KOLT #50

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CHF 6.DAS OLTNER STADTUND KULTURMAGAZIN M채rz 2014

www.kolt.ch

Obernaaren in Pension.

Seite 26


muff-illustration.ch

g l o f r e s os r G n e g We rt!

e g n 채 l ver

Ab Mai 2014 nochmals in Olten Infos & Tickets: www.fabrikk.ch & Ticketcorner

Medienpartner

Patronat

KOLT

M채rz 2014

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Büne Huber’s

Do, 13. März 2014, Schützi Olten

Barbetrieb ab 19:30 Uhr, Beginn 20:30 Uhr Eintritt: Fr. 45.– Abendkasse Fr. 43.– im Vorverkauf bei starticket.ch KOLT

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www.buenehuber.ch


EDITORIAL März 2014

Die Naaren rufen Für die einen ist die Fasnacht die schönste Zeit des Jahres und für die anderen... nicht. Unsere Redaktorin Désirée Klarer gehört zu den Menschen, die für Kostüme, Guggenmusik und Konfetti nur ein mildes Nasenrümpfen übrig haben. Trotzdem nahm sie tapfer den Auftrag an, einen Blick in die Welt der Obernaaren zu werfen. Sie spürte ehemalige Obernaaren und die bisher einzige „Frau Obernaar“ auf und sprach mit ihnen über die Erinnerungen an ihre Regierungszeit. Was dabei herauskam, ist ein Panoptikum des Naarentums und zugleich eine kleine Lektion in Kulturgeschichte und Gleichstellung. Wir wissen nicht, was genau die Obernaaren mit unserer Redaktorin gemacht haben. Fest steht jedoch, dass diese nun tatsächlich mit dem Gedanken spielt, von Zürich nach Olten zu reisen, um sich bei uns ins Fasnachtsgetümmel zu stürzen. Falls Sie, liebe Leserinnen und Leser, auch zu denen gehören, die sich beim ersten Guggenmusik-Tröten hinter dem Sofa verkriechen, kann ich Ihnen die Lektüre der Fasnachts-Geschichten nur wärmstens empfeheln – wer weiss, vielleicht können Sie ihm dann auch nicht widerstehen: dem Ruf der Naaren. Und damit es nicht ganz im Konfetti-Regen untergeht, hier noch ein Hinweis in eigener Sache: KOLT feiert diesen Monat ein kleines Jubiläum! Sie halten die 50. Ausgabe von KOLT in den Händen. Das ist Grund genug, dem Heft einen goldenen Anstrich zu verpassen und die Heftmacher auf der letzten Seite über die Anfänge des Kulturmagazins KOLT erzählen zu lassen. Nathalie Bursać

REDAKTIONELLE MITARBEIT Caspar Shaller, Fabian Saner, Yves Stuber, Nils Loeffel, Désirée Klarer, Daniel Kissling, Marc Gerber, Eno Nipp, Pedro Lenz, Kilian Ziegler, Sarah Rüegger, Karola Dirlam-Klüh, Stephanie Schumacher

ILLUSTRATION Petra Bürgisser FOTOGRAFIE Yves Stuber, André Albrecht LEKTORAT Hannes Zwicker LESERBRIEFE leserbriefe@kolt.ch, www.

kolt.ch/leserbriefe AGENDA agenda@kolt.ch, www.kolt.ch/agenda ABO Jahresabonnement CHF 59.—(inkl. MwSt), Gönnerabonnement CHF 99.—(inkl. MwSt), abo@kolt.ch, www.kolt. ch/abo INSERATE inserate@kolt.ch, www.kolt.ch/inserieren KONTAKT www.kolt.ch, hallo@kolt.ch AUFLAGE 1'500 DRUCK Dietschi AG Druck und Medien, Ziegelfeldstrasse 60, CH4600 Olten © 2014, Verlag 2S GmbH. Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit Genehmigung. Die Urheberrechte der Beiträge bleiben beim Verlag. Keine Gewähr für unverlangt eingesandte Manuskripte, Fotos und Illustrationen.

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Cover fotografiert von Yves Stuber

IMPRESSUM VERLAG / HERAUSGEBER Verlag 2S GmbH, Leberngasse 17, 4600 Olten, verlag@v2s.ch, www.v2s.ch VERLAGSLEITUNG Yves Stuber, Matthias Sigrist REDAKTIONSLEITUNG Nathalie Bursać (nb), redaktion@kolt.ch FINANZEN Matthias Gubler INTERNETAUFTRITT Mathias Stocker LAYOUT / SATZ Christoph Haiderer, Gaia Giacomelli


INHALT

10 Mit Strategie aus der Krise 6

Andere Schweizer Städte haben es vorgemacht: von der Forderung nach einem Kulturkonzept für die Stadt Olten.

GENUSS 24 Musik

Das Gespräch

Eine kleine Band bringt die Schweizer näher zusammen

Warum Christian Ginsig auf Facebook die Gruppe „Olten“ gegründet hat

25 Film

KOLUMNEN

Joaquin Phoenix verliebt sich in ein Betriebssystem

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NaRr

Literatur

Von unattraktiven Menschen

Wieder einmal sucht jemand nach dem Sinn des Lebens

Kilian Ziegler Wenn ein Autor seinen Verleger besucht

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Zur 50. Ausgabe von KOLT

Der Koltige Monat

Pedro & Petra Pedro Lenz ist nicht entgangen, dass die Uhr auf Gleis 12 defekt ist

Beilage

KULTUR / AGENDA AUSLAND 14

26 Kein Narr wie der andere

KOLT ist der Frage nachgegangen, was es mit den Obernaaren auf sich hat und was mit ihnen passiert, sobald die Fasnacht vorbei ist.

3 Theater-Premiere

Im Exil

Christoph Schwager hat ein neues Theaterstück geschrieben

Menschen aus der Region berichten aus dem Ausland

4 Bossa Nova

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Das Projekt „Next Stop Olten“ bringt hochkarätige Musiker nach Olten

Reportagen Milena Moser über die Ausbeutung von Kindermädchen in Shanghai

5 Heavy-Metal

18 Doktor Roboter

Eine kleine Oltner Firma baut Robotermaschinen, die Menschen bei der Rehabilitation unterstützen. Zu Besuch bei Reha Technology und dem CEO René Trost.

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Nach einem Jahr Pause heisst es wieder „Monster Sounds“!


DAS GESPRÄCH

Der Mann, der Olten auf Facebook brachte Auf Facebook gibt es nichts, was es nicht gibt. Neugeborene haben einen Account, Haustiere, ja, sogar Städte. Olten ist da keine Ausnahme – dank Christian Ginsig. von Eno Nipp (Interview) und Yves Stuber (Foto)

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hristian Ginsig, warum haben Sie die Gruppe Olten auf Facebook gegründet? Es gibt zwei Gründe: mein Interesse an Social Media und die einseitige Medienlandschaft in Olten. Ich wollte etwas tun gegen die Gefahr einer Einheitsmeinung. Ich finde es wichtig, dass in einer Stadt auch im Internet ein Dialog stattfindet. Darum dieses Forum als eine Art Dorfbrunnen, wo sich die Oltnerinnen und Oltner ohne Regeln und Steuerung von aussen austauschen können. Dass es mittlerweile 2'220 Mitglieder sind – in einer Stadt von dieser Grösse – das hätte ich nie erwartet.

Wie viel Lokalpatriotismus steckt hinter Ihrem Engagement? Olten liegt mir persönlich am Herzen und ich muss mir immer wieder anhören: „Wie kann man nur in Olten leben?“ Für mich hat die Stadt extrem viele Qualitäten, die man auf den ersten Blick vielleicht nicht sieht. Das liegt daran, dass die Leute Olten schlicht nicht kennen. Social Media kann helfen, die Vorzüge unserer Stadt nach aussen zu tragen. Hier könnte Olten sicher noch aktiver werden und bereits vorhandene Kanäle besser nutzen. Gerade in Empfehlungsplattformen wie Tripadvisor oder Yelp steckt enormes Potenzial. Wenn da nur 20 Oltnerinnen und Oltner wären, welche diese Kanäle konsequent bespielen würden, gäbe das schon einen massiven Schub im Ranking der Suchmaschinen. Und das beeinflusst letztendlich, ob sich die Leute von Auswärts dafür entscheiden, in Olten zu konsumieren und damit das lokale Gewerbe zu unterstützen. Es ist doch so:

Werbung einen direkten Bezug zu Olten hat und einen Mehrwert für die Leserschaft bietet, ist dagegen nichts einzuwenden. Das können Kleinunternehmer, Sportveranstaltungen oder auch kulturelle Anlässe sein. Das alles trägt dazu bei, die Vielfalt Oltens aufzuzeigen.

Wer keine halben Sachen mag, kann KOLT hier abonnieren, damits pünktlich zum Monatsbeginn im Briefkasten liegt

Wie beurteilen Sie die Diskussionskultur innerhalb der Facebook-Gruppe Olten? Geht es wirklich ohne Regeln? Ende letzten Jahres wurde im Forum ein Beitrag abgesetzt, der zu weit gegangen ist. Da mussten wir als Administratoren Stellung beziehen und ein Zeichen setzen. Die Spielregeln stehen nun prominent am Eingang des Forums. Grundsätzlich bin ich aber der Meinung, dass es möglichst wenige Regeln braucht. Gerade bei politischen Themen – wie aktuell bei der Finanzdiskussion in Olten – soll das ganze Meinungsspektrum vertreten sein und das darf auch kontrovers diskutiert werden. Zensur wäre hier völlig fehl am Platz. Für mich gibt es eine zentrale Grundregel: Schreibe im Internet nichts, was du nicht auch in einem Saal vor 1'000 Leuten sagen würdest. "Beiz ist Facebook ohne elektrisch", sagte Pedro Lenz am 2. Februar 2014 in der Sendung Giacobbo/Müller. Die Facebook-Gruppe Olten soll sicher nicht das Restaurant Flügelrad ersetzen. Aber klar, Klatsch und Tratsch gehört dazu. Es müssen nicht immer tiefschürfende Themen sein. Es können durchaus einmal lockere Beiträge oder lustige Fotos geteilt werden. Zudem denke ich nicht, dass dieses Forum den persönlichen Kontakt ersetzen kann. Aber es schafft als zusätzlicher Informationskanal einen Anreiz, Neues zu entdecken und sich auszutauschen.

Die Leute wollen heute Individualität und das Oltner Gewerbe hat eine grosse Vielfalt – sie muss nur sichtbar gemacht werden. Wenn ich Sie richtig verstehe, liegt der Erfolg eines Unternehmens im richtigen Umgang mit Social Media? Nein. Man darf auch nicht das Gefühl haben, etwas zu verpassen, wenn man nicht dabei ist. Ein professioneller Einsatz von Social Media benötigt Ressourcen, eine klare Strategie und eine gewisse Affinität für die Onlinewelt. Der Nutzen einer eigenen Facebook-Seite für einen kleinen Betrieb dürfte gering sein. Da kann aber ein Forum – wie die Gruppe Olten – durchaus eine Möglichkeit sein, mit wenig Aufwand Informationen über sein Produkt zu abzusetzen. Werbung für Produkte oder Dialog unter der Bevölkerung – wie passt das zusammen? Meiner Meinung nach kann und soll die Gruppe Olten eine Plattform für beides sein. Solange die

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Wie beurteilen Sie die Macht von Social Media? Was können Facebook und Twitter bewegen? Ich denke, man darf sie nicht unterschätzen. Gerade wenn sich eine Gruppe von Leuten ähnlich äussert, wird das wahrgenommen. Das sehe ich auch in meinem Beruf als Mediensprecher. Da dürfte ihnen eine klare Rollentrennung zwischen Mediensprecher und Privatperson sicher schwer fallen. Das kann tatsächlich zu Konflikten führen. Es ist ein sehr exponierter Beruf und somit befinde ich mich hier auf einer ständigen Gratwanderung. Wenn ich aber ein Tweet absetze, tue ich das grundsätzlich als Privatperson und nicht als „die SBB“. Können Sie überhaupt noch abschalten? Ich würde mich nicht gerade als internetsüchtig bezeichnen aber in meinem Job gehört es einfach dazu, immer erreichbar zu sein. Da gehört das Smartphone als Arbeitsinstrument ebenso dazu, wie die Schuhe beim Verlassen des Hauses. Bei mir gibt es eine Zeit vor und nach dem iPhone.

Christian Ginsig, 41, lebt seit 1998 in Olten. Seine erste E-Mail-Adresse hatte er bei CompuServe. Das war 1995. Heute gehören Twitter, Facebook und Co. zu seinem Alltag. Beruflich hat er so ziemlich „alle Stufen eines Eisenbähnlers“ durchschritten und ist nun Mediensprecher bei der SBB. Obwohl er sich nach wie vor als Zugezogener fühlt, liegt ihm sehr viel daran, dass Olten den Anschluss an die Social-MediaWelt nicht verpasst.


„Für mich gibt es eine zentrale Grundregel: Schreibe im Internet nichts, was du nicht auch in einem Saal vor 1'000 Leuten sagen würdest.“

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NaRr

KILIAN ZIEGLER

von Johannes Witek

Opus Magnum

Ich habe gesprochen Es gibt nichts unattraktiveres als einen Menschen, der zu sprechen beginnt und durch ihn spricht nicht er sondern Generationen von Männern und Frauen, Väter, Mütter, Lehrer, Identifikationsfiguren die alle und alle und alle das Immergleiche sagen, völlig egal, was es ist -Es ist, als wäre er (der Sprecher) gar nicht vorhanden und es deshalb völlig sinnlos, dass er überhaupt den Mund aufmacht. Bisschen mehr Originalität, meine Freunde müsst ihr schon aufbringen, wenn ihr wollt, dass euch jemand ernsthaft zuhört. Und keine Ahnung, wer das jetzt sagt aber glaubt ihm. Johannes Witek, 1981, lebt in Salzburg. Zuletzt erschien von ihm ”Voltaires Arschbacken, Endlich ein Roman”, Chaotic-Revelry Verlag, Köln 2013.

