DAS OLTNER STADT- UND KULTURMAGAZIN
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AGE IT NDA Som mer 20
www.kolt.ch
NUMMER SIEBEN / ACHT 2013 // CHF 5.-
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SCHATTENWELT STRASSENSTRICH
Eine Prostituierte packt aus
WAHLANALYSE Aufruf an den neuen Stadtpräsidenten KOLUMNE Komische Ampel-Erlebnisse mit Kili the Kid OPENAIR-SOMMER Alle Festivals der Region auf einen Blick KITAS Oltner Eltern habens viel einfacher als Zürcher FREAKS Drei „Chinesinnen“ in Südwest
IMPRESSUM
EDITORIAL VERLAG / HERAUSGEBER Verlag 2S GmbH Leberngasse 17 4600 Olten verlag@v2s.ch www.v2s.ch
Illustration von Jürg Lindenberger www.jlindenberger.ch
VERLAGSLEITUNG Yves Stuber, Matthias Sigrist REDAKTIONSLEITUNG Pierre Hagmann (ph) redaktion@kolt.ch FINANZEN Matthias Gubler INTERNETAUFTRITT Mathias Stocker LAYOUT / SATZ Christoph Haiderer, Gaia Giacomelli REDAKTIONELLE MITARBEIT Franziska Monnerat, Fiona Gunst, ValerieKatharina Meyer, Vincenzo Di Giuseppe, Pedro Lenz, Kilian Ziegler, Christian „Ché“ Dietiker, Dino Lötscher, René „Fribi“ Freiburghaus ILLUSTRATION Gaia Giacomelli, Anna-Lina Balke, Jamie Aspinall, Manuel „Ti“ Mathys, Pascal „Tokijad“ Hofer, Céline Fallet, Petra Bürgisser, Jürg Lindenberger, Alexandra Theiler, Cyril Müller FOTOGRAFIE Yves Stuber, Stephanie Dinkel LEKTORAT Simone Perrinjaquet LESERBRIEFE leserbriefe@kolt.ch www.kolt.ch/leserbriefe AGENDA agenda@kolt.ch www.kolt.ch/agenda ABO Jahresabonnement CHF 49.—(inkl. MwSt) Gönnerabonnement CHF 99.—(inkl. MwSt) abo@kolt.ch www.kolt.ch/abo INSERATE inserate@kolt.ch www.kolt.ch/inserieren KONTAKT www.kolt.ch hallo@kolt.ch AUFLAGE 1'500 DRUCK Dietschi AG Druck und Medien Ziegelfeldstrasse 60 CH-4600 Olten © 2013, Verlag 2S GmbH. Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit Genehmigung. Die Urheberrechte der Beiträge bleiben beim Verlag. Keine Gewähr für unverlangt eingesandte Manuskripte, Fotos und Illustrationen.
KOLT
Juli / August 2013
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ie ist 25 Jahre alt und heisst Dora, das ist ihr richtiger Name, und Dora hat kein Problem damit, über ihren Beruf zu sprechen. Dora ist gross, stammt aus Deutschland und arbeitet als Prostituierte. Seit zehn Jahren ist sie im Sexgewerbe tätig, seit kurzem auch am Oltner Strassenstrich, angefangen hat alles als Gogo-Tänzerin in Diskotheken; mit dem Milieu kam sie schon als Kind in Berührung – im Gespräch mit unserer Journalistin Franziska Monnerat sagt Dora: „Meine Freundinnen waren die One-Night-Stands von meinem Vater und sie waren alle Prostituierte“. Monnerat hat für ihre Titelgeschichte auch in die jüngere Vergangenheit und mögliche Zukunft des Oltner Strassenstrichs geblickt, der seit 2005 zwar nicht mehr der längste des Landes ist, der aber von seiner Bedeutung in der Schweizer Szene nur wenig eingebüsst hat. Was die Zukunft bringt, ist höchst ungewiss: Zurzeit steckt ein neues, kantonales Volkswirtschaftsgesetz in der Vernehmlassung, das die Basis für massive Veränderungen bis hin zur Totalschliessung des Strichs sein könnte. Diese Titelgeschichte dokumentiert jedoch einmal mehr, dass das Leben sich nicht in Paragraphen abspielt, sondern „da draussen“. Um es sichtbar zu machen, das Leben, um Menschen, Geschichten, Szenen abzubilden und damit die Welt ein bisschen zu erklären – und das ist die Aufgabe
des Journalismus' – muss man selbst nach draussen, vor Ort gehen und genau hinschauen. So ging Monnerat an einem Mittwochabend hinaus, vor Ort und lernte Dora kennen, die ihrerseits auf Freier wartete und stattdessen auf eine Journalistin mit vielen Fragen stiess. Das brachte Dora zwar kein Geld, aber vielleicht trägt die aussergewöhnliche Offenheit, die sie im Gespräch an den Tag legte, dazu bei, dass Sexarbeiterinnen wie Dora genauso als Menschen wahrgenommen werden wie alle anderen, die irgendwie ihr Geld verdienen müssen. An dieser Stelle eine kleine Warnung: Dora spricht die Dinge an, wie sie sind. Wir haben ihre Sprache in die Schriftform übernommen, weil auch die Sprache Ausdruck wie Teil dieser Realität an der Haslistrasse in Olten ist und überall sonst, wo sich das Sexmilieu eingenistet hat; am Strich wird nunmal nicht Liebe gemacht, sondern gefickt. "Es macht dich kaputt im Kopf", ab Seite 18.
Cover illustriert von Cyril Müller
mit freundlicher Unterstützung von:
DRUCK&MEDIEN OLTEN
Mit dieser Ausgabe verabschieden wir uns in die Sommerpause. Der Sommer drückt an verschiedenen Stellen dieser Nummer durch, auf Seite 31 etwa finden Sie eine Übersicht über alle Openair-Events der Region. Das nächste KOLT erscheint Ende August. Ich wünsche Ihnen, geschätzte Leserinnen und Leser, eine wunderbare Sommerzeit und viel Vergnügen mit dieser Lektüre! Olten, im Juni 2013 Pierre Hagmann
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am Beachevent in Olten vom 15. -18. August 2013 in Olten
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INHALT
SOMMER 2013
13 03 EDITORIAL / IMPRESSUM 06 PREVIEWS Highlights im Sommer 2013
09 CINEMA Fernost goes West // 5 Fragen an Claudio Zuccolini, Komiker
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13 DAS KLEINE JOB-INTERVIEW Corinne Gehrer, Kindertagesstätte Lilly&Lars
14 STADTLEBEN 14 We all scream for ice cream 15 Wahlanalyse 2013: Offener Brief von Dr. Walter B. Grünspan
16 IM EXIL Menschen aus der Region berichten aus der Welt: Williamsburg, München, Natal, Cala d'Hort
18 "Es macht dich kaputt im Kopf"
Dora, 25, arbeitet als Prostituierte auf dem Strassenstrich
26 HÖREN & LESEN
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26 Pedro Lenz „Unter unserem Bewusstsein“ // René Frauchiger „Hundert Franken“ 27 Ché‘s Bro Tipps // Deeno‘s Review // Fribi‘s Metal News 28 Christian Zeier „Was, wenn es wichtig ist?“ // La Vache Kili „Unter Druck“ 29 Schon gelesen...? // KOLT liest...
30 IM RAMPENLICHT
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30 "Eine kleine Tour im Ausland wäre das Schönste" // 31 Der Openair-Sommer in der Region Tragikomik mit den Klee-Puppen auf der Kohliweid
32 FREAKS BRAUCHT DAS LAND Drei Teile eines grossen Puzzles
34 DAS LIEBSTE ZUM SCHLUSS Die besten Dinge des Monats
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PREVIEWS
Tipp des Monats
FOTOBUCH „VON ROLL EISENWERK FOTOGRAFIE“ Buchvernissage im Rahmen der Ausstellung von Roll Eisenwerk HISTORISCHES MUSEUM OLTEN Konradstrasse 7 4600 Olten 062 212 89 89 www.historischesmuseum-olten.ch
Ein Engagement der Kulturstiftung Starrkirch-Wil
ST. PETER AT SUNSET
ZELTKULTUR CH-4656
Einmaliges Festival-Erlebnis vor traumhafter Kulisse
Das überraschende Kleinkunstfestival
KAPELLE ST. PETER KESTENHOLZ www.sunsetevents.ch 3. - 7. Juli 2013 Tickets via ticketcorner.ch
KONZERTE AM TURM GOES KIRCHGASSE
u.a. mit Rhaban Straumann, Tchiki Duo (Bild), Simon Libsig, Christoph Schelbert und united puppets. KOHLIWEID, STARRKIRCH-WIL www.zeltkultur.ch
Doodlediddle: Macy Live
Buchvernissage: 2. Juli 2013, 19 Uhr Ausstellung: 18. April 2013 – 27. Oktober 2013 Öffnungszeiten: Di bis Sa 14-17 Uhr, So 10-17 Uhr
ERÖFFNUNGSFEST OLTNER KIRCHGASSE www.macymusic.ch Do 4. Juli 2013, ab 19 Uhr
3.-6. Juli 2013 Das Café Roulotte ist geöffnet von 18 - 24 Uhr Das Hauptprogramm im Zelt beginnt ab 20 Uhr Das Aussenprogramm findet vor und nach der Zeltaufführung statt. Der Eintritt ist frei (Kollekte)
Im Rahmen der aktuellen Sonderausstellung „Von Roll Eisenwerk“, die über die mehr als 200 Jahre lange Firmengeschichte der Von Roll-Werke informiert, gibt das Historische Museum Olten ein Fotobuch mit dem Titel „Von Roll Eisenwerk Fotografie“ heraus. Das Fotobuch vereint eine Auswahl alter Bildquellen und neuer Fotografien aus Firmenarchiven, Museen und Sammlungen, von Fotografen, Mitarbeitern der Von Roll-Unternehmungen sowie aus den Beständen des Historischen Museums Olten. Mit der Herausgabe des rund 300-seitigen Bildbandes will das Historische Museum Olten an die beeindruckende industrielle Tradition des alten solothurnischen Grosskonzerns erinnern. Die Buchvernissage findet im Historischen Museum Olten statt. Es spricht Irene Amstutz, Leiterin des Schweizerischen Wirtschaftsarchivs, Basel. Bestellungen des Fotobuches „Von Roll Eisenwerk Fotografie“ sind per E-Mail an info@historischesmuseumolten.ch oder unter Tel. 062 212 89 89 möglich. Preis des Buches: CHF 80.-
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"St. Peter at Sunset" hat sich mit TopStars und traumhafter Kulisse einen Namen gemacht: Die Konzertbühne steht an einer jahrhundertealten Kapelle mit einem üppigen 350 Jahre alten Lindenbaum, im Hintergrund der Jura. Und auch für den Gaumen gibts Genussvolles. Das Festival findet vom 3. bis 7. Juli 2013 statt. Das Programm: Xavier Naidoo und Quartett sorgen für feinste Soul-Atmosphäre (3.7.). Frankreichs Bühnen-Queen Patricia Kaas zelebriert Songs der Grande Dame des französischen Chansons: Edith Piaf (4.7.). Weltstar Roger Hodgson (SUPERTRAMP) rockt (5.7.). Der englische Jazz-Zauberer Jamie Cullum reisst mit seinem Groove das Publikum mit (6.7.). Traditioneller Abschluss ist der volkstümliche Schlagerabend (7.7.). Hauptact: Die Amigos. Ebenfalls auf der Bühne: Die Schürzenjäger. Durch den Abend führt SRF-Moderator Sascha Ruefer. Neben den Hauptacts treten auch diverse Vorgruppen auf (u.a. Seven). Am Sonntag findet die Finissage inklusive Förderpreisverleihung statt. Be there, be in!
Macy macht Pop. Punkt. Aber richtig guten Pop. Die vierköpfige Band aus Olten hat sich guten Songs verschrieben, eingängigen Hooks und schönen Refrains. „Release your Soul“, das aktuelle 2. Album von Macy, vermittelt grosse Emotionen ohne pathetisch zu wirken und mit den Produzenten von Somastudios (Heidi Happy, Reto Burrell) im Rücken, finden immer wieder neue Klangwelten den Weg in die Lieder. Mit der ersten Single „Doodlediddle“ setzen Macy ein Pop-Statement. Jeder Ton voll von Energie. Jede Textzeile voll von Leben. Bereits seit Wochen verbreitet „Doodlediddle“ gute Laune auf diversen Schweizer Radiostationen. Mit den Songs von „Release your Soul“ und dem Debütalbum „Calling out“ im Gepäck, spielten Macy eine kleine Unplugged-Tour und schliessen diese mit einem Konzert in Olten ab: am 4.Juli ab 19.00 Uhr Macy live am Eröffnungsfest der Oltner Kirchgasse. Mehr Infos unter: www.macymusic.ch
Ein Zirkuszelt und das Café Roulotte stehen romantisch inmitten von Obstbäumen auf der Kohliweid, am Rande der Gemeinde Starrkirch, und laden ein zu „Zeltkultur“. Es wird Ihnen kein Zirkusprogramm, sondern ein kleines, feines viertägiges Kleinkunstfestival mit überraschenden Inhalten serviert. Lassen Sie sich draussen durch das Rahmenprogramm ins Staunen versetzen, geniessen Sie einen Apéro im Café Roulotte und freuen Sie sich auf das attraktive Hauptprogramm im Zelt. Es wird geboten, was in der Region noch nie zu sehen oder zu hören war: Vom live-painting mit musikalischer Begleitung der Band Olten Südwest über Paul Klees Puppentheater bis zur Uraufführung „Zeitschnipsel“ von und mit Rhaban Straumann. Artikel über „united puppets“ auf Seite 31.
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SOMMER 2013 OLTEN IN CONCERT AM INNENSTADTERÖFFNUNGSFEST
BABEL – THERE’S A HEAVEN ABOVE YOU!
