und ein paar auf sie spezialisierten Kneipen, in denen allabendlich Hochprozentiges in Strömen fliesst. Lesenswert!
Der zwanzigjährige Taguchi Hiro verlässt sein Zimmer, in dem er seit fast zwei Jahren freiwillig eingeschlossen war, und setzt sich im nahegelegenen Park auf eine Bank. Was zunächst seltsam scheint, ist ein in Japan, und jetzt auch bei uns, immer aktuelleres, weit verbreitetes Problem. "Hikikomori" werden diese Personen genannt. Menschen, die das Haus der Eltern nicht verlassen, und sich in ihrem Zimmer einschliessen, weil sie auf dem Weg zum Erwachsenwerden dem Leistungs- und Anpassungsdruck der Gesellschaft nicht gewachsen sind. Diese Parkbank wird zur Bühne des Romans. Denn zu dem jungen Mann gesellt sich der Firmenangestellte Ohara Tetsu; in Anzug und Krawatte. Der 58jährige hat seine Arbeit verloren, hält aber für seine Ehefrau Kyoko die Illusion aufrecht. Er geht weiterhin täglich aus dem Haus, um den Tag auf der Parkbank zu verbringen. So spinnt sich ein Lebensfaden zwischen den beiden Gestalten, die aus dem System, dem Takt der Welt, gefallen sind. Anfängliches Schweigen weicht einer zögerlichen Annäherung, bis sie sich nach und nach ihr Leben anvertrauen. Dies ist ohne Zweifel eines der besten deutschsprachigen Bücher der letzten Jahre. Ein feinsinniges, weises, und auf ruhige Art fesselndes Buch, das lange nachwirkt.
BRUNO, CHEF DE POLICE von Martin Walker Bruno ist Dorfpolizist im französischen Périgord. Er liebt sein Zuhause, den Wein und gutes Essen. Das Idyll wird durch einen brutalen Mord gestört. Walker schildert Brunos Ermittlungen in einer lebhaften Mischung aus Krimi und Kochbuch. Christoph Haiderer, Grafiker/Layouter Picasso: Über Kunst (1988) Überlieferte Gespräche zwischen Picasso und seinen Freunden, ausgewählt von Daniel Keel. Der Leser erhält anhand persönlicher Ansichten des Jahrhundertkünstlers Einblicke in dessen Universum. Picasso äussert sich über die Natur, Liebe, Einsamkeit, Freiheit und natürlich über (seine) Kunst. Diese Lektüre eignet sich hervorragend, um den Tag ausklingen zu lassen und einige wertvolle Gedanken mit in den Schlaf zu nehmen. Michael Isler, Fotograf Sansibar oder DER letzte Grund (1957) von Alfred Andersch Zwar schon 1957 erschienen, aber leider immer noch aktuell: Andersch erzählt von sechs Protagonisten, welche auf typische Weise eine Generation, Gesellschaftsschicht oder Weltanschauung repräsentieren, und über deren Pläne von politischer Flucht aus dem Nazi-Terror. Die Insel Sansibar wird zum utopischen Ort einer besseren Zukunft und dient so als Rettungsanker. Matthias Sigrist, Verlagsleiter
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IM RAMPENLICHT
Integration per Knarre Die Migrationsdebatte hat die Theaterbühne erreicht: „Verrücktes Blut“ von Nurkan Erpulat und Jens Hillje, an der Ruhrtriennale 2010 uraufgeführt, scheint in Deutschland den sarrazinös umgarnten Nerv der Zeit getroffen zu haben. Am 12. März kommt das Stück ins Stadttheater Olten. Gewalt als letzte Möglichkeit: Momentaufnahme aus "Verrücktes Blut". Text von Andreas Ruf Foto von Dietrich Dettmann
"Verrücktes Blut": Stadttheater Olten, Abo Y Dienstag, 12. März 2013 Show: 20.00-22.00 Uhr Werkeinführung: 19.30 Uhr Die in Olten gezeigte Theateraufführung ist eine Landgraf-Produktion.
