STADTENTWICKLUNGSPLAN WOHNEN 2016 Universitäre Vorschläge für die Kasseler Wohnraumentwicklung
Inhaltsverzeichnis 10
1. Einleitung
14 2. Hintergrund zur Wohnungsmarkt- und Bevölkerungsentwicklung 16
2.1 Offizielle Bevölkerungsprognose der Stadt Kassel
18
2.2 Modifikation der offiziellen Bevölkerungsprognose der Stadt Kassel
32
3 Wohnungsmarkt und Wohnungspolitik in Kassel - Aktuelle Situation und Handlungsbedarfe
34
3.1 Entwicklung der Nachfrage
42
3.2 Wohnraumangebot
52
4. Potentielle Standorte für weiteren Wohnraum in Kassel
54
4.1 Erhebung und Quantifizierung
73
4.2 Multifaktorielle Bewertung der Potentialflächen
84
4.3 Fazit und Empfehlungen
86
5. Leitlinien
88
5.1 Nachfrageorientierte Wohnraumentwicklung
104
5.2 Räumliche Ausprägung der Wohnraumentwicklung
116
5.3 Bezahlbares Wohnen
128
5.4 Soziale Mischung und Gerechtigkeit
142
5.5 Klimaschutz in der Wohnraumentwicklung
152
6. Strategien für den Kasseler Wohnungsmarkt
171
7. Quellen- und Abbildungsverzeichnis
187
8. Anhang
Abkürzungsverzeichnis BauGB
-
Baugesetzbuch
BauNVO
-
Baunutzungsverordnung
BBSR
-
Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung
BGB
-
Bürgerliches Gesetzbuch
BIM
-
Building Information Modeling
BIMA
-
Bundesanstalt für Immobilienaufgaben
B-Plan
-
Bebauungsplan
ESG
-
Eigentümerstandortgemeinschaft
EnEV
-
Energieeinsparverordnung
ExWoSt
-
Experimenteller Wohnungs- und Städtebau
FNP
-
Flächennutzungsplan
GbR
-
Gesellschaften bürgerlichen Rechts
GmbH
-
Gesellschaften mit beschränkter Haftung
GWG
-
Gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaft der Stadt Kassel mbH
HWoBindG
-
Hessischen Wohnungsbindungsgesetz
HWoFG
-
Hessischen Wohnraumförderungsgesetz
KEP-Zentren
-
Kommunaler Entwicklungsplan Zentren
KdU
-
Kosten der Unterkunft
ÖPNV
-
Öffentlicher Personennahverkehr
SGB
-
Sozialgesetzbuch
SRK
-
Siedlungsrahmenkonzept
ZRK
-
Zweckverband Raum Kassel
WBS
-
Wohnberechtigungsschein
WE
-
Wohneinheiten
WEG
-
Wohnungseigentümergemeinschaften
WoGG
-
Wohngeldgesetz
Der Stadtentwicklungsplan Wohnen wurde im Rahmen eins Studienprojekts der Universität Kassel erstellt von: Frederik Backhaus, Alexander Derksen, Anna Dunkl, Nils Effner, Bastian Eggers, Iliana Felle, Jelena Fey, Karla Finkeldei, Sandra Garbrecht, Max Grafinger, Patrizia Haggenmüller, Susann Hollbach, Simone Jentsch, Marvin Knabe, Tobias Mann, Lea Mattenklodt, Gabriel Pantygny, Tamara Pedde, Andre Pollok, Jon Rohrbach, Jörg Schrader, Lena Schwarzer, Lukas Wietfeld und Sandra Zimmermann
Unter Leitung von Prof. Dr. Uwe Altrock und Tobias Schäfer
Mit Unterstützung der Documenta Stadt Kassel
Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird im Folgenden nur die männliche Form verwendet. Es sind jedoch alle Geschlechter angesprochen.
Juni 2016
1. Einleitung Bereits seit einigen Jahren ist ein steter Anstieg der Einwohnerzahl Kassels zu verzeichnen, der dazu führt, dass die Wohnraumnachfrage im Stadtgebiet kontinuierlich ansteigt. Die zentrale Lage der Stadt und ihre Rolle als Oberzentrum in Nordhessen verstärken die seit 2011 spürbar steigende Anspannung auf dem Wohnungsmarkt. Neben der erhöhten Nachfrage und Tendenzen zur Reurbanisierung müssen auch qualitative Ansprüche im Zuge von demographischen Veränderungen an den Wohnraum beachtet werden. Die aktuellen Entwicklungen erfordern eine gezielte Auseinandersetzung mit der Thematik durch die Wohnungsmarktpolitik der Stadt Kassel.
Trotz teilweise erforderlichen raschen Handelns in bestimmten Marktsegmenten ist darauf zu achten, nicht lediglich quantitativ Wohnraum zu entwickeln, sondern eine nachhaltige Stadtentwicklung voranzutreiben. Diese beinhaltet primär Maßnahmen der Innenentwicklung in bestehenden Baustrukturen. Insbesondere im Sinne eines breiten Wohnraumportfolios muss eine Stadt wie Kassel darüber hinaus neue Wege finden, um im gesamten Stadtgebiet Wohnraum für alle Zielgruppen zur Verfügung zu stellen. Gerade hinsichtlich bezahlbaren Wohnraums ist eine konstante Nachfrage bei sinkendem Angebot zu erwarten, auf die durch kommunalpolitische Vorgaben bzw. Steuerungsinstrumente reagiert werden sollte. Das vorliegende Dokument bietet eine Grundlage zur Diskussion über die Möglichkeiten und Alternativen der Wohnraum- und Stadtentwicklung in Kassel. Die aufgezeigten Handlungsempfehlungen richten sich jedoch nicht ausschließlich an die Stadtverwaltung und das Baudezernat, sondern an alle auf dem Kasseler Wohnungsmarkt vertretenen Akteure. Deren Kooperation ist entscheidend, um gemeinsam die besten Ergebnisse für die Kasseler Wohnungspolitik und Stadtentwicklung zu erreichen. Um dies zu ermöglichen, enthält das Dokument Empfehlungen zur Organisation der Zusammenarbeit mit verschiedenen Akteuren in der Stadtgesellschaft. Um eine nachhaltige Stadtentwicklung für Kassel zu gewährleisten, sind weitere mittel- bis langfristige Schritte im Wohnungsbau bereits vorzubereiten. Insbesondere in Hinblick auf sich ändernde Rahmenbedingungen sind bereits jetzt Projekte und Prozesse zu initiieren sowie Organisationsstrukturen zu etablieren, welche die zukünftige Entwicklung vorbereiten und steuern können. Dieses Stadtentwicklungskonzept ist entsprechend weiterzuentwickeln, fortzuschreiben und an die Entwicklungen von Demographie und Wohnungsmarkt anzupassen. Auf der Grundlage einer Bevölkerungsprognose der Stadt Kassel wurden in Bezug auf den Wohnungsmarkt drei Szenarien entwickelt: Stabilisierung. Anspannung und Boom. Je nach Entwicklung der Situation richten sich die erarbeiteten Ergebnisse des Stadtentwicklungskonzepts Wohnen nach dem Status der Anspannung auf dem Wohnungsmarkt. Neben den Szenarien wird eine ausführliche Analyse, mit der Entwicklung der Demographie in Kapitel 2 und den Rahmenbedingungen des Wohnungsmarktes in Kapitel 3 dargestellt. Wie auch die bisherige Stadtentwicklungspolitik folgt dieses Dokument dem Leitsatz „Innenvor Außenentwicklung.“ In der Bearbeitung werden Wohnungsbaupotentiale im gesamten Stadtgebiet identifiziert, kartiert und bewertet. Aus dieser Analyse wird eine Gesamtzahl möglicher Neubauflächen im Innenraum ermittelt. Diese Gesamtzahl ist jedoch zunächst ein rein theoretischer Wert, der ein im extremen Ausnahmefall realisierbares
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Maximum an innerstädtischen Wohnraumeinheiten angibt. Es ist deshalb besonders zu berücksichtigen, dass nur für einen besonders gut geeigneten Teil der Potentiale eine kurz- oder mittelfristige Realisierung empfohlen wird. Für diese Einschätzung wurde ein Bewertungssystem entwickelt, das Wohnattraktivität, Mobilisierbarkeit und den Wert der Potentiale für die Stadtentwicklung berücksichtigt. Die Auseinandersetzung mit Potentialen in Kassel wird in Kapitel 4 dargestellt. Maßgeblich für alle Empfehlungen ist die vorherrschende Situation auf dem Wohnungsmarkt. Bei moderater Entwicklung sind Nachverdichtungsmaßnahmen ausdrücklich behutsam und nur nach Bedarf durchzuführen. Bei rasant steigender Nachfrage bietet die Studie allerdings umfangreiche Rücklagen an Potentialen. Basierend auf verschiedenen Analysen wurden in Kapitel 5 Leitlinien für die Wohnungspolitik erarbeitet und in fünf Themenfelder (Nachfrageorientierte Wohnraumentwicklung, räumliche Ausprägung der Wohnraumentwicklung, bezahlbares Wohnen, soziale Mischung und Gerechtigkeit sowie Klimaschutz in der Wohnraumentwicklung) gegliedert. In Kapitel 6 werden die erarbeiteten Handlungsansätze in Bezug auf die individuelle Situation in Kassel bezogen. Der Einsatz von verschiedenen Instrumenten und Vorschläge zur Nutzung von Potentialen werden nach den entwickelten drei Szenarien der Anspannung auf dem Wohnungsmarkt dargestellt. Der vorliegende Bericht stützt sich auf ein Studienprojekt im Masterstudiengang „Stadt- und Regionalplanung“, das im Wintersemester 2015/16 an der Universität Kassel unter der Leitung von Uwe Altrock und Tobias Schäfer durchgeführt wurde. Zwar wurde versucht, alle Angaben möglichst aktuell zu halten, doch können im Einzelfall kleinere Ungenauigkeiten nicht völlig vermieden werden. Da die zugrunde liegenden Analysen Ende 2015 / Anfang 2016 durchgeführt wurden, können inzwischen beispielsweise einzelne Potentialflächen bebaut worden sein. Für die Analyse standen leider keinerlei Eigentümerangaben und nur in sehr eingeschränktem Maße Informationen über denkmalgeschützte Gebäude zur Verfügung. Daher sind für einzelne Flächen ggf. auch hierdurch die Eignungsbewertungen der Potentialuntersuchung zu relativieren. Die Veranstalter und die Teilnehmer des Studienprojekts hoffen, dass der vorliegende Bericht Anregungen für die Weiterentwicklung der Wohnungs- und Stadtentwicklungspolitik geben kann und danken allen Personen, die das Zustandekommen dieses Berichts durch die Bereitstellung wertvoller Informationen unterstützt haben. Insbesondere danken wir (alphabetische Reihenfolge): Jürgen Bluhm, Anita Bodenbach, Heiko Büsscher, Uwe Flotho, Andreas Hannig, Jens Herzbruch, Willi Hilfer, Christian Kopetzki, Ingrid Könen, Peter Ley, Ingrid Lübke, Ralf Malz, Karl Meister, Volker Mohr, Christof Nolda, Manuela Nutz, Thomas Pristl, Siegfried Putz, Sabine Schaub, Torben Schmitt, Birgit Schwarze, Annette Spielmeyer, Christian Wedler
2. Hintergrund zur Wohnungsmarkt- und Bevölkerungsentwicklung Der Magistrat der Stadt Kassel veröffentlichte im Jahr 2014 eine Prognose zur Bevölkerung der Stadt Kassel bis zum Jahr 2040. Mit dieser Vorausberechnung sollten keine konkreten Voraussagen getroffen werden, sondern ein oder mehrere allgemeine, mögliche Trends aufgezeigt werden. Bevölkerungsprognosen unterliegen einem ständigen Monitoring, sodass nach mehreren Jahren für die weitere Entwicklung ausschlaggebende Ereignisse miteinbezogen werden können und die Prognose dementsprechend angepasst werden kann.1 Um die Wohnungsmarkt- und Bevölkerungsentwicklung in späteren Analysen dieses Konzepts einschätzen zu können, wurden weitere Faktoren und Entwicklungen betrachtet. Die offizielle Prognose der Stadt wurde revidiert und in Form von drei verschiedenen Szenarien, die die zukünftige Bevölkerungs- und die daraus resultierende Wohnungsmarktentwicklung beschreiben, aufgestellt. Die unterschiedlichen Szenarien dienen unterschiedlichen Handlungsstrategien seitens der Stadtverwaltung.
2.1 Offizielle Bevölkerungsprognose der Stadt Kassel Die Hochrechnung der Stadt Kassel basiert auf Daten eines vorprogrammierten Instruments (SIKURS=Statistisches Informationssystem kleinräumiger Umlegung einer Regionalen BevölkerungsStruktur), das sich auf die natürliche Bevölkerungsentwicklung, Geburten und Sterbefälle sowie auf die Zu- und Wegzüge in der Stadt Kassel in den letzten Jahren stützt2. Grundlage der Prognose waren die Bevölkerungsstatistiken zum 31. Dezember 2012 über die mit Hauptwohnsitz in Kassel gemeldeten Personen3. Es werden somit lediglich „harte“ Faktoren, also eindeutige statistische Werte, in die Bevölkerungsprognose miteinbezogen. Weiche Faktoren, wie aktuelle oder zukünftig mögliche und somit meist schwer vorhersehbare gesellschaftliche Entwicklungen, wurden nicht berücksichtigt. Abb. 001: (vorherige Seite) Süsterfeld(eigenes Foto)
Geburten und Sterbefälle Da sich das Reproduktionsverhalten und die Sterbewahrscheinlichkeit statistisch nicht stark ändern, kann die Entwicklung der Geburten und Sterbefälle relativ zuverlässig vorausgeschätzt werden. Des Weiteren sind die Anteile der meisten verschiedenen Altersgruppen in den nächsten Jahren aufgrund ihres aktuellen Alters ebenfalls absehbar. In der Bevölkerungsprognose für die Stadt Kassel sind diese Daten als kleinräumige Darstellung für jeden einzelnen Stadtteil enthalten und basieren auf einer Extrapolation des tatsächlichen Datenbestands aus den Jahren 2007 bis 20134. Zuzüge und Wegzüge Die Zahl der Zuzüge und Wegzüge ist aufgrund einiger zusätzlicher lokaler Faktoren als wesentlich unsicherer zu betrachten. Die zahlreichen Gesichtspunkte, die innerhalb der Kasseler Bevölkerungsprognosen dazu berücksichtigt werden mussten, zeigen ebenfalls die Komplexität dieses Aspekts. Basis für die Stadt Kassel waren die tatsächlichen Zahlen der Zu- und Wegzüge aus den Jahren 2007 bis 2013. Als erste allgemein getroffene Annahme galt eine langfristige Bevölkerungsabnahme, die in der gesamten Bundesrepublik Deutschland zu erwarten war. Aus dieser Annahme resultierte die für Kassel festgelegte jährliche Anzahl an Zuzügen. Anderenfalls würde durch die positive Entwicklung der Zuzüge nach Kassel in den letzten Jahren eine Bevölkerungszunahme prognostiziert werden.5 Bei den geplanten Neubaugebieten wurde damit gerechnet, dass rund 40 % der Neubaubezieher nicht aus Kassel kommen. Des Weiteren wurde die Binnenwanderung zwischen den Stadtteilen miteinbezogen. Damit rechnerisch nicht endlos Zuzüge in einen Stadtteil möglich sind, wurde mit Hilfe der Daten aus der Gebäudeund Wohnungszählung des Zensus 2011 eine Einwohnerobergrenze für die Stadtteile entwickelt. Zuletzt wurden am Anfang jedes berechneten Jahres die „demografischen Sondergruppen”, also Bewohner von Alten- oder Studierendenheimen, in denen die Altersstruktur sich nicht ändert, vom gesamten Bestand abgezogen und am Ende der Berechnungen wieder addiert.6
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Zusammenfassung der Ergebnisse Aufgrund dieser Methodik wurden für das endgültige Ergebnis der Prognose zwei Varianten als obere und untere ausgewählt7. In der oberen Variante steigt die Gesamteinwohnerzahl Kassels erstmals 2017 über 200.000 Einwohner und sinkt 2026 wieder darunter. Im Jahr 2040 würde Kassel demnach 186.922 Einwohner zählen.8 Die Anteile der Altersgruppen 0 bis 17 Jahre und 18 bis 24 Jahre würden bis 2040 um weniger als 1 % sinken. Der Anteil der 25- bis 64-Jährigen würde allerdings um 2,6 % sinken und der Anteil der ab 65-Jährigen hingegen um 3,9 % steigen.9 Des Weiteren zeigt sich, dass außer in den Stadtteilen Unterneustadt, Wehlheiden, Philippinenhof/Warteberg und Jungfernkopf die Einwohnerzahl bis 2040 sinkt. In diesen Stadtteilen steigt sie leicht um bis zu 1,5 %.10 In den Jahren 2014 bis 2040 wird der Einwohnerbestand in Kassel rechnerisch 4,1 Mal ausgetauscht werden; in den Stadtteilen NordHolland, Wesertor und Unterneustadt sogar bis zu 6,9 Mal11. In der unteren Variante steigt die Gesamteinwohnerzahl Kassels ebenfalls 2017 erstmals über 200.000 Einwohner, sinkt jedoch bereits 2022 wieder darunter. Im Jahr 2040 würden demnach 180.589 Personen in Kassel leben.12 Der Anteil der 0- bis 17-Jährigen würde bis 2040 gleichermaßen um weniger als 1 % sinken. Der Anteil der 18- bis 24-Jährigen würde bis 2040 um exakt 1 %, der Anteil der 25- bis 64-Jährigen um 2,9 % sinken. Der Anteil der ab 65-Jährigen würde wiederum um 4,5 % steigen.13 Im Gegensatz zur oberen Variante nimmt die Bevölkerung in der unteren Variante bis 2040 in jedem Stadtteil ab14. Ähnlich ist hingegen, dass in den Jahren 2014 bis 2040 der Einwohnerbestand in Kassel rechnerisch vier Mal ausgetauscht wird; in den Stadtteilen NordHolland, Wesertor und Unterneustadt sogar bis zu 6,7 Mal.15 Die zusammenfassende Aussage der Bevölkerungsprognose für die Stadt Kassel ist, dass die Bevölkerung nach einem kurzen Anstieg bis auf 201.000 Einwohner etwa ab dem Jahr 2020 wieder sinkt, und zwar bis 2040 auf rund 183.000 Einwohner. Insbesondere der Anteil der über 60-Jährigen steigt, und die Stadtteile Nord-Holland, Wesertor und Unterneustadt sind weiterhin von einem häufigen Einwohneraustausch betroffen.
Endnoten: 1
vgl. Stadt Kassel 2014a: 3 2
vgl. ebd.: 3 f.
4
vgl. ebd.: 3 f.
3
5
vgl. ebd.: 3 vgl. ebd.: 5 6
7
vgl. ebd.
vgl. ebd.: 6
8
vgl. ebd.: 10
9
vgl. ebd.: 11
10
vgl. ebd.: 22
11
vgl. ebd.: 27
12
vgl. ebd.: 16
13
vgl. ebd.: 17
14
vgl. ebd.: 29
15
vgl. ebd.: 33
2.2 Modifikation der offiziellen Bevölkerungsprognose der Stadt Kassel Der Stadtentwicklungsplan Wohnen für die Stadt Kassel nimmt diese Bevölkerungsprognose als Grundlage, verfeinert sie aber weiter. Neben der rein quantitativen Hochrechnung aus dem statistischen Zustand ist es das Ziel weitere Faktoren in unsere Prognose zur Entwicklung auf dem Wohnungsmarkt einfließen zu lassen. Dabei handelt es sich sowohl um bundesweite gesellschaftliche Entwicklungen als auch um lokalspezifische Entwicklungen im Raum Kassel. 2.2.1 Haushalts- und Wohnungsgrößen Entscheidend für den Wohnungsmarkt und die Wohnraumentwicklung sind neben der Bevölkerungszahl die Wohnpräferenzen der Bewohner. Die durchschnittliche Personenanzahl pro Haushalt und die Wohnflächengröße bestimmen die Wohnungsnachfrage. Gesamtgesellschaftliche Trends wie diese werden meist nicht auf kommunaler, sondern auf bundes- oder landesweiter Ebene erhoben. Im Folgenden werden diese gesamtdeutschen und hessenweit erwarteten Entwicklungen bezüglich der Haushalts- und Wohnungsgröße dargestellt. Anschließend werden die genannten Kennwerte auf der Ebene Kassels angewandt. Haushalte werden hierbei als Wirtschaftsgemeinschaften definiert. Situation in Deutschland Die Raumordnungsprognose des BBSR prognostiziert, dass die Bevölkerungszahl in Privathaushalten in Deutschland bis 2035 um 3 % sinken wird, während die Anzahl der Haushalte um 2 % zunimmt1. Das stellt einen Zuwachs der Haushaltszahlen um 500.000 zwischen 2015 und 2030 dar2. Das Phänomen des ungleichen Anstiegs der Haushalts- und Bevölkerungszahlen bestand bereits in der Vergangenheit: Zwischen 1990 und 2015 ist die Anzahl der Haushalte um 12 % angestiegen, während das Bevölkerungswachstum lediglich 1 % betrug3. Die stagnierende oder schrumpfende Bevölkerungszahl verteilt sich auf eine größere Anzahl an Haushalten; die Haushaltsgröße nimmt ab4. Anzumerken ist, dass aus den Einwohnerdaten zwar die Bevölkerungszahl ermittelt wird, jedoch nicht unmittelbar auf die Anzahl der Haushalte geschlossen werden kann5. Städte setzen dazu unterschiedliche Hochrechnungsverfahren zu deren Ermittlung ein6. Trotz erwartetem Bevölkerungsrückgang wird die Wohnungsnachfrage im Bundesgebiet bis 2025 steigen, da sie durch die Zahl der Haushalte bestimmt wird. Zwischen 2015 und 2020 wird die Zahl der Haushalte um 0,2 % pro Jahr ansteigen, ab 2021 um 0,1 % pro Jahr. Der Höchstwert von ca. 41,5 Mio. Haushalten wird für das Jahr 2025 prognostiziert. Zwischen 2026 und 2030 wird ein jährlicher Rückgang der Haushaltszahl
19
von −0,1 % vorhergesagt.7 Bis 2030 wird die Erhöhung der Wohnflächennachfrage aller Haushalte um rund 7 % auf ca. 3,5 Mrd. m2 im Jahr prognostiziert. Die höhere Nachfrage begründet sich neben der Zunahme der Haushaltszahl durch den Zuwachs der Zahl der Eigentümerhaushalte (+ 16,2 %). Die Wohnflächennachfrage der Mieter ist insgesamt (mit Ausnahme von Großstädten) rückläufig (-4,9 %).8 Die Veränderung der Haushaltszahlen steht im Zusammenhang zu gesellschaftlichen Faktoren9 und Lebensformen, die wiederum die Haushaltsgrößen beeinflussen10. Die Zahl alleinlebender Menschen ist zwischen 1992 und 2009 von 12 Mio. auf 16 Mio. angestiegen11. Die Zunahme der Zahl kleiner Haushalte (ein bis zwei Personen) hat seine Gründe in der Zunahme der Zahl an alleinstehenden Personen in Alter, der zunehmenden Zahl von Partnerschaften mit separaten Wohnungen und hoher beruflicher Mobilität (Zweitwohnungen etc.)12. Auch künftig wird die Zahl größerer Haushalte mit mindestens drei Haushaltsmitgliedern abnehmen. Die geburtenstarken Jahrgänge der 1960er kommen in das Alter ab 60 Jahren, wodurch die Zahl der älteren Haushalte bis 2030 um ein knappes Viertel zunehmen wird. Dementsprechend wird auch der Anteil der Ein- und Zweipersonenhaushalte mit einem Bewohneralter zwischen 45 und 60 voraussichtlich auf 7,8 % sinken, der zur Zeit durch die geburtenstarken 1960er-Jahrgänge noch 10,6 % beträgt.13 Die veränderten Haushaltsstrukturen sind ein wesentlicher Faktor für die weiterhin ansteigenden Wohnflächenbedürfnisse pro Person14. Das BBSR prognostiziert für 2030 eine Pro-Kopf-Wohnfläche von ca. 47 m2 15 . Die durchschnittliche Wohnfläche pro Kopf steigt dabei annähernd kontinuierlich mit zunehmendem Lebensalter. 65-Jährige leben im Schnitt auf 55 m2 und Frauen um 85 Jahre auf fast 70 m2 16. Durch Zunahme der Anzahl an Senioren steigt die Zahl an Menschen, die eine längere Zeit in Wohnungen leben, in welchen einst ihre Familie gelebt hat17. Neben den veränderten Haushaltsstrukturen wurde die steigende Pro-Kopf-Wohnfläche durch den steigenden Wohnraumanspruch beeinflusst18. Zunehmender Wohlstand und die Zunahme der Zahl von Zweitwohnungen prägten den Wohnflächenanstieg in der Vergangenheit19. Die Wohnfläche einer Wohnung ist im Allgemeinen umso geringer, je mehr Wohnungen sich in einem Gebäude befinden20. Der Bau von Einfamilienhäusern trägt insofern wesentlich zu einer steigenden Wohnflächeninanspruchnahme bei21. Die Pro-Kopf-Wohnfläche wird sich je Haushaltstyp unterschiedlich entwickeln: In Eigentümerhaushalten wird sie um jeweils 5 m2 und in Mieterhaushalten um 3 m2 steigen22. Situation in Hessen Das Institut für Wohnen und Umwelt prognostiziert für das Land Hessen einen Anstieg der Anzahl von Haushalten auf 3,09 Mio. im Jahr 203023. Im Jahr 2014 lag die Anzahl bei 2,94 Mio.24. Die Prognose stützt sich auf Bevölkerungsvorausschätzungen des Landes. Regional differenziert bedeutet das für den Regierungsbezirk Darmstadt eine prognostizierte dauerhafte Zunahme der Haushaltszahlen bis 2030 und für die Regierungsbezirke Gießen und Kassel eine Zunahme bis 2020 sowie einen Rückgang der Haushaltszahlen im Zeitraum 2020-203025. Kommunal wird in Nordhessen lediglich für Stadt und Landkreis Kassel eine Zunahme prognostiziert.
20
Ein- und Zweipersonenhaushalte werden auch künftig in Hessen die häufigsten Haushaltsgrößen darstellen. Zwischen 2006 und 2030 steige der Anteil der Einpersonenhaushalte von 37,2 % auf 39,9 %. Die Quote der Zweipersonenhaushalte werde noch deutlicher von 34,5 % auf 40,0 % ansteigen. Der Anteil der Drei- und Vierpersonenhaushalte werde jeweils um ca. 3,5 % auf 10,1 % bzw. 7,3 % sinken. Lediglich 2,7 % der Haushalte werden Haushaltsgrößen von 5 und mehr Personen ausmachen. Für den Regierungsbezirk Kassel werden ähnliche Werte erwartet; der deutlichste Unterschied besteht bei dem Anteil an
Abb. 002: Prognose der Haushaltsgrößen in Hessen 2030 (IWU 2009: 18)
Haushaltsgröße Anzahl Anteil
1 Person
2 Personen
3 Personen
4 Personen 5 Personen
1.232.502
1.235.665
311.552
224.240
84.898
39,9 %
40,0 %
10,1 %
7,3 %
2,7 %
Einpersonenhaushalten mit 36,9 %.26 Die vorhergesehenen Werte für das Jahr wurden bis auf die Zahl für Einpersonenhaushalte bereits überholt. 2014 existierten in Hessen 1.159.000 Einpersonenhaushalte, 992.000 Zweipersonenhaushalte, 384.000 Dreipersonenhaushalte, 302.000 Vierpersonenhaushalte und 106.000 Haushalte mit 5 oder mehr Personen27. Die durchschnittliche Wohnungsgröße in Hessen betrug 2,06 Personen pro Haushalt28. Situation in Kassel Im Auftrag des Hessischen Ministeriums für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung hat das Institut für Wohnen und Umwelt eine Wohnungsbedarfsprognose auf Ebene des Landes, der Regierungsbezirke und Kreise sowie kreisfreien Städte Hessens für die Jahre 2010, 2020 und 2030 erstellt. Die Prognose wurde 2009 veröffentlicht und stützt sich auf Bevölkerungsdaten von 2000 bis 2007. Kleinräumlich ist diese Untersuchung jedoch die aktuellste, die zur Verfügung steht. 2009 wurde für die Stadt Kassel ein Anstieg der Haushaltszahlen auf 105.094 bis 2020 und ein Rückgang auf 104.682 Haushalte bis 2030 prognostiziert29. Jedoch erreichten die Haushalte in Kassel bereits 2014 eine Anzahl von 106.45930.
Abb. 003: Allgemeine Wohnungsversorgungs-Zielquote (eigene Darstellung nach o.A. o.J.: 3)
Ausgangswert (normativ)
1,0000
Untermieterverhältnisse
- 2,30 %
Zweitwohnungsanteil
+ 3,60 %
Fluktuationsreserve
+ 2,50 %
Ergebnis
1,0380
Grundsätzlich benötigt ein Haushalt eine Wohnung. Allerdings wird das Verhältnis von drei weiteren Faktoren beeinflusst: Haushalte ohne eigene Wohnung (meist Untermieter), Zweitwohnungen und einem benötigten Leerstandsanteil als Fluktuationsreserve31. Für alle drei Faktoren wird mit einem bestimmten Prozentansatz gerechnet32. Als Ergebnis ergibt sich, dass pro Haushalt rechnerisch gesehen 1,0308 Wohnungen für eine angemessene Wohnraumversorgung nötig sind (s. Abb. 003). Die Multiplikation der prognostizierten Haushalte mit diesem Faktor ergibt den tatsächlichen Bedarf an Wohnungen. Ein vierter Faktor ist die Form der Wohngemeinschaften, die in der aufgeführten Berechnung nicht berücksichtigt wurden. Bei den vom IWU prognostizierten Haushaltszahlen von ca. 105.000 für das Jahr 202033 ergibt das einen Bedarf von 108.990 Wohnungen. 2011 waren 107.041 Wohnungen in Kassel vorhanden34. In Großstädten wird zwei Drittel des Neubaus im Bereich des Geschosswohnungsbaus abgewickelt werden35. Zwischen 2015 und 2020 wird
21
pauschal von einem jährlichen Bedarf von 21 Wohnungen pro 10.000 Einwohner gesprochen36. Für Kassel würde dies bei einer Bevölkerung von ca. 192.000 einen Bedarf von 400 neu gebauten Geschosswohnungen pro Jahr und insgesamt einen Neubedarf an 2.000 Wohnungen zwischen 2015 und 2020 bedeuten. Das Institut Wohnen und Umwelt prognostiziert einen Anstieg der Zahl von Einfamilienhaushalten in Kassel im Jahr 2030 auf 47,8 % und von Zweifamilienhaushalten auf 35,9 %. Der Anteil größerer Haushalte (drei, vier sowie fünf und mehr Personen) wird laut dieser Prognose auf 9,0 %, 5,9 % und 1,5 % sinken.37 Das Statistische Bundesamt berechnet für das Jahr 2030 eine durchschnittliche Haushaltsgröße von 1,88 Personen38. Für den Zeitraum wird die Einwohnerzahl Kassels auf ca. 194.700 bis 201.700 geschätzt (obere bzw. untere Prognose)39, woraus sich ein Bedarf zwischen 103.000 und 107.300 Wohnungen ergibt. Die Zahl der vorhandenen Wohnungen in Kassel lag mit 107.041 im Jahr 2011 knapp unterhalb dieses Höchstwertes40. Die offizielle Bevölkerungsprognose der Stadt Kassel aus dem Jahr 2014 wird im Zuge dieses Konzeptes jedoch revidiert (s. Kapitel 2.3 Fazit und Entwicklungsszenarien). Begründet wird dies aufgrund der untersuchten weichen Faktoren sowie dem deutlichen Bevölkerungswachstum der nahen Vergangenheit. Die Prognose ging für das Jahr 2015 von ca. 199.250 Einwohnern in Kassel aus41, tatsächlich stiegen die Bevölkerungszahlen in dem Jahr auf ca. 200.30042. Zudem liegt die durchschnittliche Haushaltsgröße Kassels mit 1,85 Personen43 bereits 2015 unter dem bundesweitem Durchschnitt für 2030 und wird den Statistiken zufolge weiter sinken. Aufgrund dieser Faktoren ist davon auszugehen, dass in den nächsten 20 Jahren ein Bedarf an neuem Wohnraum weiter bestehen wird. Nach den aufgezeigten Prognosen und Rechnungswegen (Wohnbedarfsprognose für Hessen aus dem Jahr 2009, der allgemeinen Wohnversorgungs-Zielquote pro Haushalt, dem allgemeinen Bedarf an Neubauten in Großstädten und der bundesweiten durchschnittlichen Wohnungsgröße) ist rein rechnerisch betrachtet die künftig benötigte Anzahl in Kassel bereits annähernd vorhanden bzw. übertrifft das Angebot bereits überholte Prognosen. Allerdings entspricht das vorhandene Wohnungsangebot nicht den künftig nachgefragten Wohnungsgrößen. Wird von einer durchschnittlichen Wohnungsgröße von ein bis zwei Zimmern von Einpersonenhaushalten ausgegangen, wird ein deutliches theoretisches Wohnraumdefizit bestehen. So sind für die 50.000 prognostizierten Einpersonenhaushalte im Jahr 203044 aktuell lediglich 5.039 Ein- und 14.856 Zweizimmerappartements vorhanden (s. Abb. 004 und 005). Nicht betrachtet werden dabei die scheinbar große Zahl an Ein- und Zweipersonenhaushalten, die in größeren Wohnungsgröße
Abb. 004: Gegenwärtige Wohnungsgrößen in Kassel (Stadt Kassel 2014b: 19 und Stadt Kassel 2015b: 37)
Abb. 005: Prognostizierte Haushaltsgrößen in 2030 (IWU 2009: 69 ff.)
1 Zimmer
2 Zimmer
3 Zimmer
4 Zimmer
5 Zimmer
6 Zimmer
7+ Zimmer
Anzahl
5.039
14.856
30.492
29.153
29.153
6.454
6.383
Anteil
4,8 %
13,9 %
28,3 %
27,4 %
12,7 %
6,3 %
6,6 %
Haushaltsgröße
1 Person
2 Personen
3 Personen
4 Personen
5 Personen
Anzahl
50.018
37.582
9.406
6.088
1.588
Anteil
47,5 %
34,7 %
9,8 %
6,3 %
1,6 %
22
Wohnungen und Häusern leben. Zusätzlich werden jedoch stetig Wohnungen durch Abriss, Umwidmung oder Zusammenlegung dem Markt entzogen, deren Zahl entsprechend zu ersetzen ist. Die Prognose zur Entwicklung der Haushaltsgrößen ist als zu negativ eingeschätzt zu bewerten. Die prognostizierten Haushaltszahlen überstiegen bereits 2015 die Werte für 2030. So leben in Kassel 54.653 Einpersonenhaushalte, 28.760 Zweipersonenhaushalte, 12.101 Dreipersonenhaushalte und 10.945 Haushalte mit vier oder mehr Personen45. Umso deutlicher wird der Bedarf an kleineren Wohnungen. 2011 betrug die durchschnittliche Wohnungsgröße in Kassel 78,3 m2 46. Die durchschnittliche Wohnfläche pro Person lag 2014 in Kassel bei 42,04 m2 47. 2.2.2 Lebensstile Die Bevölkerungsstruktur der Stadt Kassel bildet sich in unterschiedlichen Milieus ab. Dabei können die Wertvorstellungen, die soziale Lage und der Lebensstil prägende Faktoren für die einzelnen Milieus darstellen. Mit den jeweiligen Lebensstilen gehen auch unterschiedliche Wohnstile und unter anderem andere Lebenseinstellungen einher. Durch die Abgrenzungen im Bereich des Einkommens, Bildungsniveaus sowie der beruflichen Stellung, aber auch der Wertevorstellungen, ergeben sich unterschiedliche Lebensstile. Diese sind nicht nur an die harten Faktoren der Milieus gebunden, sondern zeichnen sich in der unterschiedlichen Lebensführung und der Identitätsbildung ab. Sie verbinden soziale Milieus durch kulturelle Werte und die eigenständige Wahl der gesellschaftlichen Rahmenbedingungen. Durch diese Ausdifferenzierung der Lebensstile kann keine zutreffende Prognose erstellt werden, welchem Lebensstil die Haushalte in Kassel zugerechnet werden können. Es ist jedoch deutlich, dass familiäre Lebensstile nach wie vor vertreten sind. Bei diesen gibt es jedoch aufgrund der unterschiedlichen Milieus auch verschiedenen Anforderungen an das Wohnen. So kann sich der Bedarf von einer kleinen Wohnung in der Nähe eines Parks bis hin zum Traum vom Eigenheim auf der grünen Wiese unterscheiden. Welchen Wohnraum diese Gruppe für ihren Lebensstil benötigt oder bevorzugt, hängt auch von den unterschiedlichen Vorstellungen ab. Die klassische Familie im Einfamilienhaus ist längst nicht mehr aktuell und wird durch andere Wohnvorlieben abgelöst.48 Da in Kassel seit den 1950er Jahren vermehrt Einfamilienhausgebiete geplant und gebaut wurden, gibt es wenige andere Möglichkeiten für Familien, im Eigentum zu leben oder zur Miete zu wohnen. Neben der Typologie der Einfamilienhäuser könnten in Zukunft auch Stadthäuser mit Garten für Familien attraktiv sein, die nicht am Rand der Stadt, sondern in urbanen Quartieren liegen. Neben den familiären Lebensstilen geht der Trend zu Ein-PersonenHaushalten. Diese sind ebenfalls in allen sozialen Milieus vertreten. Dabei kann es sich um alte alleinlebende Menschen, Studierende, Wohngeldempfänger und Alleinstehende handeln, die kleine und häufig auch zentral gelegene Wohnungen suchen. Jedoch können die Lebensstile der einzelnen Personen ebenfalls unterschiedlich ausfallen, wodurch sie auch andere Wohnstile verfolgen.49 Eine weitere prägende Veränderung der Lebensstile spiegelt sich in der Trennungsbereitschaft von Paaren wieder. Alleinerziehende, die
23
nicht in den Einfamilienhäusern leben können oder möchten, leben häufi g in Zentren und geraten auf dem Wohnungsmarkt so in Konfl ikt mit Paarhaushalten, die ähnliche Wohnungstypen bevorzugen.50 Abschließend lässt sich festhalten, dass die Veränderung der Lebensstile auch eine deutliche Auswirkung auf die Wohnformen genommen hat. Andere Typologien werden für verschiedene Nutzergruppen attraktiv. Die Bedürfnisse und Wünsche der Bewohner müssen eine Anpassung erfahren, je nachdem, ob sie in Stadthäusern, Wohnungen oder im Einfamilienhaus leben möchten. Die Veränderung der Lebensstile wirkt sich außerdem auf dem Wohnungsmarkt aus, da die oben genannten Veränderungen der Haushaltsgrößen und Formen mit der Nachfrage auf dem Wohnungsmarkt eng verbunden sind. In Zukunft werden sich diese Veränderungen der Bedürfnisse deutlicher zeigen. Hierfür muss das derzeitige Wohnungsangebot im Bereich der fl exiblen Wohnungen, Singlewohnen sowie zentraler barrierefreier Wohnraum für ältere Personen ergänzt werden. Für diese differenzierten Wohnbedürfnisse könnte punktueller Neubau den Bestand um spezielle Wohntypen erweitern. Die Sinus-Milieus geben wichtige Hinweise darauf, wie in Zukunft gewohnt werden möchte. Die Abbildung zeigt die verschiedenen Milieutypen (s. Abb. 006). Diese unterscheiden sich zum einen in der Grundorientierung und der sozialen Lage und zum anderen auch in den unterschiedlichen Wohnvorlieben. Dem Konservativ-Etablierte-Milieu sind 10 % der Bevölkerung zuzuordnen. Diese Menschen bevorzugen beispielsweise gehobene Lagen am Stadtrand und das Wohnen in Ein- bis Zweifamilienhäusern. Im Hinblick auf das Alter wird bei diesen in Zukunft das Thema des altersgerechten
Liberalinterllektuelles Milieu 7%
Oberschicht/ Obere Mittelschicht Konservativetabliertes Milieu 10 %
Sozialökologisches Milieu 7% Mittlere Mittelschicht
Abb. 006: Sinus-Milieus (SINUS Markt- und Sozialforschung GmbH 2015: 14)
Milieu der Performer 7% Expeditives Milieu 6%
Adaptivpragmatisches Milieu 9%
Bürgerliche Mitte 14 % Traditionelles Milieu 15 % Hedonistisches Milieu 15 %
Untere Mittelschicht/ Unterschicht
Soziale Lage
Grundorientierung
Prekäres Milieu 9%
Traditionsverwurzelung „Festhalten“
Modernisierte Tradition „Bewahren“
Tradition
Lebensstandard, Status, Besitz „Haben und Genießen“
Selbstverwirklichung, Emanzipation, Authetizität „Sein und Verändern“
Modernisierung/Individualisierung
Multioptionalität, Beschleunigung, Pragmatismus „Machen und Erleben“
Exploration, Refokussierung, neue Synthesen „Grenzen überwinden“
Neuorientierung
24
Wohnens an Bedeutung gewinnen, was zu einer Veränderung der Nachfrage führen kann. Das Liberal-Intellektuelle-Milieu bevorzugt ähnlich wie das Konservativ-Etablierte-Milieu gehobene attraktive Lagen am Stadtrand oder innenstadtnahe Lagen, sofern sie den Ansprüchen entsprechen. Ein Beispiel wären gründerzeitliche Wohnquartiere. Sie nehmen einen Anteil von 7 % der Bevölkerung ein. Ebenfalls mit 7 % ist das Milieu der Performer vertreten; diese bevorzugen vor allem attraktive Lagen oder „In-Quartiere“ in der Stadt. Der Altersdurchschnitt dieses Milieus liegt zwischen 18 und 45 Jahren. Durch Familiengründungen wechseln viele daraufhin den Wohnort an den Stadtrand in Ein- und Zweifamilienhäuser. Eine ähnliche Vorliebe hat das Milieu der bürgerlichen Mitte. Dazu gehören ca. 13 % der Bevölkerung; sie leben vorwiegend in Ein- und Zweifamilienhäusern am Stadtrand und bevorzugen das Eigentum. Ein weiteres Milieu ist das adaptiv-pragmatische Milieu. Im Gegensatz zur bürgerlichen Mitte bevorzugen diese Personen nicht den Stadtrand, sondern eine kleinteilige Bebauungsstruktur. Diese sollte vor allem urban gelegen sein, kann aber auch suburbaner liegen. Der Altersdurchschnitt liegt unter 45 Jahren; dies spricht dafür, dass dieses Milieu in Zukunft anwachsen wird (zurzeit 10 %).51 Das sozialökologische Milieu bevorzugt bei den Wohnlagen vor allem Vororte und periphere Lagen, bei denen das Preis-Leistungs-Verhältnis stimmt. Das traditionelle Milieu wohnt häufig in einfacher Lage am Rand der Stadt; bei diesem Milieu ist durch den demografischen Wandel in Zukunft ein Rückgang von 50 % zu verzeichnen, da der Altersdurchschnitt bei über 65 Jahren liegt. Der Altersschwerpunkt beim prekären Milieu liegt bei 45 bis 64 Jahren, und die Vertreter wohnen vorwiegend innenstadtnah. Dieses Milieu lebt häufig in Mehrfamilienhäusern (Blockrandbebauung oder Zeilenbau), die vor allem preiswert oder gefördert sein sollten. Das Milieu der Konsum-Hedonisten wohnt in einem ähnlichen Umfeld wie das prekäre Milieu. Im Gegensatz zum prekären Milieu geben die Konsum-Hedonisten für das Wohnen wenig Geld aus, jedoch spielen Konsumgüter eine vorrangige Bedeutung. Das Milieu der Expeditiven spielt genauso wie das Milieu der Performer in Zukunft eine zentrale Rolle. Dieses Milieu zeichnet sich durch die Wahl einer vorzugsweisen „hippen“ Lage aus, die zentral ist und vorrangig Blockrand-Bebauung oder Altbauten aufweist. Die Menschen des jungen Milieus sind flexibel, und mit ihnen steigt auch der Anteil moderner Wohnformen. Die Experimentalisten sind den Expeditiven hinsichtlich des Wohnprofils sehr ähnlich. Sie bevorzugen auch „angesagte“ Quartiere, sind jedoch wie die Expeditiven in den finanziellen Mitteln begrenzt und weichen daher auch auf andere Wohnquartiere aus.52 In Kassel werden vorrangig periphere Quartiere gebaut, die beispielsweise das Milieu der bürgerlichen Mitte sucht. Betrachte man die einzelnen Milieus differenziert, fällt jedoch auf, dass in Zukunft die Milieus wachsen, die in urbanen Quartieren leben oder leben möchten. Diese Quartiere sollte man in Kassel deshalb in Zukunft verstärkt fördern. Das Milieu der Performer wechselt beispielswiese in einigen Fällen auch an den Stadtrand in Ein- und Zweifamilienhäuser, da keine angemessenen Wohnungen in innerstädtischen Quartieren vorhanden sind. Durch demografisch bedingte Schrumpfung sind zusätzlich Milieus betroffen, die ebenfalls den Stadtrand bevorzugen, jedoch in Mehrfamilienhäusern leben. Aus diesem Grund sollten in diesen Lagen keine weiteren Wohnungen entstehen, da es in Zukunft möglicherweise keine Nachfrage dafür gibt. Nachfrage im Bereich der Wohnformen wird in Zukunft vom adaptiv-pragmatischen Milieu ausgehen. Deshalb sollten vor allem kleinteiligere Quartiere, die innenstadtnah sind, gefördert
25
und gebaut werden. 2.2.3 Weiche Faktoren In offiziellen Prognosen bleiben nicht objektiv quantifizierbare Größen häufig unberücksichtigt, da sie schwer anhand von greifbaren Indikatoren prognostizierbar sind. Obwohl es sich dabei um weiche Faktoren handelt, können diese eine große Auswirkung auf die Bevölkerungsentwicklung haben. Unter Bezugnahme auf aktuelle Entwicklungen und Voraussagen wurden hier Entwicklungskorridore einer möglichen Bevölkerungsentwicklung innerhalb der jeweiligen Faktoren festgelegt. 2.2.3.1 Wirtschaftliche Entwicklung In Kassel und Umland sind einige größere Unternehmen mit überregionaler Bedeutung ansässig. K+S, SMA, VW und Mercedes, um nur wenige zu nennen, bieten viele Arbeitsplätze in einem höher bezahlten Segment. Zudem werden durch die Campuserweiterung der Universität Kassel sowie durch die Gründung des Science Parks weitere Arbeitsplätze geschaffen53. Besonders der Industriezweig im Bereich der Fahrzeugherstellung spielt in Kassel eine wichtige Rolle. Das VW-Werk in Baunatal hat mehr als 15.000 Beschäftigte. Der größte Arbeitgeber innerhalb Kassels im Bereich Industrie ist das Daimlerwerk im Industriepark Mittelfeld mit etwa 2.900 Angestellten. Zudem gibt es noch weitere Industrie- und Gewerbestandorte wie das Güterverkehrszentrum und den Industriepark Waldau54. Des Weiteren entsteht derzeit das neue Gewerbegebiet Langes Feld55. Durch Firmen wie SMA bekommt Kassel auch in Zukunftsbranchen wie der Energietechnik eine immer größere Bedeutung56. Laut dem Städteranking von 2011 profitiert Kassels Wirtschaft besonders durch die Zukunftsbranchen57. 2014 arbeiteten 13,8 % der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten der Stadt in industrienahen Zukunftsbranchen58. Die meisten Arbeitsplätze in Kassel bestehen im Dienstleistungssektor, in dem 58 % aller sozialversicherungspflichtig Beschäftigten der Stadt Kassel arbeiten59. Durch Kassels Lage und die vielen ansässigen Unternehmen weist die Stadt eine hohe Standortattraktivität auf. Kassel ist ein Bezugspunkt für eine große Anzahl an Menschen und der wichtigste Wirtschaftsstandort in Nordhessen. Zudem übernimmt die Stadt die Funktionen eines Oberzentrums60. Kassel ist mit etwa 78.000 Ein- und Auspendlern und einem positiven Pendlersaldo von 38.700 Personen eine Einpendlerstadt61. Im Städteranking aus dem Jahr 2011 nimmt Kassel im Bereich dynamischster Entwicklung den ersten Platz von 50 Städten ein62. Dies lag unter anderem an dem Anstieg der Zahl sozialversicherungspflichtig Beschäftiger in Kassel. Zwischen 2009 und 2014 verzeichnete die Stadt hier einen Zuwachs von 15,9 %. Im Vergleich dazu verzeichneten andere Städte einen Beschäftigungszuwachs von durchschnittlich 11,3 %63 Demnach ist auch die Arbeitslosenquote geschrumpft und hat sich seit 2005 halbiert. Unter anderem durch einen hohen Anteil an überschuldeten Erwachsenen in Kassel sowie durch einen wieder schrumpfenden Anteil an Beschäftigten in wissensintensiven Dienstleistungsbereichen belegte Kassel 2013 allerdings nur noch den 9. Platz und 2015 Platz 16 des erwähnten Städterankings64. Die dynamische Entwicklung der Wirtschaft ist zwar leicht rückläufig,
26
jedoch weiterhin gut. Auf Grund der guten Arbeitsplatzsituation in Kassel, der weiterhin positiven wirtschaftlichen Lage und dem gerade neu entstehenden Gewerbegebiet Langes Feld ist davon auszugehen, dass es zu Zuzügen in die Stadt Kassel kommen könnte, die von der Bevölkerungsprognose noch nicht in einem angemessenen Maß abgebildet werden. Folglich gehen wir in Zukunft von einem stärkeren Bevölkerungswachstum aus. 2.2.3.2 Entwicklung der Universität Die Entwicklung der Universität ist ein weiteres zu ergänzendes Kriterium im Hinblick auf die Bevölkerungsprognose einer Stadt. Eine universitäre Einrichtung stellt einen wichtigen Faktor für das Wachstum der Stadt dar und kann maßgeblich zur wirtschaftlichen Entwicklung beitragen. Die Universität Kassel hat derzeit 3.265 Angestellte65 und schafft direkt und indirekt mehr als 10.000 Arbeitsplätze in der Region Nordhessen66. Zudem können durch Absolventen Unternehmen in der Region gegründet und somit weitere Arbeitsplätze geschaffen werden67. Durch die Gründung des neuen Science Parks wird Studierenden sowie Absolventen der Universität Kassel die Möglichkeit geboten, innovative Ideen zu verwirklichen68. Die Gründung neuer Unternehmen wird somit gefördert. Die Anzahl der Studienanfänger in Kassel ist in den letzten Jahren enorm gestiegen. Zurzeit sind 24.385 Studierende an der Universität Kassel eingeschrieben69. Durch die Erweiterung des Universitätscampus und durch das zusätzliche Studienangebot wird die Anzahl der Studierenden positiv beeinflusst und in ihrem Niveau stabilisiert. Auch wird die regionale Wirtschaft Kassels durch die Hochschule gestärkt. Für den Betrieb, Ausbau etc. werden regionale Dienstleister und Zulieferer beauftragt70, wodurch wiederum mehr Arbeitsplätze geschaffen werden. Des Weiteren wird aufgrund von hohen Studierendenzahlen die Schaffung neuen Wohnraumes nötig und somit die Bautätigkeit gefördert. In Kassel entstehen bereits einige Mikrowohnungen für Studierende71. Trotzdem ist zu beachten, dass das Wachstum der Universität endlich sein dürfte. Die hohe Anzahl der Studienanfänger war in den letzten Jahren durch starke Altersjahrgänge, durch Schulzeitverkürzung verursachte Doppeljahrgänge und den Wegfall der Wehrpflicht bedingt, muss aber nicht langfristig weiter steigen oder überhaupt auf diesem Niveau bleiben72. Bei den Bewerbungen von Studienanfängern ist diese Entwicklung bereits ablesbar73. Zusammenfassend trägt die Universität bedingt durch die Schaffung von Arbeitsplätzen und durch die hohen Studierendenzahlen zu einem Bevölkerungswachstum bei. Da nicht mit einem weiteren Anstieg der Studierenden in Kassel zu rechnen ist, erschöpft sich die Nachfrage nach zusätzlichem studentischem Wohnraum in Kassel. Ein weiterer Entwicklungstrend ist in diesem Zusammenhang allerdings zu erwähnen: Früher kehrten Studierende nach dem Studium in ihre Heimatorte zurück, doch mittlerweile bleiben sie vermehrt in den Universitätsstädten74. Daher ist die Schaffung eines Wohnungsangebots für die entsprechenden Nutzergruppen immer wichtiger. Flexible Wohnungsgrundrisse ermöglichen es beispielsweise, auf Veränderungen der Bevölkerungsstruktur zu reagieren und somit Wohnformen für unterschiedliche Zielgruppen und Bedürfnisse anzubieten. 2.2.3.3 Entwicklung der Geflüchtetensituation
27
Im Dezember 2015 lebten etwa 1.800 Geflüchtete in Zweitaufnahmeeinrichtungen in Kassel. Dies wird statistisch als Hauptwohnsitz gerechnet, sodass die Bevölkerungszahl Kassels unter anderem deshalb seit Langem wieder erstmals über 200.000 Einwohnern lag.75 Dieser Schwellenwert wurde somit bereits zwei Jahre früher als prognostiziert erreicht. Stadtbaurat Christof Nolda spricht sogar von derzeit 5.000 Flüchtlingen, die in Kassel leben76. Im Jahr 2016 könnte wieder mit ähnlichen Flüchtlingszahlen in Kassel gerechnet werden. Dennoch existieren zahlreiche unvorhersehbar politische Einflüsse in dieser Entwicklung. Wie würden sich beispielsweise die Zahlen verändern, wenn Deutschland die Grenzen schließt? Aber auch die Wohnortwahl der Flüchtlinge, der Familiennachzug, die Chance auf Anerkennung des Asylantrags und die Entwicklungen in den Krisengebieten sind als unsichere Faktoren zu betrachten. Die bisherige Stadtpolitik versuchte, die Flüchtlingsunterkünfte gleichmäßig im Stadtgebiet zu verteilen, um eine frühzeitige Segregation der Bevölkerungsgruppen zu vermeiden. Erst im Dezember 2015 wurde eine Notunterkunft in der ohnehin mit sozialen Problemen belasteten Nordstadt eröffnet.77 Durch die bundesweite Extremsituation war es aber z.B. auch möglich, Personen in der Graf-Haeseler-Kaserne unterzubringen, die im Flächennutzungsplan zum Teil als Industriefläche gekennzeichnet ist78. Die Geflüchteten, denen Asyl gewährt wird, werden einige Zeit benötigen, um sich in Deutschland einzuleben (Sprache, Ausbildung etc.). Zumindest bis dahin, voraussichtlich aber über einen noch längeren Zeitraum, werden sie als Konkurrenten zu Haushalten mit geringem Einkommen auf dem Teilmarkt für bezahlbaren Wohnraum auftreten. Die Binnenwanderung wird sich im Saldo, so ist zu vermuten, grob am Bundesdurchschnitt orientieren: Es ist davon auszugehen, dass Flüchtlinge vermehrt in Metropolräume ziehen werden. Dafür werden aber auch Personen aus den umliegenden Kommunen in Nordhessen nach Kassel ziehen. Geflüchtete sind eine nicht abzuschätzende Größe für die nächsten Jahre. Sie werden in jedem Fall eine steigende Nachfrage in Bezug auf bezahlbaren Wohnraum erzeugen - aus diesem Grund ist eine frühzeitige Auseinandersetzung mit dem Thema Flüchtlingswohnen im Stadtgebiet unabdingbar. In den nächsten Jahren ist durch die Entwicklung der Flüchtlingssituation mit einem etwas verstärkten Bevölkerungswachstum in Kassel zu rechnen; insbesondere, wenn viele Bleibeberechtigte ihre Familien aus der Heimat nach Deutschland nachholen. Wie oben genannt, sind konkrete Aussagen von verschiedenen weiteren Faktoren abhängig und nicht eindeutig zu prognostizieren. Nichtsdestoweniger wird relativ kurzfristig zusätzlicher bezahlbarer Wohnraum in Kassel benötigt, der ausgeglichen über das Stadtgebiet verteilt ist. 2.2.3.4 Urbanisierung/Suburbanisierung Seit den 1950er Jahren hat es in Deutschland starke Suburbanisierungsprozesse gegeben. Es wurden viele Einfamilienhausflächen ausgewiesen, unter anderem da der innerstädtische Wohnungsbau zu der Zeit sehr standardisiert war und so Individualität vor allem im Einfamilienhaus realisierbar war79. Inzwischen hat es einen Rückgang neuer Flächeninanspruchnahmen in Deutschland gegeben80, und der Trend zur Suburbanisierung ist nicht mehr in dem Maße ausgeprägt wie zuvor. Trotzdem wandern besonders Familien (die Altersgruppe der zwischen 30- und 48-Jährigen sowie deren unter 18-jährige Kinder) auch heute
28
noch in die städtische Peripherie oder das Umland ab. Bei den 25- bis 29-Jährigen hingegen ist eher ein Trend zur Urbanisierung erkennbar, der sich in einer insgesamt schrumpfenden Gesellschaft bei gleichzeitiger räumlicher Konzentration von Arbeitsplätzen und Wohnstandorten in den Innenstädten ausdrückt. Der Grund für die Abschwächung des Suburbanisierungstrends ist neben dem Wandel der Lebensstile und Familienstrukturen der hohe Anteil an Studierenden. Heute gibt es mehr Paare ohne Kinder sowie mehr Singlehaushalte, welche häufig urbane Lebensräume bevorzugen81. Auch in Kassel ist diese Entwicklung beobachtbar. Bauanträge wurden zwischen 2013 und 2014 für größere Objekte tendenziell in innenstadtnahen Bereichen wie den Stadtteilen Mitte oder Vorderer Westen gestellt. Zudem hat die Zahl der Bauanträge für kleinere Bauobjekte deutlich abgenommen. Auch die Summe von geplanten Wohnungen in Bauanträgen hat in Kassel seit 2007 zugenommen82. Folglich ist ein Trend zur Urbanisierung erkennbar. Dies zeigt auch die Zunahme an Zuzügen in die innerstädtischen Stadtteile im Vergleich zu den Wegzügen. Zum Beispiel hat es mehr Zuzüge als Wegzüge in den Stadtteil Mitte gegeben83. Trotzdem bewohnen 34,2 % der Kasseler Bevölkerung ein Einfamilienhaus84. Der Wanderungssaldo mit den umliegenden Gemeinden ist aus Sicht der Stadt Kassel leicht negativ85. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Suburbanisierung in Kassel weiterhin vorhanden ist, jedoch der allgemeine Trend leicht gegenläufig ist. Es lässt sich vermuten, dass die Urbanisierung, besonders im Hinblick auf die sich wandelnden Familienstrukturen, weiter zunehmen wird. Demzufolge ist nicht mit einer Bevölkerungsabnahme in Kassel zu rechnen. Durch attraktive Angebote im Geschosswohnungsbau in den innerstädtischen Bereichen können zudem Teile der Einfamilienhausbewohner in die Stadt gelockt werden sowie bereits vorhandene Bewohner in den Quartieren gehalten werden.
