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DIE INFORMATION DES KURSZENTRUMS BALLENBERG HEIMATWERK 2/2003

Kurszentrum Ballenberg Heimatwerk, CH-3855 Brienz Telefon 033 952 80 40, Fax 033 952 80 49 info@kurszentrum-ballenberg.ch www.kurszentrum-ballenberg.ch Handwerk, traditionelles Bauhandwerk und zeitgenรถssische Gestaltung.

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GUSS. Wenn etwas ganz und gar gut, stimmig und in sich geschlossen ist, ist es: wie aus einem Guss. Dies ist aber nur ein Aspekt des Giessens. Ein anderer ist der Abguss, das Herstellen des Doppels. Bereits seit alters her werden Gegenstände reproduziert. Von einem Original wird die Form abgenommen und ausgegossen; die Giesstechnik ermöglicht, ein Original in einem anderen Material nachzubilden, zum Beispiel in Glas, Keramik, Bronze, Silber bis hin zu Gummi und all den Kunststoffen. Das Abwaschbäseli im Haushalt? Ein typisches Gussobjekt! Selbst Lebensmittel werden gegossen. Erinnert sei nur an den Gugelhopf, der sich hundertfach in der gleich tadellosen Form präsentiert oder natürlich an die Schoggi. Gleich gegenüber! Wir zeigen in diesem Heft einige der möglichen kunsthandwerklichen Gussanwendungen und stellen GestalterInnen vor, die hier im Kurszentrum Ballenberg Heimatwerk diese Techniken vermitteln. Ganz besonders möchte ich Sie aber auf ein Original im besten Sinne aufmerksam machen: Ingrid Urweider. Wir vom Kurszentrum freuen uns immer, mit ihr zu «fachsimpeln» und wir profitieren sehr gern von ihrem reichen Fundus. Auch sie ist versiert im Giessen und Herstellen von Duplikaten. Sie arbeitet im Freilichtmuseum mit Latex, Polyester und... eine Welt und ein Text zum Eintauchen! ■ Herzlich

Adrian Knüsel, Leiter

Übrigens: Noch bis zum 13. Juli zeigt das Kunsthaus Zürich die Ausstellung des amerikanischen Bildhauers Duane Hanson. Mittels Abgüssen hat er Duplikate lebender Durchschnittsmenschen hergestellt. Ein verblüffendes, berührendes Erlebnis für die BesucherInnen, die sich mitten in diesen festgehaltenen Momenten des Alltags bewegen, Dienstag bis Donnerstag, 10–21 Uhr Freitag bis Sonntag, 10–17 Uhr Montag geschlossen.

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Die Giessform für die Ballenberg-Schoggi

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Gegossenes: Süsse Jungs, gequälte Kühe: Bruno Fischer

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Messing giessen wie in Afrika: Eva Mosimann

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Original Tuareg-Schmuck vom Ballenberg: Hada Achmed

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Heimatwerkbote 1960

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Galerie 2003: Kursarbeiten der letzten Monate

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Heimatwerk Aarau: Lustwandeln und Schönes entdecken

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Ballenbergberufe: Ingrid Urweider

Handwerk 2/2003. Redaktion: Adrian Knüsel (ak) Mitarbeit: Doris Rothen (dr) Herausgeber: Kurszentrum Ballenberg Heimatwerk, 3855 CH-Brienz, Telefon 033 952 80 40, Fax 033 952 80 49, www.kurszentrum-ballenberg.ch, info@kurszentrum-ballenberg.ch. Druck: Gisler Druck AG, Altdorf. Auflage 3200 / 3 Ausgaben jährlich. Abo Inland Fr. 24.– / Ausland Fr. 32.–.


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Seit rund einem Jahr wird im Parterre beim Restaurant Wilerhorn, Ballenberg Ost, Schokolade gegossen. Marius Bürgisser, pensionierter Confiseur/Chocolatier, hat seiner Leidenschaft und seiner Liebe zum Beruf, im Ballenberg eine museale, sehr lebendige Fortsetzung geschaffen.

REIZ: REKONSTRUKTION

IM SCHMELZTIEGEL: ZUTATEN FÜR FEINSTE SCHOKOLADEN. IM BILD:

Die Schoggimanufaktur beim Eingang Ost entstand in einer beispielhaften Zusammenarbeit zwischen dem Freilichtmuseum Ballenberg, dem Verband der Schweizerischen Schokoladefabrikanten Chocosuisse und dem unermüdlichen Enthusiasmus und der Leidenschaft von Marius Bürgisser. Die zusammengetragenen Maschinen entsprechen in etwa einer Schokoladenfabrik um 1886. Die Maschinen wurden fachgerecht von der Firma Ammann in Langenthal restauriert und sind voll funktionstüchtig. Alle Produkte, die im Verkauf sind, können selber in der Schokolateria hergestellt werden. Eine übersichtliche grafische Präsentation gibt zudem Einblick in die Geheimnisse der Herstellung feiner Schokolade. Übrigens: Die Idee, im Ballenberg Schokolade herzustellen, kam Bürgisser beim Besuch des Museums 1996, als er die Knochenstampfi sah – er wollte ursprünglich die Conchiermaschine mit Wasserkraft betreiben – schliesslich ist es anders herausgekommen, aber alle Beteiligten können auf das Resultat stolz sein! ■

DIE GIESSFORM FÜR DIE BALLENBERG-SCHOGGI

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«Für rund Fr. 25 000.– habe ich Formen machen lassen – am Besten läuft das Edelweiss» – es sei zwar sehr aufwändig in der Herstellung, aber die Kunden lieben diese Form. Nachdem die Schoggimasse in der alten Conchiermaschine «verfeinert» und «versalbt» worden ist, wird sie auf rund 32 Grad erwärmt in die Form gegossen. Durch starkes Schlagen an die Form steigen die Luftblasen aus der Masse an die Oberfläche. Mit dem Spachtel wird jetzt die Masse abgestrichen. Anschliessend wird die Form im Frigo auf ca. 5 Grad heruntergekühlt. Jetzt löst sich das fertige Gussteil, wird in Portionen verpackt und verschnürt zum Verkauf bereitgelegt. Das Schoggi-Label «Ballenberg» steht für feine Qualität; «Seelenfutter» – schmunzelt Bürgisser.

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SÜSSES HANDWERK FÜR DIE SEELE


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BRUNO FISCHER, KURSLEITER FIGÜRLICHES MODELLIEREN

GEGOSSENES: SÜSSE JUNGS, GEQUÄLTE KÜHE


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KÜHNER SPRUNG IN DIE SELBSTSTÄNDIGKEIT Bruno Fischer hat an der Kunstgewerbeschule in Bern die vierjährige Ausbildung zum Keramiker gemacht. Danach arbeitete er ein Jahr lang bei einem Ofenbauer. «Und dann habe ich in einem Laden eine Stichsäge und eine Bohrmaschine gekauft – es war gerade Aktion – und fand: So, jetzt bin ich selbstständig.» Als was, das wusste er eigentlich auch nicht so genau. Er arbeitete hier bei einem Töpfer mit, dort ein bisschen als Maler, war in der Pro-Juventute-Keramikwerkstatt Zürich angestellt. «Damals habe ich gesagt, ich sei der bestbezahlte Keramiker der Schweiz», lacht er. «Was natürlich nicht stimmte. Aber es gab ein gutes Gefühl!» Den Wechsel von Bern nach Zürich begründet er heute so: «Bern war für mich eine Idylle. Aber ich brauche Gegensätze, die mich inspirieren. Zürich war beides: Glanz und Dreck.» Das Atelier, das er dort hatte, war aber so teuer, dass er nur noch arbeitete, um die Miete bezahlen zu können. Deshalb – und einer Liebe zuliebe – entschloss er sich, ins günstigere Luzern auszuwandern.

