KOLT #40

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DAS OLTNER STADT- UND KULTURMAGAZIN

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AGE IT NDA Apri l 201

NUMMER VIER 2013 // CHF 5.-

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www.kolt.ch

DIE WIDERBORSTIGE FIGUR IM FEDERAL BOARD DER PPP KOLUMNE Warum Pedro Lenz den Zug-Fahrplan verachtet IM RAMpENLICHT Die schweizerischste aller Musik-Shows FILMFRAGEN M端sl端m ist dank "Rambo" besser integriert SCH端TZI OLTEN Wo bleiben die guten Konzerte? JOB-INTERVIEW Das E-Bike wird sexy


Demokratie ist die beste Rache. Benazir Bhutto, 1953 – 2007 ehem. Premierministerin und Oppositionspolitikerin Pakistan

«COVER für alle» heisst unser Motto.

SIO AG, Generalvertretung COVER Rötzmattweg 66, 4603 Olten Tel. 062 207 07 07, Fax 062 207 07 00 info@cover.ch, www.cover.ch

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April 2013

KOLT


IMPRESSUM

VERLAG / HERAUSGEBER Verlag 2S GmbH Leberngasse 17 4600 Olten verlag@v2s.ch www.v2s.ch

EDITORIAL

VERLAGSLEITUNG Yves Stuber, Matthias Sigrist REDAKTIONSLEITUNG Pierre Hagmann (ph) redaktion@kolt.ch FINANZEN Matthias Gubler INTERNETAUFTRITT Mathias Stocker LAYOUT / SATZ Christoph Haiderer, Gaia Giacomelli REDAKTIONELLE MITARBEIT Fabian Saner, Elias Zimmermann, Rolf Strub, Pedro Lenz, Kilian Ziegler, Christian „Ché“ Dietiker, Dino Lötscher, René „Fribi“ Freiburghaus ILLUSTRATION Anna-Lina Balke, Jamie Aspinall, Manuel „Ti“ Mathys, Pascal „Tokijad“ Hofer, Céline Fallet, Petra Bürgisser, Gaia Giacomelli, Olivia Aloisi

Cover fotografiert von Maurice Haas

FOTOGRAFIE Maurice Haas, Yves Stuber LEKTORAT Matthias Sigrist, Pierre Hagmann LESERBRIEFE leserbriefe@kolt.ch www.kolt.ch/leserbriefe AGENDA agenda@kolt.ch www.kolt.ch/agenda ABO Jahresabonnement CHF 49.—(inkl. MwSt) Gönnerabonnement CHF 99.—(inkl. MwSt) abo@kolt.ch www.kolt.ch/abo INSERATE inserate@kolt.ch www.kolt.ch/inserieren KONTAKT www.kolt.ch hallo@kolt.ch AUFLAGE 1'500 DRUCK Dietschi AG Druck und Medien Ziegelfeldstrasse 60 CH-4600 Olten © 2013, Verlag 2S GmbH. Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit Genehmigung. Die Urheberrechte der Beiträge bleiben beim Verlag. Keine Gewähr für unverlangt eingesandte Manuskripte, Fotos und Illustrationen.

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April 2013

Illustration von Olivia Aloisi www.illustra.ch

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lf Pakistani leben in Olten. Einer davon heisst Matloob Warraich, 48 Jahre alt. Olten ist sein Exil, seit vielen Jahren schon, und Benazir Bhutto war seine “Chefin”. Ex-Präsidentin Bhutto ist mittlerweile tot, sie fiel einem Attentat zum Opfer und Warraich muss aufpassen, dass ihn nicht dasselbe Schicksal ereilt. Er reist nur noch sporadisch in sein Heimatland, weil er weiss: „Ich kann meinen Beitrag an die Entwicklung des Landes durch meine politischen Kolumnen und die Kritik innerhalb der Partei besser leisten, ohne dass ich mein Leben riskiere“. Der Feind heisst Taliban, Matloob Warraichs Waffen sind die Feder und das Wort. Wie landete der einstige Vertrauensmann von Benazir Bhutto in der Schweiz, in Olten, im "Chöbu", wo er nebenbei kellnerte, wenn er nicht gerade damit beschäftigt war, die Exilorganisation der Pakistan Peoples Party (PPP) aufzubauen? Wie schaffte er es aus der Ferne in den innersten Zirkel der Regierungspartei? Journalist Fabian Saner hat sich für uns mit Warraich in dessen Oltner Stammbeiz zum Gespräch getroffen. Saners Titelgeschichte lie-

fert Antworten auf die gestellten Fragen und zeichnet das Bild eines kleinen, schreibwütigen Mannes, der sich „in der internationalen Politik pudelwohl fühlt“. Abgelichtet wurde Warraich bei sich zuhause, in seiner sicheren Oltner Wohnung, vom bekannten Bündner Fotografen Maurice Haas, der schon für fast alle grossen Schweizer Magazine gearbeitet hat. „Matloob, wie machst du das?“, ab Seite 18.

mit freundlicher Unterstützung von:

DRUCK&MEDIEN OLTEN

Als das Kulturzentrum Schützi 2009 nach dem Umbau wiedereröffnet wurde, waren die Erwartungen gross. Jetzt, bald vier Jahre später, ist die Ernüchterung einiger nicht viel kleiner. Von einem attraktiven Konzertprogramm mit überregionaler Ausstrahlung à la Solothurner Kofmehl oder Aarauer Kiff ist die Schützi meilenweit entfernt. Das hätte offenbar aber auch gar nie erwartet werden dürfen. „Die Oltner Schützi und das grosse Missverständnis“, ab Seite 14. Ich wünsche Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, angenehme Lektüre! Olten, im März 2013 Pierre Hagmann

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muff-illustration.ch

Ab 21. Mai 2013 in Olten Infos & Tickets: www.fabrikk.ch & Ticketcorner

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Patronat


INHALT

APRIL 2013

13 03 EDITORIAL / IMPRESSUM 06 PREVIEWS Highlights im April 2013

09 CINEMA Radikale Realität im Paradies // 5 Fragen an Müslüm

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13 DAS KLEINE JOB-INTERVIEW Jürg Probst, Geschäftsleiter Velo-Werk Olten

14 STADTLEBEN Die Oltner Schützi und das grosse Missverständnis

16 IM EXIL Menschen aus der Region berichten aus der Welt: Lake Wakatipu, In den Hügeln von Laos, Rio de Janeiro, Wien

18 "Matloob, wie machst du das?" Matloob Warraich, 48, lebt in Olten und wirkt in Pakistan

26 HÖREN & LESEN 26 Pedro Lenz „Liebe und Fahrplan“ // Michelle Steinbeck „Die Zukunft“ 27 Ché‘s Bro Tipps // Deeno‘s Review // Fribi‘s Metal News 28 Adrian Witschi „Am Abend wird es traurig“ // La Vache Kili „Adé, messi!“ 29 Schon gelesen...? // KOLT liest...

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30 IM RAMPENLICHT 30 Kultur in Kürze // „Wir erhoffen uns mehr Resonanz von Jugendlichen“ 31 Die schweizerischste aller Newcomer-Musik-Shows

32 FREAKS BRAUCHT DAS LAND Stoff für Geschichten von historischem Gewebe

32 KOLT

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34 DAS LIEBSTE ZUM SCHLUSS Die besten Dinge des Monats

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PREVIEWS

Müslüm – Süpervitamin! Konzert SCHÜTZI OLTEN www.schuetzi.ch www.muesluem.ch

ROCK a TING TONG FESTIVAL

Fr 12. April 2013 Türöffnung: 19 Uhr Beginn: 20.30 Uhr, Ende: 22.15 Uhr

Konzertabend: Rock, Rock, Rock Mit den Bands Drive-by Kiss, No Mute und Putzmeister

Vorverkauf: www.taifunmusic.ch Telefon: 0900 220 220

VARIO BAR www.variobar.ch Fr 5. April 2013, 21 Uhr Eintritt: CHF 10.-

Das Spellbound-Team präsentiert

FAQoustic Tour Spring 2013 Konzert VARIO BAR www.variobar.ch Sa 13. April 2013, 20 Uhr Eintritt: CHF 15.-

Strohmann-Kauz / Waidmannsheil! THEATERSTUDIO OLTEN www.theaterstudio.ch Fr 5. April 2013, 20.15 Uhr Sa 6. April 2013, 20.15 Uhr Vorverkauf: Leotard, Ringstrasse 28, Olten

Im Zeichen des Rock! steht der fünfte April, Freitagabend in der Vario-Bar. Genauer: im Zeichen des OltnerRock. Mit Drive-by Kiss, No Mute und Putzmeister treten drei Oltner Bands auf, die die lauten und fetten Gitarrenhaine durchstreifen. Als erstes wird Putzmeister die Verstärker anschmeissen. Das Trio, hervorgegangen aus den beiden Bands Bellmarin und Cut Johnson, spielt sägenden Alternative-Rock, manchmal psychodelisch-verpeilt, manchmal einfältigpunkig. Für sie ist es das erste offizielle Konzert. Die hardrockenden No Mute dagegen muss man in Olten fast niemandem mehr erklären. Ihr Tobak ist bekanntlich stark und riecht nach Whisky und Benzin. Drive-by Kiss ihrerseits dürften dann mit dem Overbang die Sache endgültig erledigen. Ihr makelloser Grunge-Rock, wie gemacht für heissfeuchte Souterrains à la Vario-Bar, wird seine Wirkstoffe optimal entfalten können. An dieser Stelle darf es gesagt werden: für fröhlich-tolles Rocker-Treiben ist gesorgt – Rock à Ting Tong also.

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«Waidmannsheil!» feierte im Theaterstudio im November 2010 Première. Nach Gastspielen quer durch die Schweiz sind Rhaban Straumann und Matthias Kunz mit ihrer schwarzen Komödie zurück in Olten. Die beiden nehmen mit dem preisgekrönten Stück der deutschen Autorin Susanne Hinkelbein bedenkenswerte Tendenzen ins Visier und heimliche Sehnsüchte aufs Korn. Der Kosmos rund um das Ego von zwei Jägern ist voller Missgunst und Gemeinheit. Sie schwanken zwischen jagen und gejagt werden und wähnen die Bedrohung allgegenwärtig. So wächst ein grauenhaft gemütlicher Kosmos, aus dessen finsteren Abgründen sich überaus erhellende Erkenntnisse ergeben, je länger die beiden schiessbereiten Nörgler Frank und Bänz auf die Sau warten. Ein mutiges Zeitbild von bestechender Doppelbödigkeit, gespickt mit gräulichen Seitenhieben; bitterböse oder very british.

Müslüm, Künstler und türkisches Immigrationswunder, ist der Senkrechtstarter schlechthin. Die multikulturelle Schweiz ist begeistert von den komödiantischen Mundartsongs mit ausgeprägtem Akzent. Und so wurde seine Single «Süpervitamin» bereits nach vier Monaten vergoldet. Am Freitag, 12. April 2013 kommt Müslüm mit seiner Band in die Schützi Olten. Müslüm startete seine Karriere als Metzger in Istanbul, ehe er in den 90er-Jahren in die Schweiz zog. Nach etlichen Gelegenheitsjobs und einigen krummen Geschäften fing Müslüm an zu singen. Auch wenn er so arm war, dass er sogar das Echo auf seinen Aufnahmen selber einsingen musste, hat er mit dem Polit-Song «Erich, warum bisch du nid ehrlich?» einen riesengrossen Hit auf der Internetplattform YouTube gelandet. Diese Plattform verhalf ihm zu weiterem Ruhm, sein Video zum Song «Samichlaus» ist das meist gesehene Mundartmusikvideo überhaupt. 2012 erschien das erste grosse Album des Berner Komikers: «Süpervitamin», das ist eine regenbogenfarbige Glücksdroge in Form von zehn herzergreifenden Songs.

Seit der Erstveröffentlichung im Jahre 1998, damals noch eine Garage-Electro-Band, veröffentlichte die Schweizer Indie/Electro/Rock Band FAQ fünf Alben, wovon die letzten zwei, "Is Pornography Art" und 'Whitechapel', den Weg in die Top 10 der DAC (Deutsche Alternative Charts) geschafft haben und renommierte Gäste aus dem Show-Biz u.a. Jenna Jameson (weltweit bekannteste Ikone der Adult-Industry), Stephan Groth (Apoptygma Berzerk), Michael Popp (Qntal), Henning Verlage (Unheilig) u.v.a. mit an Bord waren. Nach über 250 gespielten Live-Shows in Europa und USA, Tourneen u.a. mit Unheilig, Phillip Boa & The Voodooclub, Apoptygma Berzerk, grossen Open-AirFestival-Auftritten in der Schweiz und Deutschland, arbeiten FAQ zur Zeit an Album Nr. 6 und sind gleichzeitig auf Tournee mit ihrer neuen, einmaligen FAQoustic Show. Es handelt sich dabei um ein (Fast-)Akustik-Konzert der anderen, besonderen Art. Nach dem Konzert spielt das bekannte Oltner Spellbound-DJ-Team die besten 80s- und Indiepop-Dance-Klassiker!

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APRIL 2013 BRUNO MEIER / STILLES LEBEN Ausserdem: Aufmachen? Aufmachen! von Michael Meier & Christoph Franz // Disteli-Dialog 2 KUNSTMUSEUM OLTEN www.kunstmuseumolten.ch

pHILIpp GALIZIA / GRATIS ZUM MITNEHMEN THEATERSTUDIO OLTEN www.theaterstudio.ch

VON ROLL EISENWERK

Fr 26. April 2013, 20.15 Uhr Sa 27. April 2013, 20.15 Uhr

Ausstellung und Vernissage HISTORISCHES MUSEUM OLTEN Konradstrasse 7 4600 Olten 062 212 89 89 www.historischesmuseum-olten.ch Vernissage: Mi 17. April 2013, 18 Uhr Ausstellung: 18. April 2013 – 27. Oktober 2013 Öffnungszeiten: Di bis Sa 14-17 Uhr, So 10-17 Uhr

Tipp des Monats

Vorverkauf: Leotard, Ringstrasse 28, Olten

FAI BABA LIVE Konzert Monster Boogie / Toxic Folk / Psychedelic Poetry COQ D’OR www.coq-d-or.ch Sa 20. April 2013 Bar: 17 Uhr Show: 21 Uhr Eintritt: Kollekte

Das Historische Museum Olten widmet sich der mehr als 200 Jahre langen Firmengeschichte der von RollWerke, die mit etlichen Fabriken die Wirtschaftsgeschichte unseres Landes prägt. Von Roll ist eine der ältesten Industriegruppen der Schweiz – ihren Anfang nahm sie zu Beginn des 19. Jahrhunderts, als der Solothurner Ratsherr Ludwig von Roll Hochofenprojekte in Gänsbrunnen und in der Klus bei Balsthal lancierte. Zudem wurde damals eine Hammerschmiede in Matzendorf errichtet, und die Firma erhielt die Genehmigung zur Erzgewinnung. Die Ausstellung im Historischen Museum Olten stellt die einzelnen Unternehmensstandorte und ihre Entwicklung vor, informiert über Produkte und Geschäftsbereiche und erklärt Produktionsprozesse von der Rohstoffgewinnung bis zur Abfallentsorgung.