Bevölkerung
Abb. 007: Einfluss des Faktors Wirtschaft auf die Bevölkerungsentwicklung (eigene Darstellung)
2.2.4 Fazit und Entwicklungsszenarien
ist
Zeit
Abb. 008: Einfluss des Faktors Flüchtlinge auf die Bevölkerungsentwicklung (eigene Darstellung)
Die untersuchten weichen Faktoren wie die wirtschaftliche Entwicklung, die Entwicklung der Universität, die Geflüchtetenzahlen und der Suburbanisierungs- sowie Urbanisierungsprozess sehen eher eine positive Bevölkerungsentwicklung (kurz- bis mittelfristig) voraus. Diese Annahmen sind nicht als endgültig anzusehen. Die Faktoren sind zum Teil sehr unsicher und von überregionalen Entwicklungen beeinflusst. Die unsichersten weichen Faktoren stellen die wirtschaftliche Entwicklung (s. Abb. 007) und die Flüchtlingszahlen (s. Abb. 008) dar, sodass die Differenz der oberen und unteren möglichen Entwicklung relativ groß ausfällt. Vorhersehbarer ist es bei der Entwicklung der Universität (s. Abb. 009). Die geringste Entwicklungsspanne zeigen die Suburbanisierungs- und
Bevölkerung
ist
Die Prognose der Stadt betrachtet die Bevölkerungsentwicklung nicht ganzheitlich, sondern auf Grundlage eines mathematischen Systems. Ausgehend von älteren Prognosen dieser Art war die jeweilige prognostizierte Entwicklung immer negativer als die reale Entwicklung der Stadt Kassel. Trotz einer negativen Bevölkerungsentwicklung würden durch sehr weiche Faktoren, wie die individuellen Lebensstile und die sich verändernden Haushaltszahlen, Veränderungen auf dem Wohnungsmarkt hervorgerufen werden. Bei diesen Faktoren besteht eine große Variabilität, die prognostizierten Wohnflächenbedarfe und die Sinus-Mileus zeigen jedoch die Wohnwünsche und dementsprechend einen Handlungsbedarf im Neubau an.
Zeit
Urbanisierungsprozesse auf (s. Abb. 010), da auf diesen Faktor durch kommunale Steuerungsmöglichkeiten und politischen Willen entsprechend Einfluss genommen werden kann. Dennoch wird unter der Annahme, dass die Situation in diesen weichen Faktoren so bestehen bleibt, Kassel nur langfristig und eher in geringem Umfang Bevölkerung verlieren. Die Planung der Stadt sollte daher nicht auf einen Schrumpfungsprozess ausgerichtet und die Prognose regelmäßig angepasst werden. Aufgrund der generellen Unsicherheit von Prognosen orientieren sich die Handlungsempfehlungen dieses Konzepts an drei Szenarien für einen Zeitraum von 10-15 Jahren, die auf den beschriebenen weichen Faktoren basieren und sich auf die Entwicklung der Bevölkerung beziehen. Daher werden keine fixen Zahlen oder Daten genannt, sondern verschiedene Entwicklungsmöglichkeiten innerhalb der Szenarien aufgezeigt. 1. Stabilisierung
Abb. 009: Einfluss des Faktors Universität auf die Bevölkerungsentwicklung (eigene Darstellung) Bevölkerung
Das Szenario der Stabilisierung orientiert sich an der mittleren Bevölkerungsprognose der Stadt Kassel, nach der sich die Bevölkerungszahl in den nächsten Jahren stabilisiert und nach 10 bis 15 Jahren zu sinken beginnt. Da die tatsächliche Einwohnerzahl allerdings diese Prognose aus dem Jahr 2014 bereits überstiegen hat, wird diese Kurve entsprechend angepasst. Des Weiteren werden durch mögliche Entscheidungen auf Ebene des Bundes weniger Geflüchtete in Kassel ankommen, sodass die weitere Suche nach entsprechendem Wohnraum den Wohnungsmarkt nicht mehr belastet. Die Universität hat ihr Maximum an Studierenden erreicht. Ausgehend davon kann von einer mittelfristig konstanten Einwohnerzahl ausgegangen werden, die langfristig sinkt. Trotz der beschriebenen Bevölkerungsentwicklung besteht aufgrund sich wandelnder Wohnbedürfnisse Neubaubedarf. Innerhalb dieses Szenarios sollte die Stadt grundlegende Aufgaben in ihren Regelstrukturen institutionalisieren, um den aktuellen Bedarf zu decken und auf mögliche zusätzliche Anspannungen des Wohnungsmarkts reagieren zu können. Dieses Szenario ist mit geringem Mehraufwand und niedrigem Investitionsbedarf seitens der Stadt verbunden. Der Bedarf kann - unter Anleitung der Stadtverwaltung - im Wesentlichen durch die Privatwirtschaft realisiert werden.
ist
Zeit
2. Anspannung
Abb. 010: Einfluss des Faktors Suburbanisierung/Urbanisierung auf die Bevölkerungsentwicklung (eigene Darstellung) Bevölkerung
Angelehnt an die in diesem Konzept revidierte Bevölkerungsprognose wird von einer langfristig geringfügig positiven Bevölkerungsentwicklung ausgegangen, die im Zusammenhang mit einer leichten Verkleinerung der Haushaltsgrößen einen angespannten Wohnungsmarkt erzeugt. Die Zahl der ankommenden Geflüchteten ist stabil, aber stetig. Erfolgreiche Unternehmen expandieren, sodass neue Arbeitsplätze geschaffen werden und Absolventen der Universität langfristig in Kassel gehalten werden können. Der Zuzug von Bewohnern aus dem weiteren Umland hält an. Die Stadt sollte über die Regelaufgaben der Verwaltung hinaus mit einer offensiven Wohnungspolitik Anreize für private Investitionen in den Wohnungsmarkt schaffen, da nur so geeignete Angebote auf einem angespannten Wohnungsmarkt zu realisieren sind. Dieses Szenario erfordert eine aktive Steuerung der Stadt und die Verwendung von weiterführenden Instrumenten.
ist
Zeit
30
3. Starkes Wachstum Im dritten Szenario wird von einem langfristigen und deutlichen Bevölkerungswachstum ausgegangen, das sich an der gegenwärtig hohen Zuwachsrate der Stadt Kassel orientiert und dadurch eine starke Anspannung auf dem Wohnungsmarkt erzeugt. Durch den Bedeutungsanstieg als Hochschul- und Wirtschaftsstandort ist der Nachfragedruck am Kasseler Wohnungsmarkt langfristig auf konstant hohem Niveau. Durch den anhaltenden Trend zur Reurbanisierung nimmt auch die Zahl der Zuzüge aus dem weiteren Umland und der Region in die Kernstadt Kassel weiter zu. Zusätzlich steigen die Zuzüge aus dem europäischen und außereuropäischen Ausland an. Derartige Wachstumsbedingungen erfordern einen intensiveren Einsatz kommunaler Gestaltungsinstrumente und regulierender Eingriffe, um den qualitativen und quantitativen Bedarf an Wohnraum in der wachsenden Stadt zu decken. Die in den folgenden Kapiteln erarbeiteten Maßnahmen und Instrumente richten sich nach den unterschiedlichen Entwicklungsszenarien. Die Szenarien stellen aufeinander aufbauende Stufen dar: Bei einer deutlichen Bevölkerungsentwicklung sind sowohl die Instrumente des Anspannungsszenarios als auch der vorherigen Stufen anzuwenden. So sind die Maßnahmen des Stabilisierungsszenarios bei jedweder Entwicklung zu verfolgen und anzuwenden. Dieser szenarienbasierte Ansatz schafft Orientierung für kommunales Handeln und bietet dabei die nötige Flexibilität und Anpassungsfähigkeit für unvorhergesehene Entwicklungen. Anhand der beschriebenen Kriterien der Szenarien ist künftig seitens der Stadtpolitik zu entscheiden, welches Szenario auf die aktuelle Lage des Wohnungsmarkts zutrifft. Die Strategien und räumliche sowie typologische Konkretisierung der Instrumente werden in Kapitel 6 näher erläutert.
31
Endnoten: 1
vgl. BBSR 2015a: 15
vgl. Stadt Kassel 2015b: 16
vgl. BBSR 2015a: 16
46
vgl. Stadt Kassel 2014b: 32
vgl. ebd.
47
vgl. Stadt Kassel 2014c: 11
vgl. Schäfer 2014: 47
48
vgl. Schader-Stiftung 2005
4
6 7
9
vgl. ebd.
vgl. Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung 2013: 1
56
17
vgl. ebd.
18
vgl. ebd.
20
58
60
63
64
vgl. Kassel Marketing 2015: 20
vgl. ebd.: 18 28
vgl. Stadt Kassel 2012: 9
vgl. Beckenbach/Daskalakis/Hofmann 2011 68
69 70
vgl. Universität Kassel 2015
vgl. Beckenbach/Daskalakis/Hofmann 2011
vgl. ebd.
71
vgl. IWU 2009: 16
72
vgl. Stadt Kassel 2015b: 16 31
vgl. o.A. o.J.: 1 32
33 34
35
73 74
vgl. IWU 2009: 16
37
75
77
vgl. Rudolph 2015a
vgl. ebd.
78
vgl. IWU 2009: 73
39
vgl. Stadt Kassel 2014a: 6
40
vgl. Stadt Kassel 2014b: 6
41
vgl. Stadt Kassel 2014a: 6
43
vgl. Thonicke 2015
vgl. Anhang (Transkription Zwischenpräsentation)
79
vgl. Statistisches Bundesamt 2011: 10
42
vgl. Mertens 2011
vgl. Rudolph 2015c
76
vgl. BBSR 2015b: 14 36
vgl. Thonicke 2015
vgl. Stadt Kassel 2015b: 16
vgl. o.A. 2015b
vgl. Quantum Focus 2015: 8
vgl. ebd.: 2
vgl. Stadt Kassel 2014b: 6
vgl. ebd.
vgl. Universität Kassel 2015 66
vgl. IWU 2009: 15
vgl. Hessisches Statistisches Landesamt 2015 29
vgl. IW Consult GmbH 2015
65
67
vgl. ebd.
vgl. ebd.: 17
vgl. IW Consult GmbH 2011: 26
vgl. IWU 2009: 15
26
30
62
vgl. ebd.
vgl. Hessisches Statistisches Landesamt 2015 25
vgl. Stadt Kassel 2012: 9 61
vgl. BBSR 2015b: 10 23
vgl. Stadt Kassel 2012: 9
vgl. IW Consult GmbH 2015 59
vgl. ebd.: 40 21
vgl. Ludwig 2015
vgl. IW Consult GmbH 2011: 32
vgl. BBSR 2015b: 10
vgl. Jörissen/Coenen 2007: 39
22
vgl. Stadt Kassel 2012: 9 55
vgl. BBSR 2015b: 8
16
15
54
57
vgl. ebd.
vgl. Kassel Marketing 2015: 9
vgl. ebd.
vgl. Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung 2013: 1
vgl. ebd.
vgl. vhw 2016 52
53
vgl. ebd.: 210
14
38
51
vgl. Pötzsch 2011: 208
13
27
50
vgl. ebd.: 11
11
24
vgl. Spiegel Online 2012
vgl. BBSR 2015b: 7 f.
12
19
49
vgl. BBSR 2015b: 6 8
10
vgl. IWU 2009: 71
vgl. BBSR 2015b: 6
3
5
44 45
2
80
vgl. Roost 2015
vgl. BBSR 2011: 120 81
82
vgl. Roost 2015
vgl. Schäfer 2015c: 1 83
84
vgl. ZRK 2015
vgl. ebd.: 31
vgl. Schäfer 2015c: 20 85
vgl. Schäfer 2014: 36
3. Wohnungsmarkt und Wohnungspolitik in Kassel Aktuelle Situation und Handlungsbedarfe
Unabhängig der eintretenden Szenarien erÜffnet die detaillierte Betrachtung der aktuellen Situation von Wohnungsmarkt und -politik in Kassel bereits erste Handlungsbedarfe. Vor diesem Hintergrund werden diverse Faktoren untersucht, die unmittelbaren Einfluss auf die aktuelle Wohnraumnachfrage sowie das aktuelle Wohnraumangebot haben. Zudem wurden die Positionen der verschiedenen Akteure auf dem Kasseler Wohnungsmarkt und in der Kasseler Wohnungspolitik eingeholt.
3.1 Entwicklung der Nachfrage Auf dem Wohnungsmarkt lässt sich die Nachfrage nicht unmittelbar bestimmen und ist generell statistisch nur schwer zu erfassen. Mangels der Möglichkeit, Nachfrage für bestimme Marktsegmente gezielt zu beziffern, müssen Rahmenbedingungen und Bedarfe des Wohnungsmarkts über andere statistisch erfassbare Faktoren erhoben und für die Wohnungsnachfrage relevante Erkenntnisse induziert werden. Die Mehrzahl der untersuchten Faktoren ist demographischer oder ökonomischer Natur.
Abb. 011: (vorherige Seite) Sozialer Wohnungsbau in der Samuel-Beckett-Anlage
3.1.1 Bevölkerungs und Haushaltsentwicklung Die Bevölkerungs- und Haushaltsentwicklung bestimmt die Nachfrage nach Wohnraum. Steigt die Anzahl der Haushalte, werden auch bei sinkenden Bevölkerungszahlen mehr Wohneinheiten benötigt. Auch die Veränderung von Haushaltsgrößen hat Konsequenzen für das erforderliche Wohnraumangebot. Anhand Faktoren wie dieser lässt sich der Wohnungsmarkt hinsichtlich der Anzahl an Wohneinheiten und verschiedener Wohnungsgrößen bewerten. 3.1.1.1 Einwohnerzahl Insgesamt hat Kassel 200.507 Einwohner (31.12.2015)1. Der Stadtteil mit der höchsten Einwohnerzahl ist der Vordere Westen mit 15.823, die niedrigste weist der Stadtteil Nordshausen mit 2.044 Einwohnern auf. Die Stadteile Vorderer Westen, Wesertor und Nord-Holland haben auch auf Grund ihrer Attraktivität und Nähe zur Innenstadt die höchste Bevölkerungsdichte in Kassel.2 3.1.1.2 Altersstruktur Der Altersdurchschnitt in Kassel liegt bei 42,9 Jahren. Nord-Holland ist mit einem Altersdurchschnitt von 36,0 Jahren der Stadtteil mit den jüngsten Bevölkerungsstruktur. Der Stadtteil mit dem höchsten Altersdurchschnitt ist Brasselsberg mit 48,5 Jahren.3 3.1.1.3 Haushaltsentwicklung Anzahl und Größe der Haushalte bestimmen die Entwicklung des Wohnungsmarktes. Generell schrumpft die durchschnittliche Haushaltsgröße in Kassel; einzig in Bad Wilhelmshöhe und Waldau nimmt sie zu. Die kleinsten Haushaltsgrößen finden sich in der Südstadt, am Wesertor und im Stadtteil Mitte. In letzterem ist jedoch eine steigende Tendenz zu verzeichnen.4 In den Jahren 2011 bis 2014 ist die Anzahl an Haushalten von 102.343 auf 106.459 gestiegen. Dies äußert sich auch im Anstieg
35
2011
2012
2013
2014
102.343
103.825
105.889
106.459
1,90
1,88
1,86
1,85
Anzahl Ein-Personen-Haushalte
50.814
52.210
54.076
54.653
Anzahl Zwei-Personen-Haushalte
28.158
28.147
28.508
28.760
Anzahl Drei-Personen-Haushalte
12.269
12.391
12.323
12.101
Anzahl Vier und mehr Personen-Haushalte
11.102
11.077
10.982
10.945
Haushalte gesamt Durchschnittliche Haushaltsgröße
von Ein-Personen-Haushalten und dem Rückgang von vier-PersonenHaushalten (siehe Abb. 002).5
Abb. 012: Altersdurchschnitt nach Stadtteilen (Eigene Darstellung nach Stadt Kassel 2015b: 8)
3.1.1.4 Migration Art des Migrationshintergrunds und räumliche Verteilung Das Thema Migration spielt derzeit auch auf dem Wohnungsmarkt eine große Rolle. Bei der statistischen Erfassung wird zwischen Einwohnern ohne Migrationshintergrund, Einwohnern mit Migrationshintergrund in Besitz der deutschen Staatsbürgerschaft, Menschen mit ausländischer Staatsbürgerschaft und Aussiedlern unterschieden (siehe Abb. 003). Zum 31.12.2014 hatten 28.129 Personen, die nicht in Besitz der deutschen Staatsbürgerschaft waren, ihren Hauptwohnsitz in Kassel gemeldet.6 Dies entspricht 14,3 % der Gesamtbevölkerung Kassels und folgt vor allem seit 2011 einem tendenziellen Anstieg. Zu diesem Zeitpunkt waren 12,5 % der in Kassel gemeldeten Personen Ausländer. Die mit Abstand größte Gruppe bilden hierbei Menschen mit türkischer Staatsbürgerschaft, die 3,7 % der Gesamtbevölkerung ausmachen. Andere nennenswerte Gruppen bilden Menschen mit polnischer (0,9 %), bulgarischer (0,8 %) oder italienischer (0,7 %) Staatsbürgerschaft. Neben dem Ausländeranteil komplettieren die Anteile der Eingebürgerten (12,3 %) und der Aussiedler (8,8 %) die statistische Bevölkerungsgruppe der Einwohner mit Migrationshintergrund, die mit 35,1 % etwas mehr als ein Drittel der Bevölkerung ausmacht. Damit ist der prozentuale Wert mittlerweile über dem von 2010 (35,0 %), obwohl er 2011 auf 33,3 % sank. Das anhaltende Wachstum ist seitdem jedoch abgeschwächt. Ähnliches gilt für den Anteil der Eingebürgerten, welcher seit 2010 von 10,9 % auf 12,3 % anstieg. Rückläufi g ist hingegen der Prozentsatz der Aussiedler. Dieser sank von 11,5 % im Jahr 2010 auf aktuell 8,8 %. Bei dieser Bevölkerungsgruppe ist besonders die räumliche Konzentration in den Stadtteilen Waldau (25,6 %), Oberzwehren (24,3 %) und Süsterfeld/Helleböhn (21,8 %) auffällig. Waldau weist mit 62,7 % zudem den höchsten Anteil von Menschen mit Migrationshintergrund an der Gesamtbevölkerung auf. Ähnliche Werte weisen die Stadtteile Nord-Holland mit 59,6 % und Oberzwehren mit 58,8 % auf. Auffällig niedrig ist der Anteil der Personen mit Migrationshintergund hingegen in den von Einfamilienhausgebieten geprägten Stadtteilen, wie etwa Brasselsberg (17,9 %) oder Harleshausen (18,4 %). Dieser Zusammenhang zur baulichen Struktur spiegelt sich auch im Ausländeranteil beispielsweise der Stadtteile Nordshausen (4,2 %), Brasselsberg (4,8 %), Jungfernkopf (5,0 %) oder Harleshausen (5,5 %) wieder. Besonders hoch ist der Anteil der Ausländer in Nord-Holland mit 36,8 %, auch im benachbarten Stadtteil Wesertor sind vergleichsweise viele Ausländer gemeldet (30,4 %).
Abb. 013: Einwohner nach Art des Migrationshintergrunds (Eigene Darstellung nach Stadt Kassel 2015b: 15)
E
8,8
12,3 64,4
14,3
Aussiedler
Ausländer
Eingebürgerte
EW ohne Migrationshintergrund
36 Flüchtlinge Angaben über die Anzahl der in Kassel lebenden Flüchtlinge variieren. Wie in Kapitel 2.2.2.3 dargelegt, bewegte sich der tatsächliche Wert im Dezember 2015 zwischen 1.800 und 5.000 Geflüchteten. Während es zahlreiche kleinere Flüchtlingsunterkünfte in Kassel gibt, lassen sich diese nur schwer erfassen und räumlich verorten. Von quartiersprägender Bedeutung sind hingegen die Großunterkünfte sowie die Erstaufnahmestellen im Stadtgebiet. Zu letzteren gehören das ehemalige Veterinäramt im Stadtteil Bad Wilhelmshöhe, die Hessische Landesfeuerwehrschule im Stadtteil Brasselsberg und die Lüttich-Kaserne in Süsterfeld/Helleböhn.7 Obwohl sie in verschiedenen Stadtteilen angesiedelt sind, befinden sie sich jedoch in räumlicher Nähe zueinander. Lediglich die Erstaufnahme im Niederzwehrener Bereitschaftspolizeigebäude befindet sich am Stadtrand der Stadt Kassel. Aktuelle Großunterkünfte hingegen verteilen sich relativ heterogen auf die äußeren Stadtteile im Norden, Osten und Süden der Stadt. Derzeit zählen dazu Unterkünfte in der Fichtner-Oestmann-Siedlung in der hinteren Nordstadt sowie östlich der Fulda das Nixdorf-Haus am großen Kreisel in der Unterneustadt, ein ehemaliges Schuhgeschäft in Bettenhausen und die Heinrich-Steul-Schule im Forstfeld. Im Bereich zwischen Südstadt, Wehlheiden und Niederzwehren befinden sich mit der Jägerkaserne und dem ehemaligen Kinderkrankenhaus Park Schönfeld zudem gleich zwei Großunterkünfte in großer Nähe zueinander. Neben der Graf-Haeseler-Kaserne in Niederzwehren gibt es noch eine weitere Großunterkunft im Druseltal. 3.1.2 Sozioökonomische Faktoren Die Wohnraumnachfrage wird maßgeblich von den sozioökonomischen Rahmenbedingungen beeinflusst. Insbesondere Faktoren mit Auswirkungen auf den finanziellen Wohlstand beeinflussen die Nachfragebedürfnisse der Bevölkerung. Beobachtung von Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt wie der Arbeitslosenquote oder Änderungen der Einkommensstruktur geben zudem Aufschluss über die Notwendigkeit bestimmter zielgruppenorientierter Wohnformen. 3.1.2.1 Wohngeld/KdU Sollte es auf dem Wohnungsmarkt zu Engpässen kommen, ist eine gewährleistete Wohnraumversorgung für Haushalte, die sich aus eigenen Mitteln nicht angemessen mit Wohnraum versorgen können, in besonderem Maße erforderlich8. Dazu gehören das Wohngeld, das bedürftige Bürger auf Grundlage des Wohngeldgesetz (WoGG) in Form eines Miet- oder Lastenzuschusses beziehen können, sowie die Kosten der Unterkunft (KdU), die SGBII-Empfängern ausgezahlt werden. Bundesweit entlastete die öffentliche Hand im Jahr 2013 rund 4,4 Mio. Haushalte mit einem Finanzvolumen von 16,5 Mrd. Euro durch Wohngeld und KdU. 3,9 Mio. Euro davon wurden für Haushalte nach dem SGB XII und 0,7 Mio. Euro für Wohngeld aufgewendet. Entsprechend profitieren 11 % sämtlicher Haushalte in Deutschland von einer vollständigen oder teilweisen Entlastung bei den Wohnkosten.9 Generell ist entsprechend des Rückgangs der Arbeitslosenzahl und der Anzahl von SGBII-Empfängern nicht von einem Anstieg der Anzahl von Wohngeldempfängerhaushalten auszugehen.
37 3.1.2.2 Wohnberechtigungsschein Ein Wohnberechtigungsschein ermöglicht den Nachweis des Anspruches auf sozial geförderten Wohnraum. Kassel verzeichnet einen deutlichen Bedarf an öffentlich gefördertem Wohnraum, der in Kapitel 3.2 näher erläutert wird. Entsprechend wurden im Zeitraum von Ende 2014 bis Ende 2015 rund 1.980 Wohnberechtigungsscheine ausgestellt. Zusätzlich beziehen in Kassel 26.241 Personen Transferleistungen, d.h. rund 13 % der Gesamtbevölkerung.10 Die Anzahl von Personen, die Anspruch auf einen Wohnberechtigungsschein haben, ist jedoch immer im Verhältnis zur Anzahl der Wohnungen mit Belegungsbindung zu bewerten. Zudem spiegelt die Anzahl der Wohnberechtigungsscheine nicht die direkte Nachfrage an kostengünstigem Wohnraum wieder, da potentiell berechtigte Personen keinen Schein beantragen, sofern sie eine günstige Wohnung auf dem freien Markt finden. 3.1.2.3 SGB II Empfänger Zum 31.12.2014 gab es in Kassel 11.432 Bedarfsgemeinschaften im Leistungsbezug SGB II, wovon ca. die Hälfte in die Kategorie „Bedarfsgemeinschaft Single“ fallen.11 Die Gesamtzahl der Einzelpersonen im Leistungsbezug SGB II betrug 21.447. Diese Zahlen sind in den letzten Jahren tendenziell rückläufig und beliefen sich 2010 noch auf 12.475 Bedarfsgemeinschaften bzw. 23.225 Einzelpersonen. 3.1.2.4 Arbeitslosenquote Eine positive Entwicklung über den Zeitraum der letzten zehn Jahre ist bei der Änderung der Arbeitslosenquote zu beobachten. Im Jahr 2005 noch bei 19,2 % liegend, ist in den Folgejahren bereits ein starker Rückgang zu verzeichnen.12 Dieser Prozess wurde in den letzten Jahren abgeschwächt, sodass sich der Prozentsatz bei ca. 10 % etabliert hat und Ende 2014 9,8 % betrug. Auffällig niedrig ist die Arbeitslosenquote in Brasselsberg mit 2,2 %, besonders hohe Werte weisen die zentrumsnahen Stadtteile Wesertor (17,4 %), Rothenditmold (19,1 %) und NordHolland (19,7 %) auf. Die Arbeitslosenquote ist sehr heterogen auf die Stadtteile verteilt. Rund ein Fünftel der Arbeitslosen in Kassel ist bereits 55 Jahre oder älter. Den Großteil der Gruppe der Arbeitslosen machen die 25 bis 54-Jährigen aus (71 %). 3.1.2.5 Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte Die Anzahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in Kassel lag am 31.12.2014 bei 66.469, was einem Anteil von 33,7 % der Gesamtbevölkerung entspricht.13 Besonders hoch ist die Rate der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in den Stadtteilen Vorderer Westen (40,4 %) und Mitte (39,8 %), während der Stadtteil Nord-Holland mit 27,5 % den niedrigsten Wert aufweist (siehe Abb. 004). Über die letzten Jahre ist mit dem Anstieg der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten von 59.813 im Jahr 2010 auf den aktuellen Wert von 66.469 eine positive Entwicklung abzulesen. Junge Menschen im Alter von 20 bis 25 machen dabei mit 5.939 nur einen kleinen Anteil aus, der der Unter20-Jährigen ist mit 1.369 ebenfalls sehr gering. 3.1.2.6 Einkommensentwicklung In den Jahren 2000-2011 sind in allen Hessischen Regionen die Bruttolohn- und -gehaltssummen gestiegen. Der Landkreis Kassel liegt mit
38
108,2
Brasselsberg 104,2
Jungfernkopf
100,4
Nordshausen 96,1
Harleshausen 90,3
Wolfsanger / Hasenhecke
89,4
Bad Wilhelmshöhe 84,5
Philippinenhof / Warteberg
84,3
Kirchditmold
83,1
Niederzwehren
81,3
Süsterfeld / Helleböhn
81,0
Bettenhausen
78,8
Vorderer Westen
78,3
Stadt Kassel gesamt
77,1
Waldau
76,3
Forstfeld
75,4
Oberzwehren
75,4
Wehlheiden
72,0
Unterneustadt
71,4
Südstadt
70,4
Fasanenhof
69,9
Mitte 64,2
Rothenditmold
63,5
Nord-Holland 53,9
Wesertor 0
Abb. 014: Sozialversicherungspfl ichtig Beschäftigte (Wohnort) nach Stadtteilen (eigene Darstellung nach Stadt Kassel 2015b: 26)
20
40
60
80
100
einem Anstieg von ca. 27 % über der durchschnittlichen Veränderung in Hessen (ca. 22 %). Die Stadt Kassel liegt mit ca. 20 % knapp darunter (siehe Abb. 005).14 3.1.2.7 Mietbelastungsquote „An die Wohnungspolitik wird immer wieder der Anspruch gestellt, die Wohnversorgung auf eine allgemeine prozentuale Mietbelastung, von etwa 25 %, hin zu orientieren.“15 Hinsichtlich der derzeitigen Entwicklung lag die Mietbelastungsquote im Jahr 2010 in Deutschland noch bei 22,5 %. Dabei ließ sich eine besondere Belastung der Singlehaushalte mit 26 % feststellen, wohingegen Vier-Personen-Haushalte (Vier Hauptmieter) durchschnittlich lediglich 20,5 % ihres Einkommens für die Miete aufbringen mussten. Neben den Singlehaushalten zählen auch Rentnerhaushalte mit 26,3 % und Haushalte im unteren Einkommensbereich von bis zu 2.000 € Nettoeinkommen zu den Haushalten, bei denen die Mietbelastung mindestens 24,5 % beträgt. Nicht zu vernachlässigen ist, dass die Heizkosten nicht inbegriffen sind und somit eine zusätzliche Belastung bedeuten.16 Die Mietbelastung in Hessen entsprach im Jahr 2010 mit 22,8 % in etwa dem deutschlandweiten Durchschnitt, jedoch gleichen die niedrigen Belastungsquoten in den ländlichen Räumen die deutlich höheren in den Großstädten Hessens ein Stück weit aus.17 Allgemein ist ein Anstieg der Mietbelastungsquote festzustellen. Entsprechend lag die Quote 2014 im bundesweiten Durchschnitt bereits bei 30 % mit zu erwartendem Trend nach oben18. Für Kassel gibt es derzeit keine offi ziellen Berechnungen zur Mietbelastungsquote. Allerdings lässt sich anhand des Kapitels 3.1.2.6 ableiten, dass der Anstieg der Mietbelastungsquote in Deutschland durch den Anstieg der Bruttolöhne in Kassel teilweise kompensiert wird. 3.1.2.8 Kaufkraftindex Die Kaufkraft setzt sich aus dem Nettoeinkommen ohne Steuern und den Sozialversicherungsbeiträgen zusammen. Sie spiegelt das zur Verfügung stehende Einkommen zum Sparen oder Ausgeben wieder. Der Kaufkraftindex vergleicht das Pro-Kopf-Einkommen einer Region mit
39
Bruttolohn- und gehaltssumme je Arbeitnehmer in den hessischen Regionen, Veränderungen von 2000-2011
17,6%
Hessen
17,1%
Darmstadt, Regierungsbezirk
19,9%
Darmstadt, Stadt
19,6%
Frankfurt am Main 9,8%
Offenbach am Main, Stadt
15,5%
Wiesbaden, Stadt
15,4%
Bergstraße, Lkr. 13,0%
Darmstadt-Dieburg, Lkr.
15,9%
Groß-Gerau, Lkr. Hochtaunuskreis
19,6% 14,3%
Main-Kinzig-Kreis
15,3%
Main-Taunus-Kreis 9,3%
Odenwaldkreis
16,5%
Offenbach, Lkr. 14,1%
Rheingau-Taunus-Kreis
17,1%
Wetteraukreis
18,8%
Gießen, Regierungsbezirk 17,1%
Gießen, Lkr.
21,9%
Lahn-Dill-Kreis 16,4%
Limburg-Weilburg, Lkr. Marburg-Biedenkopf, Lkr.
17,9% 21,3%
Vogelsbergkreis Kassel, Regierungsbezirk
19,0% 13,5%
Kassel, Stadt
21,8%
Fulda, Lkr.
22,4%
Hersfeld-Rotenburg, Lkr.
23,0%
Kassel, Lkr. 19,3%
Schwalm-Eder-Kreis
19,0%
Waldeck-Frankenberg, Lkr. 16,4%
Werra-Meißner-Kreis
0%
5%
10%
dem durchschnittlichen Wert in ganz Deutschland. Hessen liegt mit einem Kaufkraftindex von 103,3 über dem deutschen Durchschnitt, der mit 100,0 angegeben wird. Im Vergleich dazu liegt der Index der Stadt Kassel bei 96,4 (siehe Abb. 006).19
3.1.3 Nachfrageentwicklung Fazit Die analysierten Faktoren, die unmittelbaren Einfl uss auf die Wohnraumnachfrage haben, zeigen tendenziell eine steigende Nachfrage und besonderen Druck auf spezielle Marktsegmente, wie kleine oder preiswerte Wohnungen, auf. Die Tendenz der letzten Jahre weist auf ein Bevölkerungswachstum hin, das die ausschlaggebendste Einfl ussgröße auf den Anstieg der Nachfrage ist. Die steigende Bevölkerungszahl hängt mit der steigenden Zahl von Personen die nicht in Besitz der deutschen Staatsbürgerschaft sind, aber einen Wohnsitz in Kassel haben, darunter den neu ankommenden Flüchtlingen, sowie weiteren Trends, wie der Reurbanisierung, zusammen. Auch die schrumpfenden Haushaltsgrößen und die damit stetig steigende Anzahl von Ein- bis Zwei-Personen-Haushalten erhöhen den Druck auf dem Wohnungsmarkt. Neben der quantitativen verändert sich auch die qualitative Nachfrage. Für einkommensschwache Haushalte stellt die sich abzeichnende
15%
20%
25%
Abb. 015: Veränderung der Bruttolohn- und -gehaltssumme in den Hessischen Regionen (Eigene Darstellung nach: van der Busch et al. 2014)
40
Bevölkerung Datenstand 01.01.2014 Stadt- bzw. Landkreis (Gebietsstand 01.01.2014)
Bevölkerung Projektion 2015 Jahresdurchschn.
Haushalte Projektion 2015 Jahresdurchschn.
Einzelhandesrelevante Kaufkraft 2015
Anzahl
Promilleanteil
Anzahl
Promilleanteil
Anzahl
in Mio. €
Promilleanteil
Kassel, Stadt
194.087
2,403
195.462
2,046
107.917
1.216,82
2,319
6.225
96,4
Hersfeld-Rotenburg, Lk
119.651
1,481
119.523
1,471
54.749
731,03
1,393
6.116
94,7
Kassel, Lk
233.352
2,889
233.415
2,874
110.570
1.495,29
2,850
6.406
99,2
Marburg-Biedenkopf, Lk
241.656
2,992
242.717
2,988
113.480
1.484,79
2,830
6.117
94,7
Schwalm-Eder-Kreis, Lk
179.429
2,222
179.101
2,205
81.425
1.109,53
2,115
6.195
95,9
Waldeck-Frankenberg, Lk
156.607
1,939
156.395
1,925
72.397
950,44
1,812
6.077
94,1
Werra-Meißner-Kreis, Lk
100.356
1,243
99.901
1,230
47.891
596,55
1,137
5.971
92,5
IHK Kassel-Marburg
1.165.347
14,428
1.166.690
14,363
562.507
7.220,55
13,764
6.189
95,8
Hessen
6.045.425
74,850
6.088.612
74,958
2.966.532
40.605,96
77,403
6.669
103,3
40.237.049 524.603,70 1.000,000
6.459
100,0
Deutschland
Abb. 016: Einzelhandelsrelevante Kaufkraft 2015 (eigene Darstellung nach Michael Bauer Research GmbH Nürnberg, 2015 )
80.767.463
1.000,000 81.226.776 1.000,000
Euro Kaufkraftpro index Kopf D=100
Situation eine besondere Herausforderung dar. Trotz des Rückgangs der Arbeitslosenquote und der Bedarfsgemeinschaften bei gleichzeitigem Anstieg der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten, weist Kassel noch eine hohe Anzahl von Personen auf, die Transferleistungen beziehen. Das zeigt, dass trotz der wirtschaftlichen Gesundung noch ein hoher Bedarf an preisgünstigem und gefördertem Wohnraum besteht. Folgernd zeigt die Tendenz der letzten Jahre, dass sich der Wohnungsmarkt von einem Angebotsüberhang zu einem Nachfrageüberhang gewandelt hat, der zur Anspannung des Marktes führen kann. Ein erstes Anzeichen hierfür ist die steigende Mietbelastungsquote, die derzeit noch teilweise durch die steigenden Bruttolöhne in Kassel kompensiert werden kann. In der Gesamtbetrachtung besteht jedoch noch kein übermäßiges Marktungleichgewicht, jedoch stehen einzelne Marktsegmente unter besonderem Druck.
41
Endnoten: 1
vgl. Stadt Kassel 2016b 2
3
4 5 6
vgl. Schäfer 2014: 28f
vgl. Stadt Kassel 2015b: 8 vgl. Schäfer 2014: 47-49
vgl. Stadt Kassel 2014c: 4
vgl. Stadt Kassel 2015b: 11ff 7
10 11
14
vgl. Rudolph 2015a 8
vgl. BMUB 2016: 66
9
vgl. BMUB 2016: 16
vgl. Stadt Kassel 2014c: 7
vgl. Stadt Kassel 2015b: 34
12
vgl. Stadt Kassel 2015b: 30ff
13
vgl. Stadt Kassel 2015b: 25ff
vgl. van der Busch, Uwe; Müller, Heiko; Frings, Dr. Kerstin 2014: 7 15 16 17
vgl. Statistisches Bundesamt 2010 18
19
VDW 2016: 27
vgl. VDW 2016: 32
vgl. Immonet GmbH 2016
Michael Bauer Research GmbH 2015
3.2 Wohnraumangebot Nachdem bereits die Wohnungsnachfrage auf dem Kasseler Wohnungsmarkt anhand verschiedener Faktoren analysiert wurde, erfolgt in diesem Kapitel die Auseinandersetzung mit dem vorhandenen Wohnraumangebot. Im Gegensatz zur Wohnungsnachfrage lassen sich einzelne Komponenten des Wohnraumangebotes statistisch genau erfassen. Zunächst werden die Wohnraumanbieter bzw. Akteure auf dem Wohnungsmarkt und deren Positionierung zu bestimmten Marktsegmenten beschrieben. Anschließend folgt eine Übersicht über den Wohnungsbestand in Kassel, bezogen auf Gebäudetypen, Baualtersklassen sowie Wohnungsgrößen. Weitere wichtige Aspekte für den gesamten Stadtentwicklungsplan Wohnen wie Mietpreisentwicklung in den unterschiedlichen Marktsegmenten und Bautätigkeit werden ebenfalls untersucht.
3.2.1 Akteure auf dem Wohnungsmarkt Die Wohnungswirtschaft setzt sich aus privaten und institutionellen bzw. öffentlichen Anbietern zusammen. Vor allem Wohnungsbaugesellschaften (hauptsächlich mit sozialem Versorgungsauftrag) haben eine hohe Bedeutung für die Bereitstellung von Wohnraum. Deren strategische Ausrichtung hat wesentlichen Einfluss auf die Preisbildung am Markt. 3.2.1.1 Lokale Akteure Das Wohnraumangebot wird maßgeblich durch kommunale Akteure geprägt. Sie nehmen durch Kooperationen, rechtliche Festsetzungen, Setzungen von Rahmenbedingungen und ihre öffentliche Positionierung zum Thema Wohnraumversorgung Einfluss auf die Angebotsentwicklung. Die Mietpreise in Kassel waren über einen längeren Zeitraum im deutschlandweiten Vergleich relativ niedrig, weswegen in den letzten Jahren wenig bis kein neuer sozialgebundener Wohnraum entstand. Zuletzt war jedoch ein Anstieg der Mieten zu beobachten, worauf die Stadt Kassel mit der Einführung der Mietpreisbremse reagierte. Nach Meinung von Vertretern der Stadtverwaltung soll künftig der soziale Wohnungsbau, wenn auch in einer qualitativ hochwertigeren Form, wieder aufgenommen werden. Um eine hohe Zahl an neuen sozialverträglichen Wohnungen zu schaffen kooperiert die Stadt Kassel verstärkt mit den lokal ansässigen Wohnungsbaugesellschaften GWG und GWH. Dem Thema Neubau stehen mit Ausnahme der Wohnstadt alle Wohnungsunternehmen, nach jahrelanger Konzentration auf die Bestandsqualifizierung, zukünftig offen gegenüber. GWG und GWH wollen ihren Bestand v.a. in den Stadtteilen Vorderer Westen, Wehlheiden, Harleshausen und Kirchditmold ausweiten. Die GWG spricht von einer Portfolioerweiterung, da sie vor allem Wohnungen mit mittleren bis gehobenen Standards anbieten wollen. Neben den kommunalen Wohnungsunternehmen benötigt die Stadt auch privatwirtschaftliche Investoren beim Thema Neubau als Partner.
43 Bei der Auswahl weiterer privatwirtschaftlichen Investoren bezüglich der vorgesehenen Wohnformen wird derzeit nicht selektiert, da eine möglichst schnelle Realisierung von neuem Wohnraum stattfinden soll. Auch hier sind Experten der Stadtverwaltung der Meinung, dass die Stadt in Zukunft kritischer auf die geplante Wohnqualität bei Neubauprojekten achten und Zuschläge konzeptbezogen vergeben sollte. Die Schaffung von nachfragegerechtem Wohnraum ist gemeinsam mit angrenzenden Kommunen zu behandeln. Geringverdiener sind die primäre Zielgruppe der Wohnungsbaugesellschaften, die größere Bestände in Kassel halten (GWG, GWH, Wohnstadt, 1889 Vereinigte Wohnstätten e.G.). Die Unternehmen sehen die Zuständigkeit für die Versorgung von Wohnraum für Personen, die Wohnraum im unteren Preissegment nachfragen in ihrem Aufgabenbereich. Einzig bei den Vereinigten Wohnstätten könnte der Ankauf von Genossenschaftsanteilen bei Neuvermietung eine Hürde für einkommensschwache Haushalte darstellen. Konträr sind die Strategien zur Mietpreisentwicklung der einzelnen Akteure zu bewerten. Während die Wohnstadt unterstreicht, dass bei Mieterhöhungen immer ein vernünftiges Preis-Leistungs-Verhältnis gelten sollte, sieht die GWG Erhöhungen als Anpassungen des Mietpreises an aktuelle Trends, da die Mieten im Vergleich zur Gesamtstadt zuvor auf einem sehr niedrigen Niveau waren. Die Stadt verfolgt weitestgehend das Leitziel „Innen- vor Außenentwicklung“. Stadtentwicklung wird vorrangig auf kommunalen und größeren zusammenhängenden Flächen betrieben. Die Entwicklung kleinerer und in Privateigentum befindlicher Flächen wird zumeist als nicht wirtschaftlich erachtet und deren Aktivierung daher nicht aktiv verfolgt. 3.2.1.2 Verbände und Interessenvertreter Die Entwicklungen auf dem Wohnungsmarkt in Kassel werden von Verbänden und Interessenvertretern, wie dem IVD Nordhessen oder dem Mieterbund, intensiv beobachtet und analysiert. Bei der aktuellen Debatte um die Einführung eines qualifizierten Mietspiegels bezieht der Mieterbund Nordhessen klar Stellung. Er erachtet die Einführung als kontraproduktiv, da durch die Erfassung evtl. Mieten, die aus alten Verträgen stammen, bewusst auf das Maximum angehoben werden können. Der IVD Nordhessen ist bei ähnlicher Argumentation ebenfalls gegen die Einführung eines Mietspiegels. Einig sind sich die Interessenverbände auch, dass langfristig nur der Bau von neuen Wohnungen hilfreich ist, um die steigende Divergenz bei Angebot und Nachfrage im bezahlbaren Segment zu lösen. 3.2.1.5 Fazit Akteure Die Bestandsaufnahme der aktuellen Postionen der Akteure zeigt, dass eine gewisse Dynamik auf dem Wohnungsmarkt zu erkennen ist. Alle Unternehmen betonen, dass es nach jahrelanger Konzentration auf den Bestand, sei es aus betriebswirtschaftlichen Gründen oder mangelnder Nachfrage an neuem Wohnraum, nun an der Zeit ist, wieder aktiv durch Neubauprojekte in Kassel tätig zu werden. Die Stadt stimmt dem zu, sieht aber auch die privaten Investoren als wichtigen Teil bei dem Ziel mehr Wohnraum für Kassel zu schaffen. Insgesamt decken die Unternehmen das untere bis mittlere Preissegment ab, inwiefern dies auch zukünftig der Fall sein wird, ist zu beobachten, da die kommunalen Wohnungsbaugesellschaften unterschiedliche Strategien verfolgen.
44 3.2.2 Wohnungsbestand
Gebäude mit Baualtersklassen 38 29
Insgesamt wurden 37,5 % der bestehenden Wohngebäude in der Zeit zwischen 1950 und 1969 erbaut. In den Stadtteilen Mitte, Südstadt und Wehlheiden liegt dieser Wert deutlich über 47%.2
19
14
1990 und später
1950 - 1969
1970 - 1989
vor 1950
Abb. 017: Gebäude nach Baualtersklassen (eigene Darstellung nach Stadt Kassel 2014a: 13)
Abb. 018: Verteilung der Baustruktur der 1950er und 1960er Jahre (Stadt Kassel 2015a: 11)
In der Stadt Kassel gab es im Jahr 2011 insgesamt 31.802 Gebäude mit Wohnnutzung. Innerhalb derer befanden sich 107.041 Wohneinheiten. Die Feststellung dieser Bestandszahlen ist für die wohnpolitischen und stadtplanerischen Belange von großer Bedeutung.1
Vor dem Jahr 1950 wurden 29,5 % aller Wohngebäude errichtet. Insbesondere im Stadtteil Vorderer Westen sind mehr als die Hälfte der Gebäude in diesem Zeitraum entstanden. Dieser Wert ist auf den hohen Bestand an Gebäuden aus der Gründerzeit zurückzuführen. Stadtteile wie Nord-Holland, Bettenhausen und Forstfeld weisen über 40 % aller Gebäude mit diesem Baualter auf.3 Die Unterneustadt weist einen hohen Gebäudebestand auf, welcher nach 1990 entstanden ist (40,8 %). Dies liegt weit über dem gesamtstädtischen Durchschnitt von 13,8 % und ist auf die Entwicklung der Konversionsfl äche der südlichen Unterneustadt in den 1990er Jahren zurückzuführen4. Die Gebäude in der Stadt Kassel befi nden sich in unterschiedlichen Eigentumsformen. Den größten Anteil machen die Privatpersonen mit 44,6 % (47.775 WE) aller Wohnungen aus. Danach folgen die Gemeinschaften von Eigentümern mit 28,6 % (30.631 WE). Die gemeinwohlorientierten Eigentümer wie kommunale Wohnungsbaugesellschaften (8,8 %; 9.394 WE), Wohnungsgenossenschaften (5,9 %; 6.344 WE) sowie die Anbieter Bund und Land (5,2 %; 5.567 WE) nehmen auf dem Wohnungsmarkt in Kassel einen hohen Stellenwert ein.5
45 3.2.2.1 Anteil der Gebäudetypen am Gesamtbestand Der Gebäudetyp des freistehenden Einfamilienhauses kommt in der Stadt Kassel mit 39,6 % (42.439 WE) am Gesamtbestand am häufi gsten vor. Darin ist auch der hohe Anteil der Privateigentümer begründet. Die Stadtteile Harleshausen (56,6 %; 3.817 WE), Oberzwehren (52 %; 3.166 WE) sowie Bad Wilhelmshöhe (50,3 %; 3.446 WE) weisen den größten Bestand an freistehenden Einfamilienhäusern vor.6
6,6
4,8
6,3
W R
13,9
12,7
Der Gebäudetyp des Mehrfamilienhauses macht 39,1 % (41.822 WE) am gesamten Gebäudebestand in Kassel aus. Der Stadtteil Vorderer Westen mit der hohen Anzahl von Gründerzeitgebäuden weist 67,4 % (6.488 WE) dieses Gebäudetyps auf. In Nord-Holland (59,5 %; 4.468 WE) und Wehlheiden (48,6 %; 3.955 WE) liegen die Werte ebenfalls deutlich über dem gesamtstädtischen Durchschnitt.7
28,3
27,4
3.2.2.2 Eigentumsquote In der Stadt Kassel sind von insgesamt 107.041 Wohneinheiten 74.713 Mietwohnungen und 27.172 im selbstgenutzten Eigentum.8 Somit liegt die Eigentumsquote bei 26,38 % und weit unter dem bundesweiten (45,7 %) und landesweiten (47,3 %) Durchschnitt.9 Jedoch ist zu beachten, dass in vergleichbaren deutschen Großstädten die Eigentumsquote ähnlich der in Kassel ist.
7 Räume oder mehr
3 Räume
6 Räume
2 Räume
5 Räume
1 Raum
4 Räume
3.2.2.3 Wohnungsgrößen
Abb. 019: Prozentuale Verteilung der Wohnungen nach Räumen (Stadt Kassel 2015b: 37)
Wohnungen nach Anzahl der Zimmer Insgesamt 59.600 der 107.041 Wohnungen sind mit drei oder vier Zimmern ausgestattet. Zwei Zimmer besitzen 14.865 Wohnungen und Fünfzimmerwohnungen machen mit 13.305 Wohnungen einen ähnlich hohen Anteil aus. Weiterhin gibt es jeweils ca. 6.500 Sechs- bzw. Sieben- oder Mehrzimmerwohnungen Die Einzimmerwohnungen machen mit 5.039 den kleinsten Anteil aus. Die Verteilung Wohnungsgrößen ist sehr unterschiedlich. Kleine (ein und zwei Zimmer) und große (sechs, sieben und mehr Zimmer) Wohnungen bilden den geringsten Anteil der Wohnungen.10 Zum Ende des Jahres 2014 ergab sich daraus folgende prozentuale Verteilung: Je nach Stadtteil variiert die Verteilung der am meisten vorhandenen Wohnungen mit ihrer jeweiligen Zimmeranzahl. Ein- und Zweizimmerwohnungen befi nden sich vor allem im Umkreis des Holländischen Platzes, in Oberzwehren und im Wolfsanger. Drei- und Vierzimmerwohnungen gibt es vor allem in der Südstadt, der Unterneustadt und in Rothenditmold. In den Stadtteilen Brasselsberg, Nordshausen und Jungfernkopf befi nden sich die großen Wohnungen mit fünf oder mehr Wohnungen, bei denen es sich meist um Ein- oder Zweifamilienhäuser handelt.
Abb. 020: Verteilung der Wohnungsgrößen in m² (Stadt Kassel 2014a: 31 und 32)
Verteilung der Wohnungsgrößen in m²
Wohnung nach Größe der Wohnfl äche Über die Wohnungsgröße kann der Wohnfl ächenverbrauch ermittelt und eingeordnet werden. Die Tendenz dieser Analyse kann auch Rückschlüsse auf die aktuelle Situation am Wohnungsmarkt geben. In Deutschland betrug die Wohnfl äche 2011 im Durchschnitt 42,7 m² je Person. In jenem Jahr wurden in Kassel durchschnittlich 40,00 m² beansprucht. Erst im Jahr 2014 näherte sich Kassel dem Durchschnittswert aus 2014 mit 42,04 m² an, nachdem der Wert durch veränderte
unklar, gewerblich
1,3%
200 und mehr
1,4%
180 bis 199
0,9%
1,6%
160 bis 179
3,2%
140 bis 159
5,6%
120 bis 139
8,4%
100 bis 119
16,8%
80 bis 99
28,9%
60 bis 79
24,7%
40 bis 59
7,4%
unter 40
0%
5%
10%
15%
20%
25%
30%
46 statistische Berechnungen 2012 bereits bei 42,52 m² lag.11 Je nach Stadtteil variiert die durchschnittliche Wohnungsgröße. In den durch Einfamilienhäuser geprägten Stadtteilen Brasselsberg (108,2 m²), Jungfernkopf (104,2 m²) und Nordshausen (100,4 m²) sind die Wohnungsgrößen sehr hoch, während in den Stadtteilen Wesertor (53,9 m²), Nord-Holland (63,5 m²) und Rothenditmold (64,2 m²) die Wohnungen stadtweit am kleinsten sind. Der Durchschnitt liegt bei 78,3 m².12 Den überaus größten Anteil (28,9 %) machen Wohnungen von 60 bis 79 m² aus. Darauf folgen Wohnungen mit Größen von 40 bis 59 m² (24,7 %) und 80 bis 90-m² große Wohnungen (16,9 %). Kleine Wohnungen unter 40 m² machen lediglich 7,4 % aus. 21,1 % der Wohnungen sind über 100 m² groß. 3.2.2.4 Wohnraumausstattung Die technische Ausstattung der Wohnungen in Kassel lässt Rückschlüsse auf Sanierungsstände und Sanierungsbedarfe zu. Wohnungen nach Art des Heiztyps Ausstattungen mit Nah- oder Fernwärme sind im Zuge energetischer Sanierung bzw. einer Modernisierung erstrebenswert. Die meisten Wohnungen in Kassel werden mit einer Zentralheizung geheizt. An zweiter Stelle stehen mit einem Anteil von 22,5 % die Etagenheizungen. Fernwärme hat einen Anteil von 13,5 %. Blockheizung oder Einzel-/Mehrraumöfen weisen nur einen marginalen Prozentsatz auf. Wohnungen nach Ausstattung mit Sanitäranlagen 97,8 % aller Wohnungen in Kassel sind voll mit Sanitäranlagen ausgestattet. Dennoch gab es zum Stichtag des Zensus 4.282 Wohnungen, die weder Badewanne noch Dusche oder ein WC installiert hatten.13 Abb. 021: Wohnungen nach Art des Heiztyps (Stadt Kassel 2014a: 20)
3.2.3 Mietpreise und Marktsegmente Für den gesamten Stadtentwicklungsplan Wohnen ist die Mietpreisentwicklung in unterschiedlichen Marksegmenten von hoher Bedeutung. Dies zeigt sich beispielsweise in den erarbeiteten Themen des Handlungskonzeptes (s.a. Kapitel 5). Dabei ist zu beachten, dass das Angebot und die Nachfrage auf dem Wohnungsmarkt den Preis bestimmen. In der folgenden Analyse wurde zudem zwischen Angebotsund Bestandsmieten unterschieden. 3.2.3.1 Mietenentwicklung Kassel ist eine Mieterstadt, 74,5 % der Wohnungen sind Mietwohnungen.14 Im Vergleich zu anderen ähnlich großen Städten wie beispielsweise Osnabrück (65,8 %), Lübeck (70,9 %) oder Freiburg (72,6 %)15 wird dies deutlich. Deshalb ist die Entwicklung der Mietpreise in Kassel besonders relevant. Die Landesregierung hat für Kassel festgestellt, dass ein angespannter Wohnungsmarkt herrscht und kann damit die Kappungsgrenzenverordnung anwenden.16 Als Reaktion auf diese Entwicklung wurde zudem die Mietpreisbremse eingeführt. Beim Urteil über die Lage des Wohnungsmarktes spielt die Mietenentwicklung eine entscheidende Rolle. Nach § 556d BGB liegt ein angespannter Wohnungsmarkt in einem Gebiet vor, “wenn die ausreichende Versorgung der Bevölkerung
47
Gesamtstadt
2011
2012
2013
2014
Prozentuale Steigerung 2011-14
5,51
6,11
6,50
6,71
21,7 %
mit Mietwohnungen in einer Gemeinde oder einen Teil der Gemeinde zu angemessenen Bedingungen besonders gefährdet ist.”17 Von einer Gefährdung ist insbesondere dann zu sprechen, wenn die Mietpreissteigerungen sowie die Mietbelastungsquote über dem bundesweiten Durchschnitt liegen. Eine geringe Leerstandsquote und hohe Neubautätigkeit sind weitere Indikatoren für die Bewertung.
Abb. 023: Entwicklung der Angebotsmieten in €/m² zwischen 2011 und 2014 (Schäfer 2015a: 2)
Zur Entwicklung der Bestandsmieten gibt es keine statistischen Zahlen. Sie sind ein wesentlicher Bestandteil des Wohnungsmarktes. Eine Erhebung kann über den sogenannten qualifizierten Mietspiegel erfolgen, den verschiedene Kommunen bereits eingeführt haben. In Kassel wird die Einführung kontrovers diskutiert.
Bestandsmieten
Auf gesamtstädtischer Ebene hat sich die Angebotsmiete im Zeitraum 2011 bis 2014 um 21,7 % gesteigert. Lag der durchschnittliche Mietpreis 2011 noch bei 5,51 €/m², so ist er bis 2014 auf 6,71 €/m² gestiegen.
Entwicklung der Angebotsmieten
Aufgeschlüsselt nach den einzelnen Stadtteilen ergibt sich folgendes Bild: Die stärkste Entwicklung mit einem Anstieg von 39,6 % ist im Stadtteil Nord-Holland zu verzeichnen. Dort sind die angebotenen Mieten von 4,56 €/m² auf 6,37 €/m² gestiegen. Harleshausen folgt mit einer Steigerung von 34,5 %. Erwähnenswert ist außerdem, dass sich die höchste durchschnittliche ermittelte Angebotsmiete mit 7,75 €/m² im Stadtteil Wesertor befindet. Dies ist durch eine hohe Anzahl von kleineren Wohnungen zu erklären, da diese deutlich teurer sind. Weimar
Ahnatal
Abb. 022: Entwicklung der Angebotsmieten in Euro/m² zwischen 2011 und 2014 auf Stadtteilebene (Schäfer 2015a: 8) Wahnhausen
Obervellmar Vellmar
Niedervellmar Ihringshausen Spiekershausen
17,9% 4,75 - 5,6 Philippinenhof/Warteberg Dörnberg Jungfernkopf
34,5% 4,93 - 6,64
Harleshausen Wolfsanger/Hasenhecke Fasanenhof
39,6% 4,56 - 6,37 Rothenditmold
15,5% 5,31 - 6,13
Nord-Holland
Gut Ellenbach
30,3% 5,81 - 7,57
28,4% 4,73 - 6,08
31,2% Kirchditmold 4,85 - 6,36
Sandershausen
Wesertor
Gewerbegebiet Sandershäuser Berg
23,9% 5,82 - 7,21 Vorderer Westen
12,1% 6,4 - 7,17
Niestetal
21,1% Mitte 5,53 - 6,69
Unterneustadt
26,3% 5,34 - 6,75
Bad Wilhelmshöhe
Wehlheiden
Brasselsberg
20,8% 5,71 - 6,89
27,8% 4,89 - 6,24
Bettenhausen
Südstadt
3,4% 4,86 - 5,03 Süsterfeld/Helleböhn
Brasselsberg
Heiligenrode
28,4% 4,5 - 5,79
20,8% 4,47 - 5,4
Papierfabrik
Forstfeld
Dönchelandschaft (ortsbezirksfrei) Waldau
Schauenburg
Hoof Angebotsmieten
31,8% 4,91 - 6,48
%Steigerung 2011-2014
Nordshausen
Wüstung und Burg ohne bek. Namen
3- 6 6,1 - 18
Elgershausen
Ochshausen Am Hammelsberg Lohfelden
Niederzwehren Oberzwehren
Wüstung Weitershausen
27,3% 4,76 - 6,07
18,1 - 24
Bergshausen
Crumbach
24,1 - 34 Altenritte
34,1 - 44
Waldhaus
Vollmarshausen
Altenbauna
Stadtteile mit weniger als 60 Inseraten im Zeitraum Die Zahlen in der Karte geben % Steigerung und die Veränderung der Angebotsmiete zwischen 2011 und 2014 in Euro an. Großenritte
Gut Freienhagen Baunatal
Rengershausen
Tobias Schäfer, Bauverwaltungsamt Stadt Kassel, Dittershausen Quelle: Jobcenter Kassel, Sammlung von Angebotsmieten Dennhausen
[
0
0,5
1 Km
Angebotsmieten von 2011 – 2014, Verteilung nach Größe der Wohnung und Wohnung und nach Quadratmeterpreis
Die durchschnittliche Höhe der Angebotsmieten verteilt sich relativ 2012 homogen über die Gesamtstadt, was aufgrund der unterschiedlichen X-Achse: Größe der angebotenen 14 X-Achse: Größe der angebotenen baulichen und sozialen Strukturen nicht zu erwarten wäre. Wohnungen in Qm Wohnungen in Qm
2011 2012 14 14 12 12
12 Y-Achse: Preis angebotenen Wohnungen in Euro pro QM 10
88 66
Zwischen 2011 und 2014 sind die
Zwischen 2011 und 2014 sind die 6 Angebotsmieten in Kassel deutlich angestiegenen. Im Jahr 2011 zeigt 4 sich eine Ballung der Angebote zwischen 4 und 6 Euro pro Qm. Im Jahr 2014 2verteilen sich die Angebote wesentlich deutlicher auf die gesamte Angebotsspanne. Die 0 Ballung erstreckt sich auf einen 0 50 100 Preisraum von 4 – 8 Euro pro Qm. Im Jahr 2014 gibt es im günstigen Bereich 2014 kaum noch Angebote unter 4 Euro pro Qm. Die günstigeren Wohnungen nach 14 Mietpreis pro Qm befinden sich im Bereich von Wohnungen zwischen 50 und 7012 Qm Größe (Jahr 2014). Bei Wohnungen unter 50 Qm Größe ist ein deutlicher Anstieg der 10 Angebotsmieten pro Qm zu verzeichnen. 19 8
Angebotsmieten in Kassel deutlich 3.2.3.3 Entwicklung von Sozialwohnungen und des Im Jahr 2011 zeigt angestiegenen. sich eine Ballung der Angebote belegungsgebundenen Wohnungsbestandes zwischen 4 und 6 Euro pro Qm. Im
44 22
00
50 50
100 100
150 150
200 200
250 250
300 300
2013 2014 14 14 12 12
Jahr 2014 verteilen sich die Angebote wesentlich deutlicher auf
Der belegungsgebundene Wohnraum in derdieStadt Kassel weist mit insgesamte Angebotsspanne. Die Ballung erstreckt sich auf einen gesamt 6.169 Wohneinheiten Gesamtbestand 150 200 8,6 % 250 am 300 Preisraum von 4 – 8 Euroauf. pro Qm.Darunter Im Jahr 2014 gibt es im günstigen zählen Wohnungen nach dem ersten Förderweg wie dem Hessischen Bereich kaum noch Angebote unter pro Qm. Wohnungsbindungsgesetz (HWoBindG) und4DieEuro dem Hessischen Wohngünstigeren Wohnungen nach Mietpreis pro Qm befinden sich im raumförderungsgesetz (HWoFG)18. Bereich von Wohnungen zwischen 50 und 70 Qm Größe (Jahr 2014).