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In Erlenbach am Zürichsee, wenn man vom Bahnhof aus Richtung See und Badi hinuntergeht, mag man unversehens zwischen zwei alten Scheunen und einem kleinen wilden Garten stehen. Unter dem Dach der einen Scheune hängt eine überlebensgrosse Figur, ein orientalisch gekleideter Mann, der sich das Handy ans Ohr hält. «Die hing mal im Bahnhof Zürich», erklärt Bruno Fischer, «mit sieben anderen Figuren, als Swisscom-Werbung». Er öffnet das riesige Scheunentor, der Blick fällt auf ein scheinbar ungeordnetes Durcheinander, vom Porzellanteller zur Erinnerung an den Neujahrslanglauf 1988 des Skiclubs Escholzmatt bis zu den Fasnachtsmasken in der Ecke. «Wir sind gerade am Zügeln», sagt er, und später wird sich zeigen, dass er inmitten all der Dinge mühelos findet, was er braucht. Das Atelier ist ein Glücksfall. Vermieterin ist die Gemeinde, weshalb es trotz bester Goldküstenlage zu sehr erschwinglichem Zins zu haben ist.

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«Bubieinfach ist es natürlich nicht, so eine Figur zu modellieren», heisst es in der Ausschreibung des von Bruno Fischer (42) geleiteten Kurses. Aber sogleich ermutigt der Keramiker, Bildhauer und Plastiker das interessierte Publikum wieder: «Wir beginnen auch nicht mit der Balletttänzerin beim Schwanensprung!»

ALPSOMMER MIT KÜHEN Vorher verbrachte er aber noch einen Sommer auf der Alp, was ihn, der schon früher Kühe modelliert hatte, zu verschiedenen bitterbösen Kuh-Skulpturen anregte. «Achtung – Fertig – Milch» beispielsweise zeigt eine gequälte Kuh, welche ein riesiges Euter auf dem Rücken trägt, dessen vier Zitzen in den Himmel ragen; eine Kritik einerseits an den rein profitorientierten Hochleistungszuchten, in formaler Anspielung auf die

Linke Seite: Modell und die Arbeit am Original. Fotos Roman Meier. Die provokative Kuhserie von 1991 von oben: Selbst ist die Kuh. Achtung – Fertig – Milch. Köfferlimuni. Alle Figuren Porzellan, 23 und 24 cm hoch. Fotos Louis Brem.


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Stalinorgel aber auch eine Auseinandersetzung mit der Aggressivität des Krieges. Ursprünglich auf alle Kriege aller Zeiten gemünzt, bekam die Figur 1991, als sie geschaffen wurde, eine zusätzliche Aktualität durch den Golfkrieg, der die Menschen stark beschäftigte. Oder die Reihe mit der Kuh, die über sieben Stufen vom wohlproportionierten Tier zum ausgemergelten Knochengestell mit überdimensioniertem Euter mutiert, bis zuletzt nur noch dieses übrig ist, prall und golden bemalt, mit vorne einem lächerlichen Kuhschädel und hinten dem Geschlechtsteil dran. «Aber ich will die Bauern eigentlich gar nicht mehr allzu sehr kritisieren», meint Bruno Fischer. «Eigentlich tut der Bauer ja fast das Gleiche wie ein Manager. Der Manager, der alles aus dem Betrieb rausholt, ist ein Held. Aber der Bauer soll es falsch machen, wenn er alles aus einer Kuh rausholt.» Seine Kühe seien deshalb für ihn auch Symbole für Ausbeutung und Plünderung überhaupt – der Arbeitskräfte, der Dritten Welt, der Natur, der Bodenschätze...

In Luzern blieb Bruno Fischer zehn Jahre. Dort lernte er auch den Bildhauer Rolf Brem kennen, bei dem er noch heute hin und wieder aushilft. «Er war wichtig für mich, er hat mich unterstützt, im Figürlichen weiterzuarbeiten», sagt Fischer. Hin und wieder vermittelt ihm Brem auch Aufträge, so beispielsweise für einen Kunden, der seinen Labrador in Bronce gegossen haben wollte. Für das 34 cm hohe Stück hat er 7 000 Franken verlangt. Abgemacht ist ausserdem, dass er noch sechs weitere Broncen davon giessen und verkaufen darf. Solche Vereinbarungen sind üblich und waren es auch früher schon – «den Denker von Rodin gibt es auch ein paarmal». Vom Geld, das er für seine Werke erhält, müssen Material, Giessereikosten, Transporte, Ateliermiete, allenfalls Prozente für eine Galerie bezahlt werden. So bleiben im Falle dieses Hundes als Lohn nur noch zwischen 1 000 und 3 500 Franken übrig – je nachdem, ob der Verkauf direkt oder über eine Galerie läuft, und ob die Galerie nur 20 oder bis zu 50 Prozent nimmt.

DIE NÖTE MIT DEN NÖTLI

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AUCH BLÖDSINN MACHT SPASS Nebst der ernsthaften Auseinandersetzung mit der Welt und ihren Bedingungen mag der Künstler aber auch den Blödsinn, wie er es nennt. Auch so könne man Politisches ausdrücken, und ausserdem müsse man zwischendurch auch schauen, dass die Arbeit einfach Freude mache. So kreiert er fast comixhafte Gestalten und Situationen, wie etwa die «Süssen Jungs», in Schokolade gegossene männliche Akte von gänzlich ungeschönter Statur. Oder wie eine Theaterbühne mit Publikum: Während sich oben gerade die berühmte Balkonszene mit Romeo und Julia abspielt, herrscht unten wilder Tumult zwischen Menschen und grünen Männchen und Weibchen von fremden Planeten. Denn Romeo ist ein Mensch, Julia hingegen eine Ausserirdische. Auf die Idee kam er beim Versuch, die gesellschaftlichen Gegensätze aus Shakespeares Zeiten auf heute zu übertragen. Schwarze und Weisse zu nehmen, die nahe liegende Möglichkeit, fand er zu abgedroschen.

Meist fällt es Bruno Fischer nicht leicht, zum Wert seiner Arbeiten zu stehen. «Ich möchte lernen, cool zu bleiben, wenn ich den Preis nenne. Ihn nennen können, ohne dass ich noch lange erklären muss oder ein schlechtes Gewissen habe.» Das ist sein Ziel, gerade auch im Bewusstsein, dass er sich selber seine Sachen gar nicht leisten könnte. So bessert Bruno Fischer sein Einkommen durch verschiedene kleinere Jobs auf. Er gibt Kurse, macht an mehreren Ausstellungen pro Jahr mit, übernimmt Aufträge von einer Dekorbaufirma, wie den telefonierenden Orientalen. Für die Expo in Neuchâtel fertigte er riesige «Flying Fish» an, Fische mit Flügeln; für ein Theaterstück auf dem Jura-Schiff eine über zwei Meter grosse Venusmuschel, der ein Mensch entsteigen sollte. Wichtigster Nebenerwerbszweig ist aber seit 1985 das Feuerwerken. Damals durfte er für ein Fest in Wipkingen ein Feuerwerk gestalten, und seither verdient er mit dieser Kunst etwa einen Drittel seines Lebensunterhalts.