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April 2013

bis 5. Mai 2013 Öffnungszeiten: Di-Fr: 14-17 Uhr Do: 14-19 Uhr Sa/So: 10-17 Uhr

Mal tönt er wie Cat Power, mal wie Devendra Banhart: Fabian Sigmund ist Fai Baba und als Live-Act unbedingt empfehlenswert. Wenn er auf der Bühne steht, versetzt Fai Baba sich selbst und das Publikum in Rauschzustände. Der junge Zürcher gehört zur neuen Generation der internationalen Blues-Avantgarde. Seine Songs inspirieren zu allerlei Begriffsassoziationen: Monster-Boogie, Toxic Folk, Garage-Blues, Psychedelic Poetry... – und so fühlt man sich auch an seinen Gigs.

Ein Erzähltheater mit Kontrabass und Liedern von Philipp Galizia und Paul Steinmann. «Gratis zum Mitnehmen» ist der verblüffende und vergnügliche fünfte Streich von Philipp Galiza. Er nutzt die abenteuerliche Reise des unorthodoxen «Sperrgut»-Duos für schräge Betrachtungen von alltäglichen Gegebenheiten, von (allzu) menschlichen Zu- und Missständen. Ein Abend voll brillantem Wortwitz, höchst verblüffendem HandlungsZickzack und mitreissenden musikalischen Einlagen. Ralph hat kurz nach der Trennung von seiner Frau und nach dem ihm die Arbeitsstelle gekündigt wurde, sein Haus verlassen und sich an die Strasse gestellt. Mit dabei sein Kontrabass und das Schild «Gratis zum Mitnehmen». Und jetzt erzählt Ralph, was er auf seiner Reise erlebte. Er erzählt und singt von kleinen Abenteuern und grossen Momenten, von freundlichen Tieren und verrückten Menschen. Und warum er sich hinter dem Kontrabass wohl fühlt und was die Liebe mit all dem zu tun hat.

Die Ausstellung «Stilles Leben» des Zürcher Künstlers Bruno Meier (1905–1967) ist zurzeit im Kunstmuseum Olten zu sehen. Ausgehend von einer grosszügigen Schenkung der Künstlerwitwe aus dem Jahr 1994 stellt sie das Schaffen des zurückgezogenen Einzelgängers vor. Die Stillleben, Landschaften und besonders die Figurenkompositionen lassen Bruno Meiers Suche nach der Ordnung im Raum deutlich werden. Als Architekt in der bildenden Kunst «baute» er seine Werke und mass primär der Farbgebung grosse Bedeutung zu. Die zweite aktuelle Ausstellung bringt ein Parkhaus ins Herz von Olten! Das schenkt Ihnen das Künstlerduo meierfranz. In ihrer ersten Einzelausstellung beschäftigen sich Michael Meier & Christoph Franz (*1980/*1982) unter dem Titel «Aufmachen? Aufmachen!» mit Geschichte(n) rund ums Kunstmuseum. In der Ausstellungsreihe «DisteliDialog» schliesslich konfrontieren wir mit Ernst Thoma (*1953) einen zeitgenössischen Künstler mit dem Werk des Oltner Zeichners Martin Disteli (1802–1844). Ausgangspunkt ist das spannungsreiche Verhältnis des liberalen «Pfaffenfressers» zu Religion und Kirche – ein Thema, das aus Anlass des 200-Jahr-Jubiläums der Oltner Stadtkirche gewählt wurde, deren Hochaltargemälde auf einen Entwurf Distelis zurückgeht. Die Ausstellung schliesst die Stadtkirche mit ein.

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CINEMA

DEAD MAN DOWN USA 2013 // ACTION Ab 4. April 2013, youcinema Victor (Colin Farrel) ist der zuverlässigste Mann in der Organisation des New Yorker Unterweltchefs Alphonse, die sich einer unheimlichen Bedrohung ausgesetzt sieht: In regelmässigen Abständen ermordet ein Unbekannter Mitglieder der Gang. Für Victors besten Freund Darcy entwickelt sich die Jagd nach dem Killer zur Obsession. Dann tritt unvermittelt die mysteriöse Französin Beatrice (Noomi Rapace) in Victors Leben, die mit ihrer Mutter gegenüber des Apartmenthauses von Victor wohnt...

LOPUKHOVO UKR 2006 // DOCUMENTARY 20. April 2013, Kino Lichtspiele Das Kino Lichtspiele lädt zum Ukraine-Abend mit Film und Musik. Der Dokumentarfilm Lopukhovo von Jara Malevez porträtiert ein Bergdorf in den Karpaten. Mitten in Europa und doch immer Grenzland – Transkarpatien ist die westlichste Provinz der Ukraine, eine geschichtsträchtige Region, reich an kultureller Vielfalt, entstanden aus dem Zusammenleben diverser Völker. Der Film wird um 18.30 Uhr gezeigt. Anschliessend, um 20.30 Uhr, tritt die Volksmusikgruppe Hudaki Village Band auf.

5 Fragen an... Radikale Realität im Paradies Im schonungslosen Spielfilm „paradies: Liebe“, dem ersten Teil der Trilogie des Österreichers Ulrich Seidl, begleitet der Zuseher europäische Sugarmamas bei der Suche nach käuflicher Liebe an den Traumstränden Schwarzafrikas. von Pierre Hagmann

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as Kino Lichtspiele taucht in den nächsten drei Monaten in die kontroverse Filmwelt des österreichischen Filmemachers Ulrich Seidl ab. Der Film „Paradies Liebe“, der im April gezeigt wird, macht den Auftakt einer Trilogie, die von drei Frauen einer Familie erzählt, die jede für sich ihren Urlaub verbringt: Als Sextouristin, als missionierende Katholikin („Paradies: Glaube“, zu sehen im Mai) und als Teenager in einem Diätcamp („Paradies: Hoffnung“, Juni). Mit seiner „Paradies“-Trilogie wurde Seidl zum ersten Regisseur überhaupt, der drei Filme nacheinander an den drei wichtigsten Filmfestivals der Welt gezeigt hat: „Liebe“ in Cannes, „Glaube“ in Venedig und – eben erst – „Hoffnung“ an der Berlinale. „Wenn man sich seine Filme anschaut, wünscht man sich, nie geboren worden zu sein.“ Das hat der deutsche Regisseur Werner Herzog über Seidl gesagt. Nicht, weil sie so schlecht wären; eher, weil Seidls bewegte Bilder inhaltlich wie formal schonungs- und kompromisslos sind. „Das Magazin“ schrieb kürzlich in einem Porträt über den

Wiener Filmemacher: „Seidl zeigt, wie dumm die Dummen sind, wie nackt die Nackten, wie rechts die Rechten, wie einsam die Einsamen, wie hässlich die Hässlichen.“ Seidl selbst sagt: "Heute wird alles separiert und weggesperrt, die Abnormen und die Alten. Am Ende bleibt nur noch Einsamkeit übrig.“ Die Einsamkeit ist es auch, welche im ersten Trilogie-Teil „Liebe“ das Motiv ist: An den Stränden von Kenia kennt man sie als Sugarmamas: Europäische Frauen, denen junge Beachboys Liebesdienste bieten, um so ihren Lebensunterhalt zu finanzieren. Teresa, eine 50-jährige Wienerin, reist als Sextouristin in das Urlaubsparadies. Sie wechselt von einem Beachboy zum nächsten, von einer Enttäuschung zur anderen. Was wie ein Doku-Drama daherkommt, ist in Wahrheit Inszenierung und also ein Spielfilm: Die Frauen werden von (hervorragenden) Schauspielerinnen verkörpert – nur der Beachboy spielt sich selbst.

„PARADIES: LIEBE“ AUT 2012 // DRAMA 11.-15. April 2013, Kino Lichtspiele

Das ganze Oltner Kinoprogramm für den Monat April auf www.youcinema.ch / www.lichtspiele-olten.ch

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Müslüm, Musiker & Komiker Was ist Ihr Lieblingsfilm? Rambo mit Sylvester Stallone, als ich in den Siebsigern in die Schwais immigriet bin, hat mir dieser Film mainen Integrasionsprosess erleichtert. Den habe ich sicher schon mehr als 60 Mal geschaut. Spesiell vor mainen Terminen bei der Fremdenpolisai. Welchen Film haben Sie zuletzt im Kino gesehen? Laifof Pi. De Story isch süper, nur de Bilder sind ein birebiselichitschig. Bei welchem Film hätten Sie gerne die Hauptrolle gespielt? „RoChatsch mi ifyuchan / Leonardo Di Chaprio. Erinnert mich irgendwie an maine Geschichte. Mit welchem Filmstar würden Sie am liebsten einmal einen Kaffee trinken? David Hasselhoff. Seine Bruschthaare, seine „I llbeLuchingforfreedom-Filosofie“, wir würden uns sicher gut verstehen. Worüber würden Sie gerne einen Film drehen? Über die Wahrheit. Süperimmigrant Müslüm tritt am 12.4. mit seiner Band in der Schützi Olten auf.


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KULTURSPLITTER

MONATSTIPPS DER MAGAZINE AUS AARAU | BASEL | BERN | LUZERN | ST. GALLEN | VADUZ | WWW.KULTURPOOL.BIZ

IMpROFESTIVAL IN SARNEN Wer Impro-Theater mag, sollte Mitte April auf jeden Fall gen Innerschweiz reisen. In Sarnen nämlich fin-

THE MURI COMpETITION

BASEL: DAS pRALLE LEBEN!

det zum sechsten Mal das internationale Improfesti-

Das Freiamt – das ländliche Tal zwischen Lenzburg

Seit einigen Jahren sorgt das Dokumentarische Theater,

val «Improsante» statt. Und auf dem Programm stehen

und den Toren Luzerns – profiliert sich zunehmend

vor allem in der freien Szene, für frischen Bühnen-

dieses Jahr zwei Star-Duos aus Berlin und aus Antwer-

mit international besetzten Musikevents: Neben dem

Wind. Die Basler Dokumentartage widmen sich nun

pen – und ausserdem viel Lachen, Feiern und ein fa-

Künstlerhaus Boswil lockt nun ein paar Kilometer wei-

dieser Inszenierung von Wirklichkeit in Theater, Tanz

miliäre Stimmung. Doch ein Improfestival wäre keins,

ter südlich auch die Kulturstiftung Murikultur mit dem

und Performance – Gelegenheit, die spannende Vielfalt

wenn man nicht auch selbst versuchen könnte: Täglich

1. Internationaler Wettbewerb für Oboe und Fagott

dieses Genres kennenzulernen. <It's The Real Thing>,

werden von den Künstlern Workshops zu ausgewähl-

ins Rampenlicht: Schon bei seiner ersten Austragung

eine Koproduktion von Paraform/Boris Nikitin mit der

ten Themen angeboten. Also nichts wie los!

bringt «The Muri Competition» eine internationale

Kaserne Basel und dem Theater Roxy, wirft aber auch

Improfestival «Improsante»: 17. – 21. April, Sarnen.

Topjury und 84 der besten jungen Oboistinnen und Fagottisten ihrer Generation mit einem musikalische

einen kritischen Blick auf diese Entwicklung. So laden Publikumsgespräche und ein Symposium dazu ein, die

weitgefächerten Programm nach Muri.

Möglichkeiten und Grenzen des Dokumentarischen zu

Muri AG, Festsaal des Klosters Muri, 13. – 21. April,

diskutieren.

Infos: www.themuricompetition.ch

It's The Real Thing – Basler Dokumentartage 13: Mi 17. bis So 21.4., Kaserne Basel und Theater Roxy, Birsfelden, www.itstherealthing.ch

ST.GALLEN: ECHT FALSCH Vor zwei Jahren stellte die erste St.Galler Buch-Biennale die Frage nach dem digitalen Buch. Die zweite Ausgabe handelt nun, das Motto «echt falsch» verrät es, vom Plagiat. Acht Tage lang gibt es verschiedene Veranstaltungen in ganz St.Gallen. Im Raum für Literatur gibt es

VADUZ: MUSIKTHEATER FüR JUNGE

Lesungen und im Kinok eine Filmreihe zum Thema.

KüNSTLERBÖRSE THUN

Ende April vermittelt ein Symposium zum Thema „Zeit-

Höhepunkt ist die Podiumsdiskussion am Freitag, 19.

An der Künstlerbörse der ktv in Thun versammelt

genössisches Musiktheater für ein junges Publikum“

April in der Lokremise. An der Expertenrunde zum

sich jedes Jahr die ganze Schweizer Kleinkunstsze-

Kunstschaffende, was zeitgenössisches Musiktheater

Thema wird als Special Guest die Autorin Helene He-

ne. Für die Veranstalter wie fürs gemeine Fussvolk

alles beinhalten kann und welche Möglichkeiten es

gemann sitzen, die mit «Axolotl Roadkill» 2010 die Pla-

gibt es Häppchen aus neuen Programmen zu sehen.

gibt, mit Kindern zu arbeiten. Das Symposium, das als

giatsdebatte lostrat und mit dem umstrittenen Werk

Ausserdem werden Preise verliehen. Der Schweizer

Kooperation der ASSITEJ Liechtenstein, dem TAK und

trotzdem für den Preis der Leipziger Buchmesse nomi-

Kleinkunstpreis 2013 geht an Eugénie Rebetez (Bild).

der Liechtensteinischen Musikschule zustande kommt,

niert wurde.

Die vielseitig talentierte Jurassierin hat mit ihrer One-

ist das erste dieser Art in der Region und soll Künstler

2. St.Galler Buch-Biennale

Woman-Komik-Show «Gina» im In- und Ausland die

aus Vorarlberg, der Ostschweiz und Graubünden errei-

16.bis 23. April, diverse Orte St.Gallen.

Herzen erobert. Programm: www.ktv.ch

chen.

Mehr Infos: buchbiennale.ch

KKThun. Mi., 10., bis So., 14.4.

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AM LIEBSTEN NACH HAUSE

Ich bestelle ein Jahresabonnement für CHF 49.-und erhalte KOLT Monat für Monat. Ich möchte KOLT unterstützen und bestelle ein Gönnerabonnement für CHF 99.-und erhalte KOLT Monat für Monat. Ich möchte KOLT in meinem Betrieb auflegen und bestelle für CHF 149.-5 Exemplare

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12 KOLT Januar Januar 2011 2011

April 2013

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DAS KLEINE JOB-INTERVIEW

„Es ist jedes Jahr dasselbe Spielchen: Plötzlich kommen alle gleichzeitig“ Jürg Probst, 47, betreibt seit 19 Jahren den Bike-Shop Velo-Werk in Olten und ist selber passionierter Mountain-Biker. Im Interview erzählt er, wieso die Velobranche nicht unter der Wirtschaftskrise gelitten hat, was er von Elektro-Bikes hält und wie velofreundlich Olten ist. Interview von Pierre Hagmann Foto von Yves Stuber

Jürg probst, was wollten Sie werden, als Sie ein kleiner Junge waren? Automechaniker oder Militärpilot. Dann hab ich aber realisiert, dass das mit dem Militär nicht so mein Ding ist – ich habs aber immerhin bis zum Gleitschirmpilot geschafft (lacht).