Bei den Wohnungen unter 50 Qm Größe Die Stadtteile Waldau und Wolfsanger weisen höchsten Anteil an ist ein deutlicher Anstieg der öffentlich geförderten Wohnungen mit überAngebotsmieten 20 % am pro QmGebäudebezu verzeichnen. stand auf .
10 10 88
6
66 44 22 00
Y-Achse: Preis angebotenen
Wohnungen in Euro pro QM Wird die Preisentwicklung aufgeschlüsselt nach Wohnungsgrößen betrachtet, so ist zu erkennen, dass die Angebote vor allem im untersten 8 Preissegment stark rückläufig sind. Kommentar: Kommentar:
10 10
00
48
00
50 50
100 100
150 150
200 200
250 250
300 300
bias Schäfer, Bauverwaltungsamt Stadt Kassel, 17.03.2015
Abb. 025: Entwicklung der Angebotsmieten in Euro/m² zwischen 2011 und 2014 nach Größe der Wohnungen und Quadratmeterpreis (Schäfer 2015a: 4)
Die Mieten dieser Wohnungen lagen im Jahr 2014 durchschnittlich bei 4 4,27 €/m². Die meisten belegungsgebundenen Wohnungen haben einen Mietpreis zwischen 3,50 €/m² und 4,50 €/m². Die Anzahl der Woh2 nungen in diesem Preissegment haben im Zeitraum vom Jahr 2011 bis 0 100 150 abgenommen. 200 250 300 zum0 Jahr 50 2014 deutlich Hingegen sind die Wohnungen mit Mietpreisen zwischen 5,00 €/m² und 6,00 €/m² sowie über 6,00 €/m² angestiegen20. Die Angebotsmieten von ehemaligen Sozialwohnungen liegen bei etwa 5,76 €/m². Die durchschnittliche Angebotsmiete in der Stadt Kassel liegt bei 6,71 €/m². Insgesamt liegen etwa 23 % aller ehemaligen Sozialwohnungen über der durchschnittlichen Angebotsmiete der Stadt.21 Zusätzlich ist, wie im bundesweiten Vergleich, ein deutlicher Rückgang an belegungs- und mietpreisgebundenem Wohnraum zu verzeichnen. Im Zeitraum von 2010 bis 2014 sind insgesamt 995 Wohnungen in der Stadt Kassel aus der Bindung gefallen und gleichzeitig nur 41 neu hinzugekommen22. 3.2.3.4 Leerstandsquote
Abb. 026: Veränderung der Zahl öffentlich geförderter Wohnungen von 2011-2014 (Stadt Kassel 2014c: 12)
Um einen Wohnungswechsel zu ermöglichen und einen funktionsfähigen Wohnungsmarkt zu garantieren, benötigt es einen gewissen Leerstand. Ein optimale Leerstandsrate liegt vor, wenn weder ein Angebots- noch einen Nachfrageüberschuss zu verzeichnen sind.23 Eine Leerstandsqoute von 2 bis 3 % gilt als normal.24 Die Leerstandsquote beträgt in Kassel 3,2 %25. Laut dem Statistischen Bundesamt liegt die Leerstandsqoute für ganz Deutschland bei Eigenheimen 3,4 % und bei Geschosswohnungsbauten 5,3 %. In Hessen liegt 2011
2012
2013
2014
6.436
6.361
6.283
6.169
Andere Belegungsbindungen Modernisierungsprogramme, Studentenwohnungen, §88d II.WoBauG, etc.
2.760
2.745
2.737
2.832
Summe:
9.196
9.106
9.020
9.001
8,87 %
8,60 %
8,66 %
8,61 %
Mietpreis- und Belegungsbindungen 1. Förderweg nach dem Hess. Wohnungsbindungsgesetz (HWoBindG) und Neubau nach dem Hess. Wohnraumfördergesetz (HWoFG)
Anteil am gesamten Wohnungsbestand
49 der We rt bei 3,6 % für Eigenheime und 3,8 % Geschosswohnungsbau.26 3.2.4 Bautätigkeit Das Wohnraumangebot wird durch den Wohnungsbestand (vgl. 3.2.2) sowie den Wohnungsneubau bestimmt. Im Folgenden wird die Bautätigkeit, bezogen auf den Baupreisindex, Baugenehmigungen und Baufertigstellungen, auf dem Kasseler Wohnungsmarkt analysiert. 3.2.4.1 Baupreisindex Der Baupreisindex zeigt die Preisentwicklung für den Neubau von Wohnungen an. Er ist auf die gesamte Bundesrepublik und auf das Basisjahr 2010 bezogen. So sind die Preise zwischen 2010 und 2014 um 9,4 % gestiegen. Pro Jahr entspricht dies einer durchschnittlichen Steigerung um ca. 2 %.27
FREI FINANZIERT UND GEFÖRDERT | VON 2011 BIS 2015 1 SYMBOL = 20 VORHABEN
EIL AN BAUFERTIGSTELLUNGEN Abb. 028: Kompensation der aus der Bindung gefallenen öffentlich geförderten Wohnungen (Stadt Kassel 2014c: 12)
Die tatsächlichen Baukosten sind in absoluten Zahlen schwer anzugeben, da sie je nach Region, Wohnungsqualität, Bauweise und Quartal sehr stark unterschiedlich sind. Laut Statistischem Bundesamt (2014) lag der Baupreis jedoch im Jahr 2014 bei 1.528 €/m² je Wohngebäude. Dieser durchschnittliche Baupreis unterschiedet sich nach Anzahl der Wohnungen in einem Gebäude (ein, zwei, drei und mehr Wohnungen) kaum.28 Grundstückspreise sind in diesen Wert nicht mit einberechnet. In aktuellen Neubauprojekten in der Stadt Kassel im Zeitraum von Oktober 2015 bis Februar 2016 gibt es unterschiedliche Angaben für das kalkulierte Investitionsvolumen. Die Kosten, die auch die sehr verschiedenen Grundstückspreise beinhalten, variieren zwischen 2.500 €/m² und 2.866 €/m².29 30 31 32
Abb. 027: Veränderung der Zahl der öffentlich geförderten Wohnungen von 1990-2014 (eigene Darstellung nach Stadt Kassel 2014c: 15)
1990
2002
2014 2020
-9
95
RÜCKGANG BELEGUNGSGEBUNDENER WOHNUNGEN UM 75% SEIT 1990 NUR ERSTER FÖRDERWEG | 1 SYMBOL = 100 WOHNUNGEN
+41
50
Jahresdurchschnitt
2005
2006
2007
2008
2009
2010
2011
2012
2013
2014
87,8
89,5
95,4
98,2
99,0
100,0
102,8
105,4
107,5
109,4
3.2.4.2 Baugenehmigungen
Abb. 029: Veränderung Baupreisindex 2005-2014 (Gutachterausschuss für Immobilienwerte 2015: 28)
Die Zahl der Baugenehmigungen wuchs bis 2013 seit einigen Jahren kontinuierlich an und erreichte in diesem Jahr einen Höchststand von 172 genehmigten Gebäuden mit 400 Wohneinheiten. Im Folgejahr reduzierten sich die Genehmigungen auf 93 Gebäude mit 411 Wohneinheiten. Die einzelnen Projekte beinhalteten jeweils mehr Wohneinheiten, was auf eine veränderte Investorenstruktur hinweist. Die Zahl der genehmigten Wohnungen in Mehrfamilienhäusern verdoppelte sich zwischen 2010 und 2013. 3.2.4.3 Baufertigstellungen Die Baufertigstellungen schlagen sich zeitversetzt zu den Baugenehmigungen in der Statistik nieder. Im Zeitraum von 2010 bis 2014 wurde eine steigende Anzahl von Wohnungen fertiggestellt. 2013 war mit 339 Wohnungen ein Höhepunkt an Baufertigstellungen erreicht, welcher in den Folgejahren leicht abnahm. Der überaus größte Teil der fertiggestellten Wohnungen liegt in Mehrfamilienhäusern. Den geringsten Anteil machen Zweifamilienhäuser aus.33 Überdurchschnittlich hoch ist der Neubau von Wohnungen mit fünf oder mehr Wohnräumen. 2014 machten diese mit 38 % den weitaus größten Anteil aus. In 26 % der errichteten Wohnungen gibt es drei Wohnräume, in 19 % vier Wohnräume und in 15 % einen oder zwei Wohnräume.
3.2.5 Angebotsentwicklung Fazit Kassels dynamischer Wohnungsmarkt ist von einem deutlich gestiegenen Nachfrageüberhang geprägt. Während die Leerstandsquote mit 3,2 % im Normalbereich liegt, zeigen viele andere Faktoren, wie stark sich die Situation gerade für untere Einkommensichten verschärft.
Abb. 030: Veränderung Baupreisindex 2005-2014 (Gutachterausschuss für Immobilienwerte 2015: 28)
2014: +9,4%
2012: +5,4%
2010: 100%
2008: -1,8%
Der deutliche Trend der Mietsteigerungen ist alarmierend, vor allem das Wegfallen der Angebote im untersten Preissegment zeigt dringenden Handlungsbedarf auf. Erschwerend kommt hinzu, dass immer mehr Wohnungen aus ihren Belegungsbindungen auslaufen. Ein Anstieg bei den Mieten ist auch bei den gemeinwohlorientierten Wohnungsgesellschaften zu verzeichnen. Dies widerspricht in Teilen ihrer sozialen Verantwortung bezüglich der Schaffung von bezahlbaren Wohnraum, zu der sie sich öffentlich auch bekennen. Hinsichtlich des Heiztyps, der energetischen Sanierung und der technischen Gebäudeausrüstung besteht Nachholbedarf. Dies betrifft auch den großen Anteil von Wohngebäuden aus den 1950 und 1960er Jahren, deren Sanierungsbedarf in den nächsten Jahren weiter bestehen wird. Ein zukünftiges Handlungsfeld ergibt sich auch aus dem hohen Anteil der Einzeleigentümer in Einfamilienhäuser, denn der demografische Wandel wird in den nächsten Jahren deutliche Spuren hinterlassen. Die Attraktivität des Kasseler Wohnungsmarktes steigt, was an der
51
Baugenehmigungen
2010
2011
2012
2013
2014
Wohngebäude insgesamt
78
89
112
172
93
davon Ein- und Zweifamilienhäuser
55
68
94
136
48
182
205
240
400
411
Wohnungen in Einfamilienhäusern
50
56
82
119
44
Wohnungen in Zweifamilienhäusern
10
24
24
34
...
Wohnungen in Mehrfamilienhäusern
122
125
134
247
...
22
16
22
14
...
48.101
33.260
27.768
30.104
...
Wohnungen in Wohngebäuden insgesamt
Nichtwohngebäude Nichtwohngebäude (Nutzfläche in m²)
Zunahme von Bauanträgen und Baufertigstellungen abzulesen ist. Inwiefern dies ein kurzfristiger Trend ,ausgelöst durch die gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen, ist oder ob sich dieser verstetigen wird, ist zu beobachten.
1
vgl. Stadt Kassel 2014b: 6 2
5
vgl. ebd.: 13 3
vgl. ebd.
4
vgl. ebd.
vgl. Stadt Kassel 2014b: 19 6
vgl. ebd.: 14 7
8 9
vgl. Statistisches Bundesamt 2011
11
vgl. Statistisches Bundesamt 2015
10
vgl. Stadt Kassel 2014a: 19
12
vgl. Stadt Kassel 2014b: 32
14
vgl. Stadt Kassel 2014b: 18
13
15
Stadt Kassel 2014b: 24
vgl. Statistische Ämter des Bundes und der Länder 2014: 91ff 16
vgl. Michaelis 2014 17
vgl. Stadt Kassel 2014c: 12
19
vgl. Stadt Kassel 2014c: 14
vgl. Stadt Kassel 2014a: 12f 21 22
23 24
vgl. Schäfer 2015c: 9
vgl. Stadt Kassel 2014c: 1
Gondrig/Lammel 2001: 91
Schmied, Doris/Henkel, Gerhard (2007): 2 25
vgl. Stadt Kassel 2014a: 18 26
27
vgl. § 556d BGB
18
20
vgl. Statista GmbH????
vgl. Gutachterausschuss für Immobilienwerte 2015: 28 28
vgl. Statistisches Bundesamt 2014: 6 29
vgl. Rudolph 2016 30
31 32
vgl. ebd.
vgl. Stadt Kassel 2014b: 16
vgl. Meyer 2016
vgl. Steinbach 2015a
Der Bodenrichtwert der hier aufgeführten Beispiele liegt bei 85 €/m² und 350 €/m² 33
vgl. Stadt Kassel 2015b: 38
Abb. 031: Baugenehmigungen 2010-2014 (Stadt Kassel 2015b: 37) eigene Darstellung
4. Potentielle Standorte für weiteren Wohnraum in Kassel Die Schaffung von zusätzlichem Wohnraum ist eine notwendige Reaktion auf Bevölkerungswachstum und steigende Nachfrage. Um als Kommune eine vorausschauende und wirksame Strategie für ein solches Wachstum entwickeln zu können, braucht es neben dem Wissen über die Situation am Wohnungsmarkt und den aktuellen Bestand auch die nötigen Informationen über die vorhandenen räumlichen Entwicklungspotentiale. Deshalb widmet sich der Stadtentwicklungsplan Wohnen in diesem Kapitel jenen Flächen und Standorten innerhalb Kassels, auf denen kurz-, mittel- oder langfristig auf verschiedene Weise und durch öffentliche wie private Träger weiterer Wohnraum geschaffen werden könnte. Die Kommune kann die angestrebte Mobilisierung dabei sowohl durch Vorhaben auf eigenen Liegenschaften als auch durch Ansprache von Eigentümern erreichen.
4. Potentielle Standorte für weiteren Wohnraum in Kassel Nachdem in Kassel zum einen das Ausmaß der für Siedlungserweiterung infrage kommenden Flächen bereits deutlich begrenzt ist und ein „Wachsen in die Fläche“ zum anderen aus siedlungs- und klimapolitischen Gesichtspunkten möglichst zu vermeiden ist, muss in besonderem Maße auf die verbleibenden Flächenpotentiale im Innenbereich geachtet werden. Diese Analyse der Wohnraumpotentiale soll einen entscheidenden Beitrag dazu leisten, die Auseinandersetzung mit Nachverdichtungspotentialen zu intensivieren und kann als Informationsgrundlage und Entscheidungshilfe für zukünftige kommunale Strategien und Eingriffsmöglichkeiten zur Aktivierung dieser Flächenpotentiale dienen. Das folgende Kapitel nimmt dabei jedoch bewusst keine Entscheidungen darüber vorweg, wie mit diesen Flächenpotentialen letztendlich in einer Gesamtstrategie oder in Einzelfällen umgegangen wird. Es darf insofern nicht als Ersatz für eine notwendige inhaltliche und politische Auseinandersetzung über die zukünftigen wohnungspolitischen Leitlinien und Weichenstellungen verstanden werden. Es soll diese vielmehr durch das Aufzeigen von räumlichen Handlungsspielräumen unterstützen. Demzufolge soll an dieser Stelle für die identifizierten Potentiale noch keinerlei Realisierungsabsicht ausgedrückt werden, sondern lediglich die grundsätzliche Möglichkeit aufgezeigt werden. Die darauffolgende Bewertung und Kategorisierung nach einem dreistufigen Ampel-Schema lässt zwar vorbereitend auf die Eignung der jeweiligen Potentialfläche schließen, bedarf im Einzelfall aber einer weiteren Verfeinerung und anlassbezogenen Abschätzung.
4.1 Erhebung und Quantifizierung Zusätzlicher Wohnraum lässt sich durch Neubau oder Eingriffe in den Bestand auf sehr unterschiedliche Weise schaffen. Zur systematischen Erhebung und Unterscheidung der Wohnraumpotentiale werden die Flächen daher sechs verschiedenen Potentialtypen zugeordnet, die später im Kapitel dargestellt werden. Darüber hinaus setzt sich dieses Kapitel mit Ergänzungsbebauung in Zeilensiedlungen und Konversionsflächen als Sondertypen auseinander; zwei Ansätze, die erst auf einem stark angespannten Wohnungsmarkt verfolgt werden müssen. Die Anzahl der Wohneinheiten, die potentiell an den identifizierten Standorten realisierbar sind, ergibt sich abhängig vom jeweiligen Typ aus einem vereinfachten Berechnungsschema oder auf Basis von Testentwürfen. Der nachfolgende methodische Exkurs erläutert das Berechnungsschema sowie die einzelnen Variablen näher und veranschaulicht diese anhand einer Beispielrechnung. Mögliche Details in der Berechnungsmethodik, die sich speziell auf bestimmte Potentialtypen beziehen, werden im Rahmen der folgenden Einzelbetrachtungen erläutert.
55
Grundformel der Modellrechnung: Potentiell realisierbare Wohneinheiten (WE+) = mögliche Nettogeschossfläche (m²) / 85 (durchschnittliche Wohnungsgröße in m²)
Die Nettogeschossfläche ist die für das Wohnen nutzbare Fläche eines Gebäudes, also die Bruttogeschossfläche (bebaute Grundfläche * Anzahl der Geschosse) abzüglich des Flächenanteils für Mauerwerk, Installationen und Erschließung (Modellwert angenommen als 30 %).
Die durchschnittliche Wohnungsgröße von 85 m² leitet sich aus der für Kassel aktuell geltenden durchschnittlichen Haushaltsgröße von 1,9 Personen und der im im gesamtdeutschen Durchschnitt 45 m² Wohnfläche pro Person ab.
Die entscheidende Variable für die Berechnung ist demnach die Bruttogeschossfläche. Diese ergibt sich je nach Potentialtyp und Rahmenbedingungen entweder aus der Dimension der Bebauung im Bestand (z.B. bei Aufstockungen und Baulücken im Blockrand), der im Bebauungsplan festgelegten Geschossflächenzahl (ergibt multipliziert mit der Grundstücksfläche die Bruttogeschossfläche) oder einer dem städtebaulichen Kontext entsprechenden individuellen Abschätzung (bei größeren Flächen und im Zuge von Testentwürfen).
Abb. 033: Berechnung der Nettogeschossfläche
Abb. 034: Berechnung der potentiellen Wohnungszahl aus der Nettogeschossfläche
56 Für eine bisher unbebaute Potentialfläche im Stadtteil Nord-Holland ergibt sich aus der umgebenden Bebauung/der vorgegebenen Geschossflächenzahl bspw. folgende Rechnung:
Abb. 035: beispielhafte Anwendung der Berechnung
Spezialfall Mischnutzung: Im Sinne einer zeitgemäßen Stadtentwicklung mit dem Ziel belebter und vielfältiger Stadtquartiere wird bei Potentialflächen in geeigneter Lage und Größe eine mögliche Nutzungsmischung in der Berechnung berücksichtigt. Für Baulücken in Geschäftsstraßen bedeutet dies beispielsweise, eine gewerbliche Erdgeschossnutzung oder einen gewissen prozentualen Anteil an Gewerbeflächen von der Nettogeschossfläche abzuziehen. Im Falle größerer Entwicklungsflächen wird in der Modellrechnung ebenso nicht von reiner Wohnbebauung ausgegangen und nur eine anteilige Wohnnutzung (neben gewerblicher und öffentlich-sozialer Nutzung) angenommen. Die Quantifizierung der gesamten Wohnraumpotentiale wird auf Ebene der Potentialtypen differenziert, da je Typ unterschiedliche Rahmenbedingungen - wie Trägerschaft, Fristigkeit sowie mögliche Widerstände und Übersprungeffekte - die Mobilisierbarkeit beeinflussen.
4.1.1 Baulücken / freie Grundstücke Baulücken und freie Grundstücke sind einfache Ergänzungen der bestehenden Stadtstruktur auf Flächen, die bislang noch nicht bebaut wurden. Sie sind über alle Stadtteile und über unterschiedlichste städtebauliche Kontexte - vom dichten Blockrand der Gründerzeit bis zu den Einfamilienhaussiedlungen jüngerer Vergangenheit - verteilt. Bauvorhaben auf Baulücken bieten im Vergleich zu Potentialtypen im Bestand, die auf bestehender Bebauung basieren, eine relativ hohe Flexibilität und Gestaltungsfreiheit. Da es sich in der Regel um Einzelgrundstücke kleiner bis mittlerer Dimension handelt, deren Erschließung bereits erfolgt ist, sind diese Flächen nach § 34 BauGB zudem meist relativ einfach, kurzfristig und von einem breiten Spektrum an Investoren bzw. Eigentümern entwickelbar - bieten allerdings auch entsprechend wenige Wohnungen. Aus städtebaulicher Sicht dient die Bebauung innerstädtischer Baulücken, die in Kassel zahlreich zu finden sind, der
57 Vervollständigung des Straßenbildes. Ihre Realisierung empfiehlt sich deshalb auch bei stabiler Wohnraumnachfrage. Zu beachten ist, dass die Stadt selbst die Flächen i.d.R. jedoch nur indirekt aktivieren kann, da sie sich zumeist in Privateigentum befinden. Zur Abschätzung der potentiell realisierbaren Wohneinheiten wurde nach offener und geschlossener Bauweise unterschieden. In offener Bauweise (freistehendes Gebäude) geht sie von der im Bebauungsplan höchstzulässigen Bebauungsdichte (GFZ) aus bzw. orientiert an der umliegenden Bebauung. Bei geschlossener oder halboffener Bebauungsweise (z.B. bei Lücken im Blockrand) wurde i.d.R. eine Bebauung über die gesamte vordere Bauflucht mit einer Gebäudetiefe von 12 Metern angenommen, wobei sich die Geschosszahl an der anschließenden Bebauung orientiert. Insgesamt wurden in Kassel 395 Potentiale des Typs Baulücke/freies Grundstück identifiziert. Nach dieser Modellrechnung beläuft sich die Abschätzung des auf diesen Flächen möglichen Wohnraumpotentials auf insgesamt 2.555 Wohneinheiten bei einem Höchstwert von 141 Wohneinheiten auf einer Potentialfläche nördlich des Struthbachwegs.
4.1.2. Entwicklungsflächen Als Entwicklungsflächen werden jene - zumeist größeren - Flächen begriffen, die mittel- bis langfristig für eine Entwicklung mit Wohn- oder Mischnutzung in Frage kommen. Im Gegensatz zu Baulücken und freien Grundstücken fehlt es diesem Potentialtyp jedoch an der nötigen infrastrukturellen Erschließung und Schaffung der baurechtlichen Voraussetzungen. In der Regel handelt es sich bei Entwicklungsflächen entweder um größere und meist landwirtschaftliche genutzte Freiflächen am Siedlungsrand oder sogenannte Konversionsflächen - brachgefallene Industrie- und Gewerbeflächen, Logistikflächen oder Kasernen. Da Konversionsflächen zum Teil differenzierter zu betrachten sind, werden einige Beispiele in Kapitel 4.1.8. im Detail betrachtet. Entwicklungsflächen, die sich zum Zeitpunkt der Erhebung bereits in fortgeschrittenem Planungsstadium befinden oder für die bereits Bauverhandlungen stattfinden, werden, soweit ersichtlich, nicht weiter als Potentialflächen betrachtet. Dies betrifft die beiden Neubaugebiete für Einfamilienhäuser „Am Feldlager“ und „Vor dem Osterholz“. Zwar ebenfalls bereits in Planung befindlich, jedoch noch in einer früheren Phase, ist aktuell das große Neubaugebiet in Nordshausen, weswegen es hier noch mitberücksichtigt wurde. Auf Grund ihrer Dimension bieten diese Flächen die Möglichkeit, im Rahmen größerer Projekte in kurzer Zeit eine hohe Anzahl von Wohneinheiten mit weitestgehend unabhängiger Gestaltung zu errichten. Die öffentliche Hand kann dabei durch sowohl formelle als auch informelle Planungsinstrumente (z.b. städtebauliche Verträge oder Masterplanung) beeinflussend und qualitätssichernd auf städtebauliche Gestalt, Nutzungsart, Dichte wie auch baukulturelle Qualität der Vorhaben einwirken. Als Träger dieser Projekte kommen in der Regel nur finanzstarke Investoren wie Projektentwicklungsgesellschaften oder große Wohnungsunternehmen in Frage. Allerdings kann die öffentliche Hand beispielsweise über eine kleinteiligere Parzellierung und Vergabeverfahren insbesondere bei eigenen Flächen die Beteiligung eines breiteren Trägerspektrums erleichtern. Für die Stadtentwicklung sind Entwicklungsflächen auch deshalb von Bedeutung, weil durch sie deutliche und richtungsweisende Entwicklungsimpulse für das umliegende Stadtgebiet gesetzt werden können.
58 Ob und wie viele Flächen genutzt werden, muss letztlich in Abhängigkeit von politischen Leitlinien und dem Druck auf den Wohnungsmarkt im Einzelfall entschieden werden. Entwicklungsflächen am Stadtrand sollten aufgrund ihres großen Flächenverbrauchs i.d.R. nur bei starker Nachfrage nach Wohnraum entwickelt werden. Da für diesen Potentialtyp aufgrund vielfältiger Mobilisierungshindernisse nicht von einer einfachen oder flächendeckenden Aktivierbarkeit ausgegangen werden darf, wird für große Entwicklungsflächen (mindestens 12.000 m²) die Zahl der möglichen Wohneinheiten unter Berücksichtigung zweier Szenarien und jeweils zweier Bebauungsdichten errechnet. Für alle kleineren Entwicklungsflächen wird das Berechnungsschema freier Grundstücke übernommen. Im progressiven Szenario wird von einer 70-prozentigen Ausnutzbarkeit der vorhandenen Entwicklungsflächen in Kassel ausgegangen. Eine mittelfristige Mobilisierbarkeit der Flächen in dieser Dimension ist zwar als äußerst optimistische Einschätzung zu sehen, jedoch wird dadurch auch die Spannweite des Rahmens deutlich, in dem sich die potentielle Wohnraumrealisierung in diesem Typus bewegt. Im realistischeren zurückhaltenden Szenario wird die Ausnutzbarkeit auf 30 % herabgesetzt. Für beide Szenarien wurde eine Abschätzung sowohl für eine dichte (GFZ 1,2 allein für Wohnnutzung) als auch moderate (GFZ 0,8 allein für Wohnnutzung) Bebauung der Flächen durchgeführt. Bei progressiver Ausnutzung ergibt sich bei dichter Bebauung auf diesen großen Entwicklungsflächen insgesamt ein Wohnraumpotential von rund 5.250 Wohneinheiten. Bei moderater Bebauungsdichte liegt es bei rund 3.500 Wohneinheiten. Im konservativen Ausnutzungsszenario beträgt der abgeschätzte Wert bei dichter Bebauung rund 2.250 Wohneinheiten und bei moderater Bebauungsdichte rund 1.500 Wohneinheiten. Dass auch bei konservativer Ausnutzung und moderater Bebauungsdichte sehr viel potentieller Wohnraum geschaffen werden kann, soll unterstreichen, dass Standorte im bestehenden Siedlungsbereich in mehr als ausreichendem Maße vorhanden und jenen im Außenbereich ausdrücklich vorzuziehen sind. Insgesamt wurden in Kassel 65 Potentiale des Typs Entwicklungsfläche identifiziert, von denen 19 eine Fläche von über 12.000 m² haben. Die Abschätzung des in diesem Flächentypus realisierbaren Wohnraumpotentials - unter Annahme konservativer Ausnutzung und moderater Dichte für die großen Flächen - ergibt insgesamt 2.460 Wohneinheiten.
59
188 WE
228 WE
343 WE
159 WE
485 WE
135 WE
Flächeninanspruchnahme in ha Intensiv
Moderat
55 ha
23 ha
1 Symbol = 1 ha
Berechnung aller Entwicklungsflächen ab 12.000 m2
Gesamtfläche:
1.114.884 m² (111 ha)
Moderat:
30 % der Gesamtfläche 234.126 m² Potentialfläche
Intensiv:
70 % der Gesamtfläche 546.293 m² Potentialfläche
Dichte der Bebauung Intensiv
Moderat
GFZ 1,2
2313 WE
5399 WE
Die Entwicklungsflächen werden in einer moderaten und intensiven Varianten der Inanspruchnahme berechnet. Dabei werden die jeweiligen Ergebnisse mit einer moderaten und intensiven GFZ berechnet. moderate GFZ:
0,8
intensive GFZ:
1,2
280.951 m2 BGF
655.552 m2 BGF
GFZ 0,8
3599 WE
437.034 m2 BGF 1 Symbol = 100 WE
1542 WE
187.300 m2 BGF
Abb. 036: Berechnung für Entwicklungsfl ächen über 12.000 m² (genordet, o.M.) (eigene Darstellung)
60 4.1.3 Nachverdichtung im Hinterland In den von Einfamilienhäusern dominierten Teilen Kassels besteht neben den noch unbebauten Grundstücken zudem in vielen Fällen die Möglichkeit, auch auf bereits bebauten Grundstücken nachzuverdichten. Die in der Vergangenheit oft großzügig angelegten tiefen Grundstücke (zum Zweck der Selbstversorgung) erlauben bei entsprechenden Flächenreserven dem Eigentümer, ein weiteres Haus in das sogenannte „Hinterland“ zu setzen. Für die Erhebung wurde dies ab mindestens 35 Metern verbleibender unbebauter Grundstückstiefe als potentiell möglich angenommen. Durch die sich ändernden soziokulturellen Ansprüche (z.B. geringerer Bedarf an großen Gartenflächen) und wegen der angestrebten Innenentwicklung ist es durchaus in Betracht zu ziehen, diese Potentialflächen bei steigendem Wohnraumbedarf in angemessenem Maße zu entwickeln. Häufig ergibt sich zudem durch eine ähnliche Bauweise innerhalb eines ganzen Häuserblocks in dessen Innenbereich eine große gemeinsame Freifläche, die sich potentiell auch zusammenhängend entwickeln ließe. Hierfür ist allerdings von einer besonders erschwerten bzw. eingeschränkten Mobilisierbarkeit auszugehen, da sich die Grundstücke im Regelfall im Besitz vieler Einzeleigentümer befinden. Oft besteht nur im Fall eines Generationenwechsels eine Bereitschaft zur Veräußerung von Grundstücksanteilen. Der Potentialtyp unterscheidet sich von Baulücken vor allem dadurch, dass er die vorhandene Parzellierungslogik und dadurch auch das Baurecht auf den umliegenden Grundstücken beeinflusst. Die baulichgestalterische Freiheit ist jedoch durch die starke Orientierung an der umgebenden Bebauung ähnlich eingeschränkt. Ebenso finden sich im verdichteten Bereich häufig Kleingewerbe oder Stellplatzanlagen auf den Grundstücken, deren Umsiedlung sich als aufwändig erweisen kann. Aufgrund der komplizierten Mobilisierung ist die Realisierung dieser Vorhaben erst bei angespanntem Wohnungsmarkt vermehrt in Betracht zu ziehen. Es ist jedoch auch zu berücksichtigen, dass großräumige Nachverdichtungen im Hinterland einen wichtigen Einfluss auf die Auslastung lokaler Infrastruktur haben und damit potentiell die Versorgungssituation verbessern können. Um oben genannten Unsicherheiten auch in der Abschätzung des zusätzlich möglichen Wohnraums gerecht zu werden, werden für diesen Typ Testentwürfe in verschiedenen Varianten (moderat / intensiv) angewandt. Die Varianten spiegeln mögliche Entwicklungen wider, die in ihrer Art und Weise auf viele der Hinterlandbebauungs-Potentialflächen in Kassel übertragbar sind. Hierbei muss beachtet werden, dass viele der Siedlungen Ensemble-Charakter haben und dementsprechend sensibel weitergedacht werden müssen. Das gilt auch für das Beispielgebiet für die Testentwürfe, den Innenbereich eines Häuserblocks im Stadtteil Philippinenhof-Warteberg. Die Werte, die sich aus dem Entwurf ergeben, werden beispielhaft für die übrigen Flächen im Stadtteil und anschließend für ganz Kassel hochgerechnet. In Abbildung 037 werden die einzelnen Übertragungsschritte veranschaulicht.
61
Testentwurfsgebiet: • BGF: ca. 5960 m² • GRZ: ca. 0,14 • GFZ: ca. 0,23
• Gesamtfl äche: 2,5 ha • Typologie: EFH / DH • Potentialfl äche: 1,5 ha • Bebauungsplan nicht vorhanden Potentiauschöpfung Moderat Variante A
(mögliches Wohnbaupotential)
Intensive Variante
(mögliches Wohnbaupotential)
32 WE
12 WE
(BGF: 6.384 m2)
(BGF: 1.780)m²)
Hinterlandbebauung: 18 ha
1 Symbol = 1 neue Wohneinheit
Stadtteil Philippinenhof:
• GESAMTFLÄCHE: 118,7 HA • TYPOLOGIE: ÜBERWIEGEND EFH / DH • GRÖSSTER POTENTIALTYP: HINTERLANDBEBAUUNG • KEIN FLÄCHENDECKENDER BEBAUUNGSPLAN VORHANDEN Potentialauschöpfung Moderat
Intensiv
(30 % von der moderaten Variante A)*
(30 % von der intensiven Variante)*
53 WE
189 WE
(BGF: 6.408 m²)
(BGF: 22.982 m²)
* Die Berechnung für den Stadtteil und die Gesamtstadt
erfolgt jeweils mit 30 %, der im Testgebiet errechneten Ausschöpfung des Wohnbaupotentials.
1 Symbol = 10 neue Wohneinheiten
Hinterlandbebauung: 18 ha Abriss / Neubau: 0,1 ha Baulücke: 0,5 ha
Gesamtstadt Kassel: In den Potentialfl ächen der Hinterlandbebauung können in der moderaten Berechnung bis 2030 etwa 155 Wohneinheiten realisiert werden. Diese Entwicklung wird als realistisch eingeschätzt. Die Intensive Berechnung zeigt, dass bei erhöhtem Bedarf eine größere Potentialausreizung möglich wäre. Potentialauschöpfung Moderat
Intensiv
(30 % von der moderaten Variante A)*
(30 % von der intensiven Variante)*
155 WE
557 WE
(BGF: 18.868 m²)
(BGF: 67.670 m²)
* 1 Symbol = 10 neue Wohneinheiten
Die Berechnung für den Stadtteil und die Gesamtstadt erfolgt jeweils mit 30 %, der im Testgebiet errechneten Ausschöpfung des Wohnbaupotentials.
Hinterlandbebauung: 53 ha
Abb. 037: Übertragung des Wohnbaupotentials auf die Gesamtstadt (genordet, o.M.) (eigene Darstellung)
62 Die moderate Variante A (Abb. 038) stellt eine Art Eigenentwicklung durch die Eigentümer dar, wobei einzelne Grundstücksanteile im Laufe der Zeit veräußert und neu bebaut werden, ohne dabei zwingend Rücksicht auf das städtebauliche Ensemble zu nehmen. Die moderate Variante B (Abb. 039) stellt ebenfalls eine anzunehmende Eigenentwicklung dar, nimmt dabei aber Bezug auf das städtebauliche Ensemble und fügt sich in die vorhandene Struktur ein. Für die moderaten Varianten ist die Aufstellung eines angepassten Bebauungsplans zwar nicht zwingend notwendig (es gilt §34 BauGB), allerdings wird dies zur konkreten Festlegung der zur Überbauung zulässigen Flächenanteile und Wahrung der städtebaulichen Qualitätsansprüche ausdrücklich empfohlen. Letztlich bleibt dies allerdings von den spezifischen baulichen Gegebenheiten der jeweiligen Potentialflächen abhängig. In dem moderaten Szenario könnten in Kassel bis 2030 etwa 155 neue Wohneinheiten geschaffen werden. Diese Entwicklung wird in Anbetracht des aktuellen Trends als realistisch eingeschätzt. Die intensive Variante (Abb. 040) geht von einer hohen Ausschöpfung der Kapazitäten aus und soll beispielhaft darstellen, welcher Verdichtungsgrad bei stark steigendem Bedarf potentiell möglich wäre. Dazu wäre neben einer Veränderung der baurechtlichen Grundlagen auch eine Mobilisierung nahezu aller Einzelgrundstücke erforderlich. Durch die erwähnten erschwerten Bedingungen stellt diese Variante daher eher einen Ausnahmefall dar. Bei einer derartigen Ausnutzung ließen sich in Kassel etwa 560 Wohneinheiten realisieren. Dieses Szenario wird zwar als eher unwahrscheinlich eingeschätzt, es zeigt aber auf, dass im Falle eines größeren Bedarfs weitere Wohnungsbaupotentiale bestünden. 4.1.4 Aufstockung und Ausbau von Dachgeschossen Dieser Potentialtyp umfasst die Ausbaufähigkeit eines bestehenden Gebäudes durch Ergänzung um ein oder zwei Geschosse und/oder den Ausbau des Dachgeschosses zur Wohnnutzung. Dies lässt sich primär bei Anpassungsmöglichkeit an die Höhe und Gestalt der umgebenden Bebauung (v.a. im Blockrand) begründen. Ist es aus städtebaulicher Sicht möglich und vertretbar, können Aufstockungen und Dachausbauten für gesamte Ensembles ebenfalls in diese Kategorie fallen. Aufstockungen, deren Realisierung die aufwändige Installation eines Aufzugs nach sich ziehen würde, was ab fünf Geschossen planungsrechtlich verpflichtend ist, wurden in dieser Betrachtung vorerst außer Acht gelassen. Bei stärkerer Anspannung und im Zuge der Verbreitung der Barrierefreiheit sollten diese Potentiale allerdings nacherhoben und miteinbezogen werden. Zu beachten ist, dass der Betrieb eines Aufzugs mitunter beträchtliche Auswirkungen auf die Nebenkosten hat. Für Kassel ist dieser Potentialtyp vor allem deshalb von besonderer Bedeutung, da insbesondere in den dichteren innerstädtischen Bereichen oftmals große Höhenunterschiede im Bestand zu finden sind und eine Anpassung hier auch als eine Aufwertung des Stadtbildes zu sehen ist. In zentraler Lage kann zudem mit qualitätsvollen Dachgeschosswohnungen („Lofts“) ein attraktives Angebot für einkommensstärkere Gruppen in Alternative zum Einfamilienhaus geschaffen werden. Die Realisierung dieses Potentialtyps lässt sich am besten mit ohnehin anstehenden Sanierungen verbinden, ist damit nicht unbedingt kurzfristig umsetzbar und sollte daher bereits bei stabiler Nachfrage nach Wohnraum beworben werden. Steigt der Nachfragedruck, ist von erhöhter Sanierungstätigkeit auszugehen, womit auch der kommunale
63
Testentwurf 1 Testentwurf 1: Moderate Variante A Eigenentwicklung
• Entwurfsfl äche: 6620 m² • Typologie: EFH / DH • Wohneinheiten: 12 WE • BGF neu: 1780 m² • GRZ Entwurf: 0,29 • GFZ Entwurf: 0,27 • Aufstellung eines Bebauungs plans nicht zwingend erforder lich
Testentwurf 1: Moderate Variante A, Lageplan, o.M.
Moderate Variante A: Vogelperspektive
Abb. 038: Testentwurf 1: Lageplan und Isometrie (o.M.) (eigene Darstellung)
Testentwurf 2 Testentwurf 2: Moderate Variante B
„ensemblegerechte“ Eigenentwicklung
• Entwurfsfl äche: 6390 m² • Typologie: Doppelhäuser • Wohneinheiten: 12 WE • BGF neu: 1400 m2 • GRZ Entwurf: 0,22 • GFZ Entwurf: 0,22 • Aufstellung eines Bebauungs plans nicht zwingend erforder lich
Testentwurf 2: Moderate Variante B, Lageplan, o.M.
Moderate Variante B: Vogelperspektive
Abb. 039: Testentwurf 2: Lageplan und Isometrie (o.M.) (eigene Darstellung)
Testentwurf 3 Testentwurf 3: Intensive Variante hohe Ausschöpfung der Potentialfl äche
• Entwurfsfl äche mit Erschließung 10.700 m² • Typologie: Kettenhäuser • Wohneinheiten: 32 WE • BGF neu: 6384 m² • GRZ Entwurf: 0,35 • GFZ Entwurf: 0,76 • Aufstellung eines neuen Bebau ungsplans erforderlich
Testentwurf 3: Intensive Variante, Lageplan, o.M.
Intensive Variante: Vogelperspektive
Abb. 040: Testentwurf 3: Lageplan und Isometrie (o.M.) (eigene Darstellung)
64 Handlungsbedarf steigt. Die Mobilisierbarkeit von Ausbauten basiert im Gegensatz zu allen anderen Potentialtypen auf dem Zustand und den baustatischen Kapazitäten des jeweiligen Gebäudes. Generell ist dieser Potentialtyp aufgrund der nötigen anfänglichen Rückbauten als überdurchschnittlich aufwändig zu erachten, allerdings ermöglicht er als einziger Typ eine Nachverdichtung von Wohneinheiten ohne weitere Flächeninanspruchnahme. Während sich die Wohnfläche bei Aufstockungen aus der bestehenden Geschossfläche des Gebäudes ergibt, wurde für den Dachgeschossausbau ein Schlüssel von zwei Dritteln der Geschossfläche angesetzt. Insgesamt wurden in Kassel 60 Potentiale und Potentialgebiete des Typs Aufstockung und Ausbau von Dachgeschossen identifiziert. Die Abschätzung der auf diesen Flächen möglichen Wohnraumpotentiale ergibt insgesamt 452 Wohneinheiten.
4.1.5 Anbauten Anbauten, also die horizontale Erweiterung bestehender Gebäude, kommen zum einen für Gebäude mit besonders kleinem Grundriss infrage und zum anderen auf angrenzenden untergenutzten Restflächen, die für einen eigenständigen Neubau zu klein sind. Anbauten ermöglichen es, Wohnungsgrundrisse den veränderten Raumbedürfnissen anzupassen und so sowohl auf den konstant wachsenden Wohnflächenbedarf als auch die Zunahme der Zahl von Single-Haushalten zu reagieren. Im Falle älterer Wohngebäude mit deutlich kleineren Wohnungsgrundrissen bieten Anbauten eine Möglichkeit, diese aufzuwerten und beispielweise für Familien mit Kindern attraktiver zu machen. Die Aufspaltung von großen und untergenutzten Wohnungen kann dagegen zu einer besseren Auslastung der lokalen Infrastruktur und zur Belebung und Verdichtung beitragen. Anbauten eignen sich, unabhängig von der Anspannung auf dem Wohnungsmarkt, insbesondere als Alternativlösung für individuelle Vorhaben, die ohne weiteren Flächenverbrauch nicht realisierbar sind. Insgesamt wurden in Kassel 45 Potentiale und Potentialgebiete des Typs Anbau identifiziert. Die Abschätzung des auf diesen Flächen realisierbaren Wohnraumpotentials ergibt insgesamt 141 Wohneinheiten. Dabei wurde insbesondere die Erweiterung von bestehenden Einfamilienhäusern in den Hausgarten nur sehr vorsichtig betrachtet.
4.1.6 Abriss & Neubau In begründbaren Fällen wurden auch jene Flächen in die Betrachtung mit aufgenommen, wo vorhandene Bausubstanz entfernt und weiterer Wohnraum durch Neubau geschaffen werden kann. Die Bandbreite der Potentiale dieses Typs ist dabei grundsätzlich sehr groß. Da dies einen relativ harten Eingriff in den Bestand bedeutet, der gegebenenfalls auch aktuell aktiv genutzte Flächen betreffen kann, bedurfte es bei der Identifikation jener Flächen einer behutsamen Abwägung und einer Reihe vorab definierter Auswahlkriterien. In der Regel lässt sich ein Abriss und die anschließende Errichtung eines den Standortgegebenheiten angepassten Neubaus zum einen durch einen sehr schlechten oder unbewohnbaren Gebäudezustand rechtfertigen. Zum anderen kann ab einem deutlichen Unterschied
65 der Gebäudehöhe im Vergleich zur umliegenden Bebauung sowohl aus Gründen der Wirtschaftlichkeit sowie der Gebäudestatik das Ersetzen des Bestandsgebäudes einer Aufstockung unter Erhaltung des Bestands vorgezogen werden. Als Grenzwert wurde dabei eine aufzustockende Geschosszahl größer oder gleich der bestehenden angenommen. Sofern möglich und wünschenswert, wird von einem Verbleib der betroffenen Nutzungen am Standort nach dem Neubau ausgegangen. Angesichts des hohen Mobilisierungsaufwands ist mit einer Realisierung dieser Potentiale nur bei erhöhter Renditeerwartung unter entsprechendem Wohnungsdruck zu rechnen. Neben baulich unzureichenden Gebäuden wurden jedoch auch anderweitig genutzte und bebaute Flächen in diesen Typ mit aufgenommen, sofern ihrer derzeitigen Nutzung eine deutlich geringere Wertigkeit beigemessen werden kann und dabei die Potentiale und Kapazitäten der Fläche nur in sehr geringem Maße sinnvoll ausgenutzt werden. Hierunter fällt z.B. die Beseitigung von Garagenzeilen im Kontext größerer Wohnanlagen, an deren Stelle Wohnraum errichtet werden könnte. Eine Neuerrichtung der verlorenen Stellplätze, beispielsweise in Tiefgaragen, ist in der Regel aufgrund der Flächenzuschnitte im näheren Umfeld möglich, allerdings im Einzelfall kostenaufwändig und mit Einschränkungen für die bisherigen Nutzer verbunden, die bei einer möglichen Realisierung beispielsweise durch Bereitstellung von Ersatzflächen berücksichtigt werden müssen. Abriss und Neubau wäre ebenfalls denkbar im Falle von Nutzungen, deren Überleben an jenem Standort mittelfristig eher ungewiss ist und die unter steigendem wirtschaftlichen Druck rasch nachgeben müssten, sowie für bereits gänzlich brachgefallene Nutzungen. Da sich die Kosten für den Abriss solcher kleineren Anlagen in Grenzen halten, kann die Realisierung derartiger Potentiale bereits bei moderatem Druck auf dem Wohnungsmarkt angestrebt werden. In einzelnen Fällen sind stabile Kleingewerbe in den Potentialen gelistet. Diese kommen i.d.R. in sehr verdichtet bebauten Gebieten vor und sollen ausdrücklich als langfristige Potentiale verstanden werden, die nur in problematischen Situationen herangezogen werden sollen; also bei sehr starkem Nachfragedruck im Quartier. Um die Behutsamkeit des Vorhabens sicherzustellen, berücksichtigt die Bewertung den Wert der gegenwärtigen Nutzung ebenso wie das Ausmaß der zu beseitigenden Bausubstanz auf den Flächen insbesondere. Damit wird die nötige Klassifizierung innerhalb dieses sonst sehr heterogenen Typs erreicht. Falls zutreffend, wird in der Berechnung der abrissbedingte Verlust bestehender Wohneinheiten berücksichtigt, indem nur der Differenzwert zwischen Altbestand und Neubau in die Quantifizierung aufgenommen wird. Insgesamt wurden in Kassel 142 Potentiale des Typs Abriss & Neubau identifiziert. Die Abschätzung des auf diesen Flächen realisierbaren Wohnraumpotentials ergibt insgesamt 1.402 Wohneinheiten.
66
Abb. 041: Potentialfl ächen nach Potentialtyp
Abb. 042: potentiell realisierbare Wohneinheiten nach Potentialtyp
2.559 WE auf Baulücken und freien Grundstücken 2.460 WE auf Entwicklungsflächen 155 WE durch Nachverd. im Hinterland 141 WE durch Anbau 452 WE durch Aufstockung und Dachausbau 1.402 WE durch 1 km Abriss und Neubau
2.559 WE auf Baulücken und freien Grundstücken 2.460 WE auf Entwicklungsflächen 155 WE durch Nachverd. im Hinterland 141 WE durch Anbau 452 WE durch Aufstockung und Dachausbau 1.402 WE durch 1 km Abriss und Neubau
67 4.1.7. Gesamtübersicht der erhobenen Potentialflächen in Kassel Darüber hinaus bieten die Nachverdichtung von Zeilensiedlungen Die Karte in Abbildung 041 verortet alle erhobenen Potentialfl ächen, unterschieden nach den benannten Typen. Insgesamt sind dies 956 Flächen mit dem abgeschätzten Potential für 7.165 weitere Wohneinheiten. Diese Zahl ist mit Vorsicht zu genießen, da nur für einen Teil der Potentiale eine Realisierung empfohlen werden kann. Auf der Karte in Abb. 042 wird die Anzahl der potentiellen Wohneinheiten je Fläche durch die Größe der Kreise visualisiert.
4.1.8. Besondere Potentialflächen Darüber hinaus bieten die Nachverdichtung von Zeilensiedlungen sowie die Konversion von altindustriellen Flächen weitere Potentiale, um zusätzlichen Wohnraum zu schaffen. Diese sind einerseits wegen ihrer Verbreitung im Kasseler Stadtbild von hoher Relevanz, andererseits lassen sie sich ob ihrer teils sehr unterschiedlichen Merkmale nur unzureichend generalisiert betrachten. Aufgrund Ihrer sehr speziellen Charaktere und des Umstands, dass die statistisch große Zahl möglicher Wohneinheiten von jeweils einem zentralen Akteur abhängig ist, konnten sie für das angewandte Schema der Quantifi zierung und Bewertung der Potentialerhebung noch nicht berücksichtigt werden.
Ergänzungsbebauung in Zeilensiedlungen Viele Zeilensiedlungen im Kasseler Stadtgebiet stammen aus der Nachkriegszeit. Diese Siedlungen wurden bedingt durch starke Kriegszerstörungen und die resultierende Wohnungsnot errichtet. Dabei sind häufi g die städtebaulichen Leitbilder der gegliederten und aufgelockerten sowie der autogerechten Stadt der 1950er/60er Jahre ablesbar. Typische Merkmale sind Zeilentypologien, bei denen die Bausubstanz oftmals veraltet ist und Wohnungsgrößen und -zuschnitte nicht mehr den heutigen Anforderungen entsprechen. Darüber hinaus ist der Bestand von undefi nierten Gebäudevorzonen, überdimensionierten Verkehrs- und Stellplatzfl ächen sowie großzügigen Zwischen- und Freifl ächen geprägt, die untergenutzt bleiben. Auf diesen Flächen und im Gebäudebestand selbst bieten sich Potentiale zur Nachverdichtung und Bestandsentwicklung. Die Berechnung für die mögliche Ausschöpfung der Potentialfl ächen wurde nach dem gleichen Rechenschema wie beim Potentialtyp Hinterlandbebauung durchgeführt. Ausgangspunkt für die Berechnung ist die durch die jeweiligen Testentwürfe (moderate Variante / intensive Variante) geschaffene Bruttogrundfl äche. Die erzielten Bruttogrundfl ächen der beiden Varianten wurden im weiteren Verlauf mit einem Anteil von je 30 % zunächst auf die Gesamtsiedlung der Wohnstadt Waldau und schließlich auf weitere Zeilensiedlungen in Kassel übertragen, um das gesamtstädtische Potential der Nachverdichtung in Zeilensiedlungen zu ermitteln.
1
2
3
Die hierfür in Betrachtung gezogenen Siedlungen sind die Wohnstadt Waldau (1; Testgebiet), die Siedlung Helleböhn (2), die Siedlung Mattenberg (3) und der südliche Teil der Siedlung Brückenhof (4). 4
Diese Siedlungen wurden ausgewählt, da sie eine ähnliche Baustruktur Abb. 043: betrachtete Zeilensiedlungen
68
Testentwurfsgebiet Waldau Gesamtfl äche: 3,50 ha III
Wohnbaupotential moderate Variante:
IV IV
III
IV
III
IV
III IV
intensive Variante:
42 WE 5.092 m2 BGF
III IV IV IV
117 WE 14.158 m2 BGF
1 Symbol = 1 neue Wohneinheit (durch Ergänzungsbebauung im Testentwurfsgebiet)
Zeilensiedlung Wohnstadt Waldau Gesamtfl äche: 38,54 ha
III III III III
Wohnbaupotential moderate Variante:
intensive Variante:
139 WE 16.819 m2 BGF
385 WE 46.763 m2 BGF
1 Symbol = 10 neue Wohneinheiten
Zeilensiedlungen Stadtgebiet Kassel einberechnet: Waldau (1), Helleböhn (2), Mattenberg (3), Brückenhof Süd (4) Wohnbaupotential moderate Variante:
intensive Variante:
302 WE 36.666 m2 BGF
839 WE 101.945 m2 BGF
2 1 4 3
1 Symbol = 10 neue Wohneinheiten
Abb. 044: Übertragung des Wohnbaupotentials auf die Gesamtstadt (genordet, o.M.) (eigene Darstellung)
69 sowie Baualtersklasse und großflächige Ausdehnung aufweisen. Das Gebiet des Testentwurfs innerhalb der Wohnstadt Waldau bietet dabei die am besten übertragbaren Bedingungen. Eine Übertragung der Varianten des Testentwurfs auf weitere Gebiete in Kassel ist also durchaus denkbar. Im Fall der Brückenhof-Siedlung wurde lediglich der südliche Teil betrachtet, da das restliche Siedlungsgebiet eine höhere Dichte, bedingt durch höhere Geschossigkeiten, aufweist und der Unterschied zur Wohnstadt Waldau somit zu groß ist bzw. eine weitere Verdichtung als unangemessen bewertet wird. Weitere Zeilengebiete in Kassel wurden bei der Berechnung nicht berücksichtigt, da diese flächenmäßig wesentlich kleiner und zumeist dichter bebaut sind. Es wurden zwei Testentwürfe angewendet, die mögliche Entwicklungen in einer moderaten und einer intensiven Variante aufzeigen sollen. In Testentwurf 1 (Abb. 045, S. 74) erfolgt die Nachverdichtung des Gebiets in Waldau durch eine moderate Ergänzungsbebauung. Die Bestandsgebäude und Stellplatzflächen werden durch den Neubau nicht verändert. Stattdessen wird das Grundstück um vier Gebäude ergänzt, die sich zwischen die südlichen Bestandszeilen einfügen und somit privatere Hofsituationen schaffen. Testentwurf 2 (Abb. 046, S. 74) zeigt hingegen eine intensive Ausschöpfung der Flächenreserven auf. In dieser Variante werden auch die bestehenden Gebäude und Stellplatzflächen von der Ergänzungsbebauung berührt. Dreistöckige Bestandsgebäude werden um ein Geschoss aufgestockt. Von einer Aufstockung um weitere Geschosse wird abgesehen, da ab dem fünften Geschoss Lifteinbauten erforderlich wären und diese bauliche Veränderung als unwirtschaftlich erachtet wird. Die südlichen Bestandsgebäude werden durch fünf- bis sechsgeschossige Kopfbauten ergänzt. Die Neubauten parallel zur südlichen Erschließungsstraße sind ebenfalls fünfgeschossig und befinden sich auf den ehemaligen Stellplatzflächen, wodurch die dahinterliegenden Hofsituationen weiträumiger werden. Unter diesen Neubauten sind Tiefgaragen angelegt, um die wegfallenden oberirdischen Stellplätze zu kompensieren. Auch am östlichen Rand des Testentwurfsgebiets werden Gebäude ergänzt bzw. aufgestockt. Die intensive Variante stellt insgesamt einen radikalen Ansatz dar, der aufzeigen soll, welcher Grad der Nachverdichtung bei starkem Bedarf möglich wäre. Im moderaten Szenario könnten bis 2030 (als mittelfristiger Planungshorizont) etwa 300 Wohneinheiten auf gesamtstädtischer Ebene geschaffen werden. Eine Ausnutzung in diesem Umfang wird als realistisch eingeschätzt. Ein vorteilhafter Aspekt bei Nachverdichtungen von Zeilensiedlungen ist, dass sich die betreffenden Flächen bereits im Eigentum der Bauträger befinden, wodurch der Finanzierungsaufwand vergleichsweise geringer ausfällt. Vorhandene Strukturen bleiben größtenteils bestehen und werden durch die Bildung privaterer Freiflächen noch optimiert. Die überschaubare Anzahl von Eigentümern ist dabei vorteilhaft. Chancen für die Weiterentwicklung der Zeilensiedlungen durch Ergänzungsbebauung ergeben sich beispielsweise durch die Etablierung verschiedener Wohnungstypen und andere Nutzungen. Dadurch könnte die Monostruktur und Monofunktionalität der Siedlungen aufgebrochen werden und die Quartiere ihre Zukunftsfähigkeit insgesamt erhöhen. Im Falle eines starken Bevölkerungswachstums könnten in dem intensiven Szenario rund 840 Wohneinheiten realisiert werden. Diese Variante wird aufgrund des hohen Eingriffsumfangs allerdings als unwahrscheinlich angesehen, zeigt aber dennoch auf, welcher Grad der Potentialausschöpfung möglich wäre. Risiken einer Nachverdichtung bestehen, wenn der Eingriff zu radikal,
70 sowohl in baulicher als auch in sozialer Hinsicht, vorgenommen wird und starke Veränderungen mit sich bringt. Es sollte eine sensible Nachverdichtungsstrategie unter Berücksichtigung bestehender Rahmenbedingungen verfolgt werden. Denn trotz vergleichbarer Baustrukturen der betrachteten Zeilensiedlungen werden Unterschiede deutlich, die eine genauere Bewertung der Ergänzungsbebauung erfordern. Eine Nachverdichtung im Brückenhof beispielsweise ist kritischer zu sehen als in Waldau. Die Siedlung wurde später errichtet als Waldau und folgt dem städtebaulichen Leitbild „Urbanität durch Dichte“ aus den 1960er/70er Jahren. Typische Missstände solcher heutzutage stigmatisierter Großsiedlungen, die auch die Attraktivität für potentielle Zuzüge stark einschränken, haben sich auch im Brückenhof gezeigt, darunter Vandalismus, Kriminalität oder die Verwahrlosung von Gebäuden und Freifl ächen. Zurückzuführen sind diese Problematiken u.a. auf die hohe bauliche Dichte. Darüber hinaus fi ndet sich im Brückenhof auch Leerstand. Eine weitere Nachverdichtung müsste baulich und soziokulturell sehr behutsam behandelt werden und wäre der Siedlung wahrscheinlich nicht zuträglich, sondern würde evtl. weitere soziale Probleme verursachen und städtebauliche Missstände nach sich ziehen. Dies verdeutlicht, dass Vorhaben zur Nachverdichtung also kritisch hinterfragt und mögliche Auswirkungen auf die Siedlungen nachvollzogen werden sollten. Grundsätzlich lässt sich allerdings sagen, dass ein großes Wohnraumpotential innerhalb der Zeilensiedlungen besteht, was bereits in der moderaten Nachverdichtungsvariante mit 302 möglichen Wohneinheiten sichtbar wird und eine Ergänzungsbebauung zur Quartiersaufwertung beitragen kann.