SCHERENSCHNITTSCHATTEN Nächster Kurs mit Bruno Fischer: ■ Figürliches Modellieren Montag bis Samstag, 14. bis 19.7.2003 Informationen: www.kurszentrum-ballenberg.ch Tel. 033 952 80 40

Ein Feuerwerk à la Fischer hat man sich allerdings nicht als bombastisches Geknalle mit möglichst vielen teuren Krachern und Blendern vorzustellen. «Ich als Grüner darf ja nicht Weissnichtwas in die Luft raus tätschen!» Die Devise lautet deshalb: Aus Bescheidenem möglichst viel machen. Er verwendet rotes und grünes Bengallicht und projiziert mit grossen Kartonschablonen Schattenbilder auf eine Leinwand. Sein Können gibt er auch an Kursen weiter, die aus der Vorbereitung und Durchführung eines solchen Feuerwerks bestehen. Nächstes Projekt: Das 125-JahreJubiläum der Kunstgewerbeschule Zürich. «Ich mag es, die Leute zum Schmunzeln zu bringen. Aber ich irritiere auch gern», sagt der Vater der zweieinhalbjährigen Yelsha Julia, der mit seiner Frau Susan Fischer-Länzlinger, einer Grafikerin mit eigener Werbeagentur, in Küsnacht wohnt. Provozierend seine Figuren mit den sehr naturalistischen Penissen. Seine Biedermänner und Krieger. Seine Urnen, auf


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GIPS GIESSEN IN 13 ARBEITSSCHRITTEN nach Bruno Fischer. Vorgehen für eine Figur von 40 bis 50 cm Höhe wie in den Kursen «Figürliches Modellieren». Die Beschreibung ist stark vereinfacht und kann nur als Vorstellungshilfe, nicht als Arbeitsanleitung dienen.

1. Grundgestell («Galgen») konstruieren, bestehend aus Gerüst für den Körper (Armierungseisen) und mit Drähten befestigten Holzklötzen für die Extremitäten.

2. Nach Vorbild (Aktmodell) Figur in Lehm um dieses Gerüst herum modellieren (Positiv). Werkzeuge: Küchenmesser, Spachtel, Hölzer, Zahnarztgeräte usw.

3. Einer seitlichen Mittellinie entlang dünne Metallplättchen in die Figur stecken oder Tonplättchen anmodellieren.

4. Figur von vorne mit einer 1–3 mm dünnen Schicht eingefärbtem Modellgips verkleiden, der von Hand an den Lehm gespritzt wird («Warnschicht»).

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denen tote Menschen mit angezogenen Knien in Embryostellung liegen und Verlorenheit und Geborgenheit zugleich ausstrahlen.

EIN GRABSTEIN FÜR DEN GROSSVATER Als die Lebenspartnerin seines Grossvaters vor einigen Jahren starb, bestellte dieser bei ihm einen Grabstein, auszuführen nach seinen detaillierten Vorgaben. Bruno Fischer schuf eine Plastik, bestehend aus einem Paar, das neben einem grossen Käsekessi steht. Beide lächeln. Als er das Modell im Pflegeheim vorbeibrachte, war der Grossvater so erfreut, dass er beschloss, dieses Modell solle dereinst seine Urne werden. So geschah es, als der Grossvater letztes Jahr kurz vor seinem 101. Geburtstag starb. Und die Bronceplastik steht jetzt als Grabstein auf dem Grab. Ja, manchmal denkt er auch über den Sinn des Lebens nach. Eine Frage, an der man nicht verzweifeln, die man sich aber trotzdem ab und zu stellen sollte, findet er. Die zu tun hat damit, wie wir zusammen leben, mit der Welt umgehen. Und die für ihn elementar ist. «Weil sie einen erdet, auf den Boden bringt und einem die Arroganz nimmt.» (dr) ■

Metall- oder Tonplättchen wieder entfernen. Den Gipsrand, der dieser Mittellinie entlang entstanden ist, mit Trennmittel einstreichen (Tonschlickerwasser, Öle, Seife, Stearinpetrol, Pottasche).

7. Von der anderen Seite her analog begipsen. Dann ca. eine Stunde trocknen lassen.

8. Die beiden Gipshälften auseinander nehmen (Negativ). Wenn zuerst etwas Wasser ins Innere geträuffelt wird, lösen sich die Gipshälften leichter.

9. Beide Hälften mit Wasser reinigen. Danach innen mit Trennmittel bestreichen. Mit Schnur oder Metallklammern zusammenbinden. Der Naht entlang und beim Loch, das durch den austretenden Stab des Galgens entstanden ist, mit Gips abdichten. Vor dem Giessen benetzen.

10. Durch die Füsse Modellgips einfüllen. Dranklopfen, damit Luftblasen aufsteigen können.

11. Im noch weichen Zustand zur Verstärkung Eisenstäbe, die gegen Rost behandelt sind, in die Beine stecken. Über Nacht trocknen lassen.

12. Gips wegmeisseln («verlorene Form»). Sobald man auf die farbige Warnschicht stösst, besonders vorsichtig vorgehen. Übrig bleibt das Gipspositiv.

13. Nahtstellen und Hicke ausbessern und retouchieren.

Von diesem Gipspositiv könnte man nun ein Gumminegativ (Vinamol, Silikon), davon ein Wachspositiv und davon nach dem Cire perdue-Verfahren einen Bronceabguss machen (vgl. Artikel «Gelbguss in 8 Arbeitsschritten», Seite 9).

«Leider bin ich 150 Jahre zu spät geboren, aber wer weiss, vielleicht gibt es doch noch einen Architekten, der 50 überlebensgrosse Titanen von mir auf ein Dach stellen möchte», Bruno Fischer im Buch «Leidenschaften.» des Kurszentrums

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Nach der gleichen Methode dickere Schicht aus ungefärbtem Baugips auftragen, dabei Eisenstäbe als Armierungen einbauen.


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Auf dem Ballenberg gibt sie Kurse in der alten Technik des Gelbgiessens, in ihrem Laden-Atelier in Biel entstehen Schmuckobjekte von natürlichkuschelig bis zu schrillbunt. Ein Besuch bei Eva Mosimann (36), Werklehrerin und Gestalterin.

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Aus «Objekt» wurde «Schmuckobjekt», und daraus vor gut einem Jahr «SO&SO», das Laden-Atelier in Biels kleiner, aber feiner Altstadt. Eva Mosimann betreibt es zusammen mit einer Kollegin, die vor allem mit Metall arbeitet. Nebst je eigenen Kollektionen entstehen auch gemeinschaftliche Arbeiten wie die Schlüsselanhänger «porte histoires»: Winzige Menschen- und Tierfiguren sind mit Epoxydharz in einen Alurahmen eingegossen und erzählen die Geschichte von den beiden Schneehühnern am gewaltig steilen Berggrat oder vom ratlosen Schimpansen in der Ausstellung über moderne Malerei. Das Laden-Atelier mit Schaufenstern und Terrasse befindet sich hinter einem Laubengang zu unterst in der Bieler Obergasse. Im grossen, offenen Raum mit altem Fischgratparkett darf nach Herzenslust gestöbert werden. Seis im «Krämerladen», über dem rot abblätternd die schwungvolle Inschrift «Chocolat Tobler» prangt und wo ausgesuchte exotisch anmutende Delikatessen, einzelne Seifenstücke oder Filzblumenfingerringe feilgeboten werden. Seis am Kleiderständer, wo Röcke aus leichten Frühlingsstoffen und freche Häkelpullis für Kinder hängen. Seis in einer der Glasvitrinen, wo die Schmuckkollektionen ausgestellt sind. Oder im Schaufenster, oder an der Wand, auf dem Werktisch, dem Fussboden... Kreationen von eingeladenen GestalterInnen ergänzen das fröhliche Sortiment.