Geld zur Verfügung haben, kaufen sie Velos, statt Autos oder teure Ferien. Womit machen Sie den grössten Umsatz? Mit Mountain-Bikes. Mittlerweile ist der Boom, der Ende der 80erJahre begonnen hat, zwar vorbei, das Ganze hat sich aber etabliert. Der

Wie sind Sie schliesslich im BikeBusiness gelandet? Ich war ein Quereinsteiger. Ich habe etwa zehn Jahre lang auf dem Bau gearbeitet und während dieser Zeit mit dem Biken begonnen. Ich habe von Beginn weg immer alles selber geschraubt und repariert, immer mehr auch für Kollegen. Irgendwann hat mir der damalige Laden-Betreiber erzählt, dass er einen Nachfolger suche. So bin ich hier gelandet. Nun leite ich das Velo-Werk schon seit 19 Jahren als Geschäftsführer und Teilinhaber, heute mit Unterstützung von meiner Frau und meinem Sohn. Und – wie läuft das Geschäft? Gut. Und jetzt beginnt der gros"Wir sind krisenresistenter": Jürg Probst. se alljährliche Rush. Der April ist unser umsatzstärkster Monat. Sobald es ein bisschen Frühling wird, Mountain-Bike-Boom hat in der Velogeht’s los – und dann kommen alle Technik einen Innovationsschub ausgleichzeitig. Es ist jedes Jahr dasselgelöst. Das hat in der ganzen Szene be Spielchen. Wir sind ausserdem krifrischen Wind gebracht, der bis heusenresistenter als andere Branchen: te anhält – auch bei den Elektrovelos, Wenn die Leute in der Krise weniger die bei mir mittlerweile den zweit-

grössten Posten ausmachen. Lang blieb die Kurve flach, seit drei Jahren ist hier der Boom ausgebrochen. Ist das Elektro-Velo sein Image-problem also losgeworden? Ich würde es nicht anbieten, wenn ich es belächeln würde. Das Elektrovelo hat unbedingt seine Berechtigung, und zwar nicht nur als Grosspapi-Velo, sondern beispielsweise auch für Pendler. Was kostet derzeit Ihr teuerstes Velo im Laden? Ungefähr 9000 Franken. Diese Bikes sind heute High-TechMaschinen. Dementsprechend sind wohl auch die Anforderungen an den Mechaniker gestiegen. Darum bin ich überhaupt noch hier: Weil es immer neue Herausforderungen gibt. Die Technik ist sehr filigran. Ich gehe regelmässig an Schulungen, um auf dem Laufenden zu bleiben. Schlussfrage: Ist Olten eine velofreundliche Stadt? Olten ist weder speziell velofreundlich noch das Gegenteil. Hauptstrassen, City-Kreuzung, vor dem Bahnhof: das ist nichts Schönes, sogar relativ gefährlich. Doch es gibt viele passende „Hintendure“-Wege. Man muss sie einfach kennen.

OLTEN über die Welt Würden Sie für oder gegen Olympische Spiele in der Schweiz stimmen? Beat Näf, 53, Hauenstein Ich würde Ja stimmen, weil es ist ein guter Anlass für die Schweiz und würde der Bevölkerung gut tun, um sich näher zu kommen und gemeinsam eine grosse Aufgabe zu lösen. Erwin Rieder, 55, Kappel Ich bin gespalten; einerseits, für das Spektakel wäre es sicher spannend. Andererseits sind es sicher wieder die Falschen, die profitieren. Der ganze Gigantismus, welcher heutzutage die Olympischen Spiele ausmacht, das widerstrebt mir. Yves Mattarel, 29, Olten Ich würde gegen die Olympischen Spiele stimmen, da viel Geld investiert wird, das man sinnvoller verwenden kann – zum Beispiel in den öffentlichen Verkehr, Kultur oder Natur. Gianna von Felten, 36, Egerkingen Ich habe mir da keine abschliessende Meinung gebildet. Auf der einen Seite wäre es die Gelegenheit für die Schweiz, sich zu präsentieren. Und vielleicht sind wir tendenziell auch zu wenig risikofreudig. Das würde für ein Ja sprechen. Fragwürdig ist allerdings, welche Regionen von dem Rummel profitieren würden. So gesehen, verstehe ich es, dass die Bündner nicht geschlossen hinter dem Projekt stehen. Auch bezüglich Defizitgarantie des Bundes bin ich geteilter Meinung.

Feinste Kaliber von NOMOS Glashütte.

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STADTLEBEN

Die Oltner Schützi und das grosse Missverständnis Vor bald vier Jahren hat die umgebaute Schützi ihren Betrieb als Kulturzentrum wiederaufgenommen. Bei der Eröffnungsfeier meinte der Stadtpräsident: „Jetzt muss Olten nicht mehr neidisch nach Solothurn zum Kofmehl schauen – wir haben hier jetzt was Besseres“. Die Ernüchterung folgte prompt: Dem ist nicht so. Das konnte aber auch gar nie das Ziel sein, sagt Schützi-Geschäftsführer Oli Krieg. Text und Interview von Pierre Hagmann Foto Yves Stuber

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arau hat sein KiFF und Solothurn das Kofmehl. Und Olten? Olten hat die Schützi. Einst eine städtische Turnhalle, in den 90er zur offenen Drogenszene verkommen, 1996 schliesslich zum Kulturzentrum umfunktioniert. Doch in Olten haben sich in letzter Zeit die Stimmen gemehrt, die mit dem kulturellen Angebot der Schützi nicht mehr recht zufrieden sein wollen; vor allem werden attraktive Konzerte vermisst. Dabei war die Stimmung nach der Sanierung und dem Umbau 2009 doch einigermassen euphorisch; „Das Haus auf dem Schützenmettli ist nun unwiderruflich ein Kulturzentrum“, frohlockte Stadtpräsident Ernst Zingg beim Einweihungsfest – Olten habe damit keinen Grund mehr, neidisch gen Westen aufs Solothurner Kofmehl zu blicken: „Wir haben hier etwas Besseres».

17 ZU 131 FÜR SOLOTHURN Die Realität sieht anders aus. Im Jahr 2011 – neuere Zahlen sind nicht verfügbar – fanden in der Schützi 17 Konzerte statt. Im Solothurner Kofmehl gingen in der Zeitspanne Juli 11 bis Juni 2012 insgesamt 131 Konzerte über die Bühne, wie Pipo Kofmehl, Leiter der Geschäftsstelle der Kulturfabrik Kofmehl, auf Anfrage meldet. Der Unterschied: Das Solothurner Kofmehl ist wie das KiFF in Aarau ein quasi-subventionierter Klubbe-

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trieb, die Schützi ein Kulturzentrum, das privatwirtschaftlich rechnet (die Stadt verlangt von den Betreibern allerdings keine Miete) und allen offen steht. Kofmehl und KiFF sind zugleich Konzert-Veranstalter wie Veranstaltungsort, die Schützi ist bloss ein Veranstaltungsort. Die Differenz manifestiert sich auch in der Rechnung: Während das Kofmehl ein Etat von gut 2,5 Millionen Franken aufweist (der betriebliche Verlust von 169'000 Franken wird durch die Unterstützungsbeiträge von 217'000 Franken mehr als gedeckt), kommt die Schützi auf ein Budget von gut 250'000 Franken – Defizit 2011: Gut 10'000 Franken, die nicht gedeckt sind. Der letzte Eintrag in der Rubrik „Lob & Kritik“ auf der Webseite der Schützi, geschrieben von „Alain“, bringt die Kritik auf den Punkt:

"Wenn ich das SchütziProgramm anschaue, kommt es mir vor wie das Programm einer Mehrzweckhalle in irgend einem Kaff." Was läuft schief? „Alain“, das ist Alain Hurni, 33, Mitorganisator und Finanzchef des Stromgitarrenfestivals Mad Santa, das lange Zeit jährlich in der Schützi veranstaltet wurde – seit 2010 allerdings nicht mehr. Wegen Lärmproblemen hat das Festival die Schützi verlassen und wurde daraufhin aufgelöst. „In der Schützi hätte das mit den strengeren Lärm-Auf-

lagen keinen Sinn mehr gemacht“, so der ehemalige Fremdveranstalter Hurni. Es sei gut und recht, dass in der Schützi auch Dia-Shows und Poetry-Slams veranstaltet würden, aber die Subkultur komme schlicht zu kurz. „Man könnte mehr aus diesem Ort machen“, findet der Trimbacher.

OHNE STRESS UND BLIGG Neben dem Lärmproblem gibt es ein zweites: das liebe Geld. So berichten mehrere Veranstalter, dass das finanzielle Risiko relativ hoch sei. Mike Zettel vom Label „Olten in Concert“ etwa, das bisher einzig als Veranstalter des Konzertes von Philipp Fankhauser (wo die Rechnung aufging, weil die Schützi gut besetzt war) aufgetreten ist, sagt: „Wenn die Stadt die Schützi für solche Anlässe finanziell unterstützen würde, wie es Aarau und Solothurn machen, dann könnten einige Gebühren wie Miete und Suisa wegfallen“ – wodurch man ohne Defizitsorgen einerseits grössere Acts buchen könnte, andererseits aber auch noch eher unbekannte Künstler mit beschränkter Anziehungskraft. „Olten in Concert“ will künftig auf populäre Namen setzen – „das ist besser kalkulierbar“. Doch in diesem Rahmen werde die Schützi bald einmal zu klein: „Wir wollten sowohl Stress als auch Bligg engagieren“, so Zettel. Stress wäre aus finanzieller Sicht nicht aufgegangen: Die Anzahl zahlender Gäste, die es braucht, damit

man rauskommt, haben in der Schützi nicht Platz. Bligg schliesslich klappte aus infrastrukturellen Gründen nicht. Klare Worte findet auch Dusan Nedeljkovic von der „Eventmanufaktur“, die vereinzelt Parties in der Schützi veranstaltet: „Das grösste Problem sind die Lärmklagen.“ Die Schützi sei aber auch relativ teuer. „Wir kamen trotz hoher Besucherzahl knapp auf eine schwarze Null. Arbeit nicht eingerechnet“. Und weiter: „Ein Event in der Schützi ist ziemlich arbeitsintensiv, was in Kombination mit dem harten Deal die Sache halt einfach nicht lukrativ macht.“

"DAS IST NAIV" Nedeljkovic betont, dass seine Kritik nicht an die Adresse vom SchütziTeam um Oli Krieg gerichtet sei. „Sie machen als Verwalter einen sehr guten Job.“ Er glaubt aber nicht, dass sich bald etwas an der Situation ändern wird: „Zu glauben, dass ein attraktives Programm sich nur mit Fremdveranstaltern ergäbe, ist natürlich naiv.“ Doch die Stadt wolle die Schützi wohl genau so haben, wie sie ist, vermutet er, das gebe keinen Lärm und keinen Müll. Stadtschreiber Markus Dietler, der als Vertreter der Stadt im Vereinsvorstand sitzt, sagt in der Tat: "In Abwägung der vielfältigen Interessen von Veranstaltern, Nutzenden, aber auch Nachbarn des innerstädtischen Standortes erachten wir diesen von einer bewährten Geschäftsleitung gesteuerten Mix als richtig". Ein eher düsteres Bild zeichnet Christian "Che" Dietiker, der seit dem Beginn des Schützi-Kulturbetriebes 1997 unter dem Label Bro Music Veranstaltungen organisiert. „Es lief toll an, wir hatten viele Konzerte mit vielen Gästen – bis es einigen Anwohnern zu viel wurde und diese sich fortan vehement gegen ein ausgefülltes Konzertprogramm wehrten“. So hätte man sich stärker hinter Projekte wie Theater, Tanz, Kongresse, Privat-, Vereins-, Firmenanlässe gestellt. Die Folge davon: „Die Wahrnehmung der Schützi als Konzertlokal ist meines Erachtens heute sehr gering“. Dies führe dazu, dass die Promotion ausserhalb von Olten äusserst schwierig geworden sei. „Kurz: Das Risiko, mit Konzerten in der Schützi Verlust einzufahren ist brutal gestiegen.“ Sponsoring, Kulturzuschüsse von Stadt und Kanton, Defizitgarantien und Goodwill seitens der Anwohnerschaft könnten die Situation verbessern.

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STADTLEBEN

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li Krieg, bietet die Schützi als Kulturzentrum genügend Kultur? Man muss differenzieren. Grundsätzlich bieten wir genügend Kultur, ja. Es gehört zu meinem Job, dafür zu sorgen, dass das Verhältnis zwischen kulturellen und kommerziellen Anlässen bei mindestens 60 zu 40 Prozent liegt. Die Statistik zeigt: Ich bin voll auf Kurs – ausser, was Konzerte und Jugendkultur betrifft. Dort gibt es tatsächlich ein Manko. In den ersten fünf Jahren meines Wirkens war das noch besser: Da hatten wir im Schnitt 300 Leute pro Konzert. Der erfolgreichste Veranstalter war ein von mir mitbegründetes Label, Rainbowbeatz, wir setzten auf Reggae, Ska, HipHop. Das Label ist nicht mehr aktiv, anderen Schützi-Veranstaltern wie Bro Music oder Boz1000 geht es auch nicht mehr so gut. Wir sind also auf neue Fremdveranstalter angewiesen. Wieso gibt es Rainbowbeatz nicht mehr? Das Label ist in die Jahre gekommen, genauso wie das Publikum. Alle Veranstalter haben eine gewisse Halbwertszeit – man muss die Zeichen früh erkennen und reagieren: Das Konzept anpassen und junge Leute nachziehen. Ansonsten ist der Zug ganz schnell abgefahren. Abgesehen davon: Die Schützi ist eine Do-it-yourself-Location – wenn kein Verantstalter da ist, der etwas macht, dann geschieht nichts. Es gibt zwei Einschränkungen: Geld und Lärm – dazu muss man sagen: die Schützi-Preise sind sehr günstig, wir gewähren jeweils einen Kulturrabatt von 40 Prozent auf die Technik- und Hallenmiete, bieten teilweise Defizitgarantien. Am Finanziellen kanns nicht liegen. Das sehen diverse Veranstalter aber anders. Das Risiko sei zu hoch. Das stimmt aber nicht. Hingegen ist es so, dass man mit Konzerten hier kaum verdienen kann. Und klar: Wenn nur 50 Leute an ein Konzert kommen, dann wird’s knapp, aber dann liegt das auch daran, dass es wohl schlicht nicht gut ist... Es wird beklagt, dass die Schützi eine schwierige Grösse habe – zu klein für die grossen Namen, und zuwenig Anziehungskraft bei weniger Bekannten. Das mag was haben. Tatsache ist, dass die Rechnung ab 150 Leuten bei einem Eintrittspreis von 25 Franken normalerweise aufgeht.

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Für mich bleiben die BesucherzahlMechanismen aber oft auch ein Rätsel. Das Konzept der Schützi ist nicht vergleichbar mit jenem irgendeines Klubs. Als Klubbetreiber mit eigener Programmation bietet man eine Konstanz, die wir hier nicht kennen. Dennoch fragen sich die Jugendlichen: Wieso machen die nicht mehr?

ich nur deswegen. Der Deal mit dem Fernsehen ist völlig unlukrativ – wir müssen drauflegen, erhalten dafür Publicity. Hinterfragen Sie das Konzept der Schützi manchmal? Wäre es nicht denkbar, als Klub wie das Kofmehl aufzutreten? Das wäre geil, ist aber leider unmöglich. Wir sind ein privater

"Die Schützi ist eine Do-it-yourselfLocation – wenn kein Veranstalter da ist, der etwas macht, dann geschieht nichts."