Abb. 045: Testentwurf 1
10m
Abb. 046: Testentwurf 2
10m
71 Ausblick auf langfristige Konversionspotentiale Kassel ist und war als Stadt durch die produzierende Industrie geprägt. Aus dieser Historie heraus gibt es viele altindustrielle Flächen, die auch für eine Wohnbebauung infrage kommen könnten. Allerdings liegen diese oftmals in Bereichen, in denen aktuell noch keine Wohnnutzung zulässig oder auch vertretbar ist. Zudem sind Konversionen durch den notwendigen Abriss vorhandener Substanz oder aufgrund einer Kontamination der Böden durch die industrielle Nutzung (Altlasten) unter Umständen mit hohen Kosten verbunden. Die Flächen müssen aus diesem Grund sehr individuell betrachtet werden. Einige dieser Konversionsfl ächen wurden bereits unter dem Potentialtyp Entwicklungsfl ächen in die Erhebung und Bewertung miteinbezogen. Darüber hinaus sollen im Folgenden gesondert zum einen noch einige weitere Flächen behandelt werden, deren Umnutzung und Entwicklung zu Wohnzwecken zwar mittel- oder langfristig denkbar ist, jedoch in der aktuellen Betrachtung noch ausgespart wurden. Zum anderen soll im Zusammenhang mit längerfristigen Umnutzungspotentialen auch angemerkt sein, dass dabei nicht nur bereits aktuell aus der Nutzung gefallene Flächen beachtet werden müssen. Insbesondere bei Industrie- und Produktionsstandorten in innenstadtnaher Lage ist im Zuge eines fortschreitenden Strukturwandels eine gewisse Tendenz zur Standortverlagerung festzustellen - und auch in Zukunft abzusehen. Deshalb könnte für derartige Flächen, die es in Kassel an einigen Standorten gibt, langfristig zumindest teilweise eine andere Nutzung in Frage kommen. Dies betrifft auch die durch die Verlagerung der Industriebetriebe zunehmend obsolet werdenden Gleisfl ächen. Welches Ausmaß und Form diese Entwicklung letzten Endes annehmen wird, ist erheblich von Faktoren und Unternehmensentscheidungen abhängig, die heute kaum sinnvoll zu beurteilen sind. Unabhängig davon ist es aber nicht unwahrscheinlich, dass sich in Kassel zukünftig weitere Potentiale zur Umnutzung in unbestimmtem Ausmaß ergeben werden. Deshalb ist es zu empfehlen, diese Tendenz hinsichtlich künftiger Planungen im Hinterkopf zu behalten, um gegebenenfalls als Kommune unterstützend oder gestaltend handeln zu können. Unterstadtbahnhof: Der Unterstadtbahnhof ist eine zentral gelegene ehemalige Gleisanlage von 13,2 Hektar Größe, die zur Zeit unterschiedlichen Eigentümern gehört. Die verlorene Funktion als Güterbahnhof in Verbindung mit dem angespannten Wohnungsmarkt bietet eine günstige Gelegenheit, Wohnraum auf dem Areal zu realisieren. Entgegen der aktuellen Pläne der Stadt Kassel, die Fläche einer reinen gewerblichen Nutzung zuzuführen, wird die Entwicklung zu einem gemischt genutzten Quartier empfohlen, indem ca. 450 Wohneinheiten entstehen könnten. Henschelgelände: Das Henschelgelände an der Wolfhager Straße im Stadtteil Rothenditmold wird derzeit von Kultur- und Sportvereinen genutzt. Dennoch stehen momentan 90 % der ehemaligen Fertigungshallen auf dem vier Hektar großen Areal leer. Neben dem hier bestehenden Potential zum Ausbau einer Kultur- und Kreativwirtschaft eignet sich dieser Standort auch zur Wohnnutzung. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass das Gelände unter Denkmalschutz steht, zudem müsste aufgrund der gegenwärtig ausgeschlossenen Wohnnutzung eine Änderung des Bebauungsplans vorgenommen werden. Die Stadt könnte diese Fläche auch mit Hilfe von Fördermitteln etwa durch die „Soziale Stadt”, die Kinder- und Jugendförderung, die Sportförderung, die Kulturförderung, die Stadtentwicklung oder das kürzlich von Bund und Land verabschiedete kommunale Förderungsprogramm entwickeln. Nach Abschätzung durch das Berechnungsschema für Entwicklungsfl ächen (also unter Annahme einer gemischten
72 Nutzung und abzüglich eines Anteils für infrastrukturelle Erschließung und Freiflächen) ließen sich hier etwa 140 Wohneinheiten realisieren. Bettenhäuser Bahnhof: Der Bettenhäuser Bahnhof wird gegenwärtig als Rangier- und Güterbahnhof genutzt. Aufgrund der niedrigen Auslastung und der mittel- bis langfristig anzuzweifelnden Perspektive der aktuellen Nutzung könnten hier zukünftig auch Wohnungen realisiert werden. Die infrastrukturell gut versorgte Lage südlich der Leipziger Straße bietet neben Nahversorgungseinrichtungen auch eine ideale Verkehrsanbindung an das Stadtzentrum. Allerdings bedeutet die intensive gewerbliche Prägung des Umfeldes aktuell - und bei entspanntem Wohnungsmarkt - noch ein Hemmnis für die Attraktivität des Standortes für Wohnzwecke. Somit wäre eine Entwicklung dieses Gebiet lediglich bei erhöhter Wohnungsnachfrage oder paralleler Entwicklung des Umfeldes ernsthaft in Betracht zu ziehen. Es könnten hier auf 12,5 Hektar rund 185 Wohneinheiten realisiert werden. Ehemaliges Bundesarbeitsgericht: Das ehemalige Bundesarbeitsgericht wurde bereits an einen Investor aus Fulda veräußert, welcher bereits mehrere Wohnprojekte, eines davon in Kassel, realisiert hat. Wünschenswert wäre aufgrund der guten Lage unmittelbar am Bahnhof Wilhelmshöhe und der noch gut erhaltenen und gepflegten Bausubstanz eine Umnutzung mit einem größeren Wohnanteil. Bei einer ausschließlichen Wohnnutzung der Gebäude und einem entsprechenden Umbau könnten hier etwa 30 neue Wohneinheiten entstehen.
Abb. 047: Lagekarte der längerfristigen Konversionsflächen
Sportpark Campus Wolfsanger
Henschel
Unterstadtbahnhof
Ehem. Bundesarbeitsgericht Bettenhäuser Bahnhof
mögliche zusätzliche Konversionsflächen BGF Gesamt: 98.792 m2 WE Gesamt: 811
M 1:10.000
73 4.2. Multifaktorielle Bewertung der Potentialflächen Als qualitative Ergänzung zur reinen Lokalisierung und Quantifizierung jedes einzelnen Potentials soll durch die folgende Bewertung eine Orientierung, Differenzierung und ein erster Schritt in Richtung einer Handlungsempfehlung gemacht werden. Die Wertung spiegelt zum einen die Mobilisierbarkeit der Potentiale wider und zielt zum anderen darauf ab, eine Wohnraumentwicklung im Sinne einer integrierten und nachhaltigen Stadtentwicklung und ein attraktives Wohnraumportfolio für die Stadt Kassel zu begünstigen. Das Grundgerüst des Bewertungsschemas und die Auswahl der Kriterien orientiert sich dabei am Beispiel des „Stadtentwicklungskonzept Wohnen für die Landeshauptstadt Potsdam”, welches vom IfS in Berlin verfasst wurde. Der dort angewandte feingliedrige Kriterienkatalog wurde teilweise vereinfacht und zusammengefasst und um eine deutlichere Fokussierung auf den Aspekt der Mobilisierbarkeit ergänzt.1
4.2.1 Die Bewertungsmethodik Das Gesamtergebnis der Bewertung setzt sich aus zwei Faktoren zusammen: der Qualität des Potentials, die sich zu 30 % aus Lage und Wohnattraktivität und zu 70 % aus dem Beitrag zur Stadtentwicklung ergibt, und der Mobilisierbarkeit des Potentials. Diese Teilwertungen werden jeweils mittels gewichteter Indikatoren errechnet. (Abb. 048) Die Indizierung der Messwerte auf einer Skala zwischen 0 und 10 erfolgte je nach Indikator anhand unterschiedlich feingliedriger und nach fachkundiger Einschätzung festgelegter Klassen. Die Herleitung erfolgte u.a. auf der Basis von Referenzwerten aus der Fachliteratur, aber auch am jeweiligen Spektrum der Messwerte orientiert.
Abb. 048: Bewertungsindikatoren und Gewichtung - Diagramm
4.2.1.1. Lage und Wohnattraktivität Die Berücksichtigung der lageabhängigen Faktoren, die für die Attraktivität des Wohnstandortes und die Wohnqualität entscheidend sind, legt einen Schwerpunkt der Bewertung auf die Weiterentwicklung eines vielfältigen und attraktiven Wohnungsangebots in Kassel. Einer der hierfür herangezogenen Indikatoren ist das Verkehrsaufkommen im Umfeld. Neben einer hohen Lärm- und Schadstoffbelastung wird
74 durch ein zu starkes Verkehrsaufkommen auch die Aufenthaltsqualität im öffentlichen Raum wesentlich reduziert. Weiterhin fließen die Distanz zu Nahversorgungseinrichtungen und die Anbindungsqualität an den öffentlichen Verkehr mit ein. Letztere wurde in Form der Distanz zur nächstgelegenen Haltestelle gemessen. Dabei wurde zwischen Bus und Tram/Regiotram unter Berücksichtigung unterschiedlicher Distanzwerte differenziert, unter der Annahme, dass schienengebundener ÖPNV eine höhere Anbindungsqualität bietet und auch die Bereitschaft größer ist, etwas längere Gehdistanzen zu diesen Haltestellen in Kauf zu nehmen. Da sich die generelle Attraktivität eines Wohnstandortes in der Regel in den Mietpreisen widerspiegelt, wurde auch ein Preisindex auf Basis der ortsüblichen Angebotsmiete pro m² in die Bewertung miteinbezogen. 4.2.1.2. Beitrag zur Stadtentwicklung Im Sinne einer integrierten Entwicklung spielen Faktoren der Stadtentwicklung eine besonders starke Rolle bei der Bewertung der Potentiale - mit dem Ziel, die städtebauliche und funktionale Struktur Kassels zu stärken, zu stabilisieren und, wo nötig, zu ergänzen. Da der Fokus der Wohnraumentwicklung primär auf einer nachhaltigen langfristigen Entwicklung der Stadt liegen soll und nur sekundär auf der Befriedigung der tagesaktuellen Nachfrage, machen diese Faktoren 70 % der Potentialqualität aus. Der am stärksten gewichtete Faktor ist hierbei die Orientierung der Siedlungsentwicklung am Stadtzentrum und einigen Sub- und Ortsteilzentren. Die Ortsteilzentren erweitern die 2006 definierten sogenannten „KEP-Zentren”2 um einige im Rahmen der Erhebung definierte Räume auf Stadtteilebene mit untergeordneter Zentrenfunktionen und dem Potential als Orientierungspunkte der künftigen Siedlungsentwicklung. Dem Leitbild einer kompakten Stadt mit hoher Versorgungsqualität folgend wurden zudem Potentiale in einem dichten städtebaulichen Kontext (z.B. Blockrand) höher bewertet als jene im Kontext sehr lockerer Bebauung. Gerade in Kassel, das aus vielen „Zwischenräumen” besteht, kann eine Stärkung zentraler Orte zur Verbesserung der Stadtstruktur beitragen. Zuletzt wurden Potentiale in Gebieten mit Investitionsrückständen besser bewertet, deren Realisierung Anstoß zu weiteren Investitionen sein kann.
4.2.1.3. Mobilisierbarkeit Die Teilwertung Mobilisierbarkeit bildet ab, wie einfach bzw. schwierig das potentielle Bauvorhaben am jeweiligen Standort zustande kommen könnte. Das größte Gewicht in dieser Wertung nimmt der Wert der aktuellen Nutzung ein, denn eine wertvolle oder etablierte Nutzung senkt nicht nur den Mehrwert der Realisierung, sie ist i.d.R. auch zunehmend kompliziert auszulösen. So wird bspw. ein Potential, das sich in attraktiver Lage befindet und von dem ein großer Wert für die städtebauliche Entwicklung zu erwarten ist, dennoch eine negative Bewertung erhalten, wenn sich auf der Fläche momentan ein funktionierendes Kleingewerbe befindet. Zweites Kriterium ist der Aufwand für die Beseitigung der bestehenden Elemente auf dem Bauland, von asphaltierter Fläche und Baumbewuchs bis zu ganzen, nicht umoder nachnutzbaren Gebäuden. Auch mögliche topographische Erschwernisse werden hierunter berücksichtigt. Zuletzt fließt der Grad der im Gebiet beobachteten Investitionstätigkeit in die Wertung ein, um mögliche Unsicherheiten bei der Investition in die Immobilie zu
75 berücksichtigen. Der Gesamtwert für die Mobilisierbarkeit wird als Faktor mit der Qualitätswertung multipliziert. Dadurch werden einerseits Potentiale mit erheblichen Umsetzungserschwernissen deutlich abgewertet und andererseits sofort verfügbare und einfach zu realisierende Potentiale in den Vordergrund gestellt.
4.2.1.4. Klassifizierung der Bewertungsergebnisse Um die Aussagekraft und Lesbarkeit des Bewertungsergebnisses zu erhöhen werden die Gesamtwertungen von 0 bis 100 zu drei Klassen nach dem Ampelsystem (grün - gelb - rot) zusammengefasst. Flächen mit einem deutlich überdurchschnittlichen Bewertungsergebnis über 70 (grün, „empfehlenswert”) haben die Mindestanforderung, mit geringem Aufwand mobilisierbar und von überdurchschnittlichem Wert für die Stadtentwicklung zu sein. Ihre Entwicklung ist als besonders günstig und vorrangig zu betrachten und auch bei entspanntem Markt empfohlen. Bei Standortentscheidungen oder Aktivierungsmaßnahmen sollten diese Potentialflächen daher bevorzugt berücksichtigt werden. Eine große und vielfältige Anzahl von Flächen bündelt sich im Mittelfeld der Bewertungsergebnisse, was sich aus der Zusammenwirkung der unterschiedlichen Teilwertungen ergibt. Die Klasse (gelb, „optional”) beinhaltet deshalb trotz der begrenzten Skala zwischen 50 und 70 einen großen Teil der Potentiale. Diese schneiden entweder generell etwas schlechter ab oder weisen zumindest in einer der drei Wertungskategorien deutlichere Defizite auf. Sie sind dadurch keineswegs zu vernachlässigen, jedoch gegenüber den besonders günstigen Potentialen nachrangig. Bei steigender Nachfrage ist allerdings mit zunehmender Aufmerksamteit die Mobilisierung dieser Potentiale zu verfolgen und anzuregen. Die übrigen Potentialflächen mit einer Wertung unter 50 weisen qualitative Defizite oder Schwierigkeiten in der Mobilisierung auf, die es erfordern, begleitende Maßnahmen oder Vorbereitungen zu treffen (rot, „nachrangig”). Sie erweisen sich zum derzeitigen Zeitpunkt als kaum oder nur mangelhaft geeignet, sollten jedoch als Flächenreserven im Hinterkopf behalten werden. Eine Erhöhung des Detaillierungsgrades der Bewertung ließe sich des Weiteren durch eine ergänzende Betrachtung einiger weiterer Faktoren erreichen, welche jedoch aus Gründen des Datenschutzes (Eigentumsverhältnisse) oder mangels entsprechender qualitativer Datengrundlagen (Denkmalschutz, Entfernung zu Naherholungsflächen) an dieser Stelle nicht berücksichtigt werden konnten. Insbesondere der Denkmalschutz und der Umgebungsschutz können starken Einfluss auf die Mobilisierbarkeit der erhobenen Potentiale haben. Auch die Unterscheidung von Flächen im Eigentum der Stadt oder städtischer Gesellschaften und Flächen im Besitz eines oder mehrerer anderer Eigentümer wäre zur detaillierteren Betrachtung nützlich und ist verwaltungsintern zu empfehlen, während die Verfügbarkeit von Naherholungsflächen vor allem für die nachfolgenden Sonderwertungen relevant ist.
4.2.1.5. Zielgruppenspezifische Sonderwertungen Für drei Zielgruppen, welche aktuell besonders im Fokus der Wohnraumentwicklung Kassels stehen - Familien, Senioren und Studierende wurden zusätzlich spezielle Bewertungen durchgeführt, die einen stärkeren Fokus auf deren spezifischen Bedürfnisse und Erwartungen an
76
Abb. 049: Potentialfl ächen nach Gesamtbewertung
Abb. 050: potentiell realisierbare Wohneinheiten nach Gesamtbewertung
1 km
1 km
1.142 Wohneinheiten mit Bewertung „empfehlenswert“ 3.865 Wohneinheiten mit Bewertung „optional“ 2.162 Wohneinheiten mit Bewertung „nachrangig“
1.142 Wohneinheiten mit Bewertung „empfehlenswert“ 3.865 Wohneinheiten mit Bewertung „optional“ 2.162 Wohneinheiten mit Bewertung „nachrangig“
77 die Standortattraktivität legen. Mit der schwindenden Verfügbarkeit von Entwicklungsflächen im Außenraum im Kasseler Stadtgebiet und der Maxime, den Flächenverbrauch zu reduzieren, bieten sich neue Herausforderungen, attraktiven Wohnraum für Familien anzubieten. Einerseits geht es darum, familienfreundliches Wohnen in zunehmendem Maße auch in dichterem Gebiet und in Zentrumsnähe zu ermöglichen und möglichst attraktiv zu machen, sowie andererseits, einer Ansiedlung dieser potenten Nachfragegruppe im Umland - und damit weiterer Zersiedelung - vorzubeugen. Deshalb wurden die Bewertungskriterien in einer Sonderwertung auf die Verfügbarkeit von Bildungs- und Betreuungsinfrastruktur im Kindesalter und ruhige, sichere Verkehrslagen fokussiert, die mit jeweils 20 % eingehen. Der Einfluss der Gesamtwertung wurde für die Schwerpunktsetzung auf 60 % herabgesetzt. Im Zuge des demographischen Wandels wächst die Gruppe der Senioren zunehmend und der Bedarf an Wohnraum steigt, der Rücksicht auf deren gesundheitliche und mobilitätsbezogene Bedingungen nimmt. Deshalb berücksichtigt diese Sonderwertung sowohl die Verkehrs- und damit einhergehende Lärmbelastung als Faktor von gesundheitsbelastendem Stress und Sicherheitsgefühl, als auch die Nähe zu Nahversorgungsstandorten, die Nahverkehrsanbindung und die Nähe zum nächsten Ortsteilzentrum mit jeweils 10 %. Mit der Erweiterung des Universitäts-Campus ist ein weiterer, wenn auch geringerer Anstieg der Studierendenzahlen in Kassel denkbar und somit auch eine beständige Nachfrage nach studierendenfreundlichen Wohnstandorten im Umfeld der Universität und mit guter ÖPNV-Anbindung. In die Sonderwertung für studentisches Wohnen fließen die beiden Kriterien deshalb mit 30 bzw. 10 % zusätzlich zur auf 60 % herabgesetzten Gesamtwertung mit ein. Von einer spezifischen Bewertung für mittel- bis langfristige Unterkünfte für Geflüchtete wurde an dieser Stelle abgesehen. Die dafür relevanten Kriterien weichen vom Fokus des hier angewandten Bewertungsschemas stark ab und sind ob ihrer Komplexität nur schwer quantitativ erfassbar (z.B. Resilienz der Umgebung für rapide Bevölkerungszunahme oder Akzeptanz in der Bevölkerung) oder aus Datenschutzgründen nicht verfügbar (z.B. Eigentumsverhältnisse).
4.2.2. Ergebnisse der Bewertung Kassel hat zahlreiche Wohnungsbaupotentiale, die mobilisierbar oder sogar besonders gut mobilisierbar sind. Für die meisten dieser Potentiale müssen keine neuen Flächen ausgewiesen werden und dennoch ist mit ihnen der Wohnungsbedarf der nächsten Jahre, zumindest quantitativ, zu befriedigen. Die Potentialbewertung hat allein 1.480 Wohneinheiten in Baulücken und auf freien Grundstücken mit vielversprechender Mobilisierbarkeit ergeben - Wohnungen, die sich ohne infrastrukturellen Aufwand in die bestehende Stadtstruktur einfügen und diese sogar stärken würden. Diese Potentiale häufen sich zwar in gewissen Teilräumen (v.a. im Bereich der Holländischen Straße) sind prinzipiell aber über die gesamte Stadt verteilt zu finden. Dieser Umstand erlaubt nicht nur die Flexibilität, Wohnraum verschiedenster Art zu schaffen - er ermöglicht auch die steuernde Beeinflussung wichtiger Faktoren der Stadtentwicklung.
78
Abb. 051: Potentialfl ächen nach Sonderwertung Familien
1 km
Abb. 052: Potentialfl ächen nach Sonderwertung Senioren
1 km
1.287 Wohneinheiten mit Bewertung „empfehlenswert“ 4.531 Wohneinheiten mit Bewertung „optional“ 1.352 Wohneinheiten mit Bewertung „nachrangig“
1.246 Wohneinheiten mit Bewertung „empfehlenswert“ 3.944 Wohneinheiten mit Bewertung „optional“ 1.979 Wohneinheiten mit Bewertung „nachrangig“
79
Abb. 053: Potentialfl ächen nach Sonderwertung Studierende
1 km
Abb. 054: Potentialfl ächen nach Teilwertung Mobilisierbarkeit
1 km
712 Wohneinheiten mit Bewertung „empfehlenswert“ 3.394 Wohneinheiten mit Bewertung „optional“ 3.064 Wohneinheiten mit Bewertung „nachrangig“
2.705 Wohneinheiten mit guter Mobilisierbarkeit 3.129 Wohneinheiten mit mittlerer Mobilisierbarkeit 1.337 Wohneinheiten mit schlechter Mobilisierbarkeit
80
Abb. 055: Gesamttabelle 1: Potentiale nach Typ und Bewertungskategorie
Abb. 056: Gesamttabelle 2: Potentialflächen nach städtebaulichem Kontext und Bewertungskategorie
Potentiale nach Potentialtyp und Wertungskategorie Potentialtyp
Kategorie
Baulücken und freie Grundstücke
empfehlenswert
Anbau
Aufstockung und Dachausbau
Nachverdichtung im Hinterland
Insgesamt
Summe der Wohneinheiten
% an der Gesamtsumme
7,3%
882
12,3%
252
26,3%
1343
18,7%
nachrangig
73
7,6%
329,2
4,6%
Insgesamt
395
41,3%
2555
35,7%
empfehlenswert
13
1,4%
131
1,8%
optional
86
9,0%
753
10,5%
nachrangig
43
4,5%
518
7,2%
Insgesamt
142
14,8%
1402
19,6%
empfehlenswert
1
0,1%
6
0,1%
optional
4
0,4%
29
0,4%
nachrangig
40
4,2%
106
1,5%
Insgesamt
45
4,7%
141
2,0%
5
0,5%
20
0,3%
optional
34
3,5%
227
3,1%
nachrangig
21
2,2%
205
2,8%
Insgesamt
60
6,2%
452
6,3%
3
0,3%
3
0,0%
73
7,6%
63
0,9%
nachrangig
173
18,1%
90
1,3%
Insgesamt
249
26,0%
155
2,2%
3
0,3%
100
1,4%
optional
36
3,8%
1451
20,2%
nachrangig
26
2,7%
909
12,7%
Insgesamt
65
6,8%
2460
34,3%
empfehlenswert
95
9,9%
1142
15,9%
optional
485
50,7%
3865
53,9%
nachrangig
376
39,3%
2157
30,1%
Insgesamt
956
100,0%
7165
100,0%
empfehlenswert
empfehlenswert optional
Entwicklungsflächen
% der Gesamtanzahl 70
optional
Abriss und Neubau
Anzahl der Flächen
empfehlenswert
Potentiale nach städetbaulichem Kontext und Wertungskategorie Städtebaulicher Kontext Kategorie Blockrandbebauung
Einfamilien-‐ und Doppelhäuser
Reihenhäuser
Freistehende Mehrfamilienhäuser
Mischgebiet
Zeilenbebauung bis 4 Geschosse
Zeilenbebauung ab 5 Geschosse
Hochhaus
Sonstige
Insgesamt
Anzahl der % der 81 Summe der % an der Flächen Gesamtanzahl Wohneinheiten Gesamtsumme
empfehlenswert
65
6,8%
661
9,2%
optional
93
9,7%
789
11,0%
nachrangig
10
1,0%
136
1,9%
Insgesamt
168
17,6%
1585
22,1%
2
0,2%
16
0,2%
optional
222
23,2%
1170
16,3%
nachrangig
269
28,1%
586
8,2%
Insgesamt
493
51,6%
1772
24,7%
empfehlenswert
0
0,0%
0
0,0%
optional
8
0,8%
22
0,3%
nachrangig
41
4,3%
45
0,6%
Insgesamt
49
5,1%
67
0,9%
5
0,5%
38
0,5%
optional
63
6,6%
168
2,3%
nachrangig
21
2,2%
146
2,0%
Insgesamt
89
9,3%
352
4,9%
empfehlenswert
14
1,5%
181
2,5%
optional
54
5,6%
907
12,7%
nachrangig
15
1,6%
573
8,0%
Insgesamt
83
8,7%
1661
23,2%
4
0,4%
52
0,7%
optional
28
2,9%
580
8,1%
nachrangig
13
1,4%
326
4,5%
Insgesamt
45
4,7%
958
13,4%
empfehlenswert
0
0,0%
0
0,0%
optional
9
0,9%
133
1,9%
nachrangig
5
0,5%
27
0,4%
Insgesamt
14
1,5%
160
2,2%
empfehlenswert
3
0,3%
188
2,6%
optional
1
0,1%
47
0,7%
nachrangig
0
0,0%
0
0,0%
Insgesamt
4
0,4%
234
3,3%
empfehlenswert
2
0,2%
7
0,1%
optional
7
0,7%
50
0,7%
nachrangig
2
0,2%
319
4,5%
Insgesamt
11
1,1%
376
5,2%
empfehlenswert
95
9,9%
1142
15,9%
optional
485
50,7%
3865
53,9%
nachrangig
376
39,3%
2157
30,1%
Insgesamt
956
100,0%
7165
100,0%
empfehlenswert
empfehlenswert
empfehlenswert
82 Potentiale mit der Bewertung „empfehlenswert” finden sich deutlich am häufigsten in der Innenstadt, dem Vorderen Westen oder entlang den Achsen Holländische, Leipziger oder Frankfurter Straße. Sowohl sehr kleine als auch sehr große Potentiale (hins. des Gewinns an Wohneinheiten) erhalten eher selten die beste Bewertungsstufe. Zwischen den verschiedenen Potentialtypen gibt es in der Bewertung teils deutliche Unterschiede. Potentiale der Typen Nachverdichtung im Hinterland und Anbau schneiden in der Gesamtwertung unterdurchschnittlich schlecht ab und fallen zu über 69% bzw. über 89% in die Kategorie „nachrangig”. Eine Erklärung hierfür ist die infrastrukturell bedingt schlechte Stadtentwicklungs-Wertung in aufgelockerten Wohngebieten. Rund 74% der „empfehlenswerten” Potentiale sind Baulücken, während nur drei der 65 Entwicklungsflächen in diese Klasse fallen. Hier ist allerdings zu berücksichtigen, dass Vorhaben, die eine bestimmte Zahl von Wohneinheiten übersteigen, infrastrukturelle Defizite sehr wahrscheinlich im Entwicklungsprozess beheben werden - hier ist eine gesonderte Betrachtung empfehlenswert. In einigen Bereichen lässt sich eine besondere Konzentration von Potentialflächen feststellen. Entlang der Holländischen Straße häufen sich Baulücken, durch deren gebündelte Realisierung eine deutliche städtebauliche Aufwertung erreicht werden könnte. Es wird empfohlen, den Schwung der Campuserweiterung zu nutzen und hier programmatisch Entwicklungen vorzubereiten. Insgesamt gibt es entlang der Hauptverkehrsachsen eine auffällig hohe Zahl unbebauter, auch größerer, Grundstücke; hinzu kommen zahlreiche Potentiale des Typs Abriss-Neubau mit guter Mobilisierbarkeit, also starker Unternutzung - hier gibt es offensichtlich Attraktivitätsdefizite, die eine bisherige Entwicklung oder intensivere Entwicklung verhindert haben. Deshalb sollte die Stadt im Zuge der Aktivierung selbst oder über städtebauliche Verträge die Lebensqualität und Attraktivität der Verkehrsachsen verbessern, um die Wahrscheinlichkeit einer Mobilisierung zu erhöhen. Zahlreiche untergenutzte Flächen des Typs Abriss-Neubau im erweiterten Zentrum Kassels zeigen behutsam auszulotende Möglichkeiten für Verdichtung, Konzentration, Gliederung oder Profilierung der aktuell sehr unspezifischen Innenstadtentwicklung auf. (Abb. 057) Unter vorsichtiger Berücksichtigung der aktuellen Nutzungen bieten sie sich zur Realisierung vor allem bei steigendem Siedlungsdruck an, sollten aber sehr behutsam langfristig vorbereitet werden. Dabei sollten insbesondere Realisierungshindernisse und Konflikte mit Bestandsnutzungen oder dem Denkmalschutz eingehend berücksichtigt werden. Auch in aufgelockerten Wohngebieten finden sich einige gebündelte Potentiale. So weist z.B. Oberzwehren zahlreiche Baulücken auf, die Raum für Nachverdichtung, Belebung und Gestaltung lassen und, wie auch die Potentialflächen im Kasseler Osten, einfach zu mobilisieren sind. Große Grundstücke mit Potential im Hinterland finden sich vor allem in den nord-westlichen Einfamilienhausgebieten und im Stadtteil Philippinenhof-Warteberg. Der Stadtteil Fasanenhof hingegen erscheint größtenteils entwickelt - hier gibt es kaum mobilisierbare Potentiale. Besonders bemerkenswert ist, dass allein die kumulierten, als empfehlenswert und optional bewerteten Baulücken in Einfamilienhausgebieten mit rd. 65.700 m² realisierbarem Wohnraum die maximal rd. 29.400 m² im Neubaugebiet Nordshausen, das auf der grünen Wiese angelegt wurde, deutlich übersteigen. (Abb. 058)
83
Abb. 057: Baulücken und Unternutzungen (Abriss-Neubau) mit Wertung „empfehlenswert“ oder „optional“
Abb. 058: Baulücken und Hinterland-Potentiale mit Wertung „empfehlenswert“ oder „optional“
Baulücken und freie Grundstücke Abriss und Neubau 1 km
Baulücken und freie Grundstücke Nachverdichtungen im Hinterland 1 km
84 4.3 Fazit und Empfehlungen Die vorliegende Erhebung ist eine Grundlage für die weitere Betrachtung und sollte stetig aktualisiert und weiterentwickelt werden. Im Folgenden werden einige Schwerpunkte genannt, die sich für eine solche detaillierte Betrachtung möglicher Vorhaben vorrangig eignen oder die sie sogar möglichst kurzfristig erfordern. Ein derart großes Aufkommen von Baulücken, also zumeist leeren Grundstücken, und Unternutzungen in der Stadt, vor allem aber an einigen Konzentrationspunkten wie z.B. entlang der Holländischen Straße, stellt eine große Chance, aber vor allem auch ein großes atmosphärisches und ästhetisches Defizit dar! (vgl. Abb. 057) Diese Flächen nicht intensiv zu bearbeiten und und zu entwickeln, sondern anstelle dessen die knappen Flächen im Außenbereich zu verbrauchen, muss als doppelt riskant bezeichnet werden. Denn auch um die Funktion der städtischen Infrastruktur zu gewährleisten, muss diese bestmöglich ausgelastet sein. Deshalb sollte auch die Nachfrage nach Einfamilienhäusern auf die zahlreichen freien Grundstücke im Bestand gelenkt werden. Die Stadt Kassel sollte sich besser früher als später mit einer, im Sinne der Gesamtstadtentwicklung koordinierten, Festlegung und Entwicklung von Fokusgebieten beschäftigen, die durch eine Belebung mit neuen Bewohnern Spillover-Effekte auf die umgebende Stadtstruktur haben können - und sich darum bemühen, diese Gebiete für Bewohner und Bauherren attraktiv zu gestalten. Kassel bietet zahlreiche Flächen, um Ortskerne und Lebensräume mit Charakter und Profil zu schaffen und das eigentliche Stadtzentrum zu stärken, wie es z.B. im Vorderen Westen gelingt. Wenn die Wohnungsnachfrage weiter steigt, muss Kassel hier programmatisch aktiv werden. Um eine attraktive, vielseitige, vor allem lebenswerte Stadt zu schaffen, dürfen nicht wie zuletzt Schlüsselgrundstücke an gewerbliche Nutzung fallen und Kassel als Arbeitsplatz der umgebenden Wohngemeinden etabliert werden. Eine solche Stadt braucht Leben, also Bürger, dort, wo sie sich definiert: in ihrem Zentrum. Und belebte Zentren entstehen nur durch zentralen Wohnraum. Diese Empfehlung kann nicht gegeben werden, ohne die bereits erwähnten aktuellen Entwicklungen in Kassel zu betrachten, vor allem die Konversionsfläche am Unterstadtbahnhof. Das Potential in Nähe zur Universität, das besonders für die zerfurchte und identitätsberaubte Stadtstruktur nördlich der Innenstadt ein wichtiger Entwicklungsanker hätte werden können, wurde nicht in die Betrachtung einbezogen, da die Planungen zum Zeitpunkt der Erarbeitung dieser Untersuchung bereits zu weit fortgeschritten waren. Doch ist der ehemalige Unterstadtbahnhof, der jetzt als Gewerbegebiet entwickelt wird, als verschenktes Potential zu sehen, die weitestgehend von wohnnutzungsfernem Gewerbe durchzogenen Wohnstandorte Schillerviertel und Nord-Holland zu stabilisieren und stärker in den gesamtstädtischen Kontext einzubetten und gleichzeitig vielleicht sogar ein Quartier für junge Kreative zu begründen. Letztlich bedarf es zur Entwicklung vieler der ausgemachten Flächen vor allem zweier Schritte: der Anpassung des jeweiligen Baurechts und des Zugehens auf die Eigentümer der Grundstücke. Fehlendes oder anpassungsbedürftiges Baurecht stellt bei einigen attraktiven Potentialflächen aktuell noch ein Mobilisierungshemmnis dar. Die Möglichkeit zur Änderung des Planungsrechts in Bebauungs- oder Flächennutzungsplänen bietet der Kommune hier ein wichtiges und wirkungsvolles Instrument, um die Siedlungsentwicklung zu beeinflussen und gemäß ihren Grundsätzen voranzutreiben. Insbesondere bei
85 Flächen, die nach Aspekten der Stadtentwicklung einen hohen Wert haben, sind aktiv die baurechtlichen Voraussetzungen für eine erstrebenswerte Entwicklung zu schaffen. Die meisten Flächen befinden sich vermutlich nicht in öffentlichem Eigentum, weshalb zunächst nicht die Entwicklung, sondern die Aktivierung im Mittelpunkt stehen muss. Es ist davon auszugehen, dass vielen Eigentümern die Möglichkeiten, ihr Grundstück oder ihre Immobilie zu entwickeln, gar nicht hinreichend bewusst sind. Deshalb sollte vorbereitend auf die Umsetzung möglicher Programme auf die Eigentümer zugegangen, gemeinsam Konzepte entwickelt, etwaige Ängste genommen, Vermarktungs- und Projektentwicklungsoptionen ausgelotet und u.U. bestimmte Entwicklungsschwerpunkte auch finanziell unterstützt werden. Es ist besonders wichtig, dass den Eigentümern bewusst ist, dass die Stadt nicht plant, über ihre Grundstücke zu verfügen, sondern zusammen zu arbeiten. Knappe kommunale Kassen und der Trend zum wirtschaftlich orientierten Stadtmarketing mögen die Entscheidungsfreiheit der öffentlichen Hand eingeschränkt haben. Doch diese Betrachtung ignoriert, dass jeder Akteur in Kassel immer auch Mensch ist. Die immense Wichtigkeit „weicher” Faktoren wie des lebenswerten Charakters einer Stadt, eines attraktiven und einzigartigen Stadtraums, für die gesamte Entwicklung einer Stadt wird möglicherweise noch unterschätzt, doch muss als ganzheitlliche Entwicklungsmaxime gesehen werden für alle weiteren potentiell gewinnbringenden Aktivitäten. Kassel kann sich als Vordenker positionieren und die Schlussfolgerungen der nächsten Jahre, die mit der allmählichen Wende dieser Betrachtungsweise einhergehen, antizipieren. Die beste Leistung für die Gesellschaft werden Ihre Teilnehmer bringen, wenn sie sich in ihrem sozialen und räumlichen Lebensumfeld wohl- und ihm verbunden fühlen.
Endnoten: 1 2
vgl. Veser 2009: 126 ff
vgl. Junker und Kruse 2006
5.Leitlinien Die vorangegangenen Analysen der Faktoren auf dem Wohnungsmarkt sowie der im Stadtgebiet vorhandenen Potentialflächen zeigen auf, dass im Hinblick auf die weitere Wohnraumentwicklung der Stadt Kassel Handlungsbedarf besteht. Diese sollte jedoch klaren Leitlinien folgen, die auch gegenüber der Öffentlichkeit zu kommunizieren sind. Die übergeordneten Ziele wurden in die Themenfelder “Nachfrageorientierte Wohnraumentwicklung”, “Räumliche Ausprägung der Wohnraumentwicklung”, “Bezahlbares Wohnen”, “Soziale Mischung und Gerechtigkeit” sowie “Klimaschutz in der Wohnraumentwicklung” gegliedert.
5.1 Nachfrageorientierte Wohnraumentwicklung Der Kasseler Wohnungsmarkt hat sich in den letzten Jahren gewandelt. Inzwischen übersteigt die Nachfrage das Angebot. Entsprechend gewinnt die Bereitstellung von Wohnraum, sowohl im Bestand als auch im Neubau, immer mehr an Bedeutung. Der hohe Bedarf kann nicht allein vom freien Markt befriedigt werden, sodass ein Eingriff durch die Stadt Kassel unumgänglich wird. Entscheidend ist eine an die Nachfragegruppen angepasste Wohnraumentwicklung, sodass kein über- oder unterdurchschnittliches Angebot für bestimmte Zielgruppen entsteht. Trotz des hohen Handlungsbedarfs darf die Nachhaltigkeit der Wohnraumentwicklung nicht vernachlässigt werden. Flexibilität ist auf Grund ungewisser Nachfrageentwicklungen von besonderer Wichtigkeit, um die nachhaltige Entwicklung des Wohnraumangebots gewährleisten zu können. Dementsprechend wird auf die Bereitstellung von Wohnraum hinsichtlich der zeitnahen Realisierung, Anpassungsmöglichkeiten und alternativer Lösungsansätze sowie auf die nachhaltige Wohnraumentwicklung mit den Themenschwerpunkten Nachverdichtung, Flexibilität, Sanierung und auf das Wohnraumportfolio der Stadt Kassel eingegangen.
5.1.1 Bereitstellung von Wohnraum Abb. 059: (vorherige Seite) Detail Heinrich-Steul-Siedlung (Eigene Aufnahme)
Die verschiedenen Szenarien der Bevölkerungsprognose sowie die steigenden Haushaltszahlen zeigen, dass die Wohnraumnachfrage mittelfristig zunächst ansteigen und das Vorantreiben der Neubautätigkeit von immer größerer Bedeutung sein wird (s. Kapitel 2). Die Bereitstellung von Wohnraum ist daher eine zentrale Aufgabe, die nicht vorrangig dem freien Markt überlassen, sondern von der Stadt nach Möglichkeit reguliert werden sollte. Um bei der Bereitstellung von Wohnungen den Zielen der Nachhaltigkeit gerecht zu werden, sind im Stadtgebiet Kassels trotz zahlreicher Schwierigkeiten sowohl Flächen für den Wohnungsneubau zu mobilisieren als auch im Bestand Wohnraum zu entwickeln oder anzupassen. Dieser bereitgestellte Wohnraum soll vor allem ein vielfältiges Wohnangebot für sämtliche Nachfragegruppen zur Verfügung stellen. 5.1.1.1 Zeitnahe Realisierung gut geeigneter Wohnungsneubaupotentiale im Innenbereich Der Wohnungsneubau und die damit verbundene Mobilisierung von Bauflächen sind aufgrund der aktuell enorm hohen Wohnraumnachfrage ein essentielles Thema der Stadtpolitik. Um dem Leitziel der Innenentwicklung (siehe Kapitel 5.2.1 Innenentwicklung) bei gleichzeitiger Steigerung der Neubautätigkeit gerecht zu werden, gilt es, besonders die Mobilisierung privater Flächen im Innenbereich gezielt zu ermöglichen und zu unterstützen. Zur Verfolgung des besagten Leitziels ist es erforderlich, dass eine hohe Anzahl von Potentialen im Innenbereich des Stadtgebiets vorliegt. Die Potentialflächenanalyse zeigt, dass im Innenbereich ausreichend potentielle Bauflächen vorhanden sind, um der Wohnungsnachfrage gerecht zu werden. (s. Kapitel 4)1 Neben der Erhebung der Potentialflächen ist deren Mobilisierung der nächste notwendige Schritt. Eine große Herausforderung liegt darin, dass private Eigentümer kleinerer Flächen selten Eigeninitiative zum Verkauf oder zur Bebauung ihrer Flächen zeigen. Dieser Umgang mit dem Grundeigentum lässt sich unter
89 anderem mit der Rücklage privater Flächen für eventuelle Zukunftspläne oder gar mit dem In-Vergessenheit-Geraten der potentiell bebaubaren Flächen erklären. Des Weiteren ist die Mobilisierung kleinerer Flächen für die Stadt Kassel meist unwirtschaftlich. Daher konzentriert sie sich derzeit auf Wohnungsbauprojekte, die möglichst viele Wohneinheiten generieren. Die Mobilisierung kleinerer Flächen bedeutet im Verhältnis zu den erzielbaren Wohneinheiten einen großen Verwaltungs- und Planungsaufwand. Auch die Mobilisierung privater Flächen bedeutet einem Gespräch mit der Stadt Kassel nach größere Herausforderungen für die Kommune, da hier besondere Überzeugungsarbeit geleistet werden muss. Da die Stadt Kassel allerdings das Ziel der Innenentwicklung verfolgt und die Prognose zeigt, dass mittelfristig neuer Wohnraum benötigt wird, ist die Mobilisierung auch der kleineren Flächen dringend zu empfehlen. Dennoch hat im Jahr 2014 die Zahl der Bauanträge für kleinere Bauobjekte deutlich abgenommen2. Zudem sind die Stadt Kassel und die städtische Wohnungsbaugesellschaft GWG größtenteils auf die Bauflächen, die sich im Eigentum der Stadt befinden, beschränkt und angewiesen. Des Weiteren ist bei der Zahl der Bauanträge für Objekte mit ein bis drei Wohneinheiten ab dem Jahr 2013 ein deutlicher Negativtrend zu verzeichnen, wohingegen die Zahl der Anträge für Bauobjekte mit vier oder mehr Wohneinheiten kontinuierlich zunimmt. Da Flächen, auf denen größere Neubauprojekte möglich sind, im Stadtgebiet limitiert sind, besteht hier Handlungsbedarf für die Realisierung auch kleinerer Neubauprojekte.3 Für das Ziel der zeitnahen Realisierung geeigneter Wohnungsneubaupotentiale durch Privateigentümer gilt, dass ausreichend Potentiale im Innenbereich vorhanden sind, um gleichzeitig dem Entwicklungsziel der Stadt Kassel und der prognostizierten Wohnraumnachfrage gerecht zu werden. Der Anknüpfungspunkt für entsprechende Entwicklungsanstöße manifestiert sich in der Mobilisierung kleinerer Flächen im privaten Grundeigentum. Es sollten deutlich mehr Anreize für den Verkauf oder die Bebauung privater Flächen geschaffen und die Informationslage verbessert werden. Folglich ist ein Lösungsweg zu finden, private Flächen für den Wohnungsneubau zugänglich zu machen, um die notwendige Steigerung des Wohnraumangebots gewährleisten zu können. Die Strategie zur Entspannung des Wohnungsmarktes durch Wohnraumschaffung im Innenbereich erfordert zunächst die Feststellung und Bewertung möglicher Flächen für Neubauaktivitäten. Hierfür eignet sich das Instrument eines öffentlichen Potentialflächenkatasters, das bei der Beschleunigung der Vermarktung besagter Flächen hilft. Neben der Erhebung und Bewertung der Potentiale dient das Instrument zu ihrer öffentlichen Bekanntmachung. Präziser lässt sich dies anhand des § 200 Abs. 3 BauGB erläutern, der besagt, dass bei ausbleibendem Widerspruch der Eigentümer Flächen, die sich als potentielle Bebauungsflächen eignen, und erläuternde Daten, wie bspw. die Grundstücksgröße, veröffentlicht werden können. Generell lässt sich die Vorgehensweise in drei Schritte teilen; die Erfassung, die Verwaltung und die Kommunikation. Bestenfalls zeigen sich verkaufsbereite Eigentümer kooperativ bei Erfassung und Kommunikation. Dennoch sind die Einführung eines Meldesystems sowie die kontinuierliche Datenpflege entscheidend. Workshops mit Vertretern der Liegenschaftsverwaltung, Baugesellschaften u.ä. dienen zusätzlich dem Aufzeigen und der Bewertung der Potentiale. Der Großteil der Potentiale sollte anhand eines Kataloges erfasst, bewertet und ihr planungsrechtlicher Status ermittelt werden. Die Veröffentlichung erfolgt bspw. in Form eines interaktiven Internetportals, das Investoren und möglichen Bauherren eine erste Einsicht der Baupotentiale ermöglicht und so auf Nachfrage detailliertere Informationen bereitstellen kann. Eine andere Variante wäre
öffentliches Potentialflächenkataster
90 die regelmäßige Veröffentlichung jeweils eines Stadtteils inklusive seiner Potentialflächen in der lokalen Presse. Entscheidend ist außerdem, dass das Potentialflächenkataster eine fortlaufende und detaillierte Weiterführung sowie Kooperationen bspw. mit dem Zweckverband Raum Kassel erfordert, um eine nachhaltige Wohnraumentwicklung im Landkreis zu betreiben. Fortschreibung des SRK
Beratung
Aufstellung von Bebauungsplänen Testentwürfe
Investitionsanreize
Bewusstseinsbildung
Des Weiteren gewährleistet das Siedlungsrahmenkonzept (SRK) die sinnvolle Flächeninanspruchnahme im Gebiet des Zweckverbands Raum Kassel, sodass der Freiraum bzw. Außenbereich vor Zersiedlung geschützt werden. Erstellung und Umsetzung erfolgen in Kooperation mit den Umlandkommunen, sodass ein steter Austausch über die aktuelle Siedlungsentwicklung sichergestellt ist. Das Siedlungsrahmenkonzept wurde 2006 beschlossen4 und in regelmäßigen Abständen fortgeschrieben. Mit der aktuellen Fortschreibung kann durch die Schwerpunktsetzung auf den Innenbereich flächensparende interkommunale Stadtentwicklung gewährleistet werden. Um im Folgenden nicht nur den Verkauf, sondern die Bautätigkeit zu steigern, gilt es, hier Unterstützung zu leisten. Die Bereitstellung umfassender Informationsangebote, wie etwa Beratungsangeboten für Fördermittel, für potentielle Bauinteressenten kann ausschlaggebend für die Entscheidung zum Bauvorhaben sein. Auch durch die vermehrte Aufstellung von Bebauungsplänen oder die Anfertigung von Testentwürfen könnte die gewünschte Entwicklung vorangetrieben und reguliert werden. Die besagten Entwürfe werden finanziell von der Stadt getragen und in Kooperation mit Architekturbüros entwickelt, um den potentiellen Bauherren eine bessere Vorstellung von möglichen Bauvorhaben zu vermitteln. Andere Anreize für Grundeigentümer können gezielte städtische Investitionen sein, die Impulse im Quartier setzen und von denen Synergieeffekte hervorgerufen werden. Insbesondere Wohnumfeldverbesserungen wie Neugestaltungen im öffentlichen Raum können als Anstöße verstanden werden. Sofern die Stadt selbst Flächen oder Immobilien im Quartier besitzt, sind auch dort Investitionen als Anreiz für umliegende Objekte möglich. Anliegende Privateigentümer können so zu eigenen Investitionen animiert werden. Auch die Sicherung der Nahversorgung und anderer quartiersbezogener (sozialer) infrastruktureller Einrichtungen kann symbolischen Charakters sein und Investitionen im Wohnumfeld zur Folge haben. Durch Neugestaltung werden die Lebensräume Ansässiger aufgewertet und zugleich bessere Voraussetzungen für den Verkauf oder die Vermietung eines Objektes geschaffen. Allerdings sollte diese neue Gestaltung im Einklang mit den ansässigen Bewohnern vollzogen und Verdrängungseffekte vermieden werden. Da sich viele Potentialflächen in privater Hand befinden, ist neben der Anreizschaffung auch die Bewusstseinsbildung bei privaten Grundeigentümern ein geeignetes Instrument zur Mobilisierung von Flächen. Durch die direkte Ansprache können Eigentümer für den Potentialcharakter ihrer Fläche sensibilisiert werden. In Quartieren mit Agglomeration privater Potentialflächen können zudem Informationsveranstaltungen für Grundeigentümer abgehalten werden. Eng verknüpft mit der Mobilisierung der Potentialflächen ist die Aktivierung von privaten Grundeigentümern zur Entwicklung oder dem Verkauf ihrer Flächen. Die effiziente und kurzfristige Identifizierung und Mobilisierung der Flächen sowie die zeitnahe Realisierung der Wohnbaupotentiale sind den Bevölkerungs- und Nachfrageentwicklungen anzupassen und flexibel zu halten.
91
5.1.1.2 Wohnraumschaffung aus ehemals anderer Nutzung Neben der Wohnraumentwicklung im Neubausegment bieten sich der Stadt Kassel auch viele Potentiale im Bestand. Nicht mehr genutzte Gebäude und Flächen können zu Wohnraum entwickelt werden. Vorhandene Siedlungsstrukturen, Bauwerke und Infrastrukturen werden so gesichert und die Attraktivität der Quartiere gesteigert. Mit Konversion oder auch Nutzungsänderung sind die Wiedereingliederung von Brachflächen in den Wirtschafts- und Naturkreislauf oder die Nutzungsänderung von Gebäuden gemeint. Vorteilhaft für die Stadt ist, dass vorhandene Flächen im Innenbereich genutzt werden können und keine neuen Flächen außerhalb des Stadtgebietes ausgewiesen und neu erschlossen werden müssen. Die Kosten für eine Neuerschließung können entfallen. Kassel hat mehrere große Konversionsflächen im Stadtgebiet zur Verfügung. Hier können zusätzlich benötigte Wohneinheiten entwickelt werden, ohne weitere Flächen außerhalb der vorhandenen Siedlungsflächen in Anspruch zu nehmen (s. Kapitel 4.1.2). Durch Umnutzung zahlreicher Konversionsflächen und Gewerbeleerstände kann weiterer benötigter Wohnraum entstehen. Wichtige Potentiale im Stadtgebiet Kassel sind insbesondere der Magazinhof in Niederzwehren, die Jägerkaserne in Wehlheiden, das Salzmann-Gelände in Bettenhausen, die Martini-Brauerei im Vorderen Westen und der Kassler Hafen. Leerstehende Gebäude oder Büroflächen können innerhalb kurzer Zeit zur Wohnraumnutzung umgewandelt werden. In Kassel stehen an verschiedenen innerstädtischen Standorten Büroflächen zu Vermietung oder Verkauf schon über einen längeren Zeitraum leer. Häufig handelt es sich dabei um Wohnungen, die in den 1990er Jahren zu Büroflächen umgenutzt wurden. Eine Rückführung der Umnutzung kann der heutigen Wohnungsnot entgegenwirken.5 Zur Realisierung zusätzlicher Wohnungen auf den zuvor genannten Potentialflächen ist es bisweilen notwendig, Änderungen im Flächennutzungsplan vorzunehmen und neue Bebauungspläne zu erstellen. Zunächst sind die Eigentümer ausfindig zu machen und auf das vorhandene Potential hinzuweisen oder ggf. Investoren zu finden. Dafür ist eine Kooperation zwischen Stadt, Eigentümern und Investoren sinnvoll. Durch Projektentwicklungspläne oder die Auslobung von Ideenwettbewerben, auch in Zusammenarbeit mit der Universität Kassel, könnte das Interesse der jetzigen Eigentümer und entsprechender Investoren geweckt werden. Des Weiteren bieten sich im Hinblick auf die Interessenvertretung aller am Prozess Beteiligten moderierte Workshops im Rahmen frühzeitiger Bürgerbeteiligungen an. Ein gelungenes Beispiel stellt die Umnutzung der ehemaligen GrafHaeseler-Kaserne zu einem Wohnheim dar. Die derzeitige Nutzung als Asylbewerberunterkunft wurde schon im Hinblick auf eine spätere Nutzung als Appartementhaus bei zurückgehenden Bewerberzahlen, hergerichtet.6 5.1.1.3 Anpassung unzeitgemäßer Wohnräume Zeitgemäßer Wohnraum, der den aktuellen Anforderungen entspricht, kann nicht nur durch Neubau, sondern auch durch Anpassung von bestehendem Wohnraum geschaffen werden. Bei dieser Anpassung der Wohnungen übernimmt zumeist die Änderung des Wohnungsgrundrisses die zentrale Rolle. Insbesondere durch die Anpassung von Wohnraum, der auf nicht mehr zeitgemäße Wohnformen ausgelegt wurde, können neue innerstädtische Wohneinheiten geschaffen werden, ohne innerstädtische Freiflächen oder die „grüne Wiese” zu
Konversion
Umnutzung
Anpassung und Aufstellung von Bebauungsplänen
Aktivierung der Eigentümer
92 bebauen.