Ich betrat den Raum, in dem der Moment der Wahrheit auf mich wartete. Der erste Eindruck stahl mir die Nervosität: ein Zimmer, in dem so viele Bücher wohnten, brauchte keine Tapete. Hinter einem Tisch, für den ein ganzer Mammutbaum sein Leben lassen musste, verdeckte eine Rückenlehne den Grund meines Treffens. Der Stuhl drehte sich. „Ich habe Sie erwartet“, mein Verleger streichelte einen Hamster. „Ich weiss“, sagte ich, „wir haben einen Termin. Und wir sind per du.“ „Wäre dein Manuskript doch bloss so pingelig.“ Ich setzte mich zu meinem alten Freund, auf dem Tisch lag der Entwurf. „Was hältst du davon?“, fragte ich. Mein Verleger wendete seinen Blick ab und atmete aus, als wolle er die Luft vor sich auspusten, dann wischte er sich mit dem Hamster den Schweiss von der Stirn. „Also zuallererst, dein Skript ist zu lang, viel zu viele Seiten. Mit diesem Stapel kannst du einen Elefanten erschlagen.“ „Warum sollte ich das tun wollen? Ich mag Elefanten.“ „Ziegler, keine Sau will viertausend Seiten lesen, geschweige denn herumtragen. Und was die Story betrifft, schon zwanzig Seiten wären übertrieben.“ „Aber es hat Vampire drin und Ausserirdische und eine Liebesgeschichte zwischen einem korrupten Pöstler und einem Roboter.“ „Huere Siech, der Protagonist ist ein Hund!“ „Lassie war das auch.“ „Aber Lassie war immerhin kein Collie.“ „Es muss ein Collie sein, sonst funktioniert das Wortspiel im Titel nicht.“ Gleichzeitig blickten wir auf das

Manuskript, darauf stand: „Der Collie bin ig.“ Ich hatte ein wenig Angst um die Augen meines Verlegers, er konnte sie ganz schön verdrehen. „Ziegler, ich will ehrlich sein, du solltest bei den Kolumnen bleiben, Romane sind eine andere Welt. Oder sonst das Ganze massiv entschlacken, nein, neu aufsetzen. Dein Erstling muss ja nicht gleich dein Opus Magnum sein.“ „Ich weiss nicht wer dieser Magnus ist, aber ich verstehe , was hier läuft.“ Die Stirn meines Verlegers bildete Tröpfchen, sein Hamster begann zu zittern. Ich fuhr fort: „Umgekehrte Psychologie. Du sprichst es nicht aus, aber dir gefällt mein Text so gut, dass ich daran weiter schreiben soll. Es ist offensichtlich, du willst noch mehr Kapitel. Mehr Personen. Mehr Collies!“ Euphorisch sprang ich auf, jauchzte: „Noch mehr Collies!“ und rannte aus dem Raum. Meinem geschockten Verleger konnte ich gerade noch zurufen, dass er sehr bald von mir hören werde. Es war ein schöner Moment. Leider hatte ich vor lauter Aufregung vergessen, ihm meine neuste Romanidee zu präsentieren: ein Hundertjähriger, der aus dem Fenster steigt und im Nachtzug nach Portugal abhaut. Das hat’s noch nie gegeben.

“Mein Verleger wendete seinen Blick ab und atmete aus, als wolle er die Luft vor sich auspusten, dann wischte er sich mit dem Hamster den Schweiss von der Stirn.”

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MEHR ALS EINE DRUCKEREI

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Eine gute Zeit La vache Kili PS: Ich habe schon viele Gegenstände nicht mehr gefunden, ich bin auch ein Verleger.

DIETSCHI PRINT&DESIGN AG

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PEDRO & PETRA

Die eigenwillige Uhr von Pedro Lenz (Text) und Petra Bürgisser (Illustration)

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öglicherweise ist es einem Teil der geneigten Leserschaft auch aufgefallen: Eine der Bahnhofsuhren in Olten funktionierte in den letzten Wochen nicht. Das heisst, sie funktionierte schon, aber eben ganz anders als alle anderen Uhren. Zuweilen lief die Uhr rückwärts, dann lief sie viel zu schnell und manchmal stand sie einfach still, um wenig später wieder ruckartig anzulaufen. Da es sich bei der eigenwilligen Uhr ausgerechnet um jenes Exemplar handelte, ab dem ich gewohnheitsmässig vom Küchenfenster aus die Zeit ablese, hätte mein Tagesablauf beträchtlich durcheinander geraten können. Zum Glück waren aber die jeweiligen Zeitangaben derart unrealistisch, dass ich nicht darauf hereinfiel. Mit der Zeit hatte ich die eigensinnige Uhr sogar ein bisschen gern bekommen, wie man manchmal unzuverlässige Menschen oder eigenwillige Tiere gern bekommt. Liebe ohne konkrete Erwartungen ist vermutlich die reinste Art der Liebe. Irgendwann muss jemand von der SBB bemerkt haben, dass mit der Uhr von Gleis 12 etwas nicht stimmt. Jedenfalls wurde sie eines Tages in eine graue Plastikhülle verpackt. Wenn eine Bahnhofsuhr schon nicht die richtige Uhrzeit angibt, werden sich die Zuständigen gedacht haben, dann ist es vernünftiger, sie überhaupt

keine Zeit mehr angeben zu lassen. Interessanterweise hat mich aber der Anblick der verpackten Uhr viel mehr irritiert als die Kapriolen, welche die Uhr zuvor vollbrachte. Es war mir jedes Mal unangenehm, statt des gewohnten Zifferblatts eine graue Plastikhülle vor Augen zu haben. Der flüchtige Blick auf das Zifferblatt einer Bahnhofsuhr dient offenbar nicht bloss zur Information über die Uhrzeit. Wenn wir kurz an eine Bahnhofsuhr schauen, vergewissern wir uns unter anderem auch über unseren Aufenthaltsort oder sogar über unsere Existenz. Es ist als würde uns eine innere Stimme zuflüstern: „Fürchte dich nicht. Die Uhr ist dort, du bist da, alles ist an seinem Platz und hat seine Ordnung.“ Sehen wir jedoch statt des vertrauten Zifferblatts bloss eine graue Plastikfolie, kann uns dieser Anblick gehörig verunsichern.

Wer keine halben Sachen mag, kann KOLT hier abonnieren, damits pünktlich zum Monatsbeginn im ”Zuweilen lief die Uhr Briefkasten liegt rückwärts, dann lief sie viel zu schnell und manchmal stand sie einfach still, um wenig später wieder ruckartig anzulaufen.“

Inzwischen ist das Problem behoben. Der Plastik ist weg und die Uhr ist repariert. Am Oltner Hauptbahnhof hat wieder alles seine Richtigkeit. Wäre es kein Pleonasmus, könnten wir sagen, die erwähnte Uhr funktioniere zuverlässig wie ein Uhrwerk. Sekunden, Minuten und Stunden sind da, wo sie hingehören. Die Zeit läuft nun überall für alle gleich ab. Das hat etwas Tröstliches und gleichzeitig etwas Trostloses.

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AnziehungskrAft

liegt in unserer nAtur. KOLT

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Mit Strategie aus der Krise Ein Blick auf den Bereich Kultur kann helfen, Defizite zu erkennen und Ideen für die Zukunft der Stadt Olten zu entwickeln. Der Zusammenschluss „pro kultur olten“ der Kulturschaffenden könnte ausserdem die Basis werden, um in der Kulturpolitik und somit in der Verwaltung einen Mentalitätswandel zu bewirken. Die erfolgreiche Arbeit anderer Städte kann hierbei als Vorbild dienen. von Yves Stuber, Daniel Kissling und Nils Loeffel

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ie Oltner Kulturschaffenden haben Ende Januar 2014 die gemeinsame Plattform „pro kultur olten“ für die Diskussion und die Kommunikation ihrer Anliegen geschaffen. Diese fokussieren sich aktuell klar darauf, dass die Kultur in der aktuell misslichen Lage nicht Prügelknabe der Stadt sein dürfe. Der Schulterschluss von Kunst-und Kulturfreunden und – schaffenden wurde von Seiten des Kunstvereins initiiert, weil die im Auftrag des Stadtrates laufende „Prüfung der Auswirkung bei der Schliessung eines oder mehrerer Museen“ Ende Dezember noch verschärft wurde. Dies durch ein Postulat, das die Prüfung der Folgen einer baldmöglichsten Schliessung des Kunstmuseums unter Beibehaltung der Sammlung zu Ausleihzwecken verlangt. Darum konzentrieren sich die Kräfte von „pro kultur olten“ seither vorläufig auf die Unterstützung für den Erhalt des Kunstmuseums. Nach der ersten gemeinsamen Aktion, der Petition „pro kunstmuseum olten“, die noch bis Mitte März Unterstützung sucht, stellt sich mittel- bis langfristig jedoch die Frage nach den weiteren Zielen dieser Kulturlobby. Ein langfristiges Ziel sollte die Forderung nach der Entwicklung einer städtischen Kulturpolitik sein. Darin besteht ein weitreichendes Defizit. Es fehlt der Stadt Olten ein zeitgemässes Kulturkonzept, das besagt, welche Kulturbereiche mit welchen Absichten auf welche Art

gefördert werden sollen. Gleichzeitig fehlt eine schlanke, professionelle Organisationsstruktur, die eine rasche Umsetzung eines solchen Konzepts ermöglicht. Die wesentlichen Defizite wurden schon im Jahr 2004 von der Stadt analysiert und im Dokument „Kultur in Olten – Analysen x Konzepte = Massnahmen“ festgehalten. Sehr selbstkritisch erkennen die Urheber darin, dass ihre „Organisation derzeit komplex“ sei und „Kompetenzen und Pflichten teilweise nicht klar geregelt“ seien. Die personellen Kapazitäten im für die Kulturpolitik zuständigen Stadtpräsidium seien „zu diesem Zweck für eine adäquate Aufgabenbewältigung ungenügend“ und „nötige Aufgaben können nicht wahrgenommen werden“. Die Stadt stellt zudem fest, dass „eine eigentliche Koordinations- und Anlaufstelle für das städtische Kulturwesen fehlt“. Letztere sei von allen Seiten deutlich gefordert worden. Zusammenfassend steht geschrieben, dass „ganz klar der Bedarf nach Schaffung einer koordinierenden Fachstelle für Kultur als interne wie auch externe Anlauf- und Koordinationsstelle sowie nach einer transparenten Organisationsstruktur mit Pflichtenheften für die verschiedenen Instanzen besteht“. Unverständlich ist, dass die Stadt dieses Problem in den letzten neun Jahren nicht gelöst hat. Unverständlich ist dies deshalb, weil die Stadt 2004 in besagtem Dokument ihre Kulturpolitik

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explizit zu ihrer Kernaufgabe erklärte. Und ein aus der damaligen Analyse resultierter Massnahmenplan formuliert als zwei der obersten Prioritäten folgende konkreten Aufgaben:

„Kulturbereich neu organisieren“ (Zuständigkeit Stadtrat, keine Mehrkosten) und „Fachstelle für Kultur schaffen“ (Zuständigkeit Gemeindeparlament, budgetierte Mehrkosten von CHF 90'000). Wahrscheinlich aufgrund dieses Versäumnisses, eine geeignete Organisationsstruktur einzurichten, blieb die Oltner Kulturpolitik in den nachfolgenden neun Jahren unverändert. Die in jenem Dossier erkannten Defizite wurden nicht ausgebessert und die formulierten Massnahmen für eine Kulturpolitik wurden kaum umgesetzt.

Die Kulturpolitik der Stadt Olten ist auf dem Stand von 2004 Damals und heute entscheiden lediglich einerseits eine Kulturkommission über ein Jahresbudget von unterdessen CHF 24'000.- und andrerseits das Stadtpräsidium bzw. der Stadtrat über grössere, wiederkehrende Beträge. Die Kulturpolitik ist auf dem Stand von 2004 stehen geblieben, obwohl Stadtrat und Parlament damals mit


konkreten Aufgaben beauftragt wurden. Es stellt sich unweigerlich die Frage, warum die Stadt sich die Mühe macht, ihre eigene Kulturpolitik zu analysieren, um dann nichts zu unternehmen. Anders in der Stadt Baden: Dort wurde über drei Jahre mit Einbezug aller Involvierten ein Kulturkonzept erarbeitet, welches seinen Namen verdient. Gemäss Einleitung bietet es die Chance, Bewährtes zu stärken und weiterzuentwickeln, aber auch neue Impulse aufzunehmen und eine zukunftsorientierte, fortschrittliche Kulturpolitik zu etablieren. Die Umsetzung bedinge bestimmter strukturellen Voraussetzungen und Ressourcen personeller und finanzieller Art. Die organisatorische Förderstruktur setzt sich aus verschiedenen Instanzen zusammen und versucht eine optimale Mischung aus Fachkräften, Entscheidungsträgern und Kulturdelegierten zu finden. Damit wird gewährleistet, dass einerseits, nebst transparenten und effizienten Entscheidungsprozessen eine klare Kompetenzenverteilung besteht und andererseits eine optimale Kommunikation zwischen Politik, Bevölkerung und Kultur stattfindet sowie eine zentrale Anlaufstelle für alle Kulturfragen existiert. „Operative Geschäfte können schneller und damit auch kundenfreundlicher abgewickelt werden, grosse Projekte bedürfen keiner Grundsatzdiskussion mehr. Die Auseinandersetzungen sind zielgerichtet und konkret auf ein Ergebnis ausgerichtet. Die Debatten sind sachlich und damit effizient“, so erklärte Patrick Nöthiger, Leiter Kultur Baden, die Notwendigkeit des Badener Kulturkonzepts und der geschaffenen Strukturen gegenüber dem Aargauer Kulturmagazin „Juli“ im Februar diesen Jahres.

für die Jahre 2014 bis 2017 sichtbar. Sie träfen die Kultur in heftigem Ausmass. Einsparungen von total CHF 50'000.- beim Stadttheater, 5'000.- beim Theater-und Konzertverein, 10'000.- bei der Stiftung für Kunst des 19. Jahrhunderts, 5'000.- bei der Buchmesse, 5'000.- beim Filmverein Lichtspiele, 5'000.- bei den Oltner Tanztagen, 5'000.beim Schwager-Theater, 10'000.- bei den Oltner Kabarett-Tagen, 7'000.- bei den Neujahrsblättern und 12'000.- bei der Kulturförderungskommission sind vorgesehen.

Es wäre also zu wünschen, dass eine breit abgestützte Kulturlobby selbstbewusst auftritt, selbst tätig wird und klare Forderungen an die Stadt stellt, um mit ihr zusammen wichtige Fragen zu behandeln, Probleme zu lösen und eine gemeinsame Strategie zu entwickeln. Es geht hierbei nicht in erster Linie um Geld, sondern hauptsächlich um Inhalte.