Live-Auftritte von regionalen Bands
DISTELI-DIALOG 3
bis 18.8.2013
ERÖFFNUNGSFEST OLTNER KIRCHGASSE www.neuekirchgasse.ch
DEMODAYS 2013
DISTELI – KELLER – WARHOL // bis Mitte 2014
Computer- und Animationsfestival mit Wettbewerben
KUNSTMUSEUM OLTEN www.kunstmuseumolten.ch
Eine Veranstaltung von Echtzeit - Digitale Kultur
Öffnungszeiten: Di-Fr 14-17 Uhr, Do 14-19 Uhr Sa/So 10-17 Uhr
Fr 5. Juli, ab 18:30 bis 2 Uhr Rag Dolls (Bild) Collie Herb & The Vibe Controllers PAscal GEiser & Band Frozen Crocodiles Black Fire Araneon Technik: www.event-one.ch
SCHÜTZI OLTEN www.demodays.org www.schuetzi.ch www.echtzeitkultur.org 23.-25. August 2013
COOP BEACHTOUR OLTEN Internationales Beachvolleyball-Turnier
Tickets nur vor Ort ab 23.8, 17.00 Uhr nonstop bis 25.8 13.00 Uhr Abendticket 24.8 ab 18.00 Uhr
INNENSTADT OLTEN www.coopbeachtour.ch/olten Am Freitagabend ist die neu gestaltete Kirchgasse in den Händen von regionalen Bands. Ab 18:30 bis 2 Uhr spielen die Bands Rag Dolls (Gewinner des MyCokeMusic Awards), Collie Herb & The Vibe Controllers (Gewinner des Kulturförderpreis), PAscal GEiser & Band (Der Blues Newcomer der Schweiz), Frozen Crocodiles (Band der Musikschule Olten), Black Fire (Band der Musikschule Lostorf) und Araneon (Die Newcomer-Band aus der Region) am kostenlosen Konzert „Olten In Concert“ und sorgen für jede Menge heissen Sound. Die Oltner Innenstadt soll sich zu einem attraktiven, belebten Stadtraum entwickeln. Mit diesem Ziel wurde vom 6. November 2012 bis heute der Kern der Innenstadt um den Kirchplatz umgestaltet. Pünktlich aufs Schulfest 2013 wird die neue Kirchgasse mit einer Reihe von Eröffnungsevents in Betrieb genommen. Von Montag bis Freitag nach der Eröffnung am Schulfest zeigt die Kirchgasse, was sie kann. Oltnerinnen und Oltner, Vereine, Organisationen und Firmen aus Olten bespielen die Kirchgasse mit grossen und kleinen Veranstaltungen. Mit Konzerten, Markt, Darbietungen, Strassencafés und Festbeizen, Ausstellungen und Aktionen. Mit Alltäglichem und Aussergewöhnlichem.
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15.-18. August 2013
Im Stadtzentrum von Olten findet vom 15. bis 18. August 2013 während vier Tagen ein Beachvolleyball-Spektakel statt: Der in den vergangenen Jahren unter dem Namen „Beachevent“ bekannt gewordene Sport-Anlass wird in diesem Sommer erstmals im Rahmen der „Coop Beachtour“, der höchsten Schweizer Beachvolleyball-Turnierserie, durchgeführt. Die Zuschauer erwartet auf dem Center Court mit über 1000 Zuschauerplätzen ein hochklassiges Beachvolleyball-Turnier mit internationalen Damen- und Herrenteams sowie auf dem Nebenfeld Plausch-Turniere für Hobby- und Nachwuchs-Sportler. Gemütlich eingerichtete und von lokalen Vereinen geführte Festwirtschaften laden zum Verweilen ein. Besucher können sich kulinarisch und mit exotischen Drinks verwöhnen lassen und bei fetzigem Sound die herrliche Strandatmosphäre im Zentrum von Olten geniessen.
Vom 23. - 25. August 2013 gastiert das internationale Computer- und Animationsfestival Demodays zum 3. Mal in der Schützi. Es treffen sich Musiker, Grafiker, Programmierer und Computer-Bastler in Olten, um ihre „Demos“ in verschiedenen Wettbewerbskategorien zu präsentieren. „Demos“ sind von Computern in Echtzeit berechnete Multimediashows, welche durch die Teilnehmer eigens für verschiedenste neue und alte Rechner produziert werden. Die Demodays sind ein Geheimtipp und begeistern jedes Jahr mehr als 120 Besucher aus der Schweiz und dem nahen Ausland. Die Veranstaltung ist öffentlich, samstags ab 18 Uhr wird ein Abend-Ticket zum vergünstigten Preis angeboten. Bar & Bistro sorgen für das leibliche Wohl, Live-DJs (im Bild: Kenobit & Arottenbit mit Gameboy-Musik) und verschiedene Best-Of-Shows der Wettbewerbsbeiträge der letzten Jahre sorgen für zusätzliche Unterhaltung und Abwechslung zwischen den angeregten Diskussionen der Computer-Enthusiasten. Am Sonntag endet der Event mit der Preisverleihung.
Die Sommerausstellung «BABEL – There’s a Heaven above You!» deutet den Turmbau zu Babel und die babylonischen Sprachverwirrung überraschend frisch. Das biblische Symbol für menschlichen Hochmut, göttliche Rache und gesellschaftliche Dekadenz gilt zugleich seit jeher als allgemeinverständliches Symbol der subjektiven Welt der Künstler. Babel erzählt vom Hang der Menschen zum Überschreiben von Grenzen, von ihrem Traum, den Himmel zu berühren, von der Unzulänglichkeit der Sprache(n) und von der Notwendigkeit des Bildhaftmachens. San Keller (*1971) erhält als erster Künstler in der Reihe «Disteli-Dialog» eine Carte Blanche. Ausgehend von Martin Distelis Instrumentalisierung seiner Zeichenkunst im Dienst gesellschaftspolitischer Utopien beschäftigt er sich mit Funktionsweise und Form von ideologischer Rhetorik, mit Überzeugungs- und Werbestrategien sowie mit der Wertigkeit von Kunst. Sein Ziel ist es, den gesamten Oltner Disteli-Bestand gegen ein berühmtes Werk von Andy Warhol aus einer amerikanischen Sammlung zu tauschen. Das Disteli-Kabinett hat er zu einem Arbeitsraum umfunktioniert. Zum Projekt entsteht ein Film in Zusammenarbeit mit Nina Stefanka. Über Verlauf und Termine orientiert die Website des Museums.
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12.07. bis 04.08.2013 schützi olten
DEIN PremierenOpen Air-Kino • Spannende Filme • Aaria Food Happening • openyou lounge
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CINEMA
TURN ME ON GODDAMMIT NOR 2011 // DRAMA/COMEDY 4.-8. Juli, Kino Lichtspiele Die Hormone der 15-jährigen Alma spielen verrückt: Sie möchte jetzt und sofort ihre Sexualität entdecken und ausleben. Das Leben in Skoddeheimen, einem Provinznest in Westnorwegen, stellt sich allerdings als ziemlich öde dar. Dann kommt es aber auf einer Party zu einer sonderbaren Begegnung... – Mit ihrem ersten Spielfilm liefert die norwegische Dokumentarfilmerin Jannicke Jacobsen eine originelle Teenie-Komödie.
LIKE SOMEONE IN LOVE JAP 2012 // DRAMA 15.-19. August, Kino Lichtspiele Zwischen einem japanischen Callgirl und ihrem älteren Kunden entwickelt sich eine aussergewöhnliche Beziehung. Der Film stammt vom iranischen Regisseur Abbas Kiarostami. Er hat ihn in Japan gedreht, mit japanischen Schauspielern – obwohl er selber kein Wort Japanisch spricht. Doch der Film überzeugt mit viel Sorgfalt und ausgefeilten Dialogen.
5 Fragen an... Fernost goes West Mit „The Grandmaster“ kommt im Juli wieder einmal eine Grossproduktion aus Hongkong in unsere Kinos. Natürlich geht es um fernöstliche Kampfkunst. Doch wo Hongkong draufsteht, ist auch der Westen nie ganz fern. von Pierre Hagmann
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s gibt nicht viele chinesische Regisseure, die sich im Westen einen Namen gemacht haben. Einer davon ist Wong Kar Wai, zwar in Shanghai geboren, aber seit dem 5. Lebensjahr in Hongkong zu Hause. Sein neuer Streifen „The Grandmaster“ ist denn auch eines der seltenen chinesischen Exemplare, die es als Grossproduktion in die Kinos der USA und von Europa schafft. Dabei war das Kino der früheren britischen Kronkolonie lange Zeit die grösste Filmindustrie nach Hollywood und Bollywood. Auch nach der Rückkehr zur chinesischen Staatsmacht 1997 hat das Hongkong-Kino seine Identität nicht verloren. Stilprägend ist und war das klassische Action-Genre, dominiert natürlich von den asiatischen Martial Arts. Damit hat das Hongkong-Kino gewissen Kultstatus erreicht, es dient bis heute bekannten westlichen Regisseuren als Inspiration – Quentin Tarantino etwa nimmt immer wieder Bezug auf das Hongkonger Filmschaffen. Weil dieses kaum staatliche Unterstützung findet, richten sich die Produktions-
gesellschaften ganz nach dem Markt und der Masse. Daraus resultiert eine gewisse Verwandtschaft mit dem USKino, die sich sowohl in Inhalt (Comedy, Action) und Form (viele Sequels und Remakes), als auch in Machart (hohe Schnittfrequenz) manifestiert. Im Hongkong-Kino finden sich allerdings auch Elemente der klassischen chinesischen Filmkunst, die einen Hang zu Überstilisierung und Surrealismus aufweist. Ebenjene Kombination von westlicher und fernöstlicher Identität ist es ja auch, die bis heute die Magie der Sonderverwaltungszone Hongkong als Ganzes ausmacht. In dieses Schema passt „The Grandmaster“. Der Film erzählt die Geschichte von Yip Man, dem Mentor der früh verstorbenen Kung-Fu-Legende Bruce Lee. Lee war übrigens, wie könnte es anders sein, ein amerikanisch-chinesischer Doppelbürger.
Claudio Zuccolini, Komiker Was ist Ihr Lieblingsfilm? Pulp Fiction. Ich habe ihn schon etwa zehn Mal gesehen. Welchen Film haben Sie zuletzt im Kino gesehen? Ich bin sehr selten im Kino. Den letzten Film sah ich am Zürich Film Festival 2012: „Savages“ von Oliver Stone. Bei welchem Film hätten Sie gerne die Hauptrolle gespielt? Da gibt es einige. Wenn ich den Trailer von „The Great Gatsby“ anschaue, dann hätte ich gerne die Rolle von Leo DiCaprio übernommen. Mit welchem Filmstar würden Sie am liebsten einmal einen Kaffee trinken? Mit George Clooney am Comersee. Ich wüsste auch schon, welchen Kaffee er serviert. Und er bringt bestimmt noch ein paar hübsche Kolleginnen mit. Worüber würden Sie gerne einen Film drehen? Ein Zirkus wäre eine ideale Kulisse für einen Film. Vom Krimi bis zur Komödie liegt alles drin.
THE GRANDMASTER HK 2013 // ACTION Ab 11. Juli, youcinema
Das ganze Kinoprogramm: youcinema.ch und lichtspiele-olten.ch // Betriebsferien Kino Lichtspiele: 9.7. - 14.8. // Openair-Kino „open youcinema“: 12.7. - 4.8.
Zuccolini ist zurzeit mit dem Circus Knie auf Schweiz-Tournee. Vom 5. bis 7. Juli ist der Circus zu Gast in der Oltner Schützi.
BETÖRENDE SOMMERLOOKS ZU TRAUMPREISEN.
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KULTURSPLITTER
MONATSTIPPS DER MAGAZINE AUS AARAU | BASEL | BERN | LUZERN | ST. GALLEN | VADUZ | WINTERTHUR | WWW.KULTURPOOL.BIZ
zehnte später trennten sich Ausser- und Innerrhoden – jetzt wird trotzdem gemeinsam Jubiläum gefeiert. Im Zentrum steht das Festspiel «Der dreizehnte Ort», ein moderner Bilderbogen mit über hundert Mitwirkenden in Hundwil auf dem ehemaligen Landsgemeindeplatz. Das Jubiläumsprogramm unterläuft auch sonst einige Appenzell-Klischees – unter anderem mit der Wanderbühne Ledi, die von Ort zu Ort zügelt.
BERN: GURTENFESTIVAL MIT ZAZ
Der dreizehnte Ort.
Und so strömen sie wieder auf den Hausberg. Das
3. Juli bis 24. August. Hundwil AR.
Gurtenfestival zu Bern hat auch dieses Jahr schon
www.arai500.ch
längst viele der Tickets abgesetzt. Für spontane Openairgänger bleiben, abgesehen vom Zugriff auf den Schwarzmarkt, noch Karten für den Donnerstag und den Sonntag. Doch insbesondere das Programm von letztgenanntem kann sich sehen lassen. Unter anderen zu bestaunen: Die famose Französin Zaz, das nicht minder sehenswerte welsche Folk-Duo Carrousel, die englischen Bilderbuchrocker The Darkness. Gurtenfestival. Do., 18.7., bis So., 21.7.
BADEN: DIE FÜNFTE JAHRESZEIT Alljährlich über die Sommer- und Herbstmonate lädt
VADUZ: SOMMER IM HOF
das Museum Langmatt in Baden, welches eine se-
Die Veranstaltungsreihe „Sommer im Hof“ der Liech-
henswerte Impressionisten-Sammlung beherbergt, ei-
tensteinischen Landesbank beginnt am 4. Juli. Das
ne zeitgenössische Künstlerpersönlichkeit zur künst-
Programm ist auch in diesem Jahr vielfältig: Blues,
lerischen Auseinandersetzung mit der Sammlung ein.
Poetischer Rock, Latin Jazz, Funk und Soul stehen zur
Diesmal ist die Videokünstlerin Ursula Palla «Sommer-
Auswahl. Diverse Bands aus Liechtenstein, Vorarlberg
gast». Sie setzt sich mit zehn für die Langmatt geschaf-
und der Schweiz – darunter auch Carmen Fenk &
fenen Videos mit dem Spannungsfeld Natur – Tech-
Band – unterhalten das Publikum mit Bekanntem und Kulturmagazin
nik auseinander und verweist subtil auf die Geschichte
Winterthur Der Eintritt zu allen Veranstaltungen Unbekanntem.
des Hauses.
ist kostenlos.