"Es liegt nicht am Geld": Geschäftsführer Oli Krieg.

Hier liegt das grundsätzliche Missverständnis. Die Schützi macht nicht, sondern fördert höchstens. Liegt Ihnen als Geschäftsführer die Jugendkultur persönlich am Herzen? Sicher! Das war von Beginn weg mein grosses Anliegen, ist es noch immer: Den SRF-Anlass 8x15 (siehe auch Seite XY, die Red.) zum Beispiel mach

Verein ohne Subventionen. Subventionen wären nötig und darüber könnte man ja noch diskutieren. Undenkbar ist es aus einem anderen Grund: dem Standort. Ein Dauerbetrieb würde aus Lärmgründen nicht toleriert. Die Altstadt ist nicht mehr das Hauptproblem, sondern das Wohngebiet hinter der Wiese. Um mir ein eigenes Bild zu machen, war ich mal in

einem der dortigen Schlafzimmer – wenn morgens um 3 Uhr hier noch eine House-Party läuft, kann man unmöglich schlafen. Ich kann die Leute also verstehen. Stimmt es, dass sich die Lärmproblematik seit dem Umbau verschärft hat, weil ein neuer Boden verlegt wurde, der lärmverstärkend wirkt? Das haben wir lange getestet. Wir haben keinen Beweis dafür gefunden. Grundsätzlich muss ich dafür sorgen, dass Lärm und Häufigkeit der Anlässe in einem erträglichen Mass bleiben. Wenn ich nur alle zwei Monate einen Event habe, bei dem es etwas länger laut bleibt, dann verlange ich Toleranz von der Nachbarschaft. Mittlerweile habe ich seit über einem Jahr kein Problem mit Anwohnern gehabt, obwohl es laute Events gab, zum Beispiel das Konzert von Patent Ochsner – aber: da war um 11 Uhr Schluss. In diese Richtung wird es mit Konzerten in der Schützi gehen. Wie läuft die Zusammenarbeit mit der Stadt? Ich bin zufrieden, dass ich nicht von der Stadt abhängig bin – wir kriegen ja kein Geld. Klar sitzt Stadtschreiber Markus Dietler in unserem Vorstand, aber die Stadt lässt uns in Ruhe arbeiten. Die negative Sicht davon: Null Interesse seitens der Stadtbehörden, zumindest solange es keine Probleme gibt. Die sind froh, hier einen Gratis-Kulturbetrieb zu haben. Würden Sie sich nicht finanzielle Unterstützung von der Stadt wünschen? Ich bin in diesen Jahren hier zum überzeugten Privatwirtschaftler geworden. Wir geben jährlich etwa 25'000 Franken für Kulturengagements aus. Das holen wir einerseits mit Gönnerbeiträgen rein, ungefähr 15'000 Franken – den Rest müssen wir erwirtschaften. Die Privatanlässe quersubventionieren unser Kulturengagement und sind darum essentiell. Kurz: Es liegt nicht am Geld. Sondern vor allem am mangelnden Engagement. Hat die Schützi ein Image-Problem? Es gibt kein Image. Ich probiere niemanden anzusprechen, die Schützi steht allen offen; es sind die Leute, die hier als Veranstalter auftreten, die versuchen ihr Zielpublikum anzusprechen. Und ich sage es immer wieder: Jeder, der mit einem ernsthaften Projekt zu mir kommt, ist mehr als willkommen.

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IM EXIL

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Kiwis, Szenis und ein Megastau Menschen aus der Region berichten aus der Welt diesmal unter anderem über Oberbaselbieter Landschaften am anderen Ende der Welt, asiatische Coolness sowie Auf- und Abstieg am verrücktesten Karneval überhaupt.

Lake Wakatipu, Neuseeland

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or meiner Abreise war mir noch nicht bewusst, dass Neuseeland aus zwei Inseln besteht. Das wurde mir erst klar, als ich mit dem Auto von Queenstown nach Auckland gefahren bin – und ein Meer dazwischen lag. Die Überfahrt mit der Fähre durch den wunderschönen Queen Charlotte Sound von der Süd- zur Nordinsel dauerte dann doch 3,5 Stunden und das inmitten von Neuseeländern, die diese Reise fast wöchentlich auf sich nehmen – die in Auckland oder Wellington arbeiten und dann übers Wochenende nach Hause fahren. Zu den Neuseeländern gibt es Folgendes zu sagen: Ich habe noch nirgends auf der Welt so viele freundliche, hilfsbereite, sportliche und naturverbundene Menschen auf einen Haufen getroffen. Als Reisender ist man überall willkommen, die „Kiwis“ mögen die Schweizer. Wohl, weil ein Teil der Insel(n) un-

serem Land nicht ganz unähnlich ist. Natürlich ohne Meer, Kiwis, frischem Seafood und Geysiren – so erinnern gewisse Landschaften an das Engadin und an Gegenden im Jura und im Oberbaselbiet. Man fühlt sich überall ein bisschen zu Hause – auch wenn man der Zeit 12 Stunden voraus ist und der Heimat gute 24 Flugstunden entfernt ist. Catherine Bloch, 36, stammt aus Olten, lebt in Zürich und war in Neuseeland in den Ferien.

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IN DEN HÜGELN VON LAOS

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ach meinen Aufenthalt in Luang Prabang wollte ich weiter in die Hauptstadt Vientiane. Das bedeutete eine lange Reise durch die hügeligen Strassen in einem sogenannten VIP-Bus, der seine besten Tage längst hinter sich hatte. Plötzlich stoppte der Bus, und zwar mitten in ei-

ner abfallenden Passstrasse. Wie sich herrausstellte, hatte sich zuvor auf dieser Strecke ein schwerer Unfall ereignet, was das Passieren der einzigen Nord-Süd-Achse unmöglich machte. Um die verunfallten Fahrzeuge zu bergen, mussten schwere Kranwagen heran und so wurde die Strasse gesperrt. Also machten wir, was man halt meistens macht in Laos: warten. Nach einer Weile machten wir uns auf zur nächsten Raststätte, die an diesem Tag wohl das Geschäft ihres Lebens gemacht hat. Von dort aus wurde das Ausmass des Ganzen ersichtlich: Wir sassen irgendwo in den Bergen in einem Megastau fest. Und dann merkt man, dass man in Laos ist: Keiner war gestresst oder verärgert. Drei Stunden später ging die Reise schliesslich weiter. Im Schritttempo. Captain Sandoelkhan (Name der Redaktion bekannt) wohnt in Olten.

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RIO DE JANEIRO, BRASILIEN

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io de Janeiro gehört für mich zu den schönsten Städten der Welt. Ein grosses kulturelles Angebot, super Nachtleben, ein Urwald, der direkt an die Stadt grenzt, schöne Strände....Was ich aber am Karneval gesehen habe, hat mich absolut überwältigt. Der Karneval an sich ist ein Wettkampf verschiedener Sambaschulen, die kostümiert, mit geschmückten Wagen und Live-Musik durch den Sambadromo ziehen und hoffen, von den Jury-Mitgliedern die Höchstnote 10 zu erhalten. Bei diesem Wettkampf gibt’s verschiedene Ligen. Der beste der zweiten Liga steigt für das folgende Jahr in die 1. Liga auf und der schlechteste steigt ab – und so weiter. Ausserdem gibt es die so genannten Blocos, Strassenparaden, an denen Bands auf fahrenden Wagen spielen und je nach Bekanntheitsgrad folgen mehrere Tausend

bis Hunderttausende von tanzenden Menschen den Gefährten durch die Strassen von Rio. Das Ganze beginnt jeweils schon um 9 Uhr morgens und im Vergleich zu unserer Fasnacht geht’s mit viel mehr Feuer und Leidenschaft zu und her – und auch die Kostüme sind einiges freizügiger. Es ist halt auch nicht so saukalt. Andy Ackermann, 27, stammt Niedergösgen und reist derzeit um die Welt. Blog: andygoesaroundtheworld. blogspot.ch

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WIEN, ÖSTERREICH

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as KOLT-Kernteam hat im Februar einen Ausflug in die österreichische Hauptstadt Wien gemacht, wo es ihren Grafiker und Layouter Christoph Haiderer besucht hat, der aus Krems stammt, das ist ganz in der Nähe von Wien. Un-

ser Layouter lebt mittlerweile nicht mehr in Österreich, er ist vor einigen Tagen mir nichts, dir nichts nach Portugal ausgewandert ist, aber das ist eine andere Geschichte. Wir waren also in Wien und die Schneemassen waren beeindruckend. Nie zuvor hatten wir in einer Grossstadt derart viel Schnee gesehen wie diesen Februar in Wien. Die Leute dort schien das nicht aus der Ruhe zu bringen, der Verkehr floss ganz normal weiter. Die Leute dort, mit denen wir redeten, meinten aber auch, dass Wien gar keine wirkliche Grossstadt sei. Die waren alle auch überhaupt nicht lokalpatriotisch, was grundsätzlich etwas angenehmes hat. Obwohl wir aus einer kleiner Stadt stammen, kam uns die Stadt tatsächlich nicht sonderlich gross vor. Egal welchen Weg wir einschlugen, früher oder später, so kam es uns vor, landeten wir im-

mer wieder beim Museumsquartier. So wie man in Olten immer wieder beim McDonald's landet. Im Gegensatz zum Oltner McDonald's ist das Wiener Museumsquartier aber fantastisch und in der Tat grossstädtisch. Ein Highlight unter vielen ist das "mumok", das Museum für moderne Kunst, vor dessen Eingang diese Skulptur im Bild oben steht und dessen Architektur die vielleicht schönste Kunst überhaupt darstellt. An jenem Freitagabend, an dem wir da reinmarschierten, war zufälligerweise die Eröffnung der Ausstellung vom Werk des kürzlich verstorbenen österreichischen Künstlers Franz West. Der Bundespräsident war scheins auch da – den sahen wir leider nicht, dafür die versammelte Wiener Künstler-Hipster-Szene. Es kam uns vor, als ob sich diese Wiener ziemlich grossstädtisch vorkamen.

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"MATLOOB, WIE MACHST DU DAS?"

"Matloob, wie machst du das?" In Pakistan lesen Millionen seine Kolumnen, in seinem Adressbuch stehen die Nummern von Staatspräsidenten, Generälen und Parteichefs: Matloob Warraich, der seit 28 Jahren in Olten und Lahore lebt, begleitete Pakistans Expremierministerin Benazir Bhutto jahrelang in die Machtzentralen der Welt. Im Stadtbad, seiner Stammbeiz, berichtet der 48-jährige über seine zweite Heimat, schildert den Zustand Pakistans, wo bald Parlamentswahlen stattfinden – und leuchtet auf, wenn die Rede auf die „Chefin“, Benazir Bhutto, kommt. Text von Fabian Saner Fotos von Maurice Haas

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m Stadtbad an der Zielempgasse sitzt er gleich vis-àvis des Eingangs, hinter einem riesigen Laptop und blickt jedesmal auf, wenn jemand eintritt: Man kennt sich. Es ist das zweite Wohnzimmer des Matloob Ahmad Warraich, 48, seit 28 Jahren in der Schweiz und in Olten, lange Jahre im Landhockeyklub, 3-Zimmer-Wohnung, der Sohn von ihm besucht die Schule im Frohheim, die Tochter geht ins Säli. Gearbeitet hat Warraich im Kreuz, im Dulliker „Schäfer“, im Chöbu hat er es bis zum Hilfschef gebracht, weil er so zugänglich ist und immer will, dass die Leute glücklich von ihm weggehen. – Und dann gibt es das ande-

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re Leben des gedrungenen Pakistani: seine politische Passion, die ihn in die innersten Zirkel um die ehemalige Pakistanische Premierministerin Benazhir Bhutto und deren Pakistan Peoples Party (PPP) getragen hat. Ein Ausblick darauf präsentiert sich an den Büchern, die Warraich fürs Gespräch mitbringt: Sie tragen Titel wie „Taliban, the Global Threat“, „Twenty Dictators of the 20th Century“, „The Great Three (Indira Gandi, Zulfikar Bhutto, John F. Kennedy“), oder, in der pakistanischen Verkehrssprache Urdu: „Taliban and International Peace“. Die meisten sind in einem pakistanischen Verlag erschienen; Warraich besass während seiner Zeit in Lahore auch einen eigenen

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„Wo man wegen einer toten Taube auf der Strasse stehenbleibt, wird man auch die Menschen gut behandeln.“ Atommacht zwischen Armut und Terror Pakistan ist heute offiziell zwar eine föderalistische Demokratie, steckt aber in einer tiefen Krise. Auch die Geschichte des seit bald 70 Jahren existierenden Staates ist alles andere als beständig. Pakistan wurde 1947 gegründet, 1956 wurde in dem Land die erste Islamische Republik der Welt ausgerufen. Der Rücktritt von Präsident Yahya Khan 1971 leitete eine vorsichtige Demokratisierung ein. Sein Nachfolger Zulfikar Ali Bhutto, Vater von Benazir Bhutto, erliess 1973 eine neue Verfassung. 1977 scheiterte die Bildung einer demokratischen Regierung. General Mohammed Zia ulHaq rief das Kriegsrecht aus und

Warraich und seine "Chefin" Benazir Bhutto. (2007, Bild zVg)

begründete die dritte Militärdiktatur. Zulfikar Ali Bhutto wurde inhaftiert und 1979 gehängt, Benazir Bhutto unter Hausarrest gestellt. Als ihr 1984 die Ausreise erlaubt wurde, zog sie nach Grossbritannien; im Exil wurde sie zur Anführerin der Partei ihres Vaters. »

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Buchladen. Bei den beiden jüngsten Veröffentlichungen allerdings bekam es der Verleger mit der Angst zu tun. Warraich beschreibt darin die fundamentalistischen Taliban explizit als Bedrohung für den Weltfrieden – das ist seit längerem keine gute Geschäftsbasis mehr im aufgeheizten innenpolitischen Klima Pakistans. Deshalb sind die Bücher im Eigenverlag erschienen und finden vorwiegend bei ausländischen Diplomaten und Militärs Zuspruch.