Die einzelnen Beträge scheinen relativ klein, aber sie sind möglicherweise überlebenswichtig für die einzelnen Vereine und Institutionen. Diese Sparmassnahmen erscheinen ohne grundlegende Strategie willkürlich. „Mou do e bitz, mou dört e bitz“ – aus demselben Grund erscheint auch die vom Parlament beschlossene 10% Pauschalkürzung in den Budgets der drei Museen willkürlich. Solche Anträge geschehen dann, wenn eine immense Lücke im Informationsfluss zwischen der Politik und der Kultur besteht. Hier

Wichtige Fragen betreffen die Art und Weise der Kulturpolitik: Will Olten eine Leuchtturmpolitik betreiben und falls ja, welche Leuchttürme sollen wie erhalten und oder gefördert werden? Es stellen sich automatisch weitere Fragen: Müssen Leuchttürme weniger gefördert werden, weil sie eventuell einfacheren Zugang zu alternativen Finanzquellen haben? Oder soll in erster Linie eine möglichst grosse Vielfalt Ziel der Kulturpolitik sein? Welches sind die Grundsätze für die Kulturförderung? Will Olten vermehrt in Jugendkultur investieren? Will Olten in einem oder mehreren bestimmten Kulturbereich(en) nationale Ausstrahlung erreichen? Wie geht Olten um mit der bereits bestehenden Kulturszene? Sobald die Ziele bekannt sind, lässt sich überlegen, wie diese umzusetzen sind – was wiederum weitere Fragen aufwerfen wird. Will die Stadt Olten günstige Räume für Kreative zur Verfügung stellen? Will sie Kultur auch kommunizieren? Wie setzt sie ihre Forderungen gegenüber den Subventionierten durch? Welche Forderungen kann die Stadt stellen? Will Olten fördernd und oder erhaltend wirken? In welchem Umfang und Verhältnis spricht die Kulturförderung wiederkehrende und oder zeitlich begrenzte Beträge? Wie regelmässig wird die gemeinsame Zielsetzung analysiert? Wer entscheidet über die Fördergelder? Wer hat die nötige Kompetenz? Wer ist unabhängig? Wie kontrolliert die Stadt diese verantwortliche Instanz? Die richtigen Fragen kommen dann, wenn man beginnt, sie zu stellen. Der Artikel über das Badener Kulturkonzepts beschreibt weiter, dass man „dessen Realisierung sehr planvoll angegangen sei, mit genug Geld und dem Einbezug aller Betroffenen. Über drei Jahre Arbeit mit einem 21-köpfigen Beirat, alles sehr professionell. Bei der Kultur ist es ja immer so, dass man auf alle Beteiligten sowie deren Befindlichkeiten und Animositäten vorausschauend Rücksicht nehmen muss.“

„Der Zeitpunkt für die Forderung nach einem Kulturkonzept kann besser nicht sein.“

Wichtige Fragen in Sachen Kultur

Wer keine halben Sachen mag, kann KOLT hier abonnieren, damits pünktlich zum Monatsbeginn im Briefkasten liegt Badens Kulturkonzept als Vorbild

Aufgrund der aktuellen finanzpolitischen Misere der Stadt Olten mag der Zeitpunkt dieses Artikels ungünstig wirken. Der Umfang der Kulturförderungsgelder der Stadt Baden lässt sich jedoch direkt mit den Oltner Zahlen vergleichen. Ausserdem wird im Badener Konzept explizit festgehalten, dass die zur Verfügung stehenden Mittel zur Umsetzung des Kulturkonzepts stark abhängig sind von der (finanzpolitischen) Gesamtstrategie der Stadt Baden, aber auch von der Beteiligung der Region, des Kantons und weiterer Geldgeber. Zudem bestehe bei jeder Massnahme wiederum die Möglichkeit, zu gewichten und den Umfang der Umsetzung zu bestimmen. Verstärkt wird dieser Grundsatz dadurch, dass in der Kulturkommission ein delegiertes Mitglied der Finanzkommission der Ortsbürgergemeinde und eine Fachperson aus dem Bereich Finanzen sitzen. Der Zeitpunkt für die Forderung nach einem Kulturkonzept kann besser nicht sein. Die Dringlichkeit eines Konzepts mit klaren Grundsätzen zur Verwendung von Kulturfördergeldern und strategischen Zielvereinbarungen wurde bei den vom Stadtrat beabsichtigten Sparmassnahmen

zeigt sich das Versäumnis der letzten neun Jahre auf unangenehme Weise. Es ist nicht so, dass bei der Kultur nicht gespart werden kann – im Gegenteil. Doch ohne klare Grundsätze und nachvollziehbare Ziele der Kulturpolitik wird keine Sparmassnahme verstanden und die Diskussion wird emotional. Jedem nur ein Stückchen wegzuschneiden nimmt die Regierung vermeintlich aus der Verantwortung.

Erst eine grundlegende Strategie der Kulturpolitik würde das Wissen darüber ermöglichen, welche konkreten Ziele, verbunden mit welchen konkreten Forderungen die Stadt bereits in der Kultur finanziell fördert. Dadurch würde erkennbar, wo genau eingespart werden kann und welche definierten Bereiche sie künftig erhalten, fördern und weiterentwickeln will – und welche nicht. Es wird in der momentanen Situation nicht verlangt, mit der grossen Kelle Kulturgelder zu schöpfen und im Bereich Kultur nichts einsparen zu dürfen. Von der Kultur soll konstruktiv und zukunftsgerichtet gefordert werden. So kann ihre Qualität verbessert und auf ein übergeordnetes Ziel hingearbeitet werden. Die Stadt soll bestehende Vereinbarungen in Frage stellen, wenn mit dem Geld nicht sinnvoll und produktiv umgegangen wird oder gemeinsame Ziele nicht erreicht werden. Das Geld soll fördern und nicht lähmend wirken. Zuviel Geld schadet der Kreativität. Wichtig ist nur, dass die Kultur ernsthaft als Kernaufgabe betreut wird. Erst dann darf man auch bei ihr sparen.

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Olten fehlt das Geld. Aber Oltens Vorteil ist: Baden weiss wie’s geht. Man muss Baden nur fragen.

Zu den Autoren: Yves Stuber ist Co-Herausgeber von KOLT, Daniel Kissling und Nils Loeffel sind Geschäftsführer und Programmleiter des Kulturlokals Coq d'Or in Olten.


IM EXIL Wer im Ausland lebt oder seine Ferien jenseits der Grenze verbringt, ist herzlich eingeladen, KOLT einen Beitrag für diese Rubrik zu schicken: ein Bild und max. 1000 Zeichen Text an redaktion@kolt.ch.

„Es brodelt, brennt und kitzelt zwischen den Zehen!“ Menschen aus der Region berichten aus der Welt – dieses Mal unter anderem über kleine Weltreisen in Londoner Taxis, Mate-Trinkrunden in einem argentinischen Spital und das Abtauchen in einem Pariser Jazz-Lokal.

Massa, Italien

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ch begleitete dieses Jahr die Rockband No-Mute auf ihrer Europatournee durch Italien, Frankreich, England, Belgien, Deutschland und Tschechien. Dabei habe ich bestätigt bekommen, dass man nicht um die halbe Welt reisen muss, um eine andere Kultur kennen zu lernen und nicht den Big Ben gesehen haben muss, wenn man England und seine Bewohner besucht. Birmingham mit seiner riesigen Musik- und Konzertszene. Städte wie das wunderschöne, von Wasser durchzogene und mit Burgen gepflasterte Gent in Belgien. Oder Massa in Italien, zwischen den apenninischen Alpen und der ligurischen Meeresküste lernte ich auf dieser Tour von ganz anderen Seiten kennen. Wer die Welt kennenlernen will und einmal auf jedem Kontinent sein will, kann aber genauso gut eine Woche lang in Londons Taxis mitfahren und sich mit den Fahrern unterhalten.

Oliver Benjamin Suter, 25, ist KOLT-Illustrator und hat schon die ganze Welt gesehen.

Olten • Oftringen • Brugg

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IM EXIL

Paris, Frankreich

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ch habe mein Medizinpraktikum in einem öffentlichen Hospital angefangen. Seit einiger Zeit bin ich bei den Chirurgen. Diese haben im Gegensatz zu den anderen Ärzten eine Klimaanlage im Sitzungszimmer und immer Strom. Bei Doktor Viviane, bei der ich davor gearbeitet habe, gab es schon des Öfteren Stromausfälle, also kein Licht, kein Ventilator und dies bei 28 Grad Zimmertemperatur. Am Morgen gibt's zuerst Teambesprechung, während dieser wir Matetee trinken. Alle trinken wie selbstverständlich aus demselben Becher. Einer hat dann die Aufgabe, heisses Wasser in den Becher zu giessen und rumzureichen. Da sich die Gespräche um medizinische Themen drehen und alle sehr schnell spanisch reden, ist das einzige Wort, das ich verstehe meistens nur „Mate“.

eit Januar lebe ich nun in Paris, da ich einen Atelieraufenthalt des Aargauer Kuratoriums erhalten habe. Ich übe jeden Tag 6 - 8 Stunden und komponiere, starte neue Projekte und lebe in einem neuen Kosmos, der vieles beinhaltet, was ich schon kenne, jedoch neu erlebe. Neben der Einsamkeit, in der ich durch den Tag, durch das Arbeiten im Atelier lebe, verbringe ich meine Zeit am Abend vor allem draussen, das heisst vor allem in Clubs und auf der Strasse von Marais, dem Stadtteil, in dem ich lebe. Hier in Paris ist mein neues "Club-Zuhause" der Sunside-Sunset Jazzclub, welcher acht Minuten von meiner Haustüre entfernt liegt. Hier kenne ich schon die Barbesitzer und die Gäste, die praktisch jeden Abend da sind. Ich zähle sozusagen zum neueren Inventar des Clubs. Dabei fühle ich mich jedoch unbeobachtet und anonym, da hier so viele neue Gesichter kommen und gehen, jeden Abend. Im Sunside-Sunset spielen die wirklich Grossen aus aller Welt sowie lokale Grössen. Die Jazz-Szene hier ist atemberaubend inspirierend und für mich geht ein grosser Wunsch in Erfüllung, endlich nach jahrelanger Suche einfach jeden Abend inspiriert zu werden durch das Können und die grosse Kreativität der Musiker sowie die Freude des Publikums an der Kunstform Jazz. Es brodelt, brennt und kitzelt zwischen den Zehen!

Tani Dang, 32, kommt aus Olten und lebt gerade in Argentinien, wo er in vielerlei Hinsicht eine total neue Welt kennenlernt.

Simon Spiess, 26, aus Olten ist Saxofonist und lebt zurzeit in Paris.

Cordoba, Argentinien

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7. Mai – 17. Mai 2014

Reservieren Sie sich schon jetzt folgende Termine: Generalversammlung

Do, 6. März

27. Oltner Kabarett-Tage

Mi, 7. Mai – Sa, 17. Mai

3. Oltner Kabarett-Casting

Fr, 7. Feb / 7. März / 4. April Di, 13. Mai Final

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Singapurs Putzfrauen Foreign Domestic Workers, oder kurz FDW, heissen die Gast- und Wanderarbeiter, die Singapurs Wirtschaftswunder erst möglich machen. Oft halten sich diese FDW, die als Kindernannys und Putzhilfen arbeiten, illegal im Land auf und sind so der Willkür ihrer – meist westlichen – Arbeitgeber hilflos ausgeliefert. Hinter der funkelnden Kulisse Singapurs herrschen Zustände, die stark an Sklaverei erinnern. von Milena Moser

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s tut mir leid, Ma’am. Ich muss jetzt ins Bett.» Der Satz ging Felicia immer und immer wieder durch den Kopf. Jede Nacht, wenn sie bis zwei, drei Uhr morgens mit Helen in der Küche sass und Weisswein trank, hat sie ihn auf den Lippen getragen und heruntergeschluckt. Felicia trinkt kaum Alkohol, verträgt ihn schlecht. Vielleicht mal ein Bier an ihrem freien Tag. Wenn sie denn einen hat. Und ausserdem ist Felicia um diese Zeit sowieso todmüde. Sie muss anderntags wie jeden Morgen um fünf aufstehen, die Hausarbeit und die Betreuung von Helens Kinder warteten auf sie. «Es tut mir leid, Ma’am. Ich kann nicht mehr mit Ihnen trinken. Ich muss jetzt ins Bett.» Helens Gesicht verschliesst sich. «Das war der Bruch», wird Felicia später sagen. Dabei hatte es so gut begonnen. Helen und Tom, den Felicia nur «Sir Tom» nennt, haben fünf Kinder, drei davon im schulpflichtigen Alter. Lucy, die Jüngste, ist ein Jahr alt. Der vierjährige Morris ist autistisch und braucht spezielle Betreuung. Felicia besorgte den gesamten Haushalt: putzen, kochen, waschen, einkaufen. Sie betreute alle fünf Kinder, brachte die Älteren zur Schule, holte sie wieder ab, beaufsichtigte ihre Hausaufgaben. Die Schulleitung hatte Felicias Handynummer und E-Mail-Adresse als Kontaktinformation gespeichert. Alle Informationen gingen direkt an sie. Felicia spricht gut Englisch. Sie las den Kindern vor, sie machte spezielle Übungen mit Morris, sie fand eigene Wege, mit ihm umzugehen. «Autistische Kinder kommen von alleine nicht aus ihren Stimmungen heraus», beobachtete sie. «Man muss sie ablenken können.» Sie macht vor, wie sie Waschlappen als Handpuppen benutzte, um Morris ins Bad zu locken, und lacht bei der Erinnerung. «Wenn Sir Tom mich so sah, dachte er wohl, ich sei verrückt!» Wenn Lucy nachts weinte, stand Felicia auf. Wenn eines der grösseren Kinder schlecht träumte, kam es in Felicias Zimmer.

«Wir können nicht alles schaffen, alles selber machen, alles gleichzeitig hinkriegen», sagen die Expat-Gattinnen. Helen und Tom haben Felicia direkt von den Philippinen geholt, ohne die Vermittlung einer Arbeitsagentur. «Ich war so glücklich darüber, ich habe mir gar nichts dabei gedacht.» Felicia hat, wie die meisten Hausangestellten in Singapur, Kinder, die sie zu Hause zurücklassen musste. Ihr Mann hat sie schlecht behandelt, also ist sie gegangen. Sie lässt sich nicht alles bieten. Und sie trägt die Konsequenzen dafür: Ihre Kinder werden jetzt von der Grossmutter aufgezogen. Als Felicia noch in Manila arbeitete, konnte sie ihre Kinder wenigstens am Wochenende besuchen. Ein Vertrag in Singapur bedeutet, dass sie zwei Jahre lang nicht zurück auf die Philippinen reisen kann. Dafür kann sie mehr Geld nach Hause schicken. Eine Stelle in Singapur ist deshalb für viele Südostasiatinnen etwas Erstrebenswertes. Erst recht im Haushalt von Expats, Amerikanern oder Europäern. Diese stehen im Ruf, ihre Angestellten etwas besser zu behandeln als die Einheimischen. Helen trank viel. Sie schlief bis zwei Uhr Nachmittags. Um sie nicht zu wecken, musste Felicia die Hausarbeit möglichst geräuschlos verrichten, die beiden kleinen Kinder ruhig halten. Durch das Netzwerk der Hausangestellten erfuhr Felicia, dass Helen zu unkontrollierten Wutausbrüchen neigte. Auf dem Spielplatz lernte Felicia Alissa kennen, die Freunde von «ihren» Kindern betreut. Alissa erzählte ihr, dass Helen ihrer Ma’am bei einer Dinnerparty ein Glas ins Gesicht geworfen habe. Alissas Ma’am habe sich an den Scherben verletzt, sie habe genäht werden müssen. Jetzt verstand Felicia auch, warum Toms Familie sie direkt importiert hatte: weil sie bei den Agenturen berüchtigt war. Und warum Helen abends mit ihrer Maid trinken musste: weil niemand mehr ihre Einladungen annahm. Dass selbst Felicia, die ihr vollkommen ausgelie-

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fert war, ja, ihr faktisch gehörte, sie zurückwies, das konnte ihr Helen nie verzeihen. Foreign Domestic Workers oder FDW, wie die politisch korrekte Bezeichnung lautet, dürfen nur Vollzeit arbeiten und müssen im Haushalt leben. Es wird empfohlen, ihnen wenn möglich ein abschliessbares Zimmer zur Verfügung zu stellen. Teure Wohnungen verfügen über einen maid’s room, meist in der Mitte der Wohnung. In dem fensterlosen, nicht klimatisierten, zwei mal zwei Meter grossen Raum schläft die Hausangestellte auf einem Brett über der Waschmaschine und dem Tumbler. Wer nicht in einer neuen, teuren Wohnung lebt, bringt die Maid in der Küche unter, im Flur, irgendwo. Es wird ohnehin erwartet, dass sie vierundzwanzig Stunden zur Verfügung steht.