Aktivierung der Eigentümer
Leerstandskataster
Modellprojekt
Ausweisung Sanierungsgebiet
Dabei ist vor allem die Veränderung der Wohnbedürfnisse ein wichtiger Aspekt. Eine Anpassung an aktuelle Standards und Vorlieben könnte den unzeitgemäßen Wohnraum wieder nutzbar machen. Da die eventuelle Anpassung von Wohnungsgrundrissen zu einem späteren Zeitpunkt keine große Tradition im Wohnungsbau hat, sind die Grundrisse des Wohnungsbestands allgemein nicht auf diese Art von Flexibilität ausgelegt. Mit dem heutigen Verständnis des nicht immer vorhersehbaren Wandels des Wohnungsmarktes wäre bei der Wohnraumschaffung darauf zu achten, dass dieser zukünftig anpass- bzw. umnutzbar ist. Gründerzeitliche Bauten hingegen sind beispielsweise nicht flexibel in den Grundrissen, eignen sich jedoch für verschiedene Nutzungen, Nutzungstypen und Zielgruppen. Sie haben sich als anpassungsfähig erwiesen. Angesichts des aktuellen Leerstands in Kassel befinden sich in der Stadt vermutlich auch Wohnräume, deren Grundrisse nicht länger als zeitgemäß betrachtet werden (Raumgrößen, -höhen, -abfolgen etc.), weshalb für sie dementsprechend nur eine sehr geringe Nachfrage besteht. Diese müssten angepasst werden, um den aktuellen Ansprüchen an Wohnraum zu entsprechen. Um diesem Ziel gerecht zu werden, müssen die Privateigentümer dazu animiert werden, in ihre Wohnungen zu investieren. Die Vorteile müssen den Bewohnern aufgezeigt und Anpassung unzeitgemäßer Wohnräume weiterhin in Form von gezielten Informations- und Beratungsangeboten unterstützt werden. Die zusätzliche Identifikation unzeitgemäßer Wohnräume ermöglicht neben Beratungsangeboten für Eigentümer auch, deren Kapazitäten zur weiteren Förderung von Wohnungsumbau zu erhöhen. Mithilfe eines modifizierten Leerstandskataster können unzeitgemäße Wohnräume erfasst werden. Dieses spezielle Kataster erfasst zwar nur einen Teilbereich der leerstehenden Gebäude und Wohnungen, jedoch alle unzeitgemäßen Wohnräume, die infolge dessen nicht mehr genutzt werden. Es handelt sich dabei um die qualitative Erfassung ungenutzten Wohnraums. Um dieses Kataster auch in Zukunft zu nutzen, ist eine dauerhafte Aktualisierung der erfassten Daten über Gebäude und Wohnungen nötig. Nachdem dieser Wohnraum erfasst wurde, können der Kontakt und die damit verbundenen Beratung der Eigentümer erfolgen. Um zusätzliche Anreize zur Anpassung von unzeitgemäßem Wohnraum zu schaffen, könnte in diesem Zuge ein Modellprojekt etabliert werden, welches sich an diesem modifizierten Kataster orientiert, Beratung und Hilfestellung von städtischer Seite bereitstellt und Nachahmungseffekte auslöst. Die Umsetzung des Modellprojekts würde ein Exempel für weitere Anpassungen der Wohnräume darstellen. Durch die zusätzliche Ausweisung eines Sanierungsgebiets sollen die Eigentümer finanzielle Unterstützung erhalten sowie Missstände oder Schwächen im Quartiere behoben werden. Durch das Sanierungsgebiet sollen die ausgewiesenen Bereiche, vorzugsweise mit unzeitgemäßem Wohnraum, umgestaltet und die Wohnbedingungen deutlich verbessert sowie Wohnraum wieder nutzbar gemacht werden. 5.1.1.4 Bessere Ausnutzung der Wohnfläche in Einfamilienhausgebieten Knapp über die Hälfte der Kasseler Bevölkerung lebt in Quartieren, die übermäßig von Ein- und Zweifamilienhäusern geprägt sind.7 Stadtteile, die besonders durch solche Quartiere zu charakterisieren sind, sind beispielsweise Jungfernkopf, Harleshausen, Kirchditmold, Bad Wilhelmshöhe, Brasselsberg, Nordshausen, Niederzwehren, Forstfeld, Wolfsanger/ Hasenhecke und Philippinenhof/Warteberg. Der Altersdurchschnitt
93 der Einwohner innerhalb dieser Quartiere bzw. Stadtteile liegt zum Teil bis zu sechs Jahre über dem städtischen Durchschnitt 8. Die Eigentümerquote beträgt dort zwischen 42 % und 83 %. Die hohen Werte zwischen 70 % und 80 % sind auf die relativ geringe Fläche der betroffenen Stadtteile zurückzuführen. Im Durchschnitt liegt die Eigentümerquote dieser Stadtteile bei etwa 59 % und damit circa 12 % höher als die der Gesamtstadt.9 Die durchschnittliche Anzahl der Personen pro Haushalt in diesen Quartieren bzw. Stadtteilen unterscheidet sich kaum von denen anderer 10. Hinzu kommt allerdings die vergleichsweise hohe Zahl an Wohnraum, die die Haushalte nutzen. Die durchschnittliche Wohnfläche liegt dort mit 96,7 m² um etwa 13 m² über dem städtischen Mittelwert 11. Die Gebäude in diesen Quartieren bzw. Stadtteilen wurden zu etwa einem Viertel vor 1950, zu fast einem Drittel zwischen 1950 und 1969 und zu einem weiteren Viertel zwischen 1970 und 1989 erbaut 12. Die durchschnittliche Wohndauer dort beträgt etwa 27 Jahre 13. In den zahlreichen Ein- und Zweifamilienhäusern leben somit vermehrt ältere Personen auf einer überdurchschnittlich großen Wohnfläche. Dort wohnen sie oftmals seit über drei Jahrzehnten und haben ggf. schon länger nicht mehr in ihr Eigentum investiert. Zur besseren Ausnutzung der Wohnfläche in Einfamilienhausgebieten sollte daher der Generationenwechsel unterstützt werden. Generationenwechsel bedeutet, dass ältere Menschen, die bereits über einen längeren Zeitraum nur noch zu zweit oder gar allein auf einer für sie nicht mehr benötigten bzw. bewirtschaftbaren großen Wohnfläche (meist in Ein- und Zweifamilienhäusern) leben, das Haus aufgrund von Wegzug (in andere Wohnformen), Todesfall des Partners etc. verlassen, sodass wieder größere Haushalte, meist junge Familien, die großen Wohnraum benötigen, dort leben können. Die Stadtverwaltung als Akteur auf dem Wohnungsmarkt besitzt bei diesem wichtigen Handlungsansatz aufgrund der hohen Eigentümerquote keine direkte Steuerungsmöglichkeit. Trotzdem darf dieser Prozess nicht sich selbst überlassen werden, um zu verhindern, dass Wohnflächen lange un- oder untergenutzt werden und Haushalte nachfolgender Generationen die wenigen und damit meist überteuerten Einfamilienhäuser suchen müssen. Durch den Generationenwechsel könnten die großen Wohnflächen in Quartieren mit Einfamilienhäusern besser ausgenutzt und die Altersstruktur durchmischt werden. Aufgrund des meist hohen Alters und der langen Wohndauer der jetzigen Bewohner gestaltet sich der Wechsel jedoch schwierig und sollte daher seitens der Stadt intensiv unterstützt werden. Zur Umsetzung dieses Ziels sollten zeitnah kooperative und informative Strukturen geschaffen werden, die verschiedene Interessenten miteinander vernetzen. Daher ist ein Netzwerk aus Stadtverwaltung, Wohnungsbaugesellschaften und Pflegeeinrichtungen zu bilden. Dieses Netzwerk sollte diverse Beratungen für interessierte Käufer, Verkäufer, Mieter oder Vermieter von Einfamilienhäusern anbieten. Es ist beispielsweise wichtig, zu erfahren, welche Art von Generationenwechsel stattfinden wird. Die potentiellen neuen Bewohner könnten das Gebäude sanieren und aufwerten oder es abreißen und das Grundstück neu bebauen und die derzeitigen Eigentümer könnten trotzdem in Quartiernähe wohnen bleiben wollen. Das Beratungsangebot sollte aber auch Fragestellungen wie „Wo befinden sich Einfamilienhäuser im Bestand?” und „Wo und für wen existieren altersgerechte Wohnungen und alternative Wohnformen wie Senioren-WGs?” umfassen. Dafür sollten mittelfristig Modellprojekte entwickelt werden, die eine Alternative zum Einfamilienhaus, insbesondere für ältere Personen, bilden. Beispiele hierfür wären generationenübergreifende Wohnformen, SeniorenWGs oder ein Schritt-für-Schritt-Umzug. Dafür könnte sich auch ein gesamtes vom Generationenwechsel betroffenes Quartier als Modell
Netzwerk Generationenwechsel
Modellprojekt
94
Bewusstseinsbildung
Sicherung der Infrastrukturen
eignen. Um die Einwohner und Bürger auf den Generationenwechsel aufmerksam zu machen, müssen Informationen über bspw. das Netzwerk, die Beratungsangebote und die Modelle der alternativen Wohnformen vermehrt in die Öffentlichkeit getragen werden. So kann in der breiten Bevölkerung auch langfristig Bewusstsein für dieses Thema geschaffen werden. Die Problematiken sind häufig nicht bekannt, weswegen auf sie aufmerksam gemacht werden sollte und somit ein Paradigmenwechsel angestoßen werden kann. Dafür wäre auch eine direkte Ansprache vor Ort, primär in Quartieren mit einem hohen Anteil von Einfamilienhäusern und einem hohen Altersdurchschnitt, sinnvoll. Des Weiteren sind bestehende Infrastrukturen in Ein- und Mehrfamilienhausgebieten langfristig zu sichern, um die Attraktivität des Quartiers für zukünftige Generationen zu gewährleisten. Die örtliche familienbezogene Infrastruktur ist durch den steigenden Altersdurchschnitt von Unternutzung bedroht, weswegen unter anderem Anreize im Quartier zur Sicherung bzw. Wiederherstellung der Schulen und Spielplätze, aber auch der Nahversorgung und Verkehrsanbindung nötig sind. Für die derzeitige alternde Bewohnerschaft ist zudem ggf. die Pflegeinfrastruktur zu ergänzen. 5.1.1.5 Förderung der Etablierung alternativer Trägerformen im Wohnungsbau Verschiedene Trägerformen wie Baugruppen, Wohnungsbaugenossenschaften und -gesellschaften, Investoren und private Eigentümer ermöglichen ein weites Spektrum an Wohnraumangeboten. Durch die Etablierung alternativer Trägerformen entsteht ein ausdifferenziertes Angebot, das Wohnraum für vielfältige Ansprüche ermöglicht. Vor allem bezahlbarer Wohnraum kann geschaffen werden, wenn Bauträger wie Baugruppen, Wohnungsbaugenossenschaften und -gesellschaften sich am Wohnungsbau beteiligen, da sie nicht primär auf hohe Rendite fokussiert sind. Um diesen alternativen Trägerformen einen größeren und stabilen Anteil auf dem Kasseler Wohnungsmarkt bieten zu können, sollte die Stadt die nötigen Voraussetzungen schaffen und als Partner zur Verfügung stehen. Die Stadt kann sowohl als Vermittler zwischen Interessenten tätig werden, als auch diesen beratend zur Seite stehen. Auf dem Kasseler Wohnungsmarkt spielen alternative Trägerformen bisher nur eine untergeordnete Rolle. Bauanträge wurden 2014 überwiegend von Privatpersonen (60,9 %) und Firmen (36,5 %) beantragt. Genossenschaften bildeten mit 0,9 % und Wohnungsbauunternehmen mit 1,9 % lediglich einen kleinen Anteil als Bauträger14. Gleichzeitig gibt es jedoch eine Nachfrage nach vielfältigerem Wohnraum, da sich zum einen die Haushaltstypen stärker ausdifferenzieren und zum anderen die Gesamtzahl der Haushalte weiter zunimmt15. Alternative Trägerformen bieten die Möglichkeit, Wohnraum zu schaffen, der gemeinsam mit den Bewohnern bzw. in Hinblick auf ihre Bedürfnisse gebaut wird und gleichzeitig bezahlbar ist. Für Kassel ist dies besonders wichtig, da immer mehr Menschen in die Städte ziehen. Zu diesen Gruppen gehören jüngere Menschen, Familien, Senioren sowie Singles und Paare, die flexiblen und bezahlbaren Wohnraum in der Stadt suchen. Auch die Zahl der alten Menschen wird weiterhin steigen und zu erhöhter Nachfrage an altengerechtem Wohnraum führen. Trägerformen können neben den klassischen Wohnungsbaugenossenschaften auch Gesellschaften bürgerlichen Rechts (GbR), Wohnungseigentümergemeinschaften (WEG) und Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbH) sein. Eine weitere Möglichkeit stellen Kooperationen mit Partnern der Wohnungswirtschaft dar.16 Handlungsbedarf besteht demzufolge besonders darin, zum einen
95 der Stadtbevölkerung bedarfsgerechten Wohnraum zu bieten und zum anderen den zukünftigen Bewohnern Hilfestellung zu leisten, diesen selbst zu schaffen. Zudem sollte ein stärkeres Bewusstsein für Alternativen zum Einfamilienhaus geschaffen werden, die sich vor allem durch alternative Trägerformen realisieren lassen. Auch bezahlbarer Wohnraum für Studenten, neben Studentenwohnheimen und renditeorientierten Investorenprojekten, kann bspw. durch konfessionelle oder gemeinnützige Trägerformen angeboten werden. Als Standorte eignen sich verschiedene Potentialflächen, aber besonders auch kleinere und etwas schwieriger bereitstellbare Flächen, die in enger Zusammenarbeit der Träger und der Stadt entwickelt werden können. Um eine größere Anzahl an alternativen Trägerformen zu etablieren, soll die Stadt grundsätzlich eigene Flächen nur in konzeptbezogenen Verfahren vergeben. Durch ein Konzeptvergabeverfahren hat die Stadt die Möglichkeit, z.B. auch kleinere Bauprojekte über längere Planungs- und Bauphasen zu unterstützen und somit alternativen Trägerformen eine Chance gegenüber renditeorientierten Bauprojekten zu geben. Dies ist eine politische Entscheidung, die sich seitens der Stadt einfach realisieren lässt. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, seitens der Stadt eine Netzwerkagentur zu gründen, um über die verschiedenen Trägerformen zu informieren und damit konkrete Bauprojekte anzustoßen. Dort können Interessierte sich austauschen und der Grundstein für neue Projekte gelegt werden. Auch die Planungs- und Bauphase kann durch beratende Tätigkeit der Netzwerkagentur begleitet werden. Ebenso sind vorbildhafte Modellprojekte, die z.B. durch Fördergelder unterstützt werden können, eine Möglichkeit, alternative Trägerformen zu unterstützen und deren Möglichkeiten darzustellen. Die Modellprojekte können aufzeigen, wie durch verschiedene Trägerformen innovativer Wohnraum für verschiedenste Bevölkerungsgruppen entstehen kann. 5.1.2. Nachhaltige Wohnraumentwicklung Die Entwicklung von Wohnraum hat sich an den aktuellen Zielen und Aspekten der Nachhaltigkeit zu orientieren. Dies beinhaltet vor allem Flexibilität der Materie hinsichtlich zukünftiger, teilweise noch nicht absehbarer Entwicklungen, auf welche die Stadt Kassel reagieren muss. Dieser Leitsatz ist nicht nur bei Neubauten zu befolgen, sondern nach Möglichkeit auch auf den Bestand anzuwenden, der den aktuellen Nachhaltigkeitskriterien nicht gerecht wird. 5.1.2.1 Nachverdichtung unter Gesichtspunkten städtebaulicher Integration Eine Großstadt wie Kassel kann durch punktuelle Nachverdichtungen im Stadtgebiet der Wohnungsnot entgegenwirken. Unter dem Leitsatz „Innen- vor Außenentwicklung” ist der effiziente Umgang mit innerstädtischen Bebauungsflächen zunehmend wichtiger geworden, was häufig durch das maximal zulässige Maß der baulichen Nutzung zu erreichen versucht wird. Dies geschieht in Kassel aktuell in Form von sogenannten Stadtvillen. Die aktuelle Debatte in Kassel über deren vermehrten Bau zeigt jedoch auch, dass diese Gebäudeform in der Wahrnehmung einiger Kasseler Bürger das Stadtbild erheblich stört17. Gründe hierfür liegen einerseits in der häufig mangelnden morphologischen Konformität mit der umgebenden Bebauung, andererseits kann auch die hohe Grundflächenzahl mit geringen grünen Restflächen eine Gefahr für das Stadtbild darstellen18. Zudem kommt es vor, dass große Stadtvillen vorhandene Sichtbeziehungen zerstören19. Die
Bewusstseinsbildung
Konzeptvergabeverfahren
Netzwerkagentur Träger- und Wohnformen
Modellprojekte
96 Debatte über die Wohnraumentwicklung im Neubausegment sollte sich vor diesem Hintergrund vermehrt mit den Möglichkeiten einer städtebaulichen Integration auseinandersetzen, wenn Neubauten von der Bevölkerung akzeptiert werden sollen. Neben der realisierten Bautypologie sind dabei auch Sichtbeziehungen und die gestalterische Integration zu beachten. Auch An- und Ausbauten oder Aufstockungen sind hinsichtlich der Kriterien städtebaulicher Integration zu prüfen. Entwicklung alternativer Nachverdichtungstypologien
Anpassung und Aufstellung von Bebauungsplänen
Stadtentwicklungsbeirat
In diesem Sinne ist die Entwicklung alternativer Nachverdichtungsformen empfehlenswert. Dazu kann gehören, aktuelle Formen wie die der Stadtvilla zu modifizieren, um deren dominante städtebauliche Wirkung zu mindern. Da diese jedoch zumeist aus dem zulässigen hohen Maß der baulichen Nutzung abzuleiten ist, geht dies auf Kosten der umsetzbaren Wohnfläche. Dennoch stellt unter morphologischen Aspekten eine zukünftige Verringerung der Grund- oder Geschossflächenzahl für Baugrund, auf dem Stadtvillen entstehen sollen, eine zu prüfende Möglichkeit dar, Wohnraum zu schaffen, ohne das Stadtbild maßgeblich zu beeinflussen. Auf rechtlicher Ebene können beispielsweise durch Baulinien, Baugrenzen, die Anzahl maximal zulässiger Vollgeschosse, Vorgaben zu ästhetischen Zwecken o.ä. die städtebauliche Verträglichkeit von Wohnraumschaffung im Neubausegment gewährleistet werden Bei der Bebauung innerstädtischer Freiräume bietet sich gegebenenfalls die Form des Punkthochhauses an, um auf relativ geringer Fläche möglichst viele neue Wohneinheiten zu schaffen. Bei der Errichtung von Hochhäusern in einer vergleichsweise niedrig bebauten Stadt wie Kassel ist dabei jedoch gesondert auf die städtebauliche Integration zu achten. Die Gebäude dürfen das Stadtbild und dessen Sichtbeziehungen nicht maßgeblich beeinträchtigen. Beispiele wie die Hochhäuser am Aschrottpark20 oder der Neubau in der Westendstraße21 zeigen, dass diese Form der Nachverdichtung in Kassel eine legitime Option darstellt. (Punkt-)Hochhausbauten im Innenbereich ermöglichen eine in Kassel derzeit unterrepräsentierte Wohnform, die für gewisse Zielgruppen besonders attraktiv ist, wenn sie an sorgfältig selektierten Standorten realisiert wird. Für die weitere Verbreitung dieser Typologie ist vor allem eine räumliche Konzentration im Innenstadtbereich denkbar. Infrage kommen hier primär Bereiche, in denen die bestehende Höhenstaffelung entsprechende Eingriffe auch aus städtebaulicher Sicht ermöglicht, wie beispielsweise im Bereich Scheidemannplatz/Treppenstraße. Auch Solitäre abseits der räumlichen Konzentration sind weiterhin denkbar, jedoch sind innerhalb des Innenbereichs bei dieser Form der Nachverdichtung das Stadtzentrum und dessen angrenzende Stadtteile zu favorisieren. Entsprechender Baugrund ist zunächst durch Gutachten zu ermitteln, woraufhin die Anpassung bestehender Bebauungspläne oder gegebenenfalls deren Neuaufstellung mit entsprechenden Zulässigkeiten den Weg für die Umsetzung durch außerstädtische Investoren ebnen kann. Realisiert wird diese Form der Nachverdichtung bereits durch die GWH in der Westendstraße im Vorderen Westen.22 Hinsichtlich städtebaulicher und städtischer Entwicklungsfragen kann zudem ein Stadtentwicklungsbeirat installiert und hinzugezogen werden, der aus vom Magistrat der Stadt Kassel berufenen Experten besteht. Seine Stellungnahme ist rechtlich nicht bindend, sodass die Entscheidungsgewalt bei der Stadt bleibt. Ihre Mitgliedschaft begrenzt sich zunächst auf zwei Jahre, eine erneute Berufung ist jedoch möglich. Sein Aufgabenfeld umfasst die Abwägung wirtschaftlicher, ökologischer und politischer Faktoren sowie die Evaluation von Planungen, die strategische Bedeutung für die Gesamtstadt haben. Auch die städtebauliche Einschätzung ist ein wichtiger Aufgabenbereich des
97 Beirates. Die Auseinandersetzung mit entsprechenden Planungen und Bauvorhaben, deren Bewertung und die daraus resultierende öffentlich einsehbare Stellungnahme machen den Stadtentwicklungsbeirat zu einem wichtigen Instrument für die Stadt und deren Entscheidungsfindung. 5.1.2.2 Höhere Nutzungs- und Nutzerflexibilität in Grundrissen Neue Wohnformen mit multifunktionalen Eigenschaften sind entscheidend für die Wohnraumentwicklung im Neubausegment, um auf zukünftige Entwicklungen reagieren zu können. Maßgeblich ist die Flexibilität neuer Wohnungsgrundrisse hinsichtlich der Nutzung, wie bspw. der möglichen Nutzbarkeit als Büro- oder als Wohnraum, sowie der Nutzer- und Nachfragegruppen, also inwieweit die Nutzbarkeit von Bewohnern mit verschiedenen Lebensstilen, Alter oder Wohnkonstellationen gegeben ist. Die Berücksichtigung einer späteren Umnutzung oder Anpassung bei der Schaffung neuen Wohnraums ist daher empfehlenswert und wird bereits punktuell praktiziert. Beispielsweise errichtet die GWG in der Nordstadt an der Bunsenstraße drei Wohnhäuser, die anfangs als Gemeinschaftsunterkunft für Flüchtlinge und später als normale Mietwohnung genutzt werden können.23 Unterschiedliche Nutzergruppen haben auch unterschiedliche Ansprüche an Wohnungsgrundrisse, sodass die Grundrisse möglichst flexibel gestaltet sein sollten, um spätere Anpassungen zu ermöglichen. Die Etablierung flexibler Wohnungsgrundrisse kann durch Modellprojekte angestoßen werden, um nachhaltige Gebäudestrukturen zu schaffen. Diese Projekte richten sich an Bauherren und dienen der Bewusstseinsschaffung für flexible Wohnungsgrundrisse und deren Wichtigkeit hinsichtlich der Anpassungsfähigkeit für zukünftige Entwicklungen. Eine Möglichkeit der Realisierung dieser Projekte könnte die Kooperation mit öffentlichen Wohnungsunternehmen und Genossenschaften darstellen, die von diesem Modellvorhaben profitieren könnten. Die Umsetzung bedarf oftmals finanzieller Förderung. In Form von durch die Kommune ausgelobten Wettbewerben könnten neue Anstöße gegeben werden. Vertiefungsthematiken könnten unter anderem der Entwicklungszyklus einer Familie und die Bedürfnisse mehrerer Generationen oder die Nutzbarkeit für unterschiedliche Lebensstile darstellen. Das Instrument des Gestaltungsbeirates kann zusätzlich eingesetzt werden, um der Stadt beratend Hilfestellung bezüglich der Bauvorhaben zu leisten. Der Beirat besitzt keine rechtliche Bindung, sondern dient ausschließlich zur neutralen Stellungnahme in Form institutionalisierter Beratungskompetenz in Zusammenarbeit mit der Stadt. Diese Hilfestellung durch Experten, die durch den Magistrat berufen werden, ermöglicht hohe Qualität und Transparenz im Weiter- und Ausbau bzw. im Baugeschehen der Stadt. Letztendlich liegt die Entscheidungsgewalt aber bei der Stadt. Wichtig für die Objektivität des Beirats sind die Unabhängigkeit seiner Mitglieder und die Begrenzung der Dauer ihrer Mitgliedschaft mit Möglichkeit einer erneuten Berufung. Folgernd ist die Aufgabe des Gestaltungsbeirates, Bauvorhaben zu begutachten und entsprechend Empfehlungen ausschließlich hinsichtlich der Gestaltung zu äußern. Diese unabhängige Beratungsinstanz tagt nicht öffentlich, wobei die Veröffentlichung der kritischen Stellungnahmen durchaus sinnvoll wäre.24 5.1.2.3 Erhöhung der Sanierungsrate von Privateigentum Durch Sanierung im Bestand können bauliche und technische Gebäudeteile oder ganze Gebäude wiederhergestellt und modernisiert
Modellprojekte
Gestaltungsbeirat
98 werden. Die Gebäude und ihre Bausubstanz bleiben somit erhalten und der Wohnkomfort wird ggf. erhöht. Des Weiteren können diese Bestandsobjekte weiterhin als Wohnraum genutzt werden, sodass zusätzliche Neubauten, ob auf der „grünen Wiese“ oder als Nachverdichtungen im Innenbereich, nicht mehr in großer Menge benötigt werden.
Aktivierung der Eigentümer
Housing Improvement District - HID
Privatwohnungen bilden den Großteil des Kasseler Wohnungsbestands.25 In diesem Sektor des Wohnungsmarktes besitzt die Stadt aufgrund der rechtlichen Situation keine nennenswerten Eingriffsmöglichkeiten. Eigentümer müssen daher auf anderem Wege zur Sanierung unter- oder ungenutzter in Privatbesitz befindlicher potentieller Wohnräume angeregt werden. Vor allem im Bestand gibt es zahlreiche potentielle Gebäude, die durch Anpassung, Umnutzung oder Aufwertung an den aktuellen Wohnbedarf angeglichen werden können und somit in der Lage sind, die Situation auf dem Wohnungsmarkt zu entspannen und nachhaltig Wohnraum zu schaffen. Diese müssen gezielt identifiziert, untersucht und mobilisiert werden, um der aktuellen Wohnungsnachfrageentwicklung nachkommen zu können. Da die Verantwortung der Immobilien beim jeweiligen Eigentümer liegt, sollen diese durch Kontakt mit der Stadt oder Beratung zur eigenen Aufwertung des Bestandes animiert werden. Hierbei soll der Fokus besonders auf die Arbeit im Bestand gelegt werden, um diesen nachhaltig weiterzuentwickeln. Diese Mobilisierung kann durch die Animierung der Privateigentümer erfolgen, die im Zuge dessen ihren Bestand bewohnbar machen bzw. aufwerten. Diese Aufwertung des Bestandes und somit auch der damit verbundenen Mobilisierung von Wohnraum geschieht auf privater Ebene. Dennoch ist hierbei auf die Sozialverträglichkeit der Aufwertung zu achten. Mittelfristig könnte dazu ein Modellquartier als Housing oder Neighbourhood Improvement District (HID oder NID) etabliert werden. Auf Grundlage §171f BauGB kann die Stadt Gebiete mit vorwiegender Wohnbebauung festlegen, in denen eigentümerorganisierte und -finanzierte Maßnahmen durchgeführt werden. Die Maßnahmen sollten der Aufwertung bzw. der Sicherung bestimmter Charakteristika des Quartiers dienen. Dies ist sowohl in reinen und allgemeinen Wohngebieten (HID) als auch in Mischgebieten (NID) mit einer hohen Anzahl sanierungsbedürftiger Gebäude möglich. Durch Beratungen und Unterstützungen seitens der Stadt erstellen die Eigentümer gemeinschaftlich geeignete Maßnahmen- und Finanzierungskonzepte. Dieses Instrument erfordert ein hohes Engagement der Privateigentümer. Mit der Kampagne „Neue Energie für alte Häuser“ soll die Sanierungsrate in der Stadt Kassel von dem Bundesdurchschnitt von unter 1 % auf 2,5 % erhöht werden. Der bereits laufende Modellversuch im Sanierungsquartier „Eichwald“ strebt sogar 3 % an. Dieses Ziel soll durch energetische Gebäudesanierung und energieeffiziente Gebäudenutzung erreicht werden.26 Abschließend kann allein durch die Animierung und direkte Ansprache der Privateigentümer die Verbesserung und Aufwertung des Bestands erfolgen, wie es schon im Modellprojekt Eichwald-Siedlung für die energetische Sanierung erprobt wird. Um den Bestand zu sichern und einen dauerhaften Substanzerhalt zu erreichen, ist es wichtig, Gebäude sowohl energetisch als auch technisch kontinuierlich fachgerecht zu sanieren. Hierzu ist es notwendig, die Bewohner der Stadt Kassel für die Vorteile der Sanierung zu sensibilisieren, das regionale Sanierungsgewerbe in Handwerk, Planung, Energieberatung und Baufinanzierung zu unterstützen sowie durch öffentlichkeitswirksame Veranstaltungen, wie z.B. eine jährliche Bau- und Immobilienmesse, einen Sanierungsfachtag und weitere Informationsveranstaltungen aufzuklären.
99
5.1.2.4 Erhalt und Pflege historischer Bausubstanz Rund 12.000 Wohnungen in Kassel wurden vor 1919 erbaut, was in etwa 10 % des Bestandes entspricht.27 5,32 % der Kasseler Bevölkerung leben in alten Dorfkernen, 20 % in Quartieren mit überwiegender Blockrandbebauung. Zusammen handelt es sich dabei wiederum um knapp ein Viertel aller Kasseler Bürger.28 Insbesondere in diesen Quartieren haben sich in den Jahren 2011 bis 2014 demographische Veränderungen abgezeichnet. In den alten Dorfkernen konnte eine Zunahme der über 70-Jährigen von etwas über 5 % festgestellt werden. Diese Zunahme resultiert jedoch aus dem Altern der bestehenden Bewohnerschaft und nicht durch Wanderung innerhalb des Quartiers. Dennoch war in keiner anderen baulichen Typologie dieser Anstieg so erheblich. In den Blockrandgebieten nahm die Anzahl der Singlehaushalte um knapp 5 % zu. Nur in den durch Mehrfamilienhäuser geprägten Quartieren war der Anstieg noch größer.29 Anhand dieser Daten wird deutlich, dass die historischen Gebäude und Quartiere eine nicht unerhebliche Bedeutung auf dem Wohnungsmarkt haben; „Die Anpassung der vorhandenen Altbau- und Siedlungsbestände an zeitgemäße technische Standards und gewandelte Wohnbedarfe ist eine Herausforderung, der sich die Städte und die Wohnungswirtschaft seit geraumer Zeit stellen müssen.“30 Ein Ziel der nachhaltigen Wohnraumentwicklung im Bestand sollte es daher sein, die historische Bausubstanz zu erhalten und zu pflegen. Als historisch sollten dabei jene Gebäude gelten, die vor dem 2. Weltkrieg erbaut wurden und aufgrund ihrer Bausubstanz, Architektur etc. charakteristisch für ein bestimmtes Quartier oder einen bestimmten Stadtteil sind. Vor allem durch die Kriegszerstörung und den autogerechten Wiederaufbau Kassels sind zahlreiche historische Gebäude und Quartiere zerstört oder nicht wiederaufgebaut worden. Aufgrund dessen sind die wenigen erhaltenen Bauten heute umso stärker ortsbildprägend und identitätsstiftend. Werden die Gebäude nicht saniert, ist ein unattraktives Erscheinungsbild die Folge, in dessen Konsequenz Leerstand und sogar der vollständige Verfall und die Unbewohnbarkeit der Gebäude drohen. Ein nicht abgearbeiteter Sanierungsstau würde zu Wertminderung und Substanzverlust von Wohnraum und ggf. ganzen Quartieren, führen. Bei Rückbau historischer Bausubstanz (für Neubauten) würde der vorherige Charakter des Quartiers verloren gehen. Um dies zu verhindern, ist das frühzeitige Erkennen der Notwendigkeit des Handlungsbedarfes in Quartieren mit erhaltenswerter Bausubstanz notwendig. So kann das Stadtbild gewahrt, Leerstand vorgebeugt und Wohnraum erhalten werden. Beispielhafte Quartiere in Kassel wären dafür die historischen Dorfkerne der Stadtteile Nordshausen oder Waldau und die durch die Blockrandbebauung geprägten Quartiere in den Stadtteilen Wesertor oder Nord-Holland. Zur Umsetzung dieses Ziels können verschiedene Strategien und Instrumente verfolgt werden. Durch baurechtliche Festsetzungen im Bebauungsplan (z.B. Ensembleschutz oder Erhaltungssatzung) könnte die historische Bausubstanz langfristig erhalten bleiben und würde auch im Kontext der Sanierung bzw. Modernisierung durch Auflagen nicht beeinträchtigt. Zusätzlich sollte kurzfristig in der breiten Bevölkerung Bewusstsein für den Erhalt historischer Gebäude geschaffen werden. Dies könnte vor allem durch die lokale Presse erfolgen. Ein aktuelles Beispiel dafür wäre die Zentgrafen-Drogerie in Kirchditmold. Dieses Gebäude hat durch die stetigen Presseberichte große Aufmerksamkeit erlangt, sodass schließlich auch eine Folgenutzung gefunden werden konnte. In Quartieren mit einer hohen Anzahl historischer Gebäude könnten Informationsveranstaltungen abgehalten, aber auch die betroffenen Eigentümer direkt angesprochen werden. Diese sollte die Stadt
Anpassung und Aufstellung von Bebauungsplänen Bewusstseinsbildung
Aktivierung der Eigentümer
100
Housing Improvement District - HID
sowohl bei der Umsetzung von Sanierung u.ä. und der Beantragung von Fördermitteln als auch finanziell durch kommunale Förderungen unterstützen. In den Jahren 2011 bis 2014 stellte die Stadt Kassel zur Modernisierung von Mietwohnungen jedoch lediglich 86.400 € pro Jahr zur Verfügung. Durch zusätzliche Förderungen, bspw. des Landes, konnten so in den vier Jahren insgesamt gerade einmal 56 Wohneinheiten modernisiert werden.31 Daher würde sich mittelfristig auch die Etablierung eines Modellquartiers im Stile eines im Kapitel 5.1.2.3 beschriebenen Housing oder Neighbourhood Improvement Districts (HID oder NID) eignen. Dies könnten Wohn- oder Mischgebiete sein, die eigentümerorganisiert und –finanziert aufgewertet werden und eine im Kontext dieser Zielsetzung hohe Anzahl historischer Gebäude beinhalten, die für den Wohnungsmarkt erhaltenswert und zu sichern sind. Aufgrund dieser Eigentümerorientierung könnte auch gezielt auf die veränderte Demographie bzw. individuellen Wohnbedarfe eingegangen werden.
5.1.3. Wohnraumportfolio Um den verschiedenen Anforderungen an Wohnraum gerecht zu werden, benötigt die Stadt Kassel ein breites Portfolio an verfügbarem Wohnraum. Dies beinhaltet eine Vielfalt an Wohnungstypen für alle Zielgruppen des Wohnungsmarktes. Gerade im regionalen und überregionalen Vergleich können Qualität und Diversität des Wohnraumportfolios maßgebliche Faktoren für die Wahrnehmung und Etablierung der Großstadt Kassel als Wohnstandort sein. 5.1.3.1 Höhere Vielfalt an Wohnungsgrundrissen im Neubausegment
Stadtentwicklungsbeirat
Modellprojekte
Unterschiedliche Nachfragegruppen haben auch unterschiedliche Ansprüche an Wohnungsgrundrisse hinsichtlich Größe, Zimmeranzahl, Ausstattungsmöglichkeiten usw.. Das Ziel lässt sich ebensogut als Abdeckung sämtlicher Nachfragegruppen des Wohnungsmarktes durch ein ausreichendes Wohnraumangebot hinsichtlich der unterschiedlichen Anforderungen formulieren. Aktuell werden vielfach ähnliche Gebäudetypen errichtet, wie bspw. der Bautyp Stadtvilla. Dieser Typus findet unter anderem Anwendung als verdichtender Wohnungsneubau in Einfamilienhausgebieten, wobei bereits 34,2 % der Bevölkerung Kassels in Einfamilienhäusern wohnhaft sind32. Die Neubautätigkeit wird somit auf größtenteils nur einen Bautyp fokussiert, dieses Wohnraumangebot ist jedoch nur für einen kleinen Teil der wohnraumsuchenden Personen attraktiv und bspw. für Geringverdiener nicht finanzierbar.33 Folglich ist von der Fixierung auf bestimmte Bautypen abzusehen, da sich die Nachfragekraft der unterschiedlichen Nachfragegruppen dynamisch entwickelt und so flexibel anpassbare Lösungen zu finden sind. Für die Initiierung vielfältiger Bautätigkeit mit entsprechender Gewichtung für sämtliche Nutzergruppen müssen alternative Angebote für derzeitig benachteiligte Gruppen geschaffen werden. Um die Fokussierung auf einen Bautypen zu verhindern, eignet sich ein Stadtentwicklungsbeirat, welcher in Kapitel 5.1.2.1 näher erläutert wird, der durch Beratung und kritische Stellungnahme zu Bauprojekten eine kompetente Hilfestellung bei der Genehmigung von Bauvorhaben darstellt. Anhand von Modellprojekten können neue Wohnformen und Wohnungsgrundrisse modellhaft ausprobiert und evaluiert werden, sodass deren Übertragbarkeit auf eine Vielzahl von Projekten ermöglicht wird. Dadurch kann die Vielfalt des Wohnungraumangebotes noch weiter
101 ausdifferenziert werden, um den verschiedenen Wohnansprüchen gerecht zu werden. Die Modellprojekte und neuen Lösungsansätze können zudem weitere Investoren ermutigen, entsprechende Gebäudetypen und -grundrisse umzusetzen. Ein wichtiger Partner der Stadt bei zielgruppenorientertem Neubau ist die städtische GWG. Sie hat die Möglichkeit, Angebote zu schaffen, die durch die freie Wohnungswirtschaft und andere Trägerformen nicht geleistet werden können. Durch die kommunale Trägerform kann die Stadt eine gezielte und auf den aktuellen Bedarf ausgerichtete Wohnraumentwicklung betreiben. Grundlage hierfür ist die kontinuierliche Beobachtung des Wohnungsmarktes, also ein institutionalisiertes Nachfragemonitoring. Basis dieser Bedarfsabbildung bieten Daten des Einwohnermelderegisters, hinzu kommen quantitative Daten wie beispielsweise Wohnungsgrößen, Sanierungsstände, Verhältnisse zwischen Miet- und Eigentumswohnungen, Arten von Neubauten, Mietpreisentwicklungen und städtische Wanderungssalden. Zudem können Umfragen zu Wohnwünschen oder Analysen der Wohnungsinserate weiteren Aufschluss über die konkrete Nachfrage geben. Aufbauend darauf können Erkenntnisse in konkrete Bauvorhaben umgesetzt und Erfolge bereits realisierter Projekte kontrolliert werden. 5.1.3.2 Förderung von Wohnraum mit Einfamilienhaus-Qualitäten als Alternative zum Auslasten des suburbanen Raums Träger von Reurbanisierungsprozessen sind insbesondere die Gruppe der jungen Personen in der Berufseinsteigerphase, junge Familien, ältere Personen, internationale Zuwanderer und Singles34. Reurbanisierungstendenzen lassen sich auch innerhalb der Stadt Kassel erkennen, trotzdem erfährt die Wohntypologie des Einfamilienhauses in der Peripherie nach wie vor breite Nachfrage durch bestimmte Gruppen. In den Umlandgemeinden Kassels besteht weiterhin ein breites Angebot an günstigen Flächen für eine entsprechende Bebauung. Die Möglichkeiten der Ausweisungen im Außenbereich sind in Kassel nahezu erschöpft und aus der Sicht langfristig nachhaltiger Stadtentwicklung nicht zu befürworten. Die fehlenden Flächen werden insbesondere in den Umlandgemeinden zur Verfügung gestellt. Haushalte, die in das Umland abwandern, sind meist Familien und Paare, die sich in der Familiengründungsphase befinden und einen akademischen Abschluss haben35. Der Wunsch nach Wohnraum in der Innenstadt ist dennoch vorhanden. Eine deutschlandweite Studie ergab, dass ca. 14 % der Familien, die in das Umland abgewandert sind, lieber in der Innenstadt geblieben wären und 43 % sich auch Wohnungen in der Stadt angesehen haben, das heißt, nicht gezielt „Stadtflucht” begangen haben36. Familien schätzen die Vielfalt an Möglichkeiten, wie bspw. die Anzahl von Einkaufsmöglichkeiten, gastronomischen Einrichtungen und Kinderbetreuungsangeboten37. Insbesondere gut ausgebildete junge Erwachsene bevorzugen innerstädtische Wohnlagen aufgrund der kurzen Wege, meist auch zu den Arbeitsplätzen im Dienstleistungssektor. Es herrscht die Überzeugung, dass sich „Kind und Karriere in der Stadt der kurzen Wege besser vereinbaren lassen”38. Für Familien bedeutet das Leben in der Stadt aufgrund der kurzen Wege eine Entlastung und eine große Zeitersparnis39. Diese Entwicklungen deuten auf ein klares Defizit des Kasseler Wohnraumportfolios und entsprechenden Handlungsbedarf hin. Innerhalb der Stadt Kassel werden die Qualitäten von Einfamilienhäusern weiterhin große Nachfrage erzeugen. Diese Qualitäten sind unter anderem eine private oder gemeinschaftliche Grünfläche, ein wohnungsnaher Stellplatz sowie eigene Gestaltungsmöglichkeiten bei Grundriss und Ausstattung40. In Kassel findet man entsprechende
Städtisches Wohnungsunternehmen GWG
Nachfragemonitoring
102 Gebäude- und Wohnformen z.B. in der Marbachshöhe.
Konzeptvergabeverfahren
Netzwerkagentur Träger- und Wohnformen
Durch gezielte Vergabe von Bauland nach konzeptionellen Maßstäben und der Etablierung möglicher Zusammenschlüsse privater Träger kann ein ausgewogener und den individuellen Wohnbedürfnissen gerecht werdender Wohnraum geschaffen werden. Konzeptvergabeverfahren für Wohnraum sollten nach den oben genannten Kriterien durchgeführt und unterstützt werden. Eine Möglichkeit der Unterstützung ist die Institutionalisierung der Zusammenarbeit von privaten und investiven Trägern. Eine Netzwerkagentur für Träger- und Wohnformen bietet als informelles und kooperatives Instrument Beratung, Vermittlung und Projektbegleitung an. Entsprechende Agenturen mit ähnlichem Schwerpunkt gibt es bereits in Hamburg (Agentur für Baugemeinschaften41) oder Berlin (Netzwerkagentur GenerationenWohnen42).
103
Endnoten: vgl. Stadt Kassel 2014b: 3
1
2
vgl. Schäfer 2015b: 3
3
vgl. Schäfer 2015b: 3 4
vgl. ZRK 2006: 2 vgl. o. A. 2012
5
vgl. Rudolph, Katja 2015d
6
vgl. Schäfer 2015c: 20
7
vgl. Stadt Kassel 2015b: 9
8 9
vgl. Stadt Kassel 2014b: 19
10
vgl. Stadt Kassel 2015b: 17
11
vgl. Stadt Kassel 2014b: 30 12
vgl. Schäfer 2014: 53
14
vgl. Schäfer 2015b: 4
vgl. Stadt Kassel 2014b: 9
15
16
vgl. Rettenbach 2006
vgl. Steinbach, Jörg 2015b
17 18
vgl. Hermann, Andreas 2015a
19
vgl. Hermann, Andreas 2015b 20
vgl. Hein, Christina 2016 21
vgl. o. A. 2015a
vgl. Steinbach, Jörg 2015a
22
23
vgl. Rudolph, Katja 2015b 24
vgl. BDA 2011: 8 ff.
25
vgl. Stadt Kassel 2014b: 20
27
vgl. Stadt Kassel 2014b: 28
26
vgl. Stadt Kassel 2016a 28
vgl. Schäfer 2015: 20 29
30
vgl. ebd.: 13
13
vgl. ebd.: 21
Lehrstuhl für Planungstheorie und Stadtentwicklung RWTH Aachen 2012: 42 31
vgl. Stadt Kassel 2014c: 18 32
33 34
vgl. Schäfer 2015a: 20
vgl. Ludwig, Bastian 2014
vgl. Quantum Focus 2015: 7 35
vgl. BMVBS/BBSR 2007: 5 36
vgl. Hefert/ Osterhage 2012
39
vgl. Quantum Focus 2015: 9
38
40 41 42
vgl. ebd.: 69 f
37
Osterhage 2007: 78
vgl. Hochschule Luzern 2012: 8
vgl. Freie und Hansestadt Hamburg
vgl. Berlin, Senatsverwaltung für Stadtentwicklung
5.2 Räumliche Ausprägung der Wohnraumentwicklung Seit einigen Jahrzehnten werden Reurbanisierungstendenzen wahrgenommen, die Zersiedelung durch Bautätigkeiten im Außenbereich besteht dennoch weiterhin fort. Im Sinne der Nachhaltigkeit, der städtebaulichen Ordnung und der Wirtschaftlichkeit sind Entwicklungen im Innenbereich priorisiert zu realisieren. Die Schaffung von Wohnraum verlangt ein Mindestmaß an kommunaler Steuerung. Diese Leistung schließt zum einen eine verwaltungsintern abgestimmte Position zur räumlichen Wohnraumentwicklung ein, die Ausdruck in sämtlichen Bauvorhaben findet, zum anderen eine konkrete Formulierung von Instrumenten zur Umsetzung nachhaltiger Leitbilder der Stadtentwicklung. Die im folgenden betrachteten Themen Innenentwicklung, Nutzungsmischung und Nebenzentrenentwicklung sind im Hinblick auf eine zukünftige Wohnraumentwicklung im Bestand sowie eine bedürfnisorientierte Versorgungsinfrastruktur, die der Wohnraumentwicklung folgt, von Bedeutung.
5.2.1 Innenentwicklung Wohnen in der Innenstadt ist erneut nachgefragt, Reurbanisierungstendenzen lassen sich jedoch nicht flächendeckend in Deutschland feststellen1. Eine Untersuchung im Jahr 2003/2004 zeigte, dass die intraregionalen Wanderungssalden in fast allen der insgesamt 16 untersuchten Städten negativ ausfielen und die Kernstädte somit weiterhin Bewohner an das Umland verloren2. Suburbanisierung besteht weiterhin und führt neben einem erhöhten Flächenverbrauch zu einem steigenden Verkehrsaufkommen, ungeordneter Siedlungsentwicklung, steigenden Folgekosten und Steuerverlusten sowohl für die Kernstadt als auch für die Zielgemeinden. Infrastruktureinrichtungen von Städten mit starker Abwanderungsrate drohen nicht vollständig ausgelastet zu sein während Zielkommunen neue Infrastruktur für die Zugezogenen bereitstellen müssen. Die aufgestellten Empfehlungen zur Wohnraumschaffung richten sich daher nach dem im BauGB verankerten bundesweiten Ziel „Innenentwicklung vor Außenentwicklung“. Auch in Kassel sollte die Entwicklung im Bestand stärker gefördert werden, um weiteren Flächenverbrauch zu verhindern, den Verkehr zu minimieren bzw. fußläufige Erreichbarkeiten zu fördern, vorhandene Infrastrukturen auszulasten, die Stadtquartiere zu beleben und das Stadtbild aufzuwerten. 5.2.1.1 Position der Stadt zu räumlichen Entwicklungszielen Die Standorte der Wohnortwahl und der Bautätigkeiten spiegeln die Wohnwünsche der Bewohner einer Stadt, sowie das Angebot des Wohnungsmarktes wider. Auf das Standortangebot kann von Seiten der Stadt in Teilen steuernd eingegriffen werden. Zur Förderung der Innenentwicklung sollten zunächst Wohnraumentscheidungen innerhalb
105 der Stadt analysiert und darauf aufbauend eine Strategie im Umgang mit Investoren formuliert werden. Diese soll aufzeigen, wie und an welchen Standorten die künftige Stadtentwicklung erfolgen soll. Im Landkreis Kassel wurde keine Befragung von Bewohnern der Stadt und des Umlandes nach den Gründen ihrer Wohnstandortwahl durchgeführt, aufgrund der Baugenehmigungen und -anträge, des Wanderungssaldos und der Wohndauer sind beliebte Wohnorte jedoch erkennbar. Die Daten sind durch komplexe Sachverhalte geprägt und daher nicht direkte Indikatoren für die Attraktivität eines Stadtteils. Eine geringe Anzahl an Zugezogenen bedeutet bspw. nicht eine geringe Attraktivität eines Wohnstandortes, sondern kann auf einen Mangel an Wohnraum oder Bauland hinweisen3. Die durchschnittliche Wohndauer kann als Indikator für die Wohnzufriedenheit herangezogen werden. Andererseits werden bestimmte Gebäudetypologien, Wohnungsgrößen und -grundrisse sowie Quartierscharaktere von Menschen mit verschiedenen Lebensstilen bevorzugt, diese sind wiederum mit unterschiedlicher Wohndauer verbunden. Der Immobilienmarkt verzeichnet in Kassel seit Jahren steigende Verkaufszahlen. Im Jahr 2014 wurden 1.669 Immobilien im Stadtgebiet verkauft und 3.300 im Landkreis. Wohnungen, Häuser und Grundstücke in der Stadt wurden für insgesamt 402 Mio. € verkauft, und die etwa doppelt so hohe Anzahl an Immobilien des Umlands für 350 Mio. €.4 Innerhalb der Stadt zeigt die räumliche Verteilung der Bautätigkeit der letzten Jahre ein zwiegespaltenes Bild. Am häufigsten wurden zwischen 2001 und 2011 im Stadtteil Unterneustadt aufgrund des neu entstandenen Wohnviertels neue Wohnungen errichtet5. Baugenehmigungen für größere Objekte wurden 2013/2014 häufig innenstadtnah beantragt6. Zu der Zeit wurden die meisten Bauanträge in Wehlheiden eingereicht7. Die Stadtteile, in welchen am zweit- oder dritthäufigsten Baugenehmigungen gestellt wurden, liegen jedoch ausschließlich in Stadtrandlagen8. Die Stadtteile lassen sich bezüglich der Standortnachfrage unterschiedlicher Bevölkerungsgruppen deutlich kategorisieren. Die Stadtteile Mitte, Nord-Holland, Wesertor und Rothenditmold weisen meist kleineren Wohnraum9 sowie hohe Mieteranteile10 auf und werden von der Gruppe der 19- bis 31-Jährigen als Wohnort präferiert11. Dies ist ein Grund dafür, dass diese Stadtteile die höchsten Fluktuationsraten12 der Stadt und die kürzeste durchschnittliche Wohndauer aufweisen13. Gegensätzlich dazu ist die Situation in von Ein- und Zweifamilienhäusern geprägten Gebieten mit Stadtrandlage, wo insgesamt am häufigsten Neubau realisiert wird. Generell ist die Fluktuationsrate in Stadtteilen mit Einfamilienhausbebauung und geringem Mieteranteil, wie in Harleshausen, Kirchditmold oder Brasselsberg, niedrig14. Dementsprechend ist die durchschnittliche Wohndauer in der Peripherie der Stadt am längsten15. Ein deutliches Interesse besteht jedoch an urbanen, teils funktionsgemischten Quartieren wie den Stadtteilen Vorderer Westen und Wehlheiden, in welchen die meisten Bauanträge gestellt wurden16, die Mieten höher aufgestellt sind und die durchschnittliche Wohndauer dem städtischen Mittelwert entspricht. Die Bautätigkeiten in der Stadt zeigen, dass Nachfrage nach Wohnraum im Außenbereich und im Innenbereich parallel besteht.
106 Reurbanisierung ist kein gesamtgesellschaftlicher Prozess, der ohne politische Steuerung eine Kehrtwende der Stadtentwicklung darstellen wird. Die Reurbanisierung ist differenziert zu betrachten: Menschen unterschiedlicher Lebensstile suchen unterschiedliche Wohnräume und Wohnorte innerhalb der Stadt. Diese Trends gilt es weiter zu analysieren und auf die Wohnbedürfnisse dieser Gruppen zu reagieren, um das Wohnen in der Stadt zu fördern.
gemeinsame Flächeneinsparpolitik im Zweckverband
Obergrenzen für Flächenausweisung
Grundsätzlich sollte die Stadt idealerweise in Zusammenarbeit mit dem Zweckverband eine Position zur flächensparenden Siedlungsentwicklung einnehmen und diese bürgernah kommunizieren, um ein Bewusstsein für die Thematik zu schaffen. Ein geeignetes Instrument dafür ist das Siedlungsrahmenkonzept (SRK) (s. Kapitel 5.1.1.1). Um die gezieltere Reduzierung der Neuinanspruchnahme von Flächen zu gewährleisten, ist eine kommunale Kontingentierung von Flächenausweisungen auf Basis soziodemografischer Parameter denkbar. Die Flächenkontingente zielen auf eine nachhaltige Nutzung des Freiraums ab und regen zur verstärkten Innenentwicklung an. Es werden quantitative Obergrenzen für Flächenausweisungen geschaffen, indem konkreten Kontingente für jeweilige Städte durch den Bund festgelegt werden.17 Da dieses Instrument auf der Bundes- oder Landesebene nicht umgesetzt wurde und auch keine weiteren Regelungen zur Einhaltung des 30-ha-Ziels getroffen wurden, sollten sich die Kommunen diesbezüglich selbst Grenzen setzen. Tritt ein unkontrolliertes Wachstum Kassels ein, sollte nur eine bestimmte Flächengröße für Entwicklungen im Außenbereich zur Verfügung gestellt, beziehungsweise ein festgelegter Anteil der Bauprojekte im Innenbereich realisiert werden. 5.2.1.2 Entwicklung von Potentialflächen im Innenbereich anstoßen Das Interesse an innerstädtischem Bauland ist durchaus vorhanden, die Möglichkeiten der Projektrealisierung im Innenbereich müssen jedoch verbessert werden. Wie in der Potentialerhebung ermittelt, sind ausreichend Flächen im Innenbereich vorhanden. Mehrheitlich handelt es sich bei den Flächen um fixe Potentiale, die aufgrund ihrer rechtlichen und örtlichen Rahmenbedingungen mit einem geringen Aufwand zu mobilisieren sind. Die fehlende kommunale Verfügbarkeit über diese Flächen18 und die dementsprechend erforderliche Aktivierung der Eigentümer stellt die wesentliche Herausforderung dar. Aufgrund der geringen Einflussnahme auf die Eigentümer, ihre Grundstücke intensiver zu nutzen, könne man sich um diese Flächen in der Verwaltung nicht kümmern19. Als Entwicklungsfläche werden nur Flächen in städtischem Eigentum oder größere zusammenhängende Potentiale angesehen20, die meist nur in Randbereichen der Stadt zu finden sind. Im Sinne der Innenentwicklung und der Kleinteiligkeit sind zur Vermarktung dieser Standorte weitere Instrumente einzusetzen. Zusätzlich zu der generellen Priorisierung von Flächen im Innenbereich ist der Neubau von Wohnraum räumlich an vorhandenen Infrastrukturangeboten zu orientieren, um diese optimal auszulasten und um Wohnfolgekosten zur Bereitstellung neuer Einrichtungen zu vermeiden bzw. gering zu halten. Demnach sind vorrangig die Flächen auszuweisen und zu entwickeln, die im wohnungsnahen Umfeld bereits ein ausreichendes Angebot an Wohnfolgeeinrichtungen aufweisen, wie Kinderbetreuungseinrichtungen, Schulen oder Freiflächen. Vorteilhaft wäre es hier die Potentialflächen im Siedlungsbereich systematisch auf das umliegende Angebot bestehender Wohnfolgeeinrichtungen zu überprüfen und zu priorisieren. Werden bei größeren Projekten, die die
107 Aufstellung eines Bebauungsplans erfordern, zusätzlich neue Wohnfolgeeinrichtungen notwendig, sollten die Planungsbegünstigten über städtebauliche Verträge an den Kosten zur Bereitstellung dieser Infrastrukturen beteiligt werden. Selbst bei einem entspannten Wohnungsmarkt kann ein Potential- und Leerstandskataster eine gute Argumentationsbasis im Umgang der Stadtverwaltung mit Investoren sein. Die Erstellung eines Potentialflächenkatasters für das gesamte Stadtgebiet und dessen Veröffentlichung vereinfacht das gezielte Vorantreiben der Innenentwicklung. Um die Vermarktung und Entwicklung innerstädtischer Potentialflächen zu beschleunigen, können deren Standorte gemäß § 200 Abs. 3 BauGB bei ausbleibendem Widerspruch der Eigentümer veröffentlicht werden. Dies könnte chronologisch nach Quartieren oder Stadtteilen geschehen. Zudem sollte das in diesem Konzept erstellte Potentialflächenkataster kontinuierlich weitergeführt werden. Hierfür kommt eine fortlaufende Kooperation unterschiedlicher Institutionen, wie der Universität oder dem Zweckverband Raum Kassel, der bereits ähnliche Informationen erfasst, infrage.
städtebaulicher Vertrag
Potential- und Leerstandskataster
Generell lässt sich die Vorgehensweise in drei Schritte teilen: die Erfassung, die Verwaltung und die Kommunikation. Bestenfalls zeigen sich verkaufsbereite Eigentümer kooperativ bei Erfassung und Kommunikation; dennoch sind die Einführung eines Meldesystems sowie die kontinuierliche Datenpflege entscheidend. Workshops mit Vertretern der Liegenschaftsverwaltung, Baugesellschaften u.ä. dienen zusätzlich dem Aufzeigen und der Bewertung der Potentiale. Der Großteil der Potentiale sollte anhand eines Erfassungskataloges kartiert, bewertet und der planungsrechtliche Status ermittelt werden. Ähnlich stellt sich das Leerstandskataster dar. Es dient zur Erfassung und Veröffentlichung von Leerständen, um darauf hinzuwirken, diesen wieder neue Nutzungen zuzuweisen oder einen Abriss und Neubau zu veranlassen. Die Veröffentlichung erfolgt bspw. in Form eines interaktiven Internetportals, das Investoren und möglichen Bauherren eine erste Einsicht der Baupotentiale ermöglicht und so auf Nachfrage detailliertere Informationen bereitstellen kann. Eine andere Variante wäre die regelmäßige Veröffentlichung in der lokalen Presse. Um die vorhandenen Potentialflächen im Innenbereich optimal ausnutzen zu können, ist das Einrichten eines Potentialflächenmanagements erforderlich. Die Aufgaben des Managements umfassen die Pflege des Potentialflächen- und Leerstandskatasters sowie die anschließende Mobilisierung bzw. Vermarktung der Potentialflächen. Hierfür sind die Flächen in erster Linie hinsichtlich ihrer Eignung zu bewerten und so darzustellen, dass für potentielle Käufer ausreichende Informationen bezüglich der aktuell verfügbaren Flächen bereitgestellt werden. Diese Informationen sollen in anschaulicher Form auf einer öffentlich zugänglichen Online-Plattform präsentiert werden. Die fachliche Beratung von Kaufinteressenten sowie die Abwicklung der darauf folgenden Vertragsabschließung stellt den zweiten wichtigen Schwerpunkt dar. Bei Interesse eines Investors an einer Fläche am Siedlungsrand sollen dadurch geeignete Alternativflächen im Innenbereich aufgezeigt und eine Beratung vorgenommen werden können. Bevor es zur Vermarktung der Flächen kommen kann, sind diese zu aktivieren. Da sich die meisten Potentialflächen nicht im Eigentum der
Potentialflächenmanagement
108
Beratung
baurechtliche Festsetzungsmöglichkeiten
schnelles Baurecht
Nachfragemonitoring
öffentlichen Hand befinden, sind Eigentümer davon zu überzeugen, die Flächen entweder selbst zu bebauen oder verkaufen zu wollen. Eine aktive Beratung von Eigentümern ist daher elementar. Durch persönlichen Kontakt wird zudem in Erfahrung gebracht bei welchen Flächen definitiv kein Wunsch zur Veräußerung oder Bebauung vorliegt, was entsprechend in das Potentialflächenkataster übertragen werden kann. Seit der Novelle des Baugesetzbuches zur Stärkung der Innenentwicklung aus dem Jahr 2013 sind Städten weitere Möglichkeiten zur Entwicklung ihres Innenbereichs gegeben. Bei einem angespannten Wohnungsmarkt kann vonseiten der Stadt bei Bautätigkeiten auf eine höhere Ausnutzung dieser Möglichkeiten bestanden werden. Diese sind in Bezug auf die Positionierung der Stadt zur Innenentwicklung ehrgeiziger zu verfolgen und durch eventuelle kommunale Regelungen verstärkt auszunutzen. Unter Berufung auf § 1a Abs. 2 S. 3 BauGB sollte die Stadt beschließen, dass sie nur noch unter restriktiven Bedingungen im Außenbereich Flächen zur Bebauung in Anspruch nehmen will. Über das Potentialflächen- und Leerstandskataster sollen alternative Flächen zur Bebauung im Innenbereich aufgezeigt werden. Bei Interesse von Investoren, eine Fläche zu bebauen, sind die Möglichkeiten des § 13a BauGB zum beschleunigten Verfahren bei Maßnahmen im Innenbereich darzustellen. Das Bauen im Innenbereich ist attraktiver zu gestalten, beispielsweise durch Aufzeigen der Überschreitungsmöglichkeiten des Höchstmaßes der baulichen Nutzung nach § 17 Abs. 2 BauNVO. Die Stadt hat die Aufgabe, gute Wohnbedingungen für die Bewohner und zu diesem Zweck ein geeignetes Wohnraumportfolio zur Verfügung zu stellen. Als Argumentationsgrundlage und Erfolgskontrolle dient hierbei eine Bedarfsermittlung, also ein Nachfragemonitoring bezüglich des Wohnraums (s. Kapitel 5.1.3.1). Ein breit aufgestelltes Wohnraumportfolio einer Stadt, das auf Grundlage des Monitorings geschaffen wird, dient dem Innenentwicklungsziel und kann die Abwanderung in das Umland einschränken. Auch hier ist eine Abstimmung mit den Eigentümern und der Wohnungswirtschaft, insbesondere den großen (öffentlichen) Wohnungsunternehmen als essentielle Kooperationspartner, entscheidend. 5.2.2 Zentrenentwicklung Nebenzentren innerhalb von Wohnquartieren sichern die Nahversorgung der Anwohner und verfügen zudem häufig über einen guten Anschluss an den ÖPNV. Neben der Kasseler Innenstadt als Hauptzentrum wurden durch die aktuelle Fortschreibung des Kommunalen Entwicklungsplans Zentren (KEP-Zentren) mehrere zentrale Versorgungsbereiche definiert21. Wohnen in Zentrennähe gilt als attraktiv und bietet Vorteile für viele Zielgruppen, dazu gehört vor allem die fußläufige Erreichbarkeit von Versorungseinrichtungen, Ärzten, Dienstleistern und sozialer und kultureller Infrastruktur wodurch sich wiederum Zeit- und Kostenersparnisse ergeben. Die Belebung durch höhere Passantenfrequenzen in zentrennahen Wohnlagen wird von vielen Zielgruppen aufgrund des entstehenden urbanen Charakters und Sicherheitsaspekten geschätzt.