EVA MOSIMANN, KURSLEITERIN GELBGUSS

MESSING GIESSEN WIE IN AFRIKA IN VIELFALT SCHWELGEN Wissenschaftliche Zeichnerin war der Beruf, den sie im Kopf hatte, als sie nach der Matur an die Kunstgewerbeschule in Zürich ging. Aber nach dem Vorkurs fand Eva Mosimann die Vielfalt der Techniken und Materialien so verlockend, dass sie umschwenkte auf Werklehrerin. «Ich dachte zuerst, ich wolle einfach


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diese Ausbildung geniessen, aber den Beruf würde ich bestimmt nie ausüben», gesteht sie. Heute schätzt sie es sehr, teilzeitlich im 10. Schuljahr etwas von dem weitergeben zu können, was sie im Atelier ständig experimentierend umsetzt. Im Unterricht lässt sie die Jugendlichen beispielsweise einen Gegenstand auswählen – eine Muschel, eine Plastikerdbeere, eine Rose. Mit verschiedenen Techniken werden dann unterschiedliche Themen und didaktische Ziele bearbeitet. Zeichnen (Form, Beobachtung), modellieren (formen durch plastischen Aufbau), malen (Farbe), schnitzen (formen durch Reduktion von Material). Danach dürfen die erworbenen technischen Fähigkeiten individuell weiter ausprobiert und vertieft werden. «Ich gebe etwas vor, lasse sie aber dann sehr schnell selber wählen und bestimmen», sagt Eva Mosimann. «Schliesslich gehts ja im 10. Schuljahr auch ums Entscheiden, um die Berufswahl». Und damit die Jugendlichen wirklich mit Lust ans Suchen und Pröbeln gehen, versucht sie ihnen auch die ewige Frage nach richtig oder falsch auszutreiben.

damit an Wettbewerben teilzunehmen. «Ich will nicht berühmt werden, ich will einfach meine Sachen machen», sagt sie bestimmt.

SCHMUCKGESPRÄCHE Immer Zeit hat sie hingegen für ein Kundengespräch: Wenn sie zum Beispiel einen ihrer «Small World»Fingerringe verkauft, bestehend aus einer Fingerringfassung aus Silber und einem Set bunter Glasmurmeln. Je nach aktueller Laune oder Garderobe kann frau sich mit einem roten, blauen, durchsichtigen oder marmorierten Ring schmücken, mal edler, mal verspielt. Als Variante dazu gibts die «Other Worlds», anders geformte Fassungen für Murmeln.

DIE RECHTE MISCHUNG Ein bisschen Schule, ein bisschen Kurse geben, dazu die freie Arbeit im Atelier. «Ein guter Mix», findet sie. «Ich kann unbeschwerter kreativ sein, wenn ich noch ein zweites Standbein habe.» Wenn sie wollte, könnte sie sogar mehr im Atelier arbeiten. Seit das Geschäft hier in der Altstadt ist, hat sie immer eine Liste mit Aufträgen. «Das ist schön! Aber soll ich jetzt einfach nur noch produzieren?», ist ihre rhetorische Frage. An Serienproduktion ist sie nicht interessiert, selbst wenn sich damit vielleicht mehr Geld verdienen liesse. Sie stellt zwar kleine Kollektionen her, will sich aber vor allem immer wieder Zeit nehmen, um zu experimentieren und Neues zu entwickeln. Dafür hat sie sich bewusst entschieden, sie setzt sich auch einen Zeitrahmen und teilt ihre Zeit klar ein, denn das Experimentieren ist für sie das eigentlich Spannende an ihrer Arbeit. «Dann müssen die Leute halt manchmal etwas länger warten», meint sie mit entschuldigendem Lächeln.

BEZAUBERNDE BUNNYS Im Schaufenster stecken auf schwarzen Zylindern flauschige «Funny Bunny»-Fingerringe. Streifen von gefärbtem Kaninchenfell sind in eine Metallspirale gefädelt. Der Effekt ist bezaubernd: Hauchzart stehen die Haare wie ein Strahlenkranz rundum ab. Zur «Funny Bunny»-Serie gehören ausserdem Colliers, Bracelets, Ohrclips oder Ohrhänger. Wie sie auf die Idee mit der Spirale gekommen ist, kann sie im Nachhinein nicht einmal mehr genau sagen. Eben: durch ausprobieren! «Es gibt für alles eine Lösung», ist sie überzeugt. «Wenn es keine zu geben scheint, ist das nur ein Zeichen, dass man noch weiter experimentieren muss!». Sich nicht verzetteln, das ist auch ein Punkt, auf den Eva Mosimann ein Auge haben muss. Deshalb ist ihr auch die Zeit zu schade, um aufwändige Dokumentationen über ihre Arbeiten zu fabrizieren und

Passend dazu für Hals, Handgelenk und Ohren «Orbit», mit Murmeln und farbigen Plexiglasplättchen, oder «Königin der Nacht» aus Murmeln, die in feines Metallgitter und Samtbänder eingenäht sind. Die Murmel-Fingerringe laden förmlich ein zum Teamwork zwischen Kundin und Gestalterin, wie Eva Mosimann es sich wünschen würde. Sie liebt die Sorte Kundengespräche, in denen neue Ideen aufkommen und aus denen vielleicht ein Auftrag hervorgeht für etwas, was sich noch in keiner Vitrine findet. «Die Leute dürfen durchaus mitdenken, schliesslich habe ich hier ein Atelier und nicht nur einen Verkaufsladen! Und ich werde dadurch ja auch selber wieder inspi-


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riert», plädiert sie fürs kreative Werkstattgespräch. Sie stellt aber auch fest, dass manche Leute dieses Mitmachangebot nicht möchten oder überfordert sind. Dann beschränkt sie sich darauf, die Objekte mit der Kundschaft gemeinsam anzuschauen. Sie erzählt ihnen, dass eine runde Fassung harmonischer zur runden Form des Murmels passt und eine eckige dies eher bricht und in Kontrast tritt dazu. Das hilft, ein Gefühl für die Form zu bekommen und sich so zu entscheiden. Sie räumt ein, dass solche Gespräche sehr viel Zeit brauchen. «Vielleicht ist es meine pädagogische Verbildung, aber ich möchte halt, dass die Leute auch ein bisschen wissen, was sie haben, wenn sie bei mir

«Vitaminbomben», die aussieht wie aufgefädelte Medikamentenkapseln, den entsprechenden Preis von 140 Franken zu bezahlen. Oder sich die «Plagegeister» zu leisten, Schmuckstücke aus farbigen Epoxydharzplättchen, in welche Zeichungen von Spinnen, Fliegen, Käfern, Asseln und anderem Getier eingegossen sind. Oder einen der viereckigen Fingerringe im PralinéSchächtelchen namens «massepain» zu erstehen, erhältlich in Sorten wie orange, citron, pistache oder framboise.