Baden, Museum Langmatt, bis 30. November,
Ab 4. Juli im Innenhof des LLB-Hauptgebäudes
Infos: www.langmatt.ch
in Vaduz
JAZZ IN WILLISAU Der 84-jährige Pianist Cecil Taylor ist eine der radikalsten Stimmen des Black Free Jazz und der «big name» des diesjährigen Jazz Festivals in Willisau. Das aussergewöhnliche und international renommierte Festivel bietet einmal mehr ein vielfältiges und inspirierendes Programm. So sind neben Taylor dieses Jahr auch Musiker in Willisau, die stilistisch von Pop und Rock beeinflusst sind. So etwa der Gitarrist und Banjospieler Brandon Ross, der den Trompeter Ron Miles und den aussergewöhnlichen Schlagzeuger Tyshawn Sorey mit dabei hat. Aus der Schweiz kommt unter anderem die Tessiner Trompeterin Hilaria Kramer mit dem grossen Schlagzeuger Daniel Humair. Ein Muss für Jazz-Fans. Jazz Festival Willisau, 28. August bis 1. September,
RIEHEN, BS: BACK TO THE FUTURE In seiner aktuellen Sonderausstellung ‹Press start to
WINTERTHUR: ANTON GRAFF IM MUSEUM OSKAR REINHART
play› lädt das Spielzeugmuseum Riehen zu einer Zeit-
Anlässlich seines 200. Todestages ehrt das Museum Os-
reise durch die Geschichte der Videospiele ein. Begin-
kar Reinhart und die Nationalgalerie Berlin das Schaf-
nend mit der Gegenwart führt die Schau durch alle
fen Anton Graffs in einer umfassenden Ausstellung.
wichtigen Phasen der virtuellen Evolution: vom Muse-
Der Winterthurer Maler war im deutschsprachigen
um über Spielhalle und Wohnzimmer bis zu den An-
Raum der bedeutendste Porträtist um 1800. Kaum ein
fängen im Labor. Alles darf angefasst, alles ausprobiert
grosser Fürst, Staatsmann, General, Dichter, Künst-
werden. Eine Ausstellung nicht nur für jugendliche
ler oder Kaufmann in Deutschland wurde nicht von
Nerds, sondern auch für prädigitale NostalgikerInnen.
ihm porträtiert. Aber nicht nur beliebt bei Adel und
Ein Begleitprogramm u.a. zu Medienkompetenz und
Bürgertum, auch flink und produktiv war er: Als Graff
www.jazzfestivalwillisau.ch
Prävention rundet das Programm ab.
1813 starb, hinterliess er rund 1800 Porträts.
‹Press start to play – Videospiele erleben›:
APPENZELL: DER DREIZEHNTE ORT
22. Juni bis 29. September, Museum Oskar Reinhart
bis Fr 28.2.2014, Spielzeugmuseum Riehen,
1513 war es geschafft: Appenzell wurde als 13. Ort in
Stadthausstrasse 6, 8400 Winterthur
www.spielzeugmuseumriehen.ch
die Eidgenossenschaft aufgenommen. Ein paar Jahr-
www.museumoskarreinhart.ch
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Energie liegt in der Natur der Sache.
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DAS KLEINE JOB-INTERVIEW
„Hier ist der Run auf Kitas noch nicht so extrem“ Die gebürtige Ostschweizerin Corinne Gehrer eröffnet am 1. Juli zusammen mit einer Kollegin die Kindertagesstätte Lilly&Lars direkt neben dem Bahnhof in Olten. Hier erzählt sie, welche Ansprüche Eltern an eine Kindertagesstätte haben und wieso in Olten die Nachfrage nach Kitas viel kleiner ist als in Zürich.
OLTEN über die Welt
Interview von Valerie-Katharina Meyer Foto von Yves Stuber
C
orinne Gehrer, wie kommen Sie als Ostschweizerin dazu, in Olten eine neue Kindertagesstätte zu eröffnen? Ich war schon vorher zusammen mit Beata Zeller in Schwamendingen in einer Kita tätig. Hier in Olten fehlte in der Nähe des Bahnhofes ein solches Angebot, und so entschieden wir uns, gemeinsam eine neue Kita zu gründen. Besonders wichtig war, dass das Haus über einen Garten verfügt, sodass man mit den Kindern häufig Zeit im Freien verbringen kann.
ge alltäglich mit den Kindern zu leben. Mit dem Lachen der Kinder, mit ihrer Kommunikationsart oder mit ihrer Offenheit, wenn sie mir etwas zeigen, was sie eben gesehen haben. Das sind alles so schöne Momente! Wenn man diese den ganzen Tag hindurch schätzen kann, dann geht’s einem einfach gut.
Was ist für Sie das Wichtigste bei der Kita-Betreuung? Ich möchte, dass es jedem einzelnen Kind gut geht und dass ich mir die Zeit nehmen kann, auf das Kind und seine Bedürfnisse individuell einzugehen; denn seine Bedürfnisse stehen im Mittelpunkt. So sollen die Kinder auch immer frei wählen können, was sie machen wollen und was nicht; sie haben also keinen Leistungsdruck. Dennoch vermittelt die Kita ebenfalls Bildung, denn Bildung findet immer auch schon im Frühbereich der "Die Kinder sollen keinen Leistungsdruck haben": Kindheit statt. In der Betreuung Kita-Leiterin Corinne Gehrer. sind unsere Leitziele Integration und Prävention; davon sind wir aber leider weit entfernt, weil wir noch keine Subventionsgelder erhalten. Was für Ansprüche haben die Eltern in Olten an eine Kindertagesstätte? Ich Was bedeutet Ihnen die Arbeit mit den habe die Erfahrung gemacht, dass zuKindern? Die kleinen und grossen Dinerst die Strukturen stimmen müssen:
Grillzeit im Flügelrad Liebe Gäste, ab 18 Uhr möchte ich Sie mit meinen Grill-Variationen verwöhnen. Und immer am Freitag kommen diese von unserem Freiluft-Grill. Öffnungszeiten Mo bis Fr 11.30 bis 23.30 Uhr Restaurant Flügelrad, Tannwaldstr. 36, 4600 Olten 062 296 60 75, www.�lügelrad.ch
Plätze für Babys sind wichtig, lange Öffnungszeiten, sowie der Standort der Kita. Erst wenn diese Bedingungen erfüllt sind, werden Fragen wie gutes Essen oder Anpassung an Familienstrukturen relevant. Inwiefern bekommen Sie das Platzproblem der Kindertagesstätten zu spüren? Die regionalen Unterschiede sind riesig: In Zürich wollen alle Eltern die Kinder in eine Krippe geben. Hier in Olten, besonders in den umliegenden ländlichen Gemeinden, ist das noch nicht so ausgeprägt. Aber ich denke, dass die Nachfrage auch hier zunehmen wird, denn um Familie und Beruf vereinbaren zu können, braucht es Kindertagesstätten. Oft wollen die Eltern auch einen Platz in einer Tagesstätte, damit ihr Kind unter andere Kinder kommt. Und: Die Wartelisten der anderen Kitas in Olten sind mittlerweile auch voll. Wir können zur Zeit noch freie Plätze anbieten. Standort: Untere Hardegg 34. Interessierte melden sich unter mail@lillyundlars.ch oder 062 296 34 34. „Lilly und Lars“ bietet insgesamt 22 Betreuungsplätze, auch für Babys ab 4 Monaten, und ist jeweils von 06.45 bis 18.15 Uhr geöffnet.
Wie sieht Ihre persönliche Traumreise aus und wohin führt die? Claudia Stuber, 58, Olten Meine Traumreise führt mich mit dem Zug nach Rom, diese wunderschöne Stadt mit ihren wunderschönen Parks, dort suche ich mir eine friedliche, luftige, gemütliche und schöne Oase in der Stadt, wo auch meine Katze ihren Spass haben kann und ich die Zeit mit Lesen, Flanieren und dem Dolce far Niente geniesse. Gemma Bravo Gracìa, 27, Wangen bei Olten Mein Traumziel sind die Vereinigten Staaten. Dort möchte ich am liebsten im Westen Abenteuerferien erleben und nicht einfach faul am Strand rumliegen. Ein Besuch in Las Vegas würde definitiv auch dazugehören, ansonsten würde ich aber Orte meiden, die sehr touristisch sind. José Lòpez, 42, Olten Wenn Zeit und Geld keine Rolle spielten, würde ich einen Trip in die USA unternehmen. Und dort den Kontinenten durchqueren, von Alaska bis nach ganz unten. Max Huber, 33, Wangen bei Olten Ganz klar: Surfen in Puerto Rico.
SCHWEIZER NATIONAL-CIRCUS
STADTLEBEN
We all scream for ice cream Die Dreitannenstadt spürt den Sommer: Olten hat seit kurzem eine Gelateria. Und nun kommts noch dicker: Das Glacevelo ist im Anmarsch. Damit auch die neue Begegnungszone Kirchgasse nicht leer ausgeht.
LANGENTHAL 2.7. – 3.7. Markthallenplatz
OLTEN 5.7. – 7.7. Schützenmatte
ZOFINGEN 8.7. – 9.7. Heiternplatz
Vorverkauf: www.knie.ch und
Zürcher Theater Spektakel 15. August bis 1. September 2013 Zürich: Landiwiese, Werft und Rote Fabrik Veranstalterin: Stadt Zürich Kultur Tickets: www.theaterspektakel.ch oder www.starticket.ch
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s ist geschafft: Die „neue“ Oltner Innenstadt wird fürs Volk freigegeben. Die balzenden Fahrzeuge bleiben fortan draussen. In der neuen städtischen Oase gibts Friede, Freude – und Eiscreme, wie die Deutschen sagen, wobei da sowohl die Amerikaner (ice cream) als auch die Italiener (Gelato) schönere Worte für das gefrorene Dessert gefunden haben. Bei uns bleibt das aber die Glace und wie es aussieht, wird nun auch Olten vom Glace-Trend erfasst, der seit einiger Zeit in anderen Städten ausgebrochen ist. Vor ein paar Wochen hat im Hotel Olten die erste Gelateria ihre Tore geöffnet. Dort wird nun täglich bis 21 Uhr (oder 19 Uhr, sonntags und wenn die Sonne nicht mitmacht) Speiseeis verkauft, zubereitet nicht von irgendwem, sondern von einem Maestro Gelaterie, der seinen Titel in Italien erworben hat, dort also, wo das mediterrane Lebensgefühl um die feine Gelato herkommt.
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nd kaum hat sie geöffnet, die neue und erste Gelateria der Stadt, braust schon die Konkurrenz heran und zwar auf dem Velo. Womit wir wieder in der Innenstadt wären. Das Glacevelo, so nennen Matthias Meyer, Marc Aeschbacher und Paul Hürst ihr Projekt, ist – sofern mit der Bewilligung alles klappt – mit von der Partie in der Kirchgasse, wenn Olten seine neue Begegnungszone feiert. Das Ziel der drei Männer, die alle bei der Oltner Suchthilfe arbeiten, ist klar: „Wir wollen unseren Teil dazu beitragen, dass Olten belebter und attraktiver wird“, sagt der 24-jährige Meyer. Man habe das Gesuch bei der Stadt eingereicht und von Stadträtin Schelbert wie auch der Gewerbepolizei grundsätzlich ein positives Feedback erhalten. Was sicher nicht erlaubt werde, so Meyer, sei ein mobiler Verkauf. Das Glacevelo kann also nicht einfach ein bisschen herumkurven und hier
und da eine Glace verkaufen. „Dieses Verbot gibt es auch in anderen Städten wie etwa Bern“, sagt Meyer. Das Glacevelo, das in Olten bereits einige Male im Einsatz stand, verkauft Rudertaler Hofglace. Diese stammt von einem Bauern aus Schlossrued im Kanton Aargau und kommt natürlich ohne Zusatzstoffe aus, genauso wie die Glacen in der Gelateria. Ein Highlight aus dem Hofglacen-Sortiment ist die Kreation „Engelblau“ mit Vanilleund Bananenaroma. Neben der Quasi-Bio-Hofglace führen die drei Oltner auch die legendären Gasparini-Stängelglacen im Angebot. Was nun mit dem Eröffnungsfest beginnt, soll Bestand haben. „Bei schönem Wetter wollen wir künftig in Oltens neuer Begegnungszone präsent sein“, sagt Matthias Meyer. Die Innenstadt wurde schliesslich nicht nur für das Eröffnungsfest umgebaut und Glacen hat ja jeder gern, selbst Roberto Benigni und Tom Waits, die im Film „Down by Law“ unmissverständlich forderten: „I scream, you scream, we all scream, for ice cream!
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amit dürfte der Glaceverzehr in der Stadt Olten markant zunehmen. Was natürlich Glacesuisse, den Verband der Schweizer Glaceproduzenten, freuen wird. Der Verband hat kürzlich neuste Zahlen veröffentlicht, die zeigen, dass die Schweiz in Sachen Glacekonsum im hinteren europäischen Mittelfeld anzutreffen sind. Demnach essen wir jährlich knapp 50 Millionen Liter Speiseeis, das entspricht dem Inhalt von 400'000 Badewannen und bedeutet einen durchschnittlichen Konsum von 7 Litern pro Kopf. Ob solcher Zahlen können die Amerikaner nur den Bauch schütteln: Mit 22 Litern ice cream pro Jahr und Kopf sind sie weltweit einsame Spitzenklasse. ph
www.facebook.com/glacevelo www.hotelolten.ch/gelateria-olten.html
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STADTLEBEN ANALYSE ZU DEN WAHLEN 2013 OFFENER BRIEF VON DR. WALTER B. GRÜNSPAN
Liebe Oltenerinnen und Oltenerer, S
ie gewähren mir immer wieder kulturelles Asyl, deshalb wurde ich im Eidgenössischen Deppendepartement für „warme Luft und flaue Reden“ auserwählt, Ihnen Ihre Wahlen zu analysieren. Als politisch Abhängiger, aber parteiisch konfessionsloser Beamter, bin ich gerne Ihr Wahlbeobachter.
maruga macht im Asylwesen, was sich die Bürgerlichen nicht trauten und Widmer Schlumpf wird den Banken die Daten schneller ausgetauscht haben, als Sergio Ermotti Hoeness buchstabieren kann. Einzig Schneider ist - was er schon immer war - ein Eigeninteressenvertreter. Aber wer konnte das voraussehen? Dort wo ich herkomme hat die CVP etwa die gleiche Bedeutung wie Doris Leuthard unter Rhetorikern... Ihr Stapi glänzte in bester Manier mit dem üblichen „ich will gewählt werden“ Vokabular. Alles und Jede ist ihm wichtig. Ich bin gespannt wie weit die Nächstenliebe geht, wann die DNA Tests für Zuzüger kommen, wieviele Kehrtwenden dem Wind geschuldet werden und ob Kultur auch Politik wird. Wenn das Geld knapp ist, zeigt sich das wahre Gesicht rasch. Dann wissen Herr und Frau Olten sofort, ob Kultur, Bildung, Sport, Gemeinwesen so wichtig sind, wie immer gerne beschworen.