«Wir tun es für unsere Kinder», sagen die Hausangestellten. Durch die direkte Einreise sparte Felicia die sechs bis acht Monatslöhne, die die Agenturen üblicherweise für die Beschaffung der nötigen Papiere und für die Reise zurückbehalten. In diesen Monaten sind die Angestellten ihren Arbeitgebern komplett ausgeliefert. Die illegale Einreise machte Felicia erpressbar. Doch daran dachte sie damals nicht. «Wir waren zu sechst, und nur zwei von uns kamen durch!» Sie war stolz auf ihre List: Ihre Schwester Maria, die bereits als Maid in Singapur arbeitete, habe sie eingeladen, erzählte sie am Zoll. Der Beamte rief deren Arbeitgeber an, die sie deckten. «Sir Tom konnte nicht glauben, dass ich es geschafft hatte!» Zwei Tage vor Weihnachten. Singapur hat aufgerüstet. Die Stadt ist ein einziges Einkaufszentrum, nahtlos gehen die Metrostationen in die Warenhäuser über. Die Orchard Street flimmert im psychedelischen Lichterwahn, rosa und silbern glitzernde Weihnachtsbäume säumen die Einkaufsstrasse. Alles leuchtet, bimmelt, blinkt.


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Der Himmel hängt tief und schwer und voller Wasser. Kurz bevor jeden Nachmittag die Wolken platzen, wird es so dunkel, dass das für gestern angekündigte Weltende doch noch realistisch scheint. Ich halte nach Felicia Ausschau, aber es ist unmöglich, in der vorbeihastenden Menge ein einzelnes Gesicht auszumachen. Hinter den Kundinnen geht gebückt, mit Taschen und Paketen beladen, oft auch einen Kinderwagen schiebend, ihre Maid. Ihre FDW. Das Wichtigste dieser drei Wörter ist das erste: foreign. Ausländisch. 206 000 von ihnen leben in Singapur, Felicia ist eine von ihnen. Die meisten kommen wie sie von den Philippinen, aus Indonesien, seltener aus Sri Lanka oder Myanmar. Die FDW lebt im Haushalt und verdient ungefähr 500 Singapur-Dollar pro Monat, umgerechnet 350 Franken in einem Land, in dem die Lebenskosten mindestens so hoch sind wie in der Schweiz. Zusätzlich muss eine Steuer von 256 Dollar an den Staat entrichtet werden. Für einen Expat ist das wenig Geld, für ein einheimisches Paar am Anfang ihrer beruflichen Laufbahn nicht. Trotzdem leisten es sich die meisten. Die Maid ist ein Statussymbol. Deshalb zwingt man sie gern, eine Phantasieuniform, wie man sie von Operettenbühnen kennt, zu tragen: Schaut her, wir haben eine! Ausserdem sei das halt der Preis der Emanzipation, rechtfertigen junge Frauen diese Ausgabe. Die Doppelbelastung durch Familie und Karriere sei anders schlicht nicht zu bewältigen.

Drei Wochen, schätzt die amerikanische Bankersgattin Molly, braucht die durchschnittliche Expat-Frau, um sich umzugewöhnen. Anzupassen. Wer es nicht tut, wird isoliert. Gehört nicht dazu. Wie sie. Molly ist über Hongkong nach Singapur gezogen. Sie hat zwei Kinder und keine Angestellten. «Ich will Zeit mit meiner Familie verbringen. Ich schätze unsere Privatsphäre.» Vor kurzem wurde ihr ein Job angeboten, der sie bis in die Abendstunden verpflichtet hätte. Sie sagte ab: «Das ist meine Familienzeit.»

«Wie, du hast keine Nanny? Na, du wirst schon noch zur Vernunft kommen!» Molly zuckt mit den Schultern. «Ich kann hier mit niemandem reden.» Niemand versteht ihre Haltung – ausser Matt, ihrem Mann. Manchmal wechseln sie einen komplizenhaften Blick. Wenn sie bei einem Firmenpicknick die Einzigen sind, die ihre Sandwiches selber auspacken oder am Sonntag im Zoo Kinder und ihre Nanny durch einen Abstand getrennt von den Eltern spazieren sehen. Wenn bei einer Einladung stolz die neue Wohnung gezeigt wird: Drei Zimmer stehen leer, die Angestellte schläft hinter einem Vorhang auf dem Küchenboden. Wenn sich ein Kollege in der Bar brüstet: «Mann, gestern war ich so betrunken, ich musste die Maid wecken, dass sie mir zwei Aspirin bringt!» – «Findest du das o.k.?», fragt Matt dann, und Molly liebt ihn dafür. Viele Freunde haben sie nicht mehr. Eingeladen werden sie selten. «Manchmal fragen wir uns schon, ob wir nicht verrückt sind, ob die anderen nicht recht haben», sagt Molly. «Wir kennen hier niemanden, der gleich denkt wie wir.» Sie holt ihre Kinder selber von der Schule ab, begleitet sie auf den Spielplatz. Da ist sie meist die einzige Mutter. Sie hat sich mit einigen FDW angefreundet, unter anderem mit Felicia. «Ich wünschte mir, Miss Molly würde ihre Meinung ändern und eine Maid anstellen», seufzt Felicia. «Für jemanden wie Miss Molly zu arbeiten, das wäre der Traum!»

Helen konnte die Abfuhr, die Felicia ihr erteilt hatte, nicht ertragen. «Es tut mir leid, Ma’am, aber ich kann nicht mit Ihnen trinken», sollte der letzte Satz gewesen sein, der zwischen den beiden Frauen fiel. Fortan kommunizierte Helen nur noch per SMS mit Felicia. Änderte ihre Aufträge minütlich, verlangte das Unmögliche. So sollte sie nachmittags um halb drei Helens Schlafzimmer putzen, genau dann, wenn sie die älteren Kinder von der Schule abholen musste. Sie sollte mit allen fünf Kindern etwas unternehmen und gleichzeitig die Schularbeiten der Älteren überwachen. Oft hetzte Felicia mit fünf Kindern von einem Geschäft zum anderen, immer neue SMS-Befehle befolgend.

«Es ist unmöglich! Wir brauchen Hilfe!» Immer öfter weinte Felicia vor Erschöpfung, vor Verzweiflung. Sie beklagte sich bei Sir Tom, der sie um Geduld bat. «Wir wissen doch beide, wie sie ist!» Eine seltsame Komplizität entwickelte sich zwischen den beiden. Doch wenn es um ihren Wochenlohn ging, war Sir Tom nicht mehr Felicias Freund. Immer wieder bekam sie nur die Hälfte ihres Geldes: «Tut mir leid, ich war heute nicht bei der Bank.» Sir Tom arbeitet bei der Bank. Mollys Ehemann Matt kennt ihn: beim letzten Stellenwechsel das Doppelte der üblichen Abfindung gefordert und erkämpft. Das stünde ihm zu, habe er gesagt. Das sei sein Recht.

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Die Expat-Frauen kennen diese Doppelbelastung. Sie bringen sie mit. Die Möglichkeit, den einen Teil davon ganz einfach zu delegieren, ist ihnen erst noch fremd. Doch wie verlockend scheint sie! Wie verführerisch die Perspektive, sich viel mehr freie Zeit nehmen zu können; fürs Shoppen, für Wellness, für den sorgenlosen Spaziergang mit dem Mann durch den Singapurer Zoo, während die Nannies mit den Kindern hinterhertrotten! Und wie schnell hat man sich daran gewöhnt! Eine namenlos bleiben wollende Schweizer Bankersgattin gesteht, sich das Leben ohne ihre drei Nannies (eine für jedes Kind) und zwei Hausangestellte nicht mehr vorstellen zu können. Die fünf Angestellten kosten sie zusammen ungefähr so viel wie ein einziger nicht subventionierter Krippenplatz in der Stadt Zürich. Sie weigert sich, in die Schweiz zurückzukehren, bevor ihre Kinder «draussen» sind. Möglicherweise hat sie früher ihre Putzfrau schlecht bezahlt oder ihrem Au-pair-Mädchen zu wenige Freistunden gewährt. Aber nie hätte sie in der Schweiz andere Menschen wie Sklaven gehalten, in einem fensterlosen Verschlag. Ohne ein Recht auf ein eigenes Leben.

Als ich Felicia zum ersten Mal traf, hatte sie gerade ihre Stelle bei Helen und Tom gekündigt. «Ich will aber nichts Schlechtes über sie sagen», begann sie unser Gespräch. Es dauerte mehrere Stunden. Seither haben wir vier Nachmittage miteinander verbracht, und ich durfte einige ihrer Freundinnen kennenlernen. Plötzlich steht sie vor mir. Sie nimmt mich an der Hand und führt mich geschickt durch die Menschenmassen. Als die ersten Regentropfen gross wie Seifenblasen, hart wie Schrotkugeln auf uns niederprasseln, zieht sie mich in die Lucky Plaza, ein Einkaufszentrum, das auf die Bedürfnisse der philippinischen Gastarbeiter ausgerichtet ist. Hier steht man sonntags Schlange, um Geld nach Hause zu schicken. Man findet Essen, das Heimweh lindert, trifft Landsleute.

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Im 6. Stockwerk des Lucky Plaza befindet sich das Büro der Hilfsorganisation HOME, die sich um die Rechte der FDW kümmert. Im Büro von HOME können sie gratis ins Internet, sich über ihre Arbeitsbedingungen beschweren, Rat holen. Frauen, die in Gefahr sind, werden an einen sicheren Ort gebracht, wenn nötig medizinisch versorgt. Letzte Woche wurde eine junge Frau von zwei verängstigten Freundinnen hereingetragen. Sie war vor Angst vor ihren Arbeitgebern aus dem Fenster gesprungen und hatte sich dabei beide Beine gebrochen. Nach offiziellen Angaben stürzen etwa zehn Hausangestellte pro Jahr so zu Tode. Ob beim Versuch, zu fliehen, oder beim ungesicherten Putzen der Fenster oder ob sie sich vor Verzweiflung in den beinahe sicheren Tod stürzen wollten, bleibt in den meisten Fällen ungeklärt. Singapur ist ein reiches Land. Der Vorzeigestaat Ostasiens. Hier funktioniert alles, und alles ist sauber. Die Wirtschaft wächst, der Bildungsstand ist hoch, die Bevölkerung ist zufrieden – wenn auch nicht glücklich. Zwei Studien im letzten Jahr haben die Einwohner von Singapur zu den «gefühllosesten» sowie den «unglücklichsten» der Welt gekoren. Die Philippinen hingegen sind unter den glücklichsten zehn Ländern. Doch jeder einzelne Bürger ist stolz auf sein Land, stolz darauf, Singapurer zu sein. Dass die-


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ses erfolgreiche kleine Land auf den geschundenen Rücken der ausländischen Arbeiter ruht, wird verdrängt. Bridget Tan, die Gründerin von HOME, sieht es als ihre christliche Pflicht, sich um diese «Ärmsten der Armen» zu kümmern. Die schlimmsten Verstösse gegen ihre Menschenrechte im Rahmen des bestehenden Arbeitsrechts anzuprangern und zu bekämpfen. Dieses ist allerdings so zögerlich und ungenau formuliert, dass die ausländischen Arbeitnehmer faktisch keine Rechte haben. Eine neue Bestimmung sieht zum Beispiel vor, dass ausländische Hausangestellte ab Anfang dieses Jahres einen Tag pro Woche statt wie bisher pro Monat frei bekommen sollen – derart verfasst, dass sich nichts zwingend ändern muss.

«Wie soll ich denn ausgerechnet am Sonntag, wenn alle zu Hause sind, alles alleine schaffen?» Felicia führt mich zu den Imbissständen im Souterrain, ergattert zwei Plätze an einem der vollbesetzten langen Tische. Ich bestehe darauf, etwas zu essen zu kaufen. Als wir uns das erste Mal trafen, nannte sie mich konsequent Ma’am. Damals bot ich ihr einen Kaffee an. Sie bestellte dasselbe wie ich: Espresso, schwarz. «Möchten Sie nicht lieber einen Cappuccino?», fragte ich, und sie änderte ihre Bestellung sofort. Unterdessen nennt sie mich Miss Milena. Und sie lässt sich dazu überreden, etwas zu bestellen, sie erlaubt sogar, dass ich zum Stand gehe und es ihr bringe. Sie möchte ein Kaya Toast Set, das typische singapurische Frühstück, das man den ganzen Tag essen kann. Zu den mit Butter und Kokoscrème gefüllten Toast-Sandwiches gibt es zwei weichgekochte Eier in der Schale und eine Tasse mit gezuckertem Tee. Felicia trinkt also Tee. Ich trage das Tablett an den Tisch, die Eier rollen hin und her. «Isst du die, Miss Milena?» – «Nein, das ist alles für dich!» – «Uhh – ich mag doch keine Eier!» – «Ich auch nicht!» Während des ganzen Gesprächs liegen diese Eier zwischen uns auf dem Tisch. Sie rollen hin und her. Immer wieder tippt Felicia sie mit dem Finger an und kichert. «Ich kann es nicht glauben, dass du diese Eier gekauft hast!» Dann wird sie ernst. «Miss Milena, was hältst du von den Italienern? Sind das gute Menschen?» Felicia ist seit zwei Wochen ohne Anstellung. In diesen zwei Wochen hatte sie nur drei Vorstellungsgespräche. So kurz vor Weihnachten will niemand eine neue Angestellte einarbeiten. Man ist in den Ferien oder mit der Familie beschäftigt. Nur ein Gespräch führte zu einer Zusage. Ein älteres Paar ohne Kinder. Die Wohnung war dunkel, die schweren Vorhänge gezogen. Felicia musste den Tisch decken, mit schwarzen Augen stumm beobachtet. «Die Ma’am wartete nur

darauf, dass ich einen Fehler mache. Sie würde mich schlecht behandeln, das weiss ich. Und dann bin ich wieder da, wo ich angefangen habe. Dann hätte ich gleich bei den Amerikanern bleiben können.» Weil Helen und Sir Tom die Wohnung im exklusiven Hochhaus gekündigt wurde, kauften sie ein Haus. Um dem Stress des Umzugs zu entgehen, flogen sie für vier Wochen nach Amerika. Vier Kinder nahmen sie mit, der kleine Morris blieb bei Felicia, die auch den ganzen Umzug organisierte, alles ein- und wieder auspackte, das neue Haus einrichtete. Man hatte ihr zwar Metrokarten und Eintrittskarten für Vergnügungsparks zurückgelassen, aber nicht genug Bargeld. Nach drei Wochen gingen ihr die Lebensmittel aus. Nach vier Wochen meldete sich Sir Tom: sie würden noch zwei Wochen länger bleiben. Felicias Freundinnen brachten Lebensmittel und Reste vorbei.