ALTE TECHNIK ZUM GOLDGIESSEN Bei einigen der von Eva Mosimann entworfenen Schmuckstücke sind Metallteile eingearbeitet, die sie selber gegossen hat. Zum Beispiel ein kleines Edelweiss oder eine rundliche, an eine Samenkapsel erinnernde Perle. Die Technik des Gelbgiessens ist ein Wachsausschmelzverfahren (cire perdue). Ihr Name rührt daher, dass sie früher zum Giessen von Gold verwendet wurde. Es ist eine sehr alte Technik, die schon die Kelten gekannt haben, und noch heute ist sie die afrikanische Art des Messinggiessens und giessen die Tuareg ihren Silberschmuck auf ähnliche Weise. Bei uns wird sie heute kaum mehr genutzt. Kennen gelernt hat Eva Mosimann diese Technik an der Schule für Gestaltung. Sie war sogleich fasziniert von diesem speziellen Giessverfahren: Sein archaischer Charakter, die sinnlichen Materialien, der ganzheitliche Arbeitsprozess haben es ihr angetan. Vor fünf Jahren ist sie dann nach Burkina Faso gereist, um einige Wochen in einer Giessereiwerkstatt mitzuarbeiten. Sie hatte Glück, dass sie eine solche Möglichkeit fand, denn eigentlich sind die Giessereien Familienbetriebe, und eigentlich arbeiten dort keine Frauen. Aber der Patron, Abou Traoré, hat selbst einige Zeit in Frankreich gearbeitet und ist daher mit unseren Sitten und Bräuchen vertraut. «Die anderen Mitarbeiter haben während der ersten beiden Wochen kaum ein Wort mit mir geredet», erinnert sich Eva Mosimann, «aber dann haben sie sich an mich gewöhnt». Sie konnte in der afrikanischen Giesserei gleich bei einem Grossprojekt mitarbeiten. Es war ein Auftrag für eine lebensgrosse Statue, die auf einen Dorfplatz kommen sollte und mit dem die ganze Belegschaft beschäftigt war. Eigene Sachen machte sie nur wenige in dieser Zeit, da man ständig zu knapp an Metall war.

GLÜHENDE PRACHT etwas kaufen.» Und weil sie diese Art von Kundenkontakten so schätzt, kommt sie mehr und mehr davon ab, ihre Sachen in anderen Läden in Kommission zu geben. Eva Mosimann kalkuliert zur Berechnung der Preise mit dem sehr moderaten Stundenansatz von 35 Franken. Hin und wieder erntet sie aber trotzdem erstaunte Reaktionen, denn oft arbeitet sie mit Materialien, die an sich nicht wertvoll sind: Murmeln, Keramikplättchen, Kaninchenfell, Weidenkätzchen. Was zählt, sind die Ideen und die aufwändige Verar-beitung von Hand. Doch auch das entdeckt manche Kundin erst bei einem Gespräch und näherer Betrachtung. Und ist dann auch bereit, für eine Kette der Serie

Erste Kurse im Gelbgiessen hat Eva Mosimann schon während ihrer Ausbildung gegeben; sie waren Teil der Abschlussarbeit. «Es ist eine zeitintensive, gemütliche Technik», sagt sie, «bei welcher der Prozess genau so wichtig wird wie am Schluss das gegossene Objekt.» In den Ballenbergkursen werden pro Person zwei bis vier Gegenstände gegossen, in der Regel kleine Figuren oder Schmuckstücke. Einer der Höhepunkte auf dem langen Weg zum Objekt ist der Moment, wenn nachts die Formen in der Glut des selbst gebauten Ofens erhitzt werden, bis das Metall darin schmilzt. Selbst in der Erinnerung gerät Eva Mosimann ins Schwärmen: «Wenn alles glüht – das ist schon ein wunderprächtiges Erlebnis!» (dr) ■


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1. Wachsmodell aus Bienenwachs formen – unser Beispiel: ein Frosch, die Positivform. Aus Wachs einen oder mehrere Kanäle am Modell befestigen, die später als Eingusskanäle fürs flüssige Metall dienen.

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Tiegel nun mit den festen Metallstücken oder Spänen, aus denen die Form gegossen werden soll, füllen. Tiegel mit einem Schamotte-Deckel verschliessen. Tiegel und Modellform erneut mit Schamotte-Teig ummanteln. Dank der geschlossenen Form ist Gelbguss ein Verfahren, das die präzise Nachbildung von Modellen und selbst von dünnwandigen Objekten erlaubt.

2. Wachsmodell in mehrere Schichten aus einem Schamotte-Gemisch einpacken. Zuerst dünnflüssig mit Pinsel auftragen, so dass jedes Detail erfasst werden kann. Dann immer festere und dickere Schichten anbringen. Für die inneren Schichten wird dem Schamotte-Teig etwas Holzkohle- oder Graphitpulver beigemengt. Für die äusseren Schichten kommen Rosshaare und Heu hinzu.

6. Aus Schamottsteinen einen Ofen mit Kamin bauen.

3. Den Tiegel – die Form, in welcher später das Metall flüssig gemacht wird – mit Schamotte-Teig am Modell befestigen.

7. Im Ofen mit Holzkohlefeuer werden während 11⁄2 bis 2 Stunden bei ca. 1 200° Celsius Form und Metall zum Glühen gebracht – das Messing schmilzt im Tiegel zusammen.

Form aus dem Ofen nehmen und stürzen, so dass das flüssige Metall durch die Eingusskanäle in die hohle Form fliesst. Wenn diese abgekühlt ist, wird sie zerschlagen, um das Gussstück freizulegen. Beim Gelbguss geht auch die Form verloren – es gibt aus jedem Modell und jeder Form immer nur ein einziges Stück.

GELBGUSS IN 8 ARBEITSSCHRITTEN nach Eva Mosimann. Die Beschreibung ist stark vereinfacht und kann nur als Vorstellungshilfe, nicht als Arbeitsanleitung dienen.

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Mit dem Tiegel als Fuss ins offene Feuer stellen, so dass zum einen die SchamotteUmmantelung ein wenig gebrannt wird, zum anderen das Wachsmodell flüssig und der Wachs ausgeschmolzen wird. Es bleibt ein Hohlraum zurück – die Negativform. Gelbguss ist ein Cire perdue-Verfahren, d.h. das Wachsmodell geht verloren.


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Bereits zum zweiten Mal war Hada Achmed, Silberschmied aus Agadir, Gast im Kurszentrum Ballenberg Heimatwerk. Das bescheidene, ruhige Auftreten, der würdige Habitus und die bemerkenswerte Einfachheit der technischen Einrichtung sind beeindruckend. Ein abgeschnittenes Blechfass bildet die Feuerstelle. Ein Blasbalg aus einer Ziegenhaut am vorderen Ende in ein Eisenrohr mündend, das direkt unter die glühende Holzkohle geführt werden kann, dient als Luftpumpe, die die nötige Hitze erzeugen hilft.

Mit Wachs wird das gewünschte Schmuckstück geformt. Einfüllstutzen werden ebenfalls mit Wachs geformt und angebracht.