Die Elektionsdauer war lang. Über vier Monate wurden Sie immer wieder in die Urne gebetet. Das Auswahlverfahren dauerte länger als eine Auszählung im postkolonialen Afrika, die Resultate sind überraschender als im putin’schen Russland. Da für die Kantonsregierung der Kanton allzu oft an der Solothurner Stadtgrenze endet, lassen wir ihn für die Analyse getrost beiseite. In Olten wurden Regierung und Parlament gewählt und hier beginnt meine immerwährende Schwierigkeit mit den Begrifflichkeiten. In Bern ist eine Stadträtin, was bei Ihnen eine Gemeinderätin und ein Berner Gemeinderat heisst eben Stadtrat, in Olten. Exekutive und Legislative sind also vertauscht, vom Namen her. Item. Im Parlament waren die Verschiebungen marginal. Ein bisschen mehr opportunistisch-labiles Grün und wirkliches Rot. Unterhaltsamer waren die Wahlen zur Regierung. Der Migrantensitz wurde getauscht und ein linker National-Banker durfte auch Platz nehmen. Der Rest blieb sitzen. Der Zingg wollte gottlob kein Präsident auf Lebzeiten werden wie sein Solothurner Pedant, eh Pendant. Wenn der Bähnler den Zug verpasst, ist allenthalben gut lachen. Schliesslich passen Verspätung und Verschlafen wunderbar zu SBB und SP. Grün gegen Schwarz lautete die Affiche der präsidialen Endausmarchung. Wenn Wyss bei der Regierungsratswahl den Roten nicht grün war, dann ist den gleichen Roten eine andere Grüne nicht
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Am Radio sagte der Neue: "I freue mi uf die Arbet wo mi do, eh duet, eh i Agriff näh!" Doris Leuthard lasst grüssen. Für dieses Honorar – es ist nicht Gotteslohn – dürfte man nicht nur zuwarten erwarten, schliesslich wurde in vorauseilendem Gehorsam bereits eine Kirche nach ihm benannt. Illustration von Alexandra Theiler
schwarz genug. Vielleicht ist einfach beides das kleinere Übel als eine Frau. Jetzt sieht Olten schwarz, aso hat eine schwarze Spitze, die von gut 75% der Wahlberechtigten nicht gewählt wurde. Aber hierzulande entscheiden meistens die, die nicht an die Urne gehen. Wer weiss denn schon, wen man wirklich wählt? Eine Marionette? Einen netten Stadtvater, einen Blindgänger, Visionär, Revolutionär, Missionar, Kommunikator, Olten-Fan, Baumeister oder Handlanger? Ueli Maurer wurde zum Armeeabschaffer, Som-
Mit beamteten Grüssen aus der Oltener Agglomeration
Dr. Walter B. Grünspan PS: Falls der neue Stapi das Kolumnen-Honorar von Dr. Grünspan verdoppelt, darf er den Gesamtbetrag – quasi als kulturpolitischen Erstschlag – an eine kleine Oltner Kulturveranstaltung, nach seiner Wahl, spenden. Bei Interesse bitte melden unter: redaktion@kolt.ch www.waltergruenspan.ch
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IM EXIL
Wer im Ausland lebt oder seine Ferien jenseits der Grenze verbringt, ist herzlich eingeladen, uns einen Beitrag für diese Rubrik zu schicken: 1 Bild und max. 1000 Zeichen Text an redaktion@kolt.ch. Schöne Ferien!
1 WILLIAMSBURG (NYC), USA
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ieses Klavier stand im McCarren Park in Williamsburg und war eines von achtundachtzig Klavieren verstreut in allen fünf Boroughs von New York City. Das Ganze ist ein Projekt der Non-Profit-Organisation Sing for Hope, welche sich das Ziel setzte, die Interaktion von Künstlern und der Gemeinde zu fördern und die Kunst der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Das Projekt lief bis Mitte Juni, dann wurden alle Klaviere zum Lincoln Plaza manövriert, für ein letztes Open-Air-Konzert – bis die Instrumente schliesslich an Schulen, Spitäler und Gemeindezentren gespendet wurden. Stephanie Dinkel, 31, stammt aus Wisen und lebt und arbeitet als Fotografin in New York.
Sommer olé! Menschen aus der Region berichten aus der Welt – diesmal unter anderem über das brasilianische Zeitmanagement, LuusbuebeFerien auf Ibiza und Klavierspenden im Big Apple. Und überall scheint die Sonne.
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MÜNCHEN, DEUTSCHLAND
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uf dem Gärtnerplatz, inmitten der Stadt, wurde über Nacht diese Marmor-Statue aufgestellt. Es sieht ganz danach aus, als würde noch eine Büste draufgestellt werden. Von wem nur? Mein erster Gedanke war Basti Schweinsteiger, der gleich um die Ecke wohnt. Hab' ihn gefragt, er wusste nix davon. Es bleibt spannend und natürlich halte ich Euch auf dem Laufenden – soll noch einer sagen München sei elitär und prüde! Najet El Kamel, 32, stammt aus Olten und lebt in München.
Olten • Oftringen • Brugg
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März 2012
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IM EXIL
3 NATAL, BRASILIEN
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er Brasilien abseits der bekannten Touristenpfade bereist, muss sich mit Geduld wappnen. Dies trifft insbesondere auf den Nordosten zu und mehr noch, wenn man sich mit einheimischen Familienmitgliedern und Freunden verabredet. Die zeitlichen Diskrepanzen zwischen ihren und unseren Vorstellungen übertreffen bei weitem unsere national bekannte „quart d’heure vaudois“. Wir trafen uns an Silvester um sieben Uhr abends zum Apéro im Haus meines Schwagers, um danach den Jahreswechsel gemeinsam am Strand zu erleben. Natürlich waren wir die ersten; kurz nach zehn Uhr waren wir zwar vollständig,
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aber eine Gruppe verabschiedete sich nochmals kurz – um einen immens wichtigen Coiffeurtermin wahrzunehmen! So kam es, dass wir um Mitternacht und zu Böllerschüssen und Sekundenzähler aus dem Radio endlich im Taxi sassen, um unser Ziel zu erreichen. Selbstverständlich hat sich niemand an dieser „Verspätung“ gestossen, zumal die Nacht noch lange war und der Strand übersät mit traditionell weiss gekleideten, feiernden und tanzenden Leuten und unsere Neujahrsnacht fröhlich bis in den anderen Nachmittag hinein dauerte. Markus Keller, 45, stammt aus Olten, lebt in La Croix s/Lutry bei Lausanne und bereist oft Brasilien.
4 CALA D’HORT, IBIZA
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ieses Mal wollte ich mir einen Kindheitstraum verwirklichen – Sogenannte ‘Luusbuebe-Ferie’. Will heissen: mit Freunden eine Yacht mieten und die Partyinsel Ibiza aus einer neuen Perspektive kennenlernen. Es standen nicht die Ibizenkischen Partynächte, sondern das kulinarische Angebot im Vordergrund. In meinem Alter stehen Reservationsbestätigungen renommierter Restaurants höher im Kurs als mein Namen auf den VIP-Listen der Clubs. Mit unserer 20-Meter-Yacht umkreisten wir Ibiza und
stiegen gezielt an Orten aus, um uns köstlich und in gediegenem Ambiente verwöhnen zu lassen. Wie zum Beispiel bei Jimmy im Cocobeach am Playa d’en Bossa, Juan y Andrea in Formentera oder im Es Boldado in der Cala d’Hort, mein absoluter Favorit! Heute bevorzuge ich die Schönheit der Insel bei Tageslicht. Partymachen kann ich auch im Terminus in Olten, ob mit oder ohne Seth Troxler als Headliner. Kayhan Sabo, 46, lebt in Olten, wo er den Terminus Club und "das Restaurant" führt.
Feinste Kaliber von NOMOS Glashütte.
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"ES MACHT DICH KAPUTT IM KOPF"
»Es macht dich kaputt im Kopf« Das Milieu ist rau und spielt sich hauptsächlich im Schutz der Dunkelheit ab. Nicht alle aber, die im Milieu arbeiten, geben sich verschlossen. Die 25-jährige Dora aus Deutschland arbeitet als Sexarbeiterin auch auf dem Oltner Strassenstrich, dem wegen neuer Gesetze im Extremfall die Schliessung droht. Mit sehr offenen Worten gewährt uns Dora aussergewöhnliche und auch verstörende Einblicke in diese Schattenwelt. Text und Interview von Franziska Monnerat Illustrationen von Cyril Müller
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inke Spitzenunterwäsche, halterlose Strümpfe und String, Glitzergürtel, Hot Pants und Minikleider: Die Frauen, die in Olten an der Haslistrasse stehen, zeigen viel nackte Haut. Es ist ein Mittwochabend, kurz vor dem Eindunkeln, der Duft von Schokolade liegt in der Luft. Rund zwanzig Prostituierte bieten sich den Freiern, die in ihren Autos auf- und abfahren, an. Autokennzeichen von Aargau bis Zug und aus dem angrenzenden Ausland sind auszumachen. „Im Sommer hat
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es erfahrungsgemäss mehr Sexarbeiterinnen am Strassenstrich Olten, im Durchschnitt sind es etwa 35 bis 50 Frauen, seit der Ausdehnung der Personenfreizügigkeit auf die zehn neuen EU-Mitgliedstaaten hauptsächlich aus Ungarn“, sagt Melanie Muñoz, Koordinatorin des Vereins Lysistrada, der sich für bessere Arbeitsbedingungen von Sexarbeiterinnen im Kanton Solothurn einsetzt. Ein Mal pro Woche besucht Melanie Muñoz zusammen mit einer Mediatorin, die die sprachlichen Barrieren überbrückt, die Frauen am Strassenstrich.
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"ES HAT MICH GEREIZT, ES HAT MICH IMMER SCHON GEREIZT. DIESES MILIEU, DIESES NACKTSEIN, DIESES REGIEREN, DIESES GELD ZU HABEN, EINFACH DIE MÄNNER ZU BEHANDELN WIE EIN STÜCK SCHEISSE."
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"ES MACHT DICH KAPUTT IM KOPF"
Das Präventionsangebot im Sexgewerbe wurde Anfang der 1990er Jahre, zur Zeit der offenen Drogenszene, ins Leben gerufen. Mit einem Bus fuhr die Gassenarbeit auf den Drogenstrich, damals noch an der Industriestrasse, und deckte die Sexarbeiterinnen mit Kondomen und sauberen Spritzen ein. Der Drogenstrich wandelte sich zum längsten Strassenstrich der Schweiz. Daniel Vögeli von der FdP/JL-Fraktion verlangte Ende 2004, dass der Strassenstrich Olten geschlossen wird, eine rechtsfreie Zone wie die an der Industriestrasse dulde er und – wie er in Bezug auf das positive Echo auf die von seiner Partei lancierten Petition „Für eine sichere Stadt Olten“ postulierte – die Bevölkerung der Stadt Olten, nicht. Um dem Begehren sowie dem Gewerbe und den Investoren Rechnung zu tragen, hob der Stadtrat die örtliche Zuweisung der Strassenprostitution im Gebiet Industriestrasse per 1. Januar 2005 vollständig auf. Seit diesem Zeitpunkt gilt für die Industriestrasse zwischen Dampfhammer und SBB-Unterführung ein Nachtfahrverbot von 20 bis 5 Uhr. Der Strassenstrich verlagerte sich daraufhin an die Haslistrasse. "Es ist eine Daueraufgabe der öffentlichen Sicherheit, dass wir – das heisst, die Stadtpolizei in Zusammenarbeit mit der Kantonspolizei – die Szene sehr genau beobachten“, sagt Iris Schelbert-Widmer, Stadträtin und Sicherheitsdirektorin von Olten und fügt an: „Wir achten darauf, dass wir nicht nur die Sexarbeiterinnen kontrollieren, sondern auch die Freier. Bei den Freiern können wir lediglich schauen, dass sie die Verkehrsregeln einhalten.“ Vor zwei Jahren wurden Strassenverkehrsmassnahmen zur Beruhigung der Situation beschlossen und umgesetzt: Schranken an den Wendekreiseln Ost und West wurden installiert und die Tannwaldstrasse mit einem Nachtfahrverbot belegt. Vor kurzem verbot der Stadtrat – vorläufig für ein Jahr – die Strassenprostitution von morgens 5 bis abends 20 Uhr. Melanie Muñoz, Koordinatorin des Vereins Lysistrada meint zu den repressiven Massnahmen: „In der ganzen Schweiz ist eine Tendenz festzustellen, dass vor allem die Strassenprostitution reglementiert wird. Die Strassenprostitution ist der kleinste Teil der Sexarbeit. Aber sie ist sichtbar, darum ist sie in den Augen von Politik und Polizei einfach zu bekämpfen.“
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ine der Frauen, die an diesem Mittwochabend am Oltner Strassenstrich stehen, ist die 25-jährige Dora. Sie ist gross, trägt eine Brille, ihr Körper ist mit etlichen Tattoos verziert. Seit zehn Jahren ist sie im Sexgewerbe tätig, seit kurzem auch in Olten. Dora, warum arbeitest Du als Prostituierte? Es hat mich gereizt, es hat mich immer schon gereizt. Dieses Milieu, dieses Nacktsein, dieses Regieren, dieses Geld zu haben, einfach die
waren die One-Night-Stands von meinem Vater und sie waren alle Prostituierte. Womit hast Du angefangen? Mit Strippen, davor habe ich als Gogo-Tänzerin in Diskotheken gearbeitet. Dann wurde mir angeboten: Hey, du hast einen bomben Körper, du hast einen Charakter, du lässt dich nicht unterwerfen. Hast du nicht mal Lust, auf der Strasse anzufangen? Mit fünfzehn Jahren darfst du das eigentlich nicht, aber in Spanien ist das ein bisschen anders (Anmerkung der Redaktion: Prostitution ist in Spanien weder legal, noch ist sie illegal. Im Gesetz
"MEINE FREUNDINNEN WAREN DIE ONE-NIGHTSTANDS VON MEINEM VATER UND SIE WAREN ALLE PROSTITUIERTE."
Männer zu behandeln wie ein Stück Scheisse. Wenn man eine Vergangenheit hat, in der man selber behandelt wurde wie ein Stück Scheisse, ändert sich das im Leben. Wie meinst Du das? Ich habe 20 Jahre lange in Spanien gelebt, ich bin halb Deutsche, halb Spanierin. Meine Eltern hatten nie Zeit für mich. Es ist nicht die Schuld meiner Mutter, sondern die meines Vaters. Er war oder ist, das weiss ich ehrlich gesagt nicht, im Milieu tätig. Meine Freundinnen
kommt sie ganz einfach nicht vor. Das Schutzalter für sexuelle Handlungen liegt bei 13 Jahren). Erzähl von Deinen ersten Erfahrungen als Prostituierte. Ich weiss noch, das waren drei Negermamas, ich war die einzige kleine Weisse. Alle haben auf mich aufgepasst. Auf der Strasse ist es nicht wie hier. Hier sind die Strassen in der Industrie, bei uns sind die Strassen Hauptstrassen, Kreisel, gegenüber von Einkaufszentren. Jede hat ihre Ecke und da stehst du dann.