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ine überforderte Lehrerin, die es nicht schafft, ihre ethnisch gemischte Klasse für Schiller zu begeistern, findet sich nach einem Gerangel plötzlich mit einer echten Pistole in der Hand wieder. Gewalt schient ihr die letzte Möglichkeit, die Jugendlichen dazu zu bringen, aus „Kabale und Liebe“ und „Die Räuber“ zu rezitieren. Ästhetische Bildung und Integration per Knarre also. Da trifft Migrantenslang auf Schiller-Deutsch, vermengen sich die klischeebehafteten Lebenswelten des Klassenzimmers mit denjenigen aus Schillers Dramen zu einem instabilen und vielbödigen Bauwerk. Erpulats und Hilljes Stück greift inhaltlich stark auf den französischen Film „La journée de la jupe“ von Jean-Paul Lilienfeld zurück, der 2009 auf die missliche Lage der Immigranten in den Banlieues aufmerksam machte. Von der Zeitschrift „Theater heute“ zum
besten deutschsprachigen Stück des Jahres 2010 gewählt, ein Jahr später zum renommierten Berliner Theatertreffen eingeladen und mit dem Publikumspreis der Mülheimer Theatertage ausgezeichnet – der grosse Erfolg von „Verrücktes Blut“ zeigt auch, dass die Themen Migration und Integration Gewicht haben. Zumindest auf kultureller Ebene. Im Uraufführungsjahr des Stücks etwa gewann die schweizerisch-ungarische Schriftstellerin Melinda Nadj Abonji den deutschen Buchpreis mit dem transnational geprägten Roman „Tauben fliegen auf“.
THEATER MACHT POLITIK Nicht zufällig also wird bisweilen von einer „postmigrantischen“ Ära in Theater, Film und Literatur gesprochen. Demgegenüber steht die politische Debatte um Migration: Viele Emotionen und gähnende Begriffsleere. Man
könne es schon so sehen, dass das Theater mit diesem Stück die versäumten Aufgaben der Politik übernimmt, sagt Regisseurin Tina Geissinger. Man spüre auch, dass „Verrücktes Blut“ mehr Beachtung finde als andere Produktionen: „Ja, es gibt ein erhöhtes Medieninteresse, und das ist auch gerechtfertigt. Das Thema ist einfach wirklich wichtig“, unterstreicht Geissinger. Es liege ihr am Herzen, gesellschaftsrelevante und aktuelle Themen auf die Bühne und damit an die Leute zu heranzuführen, und Theater sei dazu „ein probates Mittel“. Letztlich geht es in „Verrücktes Blut“ also nicht um die Lehrerin, nicht um die Schüler, sondern vor allem um den individuellen Blick auf das Geschehen. „Der Vorgang des Bewusstwerdens im Einzelnen, dass man immer auch eigene Klischees im Kopf hat“, betont Geissinger, „wenn der stattfindet, dann ist das Stück absolut aufgegangen.“
Extravagante Bierideen im ehemaligen Kleidergeschäft Seit Mitte Februar und noch bis im Mai hat die Oltner Innenstadt ein Parkhaus und eine Brauerei. Die Ausstellung „Aufmachen? Aufmachen!“ vom deutsch-österreichischen Künstler-Duo Meier&Franz im Kunstmuseum Olten spielt mit realen lokalen Begebenheiten aus aktuellen, vergangenen und potentiell zukünftigen Zeiten.