MEISTER HADA ACHMED AUS AGADIR DEMONSTRIERT SILBERGIESSEN

ORIGINAL TUAREG-SCHMUCK VOM KURSZENTRUM


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Der Rohguss wird in der Regel durch Feilen und Schleifen nachbehandelt, schliesslich mittels Ziselierwerkzeug verziert und verfeinert.

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Das Wachsteil wird mit einer Mischung von Lehm und Eselsmist rundum ca. 1 cm dick eingepackt. Der Mist ist Magerungsmittel und liefert die nötige Plastizität und Wärme wechselbeständigkeit.

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Die Tonformen werden in der Glut getrocknet und das Wachs wird vollständig ausgeschmolzen.

Inzwischen ist in einem feuerfesten Tiegel das Silber flüssig geschmolzen (ca. 1100°). Mit einer selbstgefertigten, einfachen Zange werden die Formen ausgegossen.

Schmuck aus dem Kurs.

Nach kurzem Abkalten im Wasserbecken ist das Silber hart und kann mit dem Hammer aus der Tonform geschlagen werden.

Kleine Tierformen Hada Achmed.


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HEIMATWERKBOTE 1960 Erneut tritt der «Bote», die Vorgängerpublikation von Handwerk, der Frau und Mutter bei ihrer harten Arbeit hilfreich zur Seite. Diesmal scheint uns der Tipp durchaus geeignet, von Balkon zu Satellitenschüssel oder von Natelantenne zu Strassenlampe etwas südliches Ambiente in unsere Städte und Dörfer zu bringen. Einzig von der Empfehlung am Schluss möchten wir uns mit Rücksicht auf heutige Gepflogenheiten distanzieren. ■


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Erstaunlich, was Mann/Frau in einer Kurswoche lernen kann! Wir geben Ihnen stolz und gern Einblick in die letzten Wochen. Sie erfahren mehr zu unseren Kursen und zu dem, was bei uns entsteht, unter www.kurszentrum-ballenberg.ch. ■

ARBEITEN AUS UNSEREN KURSEN MÄRZ BIS JUNI 2003

GALERIE 2003


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ak. Der Graben in Aarau ist eine eigentliche Flanierstrasse. Eine Doppelreihe grosser Platanen lädt mit schattigen Bänken zum Verweilen. Hier am Graben 16 vis-à-vis der Stadtbibliothek, die hierher verschoben wurde, finde ich den Laden des Schweizer Heimatwerks. Grosse, fast archaisch anmutende Holzkugeln liegen im Schaufenster, geschaffen aus einheimischen Hölzern: Zwetschgen-, Apfel- und Birnbaum.

SCHWEIZER HEIMATWERK IN AARAU

LUSTWANDELN UND SCHÖNES ENTDECKEN


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HELL UND KLAR – AUS EINEM GUSS

BESUCHEN SIE AARAU! Verena Meier, aufgewachsen in Olten, seit 35 Jahren in Aarau, Mutter von bereits 33-jährigen Zwillingen, bringt es zum Schluss auf den Punkt: «Neben meiner Freizeit ist der Laden am Graben 16 mein Leben – wir sind immer am Ball geblieben!» Liebe Leserin, lieber Leser: Aarau mit seinem schönen Städtli, den Platanen und dem neu eröffneten Naturmuseum ist immer eine Reise wert. Und vergessen Sie dann auf keinen Fall, bei Verena Meier hereinzuschauen. ■

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Verena Meier hatte gerade die Ladenleitung übernommen und wollte dieses mit dunklem Holz getäferte Geschäft weiss gestrichen haben – dies wurde zu ihrer grossen Freude vom damaligen Geschäftsleiter bewilligt und es ist bis heute gut und weiss geblieben. Der Laden präsentiert ein breites Angebot an Schweizer Souvenirs und Wohnaccessoires für den gepflegten Alltag. Man spürt das persönliche Flair von Verena Meier, Dinge so zusammenzustellen, dass sie sich gegenseitig akzentuieren und hervorheben. Das Dekorieren sei auch wirklich eine ihrer Lieblingsbeschäftigungen, neben der Beratung von Kunden natürlich: Was sie immer wieder motiviert sind zufriedene Kunden, die zu Stammkunden werden, immer wieder kommen und interessiert sind am Neuen, das die traditionellen Angebote ergänzt. Ein guter Mix im Sortiment basiere auf dem guten Einvernehmen mit den Einkäuferinnen und dem direkten Kontakt mit der Geschäftsleitung.

Wie sieht Verena Meier die Zukunft des Schweizer Heimatwerks? Das Angebot soll speziell bleiben, keine Dutzendware, gute Schweizer Qualität, die nicht billig, sondern wertbeständig ist. Die Kunden sollen zufrieden und überzeugt sein, dass das Preis-Leistungs-Verhältnis stimmt. Wichtig ist Verena Meier aber auch ein zufriedener Handwerker, der zu guten Konditionen seine Ware im Geschäft verkaufen kann. Wenn sie etwas manchmal bedauert, sind es die Vorurteile, die immer noch herumgeistern, das Heimatwerk sei ein wenig verstaubt. Oft, scheint ihr, fehlt das Wissen und die eigene Erfahrung – wenn die Leute dann im Laden stehen, sind sie überrascht über das schöne Angebot und die freundliche Atmosphäre. Verena Meier wünscht sich noch mehr Leute, die ihr Geschäft kennen lernen möchten!

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Verena Meier ist seit 14 Jahren Ladenleiterin in Aarau. Sie sei wahrscheinlich eine der Ältesten jetzt. 1981 war der Laden als Werkstube eröffnet und genossenschaftlich geführt worden. Das Schweizer Heimatwerk konnte ihn 1986 übernehmen und 1989 auf beiden Seiten erweitern und erneuern.

DIE AKTUELLE AUSSTELLUNG: «MUSIKDOSEN» Die Musikdose ist eine Schweizer Erfindung. Seit bald 140 Jahren ist die Reuge S.A. im abgelegenen Juradorf Ste-Croix eine der bedeutendsten Herstellerin von Musikdosen und Musikautomaten. Auch Brienz im Berner Oberland hat eine lange Geschichte der Musikdosen: Hier kam man vom Schnitzen her und baute 1868 erstmals Musikwerke aus dem Waadtland in die kunstvollen Holzobjekte ein. Ein weltweiter Exportartikel war geboren. In Zürich sind nun die Dosen ausgestellt. Doch es gibt nicht nur etwas zusehen. Im Laden erleben Sie auch die ganze Klangfülle der nostalgischen Kleinode, die offensichtliche eine Seele besitzen.

MENSCH UND MIX: DIE ZUKUNFT Dass nicht nur der Mix im Angebot sondern auch der «Faktor Mensch» in Aarau in einem guten Gleichgewicht steht, belegt im letzten Jahr, das allgemein als schwierig erlebt wurde, der überdurchschnittlich gestiegene Umsatz. Ein weiteres positives Indiz für die gute Stimmung ist die Tatsache, dass eine ehemalige Mitarbeiterin regelmässig Blumen und Grünzeug zum Einstellen und Arrangieren in den Laden bringt.

Schweizer Heimatwerk: Bis 21. Juli 2003 ■ Präsentation Musikdosen Rudolf Brun-Brücke, Zürich, Telefon 01 217 83 17 Mo bis Fr 9.00 bis 20.00 Uhr Sa 8.30 bis 17.00 Uhr


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BALLENBERGBERUFE

INGRID URWEIDER, RESTAURATORIN Im Telefonbuch steht unter ihrem Namen als Berufsbezeichnung «Restoratorin». Das ist zwar nicht die korrekte Schreibweise, aber Ingrid Urweider (61) will es trotzdem so. Denn sie hat die Erfahrung gemacht, dass sie sonst öfters für eine Restaurant-Betreiberin gehalten wird.