Dann habe ich angefangen mit Club, später eine Lehre gemacht drei Jahre lang als Domina. Seitdem sind die Jahre so schnell vergangen, dass ich mir denke: Oh, es sind ja schon zehn Jahre (lacht). Was hast Du in diesen zehn Jahren alles erlebt? Viele Sachen: Von gut bis böse, von lustig bis scheisse. Das Milieu ist eine eigene Welt. Konkret: Was ist Dir speziell in Erinnerung geblieben? Kurz nachdem ich von Spanien nach Deutschland gezogen bin, wurde ich in ein Laufhaus reingesetzt. Mein erster Kunde war auch mein letzter Kunde für diese Nacht. Er hat mir 7000 Euro gegeben, dafür, dass ich ihn wie einen Hund an die Leine genommen und ihn nackt vom Hauptbahnhof Frankfurt bis zur Diskothek Cocoon geführt habe. Ich dachte echt, der will mich verarschen. Aber nein, er wollte, dass ich ihn vor allen Leuten erniedrige. Und ich so: Gern, ich bin Domina, bei mir bist du an der richtigen Adresse. Dann sind wir zum VIP Eingang rein. Der Typ hat die Schuhe geleckt von allen Leuten. Das war für mich das lustigste Erlebnis in den zehn Jahren. Verrückte Sachen gibt es ganz viele, zum Beispiel Kunden, die wollen, dass ich ihnen die Eier aufschlitze mit Rasierklingen, zunähe und wieder aufschlitze. Also es gibt schon kranke Leute. Was sind die Nachteile des Berufs? Du hast Nervenzusammenbrüche. Du hast keine anständige Beziehung zu deinem Partner. Du musst einen Partner finden, der das Milieu akzeptiert oder besser gesagt in dem Milieu drin ist. Eigentlich hast du nur Probleme. Auch mit dem Geld. Weil du dich an das Geld gewöhnst, das du kriegst und das mehr ist als du mit sonstiger Arbeit verdienen würdest. Es ist ein anderer Lebensstil. Wenn du einmal in dem Milieu drin bist, bleibst du drin. Da kann jede Frau sagen, sie komme raus, sie geht vielleicht raus, aber sie kommt auch wieder rein. Hat dieser Job – ausser dem Geld – seine positiven Seiten? Eigentlich geht es nur ums Geld. Es gibt Frauen, die machen es, weil sie Spass daran haben. Klar, warum nicht? Ich würde gerne mit meinem Job aufhören, momentan kann ich aber nicht, weil ich ein Haus gekauft habe zusammen mit meinem Mann. Ich will Luxus ha-
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AM LIEBSTEN NACH HAUSE
Ich bestelle ein Jahresabonnement für CHF 49.-und erhalte KOLT Monat für Monat. Ich möchte KOLT unterstützen und bestelle ein Gönnerabonnement für CHF 99.-und erhalte KOLT Monat für Monat. Ich möchte KOLT in meinem Betrieb auflegen und bestelle für CHF 149.-5 Exemplare
10 Exemplare
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KOLT Postfach 1927 4600 Olten
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Januar 2011 2011 22 KOLT Januar
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"ES MACHT DICH KAPUTT IM KOPF"
ETABLISSEMENTS
IM SEXGEWERBE CABARET Bar mit Bühne, auf der sich eine Tanzstange befindet, im
ben, ich will nicht solche Betten haben (deutet auf das Bett im Zimmer), sondern Betten, die drei Mille kosten. Deswegen arbeite ich noch. Wie viel verdienst Du? In der Schweiz verdienst du das Doppelte von dem, was du in Deutschland verdienst. In Deutschland sind 50 halbe Stunde, Blasen ohne, Küssen Muss, Französisch natur gegenseitig Muss, Ficken mit. Hier sind 50 Franken ein Witz. Oder einen Blasen mit Gummi. Sechs Wochen war ich hier, vier Wochen davon in Olten. Da ich nicht mehr als 10 000 Franken über die Grenze nehmen kann, habe ich einen Teil des Geldes verschickt. Das darf man, ich habe nachgefragt, nicht, dass ich Probleme mit der Polizei kriege. Dir ist es also wichtig, dass Du rechtmässig handelst, wenn du in der Schweiz als Sexarbeiterin tätig bist? Ja. Wenn dir in der Schweiz etwas passiert oder du etwas verbrichst, steckst du hier fest. Deswegen ist es immer besser für uns Deutsche, ein gutes Bild abzugeben. Gerade, weil im Moment so viel Ostblock unterwegs ist, Ungarinnen, Rumäninnen, also die, die unser Gewerbe kaputt und alles unter Preis gemacht haben. Klar, gibt es auch gute rumänische und ungarische Frauen. Aber das Problem ist, dass viele mittlerweile schon für 50 beides machen oder Ficken ohne Gummi. Da stehen wir Deutschen nicht dahinter, wir bieten das nicht an. Welche Folgen hat das? Die Männer, wo wollen die hin? Die wollen dahin, wo sie kein Latex drauf haben. Die gibt’s für 50, sieht zwar scheisse aus, scheiss drauf, ich denk mir was anderes, hab aber nur 50 Franken ausgegeben. Die Frau, zum Beispiel die Deutsche, sieht geil aus, die will mehr, aber nee, keinen Bock, ich geh zu der, die macht’s billiger, die macht’s sogar umsonst, die macht’s auch ohne Gummi, die macht’s für Drogen. Ich bleibe bei meinen Preisen und das ist 50, 80, 100 aufwärts. Ich kann mich nicht unter meinem Wert verkaufen.
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"JEDE VIERTE HURE HAT EINE SCHIESSEREI GESEHEN, DROGEN SIEHST DU JEDEN TAG, NEIN, JEDE STUNDE. HAST DU EINEN ZUHÄLTER, HAST DU JEDEN TAG GEWALT."
Erdgeschoss, darüber Zimmer.
Iraner, keine Afghanen und keine Pakistani.
Hauptsächlich Frauen aus Drittstaaten kommen mit einem Artistinnen-Visum für acht
Warum nicht? Meistens ist der Penis sehr gross. Sie sind sehr aggressiv, dominant, unterwerfen die Frauen, Kopftuch und so. Mit dieser Art komme ich nicht klar, weil ich selber sehr dominant bin. Sonst schaukeln wir uns in der Diskussion hoch bis ich ausraste und ihn rausschmeisse. Wenn sie dich verbal nicht unterwerfen können, versuchen sie es handgreiflich und dann gibt’s die Faust. Denen ist es egal, ob du eine Frau bist oder ob es hier Kameras hat. Aber das funktioniert bei mir nicht.
Monate in die Schweiz und haben einmonatige Engagements als Nackttänzerinnen. Obwohl den Frauen Prostitution verboten ist, wird sie schweizweit toleriert und macht einen Teil ihres Verdienstes aus. Finanzierungsgrundlage der Betreiber ist der Alkohol. KONTAKTBAR Bar, in der selbständige Prostituierte, die in den oberen Stockwerken ein Zimmer gemietet haben, ihre Kunden anwerben. Finanzierungsgrundlage der
Warum arbeitest Du hier in Olten? Olten ist der beste Strassenstrich, den es gibt. Basel ist scheisse, das sind nicht mal hundert Meter an Strasse, die Frauen stehen aneinander gereiht. Hier hast du mehr Platz zum Laufen und die Autos können bei einer Frau stehen bleiben. Wenn du in Basel stehen bleibst, hast du direkt vier Frauen vor dem Auto. Die Männer sind nicht alle Machos, es gibt auch Männer, die sind schüchtern. Ich habe gehört, es läuft gut hier in Olten, also habe ich mir gedacht, ich komme mal her. Von der Strasse kann ich nichts Schlechtes sagen, im Gegenteil: Ich komme wieder.
Betreiber ist weniger der Alkohol, sondern die Miete und möglicherweise eine prozentuale Abgabe der Prostituierten auf ihren Service. Laufhaus Bordell, in dem Prostituierte ein Zimmer mieten und die Freier durch die Gänge laufen, um mit den Frauen in den Zimmern zu verhandeln. Wenn sie auf Freier warten, steht ihre Tür offen. SALON Wohnung, die Prostituierte gemeinsam mieten und dort ihren Service privat anbieten und über
Welche Grenzen setzt Du bei deinem Service? Was machst Du nicht? Mein Mund, meine Liebe, meine Zärtlichkeit sind meinem Mann vorbehalten. Ich könnte einem Freier nie im Leben Zärtlichkeit geben, auch wenn er mir dafür 10 000 Franken bezahlen würde. Ich kann ihn nicht küssen, das geht nicht. Weil ich nur meinen Mann liebe und ich mich selber anlügen würde. Ich mache schon etwas Ehrliches. Bei welchen Freiern sagst Du nein? Ich nehme keine Dunkelhäutigen, keine
Welche Vorteile hat der Strassenstrich gegenüber einem Etablissement? Strasse ist schnell. Du kannst deine Extras nehmen wie du willst. Es gibt welche, die machen anal für 50, bei mir kostet anal 250 für eine halbe Stunde. Es gibt welche, die zahlen es, es gibt welche, die zahlen es nicht. In den Clubs kriegst du heute nicht mehr so viel Geld wie früher. Früher habe ich im Globe in Zürich für 250 Franken eine Viertelstunde gearbeitet, mittlerweile sind es 50 Franken für eine halbe Stunde. Also, was läuft besser in der Schweiz? Die Strasse.
Inserate und Telefon selbständig bewerben. (SAUNA-)CLUB Wellnesscenter mit Bar, Whirlund Swimmingpools, Kinos usw. Prostituierte und Freier zahlen Eintritt, um die Infrastruktur nutzen zu können. Zusätzlich kostet das Zimmer, dessen Miete wird grösstenteils auf den Kunden abgewälzt.
Laut dem Verein Lysistrada
Wie ist der Strassenstrich in Olten im Vergleich zum Beispiel zu Hamburg? Das hier in Olten ist kein Milieu, das ist ein Zirkus, ein Kindergarten, ei-
zählt der Kanton Solothurn im Verhältnis zur Bevölkerungszahl schweizweit die meisten Sexarbeiterinnen.
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TITEL ne Jugendherberge. Mit dem Unterschied, dass ich halbnackt rausgehe. Milieu sind für mich Strassen wie in Hamburg. Da geht es richtig ab. Ich war zwei Jahre lang in Hamburg. Da wird zum Beispiel nicht gefickt, also es gibt keinen Verkehr. Es gibt Fickfalle, Blasefalle, Arschfalle. Das heisst: Will jemand anal, du kriegst anal, du fickst meinen Finger, meinst aber, dass du meinen Arsch fickst. Wenn du wirklich mit jemandem bumst in Hamburg, kriegst du aufs Maul. Ohne Zuhälter kommst du nicht in Hamburg auf die Strasse. Da sind mehrere Gruppierungen: Die Engel, die Black Jackets, die Mareks aus Mannheim und die Hooligans. Jede Strasse, jede
Ecke, jede Frau gehört irgendjemandem. Wie nimmst Du die Repression seitens der Polizei am Strassenstrich Olten wahr? Ich find’s einerseits scheisse, dass die Polizei die ganze Zeit vorbeifährt, andererseits gut wegen dem anderen Haus, weil die Mädels viel Theater machen, die Beine für ein bisschen Koks breitmachen und uns die Kunden wegnehmen. Aber dass die Bullen jeden Tag vorbeikommen muss nicht sein. Ich habe auch gehört, dass sie den Strassenstrich zu machen wollen hier in Olten. Das wird nichts bringen, wir werden uns eine andere Strasse suchen und dann
wird es wieder Politik geben. Ich finde, sie sollten es einfach so lassen. Sie haben ja schon verkürzt auf 20 Uhr am Abend bis 5 Uhr am Morgen. Die sollen doch froh sein, dass wir nicht tagsüber an der Haslistrasse stehen, wenn Familien mit Kindern vorbeifahren. Wenn wir Prostituierten nicht wären, glaub mir, es wären viel mehr Vergewaltiger und Kinderschänder unterwegs. Welche Rolle spielt Gewalt im Milieu? Eine sehr grosse. Ich will jetzt nicht schlecht reden über... oh, Gott, wie fange ich bloss an, was sage ich nur, damit es nicht falsch kommt? Gewalt, Drogen, Waffen – das ist alles im Mili-
eu. Ich sag’s mal so: Jede vierte Hure hat eine Schiesserei gesehen, Drogen siehst du jeden Tag, nein, jede Stunde. Hast du einen Zuhälter, hast du jeden Tag Gewalt. Wenn du nicht die Summe nach Hause bringst, kriegst du entweder aufs Maul oder du wirst weiter verkauft. Hast du keinen Zuhälter, hast du nur die Gewalt zwischen Frau und Kunde. Wie stehst Du zu Drogen? Bist Du nüchtern, wenn Du arbeitest? Ich war koks- und heroinabhängig. Gott sei Dank bin ich’s nicht mehr. Ja, ich konsumiere Drogen. Ich konsumiere Koks, Gras, Alkohol. Ich nehme Drogen, wenn ich auf der Arbeit bin.
"VON GUT BIS BÖSE, VON LUSTIG BIS SCHEISSE. DAS MILIEU IST EINE EIGENE WELT."