SEINE GESCHENKE AN DEN BUNDESRAT Warraich schreibt rege; seine Publizistik repräsentiert das Selbstbild der säkularen politischen Elite. Dieses lautet so: Diese Nation befindet sich auf einem beschwerlichen Weg hin zur stabilen Demokratie, die von inneren und äusseren Feinden ständig bedroht ist. Warraichs Konterfei prangt über den politischen Ikonen des 20. Jahrhunderts, über die er seine Bücher schreibt; deren Biographien – und ihr oft blutiges Ende bei Attentaten, Mordanschlägen oder im Exil – faszinieren ihn: Er fühlt sich pudelwohl in der grossen internationalen Politik und scheut rhetorische Emphase nicht. Seine Bücher hat er dem Bundesrat und Ernst Zingg geschickt – mit dem Dank an die Schweiz, die ihm hier seine Existenz ermöglicht habe. Über 20 Bände zu den internationalen Beziehungen, Fragen des Terrorismus und des religiösen Zusammenlebens in Pakistan, der pakistanischen Geschichte und Gegenwart und dem südasiatischen Raum hat Matloob Warraich veröffentlicht. Im Oltner Stadtbad rufen ihn die Seinen bloss „Ami“ und

man zwinkert sich vertraulich zu. In seinem Heimatland nimmt ein Millionenpublikum seine Kolumnen in der konservativen „Nawa-i-Waqt“, eine der grössten Tageszeitungen des Landes, zur Kenntnis – wenn er einen Artikel veröffentlicht hat, löscht er manchmal ein paar Tausend Mailreaktionen auf einen Schlag, meint er nebenbei und lacht. Seit Mitte der 1980er-Jahre ist Warraich in Olten. In seiner formativen Phase floh er mit Anfang 20 nach Europa. Damals, als motivierter Studentenführer der Pakistan Peoples Party (PPP), sei er von den Häschern Zia ul-Haqs drangsaliert worden. Der Militärdiktator habe Pakistan ins Mittelalter zurückgeworfen, indem er den Islam als Waffe des religiösem Extremismus geschmiedet und ein Klima der Angst und Repression herangezüchtet habe, meint Warraich. „Alles wurde verboten: Nicht nur Discos und Nachtclubs galten von nun an als dekadent, unislamisch, westlich – auch Spiele, Sport und alles, was das Leben an Zerstreuung bietet, kam auf den Index der Sittenwächter und wurde vom Diktator bekämpft.“ So habe man der Jugend alle Entfaltungsmöglichkeiten weggenommen, da sei es wenig verwunderlich, dass der Fundamentalismus einen guten Nährboden gefunden habe – wer sich dieser rigiden Kultur nicht unterwarf oder in die innere Emigration abtauchte, hatte keinen Platz mehr im öffentlichen Leben. Warraich, der das College besuchte und seine Zukunft in der Politik sah, wollte nach Europa, wo auch Benazir Bhutto im Londoner Exil lebte. Auf diesem Weg legte er in Zürich einen Stopp ein, besuchte in Bern den Bundesplatz – und entschloss sich, ein Asylgesuch zu stellen, nachdem er gesehen hatte, wie die

Menschen vor dem Bundeshaus sich rührend um eine tote Taube gekümmert hätten. „Wo ein totes Tier einen solchen Wert hat, wird man auch die Menschen gut behandeln.“ Die Anekdote zeigt Warraichs Wertschätzung für seine neue Heimat, die Schweiz.

WIE ER DAS VERTRAUEN VON BENAZIR BHUTTO GEWANN Immer wieder rühmt er die hiesige politische Kultur, ist begeistert, wie glänzend die Institutionen hier funktionieren. Die Pakistan Peoples Party vergleicht er mit den hiesigen Sozialdemokraten. Am liebsten möchte er das Schweizer Eisenbahn-, Post- und Schulsystem gleich nach Pakistan exportieren. Dass Warraich in seinem Heimatland eine bekannte öffentliche Figur ist, hat sich paradoxerweise aus seiner Tätigkeit im Exil ergeben: Schnell hatte er in der Schweiz Fuss gefasst und damit begonnen, im Auftrag von Bhutto ein Kontaktnetz in Europa aufzubauen. „Pakistani findest du überall, in jedem Land, jeder Stadt.“ Während er tagsüber und abends in Olten kellnerte, reiste er in seiner Freizeit durch den Kontinent, um an Kongressen die Exilorganisation der Pakistan Peoples Party aufzubauen. So stieg er auch in der Gunst der „Chefin“, Benazir Bhutto. Zweimal war Bhutto, Tochter des durch Zia ul-Haq weggeputschten und gehängten früheren Premiers Zulfikar Bhutto, Pakistans Staatsoberhaupt – Ende der 80er- und zu Beginn der 90er-Jahre. Gute Zeiten für Matloob Warraich, der durch seine Menschenkenntnis und Vernetzungskunst in der Gunst Bhuttos schnell nach oben kletterte und bald zum innersten Zirkel der PPP gehörte – bis heute. In der

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» Nach dem Tod von General Ziaul-Haqs 1988 fanden erstmals seit 1977 wieder freie Wahlen statt, aus denen mit Benazir Bhutto zum ersten Mal in der Geschichte eines islamischen Staates eine Frau als Siegerin hervorging. Bhuttos Regierung wurde 1990 aufgrund von Korruptionsvorwürfen aufgelöst. Diese Vorwürfe bestritt Bhutto, sie führten auch niemals zu einer Anklage in Pakistan. Ein Gericht in der Schweiz verurteilte sie 2003 in Abwesenheit jedoch zu sechs Monaten Gefängnis und zur Rückerstattung von 11,9 Millionen US-Dollar an den Staat Pakistan, wogegen sie Berufung einlegte. Ihr Nachfolger im Amt wurde Nawaz Sharif. 1993 wurde Bhutto wiedergewählt, drei Jahre später wurde ihre Regierung erneut wegen Korruptionsvorwürfen aufgelöst. Es konnte nie endgültig geklärt werden, ob die Vorwürfe gegen ihren Mann und sie berechtigt waren. Von 1999 bis 2007 lebte sie mit ihrer Familie im Exil in Dubai in den Vereinigten Arabischen Emiraten. Im Sommer 1999 setzte General Pervez Musharraf die gewählte Regierung Sharifs in einem Militärputsch ab und errichtete die vierte

Warraich mit dem ehemaligen französischen Premierminister Lionel Jospin. (2005, Bild zVg)

Militärdiktatur Pakistans. Benazir Bhutto kehrte am 18. Oktober 2007 nach acht Jahren Exil wieder in ihre Heimatstadt Karatschi zurück, gegen den Widerstand von Präsident Musharraf. Ihre Rückkehr war vielumjubelt – und gleichzeitig verheerend: Ende Dezember 2007 fiel Benazir Bhutto bei einer Wahlkampfveranstaltung in Rawalpindi einem Attentat zum Opfer. Die Tat wurde nie ganz geklärt, die Regierung macht aber den Anführer

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„In der Pakistan Peoples Party bin ich der Nein-Sager unter lauter Yes-Men.“ Selbsteinschätzung ist er, der Netzwerker und Türöffner, eben doch der einsame und gerechte Kämpfer in der Pakistan Peoples Party geblieben, dessen Signale aus Olten in den Schaltzentralen des pakistanischen Establishments nicht gern gehört werden. Warraich spielt seine Rolle als widerborstige Figur im Federal Board, der obersten landesweiten Parteifraktion der PPP. „In der PPP gelte ich als Nein-Sager unter lauter Yes-Men, die die Vorlagen des Premiers durchwinken“, erzählt er und lacht wieder sein Lachen. So habe er sich kürzlich dagegen ausgesprochen, die bestehenden und für Pakistan wichtigen Wirtschaftsverträge mit dem Iran unter dem Druck der internationalen EmbargoPolitik aufzulösen. Aber er sei, wieder einmal, der Einzige gewesen. Das macht ihm aber nicht viel aus: Politik sei die Kunst, weiterzukämpfen. „Gott hat mir die Fähigkeit zum Reden, Denken und Schreiben gegeben – wenn ich diese Fähigkeit nicht für mein Land nutze, werden mich meine Kinder dafür verantwortlich machen.“ Give and take, das habe auch Benazir Bhutto nie vergessen, im Gegensatz zu vielen anderen Politikern, die in Pakistan eine abgehobene und korrupte Kaste bildeten und nur in die eigene Tasche wirtschafteten.

"DAS GEFÄHRLICHSTE LAND DER WELT" Warraich leuchtet auf, wenn er die grosse Lady charakterisieren soll. Das kommt nicht von ungefähr: Schliesslich hat er ab 2000 sieben Jahre, „meine spannendsten“, praktisch unun-

terbrochen als persönlicher Sekretär an ihrer Seite verbracht. „Interessante Jahre, viele Reisen, viele Kontakte und Freunde gewonnen.“ Nach dem 11. September 2001 und dem Einmarsch westlicher Truppen in Afghanistan geriet der grosse Nachbar mit Atomwaffen in den Fokus der Öffentlichkeit. Das „gefährlichste Land der Welt“ wurde von Militärdiktator Pervez Musharraf notdürftig und autoritär zusammengehalten, in Washington und Europas Hauptstädten war man wieder einmal brennend an Alternativen interessiert. Benazir Bhutto, Oppositionsführerin im Exil, aber – trotz Korruptionsverdacht – mit dem Nimbus der säkularen Nationalistin ausgestattet, wurde der Hof gemacht. Dank seiner Umgänglichkeit und Geschmeidigkeit trat Warraich schnell aus ihrem Schlepptau heraus und öffnete ihr die Türen ins Pentagon, den amerikanischen Kongress, ins US-Aussendepartement, zum israelischen Aussenminister (und heutigen Präsidenten) Schimon Peres. Fotoaufnahmen von Warraich mit dem französischen ExPremier Lionel Jospin oder dem irakischen Staatspräsidenten Jalal Talabani zeugen von dieser Zeit und bilden Warraichs Trophäensammlung von der weltpolitischen Bühne. „Es sind teilweise Freunde geworden, mit denen ich noch heute in Kontakt stehe“, so Warraich. Auch Benazir Bhutto habe ihn gefragt: „Matloob, wie machst du das?“ – Es sei eben seine Art auf Menschen zuzugehen und auch in den Politikern ganz normale Leute zu erblicken. „Ich denke, eines meiner Talente liegt darin, Menschen öffnen zu können.“ In diesen intensiven Jahren voller Reisen sei die Belas-

tungsprobe für seine Ehe zu gross geworden: „Meine Frau wollte es nicht mehr sehen, dass ich ständig an Bhuttos Seite war.“

ER ERLEBTE DAS ATTENTAT HAUTNAH MIT An Bhuttos Seite war Warraich auch bei ihrer Rückkehr aus dem Exil im Herbst 2007: Die „Tochter Pakistans“ wurde von einer Million begeisterter Anhänger in Karatschi empfangen und war nach der Agonie der Jahre von Musharrafs Präsidialdiktatur so gut wie gewählt. Bei der Übereinkunft zwischen Bhutto und Musharraf war Warraich persönlich zugegen gewesen. Zwei Monate später, noch vor den Parlamentswahlen, fiel die wieder zur grossen Hoffnungsträgerin stilisierte Ex-Staatschefin einem bis heute ungeklärten Attentat zum Opfer. Warraich sah es aus unmittelbarer Nähe. Umso stärker ist seither sein politischer und publizistischer Kampf gegen die Taliban, die Pakistan an den Rand des Bürgerkriegs und staatlichen Zerfalls treiben würden. Sie seien Gift für den 200-MillionenStaat, und obwohl vielleicht bloss vier Prozent der Bevölkerung deren fundamentalistische Auslegung des Islams teile, seien sie enorm schwierig zu bekämpfen – „denn wie erkennt man, unter Muslimen, einen Taliban? Und vor allem dann, wenn bereits jeder Dritte einen Bart trägt und sich damit der Deutungshoheit der Wahhabiten unterwirft?“ Der Terror der Taliban betrifft Warraich als exponierten Vertreter des Polit- und Parteiestablishments auch sehr direkt: Sein Haus in Lahore wurde geplün-

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"MATLOOB, WIE MACHST DU DAS?"

der pakistanischen Taliban, Baitullah Mehsud, für den tödlichen Anschlag verantwortlich. Die Wahl gewann schliesslich die Pakistan Peoples Party (PPP). Der innenpolitisch schwer unter Druck geratene Präsident Musharraf erklärte am 18. August 2008 seinen Rücktritt. Die Präsidentschaftswahlen am 6. September 2008 gewann der amtierende Vorsitzende der PPP und Bhutto-Wittwer Asif Ali Zardari, der seither die Atommacht Pakistan und die über 176 Millionen Einwohnern regiert.

Warraich mit dem israelischen Präsidenten Schimon Peres. (2008, Bild zVg)

Die Lage ist nach wie vor weder stabil noch sicher: Das Land leidet unter Armut und steckt in einer tiefen Krise: Terror, Gewalt gegen Minderheiten, eine zunehmende Radikalisierung vieler Menschen, Streitereien mit dem instabilen Nachbarn Afghanistan, die Hafenstadt Karatschi, die von einem politischen und bewaffneten Machtkampf zerrissen wird, Wasserknappheit, Naturkatastrophen wie Erdbeben und Fluten. Das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten EDA rät wegen verschiedener, hoher Risiken von Touristen- und anderen nicht dringenden Reisen nach Pakistan ab. (Quellen: Der Spiegel/Wikipedia/EDA)

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April 2013

„Es ist viel wert, dass wir hier zusammensitzen und mit dem gleichen Besteck essen können.“ dert, 2011 gar direkt auf sein Auto geschossen, mitten in der 12-Millionen-Metropole, sozusagen unter den Augen eines Polizeipostens. Die Ordnungshüter hätten nichts unternommen. „Ich überlebte nur durch reines Glück“, sagt Warraich. Er hat einen hohen Preis bezahlt, lebte in den Jahren der Rückkehr nach Pakistan unter ständigen Drohungen und isoliert von seiner Familie, die er im Ausland unter Schutz brachte. Zurück in Olten, wolle er sich hier aber nicht ruhig einrichten – „das wäre Resignation, und das kann sich weder Pakistan noch die Welt angesichts der Bedrohung durch die Taliban und den internationalen Terrorismus leisten.“ Ein ständiger Aufenthalt in Pakistan sei zur Zeit zwar nicht ratsam, aber auf Einladung von Universitäten oder Fernsehsendern für Gesprächsrunden und Vorträge fliege er hin. „Meine Waffen sind die Feder und das Wort.“ Gleichzeitig pocht Warraich darauf – im Gegensatz zu einem Grossteil der pakistanischen Elite –, dass auch die Christen vollwertige pakistanische Bürger sind. So sei er nach den Angriffen auf ein von Christen bewohntes Wohnviertel in Lahore Anfang März in der „Nawa-i-Waqt“ der Einzige gewesen, der diese Reaktion des Mobs auf eine angebliche Beleidigung des Propheten Mohammed durch einen jungen Christen eindeutig verurteilt habe. Er habe in Europa gelernt, wie wichtig religiöse Toleranz für den Zusammenhalt in einer multikulturellen Gesellschaft sei: „Es ist viel wert, dass wir hier zusammen-

sitzen und mit dem gleichen Besteck essen und trinken können.“ Offensichtlich fühlt er sich auch in dieser Rolle als Kommentator an der Seitenlinie wohl, obwohl er mittlerweile in der Pakistan Peoples Party eher isoliert ist: „Ich habe mich von Staatspräsident und Co-Parteichef Asif Ali Zardari entfernt“, sagt Warraich.