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MASSADA AUSGRABEN Die beiden, die inzwischen wieder «glücklich usenand» leben, hatten sich in Israel kennen gelernt. Dort hatte die gelernte archäologische Restauratorin die Chance, im Nationalmuseum in Jerusalem und bei Ausgrabungen in Massada mitzuhelfen. Die von Herodes dem Grossen gebaute Festung liegt auf einem Felsen, der über 400 Meter westlich über dem Toten Meer aufsteigt. Im 1. Jahrhundert nach Christus diente sie jüdischen Widerständischen als Zufluchtsort vor den römischen Besatzern. «Wer würde sich nicht begeistern lassen in einem Land, wo bei jedem Regen irgend etwas aus der Vergangenheit der Menschheit aus dem Boden gespült wird, aus der Geschichte des Christentums, des Islam, des alten Judentums!» Sogar die Bibel habe sie damals gelesen – «spannender als ein Krimi!» Gefesselt war sie auch jedes Mal, wenn sie eine Scherbe mit einem Fingerabdruck drauf fand. «Das war besser als Gold finden. Denn ein Fingerabdruck ist fast wie die DNA; nur ein einziger Mensch hatte diesen Fingerabdruck, und dieser Mensch ist seit 2000 Jahren tot – ein Handwerker wie ich», sinniert sie. «Da entsteht plötzlich eine Verbindung, und die Vergangenheit wird sehr lebendig.» Aus der eher zufälligen Israelreise wurde ein Aufenthalt von sieben Jahren.

ÖPPIS GRUUSIGS Sie nimmt einen Plastiksack, der an der Wand ihrer Werkstatt hängt, holt ein lose in Seidenpapier gewickeltes Bündel heraus, warnt: «Das ist öppis Gruusigs!» und entblösst den steifen Körper einer mumifizierten Katze. Sie stammt aus einem Haus von Escholzmatt. Ingrid Urweider hat die Theorie gelesen, dass man früher nach altem Brauch lebende Katzen in Häusern einzuschliessen pflegte, damit sie dort stürben und dem Haus Glück brächten. Ob dies das Schicksal der Mumienkatze war, wird sich nicht mehr herausfinden lassen. Weniger brutale Glücksbringer

PLATZPROBLEME Am Anfang ging man auch noch ziemlich grosszügig mit dem Platz um. «Wir haben unbesehen ganze Estriche geräumt und so ziemlich alles genommen, was uns angeboten wurde», denkt sie zurück. Heute gibt es eine Kommission, welcher sie angehört, die eine Auswahl trifft, was das Museum gebrauchen kann. In der Regel stellen Museen rund ein Drittel aller Sachen aus; im Ballenberg ist es vermutlich mehr, aber trotzdem herrscht Platzmangel im Lager. Es hat Abteilungen für Geschirr, Möbel, Musikinstrumente, Kleider, Küchenwäsche, Bilder, Werkzeuge, Spielsachen, Puppen, Butterfässer, Hüte, Bibeln, Schirme und Spazierstöcke, Uhren… und ständig läuft der Luftentfeuchter. «Frühling und Herbst sind die schwierigen Jahreszeiten, Sommer und Winter gehen besser», erläutert sie. Im Lager wird dafür gesorgt, dass die Sachen erhalten bleiben, aber richtig behandelt werden sie erst, wenn sie als Einrichtung in eins der Häuser kommen.

ALLES AUSSER STOFF Die Arbeit der Restauratorin ist äusserst vielfältig. «Kleingegenstände reparieren», fasst sie es zusammen. Ausser mit Textil hat sie mit sämtlichen Materialien zu tun: Metall, Glas, Keramik, Plastik, Leder, Holz. Die meisten Techniken, die sie anwendet, hat sie zwar schon während der Ausbildung kennengelernt. «Aber du musst immer wieder Neues ausprobieren. Für eine Ausstellung über die Anfänge des Fensterbaus durfte ich zum Beispiel rekonstruieren, wie das wohl funktionierte, als man statt Glas noch Schweinsblasen verwendete.» Eher zur Routine gehören Arbeiten wie das Auffrischen von rostigem Sattlerwerkzeug. «Das mache ich mit Gerbsäure, wie man sie auch in Coca Cola findet. Deshalb kann man rostige Schneeketten darin einlegen. Gerbsäure hat es aber auch in Eichenrinde oder in den Schalen von Trauben, aus denen man Rotwein macht.» Gegenüber chemischen Mitteln wie Phosphorsäure haben solch natürliche Stoffe oft den Vorteil, dass sie zwar wirksam sind, aber das gesunde Metall weniger angreifen.

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Ursprünglich stammt Ingrid Urweider aus New York City, dem Big Apple. Seit 30 Jahren lebt sie im Haslital. Sie hatte einen Mann geheiratet, der hier aufgewachsen ist und «jeden Stein kennt», wie sie es ausdrückt. Der Anfang war nicht einfach. Sie musste sich daran gewöhnen, dass sie zunächst mal nicht als Ingrid, sondern nur als seine Frau wahrgenommen wurde. «Mein erster Lohn wurde auf den Namen meines Mannes ausbezahlt, und ich musste von ihm das Okay haben, damit ich ein eigenes Bankkonto eröffnen durfte. Für mich als selbstbewusste Frau war das schrecklich!», erinnert sie sich.

lagern auf einem Regal daneben: ein Karton voll so genannter Karfreitagseier, am Karfreitag gelegt und im Estrich aufbewahrt. Die Werkstatt von Ingrid Urweider quillt über von Fundstücken aller Art. Seit dem 3. Januar 1978 arbeitet sie im Freilichtmuseum Ballenberg. Sie war schon dabei, als das Museum noch nicht einmal eröffnet war. Im allgemeinen Enthusiasmus über die Häuser hatte man der Infrastruktur zuerst wenig Beachtung geschenkt. Es gab weder den heutigen, direkt neben dem Kurszentrum liegenden Werkhof mit den Ateliers für Textil, Metall, Holz und Restauration, noch ein Lager. Ingrid Urweider arbeitete zuerst in Brienz, dann im Bauernhaus von Ostermundigen, dann in einer Militärbaracke. Sie erinnert sich, wie sie einmal Wasser benötigte für eine Restaurierungsarbeit. Da solches an ihrem Arbeitsplatz nicht vorhanden war, draussen aber Schnee lag, machte sie kurzerhand ein Feuerchen und schmolz diesen.

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Sie ist gerade daran, draussen auf dem Kiesplatz vor dem Werkhofgebäude, wo ihr Atelier liegt, eine nigelnagelneue Feldflasche mit schwarzer Farbe zu besprühen. «Für das Ballenberg-Theater, Jürg Jenatsch. Es spielt um 1627, aus dieser Zeit gibt es nicht viele Originalsachen», erklärt sie in einer überraschenden Mischung aus Hochdeutsch und Mundart, der man ihre amerikanischen Wurzeln, aber auch die Berner Oberländer Färbung anhört.