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"ES MACHT DICH KAPUTT IM KOPF"
Wenn ich einen Gast habe wie vorgestern, der sagt: Hey, ich habe 50 Gramm, ich bezahle dir 3, 4, 5, bleibst die Nacht mit mir? Klar. Why not? Bin ich halt zwei Tage danach verkorkst, trotzdem gehe ich auf die Strasse. Wer Party machen kann, kann auch arbeiten. Hier im Haus saufen alle Alkohol, nebenan im Haus nehmen alle Pillen, Koks, Amphetamine, was es so gibt. Jeder muss selber wissen, was er mit seinem Körper macht. Ich komme hier her, mache mein Geld. Was ich hier mache mit Drogen muss mein Mann ja nicht wissen, wenn ich nach Hause komme, bin ich ein sauberes Mädchen. Wie grenzt Du dein Privatleben von Deiner Arbeit ab? Arbeit ist Arbeit, privat ist privat. Klar ist es schwer, wenn ich nach Hause komme. Dann bin ich ein bisschen kälter und egoistischer als sonst. Ich muss schauen, dass ich meinen Mann nicht behandle wie einen Kunden, weil das bleibt wie eine Routine. Er bringt mich wieder in eine normale Schiene. Nicht nur Prostitution, Drogen und Party, sondern setz dich mal hin, Familie, Haus und so. Ich bin echt froh, dass ich ihn kennengelernt habe. Er zieht mir nicht den Boden unter den Füssen weg, im Gegenteil, er schubst mir den Boden unter die Füsse und sagt so und so. Deswegen ist dieses Jahr auch das letzte Jahr für mich zum Arbeiten. Du willst raus? Ja, das Milieu macht dich kaputt im Kopf. Wir möchten eine Familie gründen. Sobald ich weiss, ich bin schwanger, höre ich auf, definitiv. Solange ich kein Kind habe, höre ich im Dezember auf, wie lange, weiss ich nicht. Aber ich brauche auf jeden Fall eine Pause. Was möchtest Du nachher arbeiten? Ich möchte etwas machen, bei dem ich mit den Leuten kommunizieren kann. Von 2004 bis 2006 habe ich in Ibiza gelebt und viele Events gemacht für die Diskotheken Amnesia und Space. Ich bin kein dummes Mädchen, spreche mehrere Sprachen und habe ein Diplom als Dolmetscherin in deutsch, englisch und spanisch. Events machen mir Spass, Parties sowieso und neue Leute kennen lernen auch. Oder ich mache meine eigene Bar auf. Eine etepetete Cocktailbar für berühmte Leute in Frankfurt. Eine Jazz und Blues-Bar. Das ist so mein Stil. Jemand spielt Klavier, ein schöner Cocktail, gute Küche, so stelle ich mir das vor.
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"DAS HIER IN OLTEN IST KEIN MILIEU, DAS IST EIN ZIRKUS, EIN KINDERGARTEN, EINE JUGENDHERBERGE. MIT DEM UNTERSCHIED, DASS ICH HALBNACKT RAUSGEHE."
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rosse Veränderungen kommen nicht nur auf Dora zu, sondern auch auf das Sexgewerbe im Kanton Solothurn. Ein neues Volkswirtschaftsgesetz ist zurzeit in der Vernehmlassung. Der Absatz „Sexarbeit“ erkennt die Prostitution, die seit 1942 in der Schweiz legal, aber nach wie vor sittenwidrig ist, an und stellt sie anderen Arbeiten gleich. Fachorganisationen wie Lysistrada zweifeln am Nutzen der geplanten Neuerung. „Wenn das Gesetz so angenommen wird, bedeutet es vor allem grösseren bürokratischen Aufwand für die Sexarbeiterinnen und die Betreibenden von Etablissements“, fasst Fiona Gunst, Vorstandsmitglied und zuständig für die Öffentlichkeitsarbeit, zusammen. Die Koordinatorin Melanie Muñoz ergänzt: „Für Schweizerinnen und Frauen mit einer C-Niederlassung verändert sich nicht viel. Die Auflagen betreffen vor allem die ausländischen Sexarbeiterinnen. Das Gesetz, das unter dem Vorwand des besseren Schutzes für die Frauen eingeführt werden soll, ist in Wahrheit knallharte Migrationspolitik.“ Neue Hürden bedeuteten vermehrte Kontrollen, Bussen und damit auch die Gefahr, in die Illegalität gedrängt und Opfer von Mittelsmännern, sprich Zuhältern, zu werden. „Je mehr Regelungen, desto schwieriger wird es für die Frauen, selbständig und unabhängig zu arbeiten.“ Um eine Berufsausübungsbewilligung zu erhalten, müssen die Frauen
volljährig sein, einen Krankenkassennachweis liefern und eine Arbeitsbewilligung für die Schweiz besitzen. Während dies den Aufenthalt und die Ausübung der Sexarbeit für Gastarbeiterinnen komplizierter macht, zwingt es die Schweizer Frauen sich zur Sexarbeit zu bekennen. „Wenn du dich als Prostituierte registrieren musst, bist du abgestempelt“, äussert sich dazu eine Sexarbeiterin, die mehrere Jahre am Oltner Strassenstrich tätig ist. Den Kondomzwang für Freier wie er im Entwurf für das neue Wirtschaftsgesetz des Kantons Solothurn vorgesehen ist, hält sie für realitätsfremd, weil nicht überprüfbar. Auch Iris Schelbert, Stadträtin und Sicherheitsdirektorin von Olten, beurteilt die Umsetzbarkeit des neuen Gesetzes kritisch: „Die Regeln, die irgendwo an einem Schreibtisch gemacht werden, müssen von der Polizei kontrollierbar sein. Gerade im Sexgewerbe ist es schwierig, Regeln zu formulieren, zu kontrollieren und einzuhalten.“ Das neue Gesetz sieht vor, dass die Autonomie der Gemeinden, zu entscheiden, wo die offene Prostitution ausgeübt werden darf, grösser wird. Melanie Muñoz bringt es auf den Punkt: „Olten müsste dann trotz Handels- und Gewerbefreiheit nicht mehr begründen, warum die Stadt den Strassenstrich nicht mehr möchte, sondern kann einfach sagen: Wir wollen ihn nicht mehr. Aber: Es wird diese Form von Sexarbeit, auch wenn sie verboten ist, immer geben, weil die Nachfrage da ist.“
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HÖREN & LESEN IN EINEM ZUG
Unter unserem Bewusstsein DIE NaRr-KOLUMNE
von Pedro Lenz Illustration von Petra Bürgisser
W Hundert Franken von René Frauchiger
Fünf Jahre lang hat Matthias Blatter nicht mehr mit einer Frau geschlafen, bis er auf den Basler Strassenstrich geht und ein Mädchen anspricht. Er habe dies noch nie getan, sagt er. Wie viel sie denn wolle. Obwohl Nathalie keine Prostituierte ist, sondern Serviertochter und auf dem Weg nach Hause, sagt sie: „Hundert Franken“, und sie gehen zu ihr. Einmal pro Woche ruft Matthias nun Nathalie an, schläft mit ihr und gibt ihr hundert Franken. Nach einem halben Jahr merkt er, wie er sich mehr und mehr in sie verliebt und sein bester Freund rät ihm, die Nummer zu löschen und sich wieder von ihr zu lösen, was er auch tut. Als Matthias Blatter auch in den nächsten fünf Jahren nie Erfolg bei Frauen hat, geht er noch drei Mal auf den Basler Strassenstrich, doch ist es nie mehr dasselbe. René Frauchiger ist am 28. Juli 1981 geboren, im bernischen Madiswil aufgewachsen. Nach seinem Studium der Deutschen Philologie und Philosophie ist er daran, Lehrer zu werden. Er ist Schriftsteller und Mitherausgeber des NaRr. Bestellen: www.dasnarr.ch
issen wir, was unter uns ist? Kennen wir die Wirklichkeit unter den Schuhen, unter dem Boden auf dem wir stehen, unter der Welt, die wir täglich sehen und begehen oder befahren? Seit vielen Monaten klafft hinter dem Bahnhof Olten ein eindrückliches Loch. Wer in dieses Loch runter blickt, was interessanterweise fast nur Kinder, Betrunkene, Gehbehinderte, Schriftsteller und alte Leute tun, weil alle andern viel zu eilig unterwegs sind, wer also in das Loch schaut, sieht eine betonierte Bodenplatte, ein Paar Armierungseisen, Schalungselemente, einige Bauarbeiter und wenig mehr. Auf einem Informationsplakat bei der Baustelle steht, dass dort ein neuer Bahnhofsausgang und ein Veloparkplatz entstehen. So weit ist alles klar. Doch bevor die Betonplatte, die im Loch zu sehen ist, erstellt werden konnte, haben die Arbeiter mit schweren Maschinen den ganzen Herbst und Winter lang im Erdreich gewühlt. Sie haben Kabelleitungen und Kanalisationsrohre verlegt, dass einem schon vom Zusehen fast schwindlig werden konnte. Als Laie hatte man den Eindruck, es höre nie mehr auf, mit diesem Erdgewühl. Inzwischen nimmt der Bau Konturen an. Was vorher war, was in diesem Stück Boden genau an Leitungen und Rohren verlegt, unterlegt, umgelegt oder eingelegt
Pedro Lenz, 48, ist Schriftsteller und lebt in Olten gleich beim Bahnhof. Er ist praktisch täglich im Zug unterwegs.
wurde, ist nicht mehr sichtbar. Darüber wissen schon heute nur noch die Fachleute Bescheid. Wir andern, die wir an dieser Baugrube vorbeigehen, müssen nie mehr dran denken. In nicht mehr allzu ferner Zeit werden wir in der Tiefe der Bahnhofsunterführung unsere Fahrräder parkieren. Das wird hoffentlich praktisch sein. Im künftigen Velokeller, der vermutlich nicht Velokeller, sondern «Bicycle-Paradise-Olten-East-Side» oder «Railway-Bike-Parking» oder so ähnlich heissen dürfte, werden wir den Eindruck haben, wir seien im untersten Untergrund. Darüber, dass unter diesem Untergrund noch ein anderer Untergrund existiert, eine unbekannte, mysteriöse, verschlungene Ansammlung von Kabeln, Kanalisationsröhren und Wasserleitungen, werden wir keinen Gedanken mehr verschwenden müssen. Wir werden in diesem künftigen Velokeller nur daran denken, das Velo abzuschliessen und auf den Zug zu eilen. Dabei ist der Boden unter unseren Füssen an ganz vielen Stellen voll von Leitungen oder Rohren oder alten Gräbern oder untergegangenen Kulturen oder vergessener Schaufeln. Normalerweise haben wir weder die Zeit, noch die Laune uns damit zu befassen. Aber das ändert nichts an der Tatsache, dass die Welt fast immer tiefer ist, als wir glauben.
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HÖREN & LESEN
Fribi's Metal News
Deeno‘s Reviews
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BRUCE SOORD - JONAS RENSKE
THUNDERCAT
Wisdom of Crowds (K-Scope)
Apocalypse (Brainfeeder)
Das Pojekt bestehend aus Jonas Renske (Katatonia) und Bruce Soord, Kopf der Progressiv-Band Pineapple Thief, experimentiert hier mit minimalen Elektrosounds der Marke Depeche Mode versetzt mit Progressiv-Rock-Elementen von Porcupine Tree und Akustik-Sounds der Marke Anathema. Diese majestätisch anmutenden Klangcollagen werden von der unglaublichen Stimme Renskes getragen und lassen einen eintauchen in neue Dimensionen der Rockmusik. Was die beiden Herren hier abliefern, ist ein Meisterstück der gefühlvollen Musik. Allein die Stimme von Jonas Renske, der schon bei Katatonia unter Beweis stellte, was er zu bieten hat, macht dieses Album hier zum Gänsehaut-Epos; selten hört man so eine samte und tiefgehende Stimme, die einem fast den Atem raubt.
Stephan Bruner ist Thundercat. Studiomusiker, Bassist und Produzent in einem. Jazz ist seine Basis, jedoch ist seinem zweiten Solo-Album in jeder Note eine Vielseitigkeit anzuhören, die in dieser Art Seltenheitswert besitzt. Thundercat ist ein Mann ohne Scheuklappen und vermischt auf Apocalypse vertrakte JazzBasslines mit süssem Soul oder abstraktem Hip-Hop. Das groovt in jedem Takt und verfällt nie in gängige Songstrukturen. Da quietscht und quengelt ein alter Moog-Synthersizer, um gleich danach von einem fetten Funkbass abgelöst zu werden. Gepaart mit stimmlich wunderbaren Harmonien ist Apocalypse abwechslungsreich wie Zitrone und Orange. Von bitter bis supersüss ist hier alles dabei! Wären sich alle Musiker dermassen treu geblieben, wär die Welt heute eine bessere.
QUEENSRYCHE
VARIOUS ARTISTS
Same (EMI)
Bukem In Session (Good Looking Records)
Unglaublich aber wahr: Das ist bereits das zweite Album von Queensryche dieses Jahr. Wie man weiss, haben sich Sänger Geoff Tate und seine Band ja mit ziemlich viel Lärm und Kindergarten-Getue getrennt. Da der Rechtsstreit um den Namen der Band andauert, sind nun zwei Versionen der Band auf Tour und Tonträger zu geniessen. Tate trieb die Band ja immer mehr in die Grunge- und Alternative-RockEcke, was die Fans nicht unbedingt erfreute. Das vor einem Monat erschienene Album des Ex-Sängers tendiert wieder genau in die gleiche Richtung. Nun kann der Fan entscheiden zwischen der Alternative- und der Metal-Version. Es ist halt nicht mehr „The Warning oder Rage for Order“, aber es ist endlich wieder eine gute Queensryche-Platte geworden und auf das kommt es an!
LTJ Bukem war, das darf man so sagen, wegweisend für das Genre Drum&Bass. Seit den frühen 90ern versorgte er die weltweite Community mit seinen einzigartig treibenden Tunes und wurde als der DJ und Produzent gehandelt. Nach einer gefühlten Ewigkeit der Abstinez beglückt uns der good looking LabelBoss endlich wieder mit einer neuen Compilation. Natürlich persönlich vom Meister selbst gemixt, findet man klassische D&B-Tunes im neuen Gewand, wie aber auch die neuesten Entwürfe des Londoner Bass Untergrunds. Fazit: Vieles auf dem Album klingt wie damals, ist aber wie eh und je auch solid produziert und immer noch spannend anzuhören. Dies zeigt auch, wie Bukem seiner Zeit damals voraus war. Super Mucke für den urbanen Grillabend.
BOOKER T
KOLT
Juli / August 2013
Sound The Alarm Nach seinen letzten beiden Grammy-prämierten Albumvorgängern markiert „Sound the Alarm“ Booker T Jones´ Rückkehr zum Stax-Label, dessen Hausband er einst leitete. Für das Album arbeitete Booker mit einigen der talentiertesten Vertretern des neuen Soul- und R&B-Sounds wie Mayer Hawthorne, Anthony Hamilton, Vintage Trouble, Estelle, Gary Clark Jr., zusammen.
DAVID MURRAY INFINITY QUARTET with MACY GRAY and GREGORY PORTER Be My Monster Neben Murray-Tenorsaxophon besteht die Band aus Marc Cary-Piano, Jaribu Shahid-Bass und Nasheet Waits-Schlagzeug. Aus dem Zusammenwirken mit den beiden Power-Stimmen von Gray und Porter resultiert ein faszinierendes mit R&B infiziertes Jazz Album.