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5.2.2.1 Stabilisierung der bestehenden Nebenzentren Die Kasseler Innenstadt als Hauptzentrum hat mit Warengruppen des kurzfristigen, mittelfristigen sowie langfristigen Bedarfs und zahlreichen Komplementärnutzungen wie z.B. Dienstleister, Gastronomie und öffentliche Einrichtungen für Stadt und Region eine besondere Versorgungsfunktion. Etwa 30 % der gesamten Einzelhandelsfläche von Kassel liegen in der Innenstadt22. Wohnen spielt in dem Hauptzentrum entlang der Oberen und Unteren Königsstraße eher eine untergeordnete Rolle, Wohnungen bestehen überwiegend in den oberen Geschossen und in bereits ausgebauten Dachgeschossen. Angrenzend an die Einkaufszone befinden sich teils urbane, teils ruhigere Wohnquartiere wie Pferdemarkt, Entenanger, Königstor, Bahnhofsquartier und Schillerquartier. Der KEP-Zentren des Zweckverbands Raum Kassel legt neben dem Hauptzentrum weitere zentrale Versorgungsbereiche unterschiedlicher Abstufung fest. Kritierien für die Ausweisung sind Angebotsdichte/-vielfalt, Nutzungsmix öffentlicher/privater Versorgungseinrichtungen (Multifunktionalität), Kompaktheit der Bebauung, städtebauliche Prägung des Zentrums (Zentrencharakter), Aufenthaltsqualität, Erreichbarkeit für alle Verkehrsarten und die fußläufige Erlebbarkeit23. Folgende zentrale Versorgungsbereiche wurden im Kasseler Stadtgebiet ausgewiesen und kategorisiert: • A1-Zentrum (Hauptzentrum): Innenstadt rund um Königstraße • A2- Zentrum: Bad Wilhelmshöhe • B-Zentren: Bettenhausen, Friedrich-Ebert-Straße, Südstadt, Vorderer Westen, Wehlheiden • C-Zentren (Nahversorgungszentren): Harleshausen, Kirchditmold, Niederzwehren,Wesertor Diese Bereiche dienen als Orte der Versorgung und des Konsums und stellen gleichzeitig für die Anwohner wichtige soziale Treffpunkte und Identifikationsorte dar. Die überwiegende Zahl der Nebenzentren sind historisch gewachsen und bieten mit einer durchschnittlichen Verkaufsfläche von etwa 5.000 m² teilweise nicht ausreichend Raumangebot für großflächigen Lebensmitteleinzelhandel. In Folge dessen verlässt der Lebensmittelhandel zunehmend die alten Standorte und siedelt sich außerhalb der Zentren an, da dort die Bodenpreise günstiger sind und das Platzangebot für Verkaufsfläche und Parkmöglichkeiten größer ist. Dieser Prozess macht die Zentren anfällig gegenüber Negativentwicklungen, da der Lebensmitteleinzelhandel als Frequenzbringer für Neben- und Nahversorgungszentren fungiert. Wenn jedoch der Frequenzbringer seinen Standort wechselt, üben die restlichen Sortimente in Nebenzentren nur noch eine geringe Anziehungskraft aus und es besteht die Gefahr, sich langfristig nicht halten zu können.24 Während die Zahl der Einzelhandelsstandorte innerhalb von Städten abnimmt, findet gleichzeitig eine höhere Wohnraumnachfrage im Innenbereich statt. Hierbei wirkt sich der Reurbanisierungsprozess hauptsächlich auf die verschiedenen Zentren innerhalb einer Stadt aus. Besonders nachgefragt bei Reurbaniten sind Altbauquartiere in innerstädtischen oder innenstadtnahen Quartieren25. Eine Untersuchung ergab, dass die größte relative Bevölkerungszunahme in deutschen Städten mit 4,6 % in Innenstädten stattfand26. Dies spricht dafür, dass Zentren im Innenbereich zu den nachgefragtesten Wohnlagen zählen. Im Sinne einer langfristigen Stabilisierung von Quartierszentren ist die Wohnnutzung, als konsumfördernder und Urbanität schaffender Faktor, wesentlicher Förderer dessen.
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Fortschreibung des Kommunalen Entwicklungsplans Zentren
Aufgrund dieser Entwicklungen ist eine Positionierung bezüglich der Zentrenentwicklung einzunehmen, was u.a. durch eine deutliche Bezugsnahme auf die Ergebnisse des KEP-Zentren geleistet werden kann. Durch eine stetige Fortschreibung des KEP-Zentren ist die aktuelle Situation der zentralen Versorgungsbereiche darzustellen. Im Sinne der nachhaltigen und umweltfreundlichen Stadt der kurzen Wege wird eine Stabilisierung der bereits bestehenden Zentren durch Wohnnutzung empfohlen. Zu dem Zweck können zentrale Versorgungsbereiche bauplanungsrechtlich abgesichert werden27. Die Bildung von Zentren im Außenbereich sollte mit Hilfe der Baugesetzgebung aktiv verhindert werden, um vorhandene Zentren nicht zu schwächen. 5.2.2.2 Stärkung der Wohnqualitäten innenstadtnaher Wohngebiete Weiterhin wird es als wichtig erachtet, die bereits bestehenden Neben- und Nahversorgungszentren zu stabilisieren, da diese für umliegende Wohnstandorte eine fußläufige Erreichbarkeit der Nahversorgung ermöglichen und somit deren Attraktivität steigern. Wiederum kann die erhöhte Nachfrage nach städtischem Wohnraum durch die Nutzung der Potentialflächen in Zentrennähe befriedigt werden und gleichzeitig eine langfristige Stabilisierung der Zentren bewirken. Der KEP-Zentren kann bei der Wohnflächenentwicklung herangezogen werden. So ergibt die Potentialflächenanalyse, dass eine große Anzahl an verfügbaren Flächen für den Wohnungsbau in Zentrennähe vorhanden ist. Um eine Stärkung der Neben- und Nahversorgungszentren zu erreichen, wird empfohlen, diese Wohnbaupotentiale zu nutzen, um eine Nachverdichtung und somit eine Frequenzsteigerung durch Konsumenten herbeizuführen. Quartiere mit teils ungenutzten Potentialen sind beispielsweise die zentral gelegenen, ruhigen Wohnlagen Entenanger und Pferdemarkt. Geprägt durch eine Blockrandbebauung aus den 1950er Jahren mit großen grünen Innenhöfen stellen sie eine solide Ausgangsposition für Zielgruppen wie Familien oder ältere Menschen dar. Entlang der Straße „Graben“ wurden durch die GWG bereits Gebäudemodernisierungen durchgeführt und Innenhöfe parzelliert, sodass kleine Mietergärten entstanden. Empfehlenswert wären hier weitere Maßnahmen dieser Art, um die Wohngebiete attraktiver zu gestalten, auch weitere Infastrukturen wären denkbar.
Potentialflächenmanagement
Durch ein Potentialflächenmanagement (s. Kapitel 5.2.1.3) sind neben der generellen Vermarktung von Flächen im Innenbereich die Bebauung von Potentialen nahe von Nebenzentren zu fördern. Dies beinhaltet auch, die genaue Bewertung des Potentials im Hinblick auf Aufenthaltsqualität und Erholungswert für Anwohner. 5.2.3. Nutzungsmischung Die Mischung von verschiedenen Nutzungen wie Wohnen, Arbeiten und Freizeit ist ein wichtiges Element der nachhaltigen Stadtentwicklung. Durch Nutzungsmischung können unterschiedliche Einrichtungen auf kurzen Wegen erreicht und zudem die Vielfalt und die Lebendigkeit eines Quartiers gefördert werden und somit zur Aufwertung des Wohnumfeldes beitragen28.
111
5.2.3.1. Urbane Wohnquartiere durch konsequente Umsetzung und Erhalt von Nutzungsmischung Der Kasseler Stadtteil Vorderer Westen ist durch eine hohe funktionale Mischung geprägt. Er verzeichnet einen geringen Wohnungsleerstand von 1,8 %29 und eine Steigung der Angebotsmieten um 23,9 % zwischen 2011 und 201430. Auch weitere Kennwerte, wie die Anzahl der Bauanträge und die durchschnittliche Wohndauer (s. Kapitel 5.2.1.1), verdeutlichen eine hohe Nachfrage an Wohnraum in dem Stadtteil. Die Nachfrage ist u.a. in der baulichen Substanz, dem Angebot an Freiräumen und der Nähe zur Innenstadt begründet, doch auch die fußläufige Erreichbarkeit verschiedener Einrichtungen trägt zu der Attraktivität des Wohnens in urbanen Quartieren bei. Kompakte Innenstadtgebiete und innerstädtische Mischgebiete wie der Vorderer Westen sind aufgrund ihrer Nutzungsmischung (zwischen 51 und 75 Einrichtungen, d.h. Arbeits-, Dienstleistungs- und Beschäftigungsgelegenheiten, pro 1.000 Einwohner31) zukunftsfähige Wohnorte. Insbesondere in Hinblick auf die Zunahme der Zahl älterer und immobiler Menschen besteht ein Bedarf an funktionsgemischten Quartieren. Die bereits vorhandene funktionale Mischung in urbanen Quartieren ist häufig durch ökonomische Entwicklungen von Großbetrieben und Konzentrationsprozessen von Einzelhandelsbetrieben bedroht32. Folglich sollten der Erhalt sowie die konsequente Umsetzung von Nutzungsmischung in urbanen Quartieren ein Ziel der Stadt Kassel sein. Die weitere Schaffung von Nutzungsmischung in urbanen Quartieren soll sowohl auf kleineren Brachflächen und im Bestand als auch auf größeren Konversionsflächen erfolgen. Durch die Etablierung von Wohnnutzung auf zuvor gewerblich oder industriell genutzten Bereichen, wie dem Salzmann-Areal oder der Hammerschiede, kann einem möglichen Druck auf dem Wohnungsmarkt entgegen gewirkt werden. Besonders Konversionsgebiete im Innenbereich - hierzu können auch brachliegende Gewerbeareale zählen - bieten eine gute Grundlage zur funktionalen Weiterentwicklung des umliegenden Quartiers33 und benötigen bei weiterhin steigender Nachfrage auf dem Wohnungsmarkt besondere Aufmerksamkeit. Es bedarf zunächst rechtlicher Festlegungen von unterschiedlichen Nutzungen auf gesamtstädtischer Ebene sowie auf Teilflächen. Dies kann durch Änderungen in Bebauungsplänen, ggf. sogar im Flächennutzungsplan, umgesetzt werden. Das Bauplanungsrecht ermöglicht eine Vielzahl von rechtlichen Steuerungsmöglichkeiten zur horizontalen Nutzungsmischung und schafft zudem die Möglichkeit, die vertikale Gliederung der Nutzung auf Baugrundstücken festzulegen. Zudem müssen Eigentümer und mögliche Investoren von der Wirtschaftlichkeit und dem Wert von Projekten mit gemischten Nutzungen durch Beratung und Bewusstseinsschaffung überzeugt werden. Bei Bestandsprojekten kann eine Kooperation von Gewerbeeigentümern in Form einer Eigentümerstandortgemeinschaft (ESG) durch private Investitionen zum Erhalt und zur weiteren Etablierung von Nutzungsmischung und so zur Aufwertung ihres Quartiers beitragen. In Quartieren, die bereits nutzungsgemischt, aber als Wohnstandort unattraktiv sind, kann eine ESG eine positive Entwicklung unterstützen. Hierzu wird gemeinsam mit Gewerbetreibenden im Quartier ein Maßnahmenhandbuch in Bezug auf Nutzungsmischung und andere Aufwertungsmaßnahmen entwickelt. Die Stadt Kassel sollte eine ESG intensiv unterstützen und gemeinsam mit Wohnungsunternehmen die
baurechtliche Festsetzungsmöglichkeiten
Beratung und Bewusstseinsschaffung
Eigentümerstandortgemeinschaften
112 privaten Kleineigentümer aktivieren und beraten. Das Schillerviertel wäre als Quartier denkbar. Städtebauförderung
städtebaulicher Vertrag Konzeptvergabeverfahren
Durch das Städtebauförderprogramm „Aktive Kernbereiche“ kann der Quartiersentwicklungsprozess unterstützt werden. Die Voraussetzungen für die Aufnahme sind sehr spezifisch und mit einem nicht unerheblichen finanziellen Eigenanteil der Stadt verbunden, daher stellen diese Programme keinen Lösungsansatz für gesamtstädtische Handlungsbedarfe dar. Durch Förderung von Gebieten mit städtebaulichen Missständen kann deren Attraktivität als Wohnstandort und somit auch als Standort für Gewerbe- und Dienstleistungbetriebe jedoch gestärkt werden. Beispielsweise können geschwächte Funktionen unterstützt und für Neubauten Vorschriften bezüglich der Nutzungen festgesetzt werden. So können in bisher überwiegend monofunktionalen Quartieren unterschiedliche Nutzungen etabliert werden. Eine Förderung wäre in Gebieten von Vorteil, in denen bisher keine Aufwertung stattgefunden hat, wie Bettenhausen oder dem Schillerquartier. Bei Neubauprojekten könnten rechtliche Verträge und Verfahren, wie städtebauliche Verträge oder Konzeptvergabeverfahren (s. Kapitel 5.1.1.5), angewandt werden. Mit Hilfe von städtebaulichen Verträgen können nach § 11 BauGB Rechte und Pflichten seitens der Investoren und der Stadt vertraglich festgesetzt werden. So können die städtebaulichen und wohnpolitischen Ziele der Stadt verfolgt und gesichert werden. Es ist möglich z.B. Verpflichtungen hinsichtlich der Nutzung der Grundstücke zu beschließen, um somit eine verträgliche Mischung von Wohnen und Gewerbe zu ermöglichen. Diese Festsetzungen können über die der Bebauungspläne hinaus gehen. So können unter anderem genaue Angaben bezüglich zeitlicher Fristen, konkreter Nutzungen oder die Aufteilung von Planungs- und Erschließungskosten beschlossen werden. Besonders im Hinblick größerer Brachflächen und Konversionsflächen ist es der Stadt so möglich, mit Hilfe von Investoren schnell und kostengünstig zu bauen. 5.2.3.2. Verstärkte Etablierung von Wohnfolgeinfrastrutkur in homogenen Wohngebieten Eine konsequente funktionale Durchmischung ist in nicht allen Siedlungsformen gewünscht, da es immer funktionsspezifische Quartiere geben wird34. Allerdings sollte idealerweise auch in homogenen Wohnquartieren, wie Eigenheimgebieten oder Großwohnsiedlungen, die verschiedene Nichtwohnnutzungen etabliert werden dürfen. Großwohnsiedlungen und Eigenheimgebiete verfügen im Durchschnitt über 12 bis 16 Einrichtungen, d.h. Arbeits-, Dienstleistungs- und Beschäftigungsgelegenheite, pro 1.000 Einwohner und gelten somit als monofunktionale Quartiere35. Sie sind fast ausschließlich durch eine reine Wohnfunktion bestimmt. Durch die sich verändernden Lebensweisen und Haushaltstypen entspricht die Wohnumfeldausstattung in monofunktionalen Wohngebieten häufig nicht den Ansprüchen der zukünftigen Bewohner. Die zunehmende Zahl an alleinstehenden Senioren, die weiterhin in Einfamilienhausgebieten wohnen möchte aber nur eingeschränkt mobil ist, benötigt nahe Versorgungseinrichtungen. Folglich werden in Zukunft immer mehr adäquate Alltagsarrangements im Wohnumfeld für unterschiedliche Bewohnergruppen geschaffen werden müssen.36 Auch die Großwohnsiedlungen der 1950er- bis 1970er- Jahre sind mehrheitlich monofunktional getrennt errichtet worden37. Dies führt
113 zur Ausdehnung des Aktionsraumes und somit zu einem höheren Verkehrsaufkommen. Das Ziel ist es somit, erweiterte Nutzungen für den täglichen Bedarf der Bewohner, wie soziale Einrichtungen, Einkaufsmöglichkeiten oder kleinere Betriebe zur medizinischen Versorgung, in homogenen Wohngebieten zu ermöglichen und zu etablieren. Die Etablierung von wohnverträglichen Nutzungen in homogenen Wohngebieten kann durch die Nutzung von Leerständen oder durch Nachverdichtung erfolgen. Zunächst muss die Realisierung von anderen Nutzungen durch Änderungen in B-Plänen rechtlich festgesetzt werden. Für Neubauvorhaben bietet eine Erarbeitung eines neuen Bebauungsplans hinsichtlich der Nutzungen weitmehr Spielraum, als eine Genehmigung nach § 34 BauGB. Generell sind die Ausweisungen von Mischgebieten (MI) und Kerngebieten (MK) gegenüber Ausweisungen von Allgemeinen Wohngebieten (WA) oder Reinen Wohngebieten (WR) nach BauNVO zu bevorzugen. Außerdem sollte es immer möglich sein, freie Berufe nach § 13 BauNVO in Räumen innerhalb dieser Gebiete ausüben zu dürfen. Die Etablierung dessen bedarf einer breiten bürgerlichen und politischen Zustimmung, da es sich um Eingriffe in die persönliche Wohnumgebung der Bewohner handelt. Das Bewusstsein für die Vorteile muss hier aktiv geschaffen und gefördert werden.
baurechtliche Festsetzungsmöglichkeiten
114
115
Endnoten:
1 2
vgl. Pedlow 2011: 6f
vgl. Hirschle/Schürt 2008: 215 3 4
vgl. Schäfer 2014: 32
vgl. Steinbach 2015c
5
vgl. Schäfer 2014: 50
6
vgl. Schäfer 2015b: 1 7
8
9
vgl. Schäfer 2014: 61 10
vgl. ebd.: 59
11
vgl. ebd.: 34
12
vgl. ebd.: 31
13
vgl. ebd.: 53
16 17 18
vgl. ebd.: 8
vgl. Schäfer 2014: 50; vgl. auch Schäfer 2015b: 8
14
vgl. ebd.
15
vgl. ebd.
vgl. ebd.: 8
vgl. BMVBSR/Umweltbundesamt 2015
vgl. Anhang (Transkription Zwischenpräsentation)
21
vgl. ebd.
22
vgl. ebd.
23
vgl. ebd.
vgl. ebd.: 11
vgl. Brake/Urbanczyk 2012: 34 ff. 26
vgl. BBSR 2015: 11 27
vgl. ZRK 2015: 5
28 29
vgl. BBSR 2000
vgl. Stadt Kassel 2014b: 18 30
31
vgl. ebd.
20
vgl. ZRK 2015: 13
24 25
19
vgl. Schäfer 2015a: 8
vgl. Brandt/Holzapfel/Hopmeier 2014: 8 32
vgl. BBSR 2000 33
34
35 36 37
vgl. ebd.
vgl. Brandt/Holzapfel/Hopmeier 2014: 13 vgl. ebd.: 8
vgl. Hohn/Utke 2015: 186
vgl. Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt Berlin 2012: 5
5.3 Bezahlbares Wohnen Das Verhältnis zwischen bezahlbarem Wohnraum und denjenigen, die ihn benötigen - oder zumindest berechtigt wären, ihn zu nutzen - hat durch die letzten Jahrzehnte stark verändert. Die misslungene Kompensation des Ausfalls liegt am geringen Neubau von Sozialwohnungen sowie dem jahrelangen niedrigen Preisniveau auf dem Kasseler Wohnungsmarkt der 2000er Jahre. Doch die Situation hat sich insbesondere in den letzten fünf Jahren verändert: Die Stadt Kassel wächst und der Wohnraum wird knapper. Zwar konnte bislang der Verlust an preisgebundenem Wohnraum insofern verschmerzt werden, als dass das Mietniveau insgesamt sehr moderat war und damit auch die Mieten aus der Preisbindung gefallener Wohnungen nicht über die Maßen stiegen. Für die nähere Zukunft stellt sich allerdings die Frage, wie auf einem insgesamt angespannten Wohnungsmarkt die Mietentwicklung gerade für sozial Benachteiligte mittelfristig noch sozialverträglich gestaltet werden kann.
5.3.1 Schaffung von neuem Wohnraum mit sozial verträglicher Mietbelastung Aufgrund des geringen Umfangs der Schaffung und Bereitstellung neuer Wohnungen mit sozialverträglichen Mieten und Belegungsbindungen sollte der Neubau vermehrt auch im unteren Preissegment stattfinden. Neben den privaten Investoren sollten sich zusätzlich die Wohnungsbaugesellschaften mit sozialem Versorgungsauftrag sowie Wohnungsgenossenschaften wieder vermehrt für die Schaffung und Erhaltung bezahlbaren Wohnraumes einsetzen. Von großer Bedeutung ist neben dem Neubau von miet- und belegungsgebundenen Wohnraum der Erhalt dieser Wohnungen. 5.3.1.1 Schaffung von Anreizen für den Neubau von bezahlbaren Wohnungen durch Investoren Zur Schaffung neuen Wohnraumes mit einer sozialverträglichen Mietbelastung müssen die Investoren auf dem Kasseler Wohnungsmarkt mit Anreizen dazu befähigt werden. Aufgrund des geringen Zinsniveaus ist die Bereitstellung von zinsgünstigen Krediten für den miet- und belegungsgebundenen Wohnraum nicht zielführend. Für dieses Ziel werden nachfolgend verschiedene Möglichkeiten aufgezeigt, wodurch Anreize für private und öffentliche Investoren bereitgestellt werden können. Konzeptvergabeverfahren
Mit Hilfe des Konzeptvergabeverfahrens können die städtischen Grundstücksflächen an den Investor mit dem überzeugendstem Nutzungskonzept vergeben werden. Für dieses Ziel ist dabei zu beachten, dass es sich um Wohnbauprojekte handelt, die eine gewisse Anzahl an mietpreis- und belegungsgebundenen Wohnraum bereitstellen. Das städtische Grundstück wird dabei nicht nach dem Höchstbieterverfahren an den Investor vergebenen, sondern für den Verkehrswert. Dadurch kann die Wirtschaftlichkeit der Investoren erhalten werden. Dieses Instrument sollte bei größeren Wohnungsbauprojekten angewandt werden. Aufgrund der Abgabe bzw. Bebauung städtischer Grundstücke, welche nur in geringer Anzahl verfügbar sind, sollte diese
117 Maßnahme erst angewandt werden, sobald sich der Wohnungsmarkt in Kassel, insbesondere die Anzahl bezahlbarer Wohnungen, deutlich verknappt. Mit dem Instrument des Erbbaurechts können zu entstehende Immobilien auf städtischen Grundstücken vergeben werden. Es ist ein vererbbares oder übertragbares Recht, ein Bauwerk auf einem Grundstück zu besitzen, ohne Eigentümer des Grundstücks zu sein. Das bedeutet, dass der Eigentümer für das Grundstück und des Bauwerks verschieden sind. Der Vertrag für die Grundstücknutzung wird häufig für 99 Jahre angesetzt. Hierfür ist ein jährlicher Erbbauzins an den Grundstückseigentümer zu entrichten. Ist der Zeitraum verstrichen, fällt das Gebäude an den Grundstückseigentümer, die Stadt Kassel, zurück oder der Vertrag wird verlängert.1 Die Stadt Kassel kann durch die Vergabe eigener Grundstücke dazu beitragen, die Spekulation einzudämmen und preislich günstigen Wohnraum zu erhalten. Aufgrund der geringen Anzahl städtischer Grundstücksflächen in Kassel sollte das Erbbaurecht eingesetzt werden, sobald sich der Kasseler Wohnungsmarkt stark verengt.
Erbbaurecht
Des Weiteren sollten potentielle Investoren über die klassischen Förderprogramme des Bundes (KfW) und des Landes (HWoFG) durch die Stadt informiert werden. Mit Hilfe der KfW-Förderung können beispielsweise energetische und barrierearme Sanierungen kostengünstig durch Zuschüsse erfolgen.2 Die Wohnraumförderung durch das Land Hessen verfolgt das Ziel, Haushalte mit der Versorgung von angemessenem Wohnraum zu unterstützen. Als Zielgruppe im Wohnraumförderungsgesetz werden die Haushalte beschrieben, „die sich am Wohnungsmarkt nicht angemessen mit Wohnraumversorgen können“3. Dabei stellen private Investoren oder die kommunalen Wohnungsunternehmen preisgünstige Wohnungen zur Verfügung. Zur Förderung zählen bspw. Mietwohnungen, Modernisierungen von Bestandswohnungen sowie die Bildung von selbstgenutzten Eigentum.4 Dem Vermieter kann die Förderung in Form von Belegungs- und Mietbindungen gewährt werden. Zudem wird ausschließlich Menschen mit einem Wohnberechtigungsschein (WBS) eine geförderte Wohnung innerhalb der Wohnraumförderung überlassen.5
klassische Förderprogramme
Dieses Instrument gilt insbesondere für städtische Grundstücke sowie für die öffentlichen Wohnungsbaugesellschaften. Dadurch kann eine enorme Steigerung der Bestands- und Angebotsmieten eingedämmt werden. Eingesetzt werden kann es beispielsweise bei der Bauantragsstellung eines Investors. Aufgrund des geringen Umsetzungs- und Ressourcenaufwandes sollte die Stadt Kassel bereits bei einem stabilen Wohnungsmarkt dieses Instrument umsetzen. Für Maßnahmen im Innenbereich, wie der Nachverdichtung und Wiedernutzbarmachung von Flächen sollte das beschleunigte Bebauungsplanverfahren nach § 13a BauGB angewandt werden. Mit der Anknüpfung an die Bodenschutzklausel nach §1 Abs. 2 BauGB wurde ein Instrument geschaffen, welches der Innenentwicklung eine große Bedeutung zukommen lässt und die Verringerung der Flächeninanspruchnahme sicherstellt.6 Der B-Plan des beschleunigten Verfahrens umfasst Erhaltung, Erneuerung, Weiterentwicklung sowie Anpassung und Umbau des Ortsteiles. Die zulässige Grundfläche darf 20.000m² nicht übersteigen. Bei Flächen zwischen 20.000m² und 70.000m² ist zusätzlich zu überprüfen, dass das Vorhaben keine erheblichen Umweltauswirkungen zur Folge hat.7 Zusätzlich kann von der frühzeitigen Öffentlichkeitsbeteiligung, Beteiligung betroffener Behörden und Träger öffentlicher Belange abgesehen werden.8 Die Zeit- und Kostenersparnis sind deutliche Vorteile für die Kommune
beschleunigte B-Planverfahren
118 sowie die privaten und öffentlichen Investoren. Aufgrund dessen sollte dieses Verfahren für Maßnahmen im Innenbereich bereits bei einer stabilen Wohnungsmarktlage angewandt werden. Wohnungsneubaufonds
Solidarqoute
Zur finanziellen Unterstützung öffentlicher Investoren, wie den Wohnungsbaugesellschaften oder Wohnungsgenossenschaften, zur Schaffung mietpreis- und belegungsgebundenen Wohnraumes sollte ein Wohnungsneubaufonds eingerichtet werden. Mit zweckgebundenen finanziellen Mitteln durch das Land Hessen, der Stadt Kassel und einer Investitionsbank könnte eine gewisse Anzahl von Sozialwohnungen geschaffen werden. Die zu erreichende Anzahl kann abhängig von den finanziellen Ressourcen begrenzt werden. Die Investoren erhalten mit Hilfe dieses Instrumentes entweder ein Baudarlehen der Stadt mit einem gewissen Tilgungszuschuss und festgelegtem Förderungszeitraum oder mit einkommensorientierten Zuschüssen. Bei letzterem kann je nach Einkommen der zukünftigen Mieter die Angebotsmiete verringert werden. Dabei gelten die Einkommensgrenzen nach dem Wohnraumförderungsgesetz des Landes Hessens. Bei großen Wohnungsbauprojekten (ab 50 WE) kann der Anteil öffentlich geförderter Wohnungen bei einem Drittel bzw. einem Fünftel aller Wohneinheiten liegen. Bei kleineren Projekten kann der Anteil auch höher ausfallen. Insbesondere sollen durch dieses Modell innenstadtnahe Projekte mit vergleichsweisen hohen Angebotsmieten gefördert werden. Zudem gilt der Einsatz der Mittel aus dem Wohnungsneubaufonds für Projekte, für die ein Kooperations- bzw. städtebaulicher Vertrag abgeschlossen wurde.9 Neben den finanziellen Mitteln des Landes aus dem kommunalen Investitionspaket müsste die Stadt Kassel städtische Gelder aus dem Haushalt zu dem Fonds hinzuführen. Aufgrund der hohen potentiellen Belastung für die Stadt ist zu prüfen, inwiefern ein Etat zur Verfügung gestellt werden kann. Zudem müsste Stadt Personal stellen, welche sich mit den Anträgen und den Genehmigungen dessen beschäftigt. Durch den hohen Umsetzungs- und Ressourcenaufwand wird die Anwendung dieses Instrumentes empfohlen, sobald sich der Kasseler Wohnungsmarkt und der bezahlbare Wohnraum deutlich verknappen. Jedoch sollten bereits vorher die Vorbereitungen zur Erstellung eines Wohnungsneubaufonds getroffen werden. Zur Erreichung des Ziels der Schaffung mietpreis- und belegungsgebundenen Wohnraumes in der Stadt Kassel kann die Kasseler Solidarquote eingeführt werden. Bei diesem Instrument sollten für alle größeren Wohnprojekte, für die ein Bebauungsplan benötigt wird, eine feste Quote von 25 % für den belegungsgebundenen Mietwohnungsbau festgelegt werden. Diese prozentuelle Festlegung ist ein Vorschlag, der im Vorfeld abgestimmt werden sollte. Ziel dabei ist es, einen angemessenen Anteil sozialen Wohnraumes in der Stadt zu schaffen. Diese Quote wird in den städtebaulichen Verträgen zwischen der Stadt und dem privaten bzw. öffentlichen Investor festgesetzt. Der Projektträger verpflichtet sich dabei, alle Aufwendungen (z.B. Erschließung, Anzahl an KiTa-Plätzen) selbst zu tragen. Für die Erstellung und den Bezug dieser Wohnungen gelten die Bestimmungen des Wohnraumförderungsgesetzes. Der Bebauungsplan wird erst dann festgesetzt, wenn der Bauträger den Eckpunkten des Vertrages zustimmt.10 Dadurch kann eine gewisse Planungssicherheit seitens der Stadt gewährleistet werden. Mit diesem Instrument kann die Anzahl an mietpreis- und belegungsgebundenen Wohnungen erhöht werden. Die zu bebauende Fläche muss keine städtische Fläche sein, sondern ausschließlich die Notwendigkeit eines Bebauungsplanes aufweisen. Aufgrund der Festsetzung einer Quote und der damit verbindlichen
119 Schaffung von mietpreis- und belegungsgebundenen Wohnraumes durch den Investor sollte dieses Instrument angewendet sobald der Wohnungsmarkt in Kassel angespannt ist. 5.3.1.2 Schaffung von bezahlbarem Wohnraum durch die Stadt durch Erweiterung der Bestände Das kommunale Wohnungsunternehmen der Stadt Kassel ist ein wichtiger Akteur und Investor für das bezahlbare Wohnen und kann gleichzeitig als direktes Instrument durch die Stadt angewendet werden. Zukünftig sollt es ein Ziel der GWG sein durch eigenen Neubau mehr Wohnraum zu schaffen. Zudem steht sie in der Verantwortung, bezahlbaren Wohnraum in der Stadt zu schaffen und zu erhalten. Dabei ist es wichtig, dass die Angebots- sowie die Bestandsmieten auf einem bezahlbaren Niveau gehalten werden. Die GWG kann hierfür die genannten Instrumente für das Ziel der Schaffung der Anreize für Investoren anwenden oder zusätzlich Landesfördermittel zum Neubau bezahlbaren Wohnraumes akquirieren. Aufgrund ihrer Marktposition, als alleinige kommunale Wohnungsbaugesellschaft, ist sie in der Lage den Wohnungsmarkt deutlich zu beeinflussen und einen wichtigen Teil zur Stadtentwicklung beizutragen. Dadurch kann ein Mietwohnungsangebot für alle Zielgruppen, insbesondere einkommensschwache Haushalte, geschaffen und aktiv Einfluss auf die Mietpreisgestaltung, auch bei angespanntem Wohnungsmarkt, genommen werden.
Kommunales Wohnungsunternehmen
Da die GWG aktiv als Instrument durch die Stadt angewendet werden kann, sollte mietpreisgünstiger Wohnraum bei stabilem, angespanntem und stark angespanntem Wohnungsmarkt erhalten werden. Dies gilt zugleich für die Schaffung mietpreis- und belegungsgebundenen Wohnraums. 5. 3.1.3 Kooperation und Verfolgung wohnungspolitischer Ziele durch die Stadt und Wohnungsunternehmen mit sozialem Versorgungsauftrag Die lokalen Wohnungsbaugesellschaften mit sozialem Versorgungsauftrag wie die GWG, GWH, Wohnstadt oder Wohnungsbaugenossenschaften nehmen mit insgesamt 20 % der Wohnungen am Gesamtbestand einen hohen Stellenwert auf dem Kasseler Wohnungsmarkt ein. Die bereits vorhandenen Vernetzungen zwischen GWG, GWH und der Wohnstadt sollten mit einer Kooperation der Stadt erweitert werden. Zudem zeigen die Veränderungen der Angebotsmieten des kommunalen Wohnungsunternehmens, dass der soziale Aspekt wieder vermehrt in den Vordergrund rücken muss. Bereits seit dem Jahr 2013 haben die GWG, GWH, Wohnstadt und die Genossenschaft „Vereinigte Wohnstätten 1889“ die Mieten angepasst bzw. erhöht.11 Zur Umsetzung des Ziels ist zunächst ein Zusammenschluss zwischen der Stadt Kassel und den Wohnungsunternehmen mit sozialem Versorgungsauftrag notwendig. Dazu sollte der bereits bestehende „Runde Tisch Wohnen“ zu einem „Runden Tisch Wohnen 2.0“ weiterentwickelt werden. Die derzeitige Vernetzung zwischen den Wohnungsunternehmen sollte mit der Stadt und Politik erweitert werden. Dadurch kann eine neue Diskussionsplattform geschaffen werden. Die Treffen sollten regelmäßig stattfinden, um auf aktuelle Situationen und Herausforderungen auf dem Kasseler Wohnungsmarkt reagieren zu können. Voraussetzung dazu ist die Aufstellung und Unterzeichnung eines gemeinsamen Bündnisvertrages. Ziel könnte eine Mietenpolitik sein, die auf
Mietenbündnis
120 einen gemeinsamen Erhalt preiswerter Bestände und eine Begrenzung des Anstiegs von Mieten für sozial Benachteiligte auch jenseits formaler Preisbindungen abzielt.
? INFORMELLE TREFFEN UND EINBINDUNG DER STADT
AKTEURSVERNETZUNG Abb. 060: Akteursvernetzung (eigene Darstellung)
Die Bestandsmieten sollten in vier Jahren um maximal 15 % erhöht werden. Weiterhin sollte die Modernisierungsumlage maximal acht Prozent betragen. Bei der Neuvermietung von Wohnraum könnte sich die Angebotsmiete nach der ortsüblichen Vergleichsmiete richten und dürfte nicht mehr als zehn Prozent höher sein. Zusätzlich sollte bei allen Mietverhältnissen die Mietbelastungsquote nicht höher als 25 % des monatlichen Haushaltsnettoeinkommens sein.12 Weiterhin sollte eine gemeinsame Informationsplattform eingerichtet werden. Den Schlüsselakteur würde dabei der Mieterbund spielen. Die Mieter sollen mit Hilfe dieses Instrumentes über ihre Rechte und Pflichten bezüglich des Mietrechtes informiert werden.
Abb. 061: Anteile der Wohnungsmarktakeure und Mietentwicklung (eigene Darstellung)
EN N IN R E M % 5,2 TÜ
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Zur Umsetzung des Instrumentes sollten sich die benannten Bündnispartner zeitnah darauf einigen die Mieten nicht weiter stark zu erhöhen. Dieses Instrument ist langfristig angedacht, um auf zeitgemäße
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Zudem sollten gemeinsame Zielvereinbarungen der Akteure bezüglich der Stadtentwicklungs- und Wohnungspolitik getroffen werden. Dadurch können beispielsweise bestehende Regelungen erweitert werden, wie es das Bündnis für soziale Wohnungspolitik und bezahlbare Mieten in Berlin bereits umgesetzt hat. Die folgenden Vereinbarungen orientieren sich an diesem.
121 Situationen und Herausforderungen auf dem Wohnungsmarkt eingehen zu können. Es kann sowohl bei einer stabilen Wohnungsmarktlage als auch bei weiteren Anspannungen auf dem Wohnungsmarkt angewandt und eingesetzt werden. 5.3.1.4 Erhalt bestehender Belegungsrechte und Schaffung neuer Sozialwohnungen im Bestand Die Anzahl an Sozialwohnungen in Kassel sinkt kontinuierlich. Der Wegfall von mietpreis- und belegungsgebundenem Wohnraum kann derzeit nicht kompensiert werden. Um einem weiteren Schrumpfen der Kasseler Bestände an Sozialwohnungen entgegenzuwirken, spielen, neben den Bestrebungen im Rahmen von Neubauprojekten, Maßnahmen zum Erhalt und zur Sicherung der bereits bestehenden Sozialwohnungen eine entscheidende Rolle. Ein wesentlicher Vorteil der Sicherung der Bestände liegt in der schützenden Wirkung auf gewachsene Nachbarschaften und die Sozialstruktur in den Quartieren durch den Erhalt von Wohnraumangeboten für alle Bevölkerungsschichten. Angebote bleiben so an Ort und Stelle erhalten, anstatt sich auf andere Lagen und Neubaugebiete zu verschieben. Einkommensschwachen Haushalten wird damit ein Verbleiben im angestammten Wohnumfeld ermöglicht, und somit wird auch Verdrängungstendenzen entgegengewirkt. Dazu sollte zukünftig vermehrt die auslaufenden Belegungsbindungen durch die Stadt Kassel verlängert bzw. Belegungsrechte angekauft werden. Ziel ist es, den drastischen Rückgang der Zahl von Sozialwohnungen an besonders betroffenen Standorten durch Bestandserhalt zu dämpfen. Dabei sollte als Richtwert eine Erhaltungsquote von zumindest 25 % in der Gesamtstadt angestrebt werden.13 Bis zum Jahr 2020 bedeutet dies 450, der bis dahin voraussichtlich mindestens 1.800 aus der Bindung fallenden Wohnungen, zu sichern.14 Eine Abstimmung mit den Eigentümern der betroffenen Wohnungen und der Wohnungswirtschaft, insbesondere den großen (öffentlichen) Wohnungsunternehmen als essentielle Kooperationspartner, ist entscheidend. Die Stadt könnte durch ihren Einfluss auf die GWG entscheiden, welche Mietpreis- oder Belegungsbindungen erhalten bleiben bzw. verlängert werden sollen. Durch diese Verfahrensweise entstehen der GWG keine weiteren Kosten, jedoch ist ein geringerer zukünftiger Gewinn die Folge. Ein erschwerender Umstand, weshalb der Ankauf von Belegungsbindungen in Deutschland, trotz des Bedarfes und der Wirksamkeit, aktuell noch eine untergeordnete Rolle spielt, ist die häufig angespannte Haushaltslage vieler Kommunen.15 Dies trifft ebenso auf die Stadt Kassel zu. Unterstützend könnten und sollten zur Finanzierung dieses Instruments der Objektförderung Bundesmittel zur Wohnraumförderung in Anspruch genommen werden. Zusätzlich könnten Mittel des Land Hessens, z.B. aus dem kommunalen Investitionspaket, dafür genutzt werden. So konnten im Jahr 2014 insgesamt 1.195.200 € für den Ankauf von Belegungsbindungen aus Landesmitteln für 134 Wohneinheiten genutzt werden.16 5.3.2 Sicherung der Bezahlbarkeit in Bestandswohnungen Neben der Neuvermietung ist die Mietentwicklung der Bestandwohnungen ein wichtiges Thema.Aufgrund fehlender statistischen Daten ist eine Aussage zu deren Entwicklung schwierig und nur vereinzelt zu treffen. Es bleibt jedoch zu vermuten, dass die Angebotmietenenwicklung aber auch die energetische Modernisierungen auf die Entwicklung
Ankauf von Belegungsbindungen
122 der Bestandsmieten Einfluss haben. 5.3.2.1 Sozialverträgliche Dämpfung der Bestandsmietenentwicklung
Kappungsgrenzenverordnung
Für die Mietpreise von Wohnungen, die nicht belegungsgebunden sind, gibt es keine Daten, daher können dazu keine Aussagen getroffen werden. Damit diese geschützt und deren Mieten gegebenenfalls auch reguliert werden können, sollte Erhebungen in Betracht gezogen werden. In den letzten vier Jahren sind die Mieten der belegungsgebundenen Wohnungen gering angestiegen, die höchste Steigerung liegt bei 3,22 %. Die Mietpreise sind von 2013 zu 2014 am stärksten angestiegen, die beiden Vorjahre 2011/2012 sind daher kaum zu berücksichtigen.17 Um die Mieter in einem angespannten Wohnungsmarkt schnell steigenden Mieten zu bewahren, sollte die momentan festgelegte Zeitspanne der Mietpreiserhöhung, die in der Kappungsgrenzenverordnung festgelegt ist, geändert werden. Es wird empfohlen, dass bestehende Mieten nur noch innerhalb von vier Jahren um 15 % erhöht werden können, statt in einem Zeitraum von drei Jahren, wie es derzeit in § 558 BGB geregelt ist. Dies kann die Stadt Kassel allerdings nur bei städtischen Wohnungsbaugesellschaften festlegen und die Anpassung betrifft daher vor allem die belegungsgebundenen Wohnungen.
Modernisierungsumlage
5.3.2.2 Sozialverträgliche Dämpfung der Modernisierungsumlage Durch (energetische) Modernisierung können die Bestandsmieten erheblich ansteigen. Für die Vermieter ist es laut § 559 BGB bis zu 11% der Modernisierungskosten auf die Mieter umzulegen.18 Damit die Mieter vor einer zu starken Mieterhöhung geschützt werden, sollte eine angepasste Modernisierungsumlage das Ziel sein. Damit die Mieter in einem Gebäude, das saniert werden soll, vor zu hohen Kosten geschützt werden können, sollte die Modernisierungsumlage in gedämpfter Form an den Mieter herangetragen werden. Um einer starken Mieterhöhung entgegenzuwirken, sollte die Stadt Kassel die Erhöhung in bestehenden Mietverhältnissen von 11 % auf 9 % reduzieren. Diese Umlageminderung kann jedoch nur bei städtischen Wohnungsbaugesellschaften festgelegt werden und betrifft daher vor allem den belegungsgebundenen Wohnungssektor. Damit die Kosten verringert werden können, sollte die Stadt Kassel auf Förderprogramme, wie bspw. die der KfW, aufmerksam machen. Die KfW fördert unter anderem energetische und altengerechte Umbaumaßnahmen durch zinsgünstige Kredite.19
Förderprgramme
Des Weiteren sollte die Stadt Kassel den Beschluss einer Erhaltungssatzung nach § 172 BauGB in einigen Gebieten prüfen. Diese Satzung sollte vor allem in Stadtteilen angewandt werden, die in Förderprogrammen aufgenommen waren, bspw. wie das der „Sozialen Stadt”, damit auch bei eventuellem Sanierungsdruck die dortige Bewohnerschaft vor zu hohen Mietpreisen bewahrt werden kann. Auch in anderen Stadtteilen, in denen eine hohe Mietpreissteigerung aufgrund von Sanierungen erwartet wird und deren Mieten besonderen Schutzes bedürfen, sollten ggf. mit Hilfe dieser Satzung geschützt werden. Die Erfahrung aus anderen Städten zeigt, dass soziale Erhaltungssatzungen häufig zu spät beschlossen werden und bei einer bereits fortgeschrittenen Aufwertung ihre Wirkung verfehlen. Vor diesem Hintergrund gilt es die Marktentwicklung und insbesondere Sanierungs- und Privatisierungstendenzen zu beobachten, um ggf. rechtzeitig mit dem Satzungsbeschluss regulierend eingreifen zu können.
123 5.3.2.3 Eindämmung der Umwandlung von Miet- zu Eigentumswohnungen Die Preise für Eigentumswohnungen sind in den Jahren zwischen 2011 und 2014 je nach Wohnwert um 33 % (mittlerer Wohnwert), 45 % (guter Wohnwert) und 40 % (sehr guter Wohnwert) gestiegen.21 Im landesweiten Vergleich ist die Eigentumsqoute Kassels mit 24,6 % relativ gering. Im Vergleich zu anderen Städten in der Größenordnung von Kassel ist jedoch ein ähnlich hoher Anteil vorzufinden.22 Der Umwandlung von Mietwohnungen zu Eigentumswohnungen, welche möglicherweise auch vermietet werden, wird ein preissteigernder Effekt nachgesagt. Bei einer weiteren Steigerung der Anzahl von Umwandlungen sollte die Stadt Kassel Erhaltungssatzungen nach § 172 BauGB erlassen und den Verkauf von Wohnungen in Gebieten mit Erhaltungssatzung genehmigungspflichtig machen. Diese sollte vor allem in Bereichen angewendet werden in denen es einen großen Mietmarkt gibt. Also vor allem in den Bereichen in denen die Eigentumsqoute gering ist. Dazu gehören u.a. die Innenstadtbereiche wie das Wesertor, die Unterneustadt, oder Wehlheiden aber auch Teile von Standrandgebiete in Oberzweren und Süsterfeld/Helleböhn. Die Stadt Kassel sollte von ihrem Handlungsspielraum in Gebieten mit Erhaltungssatzung Gebrauch machen und die dort genehmigungspflichtige Umwandlung zu Eigentumswohnungen nur dann zulassen, wenn diese von den vormaligen Mietern selbst erworben werden. Durch die Aufstellung einer Satzung nach § 172 BauGB können bestimmte Gebiete zeitlich befristet zu Erhaltungsgebieten ausgewiesen werden, wodurch der Rückbau, die Änderung oder die Nutzungsänderung baulicher Anlagen genehmigungspflichtig werden. Im Wesentlichen können durch die Satzung drei Ziele verfolgt werden: der Erhalt der städtebaulichen Eigenart eines Gebietes aufgrund seiner städtebaulichen Gestalt, der Erhalt der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung (Milieuschutz) und die Unterstützung städtebaulicher Umstrukturierungen. Erste Hinweise für eine sachliche Einschätzung, ob Handlungsbedarf hinsichtlich der Erstellung einer Erhaltungssatzung besteht, können neben der Entwicklung der Angebotsmieten beispielsweise die Umbauaktivität von Wohnungen, geschaltete Inserate für Wohnungen, Förderkulissen oder demografische Daten wie die Veränderung der Zusammensetzung der Bevölkerung innerhalb der letzten Jahren sein. Im Detail ist genau zu untersuchen, ob städtebauliche Aufwertungstendenzen beobachtbar sind. Bezüglich des Milieuschutzes kann durch die Satzung bewirkt werden, dass sich die Rahmenbedingungen für die unterschiedlichen sozialen Gruppen eines Quartiers nicht gravierend ändern und manche Gruppen aus dem Quartier verdrängt werden. Beispielhaft kann die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen verhindert werden, die ansonsten auf Mietwohnungen angewiesene Gruppen zum Umzug zwingen würde. Im Gegensatz dazu steht die Schaffung von neuem Wohneigentum etwa durch Baugruppen oder durch Investoren. Hierauf wird in den Kapiteln „5.1.1.5 Förderung der Etablierung alternativer Trägerformen im Wohnungsbau“ eingegangen.
5.3.3. Sicherung der Bezahlbarkeit bei Wohnungswechsel Zurzeit müssen nachfragende Mieter bei einem Wohnungswechsel höhere Angebotsmieten im Vergleich zu den Bestandsmieten
Erhaltungssatzung
124 akzeptieren. Die Mieten bei Altmietverträgen liegen bei teilweise 4 €/ m², bei Wiedervermietungen dann bei ca. 7 €/m².23 Angebotsmieten zu erhöhen ist rechtlich kaum einschränkbar, während die Bestandsmiete zu erhöhen stark vom Gesetzgeber limitiert ist. Ziel muss hier sein, die Differenz zwischen Angebots- und Bestandsmieten klein zu halten um einen Wohnortwechsel leichter zu ermöglichen. Das Angebot an Wohnraum mit sozialverträglicher Mietbelastung darf durch die steigenden Angebotsmieten nicht weiter sinken. Ein funktionierender Wohnungsmarkt bedarf einer gewissen Fluktuationsrate, sodass in dem sogenannten marktabhängigen Leerstand Instandhaltungen und gegebenenfalls Modernisierungen vorgenommen werden können. Eine geringe Dynamik auf dem Wohnungsmarkt gefährdet eine bedarfsgerechte Versorgung der Bevölkerung an Wohnraum. Aufgrund der weitreichenden Folgen, welche ein Anstieg von Angebotsmieten mit sich bringt, sollte Kassel gezielt in den lokalen Wohnungsmarkt eingreifen, das machen auch die folgenden Analysedaten deutlich. Die Angebotsmieten sind in Kassel von 2011 bis 2014 um durchschnittlich 21,7 % gestiegen.24 Der erhebliche Anstieg der Angebotsmieten erhöht den Druck auf dem Wohnungsmarkt. Problematisch ist dies vor allem für einkommensschwache Haushalte, die ihren Wohnort wechseln wollen, denn sie finden schwerer eine passende Wohnung. Ihre Chancen am Markt sinken, wenn immer weniger bezahlbarer Wohnraum angeboten wird. 5.3.3.1. Regulative Dämpfung der Angebotsmieten Diesem ansteigenden Trend der Angebotsmietenentwicklung sollte Einhalt geboten werden. Einkommensschwache Haushalte dürfen aufgrund ihres geringen Einkommens nicht benachteiligt werden. Ziel ist eine regulative Dämpfung der Angebotsmieten. Eine langfristige wirtschaftlich tragfähige Mietenentwicklung für Mieter und Vermieter in Kassel ist anzustreben. Die Mietbreisbremse und die damit einhergehende Einführung eines qualitativen Mietspiegels beeinflussen direkt die Angebotsmietenentwicklung. Mietpreisbremse
Die von der Bundesregierung im Jahr 2015 eingeführte Mietpreisbremse ist ein wichtiges Mittel, um die rasante Mietenentwicklung zu verlangsamen. Um die Mietpreisbremse einzusetzen, müssen die Kommunen (Teil-)Gebiete als angespannten Wohnungsmarkt definieren. Diese Feststellung ist Voraussetzung für die Begrenzung des Mietanstiegs bei Neuvermietungen. Kritisch zu sehen ist, dass sich die Deckelung nach der ortsüblichen Vergleichsmiete richtet. Die ortsübliche Vergleichsmiete berücksichtigt alle Mieten, die in den letzten vier Jahren vereinbart wurden.25 Problem dabei ist, dass dies nicht der örtlichen Durchschnittsmiete entspricht, da der Großteil der Bestandsmieten aus älteren Mietverträgen resultiert und deren Mietpreis deutlich unter dem der letzten vier Jahre liegt. Vor allem in den letzten vier Jahren erhöhte der erhebliche Anstieg der Angebotsmieten den Druck auf dem Wohnungsmarkt. Durch einen qualifizierten Mietspiegel werden die Mietpreise transparent, was jedoch zum Nachteil haben könnte, dass Vermieter nun versuchen, bei Neuvermietungen sehr hohe Mieten zu verlangen, die sich an den kurzfristig stark gestiegenen Mietabschlüssen orientieren. Primäre Intention des Mietspiegels jedoch ist, die rasante Kostenentwicklung der Angebotsmieten kurzfristig einzudämmen. Die Stadt Kassel sollte sich gegen die Einführung eines “qualifizierten Mietpreisspiegels” aussprechen und sich beim Deutschen Städtetag für eine Änderung der Berechnung der ortsüblichen Vergleichsmiete
125 einsetzen. Wenn dieses Vorhaben im Rahmen der Novellierung des Mietrechtes auf bundespolitischer Ebene scheitert, dann sollte die Stadt Kassel eine Erhebung zu einem Mietspiegel durchführen, dessen Mieten sich aus den letzten zehn Jahren ergeben. Ob und inwieweit dieser Mietspiegel rechtliche Gültigkeit besitzt, müsste in einem externen Verfahren geprüft werden. Die Kosten für die Erstellung eines Mietspiegels variieren je nachdem, ob ein einfacher oder ein qualifizierter Mietspiegel erstellt wird. Folgende Faktoren spielen bei der Kostenberechnung eine Rolle: die Datenbeschaffung zur Erhebung der Mieten mittels Befragungen, die Lagedifferenzierung der Daten, die Auswertung der Daten sowie die Erstellung der Tabelle mit textlichen Erläuterungen und die Veröffentlichung des Mietspiegels. Die Kosten muss die Stadt Kassel nicht alleine tragen. Mithilfe von Erhaltungssatzungen nach § 172 BauGB können Gebiete, die unter anhaltendem und weiter zunehmenden Nachfragedruck leiden, unter besonderen Schutz gestellt werden. Besonders Nord-Holland und Wesertor sind im Hinblick auf die Entwicklung der Angebotsmieten stark betroffen. Um in einem bestimmten Gebiet eine Satzung aufzustellen, sind umfassende Voruntersuchungen nötig. Da NordHolland und Wesertor in dem Städtebauförderprogramm Soziale Stadt waren bzw. sind, gibt es dafür schon weitergehende Untersuchungen, die in den jeweiligen Handlungskonzepten beschrieben werden und für die Abwägung, ob eine Erhaltungssatzung notwendig ist verwendet werden können. Die Ziele bei der Einführung einer Erhaltungssatzung im Bezug auf eine Dämpfung der spekulativen Entwicklung der Angebotsmieten korrelieren mit weiteren Zielen aus den Themen bezahlbaren Wohnens und sozialer Gerechtigkeit und müssen somit gemeinsam gedacht werden.
Erhaltungssatzung
5.3.3.2. Subventionierung von Angebotsmieten Einer Steigerung der Angebotsmieten kann neben der direkten Einflussnahme auch indirekt begegnet werden. Mittels der Subjektförderung wird eine Subventionierung der Angebotsmieten erreicht. Über Wohngeld und Kosten der Unterkunft können einkommensschwache Haushalte unterstützt werden, um auf dem freien Wohnungsmarkt agieren zu können. Die Subjektförderung hilft Personen mit geringen Einkommen am Marktgeschehen teilzunehmen, berechtigt sind nur Personen, die keine Transferleistungen beziehen. „Nach einer festen Formel, die das Einkommen eines Haushalts, die Anzahl seiner Mitglieder, die tatsächliche Miethöhe und das lokale Mietniveau berücksichtigt“, wird das Wohngeld direkt an Berechtigte ausgezahlt.27 Die Förderung wird durch den Bund bzw. die Arbeitsagentur gewährt und es besteht ein Rechtsanspruch darauf, somit hat die Stadt einen geringen, bis gar keinen Einfluss auf den Einsatz dieses Instruments. Sie kann die Entwicklung beobachten und sich über politische Einflussnahme über den Deutschen Städtetag stark für eine Erhöhung bzw. Anpassung des Wohngeldes an aktuelle Entwicklungen einsetzen. 5.3.3.3. Beeinflussung der Wettbewerbsmieten durch Erhaltung bezahlbaren Angebots der Kommune Wie in Kapitel 5.3.1.3 „Schaffung bezahlbaren Wohnraums durch Neubau” unter “Mietenbündnis” erläutert, hält die öffentliche Hand ein Fünftel der Wohnungsbestände in Kassel. Daraus ergibt sich eine große Verantwortung für den Wohnungsmarkt, die auch für die Preispolitik bei den Angebotsmieten gelten sollte. Die Angebotsmieten der GWG
Subjektförderung
126
Mietenbündnis
sind in den letzten Jahren stark angestiegen (30,9% von 2011 - 2014) und widersprechen in Teilen einer sozialverträglichen Wohnungsbelegungspolitik. Auch andere Wohnungsgesellschaften haben ihre Angebotsmieten in Kassel stark erhöht.28 Einfluss nehmen kann die Stadt Kassel durch die Preispolitik in ihrer städtischen Wohnungsbaugesellschaft. Die Anpassung der Angebotsmieten auf ein wirtschaftlich tragfähiges Niveau erfüllt einerseits den sozialen Auftrag, dem sich die städtischen Unternehmen verpflichtet haben, und erweitert andererseits das Angebot auf dem freien Markt mit angemessenen Preisen. Gekoppelt mit dem Instrument des Mietenbündnis’ könnte durch eine gemeinsame Selbstverpflichtung aller Akteure ein weitreichendes Handlungsinstrument geschaffen werden. Inhalte einer Vereinbarung zu einer gemeinsamen Mietenpolitik könnten sein: Die Erhöhung der Angebotsmiete muss für Neumieter wirtschaftlich tragfähig sein. Anstatt sich nach der Mietbreisbremse und der ortsüblichen Vergleichsmiete zu richten, sollte Hauptaugenmerk auf einer verträglichen Miete im Verhältnis zum Einkommen stehen. Orientierung hierfür bietet die Mietbelastungsquote, die maximal 25 % betragen sollte.
127
Endnoten: 1
vgl. § 1 ErbbauRG
² vgl. KfW (Hg.) o.J. 3
vgl. § 2 Abs. 1 HWoFG 4
vgl. § 9 Abs.1 HWoFG 5
6
9
7
vgl. §13a Abs. 1 BauGB
8
vgl. §13a Abs. 3 BauGB
vgl. Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt 2015
10
vgl. Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt o.J. 11
12
vgl. Steinbach 2013
vgl. Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt 2014: 7ff 13
vgl. Landeshauptstadt Düsseldorf (Hg.) 2012: 66 14
15
vgl. § 5 HWoFG
vgl. Schmidt-Eichstaedt, Weyrauch, Zemke 2013: 243
vgl. Stadt Kassel 2015a: 2
vgl. Lehrstuhl für Planungstheorie und Stadtentwicklung RWTH Aachen 2012: 15 16
vgl. Stadt Kassel 2014b: 18 17
Stadt Kassel 2014b: 14 18
21 22 23
vgl. § 559 BGB
19
vgl. Hanow 2016b
20
vgl. Hanow 2016a
vgl. Stadt Kassel 2014b: 9
vgl. Statistisches Bundesamt 2011
vgl. Experteninterview mit IVD Nordhessen am 01.12.2015 24
vgl. Schäfer 2015a: 2
25
vgl. § 558 Abs. 2 BGB 26
27
vgl. BBSR 2014: 22
vgl. Bundeszentrale für politische Bildung 2014 28
vgl. Schäfer 2015a: 2
5.4 Soziale Mischung und Gerechtigkeit Realität und auch Normalität in vielen Großstädten, so auch in Kassel, ist eine sozialräumliche Ausdifferenzierung und Segregation der Wohnbevölkerung. Diese stellt die räumliche Abbildung sozialer Ungleichheiten nach Herkunft, Ethnie, Lebensstil und insbesondere sozioökonomischer Lage dar. Quartier, Wohnung und Wohnumfeld sind mit für den Erfolg von Integrationsprozessen und für ein relativ konfliktfreies Zusammenleben von Relevanz. Wohnung und Wohnumfeld sind dabei einerseits Integrationsfaktoren und Handlungsfelder im Integrationsprozess, andererseits bilden sie den sozialräumlichen Hintergrund für strukturelle Integrationsprozesse wie Spracherwerb, Bildung, Ausbildung und Beruf sowie gesellschaftliche Partizipation. Neben der Integration und der sozialen Durchmischung ist das Entgegenwirken der Stigmatisierung von benachteiligten Quartieren ein wichtiger Baustein.