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ESSGESCHIRR ZUM ANSCHAUEN

LOB DER GUTEN NACHBARSCHAFT

Wenn es altes Geschirr aus Porzellan oder Keramik zu reparieren gilt, greift sie aber ungeniert zu gewöhnlichem weissem Acrylleim. Denn das Geschirr muss ja nicht mehr lebensmitteltauglich sein. Zudem hat dieser Leim gegenüber Araldit oder anderen extrem starken Klebstoffen den Vorteil, dass sich die verbundenen Teile leicht wieder auseinandernehmen lassen. «Vielleicht gibt es ja in 20 Jahren etwas viel Besseres, und dann ist man froh, wenn man es neu machen kann», gibt sie zu bedenken. Ausserdem liegt die Absicht nicht darin, Flickstellen unsichtbar zu machen. Im Gegenteil: «Wir wollen, dass man sieht, wo repariert wurde.» Das ist es, was Ingrid Urweider an ihrer Arbeit so schätzt: «Es ist eine schöne Kombination von motorischer und Kopfarbeit. Man muss überlegen: Was wollen wir zeigen, und welches ist die beste Methode dafür?» Es geht um Fragen wie: Soll man ein Kupferkessi mit Alterspatina ausstellen – oder so, wie es damals verwendet wurde, nämlich sauber? Sind geflickte Sachen eher etwas für ins Lager, oder kann gerade die Flickstelle auch etwas aussagen über die Kultur von früher? Etwa, wenn man sieht, wie früher Geschirr mit Metallklammern zusammengeheftet und weiter verwendet wurde.

Mit ihren Kenntnissen in Sachen Abgiessen konnte sie auch schon einzelnen Teilnehmern im Kurszentrum unter die Arme greifen. Einem «netten Kerli mit wenig Ahnung und wenig Zeit» half sie neulich, eine Porzellankopie von einem besonders schön geformten, grossen Stein im Matterhorn-Look zu machen. Überhaupt empfindet sie die guten nachbarschaftlichen Beziehungen zwischen Kurszentrum und Werkhof als eine Bereicherung für alle Beteiligten. «Das ist eine glückliche Situation. Ich gehe gerne rüber und schaue bei den Kursen vorbei, und die Kursleute leihen sich bei mir Werkzeug aus. Es ist ein reges Hin und Her, ein Austausch auch von Ideen».

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TÄUSCHEND ECHT IST NICHT GEWOLLT Als «e chli Expertin» bezeichnet sich Ingrid Urweider in den Techniken des Kopierens. Mit Silikon, Epoxydharz, Latex, Polyester und anderen geeigneten Materialien macht sie Abgüsse von Einzelstücken. Wenn bei einem alten Küchenschrank zum Beispiel eine von zwei gedrechselten Säulen fehlt, die den oberen Teil des Schranks abstützen, stellt sie eine Kunststoffkopie der noch vorhandenen Säule her. Die Techniken des Kopierens hatte sie schon in Israel kennen gelernt, denn das Nationalmuseum pflegte Kopien von antiken Gegenständen herzustellen, um sie auswärts an Ausstellungen zu geben oder dem Finder des Originals zu überlassen. «Das waren manchmal Kopien, bei denen von blossem Auge nicht mal der Archäologe selber sagen konnte, welches das Original und welches die Kopie war, obwohl diese aus ganz anderem Material bestand.» Doch im Freilichtmuseum gilt auch beim Kopieren das Prinzip: Unechte Teile werden als solche gekennzeichnet. In der Regel macht man das, indem man neue Teile leicht dünkler oder heller einfärbt als das Original, so dass sie nicht hervorstechen, aber sich doch vom Rest absetzen.

SAMMELSURIEN Auf einem Gestell steht zwischen vielen anderen Dingen eine hübsche Glaskaraffe. «Der Mann, der im Haus von Escholzmatt gelebt hat, war ein Dorf-Unikum. Er hat nichts weggeworfen – e Bitz wie ich», sagt Ingrid Urweider beim Betrachten des zierlichen Gefässes, das sie aus im Haus verstreuten Scherben zusammenleimen konnte. Eine Krone und das Monogramm SB sind darin eingeritzt. «Manchmal taucht unverhofft etwas Schönes auf», meint sie. Aber auch ein offenbar bis zuletzt in Gebrauch stehender Nachthafen, der ein Loch hatte, welches mit einem Korkzapfen verstopft war, ist im Haus zum Vorschein gekommen. Dies ist die letzte Museumssaison für Ingrid Urweider. Den Winter mit seiner Zeit, um die Sachen zu reparieren und wieder herzurichten, wird sie nur noch zur Hälfte mitmachen, denn auf Ende Jahr lässt sie sich pensionieren. Jemand anderes muss dann beim Pfarrer frisches Weihwasser für in die katholischen Häuser holen und dem Metall-Jesus am Kruzifix das gebrochene Handgelenk flicken. Auch zu überlegen, welche Gegenstände aus den riesigen Lagerbeständen am besten in eine Ausstellung oder in ein neues Haus passen würden und diese dann bereit zu machen – eine ihrer liebsten Arbeiten – wird sie künftig andern überlassen.

AUFBRUCH Aber sie freut sich auf die Zeit danach. «Vielleicht sitze ich dann wirklich vor dem Haus und schaue die Bäume an – genau wie jeder Zeitungsartikel sagt, dass man es nicht machen soll», lacht sie. «Man müsste ja planen und organisieren… Aber ich habe keine Angst!» Denn allzu langes Nichtstun passt eigentlich nicht zu ihrem Charakter, und sie ist auch heute schon vielfältig kulturell engagiert, unter anderem wirkt sie bei der Kunstgalerie Englische Kirche in Meiringen mit. Metall giessen, malen, wieder mehr töpfern – auf all das hat sie Lust, und für all das bietet das alte Haus, das sie bewohnt, auch genügend Platz. Für nächstes Jahr ist ausserdem schon eine Burma-Reise geplant. «Den Rest meines Lebens kann ich wirklich mir widmen», sagt sie und blickt in ihre wieder offene Zukunft. (dr) ■


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AKTUELL IM MUSEUM Samstag, 5. Juli, Sonntag, 6. Juli: Heilkräutertage War das Essen zu fett oder zu reichlich, lindert ein Tee von Fenchel, Kümmel und Anis das Magendrücken. Dieses Hausrezept ist weithin bekannt, und auch Heilkräuter wie die Kamille oder die Pfeffer minze sind in aller Munde. Anderen Pflänzchen aber sieht der Laie ihre wohltätigen Möglichkeiten gar nicht an. An den Heilkräutertagen im Freilichtmuseum Ballenberg kann das Wissen auf angenehme Weise erweitert werden: Im blühenden Heilkräutergarten und in der historischen Drogerie vermitteln diplomierte Drogisten vielfältige Informationen rund um die Naturheilkunde.

11. Juli bis 23. August: Jürg Jenatsch Der Verein Landschaftstheater Ballenberg spielt jeweils mittwochs bis samstags auf der Freilichtbühne im Museumsgelände das Stück «Jürg Jenatsch und der verhängnisvolle Zwischenfall verursacht durch Hauptmann Zeggin im Jahre des Herrn 1627» von Markus Keller. Informationen: www.ballenberg.ch

Fliegende, unbekannte Objekte, eventuell sogar aus dem benachbarten Mystery Park? Alles falsch! Dies sind Arbeiten unserer Kursteilnehmer, entstanden im Drechslerkurs diesen Frühling.

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