-#15 / MÄRZ 2014

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REPORTAGEN DAS UNABHÄNGIGE MAGAZIN FÜR ERZÄHLTE GEGENWART SYRIEN

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Für die Bewohner von Zabadani ist der Einschlag von Granaten der Soundtrack ihres Alltags.

In China trifft sich die Elite der Denkspieler zur Weltmeisterschaft. Vea Kaiser rätselt mit.

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«Es ist nicht möglich. Es ist einfach nicht möglich.» Felicia ist stolz darauf, dass Morris in dieser Zeit nicht abgenommen hat. Sie kneift sich in den Arm, um mir zu zeigen, wie gesund Morris aussah. Ihr eigener Arm ist sehr dünn. Sie isst nur wenig, langsam, ihr Toast wird kalt. Die anderen Kinder seien verwahrlost zurückgekommen, sagt sie. Immer wieder ist eine Art Konkurrenz spürbar. Felicia ist eine bessere Mutter als Helen. Wäre sie auch eine bessere Ehefrau? Sir Tom tut ihr manchmal leid. Wenn er seinen Koffer für eine Geschäftsreise selber packt. Wenn seine Frau ihn anschreit. Sie zieht ihre Schlüsse: «In Amerika sind die Frauen mehr wert als die Männer».

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Im neuen Haus hat Felicia kein richtiges Zimmer mehr, sie schläft in einer Art Vorraum im Flur. Wer nachts hereinkommt oder hinausgeht, muss an ihrem Bett vorbei. Helen denkt sich neue Schikanen aus. So will sie mit den Kindern zu einem Vergnügungspark fahren. Im letzten Augenblick steigt sie aus dem Taxi, das Felicia dann von ihrem eigenen Geld bezahlen muss. Immer öfter beklagt sich Felicia bei Sir Tom. «Ich bin hier nicht glücklich», sagt sie. Sir Tom fleht Felicia an zu bleiben. «Was würden wir ohne dich tun?» Dann wieder setzt er sie unter Druck: «Wir haben dich von den Philippinen geholt, ohne uns wärst du nicht einmal hier, wir haben dir den Flug bezahlt.» Das stimmt Felicia immer wieder um. Eines Tages reisst sie Morris, der gerade auf die Strasse rennen will, am Arm zurück. Der Junge beklagt sich bei seiner Mutter, Felicia habe sie geschlagen. Helen droht mit einer Klage. Noch mehr als das trifft Felicia der Verrat des Jungen. Was passiert, wenn einem Kind bewusst wird, dass seine Eltern es einer Frau überlassen haben, die sie selber verachten? Wird es einen Teil dieser Verachtung auf sich beziehen, wird es sich fragen, warum es nicht gut genug ist, um von jemandem betreut zu werden, den die Eltern wertschätzen? Was macht ein Kind mit dieser Erkenntnis? An wem wird es seine Verletzung rächen, seine Enttäuschung auslassen? Im Internet findet Felicia eine neue Stelle und kündigt. Helen beschimpft sie per SMS. Sie will sie gar nicht mehr sehen. Sir Tom wird wütend, er sagt, sie sei undankbar und illoyal und verweigert die Entlassungspapiere, ohne die sie die neue Stelle nicht antreten kann. Molly rät Felicia, sich beim Ministry of Manpower zu beschweren. Das Zurückhalten der Papiere ist so illegal wie Felicias Einreise. Sie muss die Schlichtungsstelle nur erwähnen, um ihre Papiere zu bekommen – nicht aber ihr Geld. Sechs Wochenlöhne bleibt Sir Tom ihr schuldig. Als Felicia bei der neuen Familie einzieht, sieht sie, dass überall Überwachungskameras installiert sind, auch über ihrer Schlafstelle. «Zu deinem Schutz», sagt die neue Ma’am. Felicia kann unter dem roten Kameraauge nicht schlafen. Nach nur einer Woche geht sie. Zum zweiten Mal. Jetzt ist sie offiziell ein schwieriger Fall. Am Sonntag geht Felicia in die Kirche. Dort trifft sie ihre Freundinnen. Nach der Messe essen sie zusammen, jede bringt etwas mit. «Wir treffen uns im People’s Park», textet sie. Ich fahre mit dem Taxi hin und stelle fest: People’s Park ist kein Park, kein öffentlicher Platz, sondern ein Einkaufszentrum in Chinatown. Manche der Frauen kennen sich aus der Kirche, andere aus der Heimat. Wieder andere haben sich bei der Arbeit kennengelernt, wie Felicia und Alissa. Man hilft sich gegenseitig aus. Mit Essen, manchmal mit Geld, mehr noch mit Informationen.


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Hier erfuhr Felicia, warum Helen und Tom die Wohnung gekündigt worden war: Helen rauchte zu viel, die Nachbarinnen, unter anderem Alissas Ma’am, hatten sie verpetzt. Wenn die Ma’ams wüssten, was ihre Angestellten über sie wissen, denke ich. Über sie denken. Und dabei verstehe ich nicht einmal, was sie sagen. Felicias Übersetzung ist bestimmt eine gemässigte Version. Gruppen srilankesischer Bauarbeiter schlendern vorbei. Blicke werden getauscht, Gesten. Die eine oder andere steht auf, geht mit einem weg, Hand in Hand. Felicia wendet sich ab. Ihre Schwester Maria ist mit «so einem» zusammen. Jeden Sonntag fehlen Frauen, die nicht frei bekommen haben. «Der Trick ist, ganz früh aus dem Haus zu gehen, wenn alle noch schlafen, und erst dann zurückzukommen, wenn die Kinder schon im Bett sind», erklärt Felicia. «Sonst ist der freie Tag schnell weg.» Die Arbeitgeber haben ihre eigenen Tricks. Sie halten den Wochenlohn zurück: «Ich war noch nicht beim Bankomaten.» Schreiben der Angestellten mitten im Tag, sie könne ihr Geld JETZT abholen. Und wenn sie dann schon einmal da sei und die Kinder nach ihr riefen, dann könne sich doch gleich… Das Smartphone, mit dem die meisten Hausangestellten ausgerüstet werden, ist eine höchst effiziente Fussfessel.

die Inder, dann die Amerikaner und am besten behandelten einen die Europäer. «Dumme Vorurteile», sagt Felicia. «Chinesen sind wenigstens Asiaten, man versteht, wie sie denken!» Und man kennt das Essen. Inder essen vegetarisch, das sind sich die Frauen nicht gewohnt, die westliche Küche vertragen sie oft nicht. Felicia hat Pickel bekommen vom amerikanischen Essen, sie schämt sich ihrer Haut. Und doch war das Letzte, was sie zu Sir Tom gesagt hat: «Sie sind schlimmer als ein Chinese!» Das sei die philippinische Art, bestätigen Faith und Alissa: «Wir sagen, was wir denken, nicht wie die Indonesierinnen!» Genau deshalb sind diese bei den Arbeitgebern beliebter. Zwei Tage vor Weihnachten. Felicia ist seit zwei Wochen arbeitslos. Ihre Work Card läuft heute aus. Morgen früh wird sie ausgeschafft. Selbst wenn sie das Angebot der Italiener annimmt, muss sie erst einmal aus- und wieder neu einreisen. Die Agentur schickt sie mit einer Begleitperson über den Fluss nach Malaysia. Dort wird sie

gehofft, ihre Schwester Maria könnte sie unterstützen, doch diese hat nur noch Augen für ihren Bauarbeiter aus Sri Lanka. Sie kocht jeden Abend für ihn, gibt ihm all ihr Geld. Felicia, die, seit sie arbeitslos ist, bei ihrer Schwester lebt, stört: Zwei Frauen und ein Boyfriend auf vier Quadratmetern, das ist zu viel. Eine dritte Schwester, die in Hongkong arbeitet, schickt in ihrem Namen Geld nach Hause; Felicia hat ihrer Mutter nicht gesagt, dass sie arbeitslos ist.

«Es ist einfach nicht möglich, alles zu schaffen, es ist zu viel.» Gestern Nachmittag hat Alissa angerufen, vom Spielplatz aus. Die Kinder, die sie betreut, spielten gerade mit Morris und Lucy. Felicia fuhr sofort hin. Mit dem Taxi, zehn Dollar. Hinter dem Zaun versteckt, beobachtete sie «ihre» Kinder. «Sie durften mich nicht sehen. Man hat ihnen erzählt, ich sei in den Ferien.» Jetzt weint Felicia. Zum ersten Mal. Übermorgen ist Weihnachten. Felicia wird allein sein, in einem fremden Land, sie wird nicht telefonieren können. Wenn sie den Italienern absagt, kann sie erst wieder einreisen, wenn die Agentur ihr eine neue Stelle verschafft hat. Felicia wünscht sich, das deutsche Paar, bei dem sie sich ebenfalls vorgestellt hat, würde zusagen. Ihr schreiendes Baby ist in Felicias Armen eingeschlafen, das ist doch ein gutes Zeichen.

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Die häufigsten Klagen, die HOME behandelt: Frauen, die geschlagen, sexuell missbraucht, eingesperrt, nicht bezahlt, bedroht werden. Die Klagen, die ich von Felicia und ihren Freundinnen Alissa und Faith gehört habe – zu wenig Schlaf, zu wenig Essen, Schikanen, das Geld wird zurückbehalten – werden nicht angezeigt. Das ist einfach Pech. «Manchmal beneiden wir unsere Freundinnen», sagt Faith. Sie arbeitet für eine indische Familie. Weil ihre Arbeitgeber gerade in den Ferien sind, bezahlen sie der Arbeitsvermittlungsagentur 150 SD in der Woche nur dafür, dass Faith über Nacht in ihren Geschäftsräumen eingeschlossen wird. «So bekomme ich immerhin ein bisschen mehr Schlaf», sagt Faith trotzig. Das wiegt die Demütigung nicht auf. Faith kennt eine Frau, die in einem richtigen Zimmer mit einem richtigen Bett und einem Fenster wohnt. Eine andere wird von ihrer Ma’am regelmässig für ihre Küche gelobt. Felicias Schwester hat zwei Wochen Ferien im Jahr, die sie allerdings nicht nutzt – sie hat keine Kinder zu Hause. «Warum haben die einen so viel mehr Glück als die anderen?» Wenn ich sie frage, was sie sich wünschen, sagen sie alle dasselbe: «Dass meine Arbeit anerkannt wird. Dass die Ma’am mich mal lobt. Oder Danke sagt.» Erst danach kommen die pragmatischeren Forderungen nach geregelten Arbeitszeiten, genügend Schlaf, genug zu essen, ein bisschen mehr Lohn. Und: für Expats arbeiten. Am schlimmsten seien die Chinesen, dann kämen

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zwei Wochen in einer Art Durchgangslager verbringen. Wenn sie zurückkommt, wird sie die Kosten für die Ausschaffung abstottern müssen. Mindestens zwei Monatslöhne, schätzt sie. Diese aktive Rolle der Agenturen führt laut einer Untersuchung von HOME dazu, dass in vielen Fällen der Tatbestand des Menschenhandels bei FDW erfüllt ist. Die Untersuchungskommission der Regierung lehnt die Studie von HOME ab. Die einzelnen Vergehen liessen sich nicht beweisen. «Sie wissen aber schon, dass wir hier eine scharfe Zensur haben?» Die Gründerin einer Hilfsorganisation, die sich mit Menschenhandel befasst, schaut mich spöttisch an. «Nein, das wusste ich nicht.» Dafür verstehe ich jetzt, warum es sehr viel schwieriger war, sie zum Gespräch zu treffen als Felicia und ihre Freundinnen. «Ich möchte auf keinen Fall zitiert werden», sagt die Frau. Felicias Sohn hat Fieber. Seit einer Woche kommt und geht es. Es könnte Dengue-Fieber sein. Man weiss es noch nicht. Schon im Dezember konnte sie kein Geld nach Hause schicken. Sie hatte

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Wir haben viel geredet, über Männer und ExMänner, Freiheit und Einsamkeit, über Wünsche und Grenzen. Wir haben gelacht. Wir hatten Momente von Nähe, in denen sich der Abgrund zwischen uns, zwischen unseren Realitäten, auflöste. Nur um uns beiden dann umso deutlicher bewusst zu werden. Ich finde es immer schwerer, zu akzeptieren, dass der Ort, an dem man geboren wurde, alles andere bestimmt. Das ist naiv, ich weiss. «Man muss das schon im Zusammenhang sehen», sagt eine Menschenrechtsanwältin. «Auf den Philippinen hätten diese Frauen noch weniger Chancen!» Das Handy blinkt auf dem Tisch, Felicia schaut auf die Nachricht und lacht. «Die Mädchen sagen, es sei langweilig ohne mich!» Eine alte Frau räumt unser Tablett ab, die beiden Eier steckt sie in ihre Schürzentasche. Beim Eingang zur Metrostation trennen wir uns. Felicia umarmt mich kurz, dann verschwindet sie in der Masse. Draussen ist es dunkel geworden. Die Lichter blinken unbeirrbar. Die Luft ist feucht und schwer. Zwei Tage später schreibt Felicia: «Hi Miss Milena! Fröhliche Weihnachten! Ich bin jetzt in Malaysia. Ich bleibe stark für meine Kinder. Meine Kinder sind meine Kraft.» Und Mitte Januar: «Hello Miss Milena. Ich bin wieder in Singapur. Die deutsche Familie ist nett. Ich hoffe, dass es so bleibt. Bleib stark und schön!» Du auch, Felicia. Du auch.


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Im Jahr 2011 hat Reha Technology das erste Exemplar eines solchen Gangrehabilitationsger채tes verkauft, das rund 400'000 Franken teuer ist.

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Ein 15 Hauch Science-Fiction: Die ISO 4762 M10 x 50 --- junge 32N Oltner Medizinaltechfirma Reha Technology 16 Hexagon Nut ISO - 4032 - M8 - W - N entwickelt hochspezialisierte Robotikgeräte.

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von Fabian Saner, Bilder zVg

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ie letzte Reise, sein 141. Nordatlantikflug, führte ihn vor drei Wochen in die USA und nach Mexiko – dies brachte nicht nur Geschäftserfolg, sondern auch die Bestätigung, dass der Firmenslogan „For a Better Life“ mehr ist als eine wohlklingende Marketinghülle: René Trost, CEO des Oltner Medizinaltechnik-Unternehmens Reha Technology, besuchte ein Kinderspital in Mexiko, wo eines der Gangrehabilitationsgeräte steht, das die junge Oltner Start-up-Firma an Reha-Kliniken auf verschiedenen Kontinenten verkauft. „Der Fortschritt ist schlicht überwältigend“, sagt Trost. Damit gemeint sind die Therapieerfolge, die zelebral gelähmten Kindern mit dem Rehabilitationsgerät G-EO System gelingen. Mütter seien Trost um den Hals gefallen „und das Wasser floss“ – auch bei ihm.