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as Kunstmuseum Olten war einmal ein Schulhaus, dann kam die Firma Kleider Frey und eröffnete in den Räumlichkeiten ihr erstes Kleidergeschäft. „Mich faszinieren Gebäude, die nicht dem ursprünglichen Sinn entsprechend genutzt werden“, sagt die Direktorin des Kunstmuseums, Dorothee Messmer. „Diese Kleidergeschäft-Romantik ist heute noch zu spüren in dem Gebäude.“ Messmer war es, die im letzten Jahr an der „Art and the City“ in Zürich auf die beiden Künster Michael Meier
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und Christoph Franz aufmerksam geworden ist und die beiden schliesslich nach Olten eingeladen hat. Meier, geboren 1980, stammt aus der Nähe von Wien, Christoph Franz (1982) aus Konstanz am Bodensee. Die beiden arbeiten oft mit Holz und setzen in ihren Installationen auf modellhafte Rekonstruktionen der Wirklichkeit. Zur Oltner Wirklichkeit, wie sie das KünstlerDuo für sich entdeckt hat, gehören ein Goldenes Dach und das Bahnhofbuffet als real existierende Dinge einerseits, zu dieser Wirklichkeit gehört anderer-
seits auch bislang nur Diskutiertes, das noch entstehen kann: Zum Beispiel ein Parkhaus in der Innenstadt. Oder eine Brauerei – womit sich der Bogen weit von der Vergangenheit zur Zukunft spannt: Eine Brauerei nämlich könnte bald in der ehemaligen Fabrikhalle der Kleider Frey AG in Wangen bei Olten entstehen, die schon lange leer steht und kürzlich von einer Basler Stiftung erworben wurde. Die Bieridee ist zumindest eine unter anderen. Im Kunstmuseum wird sie für kurze Zeit Realität; da wird nun echtes Bier
gebraut. Und das Parkhaus ist effektiv befahrbar, Kapazität: 1 Fahrzeug. „Ihre Kunst soll aber kein Pseudo-Realismus sein“, sagt Direktorin Messmer. „Die beiden stellen zwar die tatsächlichen räumlichen Elemente nach, bringen das Ganze aber in eine artifizielle Form; es bleiben Skulpturen.“ Das Konzept überzeugt ebenso wie die Umsetzung: Mit „Aufmachen? Aufmachen!“ zeigt das Kunstmuseum Olten eine Ausstellung, die das vertraute Lokale zum Thema macht – und dabei ziemlich extravagant ist. ph
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IM RAMPENLICHT
"Das ist ein Fest, etwas vom Schönsten, was man machen kann" Hanspeter Müller-Drossaart lädt gerne ein – sei es als Kabarettist an die Bühne oder als Familienvater an den Tisch. Im Interview erzählt er von seinem kabarettistischen Soloprogramm „Menu 3“, mit dem er auch die 26. Oltner Kabarett-Tage beehren wird, und seiner Liebe zu gutem Essen. Interview von Franziska Monnerat Fotos zVg
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anspeter Müller-Drossaart, „Menu 3“ ist Ihr drittes kabarettistisches Soloprogramm. Was hat Sie dazu bewegt, einen Oberkellner zu spielen? Ich achte darauf, dass ich ein Thema wähle, bei dem ich mich ein bisschen auskenne. Während dem Gymnasium habe ich in den Hotels der Umgebung im Service gearbeitet, zum Beispiel in Hospental beim Gotthardpass, noch bevor es die Autotunnel gab. Wir waren darauf angewiesen, dass genug Gäste kommen und haben quasi von den Touristen gelebt, die vorbeigefahren sind und kurz Halt gemacht haben, um zu Mittag zu essen. Es gab eine vertragliche Abhängigkeit zwischen dem, der Hunger hat und dem, der ihm das Essen bringt. Diese Erfahrungen sind in das Stück eingeflossen. Inwiefern spiegelt die Identitätskrise, in der Ihre Figur steckt, Ihre eigenen Erfahrungen wider? Mit 57 Jahren befinde ich mich im letzten Lebensdrittel und stelle mir Fragen wie „Was war das Leben? Was kommt noch?