"ICH WILL KEINEN BEQUEMEN POSTEN IN CHILE" Zardari, Ehemann von Benazir Bhutto und seit Dezember 2008 Staatspräsident Pakistans, habe weder die wirtschaftliche Misere lindern noch die endemische Korruption eindämmen können. „Die Inflation der Währung hat die Menschen noch ärmer gemacht, sie werden unsere Partei bei den Parlamentswahlen dafür abstrafen.“ Warraich kennt Zardari bestens, seit er mit ihm in Rawalpindi 1999 für Monate eine Gefängniszelle geteilt hat – wegen des Vorwurfs auf Geldwäscherei, die der Bhutto-Clan unter anderem auch über Firmen in der Schweiz betrieben haben soll. Damals habe er sich um Zardari gekümmert. In der PPP schwelt der Streit um das Erbe der grossen Führerin Benazir Bhuttos noch immer; die einen wollen die Umstände ihres Todes genau aufgeklärt sehen, die anderen die Tat auf sich beruhen lassen. Der Diadochenkämpfe zum Trotz ist für Warraich klar: „Mich kann man nicht nach Chile oder Argentinien auf einen bequemen Botschafterposten ab-

schieben – den man mir angeboten hat – und damit zur Ruhe bringen. Ich erhebe meine Stimme auch gegen schlechte Machenschaften in meiner eigenen Partei.“ Er wolle nicht Teil eines korrupten Systems sein. Bei den anstehenden Parlamentswahlen hätte Warraich dank seiner Bekanntheit als Kolumnist, Redner und TalkshowTeilnehmer durchaus reelle Wahlchancen; zumal in Daska-Sialkot in der Nähe der ostpakistanischen Metropole Lahore, seinem Geburts- und Heimatort. Die Gefährdung durch die Taliban lege es aber derzeit nahe, sich nicht zu sehr zu exponieren. „Ich kann meinen Beitrag an die Entwicklung des Landes durch meine politischen Kolumnen und die Kritik innerhalb der Partei besser leisten und ohne dass ich mein Leben riskiere.“ Träge zieht daneben die winterliche Aare unterm Stadtbad durch. Auf der Terrasse über dem Fluss genehmigt sich Warraich im Sommer gerne ein Bier mit Freunden – Stadtbad-Stammkunden hatten auch schon „die Chefin“, Benazir Bhutto, am Handy. Er sinnt die nächsten Artikel aus, denkt über die EU als Modell eines pakistanisch-indisches Friedensprojekt nach, vor allem aber regt sich immer wieder „Frau Bhutto“ in ihm, die, auf die Frage seiner damals 5-jährigen Tochter, ob sie die Superwoman sei, geantwortet habe: "Ja, die bin ich, mein Geist kann fliegen.“ Was für eine Antwort, auf die Frage eines 5-jährigen Mädchens – was für ein Geist, sagt Warraich und lacht.

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HÖREN & LESEN IN EINEM ZUG

DIE NaRr-KOLUMNE

Liebe und Fahrplan Die Zukunft

von Pedro Lenz Illustration von Petra Bürgisser

von Michelle Steinbeck Ich bin auf der Suche nach der neuen Wohnung meines Vaters. Sie ist in einem dieser roten Häuserblocks ausserhalb der Stadt. Angeblich gibt es da sogar einen Pool. Ich habe mich verirrt; soweit das Auge reicht nur Häuserreihen und ein leerer Himmel. Leute wuseln durch die Gassen, springen in den Pool, der da tatsächlich in einem Innenhof steht. Ich treffe einen alten Hausmeister, er will mir suchen helfen. Wir gehen bis zum Rand der Siedlung, da weht eine Kommunistenfahne. Aha, das ist also die kommunistische Zukunft, denke ich. Wir sind bei einem Parkplatz angelangt, wo zwei farbige Fahrzeuge stehen, eines eher blau, das andere ziemlich rot. Dieses beginnt zu rattern und hin und her zu wackeln; es erhebt sich und fliegt über unseren Köpfen im Kreis. Ein kleines Flugzeug! Sehr undynamisch und hässlich; der Mann darin wird durchgeschüttelt, es sieht unbequem aus. Ein weiteres Flugding kommt angeflogen - ich glaube, es versucht zu landen; jetzt schütteln da zwei Flugbüchsen über unseren Köpfen, machen einen Riesenlärm und kommen nicht voran. Wenn das die Zukunft ist, sage ich zum alten Mann, dann will ich nicht hier leben. Ich auch nicht, seufzt der Mann, glaub mir, ich auch nicht. Michelle Steinbeck, geboren 1990,

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r hat den Kragen seines Mantels aufgeschlagen. Sie stellt sich auf die Zehenspitzen, um ihn auf die Stirn zu küssen. Er drückt sie fest an sich. Sie hält ihre Hände an seine Brust. Dann verharren sie eine Weile still. Der vorbeifahrende Zug zerzaust ihr die Haare, aber es kümmert sie nicht. Sie sagen sich lauter Dinge, die im allgemeinen Stimmengewirr untergehen. Sie schauen sich an, als würden sie sich bereits vermissen, dabei sind sie noch ganz beieinander. Der Zug fährt ein. Sie lösen ihre Umarmung, aber halten sich noch immer mit beiden Händen. Er geht einen Schritt von ihr weg, dreht sich um und kommt wieder auf sie zu. Noch einmal umarmen sie sich kurz und heftig. Endlich besteigt er den Zug und bleibt bei der Türe stehen. Sie steht dicht vor ihm und lächelt gequält. Er schaut abwechselnd auf seine Armbanduhr, auf die Bahnhofsuhr und ihr trauriges Gesicht. Sie sagt etwas, das er nicht verstehen kann, weil wieder ein Zug durchfährt. Er bückt sich zu ihr hinunter, damit er sie besser hört.

lebt in Zürich und studiert am Schweizerischen Literaturinstitut in Biel. Sie schreibt literarischen Texte, unter anderem für kulturkritik.ch und das Literatur-Magazin naRr: www.dasnarr.ch.

Der Zugführer pfeift. Der Liebende steht einen Schritt zurück und die Türe schliesst sich. Die Verliebten gehen ein paar Meter nach vorn, er im Wagen und sie auf dem Perron. Er setzt sich und hält seine Hand ans Fenster.

22. Mai – 1. Juni 2013 Michael Schuller Michael Krebs Stefan Waghubinger Michael Elsener Frank Sauer Florian Schroeder Michel Gammenthaler Anny Hartmann Luise Kinseher Sibylle Birkenmeier Alexander Götz

Knuth und Tucek Duo luna-tic Alex Porter Kai Eikermann Martin Buchholz ZU ZWEIT Theaterkabarett Birkenmeier Till Reiners Simon Chen Bodo Wartke

Marco Tschirpke Fabian Lau Roger Stein Philipp Scharri Sandra Kreisler Jochem Hochstenbach Hanspeter MüllerDrossaart Pigor & Eichhorn Lisa Catena Michael Feindler

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Pedro Lenz, 47, ist Schriftsteller und lebt in Olten gleich beim Bahnhof. Er ist praktisch täglich im Zug unterwegs.

Sie hält ihre Hand so auf seine, das bloss das Glas dazwischen ist. Ihre Augen sind feucht. Dann setzt sich der Zug in Bewegung. Sie winkt ihm nach, bis sie sicher ist, dass er sie nicht mehr sieht. Von den Umstehenden kann niemand wissen, ob er für ein paar Stunden, Tage oder Wochen wegfährt und ob er je wiederkommt. Keiner der vielen Passanten, die diese kleine Abschiedsszene beobachten, ahnt, ob der Abreisende in Gedanken schon unterwegs oder noch immer bei ihr ist und ob sie noch an ihn oder längst an sonst was denkt. Abschiede an Bahnhöfen unterscheiden sich von Abschieden an Hauseingängen vor allem dadurch, dass sie in jedem Fall durch die Abfahrt des Zugs beendet werden. Es sind nicht die Liebenden selbst, die den Abschied abbrechen, es ist der Fahrplan. Der Fahrplan richtet sich nie nach der Zärtlichkeit derer, die sich am Bahnsteig ein letztes Mal auf die Lippen küssen. Gäbe es den Fahrplan nicht, wären die Bahnhöfe voll von Paaren, die sich halten und nicht loslassen können, voll von Tränen, die darauf warten, aus verliebten Augen zu laufen, voll von Unentschlossenen, die nicht wissen, ob sie endlich gehen oder noch einen Augenblick bleiben sollen. Der Fahrplan ist unwissend, unromantisch und unbestechlich. Wir sollten ihn verachten.


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Fribi's Metal News

Deeno‘s Reviews

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VOTUM

BRANDT BRAUER FRICK

Harvest Moon (Mystic Productions)

Miami (!K7)

Polen braucht sich musikalisch nicht zu verstecken, das haben Bands wie Behemoth, Riverside oder Vader schon mehrfach bewiesen. Auch Votum schlagen da positiv zu Buche, angesiedelt im Progressiv-Rock/Metal-Bereich, vermögen auch sie voll zu überzeugen. Das homogen gehaltene Album hat starke Spannungsmomente zu bieten, seien es harte Breaks oder die zum Teil tiefgehenden Screams des Sängers. Der sehr atmosphärische Sound wird getragen durch die unglaublich charismatische Stimme. Feinfühlender, warmer, zweistimmiger Gitarrensound und ein perfekter Groove dahinter sorgen für einen vollen Sound, der einen in eine andere Welt eintauchen lässt. Dieses Album hat einfach alles. Fans von Riverside oder Antimatter werden hier aufhorchen.

Techno geht auch ohne Computer und Synthesizer. Auf jeden Fall machen das Brandt Brauer Frick (BBF) so, und das klingt gut. Sehr gut sogar! Nach ihrem Erstling „Mr. Machine“ beglückt uns diese Band nun mit einem neuen Album. Mit klassischer Instrumentierung, viel Piano und Vibraphon, und noch viel mehr singenden Gästen erschaffen BBF auf Albumlänge einen manchmal düsteren, aber immer groovenden Technorumpelorchester-Sound, dem nur schwer zu entkommen ist.

BADGER BELL BAND

DJ KOZE

Faceless Gang (High Roller)

Amygdala (Pampa Records)

Nicht mehr ganz taufrisch sind die Songs von Badger Bell Band, stammen diese doch aus den Anfangstagen des New Wave of British Heavy Metal – sprich aus den frühen 80ern. High Roller schaffte es, die coolen Songs der Britischen Blues-Rocker jetzt endlich auch auf CD zu bannen. Grooviger, trockener Gitarrensound, wie man ihn von den alten Boogie Bands kennt, eine rauchige Whiskey-Stimme und ein minimaler, aber fetter Drum-Sound, der dem Ganzen das richtige Kickass-Feeling verpasst. Hier wurde noch mit viel Feingefühl und aus dem Bauch heraus gerockt, was man den Songs einfach anhört und das macht einfach einen Höllen-Spass. Entscheidend ist nicht die Härte, sondern der richtige Kick und die bluesige Attitüde, die einfach nur die alten Hasen so drauf haben.

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April 2013

Ché's Bro Tipps

Grossartige Arrangments und die tollen Gäste, unter anderem Jamie Lidell, Om’mas Keith oder Gudrun Gut von den Einstürzenden Neubauten, machen Miami zum Klangerlebnis, das man sich nicht entgehen lassen sollte.

Der Mann mit dem schrägsten DJ-Namen ist wieder da. Einmal mehr wirbelt Koze den musikalischen Untergrund mächtig auf und bestätigt seinen Ruf als Vordenker und Visionist. Sein neues Album Amygdala bringt verschiedenste Klangwelten und musikalische Gäste zusammen. Auf den dreizehn Songs des Albums tummeln sich illustre Featurings wie Apparat, Caribou oder aber auch Alt-Star Hildegard Knef. Eine einzigartige Stimmung überzieht das ganze Album und verzaubert auch nach mehrmaligem Hören. Deeper House, vertrackte Soundcollagen und elfenhaften Stimmen machen diese Scheibe zum absoluten Genuss.

JAMES HUNTER Minute by Minute James Hunter's Stimme hat dasselbe Timbre wie diejenige von Ray Charles, Sam Cooke oder James Brown. Für das neue Album hat sich der Brite mit seiner Band „The James Hunter Six“ und dem Daptones-Gründer Gabriel Roth (Amy Winehouse, Sharon Jones) zusammengetan. Das Ergebnis ist eine hinreissende Vintage-Soul-Session.

SALIF KEITA Tale Mit dem neuen Output „Tale“ geht der malische Altstar Salif Keita etwas modernere Wege. Produziert wurde „Tale“ von Philippe Cohen Solal, dem Kopf von „Gotan Project“. Gastmusiker sind die kamerunische Sax-Legende Manu Dibango, das Stimmwunder Bobby McFerrin, die Jazzbassistin Esperanza Spalding und der Londoner Rapper Roots Manuva.

OTIS TAYLOR My World Is Gone Ein Album über die anderen Leidtragenden des amerikanischen Traums: Indianer. Sparsam instrumentiert; akustische Gitarre, Banjo, Fiddle, Cornet, Hammond, Bass, Drums und – bemerkenswert – die Lead-Gitarre des Sioux Mato Nanji. Das ist zeitgenössische Roots-Music. American Native Protestsongs. Otis nennt seine Musik „Trance Blues“.

STEVEN WILSON Raven That Refused To Sing Der „Porcupine Tree“-Mastermind auf einem packenden Streifzug durch den Wilson'schen MusikKosmos: Ob Jazz, Rock, Experimental, Progressive, Ambient – es scheint kein Genre zu geben, in dem sich der Engländer nicht traumwandlerisch sicher bewegen kann.

ALICE RUSSELL To Dust Alice Russell hat den Ruf, eine der besten Soulstimmen der britischen Inseln zu sein. Im Jahr 2000 heuerte sie als Gastsängerin bei dem Bandprojekt Quantic Soul Orchestra an. Seitdem ist sie tief mit dem Neo-Soul ihrer Heimat verwurzelt.