Von 2 Haus aus GEO Chemiker, hat Trost lange Jahre als MitVersion D: rail

glied der Geschäftsleitung einer amerikanischen Biotechnologiefirma gearbeitet und dabei ein weltweiGeneral tolerances in tes Kontaktnetz aufbauen können. Seine Kontakte compliance with zu den Entwicklern des neuen Gang-Geräts in einer EN 22768-1 and Privatklinik im italienischen Bozen verdichteten sich EN22768-2 vor einigen Jahren zum konkreten Geschäftsmodell: NAME

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15.04.2013

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MFG Q.A

Ab 2011 konnten erste Geräte verkauft werden. 2012 wurde die Firma von Italien nach Olten an den Rötzmattweg verlegt – und dank des rasanten Wachstums stand ein Jahr später bereits der Umzug in den 4. Stock des Gerolagcenters an, direkt unters Dach. Dort sitzt ein junges Team aus Ingenieuren, Verkaufsspezialisten, Physiotherapeuten im lockeren Rund um das offene Büro des Chefs und organisiert die Expansion Richtung Zentral- und Südamerika, die USA, Osteuropa, Indien und Asien. Weit weg sind die meisten Käufer (Reha-Kliniken) und die teuren Geräte – Einzelpreis rund 300‘000 bis 400‘000 Franken –, oft weltweit auf Reisen sind die Mitarbeiter des Hauptsitzes in Olten. „Mehr als die Hälfte unserer 14 Leute ist nie im Büro", sagt Trost. Man müsse hier schon reisefreudig sein und habe auch nicht immer um 17 Uhr Feierabend. Die hochspezialisierten Gangrehabilitationsgeräte unterstützen Patienten mit Hirn- oder Schädelverletzungen oder nach einem Schlaganfall, deren Do not measure out of the drawing Bewegungsfähigkeit an den Extremitäten stark eingeschränkt ist. Die Erfolge der sogenannten Neurorehabilitation mit den hochtechnischen Robotik-Systemen sind schlagend: „Das G-EO System erlaubt

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Bildausschnitt: August Macke (1887–1914)—Markt in Tunis I—1914, Privatsammlung, courtesy Thole Rotermund Kunsthandel, Hamburg, Foto: LWL-MKuK, Rudolf Wakonigg

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2 1 6 29 8 4 36 10 18 16 deutlich mehr Wiederholungen des Gehens oder 16 Treppen-Steigens und 8 entlastet damit Patient und Therapeut“, so 9 Trost. 2 Insbesondere bei behinderten Kindern könne 2 dadurch das Gehen-Lernen deutlich beschleu8 nigt werden. Ausgangspunkt für die Entwicklung 8 der Roboter-Geräte 6 war die Unzufriedenheit mit den bestehenden Geräten auf dem Markt, die 16 8 das Gehen und Treppensteigen in der Rehabilitation nur ungenügend unterstützen konnten. 4 Die Robotik orientiert 4 sich an der frühen Phase der Rehabilitation und unterstützt die Wieder6 herstellung der Sensibilität und Bewegungsfä4 higkeit in den Extremitäten: Beim einen System 8 4 sind es Füsse und Beine, ein neueres unterstützt 4 nun auch den Wiedergewinn der Bewegungsfä4 Händen und Fingern. higkeit in Unterarmen, 8 4 gemeinsame Entwicklung Trost verweist auf die 1 Ärzte, Ingenieure und Theder Maschinen durch rapeuten. Klinische1Studien und die Zusammen2 Ärzten und Physiotheraarbeit von Ingenieuren,

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peuten hätten es ermöglicht, die Feinanpassung an die physiologischen Abläufe und Lernprozesse der Patienten zu verbessern. „Die Geräte gelangten also nicht aus der Industrie zu den Therapeuten und Patienten, sondern wurden unmittelbar in der klinischen Situation erprobt“, sagt Trost. Dadurch hätten insbesondere auch die Erfahrungen der Physiotherapie und die teils grosse physische Belastung der Therapeuten bei der Unterstützung der Patienten entscheidend auf die Entwicklung des Robotiksystems gewirkt.

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Wer keine halben Sachen mag, kann KOLT hier abonnieren, damits pünktlich zum ”Natürlich sind diese Geräte teuer. Monatsbeginn im Aber Armut und Briefkasten liegt die Zugänglichkeit der Gesundheitssysteme sind auch in Westeuropa ein Thema.“ zer Investmentfirma. Das bedeutet also fast nur „Made in Switzerland“, denn auch die Produktion wurde an eine Firma in Zuchwil im Kanton Solothurn vergeben.

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Mit der Abnahme der Geräte durch EU- und USBehörden war der Start in die Serienproduktion definitiv gegeben; das Rehabilitationsgerät kann mit diesen Stempeln auch in die meisten anderen Länder exportiert werden. Hauptziel des nächsten Expansionsschritts ist Zentralamerika, das mit einem eigenen Büro von Costa Rica aus bedient werden soll. Wichtig sind aber auch die Rehabilitationszentren für Armeeveteranen der USA, überhaupt ist Nordamerika weiterhin der grösste Markt. „Eines unserer Geräte steht in Philadelphia an der Ostküste, nun treten wir den Weg Richtung Westen an“, so der CEO. Das benötigte Kapital kommt, nach dem selbstfinanzierten Start, von einer spezialisierten Schwei-

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Von Biorobotik, dem Zusammenwachsen maschineller und menschlicher Steuerung, ist an diesem sonnigen Winternachmittag in den Räumen der Reha Technology allerdings wenig zu spüren. Ruhig, ja still sitzt die Handvoll junger Ingenieure und Verkaufsspezialisten hinter den Bildschirmen; der Chef nimmt sich Zeit und führt herum. Man pflege eine offene Atmosphäre, das Durchschnittsalter der Mitarbeiter liege zwischen 30 und 35 Jahren. „Bald wollen wir im unteren Stockwerk einen Showroom eröffnen, um mit unseren internationalen Kunden für die Präsentation nicht mehr in Spitäler fahren müssen“, so Trost. Der Umfang des Umsatzes hat sich im zweiten Geschäftsjahr stark erhöht und liegt in einem mittleren einstelligen Millionenbereich. Der einzige weltweite Konkurrent sitzt ebenfalls in der Schweiz – Trost ist zuversichtlich aufgrund der Effizienz und Effektivität des eigenen Produkts: „Wir wollen Marktleader General tolerances im Bereich Entwicklunginund Vertrieb robotikcompliance with gesteuerter Systeme für die Neurorehabilitation EN 22768-1 and werden.“ Der Budgetschnitt in den USA wirkte EN22768-2 hier im letzten Jahr zwar, wie bei allen Firmen im Medizinalbereich, vorübergehend als BremDATEvon SIGNATURE NAME se: Während eines halben Jahres wurden 03.04.2013 DRAWN LC in den USA keine teuren staatlicher Seite Neuinvestitionen getätigt. Doch das weltweite Netz, das JMW 03.04.2013 CHK'D Trost auch aufgrund seiner Kontakte in seiner

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früheren beruflichen Tätigkeit aufbauen konnte, hat diese Abhängigkeit bereits stark abgemildert. Die Produkte der Reha Technology sind teuer, gleichzeitig stehen die Gesundheitssysteme unter Sparzwang. Viele der Geräte, gerade in Entwicklungs- und Schwellenländern, stehen in kapitalkräftigen Privatkliniken; ist da der Zugang für alle Bevölkerungsschichten gewährleistet, die auf Hilfe bei der Rehabilitation angewiesen sind? Trost dazu: „Natürlich sind diese Geräte teuer. Aber Armut und die Zugänglichkeit der Gesundheitssysteme sind auch in Westeuropa ein Problem. Der Staat hat für gute Rahmenbedingungen zu sorgen, die den Zugang gerecht gestalten.“ Der 62-jährige CEO spricht denn auch viel vom hohen technischen Standard der Privatspitäler in Ländern wie der Türkei oder Mexiko. Der weltweite Markt für diese Art von hochtechnologischen Robotern wird auf etwa 1500 Einheiten geschätzt – und da sich die Robotik in der Neurorehabilitation erst in der Anfangsphase befindet, liegt hier für die Oltner noch viel Potential.

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Nebst der rasanten technologischen Aufrüstung Do notund measure der Gesundheitssysteme in EntwicklungsSchwellenländern gibt Trost auch die Häufung von Schlaganfällen von Menschen im berufstätigen Alter in den Industrieländern zu bedenken: „Hier gibt es einen besorgniserregenden TITLE: hat FolZuwachs – die Hektik des Berufslebens gen.“ Sagt‘s, die Hand am Smartphone und im lockeren Seitengespräch mit einem seiner Mitarbeiter.

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MUSIK

Vive la Romandie Die 2000er-Jahre haben musikalisch gesehen wenig Gutes hervorgebracht, abgesehen von ein paar grossen Ausnahmen – und einer kleinen. von Marc Gerber

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BARTLOME OPTIK AG

BRILLEN UND KONTAKTLINSEN HAUPTGASSE 33 - 4600 OLTEN

ie Neuenburger Band The Rambling Wheels machen Musik für die ganze Schweiz. Egal aus welchem Kanton das Publikum kommt: Bei diesen lauten Gitarrenriffs, den eingängigen Melodien und MitgröhlTexten in Englisch kann jeder mittanzen. Mehr als 8 Millionen Einwohner hat unsere kleine Schweiz und trotzdem verstehen wir uns im eigenen Land nicht. Dies ist keine politische Aussage zum Thema Masseneinwanderung sondern eine Feststellung. Oder sprichst du etwa Französisch, Deutsch, Italienisch und Rätoromanisch? Falls deine Antwort ja ist, très bien, dann hast du in der Schule besser aufgepasst als ich. Die Neuenburger The Rambling Wheels könnten die musikalische Antwort auf unser Sprachproblem sein, denn kompromisslosen Rock-Sound versteht man überall. Sind wir mal ehrlich. Die 2000er waren musikalisch nicht die besten Jahre, die unsere Erde je gesehen hat. Neben den White Stripes und The Strokes hat nicht viel überzeugt. Vielleicht dachten sich Raphaël, Bastien, Frédéric und Cédric deshalb, „wir machen unseren Lieblingssound selber“ und starteten 2003 als Band The Rambling Wheels. Knapp zwei Jahre ging es und die erste Scheibe unter dem eigenen Bandnamen lag

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im Plattenladen. Vor allem wegen ihrer wilden und lauten Konzerte inklusive Stagediving machten sie sich in der Szene einen Namen. 2009 fassten The Rambling Wheels mit ihrem zweiten Album „Fury Tales“ auch in der Deutschschweiz Fuss. Ob kleine oder grosse Festivals oder Clubs, sie waren sich für nichts zu schade und lebten – neben Studium und 9 to 5 Job – das Leben von Rockstars. Auch musikalisch war ein Reifeprozess spürbar, der sich 2011 mit dem dritten Album „The 300'000 Cats Of Bubastis“ fortsetzte. Sie fanden ihren eigenen Rock-Sound, der zwar an Bands wie The Black Keys oder The Arctic Monkeys erinnert, jedoch seinen eigenen Charme hat. Ihr neustes Album „The Thirteen Women Of Ill Repute“ gibt dir am Morgen genau die Energie, die du brauchst, um wach zu werden und die hustenden Menschen im Zugsabteil zu überstehen. Vor allem beim Song „Giving All The Gold“ ertappe ich mich selber immer beim Mitsingen und dies obwohl mich das ganze Zugsabteil anstarrt.

The Rambling Wheels

„The Thirteen Women Of Ill Repute“ Release 7. März 2014

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FILM

SERIE

OS Liebe Spike Jonze hat einen Film über die Liebe in Zeiten der Betriebssysteme gemacht. von Caspar Shaller

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heodore Twombly (Joaquin Phoenix) ist trotz seines tollen Schnauzes ein trauriger Mann. Seit seine Frau (Rooney Mara) ihn verlassen hat, stolpert er, emotional mehr Maschine als Mann, durch das Los Angeles der nahen Zukunft. Seine Freizeit verbringt er mit Computerspielen, die ihn durch endlose Labyrinthe laufen lassen, beruflich schreibt er – welch Ironie – personalisierte Liebesbriefe auf Auftrag. Wenn er sich abends alleine fühlt, hat er schlechte Dates mit ebenso verzweifelten Frauen oder loggt sich in einer App ein und hat schlechten und verstörenden Telefonsex. Als er sich ein neues Operating System (OS), ein Betriebsystem für seinen Computer, kauft, ist dieses mit künstlicher Intelligenz ausgestattet. Nach ein paar Standardfragen ertönt die Stimme seines persönlichen OS: Samantha. Scarlett Johansson verleiht dem Programm nur schon durch ihre Stimme so viel Menschlichkeit (und sogar Kurven), dass es nicht erstaunt, dass Theodore sich in sie verliebt. Regisseur und Drehbuchautor Spike Jonze, der schon mit „Being John Malkovich“ bewies, wie tief er in die menschliche Psyche eindringen kann, zaubert mit „Her“ eine wunderschöne Romanze. Doch die Pastellfarben, in denen die Interieurs und Kleider gehalten sind, das weiche Licht

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und der ausgezeichnete Indie-Soundtrack verdecken kaum, dass „Her“ ein zutiefst trauriger Film ist. „Her“ schafft, was nur gute Science-Fiction kann: Durch ein erfundenes Element offenbart sich, was es heisst, ein Mensch zu sein. Für Jonze bedeutet es: Einsamkeit. Die Suche nach Intimität und Geborgenheit wird in allen Facetten durchdekliniert: die traditionelle Art mit Liebesbriefen, Dates und Heirat; die moderne Variante mit Online-Dating und Cybersex; Jonzes Science-Fiction-Variante der Liebesbeziehung mit einem Computerprogramm. Alle scheitern. „Menschen sind gefangen in ihren Körpern“, wie Samantha einmal sagt, „getrennt von einander und vom Universum“. Doch sie und die anderen OS können sich mit allem vernetzen, mit allem Wissen, mit allen anderen OS und eins werden mit dem Universum. Sie können die Utopie des Internet wahr werden lassen, alles zu wissen, alle zu sein. Menschen können das nicht. Sie sind allein. Und vielleicht ist das auch besser so.

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ALBEN MEINES LEBENS

Tom Waits Swordfish Trombones Die Klangwelt, die Waits auf "Swordfish Trombones" zum ersten Mal aufbaute und auf "Rain Dogs" zur Vollkommenheit brachte, die hat mich damals umgehauen. Songs wie windschiefe Hütten. Ich habe sie alle bewohnt.

Hit & Miss

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(2012, 1 Staffel, 6 Episoden à 40 Minuten, Drama, SkyAtlantic, UK)

USA // Sci-Fi, Drama ab 27. März bei youcinema

von Büne Huber

Nits In The Dutch Mountains Auch wenn man es meinen Songs nicht unbedingt anhört: Henk Hofstedes Handschrift, seine Art in die Welt zu schauen, Geschichten und Stimmungen einzufangen, haben mich entscheidend geprägt.

he is not your typical dad“, steht auf dem Plakat zur Serie Hit & Miss. Und nein, sie ist wirklich nicht dein typischer Vater. Mia, gespielt von Chloë Sevigny, erfährt, dass sie mit ihrer verstorbenen Ex-Freundin einen 11-jährigen Sohn hat. Es ist eine äusserst befremdliche Szene, wenn eine Frau an einem Tisch sitzt, den Brief mit der frohen Botschaft in der Hand hält und erstaunt sagt: „Ich habe einen Sohn!“ Die Erklärung folgt dann aber rasch indem man die Frau nackt unter der Dusche sieht: Mia ist eine Transfrau, ein Mann im falschen Körper. Doch vom falschen Körper ist nicht mehr viel zu sehen, Mia hat wallendes braunes Haar, trägt Kleider, die Lippen und Augen sind geschminkt, die Brüste wohlgeformt. Jahrelang hat sie für die letzte grosse Operation gespart, die sie nun endgültig von allem Männlichen befreien soll. Dumm nur, dass Mia jetzt für ihren Sohn und dessen drei Halbgeschwister sorgen muss. Und dumm auch, dass Mia alles andere als einen gewöhnlichen Beruf ausübt: Sie ist Auftragskillerin. Und so macht sich Mia daran, gegen Geld Menschen umzulegen, um die Kids durchzubringen. Nein, sie ist kein typischer Vater – aber sie ist so verdammt gut!