5.4.1 Soziale Mischung Soziale Mischung herzustellen oder zu erhalten ist ein oft genanntes Planungsziel. Die Mischung bezieht sich auf das räumlich gemischte Zusammenleben von Menschen mit unterschiedlichem Alter, Einkommen und ethnischem Hintergrund. Grundsätzlich ist aber festzuhalten, dass soziale Segregation die Verräumlichung der wirtschaftlichen und sozialen Ungleichheit ist. Soziale Mischung kann an der grundlegenden Problematik der sozialen Ungleichheit nichts ändern.1 Die individuellen Notlagen und Benachteiligungen erfahren dementsprechend durch eine bessere soziale Mischung des Quartiers auch keine Verbesserungen. Trotzdem sind der Erhalt und die Förderung der sozialen Mischung wünschenswert, um zu verhindern, dass Bewohner aus ihrem angestammten Quartier verdrängt werden, um positive Nachbarschaftseffekte zu ermöglichen und negativen Effekte vorzubeugen. Welcher Grad der sozialen Mischung als positiv beurteilt werden kann ist umstritten. Klar ist, dass es nicht darum geht die jeweiligen Extreme zu mischen oder die Sozialstruktur der Quartiere auf den Durchschnittswert der Stadt zu bringen.2 Wichtig bei der Beurteilung der sozialen Mischung ist die Frage der Maßstäblichkeit: Je größer das Betrachtungsgebiet, desto heterogener, je kleiner das Gebiet, desto homogener ist die Bevölkerung bezüglich ihrer sozialen Merkmale. Ob segregierte Gebiete am unteren Ende der sozialen Skala auch zu Orten der sozialen Ausgrenzung werden, entscheidet sich weit weniger über den Grad der sozialen Mischung als an den Teilhabemöglichkeiten in den gesellschaftlichen Teilsystemen wie Schule, Bildung, Arbeit, Wohnen oder Freizeit.
129
5.4.1.1 Erhalt der sozialen Mischung in Bestandsquartieren und Stärkung dieser in segregierten Quartieren Soziale Mischung kann positive Nachbarschaftseffekte auslösen und ist daher erstrebenswert. Im Umkehrschluss ist beginnende Segregation von bisher sozial gemischten Quartieren möglichst zu verhindern. Damit geht auch die Verdrängung von Menschen aus ihren angestammten Quartieren einher, was ebenso als negativ einzustufen ist. Aufwertungsprozesse sind eine diffizile Angelegenheit: Einerseits sind Aufwertungen, also eine Verbesserung der Lebensumstände im Quartier, durchaus erwünscht, andererseits steigt mit ihnen die Gefahr der Getrifizierung und damit die Verdrängung ärmerer Bewohnergruppen3. Bei stadtplanerisch gewollten Aufwertungen sollte daher auch die mögliche Entwicklung der Mieten berücksichtigt werden und ein starker Anstieg, der Verdrängungseffekte auslösen könnte, unterbunden werden. Aber auch bei ungeplanten, allein durch den Markt bewirkten Aufwertungsprozessen ist auf diese Entwicklungen zu achten. Beim Thema der Segregation ist zwischen der freiwilligen und der erzwungenen Segregation zu unterscheiden. Freiwillige Segregation ist nicht unbedingt als negativ zu betrachten; man denke hier etwa an kreative Studentenquartiere oder auch an Migrantenquartiere, die als “Ankommensquartiere” funktionieren und neue Migranten bei der Orientierung unterstützen. Bleiben die Migranten allerdings dauerhaft in den Quartieren, kann dies auch zu Isolation und parallelen Gesellschaftsstrukturen führen.4 Wesentliche Ziele sollten sein, soziale Mischung als Status Quo zu erhalten sowie eher segregierten Quartieren die Möglichkeit zur stärkeren Mischung zu geben5. Um zu erkennen, welche Quartiere segregiert sind oder vom sozialen Status her drohen abzusinken, sollte das Instrument des Sozialmonitorings genutzt werden. Ziel dieses Instruments ist die kontinuierliche Beobachtung der Bewohnerstruktur und -dynamik in der räumlichen Verteilung auf die Stadt anhand verschiedener Sozialindikatoren. In jährlichen Berichten werden viele verschiedene Indikatoren, wie z.B. der Anteil an SGBII-Beziehern, Arbeitslosen oder Alleinerziehenden zusammengefügt und ausgewertet. Darüber können frühzeitig auffällige Gebiete identifiziert werden, die möglicherweise negative Veränderungen erfahren. Ob in diesen Gebieten allerdings tatsächlich Handlungsbedarf erforderlich ist, wird erst nach einer qualitativen Betrachtung und Bewertung feststellbar. Auch beginnende Gentrifizierungsprozesse mit der damit einhergehenden Verdrängung der Bewohner sollten durch dieses Instrument beobachtet werden6.
Sozialmonitoring
Einige der für das Sozialmonitoring benötigten Daten der Kasseler Sozialstruktur sind in Kapitel 3.1 erläutert. Ohne weiterführende Analyse ist nur über diese Daten allerdings keine Bewertung der sozialen Mischung einzelner Quartiere durchführbar. Daher ist es unabhängig der Anspannung des Wohnungsmarktes empfehlenswert, das Instrument des Sozialmonitoring zu nutzen. Wird Handlungsbedarf in bestimmten Quartieren erkannt, können verschiedene Instrumente zur Anwendung kommen: Über den Milieuschutz (Erhaltungssatzung, s. Kapitel 5.3.2.2) können Verdrängungseffekte durch Mietsteigerungen vermindert werden. Bedingungen für das Wirken der Satzung sind, dass sie früh genug aufgestellt wird, das heißt vor dem Einsetzen erster Umstrukturierungen des Quartiers, dass möglichst viele Bauverfahren genehmigungspflichtig sind und außerdem, dass sie in vielen Gebieten zum Einsatz kommt. Nur
Erhaltungssatzung
130
dann kann ein Dämpfungseffekt von Mietpreissteigerungen erreicht werden7. Um die Erhaltungsatzung nicht zu spät einzusetzen, sollten schon bei einem stabilen Wohnungsmarkt Quartiere identifiziert werden, die in folgenden Szenarien mit Umstrukturierungen konfrontiert werden könnten. Wird der Wohnungsmarkt dann angespannt, kann die Satzung schnell erlassen werden und wirken.
Konzeptvergabeverfahren
Um soziale Mischung verstärkt zu ermöglichen, sollte ein breites Angebot an Wohnraum geschaffen werden, das viele verschiedene Zielgruppen anspricht und damit potentiell auch die Möglichkeit besteht, dass diese verschiedenen Zielgruppen das Angebot nutzen und es dadurch zu einer Mischung kommt. Einfluss kann bei neuen Planungen über das Konzeptvergabeverfahren (s. Kapitel 5.1.3.1) genommen werden, welches bei einem stabilen, angespannten und stark angespannten Wohnungsmarkt genutzt werden sollte. Auch über die Standorte (s. Kapitel 5.4.1.2) und die Förderung von sozialem Wohnungsbau (s. Kapitel 5.3.1.1) kann die soziale Mischung beeinflusst werden. 5.4.1.2 Bereitstellung von bezahlbarem Wohnraum auch in guter Wohnlage Die aktuelle Situation: Es ist ein kontinuierlicher Rückgang der Sozialwohnungen in Kassel zu verzeichnen, auf der anderen Seite besteht jedoch ein erhöhter Bedarf an preiswertem Wohnraum8. Das Problem, das nicht nur in Kassel vorherrscht, ist, dass sich in Wohnquartieren Klassen formieren, die wenig Geld und Kontakte in andere Stadtteile haben und oftmals aus ethnischen Minderheiten bestehen9. Diese Gruppierungen haben bei der Wohnungssuche oftmals nicht die Wahl zwischen verschiedenen Stadtteilen, da preiswerte Wohnungen überwiegend in weniger attraktiven Stadtteilen angesiedelt sind.
Solidarquote in Bebauungplänen Städtebauliche Verträge
Das stadtplanerische Ziel ist die Schaffung und der Erhalt einer ausgewogenen Bevölkerungsstruktur, die Durchmischung der Bevölkerungsgruppen in den Stadtteilen und Bauquartieren sowie die Schaffung bezahlbaren Wohnraums auch in besseren Lagen. Als positiver Nebeneffekt kann dadurch einer Stigmatisierung der Quartiere entgegen gewirkt werden. Um dies umzusetzen wird eine Vielfalt an Bauformen (Genossenschaftliches Bauen, Mehrgenerationenwohnen, verschiedene Preissegmente, Wohnungsgrößen sowie Bautypologien) und die Mischung unterschiedlicher Zielgruppen (Haushalte mit kleinen, mittleren und höheren Einkommen, Familien, Ältere, Studenten) in den Quartieren benötigt. Dafür erscheinen eine Solidarquote in den Bebauungplänen (s. Kapitel 5.3.1.1) sowie Städtebauliche Verträge (s. Kapitel 5.2.3.1) sinnvoll. Man sollte jedoch nicht nur bauen. Die Stadt sollte vereinzelte Belegungsrechte von Privatvermietern in “guter” Wohnlage kaufen, in die sie dann benachteiligte Haushalte einquartieren kann. Dadurch kann auch Haushalten mit niedrigem Einkommen die Wahl zwischen Wohnquartieren, die nicht überwiegend von sozialem Wohnungsbau geprägt sind, ermöglicht werden. „Man kann sich diese Strategie ein bisschen wie Akupunktur vorstellen. Man verteilt kleine Nadelstiche, um das Ganze zu heilen.“10 Sollen also soziale Durchmischung und ein Mietenniveau, das auch in Einklang mit dem Einkommensniveau in Quartieren steht, in nachfragestarken Städten und gentrifizierungsaffinen Quartieren messbar gewahrt bleiben, darf es nicht darum gehen, Neubau und Sanierung an sich zu verhindern. Um dieses Ziel zu erreichen, sollte das gesamte
131
verfügbare förmliche und informelle Instrumentarium ausgeschöpft werden.11 Da konstant Wohnungen aus der Belegsbindung fallen, ist es erforderlich, dass das Angebot an geförderten Wohnungen erheblich ausgebaut werden muss. Dies bietet die Chance, sozialen Wohnungsbau bzw. Sozialwohnungen auch dort zu schaffen, wo dieser für gewöhnlich nicht auffallend vorhanden ist. Quartiere bzw. Stadtteile, wie z.B. die Brückenhofsiedlung oder Wohnstadt Waldau, mit ohnehin schon großen Anteilen an Sozialwohnungen, bleiben dabei außen vor und der Fokus wird verlegt. Um eine Konzentration großer zusammenhängender Wohnblöcke und -zeilen zu verhindern, ist es notwendig, dezentrale und kleinteiligere Einheiten zu kreieren, welche außerdem die Durchmischung fördern. Diese sollten städtebaulich so eingefügt werden, dass die geförderten Wohnungen nicht von außen erkennbar sind, um Isolation der Bewohner und Intoleranz ihnen gegenüber zu verhindern. Um die Kosten für den Bau möglichst gering zu halten, können ggf. öffentliche Flächen, die der Stadt ohnehin gehören, dafür genutzt werden. Für potentielle Gebiete ist eine vorhandene Infrastruktur dringend erforderlich, da die zukünftigen Bewohner darauf angewiesen sind. Demnach ist es nicht sinnvoll, sozialen Wohnungsbau am äußeren Rand eines Ein- oder Mehrfamilienhausgebiets, wie etwa in Harleshausen oder am Brasselsberg, zu errichten. Realisierbare Flächen können anhand der Potentialflächenanalyse identifiziert werden. 5.4.2 Integration und Stigmatisierung Die Stigmatisierung und das Negativimage benachteiligter Quartiere bzw. Stadtteile sind eigenständige Faktoren der sozialen Benachteiligung und bedürfen bei der politischen Bearbeitung sozialräumlicher Ausgrenzungprozesse einer besonderen Aufmerksamkeit. Insbesondere ist hierbei zu beachten, dass Rahmenbedingungen geschaffen werden sollten, die die Integration sowie eine Identifikation der Bewohner mit dem Quartier zulassen. Was von außen als „sozialer Brennpunkt“ oder „Problemquartier“ wahrgenommen wird, kann sich von innen friedlich, tolerant und selbst solidarisch gestalten12. Daher sollte ein langfristiges Ziel sein, das Bild von benachteiligten Stadtteilen mit Hilfe von Öffentlichkeitsarbeit nach außen hin zu verbessern und Flüchtlinge besser in der Gesamtstadt zu verteilen, um eine Durchmischung und deren positiven Effekte zu fördern. 5.4.2.1 Integration durch gelebte Nachbarschaften Soziale Kontakte in der Nachbarschaft sind für viele Menschen wichtig und entstehen oftmals unabhängig von baulich-räumlichen Bedingungen. Trotzdem können sozialräumliche Beziehungen gefördert werden. Dabei geht es nicht um die Planung von Nachbarschaften an sich, sondern darum, Rahmenbedingungen zu schaffen, die es ermöglichen bzw. erleichtern, dass sich innerhalb eines Wohnquartiers und im öffentlichen Raum Kontakte und Beziehungen entwickeln können. Sowohl soziale Beziehungen, wie auch Nähe und Distanz zu Nachbarn entziehen sich der Planbarkeit. Es zeigt sich gerade in sozial benachteiligten Gebieten, dass der öffentliche Raum genutzt wird. Das gilt vor allem für Menschen mit Zuwanderungshintergrund, die es gewohnt sind sich den öffentlichen
Potentialflächen- und Leerstandskataster
132
Raum viel selbstverständlicher anzueignen, sich dort zu treffen oder zu verabreden. Insbesondere dann, wenn die Wohnungen überbelegt und schlecht ausgestattet sind. Dies führt jedoch oftmals zu Verunsicherung und Ablehnung in den eher konservativen Milieus der Aufnahmegesellschaft. Zu beobachten ist hierbei, dass die Zahl und der Anteil der Menschen mit Zuwanderungshintergrund überschätzt wird und es diesbezüglich zu Abwehrreaktionen der Nachbarschaft kommt.13 Vor allem in Stadtteilen mit einem hohen Anteil an sozial schwächer gestellten Bewohnern und/oder einem Zuwanderungshintergrund, wie bspw. den Stadtteilen Waldau, Oberzwehren und dem nördlichen Bereich der Innenstadt von Kassel14, sollten die Interessen und Handlungsweisen sozialer Gruppen verstanden werden. Um das Ziel der sozialen Integration und Mischung zu erreichen, sollte in erster Linie das lokale, politische und soziale Klima hinsichtlich der Toleranz und Akzeptanz von Vielfalt gestärkt werden.15
Öffentlichkeitsarbeit
Städtebauförderprogramm
Auf der Quartiersebene wirkt zudem die räumliche Struktur auf Kontaktaufnahme und soziale Beziehungen. Die Anordnung der Baukörper, Qualität sowie Übersichtlichkeit und Kontrollierbarkeit öffentlicher Bereiche beeinflussen stark die Aufenthaltsqualität und damit die Atmosphäre in einem Quartier.16 Ebenso ist es wichtig durch soziale Angebote, Öffentlichkeitsarbeit und bewohner-orientierten Einrichtungen Impulsgeber für die Knüpfung nachbarschaftlicher Netzwerke zu schaffen. Dadurch können auf unbürokratischem Weg Unterstützungseffekte entstehen. Dies sollte vor allem durch quartiersbezogene Maßnahmen, ggf. in Einklang mit einem Städtebauförderprogramm (s. Kapitel 5.3.1.1), welche die unterschiedlichen Gruppen einbezieht, realisiert werden. Umgesetzt werden sollte dies durch ein Stadtteilmanagement, das sich mit den Sorgen und Problemen der Bürger befasst und auseinandersetzt. 5.4.2.2 Stigmatisierung von Quartieren verhindern Benachteiligte Stadtteile oder Quartiere lassen sich darüber definieren, dass in ihnen meist ein erhöhter Anteil von Personen lebt, die sozial benachteiligt sind. Dies kann bis hin zu einer Stigmatisierung einzelner Stadtgebiete führen. Dies bedeutet, dass eine ortsbezogene Symbolik auf alle Bewohner übertragen wird und ein Transfer des Images des Ortes auf die Identität der Person stattfindet. Dies hat wiederum eine abschreckende Wirkung auf einkommensstärkere Schichten und verhindert deren Zuzug. Vor allem Familien mit Kindern versuchen, soweit deren finanzielle Lage dies zulässt, stigmatisierte Gebiete zu verlassen oder zu meiden, um ihren Kindern Zukunftschancen zu sichern. Dadurch wird die Entwertung des Gebietes noch beschleunigt und vollzieht sich in einem Kreislauf aus Abwanderung und Desinvestition.17 Auch wenn nicht nur Restriktionen, sondern ebenso Potentiale wie bspw. Unterstützungnetzwerke unter Bewohnern existieren, lässt sich sagen, dass das Wohnen in einem benachteiligten Quartier eher zu einer Verfestigung benachteiligter Lebenslagen beiträgt. Neben einer oftmals mangelhaften Infrastruktur sind Diskriminierungen bei Behörden und/oder Arbeitgebern aufgrund der Wohnanschrift keine Seltenheit. Nachteilig ist hierbei ebenso, dass für Jugendliche positive Rollenvorbilder fehlen und sie sich oftmals abträgliche Verhaltensmuster aneignen.18 Beispielhaft für Kassel sind die Stadtteile Helleböhn, Waldau und Nord-Holland zu benennen, die aufgrund ihrer sozialen und baulichen Struktur mit einem negativen Stigma behaftet sind.
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Ein langfristiges Ziel sollte es sein, das Bild der Stadtteile mit Hilfe von Öffentlichkeitsarbeit nach außen hin zu verbessern und die Identifikation der Bürger mit ihrem Stadtteil durch eine Bewusstseinsschaffung zu stärken. Dies ist wichtig, um eine nachhaltige Entwicklung zivilgesellschaftlicher Strukturen zu ermöglichen und somit ein nachhaltiges Engagement aller Akteure des Stadtteils zu fördern. Beispielhaft ist hier das „Integrierte Handlungskonzept Soziale Stadt Wesertor“ zu benennen.19 Neben dem Stadtteil Wesertor zählen derzeit auch die Stadtteile Nord-Holland, Oberzwehren und Rothenditmold zu den Programmgebieten.
Öffentlichkeitsarbeit Bewusstseinsschaffung
Zur Stärkung der Stadtteilidentifikation der Bürger und zur Imageaufwertung sollte auf Maßnahmen zurückgegriffen werden, die der Aktivierung und Mobilisierung des bürgerlichen Engagements dienen. Ebenso ist es wichtig eine aktive Öffentlichkeitsarbeit zu betreiben, die durch das Stadtteilmanagement umgesetzt werden sollte. Beispielhaft sind hier die Handlugsfelder Prozessorientiertes Stadtteilmanagement, Wohnumfeldverbesserung und Verbesserung sozialer Angebote und Integration zu benennen, die unter anderem in den bisherigen Programmgebieten der Stadt Kassel aufgegriffen wurden.
Sozialmonitoring
Durch ein gezieltes Sozialmonitoring (s. Kapitel 5.4.1.1) der Gesamtstadt sollte abgewogen werden, ob bei Bedarf weitere Stadtteile in Städtebauförderprogamme (s. Kapitel 5.3.1.1) aufgenommen werden können.
Städtebauförderprogamme
5.4.2.3 Räumliche Integration von Flüchtlingen Die deutliche Zunahme der Zahl an Flüchtlingen die nach Deutschland kommen, wirkt sich auch auf die soziale und vor allem ethnische Zusammensetzung der Bevölkerung aus. Grundsätzlich sollte mit diesem Bevölkerungszuwachs in ähnlicher Weise umgegangen werden wie auch mit inländischem Bevölkerungszuwachs. Trotzdem ergeben sich aufgrund verstärkt ethnischer, sozialer, kultureller und insbesondere auch sprachlicher Unterschiede spezielle Aufgaben. Bei der Unterbringung der Flüchtlinge muss darauf geachtet werden, dass die Art und Weise der Unterbringung die Integration in die Aufnahmegesellschaft erleichtert. Für die Zweitaufnahme sind die Kommunen zuständig, nach beschiedenem Asylantrag jedoch müssen sich die Flüchtlinge selbst eine Unterkunft suchen. Mittel- und langfristig wird das Themenfeld „bezahlbares Wohnen“ eine wichtige Rolle spielen, weil die meisten Flüchtlinge zu Beginn ihres Aufenthalts aufgrund von z.B. Sprachbarrieren, nicht übertragbaren Arbeitsqualifikationen und Hindernissen bei der Arbeitsplatzsuche zu den einkommenschwächeren Bevölkerungsschichten gehören werden20. Daher benötigen sie ebenso wie andere einkommensschwache Schichten bezahlbaren Wohnraum, um nicht segregiert zu werden und bei ihrer Wohnortwahl nicht auf sehr unattraktive Wohnlagen eingeschränkt zu sein. Um die Integration der Flüchtlinge in die Aufnahmegesellschaft zu erleichtern, sind unter räumlichen Gesichtspunkten für die Erst- und vor allem für die länger dauernde Zweitaufnahme folgende Aspekte von Bedeutung: Flüchtlinge sollten in kleinen dezentralen Unterkünften statt in Großunterkünften untergebracht werden. Die Integration funktioniert besser über kleine Unterkünfte mit maximal 50 Bewohnern und einer
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Potentialflächen- und Leerstandskataster
Wohnungsbaugesellschaften
Verteilung der Unterkünfte über die Stadt. Große Unterkünfte bergen die Gefahr der Stigmatisierung und die Angst der ansässigen Bewohner vor „Überfremdung“.21 Kleine Unterkünfte lassen sich auch besser in die Struktur der Stadt einfügen, beugen genannten Gefahren vor und unterstützen dadurch den Prozess der Integration. Außerdem steigt die persönliche Verantwortung der Bewohner für die Räume und Ausstattung. Die Gemeinschaftsunterkünfte sollten über abgeschlossene Wohneinheiten verfügen, weil die fehlende Privatsphäre bei Unterbringung vieler Menschen unterschiedlicher Kulturen in einer Wohneinheit zu starken Konflikten zwischen den Bewohnern führen kann.22 Grundsätzlich ist wichtig, dass die Unterbringung dort erfolgt, wo auch die Aufnahmegesellschaft wohnt. Unterkünfte in Gewerbegebieten und unbelebten, unattraktiven (Stadtrand-) Lagen sind zu vermeiden. Dort ist aufgrund fehlenden Zugangs zu Infrastruktur die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben deutlich erschwert.23 Die Unterbringung in Wohnund Mischgebieten ermöglicht hingegen den alltäglichen Kontakt zur Aufnahmegesellschaft und vereinfacht die Integration. Außerdem ist die Unterbringung in sozial und ethnisch gemischten Quartieren und nicht in ohnehin schon segregierten Quartieren anzustreben, um negative Nachbarschaftseffekte wie Stigmatisierung nicht zu verstärken. Das Bereitstellen von Unterkünften im Kasseler Nordosten ist daher eher zu vermeiden. Um freie und geeignete Flächen für den Bau von kleinen Unterkünften zu identifizieren, eignet sich das Instrument des Potentialflächen- und Leerstandskataster (s. Kapitel 5.2.1.2). Es ist darauf zu achten, dass die Unterkünfte auch zukünftig für andere Wohnnutzungen offen sind und sich baulich in die umliegende Bebauung einfügen. Als Bauträger kommen die gemeinwohlorientierten Wohnungsbaugesellschaften, insbesondere die städtische Tochtergesellschaft GWG, sowie private Investoren in Frage. Sowohl von der GWG, als auch von privaten Investoren sind derzeit Projekte dieser Art in Planung. Beispielhaft sei der von der GWG geplante Bau einer Unterkunft in der Bunsenstraße in Nord-Holland genannt, in der Wohnraum für bis zu 182 Flüchtlinge entstehen soll24. Von einem privaten Investor wird eine Unterkunft in der Unterneustadt geplant, die Wohnraum für ca 200-300 (Angaben ungenau) Flüchtlinge bieten wird25. Bei beiden Projekten ist eine mögliche Nachfolgenutzung durch Mietwohnungen bzw. sozialem Wohnungsbau angedacht, was im Sinne genannter Forderungen ist. Auch dass sich die Unterkünfte in Nachbarschaft zu Wohnbebauung befinden und die einzelnen Wohneinheiten dieser abschließbar sind, entspricht den Forderungen. Kritisch ist die hohe Zahl gebündelt untergebrachter Flüchtlingen zu sehen, die die oben genannte anzustrebende Höchstmenge von 50 Personen pro Unterkunft deutlich überschreiten. Auch der Standort in Nord-Holland ist aufgrund seines aktuell schon hohen Anteils sozial schwächerer Personen, eher ungünstig gewählt. Daher sollten bei Folgeprojekten die angemerkten Aspekte berücksichtigt und die Zahl solcher Projekte erhöht werden. Auch bei einem stabilen Wohnungsmarkt sind einzelne Projekte zu realisieren, um für zukünftige Flüchtlingszugänge vorbereitet zu sein. 5.4.3 Qualitative Anforderungen an Wohnraum Auf entspannten Wohnungsmärkten finden Wohnungen, die einen zumutbaren Mindeststandard unterschreiten, vermutlich keine Abnehmer. Doch auf einem zunehmend angespannten Wohnungsmarkt, wie
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in Kassel, entsteht die Gefahr, dass Menschen ohne Option in solche Wohnungen gedrängt werden. Auch wenn viele Informationen nicht im Detail erhoben sind, kann es bei Problemen, die überwiegend die Bevölkerung der unteren Einkommensschicht betreffen, die sich tendenziell weniger artikuliert, nötig sein, den Standard der Wohnungen vorbeugend zu untersuchen. Die Frage der Angemessenheit von Wohnraum muss jedoch auch ausgeweitet werden. So müssen auch die Versorgungssituation und das Wohnumfeld in die Betrachtung aufgenommen werden. Zuletzt betrifft das Thema nicht nur niedrige Einkommensschichten, wenn es zur Schwierigkeit kommt, auf dem intransparenten Markt den gerechten Preis für Wohnraum zu bestimmen. 5.4.3.1 Sicherung angemessener Mindeststandards in allen Wohnungen Nach Erhebungen des Zensus 2011 verfügen knapp 1 % der Kasseler Wohnungen nicht über ein eigenes Bad und eine eigene Dusche, 0,2 % haben keine Heizung26. Es gibt in Kassel bisher keine weiteren Erhebungen über Ausstattung oder Sanierungsstand von Wohnungen, doch diese Zahlen bzgl. grundlegender Ausstattung legen dar, dass Zustände weit unter Standard zumindest überhaupt auftreten. Damit ist nicht ausgeschlossen, dass Defizite anderer Art, vor allem auch qualitativer Natur, die nach Maßgaben der Rechtsprechung ebenfalls als nicht für das Wohnen geeignet gelten, auch in größerer Zahl auftreten. Nach § 535 Abs 1 BGB muss Wohnraum „während der Mietzeit” „in einem zum vertragsmäßigen Gebrauch geeigneten Zustand” erhalten werden. Welche Mindestanforderungen an eine Wohnung gelten, damit sie für das Wohnen geeignet ist, wurde durch verschiedene Gerichtsurteile definiert. Dazu zählen z.B. eine Raumtemperatur von tagsüber mindestens 20 °C27, dichte Fenster28 oder Schimmelfreiheit29. Diese Mindestanforderungen können jedoch unterschritten werden, wenn die Mängel zum Vertragsschluss bekannt sind; sie fungieren somit nicht als allgemeiner Standard30. Es gibt verschiedene Erklärungsansätze, durch welche Umstände diese Defizite zu heutiger Zeit noch bestehen. Zum einen ist es möglich, dass den Mietern die Information fehlt, dass sie laut §§ 535 - 536a BGB Anspruch auf eine Mindestausstattung haben und wie sie diesen Anspruch durchsetzen können. Weiterhin mag das finanzielle Risiko der Kosten eines Prozesses unsicheren Ausgangs ein Hemmnis sein. Zuletzt ist es möglich, dass die Einschränkungen schlicht in Kauf genommen werden, um die günstige Miete zu erhalten. Soll die Stadt Kassel also Mindeststandards festlegen, die für alle Wohnungen gelten und solche Missstände verhindern? Für die Festlegung spricht, dass Menschen, für die keine bezahlbare Wohnung bzw. keine Wohnung im angemessenen Kostenrahmen nach § 35 SGB XII Abs. 1 auf dem freien Markt verfügbar ist, nicht in Wohnungen unterhalb des Mindeststandards gedrängt werden können. Diese Menschen müssten laut demselben Artikel stattdessen in teurere Wohnungen ausweichen und dort entsprechend finanziell unterstützt werden, hätten aber einen minimalen Lebensstandard garantiert. Da es sich bei der Zielgruppe tendenziell aber ohnehin größtenteils um Leistungsempfänger handelt, kann die Stadt eventuelle Nachfrageüberschüsse auffangen und erhält so unmittelbar alle relevanten Informationen, um auf den Bedarf mit der Bereitstellung belegungsgebundenen Wohnraums zu reagieren. Um ein Bewusstsein dafür zu schaffen, dass es noch immer solche Problemfälle gibt und eine verwaltungsinterne, aber auch gesellschaftliche, Maxime der Bekämpfung unzumutbarer Wohnverhältnisse zu setzen, muss die Stadt
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sich zur Notwendigkeit und genauen Konfiguration eines solchen Mindeststandards positionieren. Eine geeignete Orientierung findet sich in o.g. und weiteren Urteilen bzgl. des für den Wohngebrauch geeigneten Zustands, wie auch im mittlerweile abgeschafften § 40 II. WoBauG, der Richtlinien für die Förderung von Wohnraum aus öffentlichen Mitteln vorgab. Unter letzterem fand sich u.a. das Vorhandensein „neuzeitlicher sanitärer Anlagen innerhalb der Wohnung” und einer grundlegend ausgestatteten Küche, von Steckdosen und Stauraum bis zum Abstellraum für Fahrräder.31 Weiterhin gibt es vorgeschriebene Standards für den Neubau von Wohnraum. Die Hessische Bauordnung legt fest, dass in jeder täglich bewohnten Wohnung (teils nur in Gebäuden mit mehr als zwei Wohnungen) eine Grundausstattung realisiert werden muss, die z.B. Bad, Toilette und einen Abstellraum, ausreichende Belüftung und Belichtung sowie eine Mindestraumhöhe von 2,40 m beinhaltet.32 Der Mieter hat bei eingeschränkter Bewohnbarkeit durchaus Möglichkeiten, rechtlich vorzugehen. Nach § 536 BGB hat der Mieter das Recht auf eine Mietminderung bei Verlust der Tauglichkeit der Wohnung. Beseitigt der Vermieter den Mangel nicht, so kann der Mieter nach § 536a BGB „unbeschadet der Rechte aus § 536 Schadenersatz verlangen” sowie „den Mangel selbst beseitigen und Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangen”. Der Mieter erhält diese Entschädigungen jedoch nur, wenn er den Mangel nachweisen kann und den Rechtsstreit gewinnt. Außerdem muss er die Kosten der Verhandlung vorstrecken oder bei Niederlage auch dafür aufkommen - er trägt also ein finanzielles Risiko, das für einkommensschwache Menschen und jene ohne Rechtschutzversicherung mit Sicherheit abschreckend wirkt. Dieser Abschreckung entgegen wirken kann die Beratung des Deutschen Mieterbundes, einer privat organisierten Interessenvertretung, die der öffentlichen Hand diese unterstützende Maßnahme abnimmt. Über den Bekanntheitsgrad dieser Informationsangebote liegen den Autoren keine Informationen vor.
städtebauliche Gebote Mieter ansprechen
Öffentlichkeitsarbeit
Um zu verhindern, dass Wohnungen unter Standard unterhalten werden, müsste die Stadt für betreffende Immobilien ein Modernisierungsoder Instandsetzungsgebot nach § 177 BauGB aussprechen. Da diese städtebaulichen Gebote jedoch häufig am Umsetzungsaufwand scheitern, sollte die Stadt alternativ - in Kooperation mit dem Jobcenter - die Mieter der betreffenden Wohnungen gezielt aufsuchen, ansprechen und bei der Vertretung ihrer Interessen unterstützen. Das gilt bei Nichtbeseitigung der Defizite auch für den Auszug. Gelingt ein solches Vorhaben in größerem Umfang, kann es Vermieter u.U. motivieren, minderwertige Wohnungen wieder in einen marktfähigen Zustand zu bringen. Die Wirksamkeit dieser Kontroll-, Beratungs- und Rechtsschutzinstrumente kann nur gewährleistet werden, wenn ihnen eine intensive Öffentlichkeitsarbeit folgt, da eine flächendeckende Kontrolle unrealistisch bzw. unverhältnismäßig aufwändig wäre. Es muss sichergestellt sein, dass die Unterstützung des Mieterbundes und die angestoßenen öffentlichen Programme auch bei schwer erreichbaren Gruppen ankommen und auch artikulationsschwache Gruppen aktivieren. Die Festlegung eines Mindeststandards birgt jedoch auch Gefahren. So könnten bspw. Menschen auf die Straße gedrängt werden, die Wohnungen unter Standard als Ausweichmöglichkeit brauchen, da sie auf dem freien Markt aus anderen Gründen keine Wohnung
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finden - z.B. Obdachlose oder Drogenabhängige. Um für den Fall der Festlegung von Mindeststandards sicherstellen zu können, dass auch diese Gruppe ausreichend versorgt ist, muss die aktuelle Situation - das Vorhandensein von Unterkünften wie z.B. der Notschlafstellen der Soziale Hilfe e.V. oder der Drogenhilfe Nordhessen e.V. - in Kooperation mit dem Sozialamt erfasst werden. Sollten Defizite bestehen, müssen diese Träger durch die Stadt unterstützt werden, ausreichende Notunterkünfte zur Verfügung zu stellen. Ein alternatives Modell zur Deckung dieses Bedarfs ist der öffentliche Bau von Wohnungen in schlichter Bauweise, die in öffentlicher Hand verbleiben und nur in absoluten Ausnahmefällen dauerhaft belegt werden. Die schlichte Bauweise ermöglicht eine Realisierung zu geringem Aufwand und ein gemindertes Risiko für aufwändige Sanierungsarbeiten. Sicherzustellen, dass diese Wohnungen unter dem Mindeststandard ausschließlich in öffentlicher Hand oder in überprüfbaren Institutionen existieren, ist unerlässlich, um zu verhindern, dass die Lockerung der Standards missbraucht wird. Die Stadt Kaiserslautern verfügt über knapp 300 solcher Wohnungen, die jedoch einen sehr niedrigen Standard haben; ohne eigene Warmwasseranschlüsse, Duschen oder Toiletten33. Ob ein solch niedriger Standard notwendig ist; ob dieser Standard mit der Definition der Menschenwürde vereinbar ist, sollte noch diskutiert werden. Nach dem Grundgesetz muss es jedoch prioritäre Aufgabe der öffentlichen Hand sein, unter jeden Umständen Wohnraum für jeden Menschen sicherzustellen. Das Bundesverfassungsgericht legte unter Bezugnahme auf das Sozialstaatsprinzip nach Art. 20 Abs. 1 GG, fest, der Passus „Die Würde des Menschen ist unantastbar.” aus Art. 1 GG gebe jedem Menschen das Anrecht auf „diejenigen materiellen Voraussetzungen [..], die für seine physische Existenz und für ein Mindestmaß an Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben unerlässlich sind”34 und schloss damit eine Wohnung ein. Schlichtwohnungen dürfen keine Lösung sein, um bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Die Möglichkeit günstigerer Bauformen bei Berücksichtigung der Mindeststandards wird im nächsten Unterkapitel behandelt. 5.4.3.2 Bezahlbarkeit trotz Mindeststandards Die qualitativen Anforderungen an Neubauten schließen eine Bezahlbarkeit für niedrige Einkommensklassen im herkömmlichen Wohnungsbau de facto aus. Kostendeckende Erstvermietungen (in den Ballungsräumen häufig bei 9-10 Euro/m²) gibt es ohne Förderung für diese Einkommensklassen i.d.R. nicht. Wohnungen dieser Preisklasse werden jedoch „für die Empfänger von Transferleistungen im Rahmen der Kosten zur Unterbringung in der Regel nicht übernommen” „und sind auch für übrige Wohnberechtigte in den unteren Einkommensgrenzen nicht erschwinglich”35. Es gibt vor diesem Hintergrund allerdings mehrere Ansätze, die Neubaukosten zu senken, die im Folgenden erläutert werden. Baba und Heising (2012) schlagen eine Lösung vor, die im Optimalfall keine Einschränkungen für den jeweiligen Mieter beinhaltet: Verfügt die Stadt über ein vielfältiges Portfolio an Wohnungen mit niedrigem Standard, die jeweils einen Fokus auf bestimmte Wohnqualitäten legen, kann der Mieter sich diejenige Wohnung aussuchen, die seinen
aktuelle Situation erfassen
öffentlicher Bau von Wohnungen
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architektonische Untersuchungen Modellprojekte Kasseler Solidarquote
Interessierte zusammenbringen
Öffentlichkeitsarbeit Beratung
Modellvorhaben
Ansprüchen entspricht und spart die (vormals pauschal eingerichteten) Standards ein, die für ihn keine Rolle spielen36. Diese Vielfalt gilt auch für die Lage in Kassel, wie bereits in Abschnitt 5.4.1.2 behandelt. Der Vorschlag greift auch die moralische Frage auf, ob es als sozial gerecht gelten kann, dass einkommensschwache Menschen nur Zugriff auf die Wohnungen haben, die keine Abnehmer mit höherem Einkommen finden. Sollte die Vergabe in einem Sozialstaat zumindest ebenso unabhängig vom Einkommen sein, wie das Einkommen vom gesellschaftlichen Mehrwert der Arbeit unabhängig ist? Sollten Menschen der unteren (und teils auch mittleren) Einkommensschicht also einen gewissen Umfang von Wahlmöglichkeiten haben, welche Wohnung sie beziehen wollen? Kassel kann auf dieser Ebene kein Recht schaffen, aber es kann ein Zeichen für soziale Gerechtigkeit setzen, indem es klar Position bezieht. Dazu sollte zum einen ein Vorstoß der städtischen Wohnungsgesellschaft gehören, die zu erwartenden Entwicklungen im Zuge der gerade beschlossenen Wohnungsbau-Offensive des Bundes mit architektonischen Untersuchungen zu o.g. bedarfsgerechten Mindeststandards zu verbinden und diese in Modellprojekten zu realisieren. Insbesondere unter dem Gesichtpunkt der Lagevielfalt sollte auch das bereits in Kapitel 5.3.1.1 erläuterte Instrument der „Kasseler Solidarquote”, die Festlegung eines Anteils an Sozialwohnungsbau in Wohnungsbauvorhaben, zur Erreichung dieses Ziels genutzt werden. Ehe die Stadt die Reduktion von Standards fördert, sollte die Möglichkeit erwogen werden, der Individualisierung mit der Umnutzung von Familienwohnungen zu Wohngemeinschaften zu begegnen. Entsprechende Events, z.B. städtische WG-Börsen, können hierzu interessierte Vermieter und Mieter zusammenbringen. Sie ermöglichen neben der Vermittlung auch die Abschätzung des Potentials gemeinschaftlicher Wohnformen. Bei erkennbarem Potential auf Angebotsseite sollte die Öffentlichkeitsarbeit verstärkt werden - immer in Zusammenarbeit mit dem Sozialamt und seinen Ansprachemöglichkeiten. Bei starker Nachfrage sollten zum einen potentielle Anbieter informiert, aber auch Beratung zur gemeinschaftlichen Schaffung selbstgenutzten Wohneigentums angeboten werden. Zuletzt sollte zur Diversifizierung des Wohnraumangebots oder im Fall besonders starker Nachfrage in Betracht gezogen werden, Modellvorhaben entweder durch die stadteigenen Gesellschaften selbst zu realisieren oder gegenüber Entwicklern anzuregen, die innovative Ansätze gemeinschaftlichen Wohnens umsetzen. Dazu sollten auch integrative Ansätze wie Mehrgenerationenwohnen oder Solidargemeinschaften gehören. Auch wenn solche Angebote nur für bestimmte Zielgruppen interessant sind, haben sie das Potential, den Wohnungsmarkt zu entlasten. Abseits der quantitativen Versorgung kommt ihnen jedoch auch die besondere Rolle zu, auch einen sozialen und damit psychischen Mehrwert erzielen zu können, indem sie die soziale Interaktion und den sozialen Zusammenhalt stärken. Ein weiteres Konzept, das auf Kostenreduktion abzielt, sind Mikrowohnungen. Das Konzept nutzt die Reduktion der Gesamtfläche, um auch bei hohem Quadratmeterpreis eine für den Grundbedarf ausgestattete Wohnung zu einem bezahlbaren Gesamtpreis anbieten zu können. Die Gefahr dabei ist, dass dies Vermietern die Möglichkeit gibt, den Quadratmeterpreis weit über den üblichen Wert zu erhöhen. Die Stadt Wien hat ein Programm aufgelegt, in dem sogenannte SMART-Wohnungen - tendenziell kleinere Wohnungen, aber für die uneingeschränkte Nutzung architektonisch konzeptionell optimiert und
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mit vollwertiger Ausstattung - im bezahlbaren Segment geschaffen werden. Mit einem Quadratmeterpreis von 7,50 € bei Realisierungskosten von maximal 60 € pro m² zeigt das Programm möglicherweise eine Lösung für die Wohnungsknappheit im bezahlbaren Segment auf.37 38 Die Gefahr der Mikrowohnungen ist, bei steigenden Ansprüchen - z.B. auf einem langfristig weniger angespannten Wohnungsmarkt oder bei steigendem Wohnflächenbedarf allgemein - als erste Wohnungen unattraktiv zu werden. Deshalb müssen solche Projekte umbauflexibel geplant werden, z.B. um sie langfristig zu größeren Wohnungen zusammenzulegen. Ein gutes Beispiel hierfür kann die geplante Unterkunft für Geflüchtete an der Bunsenstraße sein, die von der GWG als normale Wohnungen nachgenutzt werden sollen. Allerdings liegen die Realisierungskosten des Neubaus nach Angaben der HNA bei rund 2.800 € pro m² und damit bei über 4.000 % der für die SMART-Wohnungen angegebenen Kosten.39 Die Realisierung solcher Projekte sollte beworben und angestoßen werden, gleichzeitig aber von Anfang an von der Bauleitplanung begleitet werden, um den genannten Risiken vorzubeugen. Im Rahmen von Konzeptvergabeverfahren kann die optimale Umsetzung solcher Vorhaben gewährleistet werden. 5.4.3.3 Erhöhung der Transparenz beim PreisLeistungs-Verhältnis von Mietwohnungen
Öffentlichkeitsarbeit
neue Modelle fördern Bauleitplanung Konzeptvergabeverfahren
Der Mietwohnungsmarkt ist vermutlich einer der undurchsichtigsten Märkte überhaupt - ein Markt, der ausschließlich auf individuellen Angeboten von unzählbaren Anbietern basiert und dessen Produkte zu jedem Zeitpunkt zum größten Teil nicht als Angebote existieren, weshalb ihr Marktwert in einem größeren Umfang nicht verfügbar ist. Das Problem dieser Intransparenz ist, dass es keine klare Orientierung für den wirtschaftlichen Vergleichswert einer spezifischen Wohnung gibt. Das treibt Mieter potentiell in die Situation, einen deutlich höheren als den angemessenen Wert zu zahlen, denn Wohnen ist ein unverzichtbares Gut für jeden Menschen, dessen Wert für den Einzelnen im Regelfall keine Obergrenze hat. Das heißt, im Moment der Realisierung der Nachfrage muss das Angebot akzeptiert werden, das gerade zur Verfügung steht, egal zu welchem Preis. Bereits für Lebensmittel, die in der Regel in übersichtlicher Form und neben vielfältiger Konkurrenz erfassbar sind, wurde im Jahr 2008 eine Kennzeichnung zur Orientierung für Verbraucher (Produktampel) gefordert, weil der Aufwand, die Qualitäten zwischen den Produkten abzuwägen - in jenem Fall, wie gesund ein Produkt für den Körper ist - größer als angemessen eingeschätzt wurde. Laut Foodwatch hätten in Umfragen mehr als zwei Drittel der Deutschen die Einführung befürwortet, sie wurde jedoch von der Bundesregierung abgelehnt.40 Die Schwierigkeit, die angemessene Miete für eine Wohnung einer bestimmten Qualität zu ermitteln, wird auch durch einen zukünftig möglichen Mietspiegel, der nur die Wohnungsgröße und Lage einer Wohnung berücksichtigt, nur im Ansatz behoben. Die Entwicklung und Etablierung einer „Mietwohnungsampel”, also einer gestuften Kategorisierung von Mietangeboten, würde den Mietern die Orientierung auf dem Markt erleichtern und die Chancen erhöhen, eine Wohnung zu einem gerechten Preis zu finden. Dieses Instrument kann in Kassel eigenständig funktionieren, jedoch als Modellvorhaben für den Bund fungieren.
Mietwohnungsampel
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Gesetz verabschieden
Die Zertifizierung bietet eine Möglichkeit, den Vermarktungswert von Wohnungen in für den Verbraucher erfassbaren Klassen zu kategorisieren. Ein solches Instrument müsste zum einen der Komplexität der Anforderungen an den Markt mit einer nicht-pauschalen Berücksichtigung von Wohnwerten gerecht werden. Weiterhin wäre der Wert der Lage einer Wohnung separat zu erfassen und die Bewertung ausschließlich auf Aspekte wie Modernität, Ausstattung und Sanierungsstand zu beziehen. Als Rechtsgrundlage einer solchen Zertifizierung müsste die öffentliche Hand ein Gesetz verabschieden, das die Eigentümer jeder Mietwohnung verpflichtet, in einem Rhythmus, der eine gewisse Aktualität gewährleistet, z.B. fünf Jahre, einen Gutachter zu beauftragen, der u.a. Wartungsstand und Modernität der technischen Ausstattung, die Feuchtigkeit der Wände oder die Lärmbelastung erhebt. Außerdem muss sichergestellt werden, dass der Mieter vor Unterzeichnung des Mietvertrags Einsicht in die Zertifizierung erhält. Das Gutachterverfahren der Zertifizierung würde die Umsetzung der Mindeststandards aus Kapitel 5.4.6.1 massiv unterstützen. 5.4.3.4 Garantie für Versorgung(-sgerechtigkeit) auch in einkommensschwachen und stigmatisierten Gebieten Einige Gebiete in Kassel sind infrastrukturell unterversorgt. Das ist insbesondere dann problematisch, wenn dort vorwiegend Einkommensschwache wohnen, deren Mobilität ohnehin eingeschränkt ist. Aus der Mitte des Stadtteils Fasanenhof z.B., im niedrigpreisigen Geschosswohnungsbau, müssen Senioren rund 800 Meter bis zum nächsten Nahversorger laufen.
Versorgungsmonitoring Bauleitplanung städtebauliche Verträge
Die Stadt sollte untersuchen, an welchen strategischen Punkten für bisher unterversorgte Gebiete Baurecht für Versorgungseinrichtungen geschaffen werden kann. Diese Punkte sollten jedoch der Zentrenentwicklung möglichst nicht widersprechen. Außerdem sollten in Gebieten, die laut dem Potentialkataster (s. Kapitel 5.2.1.2) un- oder unterversorgt sind, nur Baugenehmigungen für Wohnungsbau im unteren und mittleren Preissegment erteilt bzw. dort nur entsprechende Flächen ausgewiesen werden, wenn das Vorhaben mit einer Anpassung der Versorgungsinfrastruktur einhergeht. Diese kann über städtebauliche Verträge vom Entwickler oder im Vorfeld des Bauvorhabens privat auf einer hierfür ausgewiesenen Fläche realisiert werden. Die bevorzugte Behandlung und Förderung von Vorhaben der Nachverdichtung und Innenentwicklung sollte zudem erwogen werden, da sie die Auslastung von Infrastruktureinrichtungen unterstützen und Potential für deren räumliche Ergänzung schaffen würde. (s. Kapitel 5.2.1)
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Endnoten: vgl. Roskamm 2013: 30-31
1 2
vgl. MBWSV NRW 2015: 27-28 vgl. Holm 2012: 673
3 4
vgl. Friedrich 2008: 54-56 5
6
vgl. Roskamm 2013: 31
vgl. MBWSV NRW 2015: 29 7
vgl. Vogelpohl 2013: 14
8
vgl. Stadt Kassel 2015c
9
vgl. Häußermann 2008 10
11
Häußermann 2008
vgl. Hilmar v. Lojewski 2013: 178 12 13
14
vgl. Schäfer 2014: 91
vgl. Dangschat 2008: 130
15 16
vgl. Müller/Rohr-Zänker 1998: 47 vgl. Nolde 2010: 44
17
18 19
vgl. Keller 2015
vgl. Dangschat 2008:129
vgl. Keller 2015
vgl. Planungsgruppe Stadtbüro 2009 vgl. Aiyar et al. 2016: 4
20
21
vgl. Friedrich 2015: 44
22
vgl. Wendel 2015: 61 23
24
vgl. Cremer 2014: 6
vgl. Stadt Kassel 2016c 25
26
vgl. Schwarz 2016
Stadt Kassel 2014b: 24 27 28
29
z.B. AG Schöneberg 1997 30 31
§ 536b BGB
Neuhäuser 2015
32 33
§§ 42 & 43 HBO
Stadt Kaiserslautern 2015 34 35
36
BGH 1991
z.B. LG Kassel 1987
BVerfG 2010
Selle 2012: 35f
vgl. Baba & Heising 2011: 529 37 38
SPÖ Wien 2012
Stadt Wien 2012 39
40
Rudolph 2016
Foodwatch 2009
5.5 Klimaschutz in der Wohnraumentwicklung Mit dem Voranschreiten des Klimawandels wird der Schutz des Klimas immer bedeutsamer. Klimaschutzaspekte werden auch durch das Thema Wohnen berührt – sei es im Bereich des Energieverbrauchs von Gebäuden, der vor allem durch die Wärmeversorgung verursacht wird oder im Konflikt zwischen Wohnbebauung und dem Erhalt von Freiräumen.Eine einfache Methode, die dem Klimaschutz in der Wohnraumentwicklung zuträglich wäre, ist die Verringerung bzw. Vermeidung eines weiteren Wohnraumverbrauchs pro Person. Vor allem die Thematik, dass viele ältere Menschen in Einfamilienhäusern wohnen, korreliert mit dem Thema Klimaschutz, da bei einer hohen Wohnfläche der Energieverbauch pro Person ebenso hoch ist. Eine Verringerung des Wohnraumverbrauchs steht auch im Einklang mit Wohnraumknappheit und dem Handlungsfeld Freiraumschutz. Generell sollte der Handlungsschwerpunkt im Bereich Klimaschutz in der Bestandsentwicklung liegen, da sich hier die meisten Klimaschutzpotentiale verbergen. Neubauten weisen dahingegen durch Auflagen wie der Energieeinsparverordnung (EnEV) einen hohen energetischen Standard auf. Die Gebäudeeffizienz v.a. von Bestandsbauten ist folglich ein bedeutendes Handlungsfeld.
5.5.1 Gebäudeeffizienz Um dem Klimawandel entgegen zu wirken und klimapolitische Ziele zukünftig zu erreichen, ist die Steigerung der Gebäudeeffizienz von wesentlicher Bedeutung. Allein 40 % des Gesamtenergieverbrauchs entfallen in Deutschland auf den Gebäudesektor.1 Das hohe Energieeinsparpotential im Gebäudesektor wird somit deutlich und kann durch die Effizienzsteigerung des Gebäudebestands ausgeschöpft werden. Leitziel im Thema Gebäudeeffizienz sollte eine deutliche Steigerung der jährlichen Rate der energetischen Gebäudesanierung sein. Darüber hinaus sollte der Gebäudeenergieverbrauch durch den Nutzer verringert werden, z.B. durch eine Stärkung des Umweltbewusstseins. Umweltschonende Energieträger zur Energieversorgung sind ein weiteres Ziel sowie die Minimierung des Energie- und Materialverbrauchs im Bausektor. Ein Thema was in Bezug auf Klimaschutz in der Wohnraumentwicklung mitbedacht werden muss, ist die Sozialverträglichkeit. Diese ist mit der energetischen Sanierung und der Steigerung der Gebäudeeffizienz eng verbunden, bedingt durch steigende Baukosten und Mieten. Dabei gilt es zu ermitteln, ob sich trotz einer energetischen Sanierung die Mieten in einem sozialverträglichen Niveau halten lassen und von welchem Mietniveau die Rede ist. Wie lassen sich die Sanierungsmaßnahmen finanzieren? Gibt es ausreichend Fördermöglichkeiten, die die Stadt bei der Umsetzung einer energetischen Entwicklung unterstützen? Gibt es Wege, Fördermittel der KfW mit der sozialen Wohnraumförderung zu kombinieren? Ist eine wirtschaftliche Umsetzung möglich? Diese Fragestellungen sollten mit berücksichtigt werden, um den Klimaschutz nicht bedingungslos vorantreiben zu wollen. Ein Diskussionspunkt in diesem Zusammenhang ist das Aussetzen der EnEV. Darin wird der Konflikt zwischen bezahlbarem Wohnen und dem Klimaschutz deutlich. Um die Sozialverträglichkeit zu wahren, könnte je nach “Dringlichkeit” der Situation und bei großem Bedarf nach bezahlbarem Wohnraum über eine zeitweise Einschränkung der EnEV nachgedacht werden. Der erhöhte Anspruch an die Energieeffizienz
143 von Neubauten führt begleitend zu steigenden Mietpreisen. Jedoch ist es zu bezweifeln, dass eine Aussetzung der EnEV zu einer rascheren Errichtung von Wohnungen führt und ebenso wenig den Druck von den Wohnungsmärkten nimmt. Hierbei würden insbesondere Investoren durch sinkende Baukosten profi tieren, was in Zeiten angespannter Wohnungsmärkte nicht zwangsläufi g an Mieter oder Eigentümer weitergegeben würde. Die Signalwirkung einer solchen Maßnahme, bezüglich klimapolitischer Ziele, ist zudem wenig positiv einzuschätzen. Darüber hinaus würden sich die langfristigen Folgekosten für Mieter und Eigentümer erhöhen und weder zuträglich für den Klimaschutz noch für die Sozialverträglichkeit wirken.2 Um den Klimaschutz in der Wohnraumentwicklung hinsichtlich der Gebäudeeffi zienz voran zu treiben, sind die nachfolgenden Ziele formuliert worden.
5.5.1.1 Deutliche Steigerung der jährlichen Rate energetischer Gebäudesanierung Die energetische Sanierung des Gebäudebestands ist laut Energiekonzept der Bundesregierung der zentrale Aspekt zur Umsetzung der Klimaschutzziele und einer modernisierten Energieversorgung.3 Betrachtet man Abbildung 062, so wird deutlich, dass dies auch auf Kassel zutrifft. Die Sektoren Wohnen und Unternehmen, also der Großteil des Gebäudebestands, haben zusammen einen Gesamtendenergiebedarf von 77 %. Folglich besitzen diese Sektoren auch die größten Einsparpotentiale.
Abb. 062: Gesamtendenergiebedarf in Kassel nach Sektoren (eigene Darstellung nach Stadt Kassel 2012: 13)
Wohnen Unternehmen Mobilität Öfftl. Gebäude 1 Symbol = 1 Prozent
144
Auch Abbildung 063 verdeutlicht das hohe Effi zienzpotential im Gebäudesektor. Durch die Sanierung der Wohn- und Nicht-Wohngebäude Kassels ergibt sich zusammen ein Potential zur Wärmegewinnung von 55 % des Gesamtwärmebedarfs. Wärmegewinnung ist in diesem Fall im Sinne der Einsparung zu verstehen, da weniger Wärme verbraucht wird. Mit 67 % am Gesamtbestand wurde der Großteil der Gebäude in Kassel vor 1970 und somit noch vor der ersten Wärmeschutzverordnung von 1977 errichtet (s. Abb. 064). Diese schrieb erste bauliche Anforderungen an den Wärmeschutz bei Neubauten fest, um den Energiebedarf zu verringern. Gebäude, die vor 1977 errichtet wurden und keine energetische Ertüchtigung aufweisen, haben demnach u.U. einen erhöhten Energiebedarf und folglich auch ein großes Energieeinsparpotential.4
Abb. 063: Gesamtwärmebedarf und Effi zienzpotential im Gebäudebereich (eigene Darstellung nach Stadt Kassel 2012: 13)
Gesamtwärmebedarf
Geothermie 1 %
Austausch Heizkessel 13 %
13,6 %
Wohngebäude 27 %
Solarthermie 3 %
Biomasse 2 %
Betrachtet man abschließend noch den Gebäudebestand Kassels nach Typologien, haben hier die freistehenden Gebäude mit 43 % am gesamten Bestand den höchsten Anteil. Zusammenfassend lässt sich für die Stadt festhalten, dass ein Großteil der Gebäude vor der ersten Wärmeschutzverordnung errichtet wurde und aus freistehenden Gebäudetypen besteht, die einen vergleichsweise hohen Energiebedarf aufweisen. Das große Energieeinsparpotential, das sich im Gebäudebestand verbirgt, gilt es demnach durch die energetische Sanierung auszuschöpfen. Das Ziel ist es, die jährliche Sanierungsrate deutlich zu steigern.
Abb. 064: Gebäudealter im Gesamtbestand Kassels (eigene Darstellung nach Stadt Kassel 2012: 13)
29,5 %
Nicht-Wohngebäude 28 %
vor 1950
nach 1990
1950 - 1969
37,5 %
1970 - 1989
19,4 %
erst ab1977 Wärmeschutzverordnung
145
43 % (14.364)
35 % (10.986)
Die Umsetzung dieses Ziels sollte von allen relevanten Akteuren aus Politik, Handwerk, Beratung und Bau- und Immobilienbranche, die maßgeblich an der energetischen Sanierung mitwirken, forciert werden. Eine Stärkung der Kooperation im Bereich Energetische Sanierung sollte dazu dienen, dass diese Akteure vermehrt zusammen arbeiten und sich über ihre jeweiligen Erfahrungen aus dem Themenfeld austauschen und davon profi tieren. Darüber hinaus sollte gemeinsam das Vorgehen zum Erreichen der angestrebten Sanierungsrate abgesprochen werden, um keine gegensätzlichen Ziele zu verfolgen. Zu den Kooperationspartnern zählen bereits u.a. die Stadt Kassel, der Landkreis Kassel, die städtische Handwerkskammer sowie Energieversorger und -berater. Um konkrete Sanierungsmaßnahmen verorten zu können, sollte ein Kataster aller Energieeinsparpotentiale erstellt werden. Das Kataster ist als Analyseinstrument zu verstehen, auf dessen Grundlage energetische Quartierskonzepte als Planungs- und Handlungsgrundlage für quartiersbezogene Sanierungsmaßnahmen erstellt werden. Es gibt einen Überblick über alle Quartiere im Stadtgebiet und deren jeweilige energetische Eigenschaften. Somit lassen sich Gebiete identifi zieren, die ein besonders hohes Energieeinsparpotential aufweisen und in denen sich energetische Sanierungen effi zient durchführen lassen. Insgesamt dient das Kataster dazu, räumliche Handlungsschwerpunkte aus der Gesamtübersicht abzuleiten. Um das Kataster zu erstellen, ist für den Gesamtraum Kassel eine ausführliche Bestandsaufnahme auf der Quartiersebene zum Energiebedarf und -verbrauch in Bezug auf Energieträger, Verbrauchergruppen und Gebäudetypen erforderlich. Grundlage können hierbei die Daten von Energieunternehmen sowie Wärmebilder basierend auf der Baustruktur sein, die Aufschluss über die einzelnen Verbrauchswerte und Gebäude hinsichtlich ihrer energetischen Eigenschaften geben. Dabei ist zu bedenken, dass die Auswertung der Informationen datenschutzrechtlich vertretbar gehandhabt werden sollte. Generell sollte der Fokus vor allem auf sanierungsbedürftige Einfamilienhausbestände gelegt werden. Allerdings ist das Einsparpotential in diesen Beständen aufgrund der Vielzahl privater Eigentümer – diese stellen in Kassel den größten Anteil am Wohnungsmarkt dar – und ihrer
20 % (6.453)
Abb. 065: Anteil der Typologie am Gesamtbestand Kassels (eigene Darstellung nach Stadt Kassel 2015b: 6)
Stärkung der Kooperation im Bereich energetischer Sanierung
Kataster aller Energieeinsparpotentiale
146 Animierung von Privateigentümern zur Modernisierung des Bestandes
unterschiedlichen Interessen oft schwer zu mobilisieren. Der Einsatz von Sanierungsmanagern um die privaten Eigentümer zu aktivieren, ist folglich essentieller Bestandteil, um das Ziel der Steigerung der Sanierungsquote zu erreichen. Dabei sollte genau abgewogen werden, in welchen Quartieren der Sanierungsmanager zum Einsatz kommt. In Gebieten mit hauptsächlich älterer Bevölkerung beispielsweise ist der Einsatz weniger sinnvoll. Ältere Bewohner sehen auf Grund ihres fortgeschrittenen Alters häufig keinen Anreiz, noch große Investitionssummen für ihr Gebäude aufzubringen. Viele der Bewohner sind über 50 Jahre alt und so wird mittel- bis langfristig ein Generationenwechsel stattfinden, bei dem die Bestandsgebäude, welche häufig relativ klein sind, oftmals größeren Neubauten weichen. In Kassel wird im Pilotprojekt „Südlicher Eichwald“ ein Sanierungsmanager eingesetzt, der zur Aktivierung der derzeitigen Eigentümer beitragen und im Falle der Sanierungstätigkeit begleitend mitwirken soll. Sein Tätigkeitsfeld ist auf das jeweilige Projektgebiet spezialisiert, wodurch ein enges Verhältnis zwischen Eigentümern und der Stadt entstehen soll. Es werden dabei die Themenfelder der Gebäudesanierung, Wärmeversorgung, Strom, erneuerbare Energien und die Mobilität angesprochen. Die im Projektgebiet gewonnen Erkenntnisse sind exemplarisch für Kassel und die vorgefundene Typologie der Ein- und Mehrfamilienhäuser. Die erzielten Ergebnisse sind auszuwerten und letztlich ist die Übertragbarkeit sowohl auf ähnliche Quartiere in Kassel, als auch auf Modernisierungs- und Anpassungsmaßnahmen zu prüfen.