“. Insofern trägt das Stück autobiographische Züge. Man kann nichts Wesentliches über das Leben erzählen – auch wenn es ironisch gemeint ist –, wenn man sich nicht selber damit befasst. Ihre Figur Hansueli Schlussmann weiss nicht mehr, wer oder wie viele er ist und beschliesst darum seine Ko-Existenzen zum Essen einzuladen. Warum tischt er das Menu 3 auf? Beim Menu 3 weiss man im Restaurant nie, was einen erwartet: Ist es vegetarisch, besonders teuer oder irgendein vietnamesischer Fisch? Das dritte Menu auf der Karte ist also immer etwas suspekt und verdächtig. Der Titel ist ein ironischer Hinweis auf das Programm, bei dem offen ist, ob der Be-
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»Mit Tradition schwingt die Behauptung mit, dass es früher besser war. Oder auch, dass es das ist, was das Menschsein ausmacht.«
sucher eine ironische Ohrfeige, viel zu lachen oder beissenden Spott serviert kriegt. Der andere Grund, warum ich diesen Titel gewählt habe, ist, dass es mein drittes Programm ist. In „Menu 3“ bittet Hansueli Schlussmann seine Ko-Existenzen zu Tische. Was bedeutet Ihnen als zweifacher Familienvater das gemeinsame Essen? Sowohl meine Frau als auch ich kochen sehr gerne und unsere Kinder beginnen sich dafür zu interessieren. Wir sind alle in unterschiedlichem Alter und somit anderen Lebensstufen, über das Zubereiten, das Ernähren, das Reden, kommen wir einander nahe und tauschen uns über Werte, über die Sinnlichkeit des Augenblicks aus. Das Essen wird, besonders weil ich als Kabarettist viel unterwegs bin, zum rituellen Zentrum der gemeinsamen Respektabilität. Dem breiten Publikum sind Sie aus der Verfilmung der Sage „Sennentuntschi“ und als „Dällebach Kari“ bekannt. Wie wichtig ist Ihnen Tradition? Tradition heisst ja Überlieferung und trägt dadurch eine Art mythische Verkleidung mit sich. Mit Tradition schwingt die Behauptung mit, dass es früher besser war. Oder auch, dass es das ist, was das Menschsein ausmacht. Heute ist Tradition im Zusammenhang mit der Globalisierungswut eine interessante Gegenkraft, die man einsetzen kann, um das aktuelle Leben zu ironisieren und humorvoll zu befragen, was die Hauptaufgabe des Kabarettisten ist. Verbinden wir die beiden Themen Tradition und Essen. Was haben Sie als Kind am liebsten gegessen? Die herkömmlichen Menus wie Vogelheu, Älplermagronen, Bratkäse, süsse, im Ofen überbackene Polenta oder Brotsuppe, eine Innerschweizer Speziali-
"Was war das Leben? Was kommt noch?": Hanspeter Müller-Drossaart, 57.
tät, bei der alte Brotreste in Milch aufweicht und mit geriebenem Käse und Zwiebelschwitze aufkocht werden. Also ganz simple Speisen, die damals ein Festessen waren. Heute koche ich diese Menus ab und zu, um das vergangene Glück herbeizuholen. Was schätzen Sie daran, Gastgeber zu sein? Das mag jetzt etwas egoistisch und narzisstisch klingen, aber bereits mit der Auswahl der Speisen weiss ich, das könnte den Gästen gefallen. Nachher sehe ich beim Essen glänzende Augen, das ist wie bei einer Kabarettvorstellung, bei der man eine
wunderbare Pointe nach der anderen bringen kann. Das ist ein Fest, eine Begegnung, etwas vom Schönsten, was man machen kann: Gäste einladen, sowohl an die Bühne als auch an den Tisch. "Menu 3", ein Kabarett-Abend mit oder ohne Dinner: Mittwoch, 29. Mai 2013, 20.00 Uhr, Stadttheater Olten 26. Oltner Kabarett-Tage: 22.Mai - 1.Juni 2013 www.menu3.ch www.kabarett.ch
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DAS LIEBSTE ZUM SCHLUSS
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Collage von Gaia Giacomelli
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22.06.12
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