WILL CALHOUN Life In This World Bestens bekannt als Drummer der legendären Black-Metal-Band „Living Colour“ taucht Calhoun hier tief in seine Jazz-Wurzeln ein. Umgeben von herausragenden Musikern wie Wallace Roney, Donald Harrison, Charnett Moffett, Ron Carter, Doug Wimbish, Marc Cary, Cheick Tidiane Seck und John Benitez werden Eigenkompositionen sowie Originals von John Coltrane, Cole Porter, Thelonious Monk und Wayne Shorter zeitgemäss und auf höchstem Niveau interpretiert.
MARK LANEGAN & DUKE GARWOOD Black Pudding Lanegan's neues Werk "Black Pudding", ist eine Kollaboration mit dem britischen Multi-Instrumentalisten Duke Garwood, dessen alternativem Gebräu aus kargen Blues-Fragmenten, asketischem Country und verhalltem semi-akustischem Indierock sich Lanegan sehr verbunden fühlt.
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HÖREN & LESEN
Was, wenn es wichtig ist? In einem Steinhaus ohne Steckdose auf Kreta frage ich mich: Wie lange muss man fort sein, bevor man sich seiner eigenen Unwichtigkeit bewusst wird? Eine Gastkolumne von Christian Zeier
B
efreit. Verloren. Ohne Handyempfang und Internet sitze ich an einem kleinen Tisch inmitten den Weissen Bergen Kretas. Auf kurvigen Strassen sind wir hierhergelangt. Von Kisamos, im Nordwesten der Insel, über Kaloudiana und Tsoutsouriana bis ins abgelegene Tal von Milia. Steinhäuser als Unterkunft, keine Steckdosen, kein Fernseher, dafür eine umwerfende Aussicht auf die umliegenden Hügel, auf Olivenbäume und eine Sonne, die das Gemüt erwärmt. Ein kurzer Blick auf das Handy: ein verpasster Anruf von Unbekannt und zwei Nachrichten auf der Combox haben sich auf der Fahrt angesammelt. Der Puls geht höher. Ich muss zurückrufen, ist der erste Gedanke. Was, wenn es wichtig ist? Ich kann nicht zurückrufen, der zweite Gedanke. Aber was verdammt noch mal, wenn es wichtig ist? Ferien sind zum Abschalten da. So zumindest denken die meisten Menschen, wenn sie auf bunten Internetseiten mit schönen Bildern von unendlichen Stränden und lebendigen Dschungeln ihre Reisen buchen. Doch noch bevor sie den zurückbleibenden Bürokollegen ein letztes Mal unter die Nase reiben können, dass sie jetzt eben an die Sonne und so und dass es hoffentlich auch zu Hause nicht zu oft regne und so, gerät diese hehre Überzeugung zum ersten Mal ins Wanken. Soll man wichtige Anrufe weiterleiten lassen? Vielleicht nur die allerwichtigsten? Am besten doch gar keine – aber können die das denn ohne mich? Die Tortur geht weiter beim Koffer packen: Notebook, ja oder nein? Tablet, ja oder nein? Smartphone, ja oder nein? Hat man sich entschieden und die Entscheidung den Reisepartnern
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gut verkauft, geht es ab in die Ferien – wo unweigerlich schon bald die nächste Ladung Fragen wartet: Schalte ich mein Handy ein oder aus? Nehme ich es mit an den Strand oder lasse ich es im Hotelzimmer oder bleib ich doch am besten gleich am Hotelpool, damit notfalls auch das Notebook in Griffnähe ist? Keine einfachen Entscheide, schliesslich könnte doch jeder davon eine direkte Auswirkung auf Karriere, Beziehungen, Tod oder Leben haben. Erreichbar sein kann nicht schaden, denkt sich der Familienvater, der das erste Mal ohne seine Kinder verreist. Erreichbar sein ist wichtig, denkt sich die Geschäftsführerin, die ihrem Stellvertreter doch nicht so ganz vertraut. Erreichbar sein gehört zum Job, denkt der Journalist, der doch eigentlich nur Abschalten will. Ich lege das Handy zur Seite und atme tief durch. Es ist kälter geworden, am Himmel ziehen dunkle Wolken auf. Noch als die ersten Regentropfen fallen, bleibe ich für einen Moment sitzen. Eine kleine Dusche gönne ich mir, eine willkommene Abkühlung nach diesem heissen Tag. Dann stehe ich auf, mache die wenigen Schritte in das trockene Zimmer, in dem eine Frau und ein Bett auf mich warten. Wie lange wohl muss man weg sein, bis man sich seiner eigenen Unwichtigkeit bewusst wird, denke ich. Wie lange, bis man merkt, dass die Welt auch ohne einen funktioniert? Christian Zeier arbeitet als freischaffender
Unter Druck von Kilian Ziegler
Von einem Kolumnisten wird erwartet, dass er hin und wieder über Alltägliches schreibt. Einerseits ist das leicht zu lesen, andererseits mag es der Leser, wenn er sich in der beschriebenen Situation wiederfindet und kurz über das Heft hinwegnicken darf: „Ja, das hat was“. Ich will dem Genüge tun: Ich stehe an der Ampel (alltäglich genug?), drücke den Knopf, hoffe rot wird grün. Voilà. Dann aber, auf der anderen Seite – nein, das ist keine Metapher –, auf der anderen Seite also, steht ein Mann. Das ist High-Noon-Western im Kleinformat: zwei Männer, zwei Blicke, zwei Ampeln. Die Person zieht und – bäm! – betätigt den Knopf. Mehrmals. Ich habe zuvor bereits gedrückt und mein Gegenüber hat das gesehen, Lichtanzeige sei dank. Er sieht aus wie ein geistig intakter Mensch. Wenn er ein Möchtegern-GangsterRapper wäre, unter denen es en vogue ist so zu tun, als sei man grenzdebil, würde ich sein Drücken gerade noch verstehen. Aber bei diesem Mitbürger? Vielleicht misstraut der Herr der Lichtanzeige, oder schlimmer: er misstraut mir und spricht mir die Fähigkeit ab, den Knopf richtig zu bedienen. Ich bin kein Anwärter auf den Nobelpreis, aber mit einem Ampelknopf werde ich knapp noch fertig. Andere Vermutung: Er will kommunizieren, sein Drücken ist Interaktion, ein Morsecode, womöglich. Aber was will er mir mitteilen? „Es wird mir ein innerer Apéro sein, bald den gleichen Fussgängerstreifen wie du zu überqueren“? Eher nicht. Vielleicht drückt der Herr einfach gerne Knöpfe. Vielleicht ist es ihm egal, dass der Knopf mit einer Funktion verbunden ist und er erquickt sich bloss des Vorgangs. Das würde erklären, wieso er zwei, drei, ja vier und mehr Mal Hand anlegt. Oder glaubt er, dass es dadurch schneller grün wird? Dass die Ampel denkt: „Obacht! Da besteht hohe Nachfrage, viele Fussgänger wollen die Strasse überqueren, ich muss unbedingt auf grün schalten“? Was auch immer seine Motive sind, für mich ist er, im wahrsten Sinne des Wortes, ein Drückeberger. Ich bin in diesem Alltagswestern, diesem Drück-Duell, der moralische Sieger und erkläre: Wer zuerst kommt, drückt zuerst! Bis dieses Know-How die Runde macht, hoffe ich auf J+S-Kurse für angemessenes Ampelverhalten oder eine Ampel-Präambel in der Bundesverfassung. Ja, das hat was.
Journalist und ist Mitgründer sowie Herausgeber des unabhängigen Magazins Zalle*. Anrufe von KOLT beantwortet er
Eine gute Zeit Kili the Kid
natürlich auch in den Ferien. www.zalle.ch
PS: Dieser Western spielt im high-noon-zwanzigsten Jahrhundert.
Juli / August 2013
KOLT
HÖREN & LESEN
Schon gelesen..?
KOLT liest...
Buchtipps von Vincenzo Di Giuseppe
WIE KEINER SONST von Jonas T. Bengtsson
RAYLAN von Elmore Leonard
Vincenzo Di Giuseppe, geboren 1963, ist Stv. Geschäftsführer der Buchhandlung Schreiber an der Kirchgasse in Olten.
Viele kennen die über 40 Bücher des laut der New York Times „Besten Krimiautors der Gegenwart, vielleicht der beste aller Zeiten…“ nicht, die Verfilmungen seiner Romane allerdings schon: Get Shorty, Out of Sight oder Tarantinos Jackie Brown. Elmore Leonards (Jahrgang 1925) schnörkellose, schnelle und lockere Schreibe ist ein wahres Vergnügen. Der U.S. Marshal Raylan Givens ermittelt in der trostlosen Einöde von Kentucky gleich in drei Fällen: Eine Krankenschwester, die einen Organhandel aufzieht, eine Firmenchefin eines Kohlewerks, die über Leichen geht und eine scharfe Studentin, die beim Pokern die hartgesottensten Profis ausnimmt. Etwas viel auf einmal? Nicht für Raylan, der leider schon eine Frau erschiessen musste, aber nie eine geschlagen hat…
Zugegeben: Erzählungen über Vater-Sohn-Beziehungen sind nichts Neues. Und Leser ohne eigene Kinder können damit kaum etwas anfangen, aber sie sollten Jonas T. Bengtsson eine Chance geben. Denn sein knapper, beklemmender und unsentimentaler Stil erinnert an Ingmar Bergmans beste Einstellungen. Oder an die dunkle, schwere Stimme eines Scott Walker. Oder an eine Nacht ohne Morgen. Bengtsson erhielt bereits 2005 mit seinem Erstling „Aminas Briefe“ den Dänischen Debütantenpreis. Sein zweiter Roman „Submarino“ (2007; ein Geheimtipp!), der Kampf zweier Brüder durch ein Leben aus Drogen, Gewalt und Einsamkeit, wurde von Thomas Vinterberg verfilmt, dem seinerseits 1997 mit „Das Fest“ ein Meisterwerk gelungen war. Und jetzt also Wie keiner sonst. Warum er keine Freunde hat, nicht zur Schule geht und oft umziehen muss, weiss der knapp zehnjährige Junge nicht. Sein alleinerziehender Vater, der am Rande der Gesellschaft lebt, lehrt ihn dennoch die wichtigsten Dinge des Lebens – bis er eine unerklärliche Tat begeht. Zehn Jahre später fasst der junge Mann den Entschluss, die dunkle Vergangenheit seines Vaters zu beleuchten und begibt sich auf eine seltsame Reise quer durch Dänemark…
MEINE NACHBARIN, DER KÜNSTLER, DIE BLUMEN UND DER REVOLUTIONÄR (2013) von Martin Felder Ein Autor macht sich auf die Suche nach seiner verschwundenen Nachbarin, wobei ihm ein eigenwilliger Künstler zur Seite steht. Der Revolutionär hingegen ist weniger hilfreich... Ein aussergewöhnlicher, in kurze Abschnitte gegliederter Roman, mit starken, poetischen Bildern und im wahrsten Sinne des Wortes viel Platz für Gedanken zwischen den Zeilen. Kilian Ziegler, Kolumnist DIE STADT DER TRÄUMENDEN BÜCHER (2007) von Walter Moers Der junge, angehende Schriftsteller Hildegunst von Mythenmetz begibt sich auf eine gefährliche Suche, die ihn tief unter die Erde führt, wo Bücher nicht nur unterhalten, sondern einen in den Wahnsinn treiben und sogar töten können. Moers erzählt verschroben fantasievoll und unglaublich liebevolldetailliert von seiner Welt, in der Epik und Lyrik regieren. Gaia Giacomelli, Praktikantin CLUB DESIGN (2009) Bildband von daab Aussergewöhnlich und extravagant: Club Design ist ein Bildband von daab und zeigt etwa 50 Clubs, Cocktail Bars und Lounges aus der ganzen Welt. Neben vielen Farbabbildungen der Interieurs hat es Pläne und Erklärungen zu den Projekten und ihren Architekten. Franziska Monnerat, redaktionelle Mitarbeiterin
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Juli / August 2013
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IM RAMPENLICHT
"Eine kleine Tour im Ausland wäre das Schönste" Die Band gehört zu den gefragtesten Newcomern der Schweizer Indieszene: Mo Blanc aus Zürich spielen diesen Sommer an verschiedenen Festivals, darunter auch am Gurten und Blue Balls. Am Schlagzeug immer mit dabei: Der Oltner Matthias Dinkel. Wir haben ihn in Zürich getroffen und wollten unter anderem von ihm wissen: Gibt es in der Schweiz nicht langsam zu viele Openairs? Text von Valerie-Katharina Meyer Foto von Stephanie Dinkel
H
ört man die Musik der Zürcher Indie-Pop-Band Mo Blanc, fliegt man wild und ungebändigt neuen Welten entgegen. Sobald aber die volle Freiheit zwischen den Klängen zu spüren ist, wird diese schon wieder von einer Wolke aus Melancholie bedeckt. 2012 brachte die fünfköpfige Band um Leadsänger Moritz (=Mo) Wyss (=Blanc) ihre erste CD heraus, worauf ein vielversprechendes Echo folgte. So wurde Mo Blanc bei den Swiss Music Awards 2013 als „Best Talent National“ nominiert. „Diese Nominierung hat all unsere Erwartungen übertroffen“, meint Matthias Dinkel, Schlagzeuger von Mo Blanc, der aus Olten stammt. Nach einem Aufenthalt an einer Musikschule in New York zog er ziemlich planlos nach Zürich, um „einfach einen Wechsel zu haben“, aber auch mit der Absicht, neue Musikkontakte zu knüpfen. Durch seine neue WGMitbewohnerin lernte er die Musiker kennen, mit denen später Mo Blanc entstand.
des Schlagzeugers ist „The Rival“, der nun auch als Music-Clip auf Youtube zu hören und sehen ist. Dinkel hat eine enge Verbindung zur Musik und zum Schlagzeug. Denn
len: „Mit anderen zusammenspielen, insbesondere mit Menschen, die ich gerne habe, und in diesem Moment einfach nur Musik machen und mit dem Kopf und den Gedanken nir-
FESTIVALS ALS CHANCE Diesen Sommer tritt Mo Blanc am Gurten Festival sowie am Blue Balls in Luzern auf. Daneben haben die Musiker auch Auftritte an kleineren Festivals. Gerade dieses aktuelle Phänomen von immer mehr Open Airs und Festivals in der Schweiz sei eine sehr positive Entwicklung für kleinere Bands, meint Dinkel. Denn so bekämen die Bands eine Chance, gespürt und gesehen zu werden, und könnten auf ihre Musik aufmerksam machen. Matthias Dinkel wünscht sich für Mo Blanc, dass es nun so weitergehe, wie es bisher gelaufen sei. Eine kleine Musiktour irgendwo ausserhalb der Schweiz wäre jedoch das Schönste für alle Bandmitglieder: „Einfach mal weg und einfach mal Musik spielen", sagt er. "Egal wie es dann herauskommen wird“.