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Am Abend wird es traurig Ein Live-Ticker über das grosse Warten im Zürcher Stadtspital Triemli. Eine Gastkolumne* von Adrian Witschi

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7:42 Zwei absurd attraktive Pflegerinnen stehen an der Kaffeemaschine und lächeln um die Wette. Ich stelle mir die grundlegendste aller Krankenhausfragen: Darf man in einem Spital geil werden? Darf man von 3-D-Sex im Röntgenapparat träumen? Darf man sich vorstellen, von einer jungen, aufstrebenden Anästhesistin betäubt und anschliessend bei halbem Bewusstsein ein ganz klein wenig missbraucht zu werden? Schwierige Frage, ich kann sie nicht beantworten, vor allem jetzt nicht, denn jetzt wird gerade ein alter Mann in einem Rollstuhl reingeschoben, das Gesicht aufgeschlagen, die weissen Pflaster auf der bleichen Stirn blutdurchtränkt. 17:46 SMS von F: „Mann Adiii! Immer noch nicht geröntgt. Ich hau jetzt dann gleich ab. Das nervt. Geh nur schon. Brauchst wirklich n“ 17:46 Ich hab ein schlechtes Gewissen. 17:46 SMS von F: „icht warten.“ 17:47 Ich rufe F an und sage ihr, dass ich natürlich auf sie warten werde und dass sie vor allem jetzt nicht abhauen solle, sonst hätten wir vier Stunden für nichts gewartet. F verspricht, nicht abzuhauen. 18:02 Hinter der Cafeteria hat es einen langen Gang, darüber steht „Direktion“. Geil. Ich mag Direktionen. Dunkle Tropenholzschreibtische, Elfenbeinfüllfederhalter, goldene Briefbeschwerer. Leider sieht das im Triemli anders aus. Die „Direktion“ ist einfach ein ganz langer Gang ohne Ende, dafür mit einem tiefblauen Boden. Natürlich muss ich zuerst an Shining denken, dann aber unerwarteterweise ans Alpamare. Es wäre nämlich toll, wenn dieser Boden nicht nur tiefblau, sondern tatsächlich aus Wasser wäre und eine Strömung hätte. Nur eine leichte Strömung, so wie dieser künstliche Fluss neben dem Jodbad. Dann könnten sich nämlich die Angehörigen, ich zum Beispiel, hier in den Fluss setzen und ein bisschen plantschen. Ich könnte mich dann auch einfacher mit den anderen Angehörigen unterhalten, in Badehosen kommt man sich schneller näher. Viel-

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leicht würde ich dann einen der anderen Angehörigen fragen, ob er auch Lust auf eine Portion Pommes mit hauseigener Würzmischung hätte, ich würde schnell hochgehen ins Restaurant und eine holen. Er würde dann sagen: „Mhhh…ich glaube ich nehm lieber zwei Chäschüechli, und noch ein paar saure Zungen.“ Und dann würd er schnell abtauchen und ich würde seine Wahl innerlich für sehr gut befinden und ihn fragen, ob er noch ein Rivella Rot wolle, worauf er antworten würde: „Blau, mein Lieber, blau. Ich bin schliesslich keine zwanzig mehr.“ 18:28 Eine Frau mit einer Gehhilfe hat sich in der Drehtür eingeklemmt, dahinter verabschiedet sich eine junge Frau von ihrer krebskranken Mutter. Am Abend wird es traurig im Triemli. Dann sind nur noch die da, denen es wirklich nicht so gut geht. Die, die tatsächlich auf die Postfächer neben der Telefonkabine angewiesen sind. Ich fühle mich plötzlich ganz schuldig, dass ich einfach so durch diese Drehtür rausgehen kann, gesund und ohne Tränen in den Augen. 18:43 SMS von F: „Jeeee röntgen!“ 18:49 Ich liege auf dem Parkplatz, die Sonne verschwindet hinter der Stadt. Auf einer Bank sitzen zwei Männer mit New Era-Caps und Christiano Ronaldo Styling. Der eine liest dem anderen eine SMS vor: „Ich finds eifach mega schad, dass du drü Jahr eifach äso wetsch vergässe. Alles wo mir zäme erläbt händ, alles wo mir duregmacht händ und jetzt chasch mir nöd mal meh id auge luege. Ich ghöre ganz schlimmi gschichtä vo dir. Seigsch nur no im usgang und machisch jederä schöni auge. Du häsch dich so gah lah. Ich bin enttüscht.“ Der, der zugehört hat, lacht. Der Vorleser lacht auch und sagt: „Ich ha zrugggschriebä: Gsehsch mega versifft us.“ Jetzt lachen beide ganz laut.

Adé, messi! von Kilian Ziegler

Wer kennt es nicht, man will am frühen Morgen bloss von A nach B. Ohne Umwege. Ohne Lärm. Ohne Stress. Das wäre auch kein Problem, gäbe es nur nicht jene, die ohne Rücksicht auf Verluste durch die Strassen brettern. Nein, nicht rasende Jugendliche, Busfahrer. Da ich heute spät dran bin, nehme ich ausnahmsweise den Bus. Ein Fehler. Ich steige ein, und traue meinen verschlafenen Augen kaum. Das Fahrzeug ist überfüllter als ein indischer Überlandzug, eingenommen von einem Geruch wie in der Garderobe des eidgenössischen Schwingfests. Ich drängle mich in eine Lücke und halte sicherheitshalber die Luft an. Zu meiner Linken, ein Dreikäsehoch. Aus seinem Kopfhörer dringt undefinierbarer Lärm, es klingt wie das Hörbuch einer Stabmixer-Bedienungsanleitung – könnte auch David Guetta sein. Zu meiner Rechten, ein Berg aus Make-up, ich glaube darunter versteckt sich eine Frau. Vor mir eine faltenübersäte Dame, wahrscheinlich eine Sechzehnjährige mit Jahrhundertkater. Der Chauffeur fährt los, von Null auf gefühlte Hundert in drei Sekunden. Was gerade noch ein Bus war, ist jetzt ein Schüttelbecher auf Vibrationsalarm. Der Moshpit des härtesten Hardcore-Konzerts wird zur friedlichen Tupperware-Party, im Vergleich dazu was hier drin geschieht. Einige schreien, andere stehen mir auf die Schuhe, weitere schlagen mir ihre Rucksäcke ins Gesicht. Ich überlege, den kaffeetrinkenden Mann neben mir zu fragen, ob er sein Getränk über meine Jacke schütten möchte, nur damit er nicht selbst auf die Idee kommt. Der Fahrer lacht teuflisch, während er versucht mit dem Rückspiegel Fussgänger abzuschiessen. Ich zücke mein Mobiltelefon, öffne die Notizen und schreibe „TESTAMENT“, gefolgt vom Satz „ich bin dann mal weg“. Ob es Särge in Busform gibt? Ich schliesse die Augen und denke: „Adé, messi!“ Plötzlich: Vollbremsung. „Endstation. Aussteigen. Alle. Jetzt.“ Das ging flott. Ich bin beeindruckt, das muss ein Streckenrekord gewesen sein. Ich schaue auf die Uhr... der Bus ist zehn Minuten zu spät. Jetzt weiss ich: wenn man von A nach B will, ist es das A und O nicht den Bus zu nehmen. Andererseits, nirgends sind Nahtoderlebnisse günstiger.

*Dieser Text ist ein Auszug aus dem Buch Live-Ticker, in dem Adrian Witschi mit 14 anderen Autoren den Live-Ticker zu Literatur erhebt. Erhältlich im Echtzeit-Verlag für

Eine gute Zeit La vache Kili

29 Franken. Witschi, geboren 1981, ist freier Autor und Journalist. Er lebt in Zürich und auf Sumbawa. www.adrianwitschi.ch

PS: Beim Schreiben dieses Textes kamen keine Rückspiegel ums Leben.

April 2013

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Schon gelesen..?

Wolkenbruchs wunderliche Reise in die Arme einer Schickse

Buchtipps von Seraina Scherer

Umdenken im Management von Rob van Haastrecht & Martin Scheepbouwer Sachbuch

Seraina Scherer ist Fachreferentin an der Bibliothek der FHNW Olten und Initiantin eines Online-Lesezirkels. > www.fhnw.ch/wirtschaft/bibliothek/bibliothek-olten > www.facebook.com/Bibliothek. FHNW.Olten > www.twitterlesezirkel.ch

Die beiden Autoren bieten mit ihrem Buch einen Ansatz zur konstruktiven Problemlösung. Gleich zu Beginn weisen sie darauf hin, was das Problem mit der Problemlösung an sich sei: Sie ist eine Kunst. Eine Kunst, derer nicht jeder automatisch mächtig ist, so wie auch nicht jeder in der Lage ist, bspw. Opern zu schreiben. Gehe man es richtig an, mache das Lösen von Unternehmensproblemen Spass, obwohl es auch harte Arbeit erfordere. Es sollte dabei nie nur um das Problem allein gehen, sondern vielmehr um erreichbare Zielsetzungen und tragfähige Lösungen. Dies stellen Haastrecht und Scheepbouwer in fünf Schritten dar: 1. Ziele setzen: Sich Herausforderungen stellen und realistische Etappen festlegen. 2. Analytisches Rahmenwerk errichten: Aufgaben skizzieren und konzeptionelle Überlegungen anstellen. 3. Analysen durchführen: Daten auswerten, Annahmen überprüfen und Zweifel ausräumen. 4. Lösungen erarbeiten: Szenarien entwickeln und Interventionen erarbeiten. 5. Im Zuge des Veränderungsmanagements alle Beteiligten auf eine Linie einschwören. Die Autoren ermutigen dazu, radikal umzudenken und sich in Projekten schneller auf mögliche Lösungsansätze zu stürzen, anstatt langwierige Analysen durchzuführen.

von Thomas Meyer Roman Man kommt in ein Alter, in dem einen mütterliche Über-Fürsorge anfängt zu nerven. Als speziell anstrengend erweist sich in dieser Hinsicht Mordechai „Motti“ Wolkenbruchs jüdisch-orthodoxe ‚mame‘, die verzweifelt versucht, den Sohn unter die Haube zu bringen. Motti ist Mitte zwanzig und beziehungstechnisch absolut grün hinter den Ohren. Seine Mutter fängt an, ihn mit ihren Verkupplungsversuchen mit ihrer Meinung nach geeigneten Heiratskandidatinnen gewaltig unter Druck zu setzen. Die romantischen Gefühle, die der Protagonist zeitgleich für eine nicht-jüdische Mitstudentin – eine Schickse – entwickelt, verkomplizieren die Mutter-Sohn-Beziehung ziemlich und führen dazu, dass Motti seinen scheinbar vorgezeichneten Lebensweg in der Zürcher jüdischorthodoxen Gemeinschaft gründlich überdenkt. Der Autor streut viele jiddische Ausdrücke ein, die in einem Glossar erläutert werden. Man gewöhnt sich schnell an die etwas spezielle Lesart und taucht so noch tiefer in die Welt der matriarchalisch geführten orthodoxen Familie Wolkenbruch ein. Thomas Meyer ist mit seinem Erstling ein humorvolles, unbedingt empfehlenswertes Werk gelungen. Die Lektüre lässt einen mehr als einmal laut auflachen und lässt sprachlich keine Wünsche offen. Da schreibt einer, der sein Handwerk versteht! Der Roman war 2012 für den Schweizer Buchpreis nominiert.

KOLT liest... Madame Bovary (Original 1857, Übersetzung 2012) von Gustav Flaubert Habe mich wieder einmal an Madame Bovary berauscht, aber diesmal richtig. Die neue Übersetzung von Elisabeth Edl ist grossartig. Man vergisst glatt, dass Flaubert auf Französisch schrieb. Die Geschichte der Emma Bovary, die sich so viel mehr erträumt, als ihr das Leben bieten will, sagt beinahe alles, was es zur Liebe zu sagen gibt. Ein Buch, das nie altert. Pedro Lenz, Kolumnist Für immer Nichtraucher (1992) von Allen Carr Dies liegt momentan auf meinem Nachttisch. Ich glaube, das sagt viel... Maurice Haas, Fotograf MONOCLE Magazine Die monatliche Publikation berichtet aus über 100 Ländern. Das sogenannte „global briefing“ bringt auf rund 200 Seiten eine frische Perspektive von und für Kosmopoliten aus den Bereichen Politik, Wirtschaft, Kultur und Design. Für Menschen, die gerne über den Tellerrand blicken und interessiert sind am Geschehen auf der Welt – fernab vom internationalen Mainstream. www.monocle.com Yves Stuber, Verlagsleiter

Modisch in den Frühling Mit Pierre cardin

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www.bernheim.ch

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IM RAMPENLICHT

Kultur in Kürze Für die April-Ausgabe sind wir mit Anfragen für redaktionelle Beiträge überhäuft worden. Wir wollen es diesmal möglichst Vielen recht machen und bringen darum an dieser Stelle als Monats-Vorschau häppchenweise Kulturnews aus der Region.

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m Schauraum an der Ringstrasse in Olten findet vom 6. bis zum 27. April eine Ausstellung des bildenden Künstlers Christian Geiger statt. Der 49-jährige Geiger, der aus Mulhouse stammt und mit seiner Kleinwüchsigkeit auffällt, hatte schon 1999 seinen erste Ausstellung in Olten und ist seither immer wieder als Künstler in der Region in Erscheinung getreten – unter anderem als Gestalter der Innenfassade im Migros Sälipark. Der Oltner Architekt und Geiger-Förderer Massimo Hauswirth schreibt über den Franzosen: „Er versteht es, Traum und Realität zusammenzuführen“.

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ie Band Backyards aus Olten, die nach eigenen Angaben „Blues’n’Roll“ spielen, schreiben uns in einem schönen, handgeschriebenen Brief: „Wir absolvieren gerade unsere kleine The Backyards on Winter-Tour, welche wir am Samstag, den 27. April in der Vario Bar in Olten abschliessen werden“, heisst es da. Und weiter: „Das wäre an sich noch kein Grund, Euch zu schreiben. Am Konzert in der VarioBar werden wir jedoch nicht nur unsere Tour abschliessen, sondern auch unsere zweite CD „Patchwork“ taufen. „The Backyards“ – das sind

Patrick Kohler (Bass, aus Reiden), Filip Isler (Gitarre/Gesang, Olten), Roman Baumann (Schlagzeug, Obergösgen) und Bandleader Daniel Zaugg (Gesang/Gitarre, Wangen).

E

in neues Album bringt auch die Oltner Band Macy auf den Markt. Einen Vorgeschmack bot die kürzlich veröffentlichte Single „Doodlediddle“. „Everbody needs somebody / when the night is cold and lonely“, singt Frontmann Cyril Mauderli im eingängigen Refrain – Macy macht leichte, gut produzierte Popmusik. Passt bestens in den Frühling. Das neue Album erscheint am 12. April. Von April bis Juni steht eine Tournee an, zwischen Zürich, Luzern, Basel, Biel, Bern – und natürlich Olten. Hier taufen die vier Macy-Musiker ihre neue CD, und zwar am 26. April in der Vario Bar.

I

n Olten ist ab diesem Monat auch ein neues Konzert-Label aktiv: Next Stop Olten. Dahinter steht der Oltner Martin Schaffner, der künftig regelmässig „akustische“ Konzerte veranstalten wird, vorerst in Zusammenarbeit mit dem Caveau du Sommelier und dem Coq d’Or. Ebenda finden auch die beiden ersten Gigs statt. Am 12.4. sorgt das Raphael Jost Quartett für Jazz-Pop-SwingStimmung im Caveau, am 21.4. tritt die Folk-Sängerin Shirley Grimes im Coq auf.

N

eue Musik gibt’s ausserdem von der Wangner Pop-Sängerin Cilla Marx (Neue Demo-CD mit 7 Songs) und vom Duo Buddy&Oli, das den Song „Baby Island“ veröffentlicht hat. Beides zu hören auf der Plattform mx3.ch.

D

er Egerkinger Autor Peter Nützi hat mit „Seelenkost“ kürzlich ein zweites Buch

veröffentlicht. Nützi, geboren 1952 in Olten und heute hauptberuflich als Wirtschaftsinformatiker tätig, vereint in dem Band Kurzgeschichten, Liedertexte, Gedichte und Aphorismen. Weitere Infos: www.nutzi.com.

I

m knapp-Verlag ist derweil das Buch „Aphrodite ungeschminkt“ von Beno Meier erschienen. Der ehemalige Kanti-Lehrer lässt darin den Leser erfahren, „warum Mythen zeitlos sind und wie sie unser eigenes Leben in all seinen Facetten widerspiegeln“, wie der frühere Kanti-Rektor Bruno Colpi auf dem Buch-Umschlag schreibt.