Joe Henry Shuffletown Joe Henry ist ein unglaublich starker Songwriter. Es fällt mir schwer, mich auf ein Album festzulegen. Ich entscheide mich nur deshalb für Shuffletown, weil es das Album war, bei dem ich zum ersten Mal auf ihn aufmerksam wurde.

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Manu Chao Clandestino Ich bin mit dieser Musik unzählige Male laut singend südwärts gefahren. In jedem Auto, das ich seither besass, gehörte dieses Album zur festen Einrichtung. Das wird sich auch in Zukunft nicht ändern.

Heidi Happy On The Hills Dieses tröstliche, tief berührende Album hat mich auf der letzten "Ochsentour" ständig begleitet. Ich wollte mir nie wieder etwas anderes anhören als diese Stimme, die mich so zärtlich und verspielt in andere Welten entführte. Heidi makes me happy! Heidi forever!


......................... KOLT liest .........................

BUCH

WACHSEN ANANAS AUF BÄUMEN? - Wie ich meinem Kind die Welt erkläre

von Daniel Kissling

von Harald Martenstein

Im August werde ich Vater und ich freue mich riesig. Ganz ehrlich: Ich habe keine Ahnung, was da auf mich zukommt. Auch gut so. Grundsätzlich geniessen Ratgeber meine Abneigung. Aber wenn Martenstein selbstironisch und undogmatisch seinem Sohn versucht die Welt zu erklären, so will ich das unbedingt lesen. Sein Fazit, das mich ungemein beruhigt: Entspannt Euch und bringt Eurem Kind Aufmerksamkeit entgegen, aber nehmt das alles nicht so ernst, denn gross werden sie von ganz alleine. Yves Stuber, Co-Verlagsleiter

SECONDHAND-ZEIT von Swetlana Alexijewitsch

Jeder schaut zurzeit nach Russland, doch wer versteht dieses Land eigentlich? Wer Secondhand-Zeit gelesen hat, weiss mehr. Swetlana Alexijewitsch verdichtet Interviews mit normalen Russen aus 20 Jahren zu einem erstaunlichen Porträt eines Landes, seiner Enttäuschungen und seiner Hoffnungen. Caspar Shaller, KOLT-Filmkolumnist

V WIE VENDETTA von Alan Moore und David Lloyd

Die Graphic Novel aus den 80er-Jarhen ist unumstritten Weltcomicliteratur und handelt vom Anarchisten V, der gegen die totalitäre Regierung Englands kämpft und dabei jene Maske trägt, die durch Anonymous oder die Occupy-Wall-Street-Bewegung eine neue Aktualität erhielt. Nathalie Bursać, Chefredaktorin

Das Leben, eine Tragödie!

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wei Freunde schmeissen ihr Philosophiestudium hin, um auf Korsika, der Insel ihrer Ahnen, gegen den Widerstand derselben eine Kneipe zu eröffnen und werden dabei mit allerlei Unerwartetem, unter anderem betrunkenen, lüsternen, stehlenden Mitarbeitern, konfrontiert. So könnte man den Plot von „Predigt auf den Untergang Roms“ zusammenfassen, doch würde man damit komplett an diesem Buch vorbeischreiben. Der mittlerweile fünfte Roman des Schriftstellers Jérôme Ferrari nämlich, welcher dafür letztes Jahr mit dem höchsten französischen Literaturpreis „Prix Goncourt“ ausgezeichnet wurde, ist alles andere als eine süffig amüsante Coming-of-Age-Story à la „Herr Lehmann“. Es ist ein Buch, das unter die Haut geht. Auf nicht einmal 200 Seiten verhandelt Jérome Ferrari alles, was zählt: Heimat, Familie, Liebe, Erfolg, das Leben und den Tod. Und das in einer so poetischen wie pathetischen, ja geradezu klassischen Sprache, wie man sie heute nur noch selten liest und die dem Wort „Predigt“ im Titel durchaus gerecht wird. Womöglich gerade wegen dieses

so ungewohnten Stils ist man ergriffen von den Schicksalen, von denen hier erzählt wird. So hofft und lacht man (hin und wieder) mit, wenn Matthieu und Libero den Sinn und das Glück im Leben suchen, empfindet Mitleid für den vereinsamten und verhassten Grossvater, der anhand einer vergilbten Photographie sein verpfuschtes Leben rekapituliert und wünscht der Schwester Aurélie, dass diese im Sand der Wüste nicht nur Ruinen, sondern auch die Liebe findet. „Predigt auf den Untergang Roms“ ist auch ein Buch über das Scheitern, über das ÜberfordertSein und darüber, dass das Leben eben auch immer Schmerz bedeutet. Die Welt aber, das stellt dieses Buch unmissverständlich klar, hat nicht für jeden Menschen ein Happy End parat. Das klingt pathetisch, aber so ist es eben.

Jérôme Ferrari

Predigt auf den Untergang Roms Übersetzung Christian Ruzicska. Secession, Zürich 2013.

ts H i g hMl i gä hr z i

Mi 5. März 2014, 19.30 Uhr Ohne Gesicht Schauspiel von Irene Ibsen Bille mit Diana Körner und Max Volker Martens

Sa, 15. März 2014, 19.30 Uhr Ein Maskenball Oper von Giuseppe Verdi

So 23. März 2014, 15 Uhr Rumpelstilzchen Kindermärchen ab 5 Jahren

Mi 12. März 2014 Apéro und Diner 18 Uhr / Konzert 20 Uhr Gershwin Piano Quartet Soirée Classique

Mi, 19. März 2014, 19.30 Uhr Slowakische Philharmonie Alena Baeva, Violine Werke von Schubert, Bruch, Mendelssohn

Di 25. März 2014, 19.30 Uhr Sylt – Ein Irrtum Gottes? Schauspiel mit Musik von Dietmar Löffler mit Carolin Fortenbacher, Tommaso Cacciapuoti u.a. KOLT

stadttheater-olten.ch Tel.: 062 289 7000

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grafikmeier.ch

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WO SPIELT DIE MUSIK?

AM TRESEN

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as sagt es über eine Bar und seine Gäste aus, wenn man am Quizspiel-Kasten mit nur einem Versuch den zweitbesten Highscore schafft? Gleich vor den Spielern... Ölapalöm und.. ÖÖÖÖÖÖÖÖ. Schwierig zu sagen. Vielleicht einfach nur, dass man schlichtweg zu nüchtern ist. Zu nüchtern, um am Tresen einzuschlafen und so auszusehen, als würde man die Olympiade auf einem der grossen Fernseher verfolgen und dabei nur schnell für eine Sekunde die Auge schliessen. Zu nüchtern auch, um dem Lösli-Automaten(!) zu verfallen und zu nüchtern, um beim WC-Automaten einen Mini-Vibrator für fünf Franken zu kaufen und damit rumzufuchteln. Binis Pub im Bifang-Quartier:

„Ach, ich höre einfach am liebsten was gerade im Radio läuft.“ Seeeehr differenziert diese Aussage, die man nicht selten zu hören bekommt. Unterdessen gibt es nämlich in etwa so viele Radiosender, wie es Musiksparten gibt. Für jeden also etwas. Es gibt aber auch Sender, die spielen Musik aus (fast) jeder Sparte – und zwar richtig gute.

MOST WANTED

Stadtbibliothek

„Das RosieProjekt“ von Simsion Graeme

sei ein Weltbestseller, heisst es über diesen Roman mit dem pinkigsten Cover, das die Bücherwelt je gesehen hat. Und guckt man in die kleine StadtbibliothekOlten-Welt, so lautet das Fazit dort immerhin: Warteschlangenrekord

Ein solcher Sender ist Wer keine halben Sachen in Aarau zu Hause und mag, K Egal ob kannheisst KOLTKanal hier K. abonnieren,

eine Bar wie ein Supermarkt.

Jeden Monat gibt's Aktionen, vor jedem EHCO-Match, nach jedem EHCO-Match. Auf der Barkarte steht: „Profitier von unseren Top-Angeboten!“ und „Frag nach unseren Aktionen!“. Da steht auch, dass man seinen IV- oder Studentenausweis unaufgefordert zeigen muss, wenn man am Tresen Rabatt bekommen will. Soll mal noch einer sagen, dass Olten nicht weiss, wie man die Studenten am Wochenende in der Stadt hält.

Binis Pub

Aarauerstrasse 40, Olten

Elektro, Hip Hop, Metal, Indie damits pünktlich zum oder Worldmusic – gespielt wird, was in den Ohren der Monatsbeginn im fachkundigen Musikredaktion Briefkasten liegtals und Sendungsmacher empfehlenswert gilt. Und das ist nicht die Schweizer Hitparade... Dazu das Ganze noch nonstop und ohne Werbeunterbrechung. Trust your ears!

FASHION TIME BEI BERNHEIM Fashion-Night mit Fashion-Show in Aarau Donnerstag, 20. März 2014, 20 Uhr Modeschau in der Eventhalle 11 A. Ticketvorverkauf in allen vier Bernheim-Filialen. Fr. 30.- Eintritt. Davon sind Fr. 20.- als Gutschein in allen vier Bernheim-Filialen einlösbar.*

Fashion-Days in Aarau und Olten Freitag, 21. und Samstag, 22. März 2014 Damen- und Herrenmode internationaler Designer neu eingetroffen in allen BernheimFilialen. Apéro und Häppchen. Outfit im Wert von Fr. 1000.- zu gewinnen!**

* Gültig bis 30.04.2014. ** Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.

www.kanalk.ch

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www.bernheim.ch

des Monats!

Jugendbibliothek Kaum zu glauben:

„Echt übel!“ aus der GregsTagebuch-Reihe von Jeff Kinney

hat sich nach einem Monat Abwesenheit wieder ganz nach oben gekämpft auf der Reservationsliste. Was passiert wohl, wenn Greg endlich aus der Pubertät raus ist. Vielleicht schafft er es ja dann auch in der Bibliothek für die Erwachsenen auf einen Spitzenplatz.


Kein Narr wie der andere von Désirée Klarer (Texte) und André Albrecht (Portraits)

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Sein Erscheinungsbild erinnert noch immer an seinen Vorfahren Till Eulenspiegel. Die Aufgaben, die ein Obernaar heute zu erfüllen hat, unterscheiden sich aber stark von den Spässen des mittelalterlichen Narren. Obernaar sein ist eine anstrengende Aufgabe – und dennoch blicken die ehemaligen Obernaaren gerne auf ihre Regierungszeit zurück.

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ie Figur des Narren Till Eulenspiegel ist so manch einem bekannt. Das gleichnamige Buch wurde im Jahr 1510 zum ersten Mal veröffentlicht und bis heute unzählige Male neu aufgelegt. Geblieben sind die vielen Illustrationen, die Till Eulenspiegel in Strumpfhosen und mit Glöckchenkappe zeigen – ein Erscheinungsbild, das demjenigen des fasnächtlichen Obernaaren auffällig ähnlich sieht. Und dies hat seine historischen Gründe. Der Name Eulenspiegel kommt ursprünglich nicht von der Eule, sondern vom mittelniederdeutschen ulen (wischen) und spegel (Spiegel, Hintern) – meint also: „ul'n spegel“ – und heisst nichts anderes als „wisch' mir'n Hintern!“ Durch seine Gottesferne und seine Nähe zum Teufel stand der Narr für „vanitas“ (lat. Vergänglichkeit), also für den Tod. Der Narr hatte durch diese Allegorien im Mittelalter den Einzug in die Fasnacht gefunden, in der er auch heute noch eine grosse Rolle spielt. Dort sollte er ebenfalls als negative Gestalt in der negativen Zeit (die Fastnacht vor der österlichen, positiven Fastenzeit) seine Rolle als Gottesleugner, Teufel und Tod spielen. Es nahm noch einige Zeit in Anspruch, bis der Oltner „Obernaar“, geschrieben mit Doppel-A wegen der Nähe zur Aare, geboren wurde. Der Weg dafür wurde mit der Gründung der ersten Narrenzunft am 24. Januar 1893 im Restaurant Kreuz geebnet. Durch den Kauf eines Narrendiploms im Wert von einem Franken konnte man Mitglied in der Zunft werden. Vorläufer des Obernaaren war der Prinz Karneval. Bereits beim nicht durchgeführten Fasnachtsball 1919, der wegen der spanischen Grippe nicht stattfinden durfte, war der Einzug des Prinz Karneval als Höhepunkt gedacht. Ein Jahr später wurde die „Hilarizunft zu Olten“ gegründet, aus der weitere sieben Jahre später die FUKO (Fasnachts-Umzugs-Komitee-Olten) entstand. Mit der FUKO wurde eine wichtige Weiche für die Geschichte des Obernaaren gestellt.