"DAS BESTE GEFÜHL" Bisher hat Sänger Moritz Wyss die Songs für Mo Blanc geschrieben; in Zukunft will die Band die neuen Songs jedoch vermehrt gemeinsam entwickeln. Dinkel empfindet es als bereichernd, dass sämtliche Bandmitglieder einen sehr breiten Musikgeschmack haben, der sie zudem in der Ähnlichkeit alle verbindet: So können sie sich austauschen und gegenseitig inspirieren. Matthias Dinkel kann sich daher ganz mit der Musik von Mo Blanc identifizieren, denn jedes Bandmitglied bringt von seinem eigenen Geschmack etwas in die Musik mit ein und setzt die Songs am Instrument nach eigenem Willen um. Der aktuelle Mo-Blanc-Lieblingssong
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vielfältig engagiert. Er ist als Schlagzeuglehrer tätig und spielt neben Mo Blanc auch für den Zürcher Singer und Songwriter Biggles, mit dem er im Juli für ein neues Album ins Studio gehen wird. Auch verschiedenen musikalischen Aktivitäten in Olten wie dem Trio SuPerHorn bleibt er gerne treu; denn gerade dort hat alles begonnen: „Olten und den dortigen Menschen verdanke ich sehr viel.“
"In die Musik einzutauchen ist einfach cool": Matthias Dinkel.
dieses Instrument, vor allem dessen Rhythmus und Klang, fasziniert ihn nach wie vor, und er „spielt es einfach huere gern“. Das Schönste ist für ihn, in der Musik zu versinken und nur zu spie-
www.moblanc.com www.biggles.ch Unten: Cover des Debütalbums "Mo Blanc"
gendwo anders sein. In die Musik einzutauchen, das finde ich einfach cool; es ist das beste Gefühl, das ich haben kann.“ Der Schlagzeuger ist wahrscheinlich auch deswegen musikalisch sehr
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KOLT
Der Openair-Sommer in der Region
IM RAMPENLICHT KONZERTE AM TURM Genre: Musik Wer: Toni Vescoli, Woodbees u.a. Wo: Ildefonsplatz Olten Wann: verschiedene Daten / Juli bis September 2013 Info: www.facebook.com/Konzerteamturmolten ERÖFFNUNG INNENSTADT Genre: Allgemein Was: Festivitäten zur Eröffnung der neuen Innenstadt Wo: Kirchgasse Olten Wann: 1. bis 5. Juli 2013 Info: www.neuekirchgasse.ch ST. PETER AT SUNSET Genre: Musik Wer: Patricia Kaas, Schürzenjäger, Jamie Cullum u.a. Wo: Kapelle St. Peter Kestenholz Wann: 3. bis 7. Juli 2013 Info: www.sunsetevents.ch OPEN YOUCINEMA Genre: Film Wer: Premieren, Filmperlen und Blockbuster Wo: Schützi Olten Wann: 12. Juli bis 4. August 2013 Info: www.youcinema.ch MOTION DANCE-FESTIVAL Genre: Musik Wer: Tiestö, Loco Dice, Mr. Da-Nos, Extrawelt u.a. Wo: Allmend Gunzgen Wann: 25. bis 27. Juli 2013 Info: www.motion-openair.ch FEELGOOD FESTIVAL Genre: Musik Wer: Patent Ochsner, Stiller Has, Baschi u.a. Wo: Niedergösgen Wann: 2. / 3. August 2013 Info: www.feelgood-festival.ch HEITERE EVENTS Genre: Musik: Magic Night (7.8.) & Volksschlager Openair (8.8.) Wer: Stephan Eicher, Francine Jordi u.a. Wo: Heitereplatz Zofingen Wann: 7. / 8. August 2013 Info: www.heitere-events.ch HEITERE OPEN-AIR Genre: Musik Wer: Unheilig, Ska-P, Casper, Greis u.a. Wo: Heitereplatz Zofingen Wann: 9. bis 11. August 2013 Info: www.heitere.ch BEACH-EVENT Genre: Sport, Volley-Ball Wer: Beste VolleyballspielerInnen aus dem In- und Ausland Wo: Innenstadt + Schützi Olten Wann: 13. bis 19. August 2013 Info: www.beachevent-olten.ch MOONLIGHT CLASSICS Genre: Musik Wer: von Swing-Big-Band bis Klassik-Orchester Wo: Kirchplatz Zofingen Wann: 22. bis 25. August 2013 Info: www.moonlightclassics.ch
KOLT
Juli / August 2013
Tragikomik mit den Klee-Puppen auf der Kohliweid Wenn Anfang Juli in Starrkirch-Wil das Kleinkunstfestival „Zeltkultur ch-4656“ über die Bühne geht, werden auch die Puppen tanzen. Das Stück „Über den Klee“ vom Berliner Puppentheater united puppets gewährt Einblicke ins Wesen des genialen, tiefernsten Malers Paul Klee – und trotzdem wird’s lustig. Text von Pierre Hagmann Foto zVg
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er Deutsche Paul Klee, der in der Schweiz geboren wurde und 1940 auch hier starb, war bekanntlich ein grosser Maler. Weniger bekannt ist, dass Paul Klee zwischen 1916 und 1924 auch Puppen angefertigt hat. Das liegt unter anderem daran, dass er diese für seinen Sohn Felix gebastelt hat und diese nie zum Verkauf standen. „Das macht sie zu besonders wertvollen Werken“, sagt Andreas Marti, Direktor vom Zentrum Paul Klee in Bern, wo der Familienbesitz verwahrt wird. „Die Puppen lassen uns wie Tagebücher einen Blick in die Intimität der Familien tun“, so Marti.
Schweizer Stop in dieser Saison. Das Stück dürfte sowohl für Erwachsene als auch für Junge (empfohlen ab 12 Jahren) seinen Reiz haben. Denn Klees Puppen sind Zwischen Kunstwerk und Spielzeug: Handpuppen im Stück "Über den Klee".
ZWITTERGESCHÖPFE Die Original-Puppen, 30 an der Zahl, sind noch immer in Bern. Mittlerweile gibt es aber originalgetreue Replikate, hergestellt vom Berliner Puppentheater united puppets, und diese gibt es am 4. Juli in Starrkirch-Wil zu sehen. Die Handpuppen sind die Hauptdarsteller im 70-minütigen Stück „Über den Klee“ der Berliner Theaterkünstler, das am Kleinkunstfestival „Zeltkultur ch-4656“ auf der Kohliweid aufgeführt wird. Für die Berliner ist es der einzige
sind private Bastelarbeiten und stehen zugleich im Zusammenhang von Klees komplexem Werk und seinem hoch reflektierten Denken. Um Paul Klee selber geht es in dem Stück auch inhaltlich; das Puppentheater zeigt den Künstler in einer Schaffenskrise, zeigt Glanz und Tragik des Künstlerlebens und verliert dabei nicht den Humor. So schrieb der Berliner Tagesspiegel in einer Rezension: „Paul Klee war tiefernster Mensch, ein genialer Gübler. Aber wenn die Puppen über diese ernsten Dinge sprechen, geht’s leicht von der Hand“. Die Puppe namens Tod etwa: sie kommt immer zu früh, um den Meister zu holen, und am Ende kommt sie zu spät – weil Klee schon unsterblich ist.
Kleinkunstfestival Zeltkultur ch-4656 Zwittergeschöpfe, Produkte an der Grenze zwischen Kunstwerk und Spielzeug, Produkte eines Dialogs zwischen Kind und Erwachsenem, Vater und Sohn. In ihnen treffen eine verfeinerte künstlerische Phantasie und die Unmittelbarkeit kindlicher Spielfreude zusammen. Die Puppen
3.-6. Juli in Starrkirch-Wil mit Zeltbühne und OpenairProgramm. Siehe auch Preview auf Seite 6. Über den Klee: Donnerstag, 4. Juli 2013, 20 Uhr, im Zelt
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FREAKS BRAUCHT DAS LAND
Jeannine, 33. Lena, 23.
Drei Teile eines grossen Puzzles Als Chinesen, die eine Schoggifabrik entern, verschwinden sie für gewöhnlich im Kollektiv: die Statistinnen und Statisten, die im jüngsten Streich von Karl’s kühner Gassenschau den spektakulären Schluss einleiten. KOLT hebt drei von ihnen aus der Anonymität und stellt sie stellvertretend für ihre Kolleginnen und Kollegen vor. Text von Fiona Gunst Marianne, Mutter von Jeannine und 41 Jahre älter als Lena.
Fotos von Yves Stuber
„E
s ist wie ein grosses Puzzle“, meint Lena Gächter: Nur, wenn alles an seinen Platz findet und jeder etwas dazu beiträgt, fügen sich die Teile zu einem grossen Ganzen. Während die Zuschauer drinnen vom Anflug der Band bezaubert werden, sitzen drei dieser Puzzleteile mit mir vor dem nun fast menschenleeren Restaurant ZürichShanghai, das zum temporären Dorf in Olten Südwest gehört: dem Dorf von Karl’s kühner Gassenschau, der „Fabrikk“. Sie alle sind nicht das Zentrum des Geschehens und doch sorgen sie für den unerwarteten Twist zum Schluss, die überraschendste Wendung im Stück. Sie sind drei von rund 60 Statistinnen und Statisten, die für den Lohn brandenden Applauses jeden Abend in perfekter Choreographie die Zuschauer begeistern. „Die Chinesen“, grösstenteils Frauen und Männer aus der Region Olten, wirken als Kollektiv, sind uniform gekleidet und exakt synchronisiert.
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LENA: GASSENSCHAU MINIATURE Ob sie aufgehen können in der Gruppe, sich einfügen in den Rhythmus des Auftritts, ob sie teamfähig sind, auch mal abwarten und einander helfen können – wichtige Eigenschaften, damit das Stück nicht in seine Elemente zerfällt –, dass wurde an einem Casting im April geprüft. Lena Gächter sowie Marianne und Jeannine Hegi bestanden den Test und sind nun je gut 25 Aufführungen lang Teile des grossen Puzzles. Sie habe sich ja Sorgen gemacht, zu alt zu sein für ein solches Unternehmen, meint Marianne Hegi. 41 Jahre trennen sie, eine der ältesten Statistinnen, von der jüngsten, der 23-jährigen Lena Gächter. Lena hatte bereits im Zirkus Chnopf, den sie als „Karl’s kühne Gassenschau en miniature“ bezeichnet, Bühnenerfahrungen gesammelt. Sie unterbrach damals das Gymnasium, um für ein Jahr als jugendliche Ar-
tistin mit dem Zirkus auf Tournee zu gehen. Die Freude am Auftreten vor Publikum ist geblieben, und so zögerte Lena Gächter nicht lange, als ihre Mutter sie auf die Möglichkeit aufmerksam machte, sich als Statistin für „Fabrikk“ in Olten zu bewerben.
MARIANNE UND JEANNINE: MUTTER UND TOCHTER Während Lena Gächter mit „Silo 8“ bereits ein Stück der Gassenschau gesehen hatte, ging Marianne Hegi zum Casting, ohne je eine Produktion der Künstlertruppe als Zuschauerin erlebt zu haben. Ihre Tochter aber, Jeannine Hegi, ist schon länger eine begeisterte Schau-Besucherin: Zuerst sah sie „Akua“, die Produktion, die Karl’s kühne Gassenschau berühmt machte, und später „Silo 8“ in Olten. Um einmal hinter die Kulissen schauen und in die Atmosphäre einer Grossproduktion der kreativen Quer-
köpfe eintauchen zu können, bewarb sich die 33-jährige Lehrerin. Und meldete ihr Mutter gleich mit an. Deren Bedenken, sie könnte zu alt sein, stellten sich als unbegründet heraus: Sie schaffte es problemlos, mit den jüngeren Kollegen und Kolleginnen Schritt zu halten, wenn es darum ging, rasch die Treppe zur Bühne hochzusteigen. Und Höhenangst, die man als Darstellerin bei der Gassenschau fürwahr nicht haben darf, kennt sie nicht.
BAMBUSSTÖCKE UND FUNKEN So steigt denn auch Marianne Hegi, früher im Verkauf tätig und begeistert davon, nun, als Rentnerin, einmal etwas ganz Anderes, Neues machen zu können, auf die Bühnenbauten, um etwa Herrn Angelinis Atelier aufzuräumen (Genaueres zum Stück sei hier nicht verraten…). Aufgaben und Positionen der Statisten bleiben dabei nie gleich: Zum Einen wechselt
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Was werde ich wohl heute machen dürfen? Die notwendige Energie und ein leises Lampenfieber werden für jede Aufführung neu aufgebaut. Die drei Statistinnen backstage, vor einem Auftritt und gleich neben der Garderobe.
die personale Zusammensetzung der „Chinesen“ von Aufführung zu Aufführung, zum Anderen werden die einzelnen Mitglieder vor jeder Vorführung von der Koordinatorin Statisten, Selina Schatzmann, neu eingeteilt. Einmal hantiert man mit Seilen, dann mit Bambusstöcken, ein anderes Mal klebt man Fenster zu oder schlägt Funken. Die Arbeit der Statistinnen und Statisten bleibt so immer interessant, die notwendige Energie und ein leises Lampenfieber werden für jede Aufführung neu aufgebaut: Was werde ich wohl heute machen dürfen?
KLEINE TEILE, GROSSE FAMILIE Dass die Auftritte der Statisten abwechslungsreich gestaltet werden, ist Zeichen für die Aufmerksamkeit und Wertschätzung, die die Gassenschau-Macher auch den kleinen Teilen ihres grossen Puzzles entgegen-
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bringen. „Wir sind wie eine grosse Familie“, meint Marianne Hegi, und Jeannine, die sich auf den direkten Kontakt mit den Schauspielern gefreut hat, ist begeistert von deren Umgang mit den Statisten. Ganz ohne Allüren sind sie hinter der Bühne, vor dem Auftritt der Chinesen, meist zu einem Schwatz aufgelegt und kennen die Gesichter der Statisten, grüssen sie, wenn man sich auf dem Gelände begegnet. Obwohl die drei Statistinnen also in der Aufführung zu Elementen werden, im Kollektiv der Chinesen verschwinden, werden sie von der Crew als Einzelpersonen und Persönlichkeiten wahrgenommen, vielleicht nicht als Ecksteine, aber als wichtige Farbtupfer im fertigen Puzzlebild. „Fabrikk“ von Karl’s kühner Gassenschau läuft noch bis 24. August jeweils dienstags bis samstags in Olten Südwest. Mehr Infos: www.fabrikk.ch
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