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ultur in all seinen Facetten gibt schliesslich am 27.April und zwar an der 3. Kulturnacht in Solothurn. Der Anlass ist erneut gewachsen; insgesamt 34 Künstlerinnen, Künstler und Kulturinstitutionen aus dem ganzen Kanton präsentieren ihr Programm an 27 Standorten. Auch Olten ist vertreten: einerseits durch die Late-Night-Show Nachtfieber (im Alten Spital), andererseits durch Slam-Poet Kilian Ziegler (Kreuz/Kulturm), der ausnahmsweise in einem Trio auftritt.

Illustration: Gaia Giacomelli // Text: ph

„Wir erhoffen uns mehr Resonanz von Jugendlichen“ Bald steht Olten wieder im Zeichen der Lacher: Vom 22. Mai bis zum 1. Juni gehen die 26. Oltner Kabarett-Tage über die Bühnen der Stadt – es kommen jährlich neue dazu. In diesem Jahr zum Beispiel das wiedereröffnete Coq d’Or. Hinter dieser „Expansion“ steckt ein klares Konzept, wie die Kommunikationsverantwortliche Christine Kern im Kurz-Interview sagt.

C

hristine Kern, die KabarettTage breiten sich weiter aus und finden neu auch im Coq d’Or statt. Wieso? Mit dem Coq d‘Or als neuem Spielort erhoffen wir uns mehr Resonanz bei jugendlichen Kulturinteressierten. Der Wortpoet Philipp Scharri bietet am Samstag, 25. Mai einen interaktiven Auftritt. Wer will, kann bereits am Nachmittag an seinem Workshop teilnehmen und hat die Möglichkeit, mit einem Kurzauftritt Teil des Abendprogramms zu sein.

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Hat Kabarett in der Wahrnehmung vieler Jugendlichen ein verstaubtes Image? Es ist eine Frage des Zugangs. Entweder werden junge Leute von ihren Eltern oder Lehrern fürs Kabarett sensibilisiert und an eine Vorstellung mitgenommen oder das Kabarett geht dahin, wo die Jungen sind und macht so auf sich aufmerksam. Wir sind daher auch auf Facebook aktiv und starten in Kürze einen Blog. Ist es ein problem, dass Kabarett oft politisch ist und vielen Jugendlichen

die Basis fehlt, um die Satire überhaupt zu verstehen? Das spielt sicher auch eine Rolle. Insbesondere Politsatire bedingt eine Auseinandersetzung mit dem aktuellen Politgeschehen. In den Locations Vario und Coq d‘Or treten neben Scharri junge Kabarettisten wie Till Reiners und Michael Krebs auf. Wie unterscheiden sich diese von den etablierten, bekannten Kabarettisten? Sie bringen frischen Wind ins Kabarett und eröffnen neue Perspektiven. Sie brennen vor Spielfreude,

sind wortgewaltig à la Poetry Slam und grooven auf der Bühne. Gibt es weitere Lokalitäten auf der Wunschliste der Oltner Kabarett-Tage? Das verraten wir noch nicht. Steht die kommende Ausgabe unter einem bestimmten Motto? Nein. Es treten aber auffällig viele Kabarettistinnen auf. Das Thema Frauen auf der Bühne steht denn auch im Zentrum des Kabarett-Talk mit Powerfrauen und Quotenmann im Ratssaal. ph

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IM RAMPENLICHT

Die schweizerischste aller NewcomerMusik-Shows Am 27. April kommt „8x15.“ von Radio SRF Virus in die Schützi Olten und präsentiert jeweils 15 Minuten lang 8 junge Schweizer Bands. Die Show beweist: Es geht auch ohne mediengerechtes Casting. Text von Elias Zimmermann Foto zVg

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ine Musik-Plattform ohne Plattitüden, das schwebte Eliane Laubscher vor, als sie 2010 den ersten „8x15.“-Abend in Solothurn plante. Die Produzentin wollte etwas Neues wagen: Keine Jury, keine Bewertung – die Musik im Zentrum, das habe die Schweiz verdient: „Die Schweizer Musikszene ist vielseitig und sehr professionell – schade nur, dass Bands oft nur kleinen Kreisen bekannt sind. Wir wollen die Grenzen niederreisen, seien dies GenreGrenzen oder lokale Einschränkungen.“ Das Konzept, 15 Minuten ohne eine Wertung zur Verfügung zu stellen, hat sich bewährt und lockt nun schon zum achten Mal in ein grosses Konzerthaus.

EIN GUTER RIECHER Die getroffene Auswahl versteht sich in diesem Sinne nicht als Ranking, sondern soll repräsentativ sein für die grosse Palette "einheimischen Schaffens". Mindestens ein lokaler Act muss dabei sein – in Olten ist es der Künstler Collie Herb, der zwar eine grosse Fangemeinde in der Region und der Schweizer Reggae-Community besitzt, darüberhinaus aber noch wenig bekannt ist. Das könnte sich mit seinem neuen Album in Bälde ändern. Wer lieber Hiphop (Dezmond Dez), Singer-Songwriting (Evelinn Trouble), Rock (Hathors, The

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Animen) oder Pop (The Legendary Lightness, Zeno) hört, wird ebenfalls gut bedient. Die achte Band wird in der SRF Virus-Lounge am m4musicFestival demokratisch ausgewählt. Das ist nicht das einzige typisch Schweizerische dieser Veranstaltung.

GROSSE UND KLEINE GESCHÄFTE Bisher haben die Programmverantwortlichen von Radio SRF Virus, SRF Musicnight und der Online-Musikplattform mx3.ch einen guten Riecher bewiesen: Zwei Bands ihrer Auswahl haben den Newcomer-/Talent-Preis der Swiss Music Awards gewonnen – Dabu Fantastic (2012) und Hecht (2013). Laubscher relativiert zwar – „ob und wie sehr wir zum Erfolg einer Band beigetragen haben, kann im Nachhinein schwer gesagt werden“ – doch dies sind nicht die einzigen Erfolgsgeschichten. „8x15.“ ist vor allem auch eine Plattform, um Netzwerke aufzubauen. Talent-Scouts von Veranstaltungs- und Plattenfirmen sind anwesend. Sie haben der Electro-Punk-Band Das Pferd zu einem Plattenvertrag oder Patrick Bishop zum Vorband-Engagement verholfen. Laubscher: „Die Vernetzung mit Scouts wollen wir unbedingt noch mehr ausbauen.“ Aber auch fernab vom grossen Geschäft erweist sich die

Ohne Jury, aber mit Moderator: SRF-Mann Robin Rehmann führt durch die Show.

Veranstaltung als wertvoll; so fanden etwa "Les Yeux Sans Visage" bei einer Afterparty-Jam-Session nach gemeinsamer Heimfahrt ihren neuen Schlagzeuger.

WIE EINE SCHWEIZER UHR Wer andere Talentbühnen mit „8x15.“ vergleicht, den mag der straffe Ablauf verwundern, der nicht zuletzt von einer grossen digitalen Uhr am Bühnenrand dominiert wird. Punkt viertel vor neun beginnt der Countdown, dann geht der Vorhang automatisch auf und gibt fünfzehn Minuten lang den Blick frei. Unerbittlich schliesst er sich auch wieder, denn die Umbauzeit für die nächste Band ist mit 10 Minuten knapp bemessen. Trotzdem ist laut Laubscher noch niemand mitten im Spiel überrascht worden oder nach der Umbauzeit nicht auf der Bühne gewesen. „Die Bands sind wirklich parat und vorbereitet, meist sehr diszipliniert, es gibt kaum ein Konzert, das so gut getimet ist.“ Bands haben plötzlich mit Stoppuhren zu üben begonnen – eine sehr schweizerische Sache also, meint sie

lachend. Der professionelle Eindruck ist auch deswegen wichtig, weil alle Konzerte von Radio SRF Virus live übertragen und von SRF zwei gefilmt werden. Der Mittschnitt wird in der Nacht vom 2. zum 3. Mai um 0.55 Uhr ausgestrahlt und ist auf dem Internet jederzeit abrufbar. Dieses Jahr ist ein weiteres „8x15.“ geplant, der genaue Ort steht noch nicht fest. Ob es vielleicht bald schon ein „8x15.“ Openair-Festival gibt – das dann wohl „30x15.“ heissen müsste? Daran habe sie noch nie gedacht, meint Laubscher. „Aber warum nicht?“

„8x15.“ am 27. April, pünktlich um 20 Uhr in der Schützi Olten. mit: Collie Herb, Dezmond Des, Evelinn Trouble, The Hathors, The Animen, The Legendary Lightness, Zeno plus eine Wildcard. www.srfvirus.ch

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FREAKS BRAUCHT DAS LAND

Die Arbeit geht nicht aus: In der Warteschlange befindet sich unter anderem die erste Fahne der Universität Zürich von 1932.

Stoff für Geschichten von historischem Gewebe Text von Rolf Strub Fotos von Yves Stuber

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in erster strahlender Frühlingsmorgen an der Hegibergstrasse hoch über Trimbach. Begrüsst wird man von einem grünen Schild: dieser Garten wurde von ProNatura mit drei Schmetterlingen ausgezeichnet. Aber es geht in diesem Portrait nicht um ökologische Pflege des Gartens, damit sich die Fauna wohl fühlt, sondern um aussergewöhnliche Menschen, die sich der Pflege von Gewebe oder besser Textilien verschrieben haben. Aussergewöhnlich sind auch einige Objekte, die hier im Textilkonservierungsatelier von Ina von Woyski und ihren beiden Mitarbeiterinnen wiederhergestellt und konserviert werden. Was den meisten wahrscheinlich zuerst einfällt, wenn man an antike Textilien denkt, ist das wohl berühmteste Objekt, zu dem jährlich Tausende pilgern um es einmal sehen zu können: das Turiner Grabtuch. An eben diesem habe ihre ehemalige Lehrerin gearbeitet, sagt Ina von Woyski.

Ina von Woyski Niedermann ist eine aus- und weitergebildete Textilkonservatorin und -restauratorin mit einem Auge fürs Detail und dem nötigen Fingerspitzengefühl. Ihre Faszination für die Konservierung hat die gebürtige Deutsche mit Vorfahren aus Polen in Griechenland entdeckt.

Absaugen, waschen, knüpfen, sticken, nähen, färben, unterfüttern, hinterlegen, ergänzen: das sind nur einige der auszuführenden Arbeiten. Repariert wird unter anderem auch mit gebogenen, feinen Nadeln aus der Augenchirurgie.

in Riggisberg (CH) plus etliche Kurse und Weiterbildungsseminare im Inund Ausland. Aber man lernt ja bekanntlich nie aus. Vor allem nicht in diesem Metier.

LEHRPLÄTZE

Frau von Woyski kontert die Frage nach der Herkunft ihres Namens auf die etwas flapsige Bemerkung meinerseits: "Ach, alter polnischer Landadel?" humorvoll mit: "Verarmter, polnischer Landadel, bitte!" Ihre Vorfahren stammen aus Pommern, ihre Familie ist aber in der Nähe von Köln ansässig und dort ist sie auch aufgewachsen. Als Tochter eines evangelischen Pastors. Auch jetzt hat sie noch mit der Kirche zu tun. Etliche textile Kirchenschätze werden von ihr und ihrem Team bearbeitet. Klerikale Stoffutensilien der Stadtkirche Rheinfelden aus dem achtzehnten Jahrhundert, textile Überschwemmungsopfer aus dem Kloster Sarnen

Die Faszination für Konservierung hatte ihren Ursprung, als sie mit 13 Jahren ganz allein zu ihrem Onkel nach Griechenland reisen durfte. Der Onkel betrieb dort eine KeramikRestaurations-Werkstatt des Deutschen Archäologischen Instituts. Das Interesse an historischen Objekten liess sie seither nicht mehr los. Möbelrestaurierung wäre eine Vorliebe gewesen, aber es gab damals keine Ausbildungsplätze für Frauen. Nach der Matura folgte eine Lehre als Handstickerin in Kaiserswerth (D), und dann die Ausbildung zur Textilrestauratorin in der Abegg-Stiftung

POLNISCHER LANDADEL

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In Köln aufgewachsen, seit 1981 in der Schweiz: Ina von Woyski Niedermann.

und Priester- und Messdienergewänder des Klosters Rathausen bei Emmenbrücke zum Beispiel. Aber auch weltliche, zeitgenössische Objekte landen auf dem Tisch vom Textilkonservierungsatelier. Etwa textile Kunst von der Art Basel nach Transportschäden.

LE CORBUSIER Eine der aktuellen Arbeiten liegt im Kelleratelier auf einem riesigen Tisch. Ein von Le Corbusier entworfener, grosser Wandteppich, der eine neue Wandhalterung bekommt, nachdem er mit Wasser und ph-Wertneutralem Waschmittel in einem zum Waschbecken umfunktionierten Kellerraum gereinigt wurde. Eine Prozedur bestehend aus schwemmen, einseifen, spülen und trocken tupfen. Der Wandteppich stammt aus der Sammlung des Bundesamtes für Kultur und kann für Repräsentationszwecke von Schweizer Konsulaten ausgeliehen werden. Die tolle Aussicht aus dem Atelierfenster kann man leider nicht geniessen, die Rollos sind runter gelassen, die Sonne könnte die Farben ausbleichen.

WÖLFE UND MUMIEN Bizarre Restaurierungsobjekte bieten Stoff für die Fantasie. Die Leinenbindenwicklung einer ca. 2500 Jahre al-

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ten ägyptischen Kindermumie durfte restauriert werden. Was Besuche von ganzen Schulklassen aus Trimbach zur Folge hatte. Oder ein mittelalterliches Wolfsnetz aus Hanfseilen vom Museum Jegenstorf, ca. 2 Meter hoch und 40 Meter lang, das stabilisiert werden musste (ja, früher wurden Wölfe nicht einfach nur abgeknallt). Auch Seidenteppiche aus Persien mit einem schwindelerregenden Versicherungswert wurden repariert und konserviert. Für das historische Museum Olten gab es unter anderem Wiederaufbereitungen geschichtsrelevanter Fahnen, eines Schaffhauser Gedenkseidentuches von 1865 und Oltner Mehlsäcken aus der Mitte des neunzehnten Jahrhunderts.

SIMPLY THE BEST...

DIE ZUKUNFT DER VERGANGENHEIT In der Schweiz ist Ina von Woyski Niedermann schon seit 1981 und hier hat sie auch ihren Mann kennengelernt, mit dem sie zwei Söhne und zwei Töchter hat, die bereits alle flügge geworden sind. Sie kann sich gut vorstellen übers AHV-Alter hinaus weiter zu arbeiten, so Augen und Hände wollen. Und, die Arbeit geht nicht aus. In der Warteschlaufe befinden sich: eine neapolitanische Krippenfigur aus dem 18.Jahrhundert, die erste Fahne der Universität Zürich von 1932 und ein tibetisches Rollgemälde, gerahmt in dunkelblauem Seidendamast.

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DAS LIEBSTE ZUM SCHLUSS

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Collage von Gaia Giacomelli

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Akne und ihre Behandlungsmethoden Üffentlicher Vortrag 23. April 2013, 19 Uhr in der Artemedic Olten Referent: Dr. Ch. Schänzle, Chefarzt Dermatologie Anmeldung unter 062 286 62 70 oder info@artemedic.ch www.artemedic.ch


16 Standorte in der ganzen Schweiz, mit dem Herzen in der Region Olten: www.nussbaum.ch

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