© Yves Stuber

Obernaar werden konnte nur, wer einer Zunft oder Gugge angehörte, die Mitglied bei der FUKO war. Mitglieder wilder Zünfte konnten nicht zur Wahl antreten und das ist auch heute noch so. Ein grosser Tumult brach im Jahr 1988 aus, als

ein paar Frauen die Rätschwyberzunft gründeten und mit ihrer Zunft der FUKO beitraten. Der Widerstand war gross, und es gab sogar Mitglieder, die wegen des Beitritts der Frauenzunft aus der FUKO austraten. Denn man wusste, dass mit dem Beitritt der Rätschwyber in fünfzehn bis zwanzig Jahren die erste „Frau Obernarr“ gewählt werden würde. Und damit waren scheinbar nicht alle einverstanden. Freilich durften die Frauen schon früher bei den Zünften mitmachen – aber nicht mitreden. Dies rührt auch daher, dass die Rituale aus dem Bereich der Freimaurerei kommen und noch immer stark mit dieser Tradition verbandelt sind. 1785 erschien eine Erklärung der deutschen Freimaurerei über die Frauenfrage, darin heisst es wörtlich: „Die Herzen der Freimaurer

”Eine gewisse körperliche und geistige Fitness ist Voraussetzung, um dieses Amt auszuüben.“ stehen den Frauen offen, aber die Logen sind ihnen verschlossen.“ Eine Bastion der Männlichkeit, an dem das (vermeintlich) starke Geschlecht unter sich sein kann. „Früher wurde meist ein Mitglied zur Wahl gestellt, das der Zunft schon lange angehörte und es sich aufgrund seiner Zunftjahre verdient hatte, Obernaar zu werden“, sagt Heinz Schoenenberger, Präsident der Gesellschaft ehemaliger Obernaaren. Heinz Schoenenberger regierte im Jahr 2003 als Säliheinz I die Fasnacht. Ganz so selbstverständlich war seine Wahl jedoch nicht. „Es gab in der Sälizunft andere Anwärter, die dieses Amt aufgrund der Dienstjahre eher verdient gehabt hätten“, so Schoenenberger. Im Vergleich zu früher ist das Programm des Obernaaren heute strenger und der Zeitplan straffer. Eine gewisse körperliche und geis-

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tige Fitness ist Voraussetzung, um dieses Amt auszuüben. Daher ist sei es mittlerweile nichts Aussergewöhnliches mehr, dass sich ein jüngeres Semester für den Posten bewirbt – und den Zuschlag erhält. Der Obernaar hat in erster Linie die Aufgabe, präsent zu sein. Auch wenn das nach leichter Arbeit klingt, so ist das ganz schön anstrengend: Die Amtszeit beginnt damit, dass der Obernaar am Hilari den Obernaaren-Fez, die Fasnachtsfahne, erhält. Nach der Schlüsselübergabe durch den Stadtpräsidenten liegt die Macht für die Dauer der Fasnacht beim Obernaaren. Am Mittwoch folgt die Proklamation, die öffentliche Bekanntmachung, dass jetzt der neue Obernaar das Zepter in der Hand hat. Es folgen diverse Schnitzelbänke – und die Texte hierfür schreiben sich natürlich nicht von alleine. Gut, hat so ein Obernaar seine Trabanten. Trabanten nennt man die Gefolgschaft des Obernaaren. Wieviele Trabanten ein Obernaar hat, hängt ganz vom Entscheid des Obernaaren ab – und natürlich von der Bereitschaft der Zunftmitglieder, ihm zur Verfügung zu stehen. Die ehemaligen Obernaaren haben sich 1977 in einem Verein organisiert: der GEO, der Gesellschaft ehemaliger Obenaaren zu Olten. Diese überbringt dem neuen Obernaaren bei Amtsantritt seine besten Wünsche. Sobald der aktuelle Obernaar die Fahne der GEO in Richtung Solothurn gehisst und geschwenkt hat, beginnt eine einmalige und aufregende Zeit. Ein jährliches Highlight sei die Rollmopsiade. Ein Essen, welches die Stadt Olten allen ehemaligen Obernaaren offeriert. „Da die Stadt kein Geld zur Verfügung hat, um den Obernaaren eine anständige Pension zu bezahlen, wurde kurzerhand beschlossen, ihnen nach der anstrengenden Fasnacht Rollmöpse zu spendieren“, erzählt Heinz Schöneberger. Selbstverständlich gibt es an der „Rollmopsiade“ nicht nur Rollmöpse – aber die sind gut gegen den fasnächtlichen Kater. Allerdings ist ungewiss, ob es diesen fasnächtlichen Kater überhaupt gibt. Glaubt man dem ehemaligen Obernaar Röbi 2000, trinken an der Fasnacht in erster Linie die Zuschauer über den Durst hinaus – echte Fasnächtler, sagt er, würden wissen, wann sie genug getrunken haben.


„Die Zeit als Röbi 2000 war für mich ein eine Woche dauerndes, grossartiges Erlebnis. Täglich zwanzig Stunden auf den Beinen zu sein, war zeitweise anstrengend – aber hat mir grosse Freude bereitet. Ein Motto hatten wir in jenem Jahr nicht. Doch das Programm, welches meine Trabanten und ich auf die Beine gestellt hatten, lässt sich gut mit „eine Woche lang lustig sein“ bezeichnen. Was nicht heissen soll, dass Fasnächtler dauernd betrunken wären. Ich behaupte sogar, dass die einzigen, die konsequent über den Durst hinaus trinken, die Zuschauer sind – und nicht die Fasnächtler selbst. Echte Fasnächtler, die im 2000 dabei waren, haben vermutlich noch das eine oder andere Erinnerungsstück in ihrer Stube. Sei dies die Proklamation, die wir auf CD aufgenommen hatten – oder die Briefmarken mit dem Sujet unserer Zunft, die ich eigens fürs Obernaarenjahr habe drucken lassen. Mein Geschenk an die Zünfte am Ende der Fasnacht war eins an alle Fasnächtler: ein grosses Fest für Jedermann. Dieser Brauch hält sich bis heute, und es macht mich schon ein bisschen stolz. Auch wenn die meisten Jungen vermutlich gar nicht mehr wissen, warum es dieses Fest heute gibt.

Robert Kissling Jahr: 2000 Zunft: Altstadt Naaren-Name: Röbi 2000

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Cathrin Zysset Jahr: 2005 Zunft: Rätschwyber Naaren-Name: Cathrin I

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Im Jahr 1988 gründete ich zusammen mit zwei Gleichgesinnten Rätschwyber-Clique. Nicht zur Freude aller Fasnächtler der damaligen Zeit. Dennoch wurden wir nach fünf Jahren provisorischer Mitgliedschaft vollwertig in die FUKO aufgenommen. Mein Weg, die erste „Frau Obernaar“ Oltens zu werden, war geebnet. Böse Zungen hatten daran gezweifelt, dass unsere Zunft lange Bestand haben würde: „Ihr Wyber machets doch eh ned lang“, hiess es vom Nebentisch, als wir zu dritt im Kafi sassen. Tja! Falsch gedacht! Mit drei Brüdern aufgewachsen zu sein hat sicherlich auch seinen Teil dazu beigetragen, dass ich mich durchzusetzen wusste. Es war schon früher so, dass Frauen viele Arbeiten rund um die Fasnacht im Hintergrund ausgeführt haben. Heute gibt es immerhin schon gemischte Guggen. Ein kleiner Fortschritt. Wenn ich da ans „Sechseläuten“ denke, kann ich jedoch nicht gerade behaupten, dass der Fortschritt überall angekommen ist. Da ich (bisher) die einzige „Frau Obernaar“ in der Gesellschaft ehemaliger Obernaaren bin, steht ausser Frage, dass ich an die Treffen der GEO gehe. So ein gemütlicher Abend mit meinen Mannen ist schliesslich auch was Schönes. Und die Herren nehmen es mittlerweile gelassen. Sie hatten schliesslich auch genug Zeit, sich ans Frauenzimmer zu gewöhnen.


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Es kommt mir so vor, als sei es gestern gewesen: Wir waren aus dem Kanton Thurgau zugezogen, und ich erinnere mich noch sehr gut daran, wie ich die erste Oltner Fasnacht miterlebt habe. Meine Eltern konnten sich für den Trubel auf den Strassen und Gässlein nicht begeistern. Ich hingegen umso mehr. Selbst ist der Bub, dachte ich mir, bastelte kurzerhand eine Larve aus einer Schuhschachtel und ab die Post.

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Mario Keller Jahr: 1969 Zunft: Höckeler Naaren-Name: Mario I KOLT

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Die Art, wie der Obernaar auf der Kanzel stand und seine Rede, die Proklamation hielt, hatte mich stark beeindruckt und meine Kinderaugen zum Leuchten gebracht. Ich war dem fasnächtlichen Treiben gänzlich verfallen. Da überraschte es dann auch wenig, dass ich als Erwachsener einer Zunft beigetreten bin. Als unsere Zunft, die „Höckeler“, 1969 bei der Obernaarenwahl an der Reihe war, konnte ich mir meinen Kindheitstraum erfüllen: Ich wurde Obernaar. Ein Obernaar ohne Gefolgschaft. Die sogenannten Trabanten waren zu jener Zeit eine Seltenheit. In den Sechzigern wussten wir noch, wann wir genug Alkohol getrunken hatten. Und manchmal haben wir dieses Wissen sogar umgesetzt. Doch als Obernaar war das gar nicht so leicht, denn das schöne Geschlecht hatte es auf den schicken Herren im bunten Gewand abgesehen. So geschah es öfters, dass man in netter Begleitung ein Glas Champagner trank – oder an einem der vielen Bälle das Tanzbein schwang. Diese Zeiten sind für mich aber vorbei. Das überlasse ich heute den Jungspunden.


Noch heute gibt es Menschen, die mich auf der Strasse ansprechen und fragen, ob ich nicht derjenige sei, der ihnen vor rund vierzig Jahren schulfrei gegeben hat. Ja der bin ich tatsächlich! Und das kam so: Bei der Schlüsselübergabe wollte mir der Stadtrat die Macht über die Stadt nicht überlassen. Die Arbeit in der Regierung sei viel zu langweilig, hiess es. Man riet mir, ich solle es doch mal im Schulhaus Hübeli versuchen. Und das tat ich dann auch. Ich betrat das Schulhaus und fragte die Schüler, ob sie lieber in der Schule bleiben oder mit mir mitkommen möchten. Die Antwort liess nicht lange auf sich warten. Sie waren hellauf begeistert, gingen nach Hause, zogen sich um und standen wenig später fasnachtsfertig bereit zum Einsatz. Gemeinsam mit der Zunft und den ungefähr hundert Kindern zog ich durch Olten und bestellte in den vielen Beizen nebst Rot-, und Weisswein auch Cola für die Kleinen. Wir hatten alle grossen Spass an der Sache. Fast alle. Die Kinder der anderen Schulhäuser hörten von der schulfreien Zeit ihrer Gspändli und beschwerten sich bei ihren Lehrern. Da es mir als damaliger Gemeinderat ein Anliegen war, alle gleich zu behandeln, bekamen die restlichen Kinder am folgenden Montag frei. In manchen Schulen störte ich die Kinder mitten in der Probe und eröffnete ihnen, dass sie nun nach Hause gehen können. Sowas wäre heute unvorstellbar.

Bruno Cerf Jahr: 1974 Zunft: Herregäger Naaren-Name: Bruno I

Umso mehr freut es mich, dass mich die Kinder von damals noch erkennen und mich auf diese Zeit ansprechen. Immerhin wohnte ich während dreissig Jahren in Bern und Paris. Da überrascht es schon ein wenig, dass man nach so langer Zeit noch erkannt wird. Und ich bin froh, bin ich den Leuten nicht als „Stadtoriginal“ in Erinnerung geblieben, ein Typ, der nie von Olten weggekommen ist und selbst der jüngsten Generation ein Begriff ist. Ich bin froh, sind „meine Kinder“ mittlerweile erwachsen.

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Zeitweise war ich in meinem Amt zwanzig Stunden am Stück auf den Beinen. Den engen Zeitplan erlebte ich fast wie in Trance, fliegt von Termin zu Termin. Und eins ist gewiss: Aladdin kann einpacken mit seinem fliegenden Teppich, ich wurde von meinen Trabanten getragen. Dank ihrer Unterstützung und meiner damals jungen Knochen, hat mir meine Zeit als Obernaar grosse Freude bereitet. Die “Grafschaft Olten” wurde an der ersten Banausiade ausgerufen. Eine Banausiade ist ähnlich einem Theaterstück: ähnlich deshalb, weil die Besucher vorab nicht wissen, was sie erwartet. Ein Brauch, der sich bis heute hält – und so beliebt ist, dass die Vorstellung 2014 bereits ausverkauft ist.

Heinz Neuenschwander Jahr: 1999 Zunft: Banause Naaren-Name: Nöschi KOLT

Heinz der Dritte? Nein. Ich wollte nicht der Dritte in einer Reihe von Heinzen sein. Deshalb habe ich kurzerhand beschlossen, dass man mich Obernaar Nöschi nennen soll. Nöschi, der sich vor 15 Jahren mit der Gründung der Grafschaft Olten gegen die Tyrannei Solothurns gewehrt hat.

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...47, 48, 49, .... 50! 50? Genau, Sie halten die 50.Ausgabe von KOLT in den Händen. Halleluja! Das muss gefeiert werden – Prost!

R

ückblick: Es waren einmal zwei Idealisten die glaubten, die Stadt Olten bräuchte ein Magazin. Ein Magazin, welches die kulturelle, politische, sportliche, religiöse und gesellschaftliche Vielfalt eines 17’500-Seelen-Städtchens abbildet. Ganz ehrlich, den beiden wehte zu Anfangszeiten teilweise auch eine steife Brise entgegen, nicht nur positiv oder wohlwollend war die Stimmung. Ein damaliger Präsident einer städtischen Partei meinte gar: „Ich wette mit euch, ich bin länger Präsident dieser Partei als es KOLT gibt.“ Nun, diese Wette hat er haushoch verloren – wir erinnern ihn bei Gelegenheit gerne daran. Grösstenteils aber war die Stimmung positiv. Olten war gespannt – und wir waren es ehrlich gesagt auch. Finden wir genügend Inhalte? Abonnenten? Wie kommen wir zu fähigen Schreiberlingen und Fotografen? Klappt die Finanzierung? Diese Fragen lösten sich aber von Ausgabe zu Ausgabe mehr in Luft auf. Laufend kamen neue Ideen für Themen, interessierte (und talentierte!) Journalistinnen und Fotografen meldeten sich bei uns – oder liessen sich überzeugen, für KOLT zu arbeiten. Die Abo-Zahlen nahmen und nehmen laufend zu. Und so lesen mittlerweile geschätzte 4'500 Personen KOLT monatlich. Natürlich gilt unser grosser Dank auch unseren Inseratepartnern und Gönnern! Nach zwei Jahren stiess dann unser Freund und Journalist Pierre Hagmann als Redaktionsleiter zu uns. Und weitere zwei Jahre später ist mittlerweile auch bei uns die Frauenquote gestiegen und Nathalie Bursać hat sich den frei gewordenen Redaktionsleitungsposten geangelt, währenddessen Gaia Giacomelli unseren Layouter Christoph Haiderer unterstützt. Und auch inhaltlich dürfen wir mit Stolz zurückblicken. Für so ein „Heftli“ (wie KOLT manchmal liebevoll genannt wird) konnten wir doch ein paar grosse Namen gewinnen: Star-Fotograf Marco Grob, Bestatter Mike Müller, RockLegende Fernando von Arb, Wahl- und Neu-Oltner Pedro Lenz, Ex-Fussballstar Ramon Vega oder immer-noch-Fussballstar Gökhan Inler. Und da fehlen immer noch ein paar grosse Brocken... Darüber hinaus gibt es aber noch viele weitere Geschichten über unbekannte Alltagshelden, stille Macherinnen und spannende Projekte. Wir bleiben dran. Und so freuen wir uns jetzt schon auf die 100. Ausgabe. In der Zwischenzeit: Viel Spass mit den nächsten 49 Ausgaben Ihres Lieblingsmagazins.

Auf eine gute Zukunft! Ihre Verlagsleitung,

Yves Stuber & Matthias Sigrist

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wine&dine 28. M채rz 2014

pure-olten.ch facebook.com/pureolten KOLT

M채rz 2014

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Ich schätze, wir sind alle Narren. Von Geburt an, wahrscheinlich. Mark Twain

Auch für die närrischen Momente im Leben. SIO AG Generalvertretung COVER Rötzmattweg 66 CH-4603 Olten T +41 62 207 07 07 F +41 62 207 07 00 info@cover.ch cover.ch

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