Öffentlichkeitsarbeit Online-Plattform „E-Wiki“
Um Eigentümer zusätzlich für eine energetische Sanierung zu sensibilisieren und Hemmschwellen abzubauen, sollte neben Öffentlichkeitsarbeit die Online-Plattform “E-Wiki” dienen. Diese Plattform ist bundesweit denkbar und vereint sämtliche relevante Daten zu den Themen Klimaschutz und Energetische Gebäudesanierung, die für eine Ertüchtigung der Bausubstanz relevant sind. Dies umfasst zum Beispiel Informationen zu Gebäudealtersklassen und deren Energiebedarfen, wie auch eine Übersicht aller Förderprogramme, die für eine energetische Sanierung in Betracht kommen. Mit Hilfe eines Berechnungstools, in das Hauseigentümer ihre individuellen Gebäudedaten eingeben können, werden Einsparpotentiale kalkuliert und geeignete Förderprogramme vorgeschlagen. Darüber hinaus sollen Förderprogramme mit ihren Richtlinien und Finanzierungsmodellen leicht verständlich erklärt werden. Werden energetische Sanierungsmaßnahmen durchgeführt, sollten diese insgesamt auch quartiersübergreifend betrachtet werden, um mögliche Synergieeffekte nutzen zu können.
5.5.1.2 Verringerung des Gebäudeenergieverbrauchs durch die Nutzer Neben der Gebäudeeffizienz an sich ergibt sich ein hohes Energieeinsparpotential auch durch die bewusste Verwendung der Ressourcen durch den Nutzer. Der Energieverbrauch in privaten Haushalten und kommunalen Liegenschaften setzt sich aus dem Wärmebedarf und dem elektrischen Energiebedarf zusammen und entspricht in etwa 1/3 des Gesamtenergieverbrauchs in Kassel.5
147 5.5.1.3 Energieversorgung durch umweltschonende Energieträger Ein Großteil des Gesamtendenergiebedarfs Kassels entfällt auf den Sektor Wohnen. Vor allem für die Wärmeversorgung werden große Energiemengen benötigt. Die energetische Sanierung von Gebäuden, damit diese weniger Energie bedürfen und die Schaffung von Umweltbewusstsein beim Bewohner, damit dieser weniger Energie verbraucht, zeigen zwei Strategien für ein umweltfreundlicheres Wohnen. Die Energieeinsparung ist folglich ein wichtiges Ziel für einen effizienten Klimaschutz. Um den übrigen Energiebedarf effizient und klimafreundlich decken zu können, sollte – als weiteres Ziel – die Energieversorgung durch umweltschonende Energieträger hergestellt werden. Dafür eignen sich vor allem quartiersbezogene Energieversorgungssysteme. Ein Beispiel hierfür sind Blockheizkraftwerke oder auch Photovoltaikanlagen, mit denen sich die Energie am Ort des Verbrauchs erzeugen lässt und somit Wärmeverluste durch lange Übertragungswege vermieden werden. Regenerative Energieträger sollten dabei in bestehende Versorgungsnetze integriert werden, um diese klimaschonender zu gestalten. Ein wichtiges Instrument dafür bildet die Aufstellung quartiersbezogener Energieversorgungskonzepte.
quartiersbezogene Energieversorgungskonzepte
5.5.1.4 Minimierung von Energie- und Materialverbrauch im Bausektor Der Bedarf an Rohstoffen ist von allen produzierenden Branchen im Bauwesen am höchsten. Hier sind die Materialströme besonders groß. Jährlich werden in Deutschland ca. 550 Mio. Tonnen mineralische Baustoffe (z.B. Beton, Stahl, Glas, Naturstein) verbaut. Dabei ist vor allem die Verwendung von Beton klimaschädlich, weil bei der Herstellung des Zements hohe Mengen an Kohlendioxid freigesetzt werden.6 Der hohe Rohstoffbedarf bedeutet allerdings gleichzeitig, dass viel Potential besteht, um die Ressourceneffizienz zu steigern und die erheblichen Stoffströme im Bauwesen zu reduzieren. Insgesamt ergibt sich daraus das Ziel, den Energie- und Materialverbrauch im Bausektor zu minimieren. Die Potentiale zur Minimierung liegen dabei in allen Lebensphasen eines Bauwerks, angefangen bei der Planung, über die Errichtung, sowie Nutzung bis hin zum Rückbau bzw. Recycling der Baustoffe.7 Auch die Bauprodukte-Verordnung (BauPVO) formuliert als eine der Grundanforderungen, Neubauten so zu errichten, dass eine Wiederverwendung der natürlichen Materialien nach dem Rückbau ermöglicht wird. Zusätzlich ist es ein erklärtes Ziel der Nationalen Nachhaltigkeitsstrategie, die Rohstoffproduktivität bis 2020 (im Vergleich zu 1994) zu verdoppeln. Das bedeutet z.B., dass weniger Rohstoffe eingesetzt werden trotz gleichbleibender bzw. steigender wirtschaftlicher Leistung.8 Eine Möglichkeit, die Rohstoffproduktivität zu steigern und den Materialverbrauch im Bausektor zu verringern, ist das Recycling von Baustoffen. Für diesen Zweck sollte ein Building Information Modeling (BIM) etabliert werden. Das BIM ist eine Methode, bei der alle Daten eines Gebäudes während dessen gesamten Lebenszyklus‘ gesammelt und verwaltet werden. Das Ziel ist es, eine Informationsdatenbank zu dem jeweiligen Gebäude zu erstellen, die einen effizienten Rückbau ermöglicht und das Recycling der verbauten Materialien erleichtert und optimiert. Zu diesen Informationen zählen u.a. die Rohstoffe, die beim Bau eingesetzt wurden und Dokumentationen zu Veränderungen, die am Gebäude im Verlauf seiner Nutzung vorgenommen wurden. Der Vorteil, den das BIM somit bietet, ist die Verfügbarkeit aller Informationen, die für einen effizienten Rückbau oder Recycling erforderlich sind.
Building Information Modeling
148 So lässt sich vorab einschätzen, welche Baustoffe recycelt werden können und welche Gegebenheiten man beim jeweiligen Rückbau vorfinden wird. Notwendige Informationen werden also nicht erst während der Sanierung bzw. des Rückbaus zu Tage gefördert, wodurch sich Zeit und Kosten sparen lassen. Die Vorgehensweise lässt sich somit besser planen und Entscheidungen können vorher getroffen werden. Das Building Information Modeling erstellt dabei ein virtuelles Modell auf CAD-Basis, welches die physikalischen und funktionalen Eigenschaften des Bauwerks abbildet. Das BIM kommt in allen Phasen des Lebenszyklus‘ vom Gebäude zum Einsatz, von der Planungs-, über die Nutzungs- und Rückbauphase. Zu den Nutzern des BIM zählen alle Akteure, die an der Bauausführung beteiligt sind, wie z.B. das Bauamt der Stadtverwaltung oder Architekten, Fachplaner und Bauherren. Die Baubehörde ist für die Sicherstellung der einheitlichen und vollständigen Dateneingabe verantwortlich sowie für die Verwaltung des BIM. Die Daten werden jeweils mit Erteilung der Baugenehmigung eingegeben und nach Abschluss des Bauvorhabens auf ihre Vollständigkeit überprüft sowie bei Änderungen am Gebäude ergänzt. Dabei sollte die Nutzung des BIM den Bauherren seitens der Baubehörde aufgelegt werden. Die gesammelten Informationen im BIM können von der Baubehörde auf Anfrage zur Verfügung gestellt werden. Die Finanzierung des BIM sollte vom BMUB gefördert und ansonsten von der Stadtverwaltung getragen werden. Verwendung klimaschonender Baumaterialien
Eine weitere Möglichkeit, den Energie- und Materialverbrauch im Bausektor zu senken, ist die Verwendung klimaschonender Baumaterialien. Durch die Verwendung solcher Materialien für Neubau- und Sanierungsmaßnahmen könnte der Bausektor aktiv einen Beitrag zu den klimapolitischen Zielen Kassels leisten. Klimaschutz und Wohnungspolitik würden v.a. im Neubausektor besser miteinander verzahnt. Dazu sollten ressourcenintensive verstärkt durch ressourcenschonende oder nachwachsende Baustoffe, wie z.B. Holz ersetzt werden. Auch wenn die Ziegelbauweise in Deutschland das Bauwesen dominiert, ist im Bereich des Holzbaus noch Potential, das ausgeschöpft werden kann. Ein anderes Beispiel ist die Lehmbauweise. Lehm ist vollständig recycelbar und eignet sich dafür, anstelle von Zement eingesetzt zu werden. Lehm als Baustoff wird häufig mit Holz kombiniert. Darüber hinaus sollten Baumaterialien aus der Region bezogen werden, um Transportwege zu verringern und dadurch CO2 einzusparen. Gerade die mineralischen Rohstoffe wie Kies, Sand, Naturstein, Kalk und Ton kann Deutschland aus eigenen Vorkommen beziehen und ist nicht auf Importe angewiesen. Kurze Transportwege bieten sich folglich an. Die hohen Kosten dieser Baustoffe wirken allerdings hemmend auf deren Verwendung. Hier sollten Stadt und öffentliche Wohnungsgesellschaften mit gutem Beispiel voran gehen und sich selbst dazu verpflichten, diese Baustoffe einzusetzen, um die Baubranche in Kassel für eine Verwendung der klimafreundlichen Baumaterialien zu sensibilisieren.
Einsatz eines modularen Baukastensystems für Neubauten
Die Ressourceneffizienz im Bausektor ließe sich als weitere Möglichkeit durch den Einsatz eines modularen Baukastensystems für Neubauten steigern. Dieses System ist dabei als radikaler Ansatz zu verstehen und soll ermöglichen, Gebäude aus modularen Bauteilen zu errichten. Einheitliche Bauteile ermöglichen eine vereinfachte und schnelle Produktion. Das Zusammenfügen der einzelnen Elemente erfolgt nicht wie herkömmlich über eine Fugenverbindung durch Mörtel, sondern durch Trockenfügung durch Vorspannung, Klipsen oder Kletten. Zum einen wird dadurch die Errichtung
149 beschleunigt und zum anderen die Demontage erleichtert, sodass die Wiederverwertung aller verbauten Materialien gewährleistet wird. Durch den Einsatz eines modularen Baukastensystems können Neubauten schneller errichtet werden als Gebäude nach herkömmlichen Maßstäben. Die modularen Bauteile könnten allerdings zu Einschränkungen in baukultureller oder ästhetischer Hinsicht führen, weshalb sich dieses Instrument erst bei einer starken Anspannung des Wohnungsmarkts (Szenario 3) empfiehlt. Darüber hinaus sollte dieses Instrument nicht nur im Kontext des Klimaschutzes, sondern auch des bezahlbaren Wohnens (Senkung der Baukosten) gesehen werden.
5.5.2 Freiraumschutz Bei verstärkten Urbanisierungstrends und resultierenden Wohnungsengpässen ist die sparsame Flächeninanspruchnahme für eine lebenswerte Stadt von essentieller Bedeutung. Die entstehenden Flächenkonkurrenzen sollten nicht zu Lasten des Freiraums gehen, um die Lebens- und Wohnqualität sichern zu können. Der Schutz des Freiraums spiegelt zum einen das aktuelle Leitbild „Innen- vor Außenentwicklung“ wieder, zum anderen werden bedeutende stadtklimatische Funktionen erfüllt. Der Freiraumschutz wird grundsätzlich über eine nachhaltige Flächeninanspruchnahme gewährleistet. Damit einhergehend, ist das Thema des Flächenmanagements ein wichtiger Faktor für die Erreichung des Freiraumschutzes. Hierfür werden Instrumente eingesetzt, um beispielsweise regionale Grünzüge zu schützen und der Ausdehnung des Siedlungsraumes klare Grenzen aufzuzeigen, sei es über Obergrenzen der Flächeninanspruchnahme oder die gezielte Ausrichtung auf ein stadtentwicklungspolitisches Leitbild.
5.5.2.1 Nachhaltige Flächeninanspruchnahme In der Natur der Fläche liegt selbstredend ihre ökologische Funktion. Urbanes Grün liefert die Kompensation zum bebauten Umfeld und sorgt für die Frischluftentstehung, ökologische Vielfalt und schafft speziell für den Wärmeinseleffekt in Großstädten dringend benötigte Kaltluftgebiete.9 In diesem Kontext sind die bundespolitischen Ziele im Koalitionsvertrag formuliert: „Die Förderung einer nachhaltigen Entwicklung ist grundlegendes Ziel und Maßstab des Regierungshandelns [...]“.10 Dabei werden diverse Unterthemen miteingeschlossen, wie die Aspekte der Gesundheit, des verbesserten Stadtklimas und die Eindämmung des Klimawandels. Das Hauptziel ist die Reduzierung der Flächeninanspruchnahme auf das tägliche Maß von 30 ha. Aktuell werden bundesweit täglich durchschnittlich 69 ha als Siedlungs- und Verkehrsflächen neu ausgewiesen.11 Dabei lassen sich mehrere Teilziele mit dem Freiraumschutz verbinden. Die Reduzierung der Flächeninanspruchnahme leitet zum derzeitigen Leitbild der Innenentwicklung vor Außenentwicklung (im Verhältnis 3:1) über und führt zur verstärkten Betrachtung bereits genutzter Flächen, anstelle neue auszuweisen. Weitergehend könnte eine Verankerung von Obergrenzen für weitere Flächenausweisungen als verpflichtendes Ziel, sowie einheitlicher methodischer Vorgaben für die Ermittlung des Flächenbedarfs, positiv wirken.12 Die Streichung von § 3 BauNVO „Reine Baugebiete“ führte zusätzlich zu geringeren Flächenausweisungen und bestärkt eine urbane Vielfalt, durch Mischung von Nutzungen.13 Dies bietet folglich eine große Chance für die Stadtentwicklung, da
kommunale Obergrenzen für Flächenausweisungen
150 somit eine konsequentere und zielgerichtetere Innenentwicklung praktiziert werden kann. Die steigende Wohnfläche pro Kopf sollte durch die sich ändernden Lebensstile nicht auf Kosten des Freiraums geschehen. Die Flächenkonkurrenzen zwischen Baubedarfsflächen, aufgrund des angespannten Wohnungsmarktes und dem Freiraumschutz sind ein Resultat dieser Entwicklung.
Festsetzung im Flächennutzungsplan nach § 5 Abs. 10 BauGB
In Kassel könnten diese Prinzipien umgesetzt werden, indem sich die Stadt verstärkt auf das Leitbild der Innenentwicklung fokussiert und somit verstärkt deren Potentiale ausschöpft. So sollten nach Möglichkeit keine Außenbereichsflächen in Anspruch genommen werden, so lange noch realistisch mobilisierbare und für die Struktur der Nachfrage gut geeignete Potentiale im Innenbereich zur Verfügung stehen. Explizite Festsetzungen im Regionalplan und Flächennutzungsplan sind bei der Umsetzung förderlich. Folglich könnte der Außenbereich nur in Härtefällen baulich in Anspruch genommen werden und würde hauptsächlich seine naturräumlichen Funktionen erfüllen.
151
Endnoten: 1
2
vgl. BUND o.J.
vgl. Deutsche Umwelthilfe e.V. 2015 3
vgl. BMWi & BMU 2010: 22 4 5
6
9
vgl. BMVBS 2012: 18 f.
vgl. Stadt Kassel 2012: 10
vgl. Kaiser, Kraus 2015: 7 ff.
12
vgl. ebd.
8
vgl. ebd.
vgl. Grünbuch Stadtgrün 2015: 14 10
11
7
vgl. ebd.: 10
vgl. BMUB Flächenverbrauch 2015
vgl. Arbeitsgemeindschaft Bodenschutz 2012 13
vgl. ebd.
6.Strategien fĂźr den Kasseler Wohnungsmarkt
6.Strategien für den Kasseler Wohnungsmarkt Die in Kapitel 5 aufgestellten Ziele sind Teil einer übergeordneten Strategie, die sich aus der Entwicklung des Wohnungsmarktes ableitet und flexibel auf diese reagieren kann. Dem Leitsatz “Innen- vor Außenentwicklung” folgend, ist Ihre genaue Ausprägung daher abhängig von den in Kapitel 2 vorgestellten Entwicklungsszenarien. Die Umsetzung erfolgt entsprechend in mehreren Stufen.
6. Strategien für den Kasseler Wohnungsmarkt Ziel dieses abschließenden Kapitels ist es, die Aussagen aus der Potentialanalyse in Kapitel 4 und die Bausteine aus Kapitel 5 miteinander zu verknüpfen und daraus Strategiebündel für die Kasseler Stadtentwicklung abzuleiten. Dabei wird einer zentralen Folgerung aus der Analyse und Prognose Rechnung getragen: Wenngleich der Wohnungsmarkt in Kassel derzeit deutliche Zeichen von Anspannung zeigt, lässt sich die mittel- bis langfristige Entwicklung nur sehr schwer vorhersagen. Daher wäre jede von eindeutig fixierten Prognosedaten ausgehende Strategie vorschnell und hätte das Risiko, mit den avisierten Maßnahmen entweder große Leerstände (Überschätzung der Nachfrageentwicklung) oder stark steigende Preise (Unterschätzung der Nachfrageentwicklung) zu verursachen. Da eine „richtige“ Antwort auf dieses Dilemma nicht gegeben werden kann, schlagen wir eine flexible Strategie vor, die je nach künftiger Dynamik auf dem Kasseler Wohnungsmarkt im Hinblick auf den Grad des Instrumenteneinsatzes immer wieder angepasst werden kann. Dazu wird der Zugang über drei Szenarien hergestellt, die von verschiedenen Entwicklungen der Wohnraumnachfrage ausgehen. Inwieweit ein Szenario mit jeweiliger Strategie anzuwenden ist, sollte stadtgesellschaftlich diskutiert und auf der Ebene von Politik und Verwaltung entschieden werden.
Die Empfehlungen der Szenarien bauen dabei aufeinander auf und die jeweiligen Prioritäten können sich im Zeitverlauf verschieben. Erfahrungen mit Einzelprojekten und Herangehensweisen können dabei einbezogen werden. Die drei Szenarien gehen von unterschiedlichen Ausgangsbedingungen aus, die in den Kapiteln zur Analyse und Prognose der Situation in Kassel dargestellt wurden: 1. Das Szenario Stabilisierung geht von einer mittelfristig konstanten, jedoch langfristig sinkenden Einwohnerzahl aus. 2. Das Szenario Anspannung geht von einer langfristig leicht positiven Bevölkerungsentwicklung aus, die in Zusammenhang mit sich ändernden Wohnbedürfnissen einen gewissen Druck auf den Wohnungsmarkt ausübt. 3. Das Szenario Boom geht von einem langfristigen und spürbaren Bevölkerungswachstum aus, der sich an der gegenwärtig hohen Zuwachsrate der Stadt Kassel orientiert und dadurch eine starke Anspannung auf dem Wohnungsmarkt erzeugt. Die Szenarien Stabilisierung und Anspannung gehen einerseits von einer Deckung der jeweils vorhersehbaren Wohnungsnachfrage aus, sehen aber gleichzeitig Maßnahmen vor, die es möglich machen Vorsorge für eine Verschärfung der Situation auf dem Wohnungsmarkt zu treffen. Gleichzeitig werden in den Szenarien Anspannung und Boom Maßnahmen dargestellt, die Vorsorge für ein eventuelles Abklingen der Dynamik treffen. Entscheidet sich die Stadt für den Einstieg in die Umsetzung eines der drei Strategiebündel, so sollte jeweils nach etwa zwei bis vier Jahren im Rahmen einer allgemeinen Wohnungsmarktbeobachtung überprüft werden, ob die Voraussetzungen für das Strategiebündel weiterhin vorliegen. Ist eine weitere Verschärfung
155 festzustellen, kann „einen Gang hochgeschaltet werden“, weil die notwendigen Voraussetzungen dafür bereits geschaffen worden sind, lässt die Dynamik deutlich nach, kann wieder „heruntergeschaltet“ werden. Wenngleich das Geschehen auf dem Wohnungsmarkt nur mit Verzögerung auf sich verändernde Rahmenbedingungen - insbesondere auf stadtpolitische Weichenstellungen – reagiert und so eine unmittelbare Beeinflussung des Marktgeschehens nicht möglich ist, sollen mit einem derartigen Vorgehen wenigstens extreme Entwicklungen vermieden und „Schweinezyklen“ bis zu einem gewissen Grad abgemildert werden. Je nach Szenario passt sich der grundlegende Umgang mit bestimmten Themen und Aufgaben also an die jeweiligen Herausforderungen an. Die wesentlichen behandelten Handlungsschwerpunkte betreffen dabei: • Selbstverständnis des wohnungs- und stadtentwicklungspolitischen Handelns von Politik und Verwaltung; • Mobilisierung von Flächenmanagement;
Potentialen,
Baulandpolitik
und
• sozialräumliches Handeln und Bestandspolitik; • Innovationen und Modellprojekte. 6.1 Stabilisierung - Handlungsempfehlungen bei geringem Druck auf dem Wohnungsmarkt 6.1.1 Rahmenbedingungen Die allgemeine Versorgung mit Wohnraum ist weitestgehend gewährleistet; Angebot und Nachfrage verhalten sich zueinander im Grundsatz ausgeglichen. Lediglich durch die sinkenden Haushaltsgrößen ist quantitativ weiterhin mit einer gewissen neuen Nachfrage nach Wohnungen zu rechnen. Entscheidend für die Wohnungspolitik ist aber, dass die Struktur der Wohnungsnachfrage und des Wohnungsangebots nicht immer zusammenpassen – insbesondere, was die Standorte, die Wohnformen und teilweise auch die Wohnungsgrößen anbetrifft. Die Kosten für Neubau und Sanierung sind gleichbleibend hoch; Hierdurch entsteht ein Rückstand in Sanierung und Modernisierung von Gebäuden. Hinzu kommt der demografische Wandel, der langfristig eine Überalterung der Bevölkerung herbeiführt und durch sinkende Investitionsbereitschaft im Alter den Sanierungs- und Modernisierungsrückstand verstärkt. Zusätzlich zu diesen Problemstellungen entsteht durch den Generationenwechsel in bestimmten Quartieren zunehmend Handlungsbedarf. Die Gruppe der älteren Personen in Kassel wird zunächst deutlich größer werden, in absehbarer Zeit ist auch nicht mit einem vermehrten Zuzug junger Familien zu rechnen. Die Verjüngung einzelner Quartiere, besonders in Hinsicht auf sich wandelnde Wohnbedürfnisse, ist trotzdem eine maßgebliche Herausforderung, die begleitet werden muss, um Kassel als Wohnstandort für qualifizierte Fachkräfte und verschiedene andere Zielgruppen, wie kinderlose Paare mit hohem Einkommen oder Kreative und Urbaniten, attraktiv zu halten. Maßgeblich tragen die Sanierung von Gebäuden und eine aktive Innenentwicklung bei gleichzeitigem Flächenschutz, auch in enger Zusammenarbeit mit den Umlandgemeinden und dem ZRK, dazu bei. Um den Bedürfnissen der verschiedenen Zielgruppen vor dem Hintergrund des drastischen
156 Rückgangs an belegungsgebundenem Wohnraum gerecht zu werden, verlangt das Szenario auch nach einem Mindestmaß an sozialem Wohnungsbau auf leicht mobilisierbaren Flächen in möglichst vielfältigen Lagen. In Frage kommen beispielsweise Ergänzungen in gut angebundenen Siedlungen der öffentlichen Wohnungsunternehmen, aber auch wichtige Einzelgrundstücke. 6.1.2 Selbstverständnis von Politik und Verwaltung Kommunale Aufgaben konzentrieren sich auf die Setzung von Rahmenbedingungen, die Schaffung von Anreizen und vielfältige Kommunikationsansätze. Ein Eingreifen ist nur notwendig, um grundlegenden Anpassungsbedarf zu bedienen. Pilotprojekte fördern neu nachgefragte alternative Wohnformen und Bestandssanierungen. Die Stadt stößt Vorhaben an, fördert und bewirbt sie. Selbstlernend kann so in kleinem Maßstab ausprobiert werden, was in den anderen Szenarien ggf. in größerem Maßstab angewendet wird. Thematische Ansatzpunkte für Pilotprojekte sind u.a. günstiges Bauen (besonders im Hinblick auf temporäre Wohnmöglichkeiten und dezentrale Flüchtlingsunterkünfte), Verwendung klimaschonender Baumaterialien in Neubauprojekten und Bestandssanierung, alternative Wohnformen (besonders im Hinblick auf alternative Trägerformen, Generationenwohnen und Baugruppen) sowie die Entwicklung alternativer Nachverdichtungstypologien oder, in Quartieren, die mit einem Generationenwechsel konfrontiert sind, die Entwicklung neuer Grundrisse. Diese Projekte sind kleinmaßstäblich auf leicht mobilisierbaren Potentialflächen zu realisieren. Da wirtschaftlicher Druck fehlt, müssen Eigentümer von Gebäuden oder Grundstücken angeregt werden, Investitionen zu tätigen und nicht in komplette Untätigkeit zu verfallen. Hierzu braucht es politische Schritte, die einerseits auf den Weg gebracht und andererseits breit kommuniziert werden sollten. Zunächst gilt es für die Stadt, im Hinblick auf die erhobenen Flächenpotentiale (auch und vor allem in Kontakt mit privaten Eigentümern), Herausforderungen des Generationenwechsels, Vorteile horizontaler und vertikaler Nutzungsmischung sowie typologischer Alternativen zum Einfamilienhaus und alternativer Trägerformen bewusstseinsbildende Arbeit leisten. Darüber hinaus tragen Informations- und Beratungsangebote zu energetischer Sanierung und Modernisierung des Bestands, zu Nachverdichtungs- und Hinterlandbebauungsoptionen (vor allem bei freien Grundstücken ohne hohen Erschließungsaufwand), zu Neubaufinanzierung durch KfW-Förderprogramme in Verbindung mit sozialer Wohnraumförderung sowie zur Wahrung von Mieterrechten und Wohnraummindeststandards zur Aktivierung von Privatinvestitionen bei. Verschiedene Kommunikationsstrukturen sollten aufgebaut und kontinuierlich gepflegt werden. Hierzu zählt eine enge Abstimmung mit dem Zweckverband Raum Kassel (ZRK).. Des Weiteren ist eine überregionale Zusammenarbeit im Bereich energetischer Sanierung und im Bereich erneuerbarer Energien - hier vor allem mit Unternehmen - anzustreben. Innerhalb der Stadt wird es darum gehen, Wohnungsbauprozesse untereinander nach sozialen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten abzustimmen, aber auch die Meinung bspw. eines städtischen Gestaltungsbeirates einzuholen. Außerdem könnten weitere thematische Gremien, wie ein Netzwerk zur Bewältigung des Generationenwechsels, eine Netzwerkagentur zur Unterstützung von alternativen Trägern und Wohnformen sowie ein Mietenbündnis der Wohnraumanbieter weitere Schwerpunkte setzen. Grundlage dieses koordinierenden Selbstverständnisses sind eine politisch abgestimmte
157 Position zur Innenentwicklung und ein kontinuierlicher Austausch innerhalb der Verwaltung. Die aufgezeigte Arbeit kann nur mit einer soliden und kontinuierlich in Regelaufgabe der Verwaltung gepflegten Informationsbasis funktionieren. Hierzu gehört im Wesentlichen ein Wohnungsmarktmonitoring bzw. ein Nachfragemonitoring, ein Sozialmonitoring sowie ein Leerstands- und Potentialkataster. 6.1.3 Mobilisierung von Potentialen, Baulandpolitik und Flächenmanagement Durch kontinuierliche niedrigschwellige Beratungs- und Unterstützungsangebote kann eine dem Wohnungsmarkt entsprechend ausreichende Aktivierung von Potentialflächen durch Privateigentümer und -investoren gewährleistet werden. Im Fokus stehen zunächst leicht mobilisierbare und aus stadtentwicklungspolitischer Sicht günstige Flächen. Bei einer mittelfristig konstanten und langfristig sinkenden Einwohnerzahl ist der Druck auf den Wohnungsmarkt als gemäßigt einzuschätzen, auch wenn die Zahl der Haushalte und damit die Nachfrage nach Wohnungen absolut in den nächsten Jahren leicht steigen sowie Angebot und Nachfrage nicht immer zusammenpassen. Für eine so verstandene Stabilisierung mit moderater Anpassung an sich ändernde Nachfragestrukturen ist zunächst eine Bestandspolitik von zentraler Bedeutung, die ein hinsichtlich Wohnungsgrößen, Wohnformen, Typologien und Ausstattungsstandards vielfältiges Angebot in möglichst vielen städtischen Lagen bereithält. Für eine Ergänzung durch Neubautätigkeit eignen sich Potentialtypen, die durch geringen Aufwand zu realisieren sind und geringfügig in bestehende Situationen eingreifen, wie z.B. die Schließung von Baulücken. Daher sollte in dem Szenario mit stabilisierten Entwicklungstendenzen von einer Ergänzungsbebauung in Zeilensiedlungen abgesehen werden. Bei wenig Druck auf dem Wohnungsmarkt ist eine Auseinandersetzung mit Investoren intensiver möglich. Trotz weitreichender Freiheiten durch fehlenden Wohnungsdruck sollte es durch Investoren finanzierten Neubau geben, um den periodischen Schwankungen des Marktes standzuhalten. Durch enge Konzeptbetreuung sollte versucht werden, städtische Interessen behutsam in die Projektentwicklung einzubauen. Insbesondere bei der Schaffung neuer Baurechte sollte hierfür von städtebaulichen Verträgen Gebrauch gemacht werden, insbesondere um infrastrukturelle Defizite abzumildern. Durch minimalen Neubaubedarf lässt sich eine weitere Versiegelung auf ein sehr niedriges Niveau begrenzen. Die Neuausweisung von Erweiterungsflächen ist nicht erforderlich. Stattdessen sollen bei Bedarf Bebauungspläne im Innenbereich zur Inanspruchnahme leicht mobilisierbarer Potentiale aufgestellt werden. Auf eine Inanspruchnahme der identifizierten größeren Entwicklungsflächen kann bei konstanter bzw. sinkender Einwohnerzahl in Kassel dagegen verzichtet werden. Auf eine aktive Inanspruchnahme der Potentialflächen für Hinterlandbebauung sollte ebenfalls verzichtet werden, da die oben genannten geeigneteren Potentialtypen zur Verfügung stehen, um auf eine lediglich kurzfristig steigende, mittelfristig aber eher leicht sinkende Nachfrage nach Wohnungen zu reagieren. Entwicklungsvorhaben oder Veräußerung von größeren Flächen in kommunalem Eigentum werden zunächst als Reserve zurückgehalten, der Fokus liegt auf leicht zu aktivierenden Flächen im Innenbereich.
158 6.1.4 Sozialräumliches Handeln und Bestandspolitik Politik und Verwaltung sollte ihre Verantwortung für sozialräumliche Gerechtigkeit wahrnehmen. Auch bei vergleichsweise wenig angespanntem Wohnungsmarkt sind die Entwicklungen in den Marktsegmenten besonders zu beobachten, die tendenziell von Geringverdienern und Transferleistungsempfängern nachgefragt werden, da es dort auch bei einem niedrigen durchschnittlichen Mietniveau punktuell zu besonderen Belastungen bestimmter Haushalte kommen kann. Die deutliche Reduzierung der Zahl von Wohnungen mit Belegungsbindungen verringert den Spielraum für sozialpolitisches Handeln auf kommunaler Ebene. Um mögliche Veränderungen auf dem Wohnungsmarkt zu antizipieren, die in der Vergangenheit immer wieder beobachtet werden konnten, soll vor diesem Hintergrund auch im Stabilisierungsszenario eine jährliche Mindestrate an Sozialwohnungen errichtet werden. Dies dient mittelfristig der Bewahrung eines Grundstocks an belegungsgebundenem Wohnraum im öffentlichen oder Genossenschaftseigentum, der insbesondere im Eventualfall eines Übergangs in das Anspannungsszenario bei veränderten Rahmenbedingungen von Bedeutung für die Abfederung von sozialen Härten bedeutsam ist. Das städtische Wohnungsunternehmen GWG wird im Neubau besonders in die soziale Verantwortung genommen, da es sich an kommunalpolitischen Leitlinien orientiert. Private Sozialwohnungen können mit Unterstützung von KfW-Förderprogrammen in Verbindung mit sozialer Wohnraumförderung realisiert werden. 6.1.5 Zentrale Herausforderungen, Innovationen und Modellprojekte Aufgabe der öffentlichen Hand sollte es sein, nachhaltig stabilisierend auf dem Wohnungsmarkt – insbesondere in den preiswerten Segmenten – zu wirken. Angesichts der aktuellen Erfahrungen bildet die Stadt Wien mit ihrer langfristig angelegten kommunalen Wohnungsbaupolitik ein Vorbild dar. Die Stadt sollte ein strategisch handlungsleitendes Stadtentwicklungskonzept Wohnen erarbeiten und in der Stadtverordnetenversammlung beschließen. Darin sollten wesentliche verräumlichte Aussagen zur Entwicklung von Angebot und Nachfrage am Wohnungsmarkt und planerischen Steuerungsansätzen der Stadt festgehalten werden. Die verfeinerte Fortschreibung von Wohnungsbaupotentialuntersuchungen kann dabei eine wichtige Diskussionsgrundlage bilden. Die Sicherung bezahlbaren Wohnraums ist ein zentrales Thema der Wohnungspolitik bereits in diesem Szenario. In diesem Sinne sollte die Stadt die Selbstverpflichtung eingehen, unabhängig von der Lage am Wohnungsmarkt jährlich die Errichtung von mindestens 50 preiswerten Neubauwohnungen - vorzugsweise durch öffentliche Wohnungsgesellschaften - fördern. Dies sollte vor allem auf städtischen Flächen oder Flächen der GWG geschehen. In Frage kommen etwa Flächen der GWG in Mattenberg und Waldau sowie an der Jägerkaserne. Die baulichen Ergänzungen sollten möglichst zu einer städtebaulichen und funktionalen Qualifizierung sowie zu einer sozialen Durchmischung der jeweiligen Quartiere beitragen. Auch Genossenschaften sollten in die Überlegungen einbezogen werden. Darüber hinaus sollten Überlegungen zum Ankauf von Belegungsrechten in Zusammenarbeit mit den Wohnungsbauunternehmen, vor allem älterer Wohnungen in der Stadt, angestellt werden, die das Potential für bezahlbaren Wohnraum bieten. In Frage kommen hierzu neben der GWG vor allem die GWH, die Wohnstadt und die Vereinigten Wohnstätten. Aufbauend auf dem „Kasseler Modell“ zur vorübergehenden Unterbringung von
159 Flüchtlingen mit späterer Überführung in den gewöhnlichen Wohnungsbestand sollten weitere Projekte im Bereich des bezahlbaren Wohnens realisiert werden. Als Standorte eignen sich etwa die Jägerkaserne, der Sportpark Wolfsanger oder u.U. auch der Stockplatz. Ein Teil der Entwicklungsflächen der öffentlichen Hand sollten in Konzeptverfahren an Projekte vergeben werden, die bestimmte Bedarfe auf dem städtischen Wohnungsmarkt erfüllen. Einzelne Flächen eignen sich dabei besonders dafür, gezielt bestimmte Nachfragesegmente zu bedienen. Dies kann auch für die Entwicklung bestimmter privater Schlüsselflächen gelten. Liegenschaftspolitisch sollte in diesem Sinne weiterhin der Ankauf von Bima-Flächen vorbereitet werden, um auf mögliche Anspannungen des Wohnungsmarkts im Rahmen von Szenario 2 vorbereitet zu sein. Dies kann ggf. in Zusammenarbeit mit der GWG geschehen. Im Rahmen der veränderten Schwerpunktsetzung ist eine aktive Kommunikation durch den Magistrat sinnvoll, die auf Beschlüssen der Stadtverordnetenversammlung aufbaut. Eine inhaltliche Grundlage kann dazu der Aufbau eines Sozialmonitorings in Zusammenarbeit zwischen Statistikstelle, Stadtplanungsamt und Bauverwaltungsamt bilden, um über die Lage sozial benachteiligter Bevölkerungsgruppen und Quartiere genauer informiert zu sein. Der Ausbau der Datenstrukturen zu Gebäuden in der Stadt Kassel (Building Information Modelling) zum Gebäudebestand der Stadt stellt eine weitere wichtige Grundlage dar, die ausgebaut werden und die mögliche Nutzung weiterer Datenquellen ausloten sollte. Weiterhin sollte die bereits begonnene Wohnungsmarktbeobachtung und die regelmäßige Veröffentlichung eines Wohnungsmarktberichts fortgesetzt werden. In der Binnenkommunikation ist die Liegenschaftspolitik enger mit der Stadtplanung zu verknüpfen. Hierfür sind regelmäßige Treffen und ein systematischer Informationsaustausch bis hin zu einer frühzeitigen Prüfung von städtebaulichen Entwicklungsmöglichkeiten auf städtischen Flächen sinnvoll. Ein weiteres Element stellt dabei eine noch engere Kommunikation mit dem ZRK in Bezug auf die Wohnungs- und Flächenpolitik dar, im Rahmen derer insbesondere eine Absprache mit umliegenden Gemeinden in Bezug auf die entstehenden Typologien Einfamilienhäuser und kleinere Wohnungen erfolgen sollte. Ein Datenabgleich zur Bautätigkeit und eine Diskussion von Fragen des Wohnungsmarktes auf der regionalen Ebene sollten möglichst in halbjährlichen Foren erfolgen. In der Außenkommunikation sollte die Gesamtstrategie Wohnen in der Stadt mit allen für den Wohnungsmarkt wichtigen Akteuren diskutiert werden. Beispielsweise wäre der Runde Tisch Wohnen durch regelmäßige mindestens halbjährliche Treffen und die Diskussion von Schlüsselprojekten bis hin zur Durchführung spezifischer Workshops in seiner Bedeutung zu stärken. Dabei geht es weiter darum, sich gemeinsam mit der Stadtgesellschaft über angemessene Dichten für bestimmte Lagen in der Stadt zu verständigen und für ein „Weiterbauen der Stadt“ einzusetzen, das Innenentwicklung klar vor Außenentwicklung stellt, aber gleichwohl sensibel mit der Weiterentwicklung bestehender Quartiere umgeht. Einen Beitrag hierzu kann eine verstärkt öffentliche Debatte über wesentliche Fragen der Wohnungs- und Stadtentwicklung leisten, zu der beispielsweise auch öffentliche Sitzungen von Gremien wie dem Gestaltungsbeirat gehören. Die Aktivitäten und die Fördermaßnahmen von Land und Stadt zur Sicherung bezahlbaren Wohnraums sollten ebenfalls stärker öffentlich bekannt gemacht werden.
160 6.2 Anspannung - Handlungsempfehlungen bei moderater Wohnungsmarktdynamik 6.2.1 Rahmenbedingungen Bei zunehmender Anspannung auf dem Wohnungsmarkt wird die Nachfrage auf Teilmärkten das vorhandene Angebot übersteigen, wodurch es folglich zu einem Ungleichgewicht kommt. Diese Situation deutet sich aktuell in Kassel an. Es kommt dabei zu Preissteigerungen und unzureichender Versorgung in weiteren Teilsegmenten. Durch die steigenden Wohnkosten ist in diesem Szenario vor allem ein Nachfragedruck auf günstigere Teilmärkte zu erwarten, im Zuge dessen sich wiederum sozialräumliche Verdrängungstendenzen ergeben können. Das bedeutet, dass sozioökonomisch schwache Gruppen mittelfristig tendenziell Wohnungen in Gebieten mit geringerer Nachfrage und Wohnungen niedrigerer Qualitätsklassen nachfragen, um Preissteigerungen aus dem Weg zu gehen. Die universitäts- sowie innenstadtnahen Stadtteile Nord-Holland und Wesertor sind in diesem Szenario am ehesten von derartigen Verdrängungstendenzen betroffen. Bestimmte Zielgruppen wie z.B. einkommensschwache Haushalte oder junge Familien leiden als erste unter einer unzureichenden Wohnraumversorgung. Bei einer Anspannung des Wohnungsmarktes kommt es zusätzlich zu Aktivitäten der Bestandspolitik zunächst darauf an, verstärkt Wohnungsbau zu ermöglichen und das Ausmaß der Neubautätigkeit zu erhöhen. Sowohl im Bereich der Neubautätigkeit als auch der Bestandspflege wird der wesentliche Anteil durch private Investitionen zu leisten sein. Hierfür kommen nun auch schwerer mobilisierbarere Flächen infrage, die im vorherigen Szenario keine Rolle spielten. Beispielsweise sollte bereits über vereinzelte ressourcenschonend umsetzbare Rückbaumaßnahmen nachgedacht werden, um innerstädtisch zusätzlichen Platz für neuen Wohnraum zu schaffen und so Engpässen auf dem Grundstücksmarkt zu vermeiden. Selbst Potentialflächen des Typs Hinterlandbebauung oder schwieriger mobilisierbare Baulücken rücken nun in den Fokus. Des Weiteren wird es auch darum gehen, die sozialen Konsequenzen der zunehmenden Anspannung wie etwa den Verdrängungstendenzen zu dämpfen. Auch bei zunehmendem Nachfragedruck sollten Qualitätskriterien aufrechterhalten werden. 6.2.2 Selbstverständnis von Politik und Verwaltung Aufgabe von Politik und Verwaltung ist es, die nun zunehmende Bautätigkeit zu moderieren und zu regulieren, um diese in gesamtheitlich sinnvolle Bahnen zu leiten. Hierzu sind Vergabekriterien aufzustellen, welche als Grundlage bei Konzeptvergabeverfahren von städtischen Grundstücken herangezogen werden. Außerdem sollten in Zusammenarbeit mit dem Beirat für Stadtgestaltung Gestaltungsanforderungen im Wohnungsbau erarbeitet und bei Neubauprojekten eingefordert werden.. Positionen der kommunalen Wohnungspolitik sind deutlich in städtebaulichen Verträgen zum Ausdruck zu bringen und durch die Ausnutzung der Festsetzungsmöglichkeiten in Bauleitplänen bei einer erforderlichen Änderung des Flächennutzungsplans oder der Änderung und Neuaufstellung von Bebauungsplänen umzusetzen. Bei größeren Neubauprojekten werden seitens der Kommune über städtebauliche Verträge feste Quoten für geförderte Sozialwohnungen und andere Vereinbarungen z.B. zur Bereitstellung der erforderlichen sozialen Infrastrukturen eingefordert. Das planungsrechtliche Instrumentarium und die sich daraus ergebenden Gestaltungsspielräume
161 werden stärker ausgeschöpft. Die Vorschriften der BauNVO zur Festlegung eines bestimmten Anteils der zulässigen Geschossfläche oder einer bestimmten Größe der Geschossfläche für Wohnungen könnten dabei intensiv genutzt werden. 6.2.3 Mobilisierung von Potentialen, Baulandpolitik und Flächenmanagement Neben privaten Flächen, die bebaut werden, sollen gut geeignete Flächen in städtischer Hand oder im Bestand der GWG im Einzelfall und unter Durchsetzung von qualitativen Konditionen aktiv entwickelt werden. Hierzu werden die Grundstücke entweder von der GWG selbst bebaut oder nach einem Konzeptvergabeverfahren kriterienbasiert an Interessenten veräußert. Anstelle der Neuausweisung von Erweiterungsgebieten werden vorrangig größere innerstädtische Potentiale realisiert. Weiterhin sind in diesem Kontext Konversionen, Umnutzungen und Nachverdichtungen zu prüfen und vorzubereiten. Eine moderate Realisierung von Potentialen der Hinterlandbebauung in einzelnen Gebieten wird vorbereitet. Hierfür sollte unter anderem zielgruppenspezifische Öffentlichkeitsarbeit erfolgen, um Eigentümer geeigneter Grundstücke z.B. über Möglichkeiten der Hinterlandbebauung zu informieren und sie bei Interesse an einem Grundstücksverkauf zu unterstützen. Geeignete Stadtteile wären hierfür insbesondere Fasanenhof, Harleshausen und Jungfernkopf, da in deren Einfamilienhausgebieten in der Vergangenheit bereits Nachverdichtungen in Form von Hinterlandbebauung umgesetzt wurden. Somit ist in einigen Teilen der genannten Stadtteile von einer einfacheren Mobilisierung und erleichterten baurechtlichen Bedingungen für die Hinterlandbebauung auszugehen. Die Verträglichkeit weitergehender Konzepte einer Hinterlandbebauung, die auf eine zusätzliche Erschließung und die Schaffung von Baurecht angewiesen sind, sollte in einem gesamtstädtischen Dialog diskutiert werden, um auf den Fall einer zusätzlichen Verschärfung der Situation am Wohnungsmarkt in einem Boomszenario vorbereitet zu sein. Das kommunale Flächenmanagement sollte auch in Vorbereitung auf weitere Anspannungen institutionalisiert und professionalisiert werden. Das schließt auch den frühzeitigen Ankauf von schwer mobilisierbaren Potentialflächen durch die Stadt oder die GWG ein, deren Bebauung bei weiterer Anspannung des Wohnungsmarktes möglich ist. Die Einrichtung eines Wohnungsneubaufonds sollte Die Aktivierung der Eigentümer von qualifizierbarem oder sanierungsbedürftigem bis hin zu unbewohnbarem Bestand wird auch eine maßgebliche Rolle spielen; zum einen, um ungenutzte Potentiale zu aktivieren und zum anderen, um Qualitätskriterien im Wohnungsbestand zu sichern. Durch kommunale Wohnumfeldverbesserungen in Gebieten, in denen Investitionen ausbleiben, können Anreize für Investitionen durch private Eigentümer geschaffen werden. bereits in diesem Szenario geprüft und vorbereitet werden. Für die Entwicklung von Großprojekten wird die Gründung einer Projektentwicklungsgesellschaft vorbereitet, die für einen eventuellen Übergang zum Boomszenario schnell handlungsfähig sein sollte. 6.2.4 Sozialräumliches Handeln und Bestandspolitik Im Bereich des Bewohner- und Milieuschutzes kommt es darauf an, bezahlbares Wohnen zu priorisieren und den Sozialwohnungsbestand zu sichern. Hierzu sollten in Bebauungsplänen größerer Projekte, Flächen nach § 9 Abs. 1 Nr. 7 BauGB festgelegt werden, auf denen ganz oder teilweise nur Wohngebäude, die mit Mitteln der sozialen Wohnraumförderung gefördert werden könnten, errichtet werden dürfen. Auch
162 über städtebauliche Verträge können, wie bereits oben genannt, feste Quoten für geförderte Sozialwohnungen bei größeren Neubauprojekten vereinbart werden. 6.2.5 Zentrale Herausforderungen, Innovationen und Modellprojekte Das Szenario setzt darauf, das Thema Wohnen zu einem zentralen Schwerpunkt der Stadtentwicklungspolitik zu machen. Ein politischer Beschluss sollte klären, inwieweit die Entwicklung von Wohnflächen im Einzelfall Vorrang gegenüber anderen Nutzern haben könnte. Ein derartiger Beschluss kann allerdings nur aufbauend auf einer umfassenden Diskussion in der Stadtgesellschaft gefasst werden. Er sollte dazu dienen, auf mögliche Entwicklungskonflikte frühzeitig hinzuweisen und transparent zu machen, auf welche Weise die Stadtpolitik mit ihnen umgehen möchte bzw. wie sie sie durch flankierende Maßnahmen beispielsweise zur Sicherung von Grünflächen und Infrastruktur verträglich gestalten möchte. In diesem Szenario sollten auch die Anstrengungen für die Schaffung und Bewahrung von bezahlbarem Wohnraum intensiviert werden. Hierzu zählt etwa die Erhöhung der von der Stadt bereitgestellten Fördermittel für den sozialen Wohnungsbau von derzeit 10.000 Euro pro Wohnung auf beispielsweise 20.000 Euro pro Wohneinheit. Beispielprojekte im geförderten Wohnungsneubau sollten von der Stadt organisiert und in Zusammenarbeit mit der GWG umgesetzt werden. Weiterhin sollte die Quote von öffentlich geförderten Wohnungen bei größeren Projekten ab etwa 30-50 Wohneinheiten in städtebaulichen Verträgen festgelegt werden. Ein Lenkungskreis „Bodenpolitik“ in der Stadtverwaltung (unter Beteiligung von Bauordnungsamt, Stadtplanung, Liegenschaften, Finanzen) sollte gemeinsame Ziele für die Vergabe aufstellen und gezielt Projekte in der Zusammenarbeit mit Wohnungsbauunternehmen anstoßen. Dabei sollte nicht mehr der Ertrag aus Verkäufen im Mittelpunkt der Liegenschaftspolitik stehen, sondern die Herstellung von bezahlbarem Wohnraum. Ein Thema für Modellprojekte ist in diesem Sinne die Nachverdichtung von Siedlungen der 1950er/1960er Jahre mit Zeilenbebauung (Mattenberg, Waldau, Helleböhn, Teile von Brückenhof). In diesem Szenario würde sich eine moderate Nachverdichtung von Zeilensiedlungen anbieten, da sich hier eine größere Zahl von Wohneinheiten in einem Projekt realisieren und vorhandene Infrastrukturen nutzen ließen. Wie in dem moderaten Testentwurf für die Großwohnsiedlung in Waldau oben aufgezeigt, könnte allein in diesem Gebiet eine dreistellige Anzahl von Wohneinheiten realisiert werden. Der Eingriff in das Quartier würde dabei vertretbar bleiben, da bestehende Gebäude nicht berührt werden. Denkbar wäre zum Beispiel eine Nachverdichtungsvariante mit anteiligem sozial gefördertem Wohnraum. Die Stadt sollte konkrete Projektvorschläge ausarbeiten und auf finanzielle Förderung prüfen. Einzelne Entwicklungsflächen lassen sich bei ansteigendem Druck auf den Wohnungsmarkt aktivieren. Dabei ist jedoch zu beachten, dass die Potentiale anderer Kategorien unter Umständen zunächst geeigneter sind, da der Aufwand zu deren Mobilisierung niedriger ist. Die Durchführung von Modellprojekten sollten sich allerdings auch auf die Förderung differenzierter Wohnformen, Lebensmodelle und Trägerformen beziehen. Gerade größere Entwicklungsflächen sollten für die Förderung von Baugruppenprojekten und neuen Genossenschaften mit einem hohen Grad sozialer und funktionaler Mischung im Quartiersmaßstab genutzt werden. Mit Hilfe des Sozialmonitorings sollten Gebiete beobachten und eventuell eine Milieuschutzsatzung umgesetzt werden, falls aufwertungsbedingte Mietsteigerungen drohen. Die diesbezüglichen Untersuchungen
163 sind erfahrungsgemäß bereits dann sinnvoll, wenn die Mieten noch keine besonders auffällige Entwicklung nehmen. Betroffen sein könnten Gebiete im Kasseler Norden und Osten. Die Stadt sollte nunmehr auch deutliche Anstrengungen dazu unternehmen, die Baukosten und die Mieten im Rahmen zu halten. Im Anspannungsszenario wird davon ausgegangen, dass sich die Neuvermietungspreise deutlich von älteren Mietpreisen entfernen. Daher sind Schritte auszuloten, wie Mietpreisbremse und Mietspiegel zur Begrenzung des Mietanstiegs genutzt werden können. Diesbezügliche Gesetzesinitiativen auf überörtlicher Ebene sollte sich die Stadt nach ihren Möglichkeiten anschließen. Zur Senkung der Baukosten sollten Modellprojekte zum Wohnungsbau gefördert werden. Bei ihrer Planung und Umsetzung sollten Architekten, Bauherren, Eigentümer, die Stadt und ausführende Unternehmen rechtzeitig zusammenwirken, um Kostensenkungspotentiale auszuloten. Gezielte Änderungen im Flächennutzungsplan können dazu dienen, zusätzliche Flächen zu mobilisieren, in denen zurzeit Wohnen de facto noch nicht möglich ist. (Hafen, Häßlerkaserne, Magazinhof). Begleitend zu diesem Mobilisierungsanstrengungen wäre es sinnvoll, über Testentwürfe für bestimmte Potentialtypen zur Nutzung unausgeschöpfter Reserven anzuregen. Untergenutzte wertvolle innerstädtische Flächen sollten besonders berücksichtigt werden. Dies gilt etwa für Stellplatzflächen, die über den Bau von nutzerfreundlichen Parkhäusern mobilisiert werden könnten. Begleitend könnten flächensparende Modelle über Selbstverpflichtungen zum Verzicht auf einen privaten Pkw realisiert werden. Die Kommunikation über Innenentwicklung sollte in diesem Szenario ebenfalls deutlich ausgeweitet werden. Dafür wäre die Einrichtung eines Innenentwicklungsmanagements in der Stadtverwaltung zu empfehlen, im Rahmen dessen Eigentümer und mögliche Bauherren aktiv und direkt angesprochen werden. Hierfür wären Ressourcen in der Stadtverwaltung vorzusehen.
6.3 Starkes Wachstum/Boom - Handlungsempfehlungen bei starker Anspannung auf dem Wohnungsmarkt 6.3.1 Rahmenbedingungen Auf einem angespannten Wohnungsmarkt sind Veränderungen schnell sichtbar. Privatinvestoren sowie überregionale und ausländische Immobilienunternehmen drängen verstärkt auf den Markt, kaufen Grundstücke und Gebäude und führen weitreichende Aufwertungsmaßnahmen durch. Die Angebotsmieten steigen dadurch stark. Aufgrund der höheren Wohnkosten nimmt die soziale Belastung einzelner Quartiere stark zu, Verdrängungsprozesse und ein Quantitätsverlust im preiswerten Wohnungsmarktsegment sind die Folgen. Nun erfährt auch qualitativ sehr schlechter, aber günstiger Wohnraum eine große Nachfrage. Die individuellen Wohnverhältnisse verschlechtern sich durch das bestehende Versorgungsdefizit und Überbelegung tendenziell. Auch Fachkräfte haben es schwerer, eine attraktive Wohnung zu finden. Insgesamt kommt es zu einer erhöhten Nachfrage durch Investoren in sämtlichen Lagen und Wohnraumkategorien; dies führt weiter zu steigenden Grundstücks- und Mietpreisen. Auf einem angespannten Wohnungsmarkt sind Veränderungen schnell sichtbar. Privatinvestoren sowie überregionale und ausländische Immobilienunternehmen drängen verstärkt auf den Markt, kaufen Grundstücke und Gebäude und führen weitreichende
164 Aufwertungsmaßnahmen durch. Die Angebotsmieten steigen dadurch stark. Aufgrund der höheren Wohnkosten nimmt die soziale Belastung einzelner Quartiere stark zu, Verdrängungsprozesse und ein Quantitätsverlust im preiswerten Wohnungsmarktsegment sind die Folgen. Nun erfährt auch qualitativ sehr schlechter, aber günstiger Wohnraum eine große Nachfrage. Die individuellen Wohnverhältnisse verschlechtern sich durch das bestehende Versorgungsdefizit und Überbelegung tendenziell. Auch Fachkräfte haben es schwerer, eine attraktive Wohnung zu finden. Insgesamt kommt es zu einer erhöhten Nachfrage durch Investoren in sämtlichen Lagen und Wohnraumkategorien; dies führt weiter zu steigenden Grundstücks- und Mietpreisen. 6.3.2 Selbstverständnis von Politik und Verwaltung Die Dringlichkeit der Wohnungsversorgung legitimiert ein hohes Maß an planerischen Aktivitäten und Eingriffen. Die Kommune nutzt ihre Steuerungskompetenz dazu, Stadtentwicklungsprozesse sinnvoll zu beschleunigen. Sie wird als Anbieter und Akteur marktregulierend aktiv und nimmt ihre soziale Verantwortung wahr. Im Vordergrund städtischen Handelns sollte die Sicherung eines für unterschiedliche Einkommensschichten differenzierten und erschwinglichen Wohnungsangebots stehen. Dazu darf die Stadt die Kontrolle über die Entwicklung des Angebots an Wohnraum nicht komplett an Investoren abtreten. Der Handlungsspielraum der Kommune ist in diesem Szenario am größten, da die Nachfrage es zulässt, im Umgang mit Investoren höhere Anforderungen zu stellen. Aktiv können durch Beratungsangebote, rechtliche Schritte und die Entwicklung eigener Flächen bestimmte Wohnformen gefördert werden. Darüber hinaus ist die Einführung einer Solidarquote und weiterer planungsrechtlicher Verpflichtungen möglich. Hierzu können unter anderem die Ausweisung von Entwicklungsgebieten oder strenge energetische Vorgaben für Neubauten sowie eine Gewerbequote für die Stärkung von Zentren gehören. 6.3.3 Mobilisierung von Potentialen, Baulandpolitik und Flächenmanagement Das starke Wachstum erfordert es, schnell und großmaßstäblich zu bauen und dabei trotzdem qualitative und soziale Ansprüche zu wahren. Die GWG als städtisches Wohnungsbauunternehmen baut deutlich mehr Wohnungen und wird von der Stadt als Bauträger zur Schaffung eines breiten Wohnungsangebotes in sämtlichen Stadtteilen eingesetzt. Auch der Markt für kleinere Objekte und Potentiale wird nachfragebedingt eine positive Entwicklung verzeichnen. Die in vorherigen Szenarien initiierte Informationsarbeit und Bewusstseinsbildung machen sich bezahlt, weil die Akteure und Privateigentümer spätestens jetzt die nötige Initiative ergreifen, zu investieren. Durch Anpassungen in bestehenden Bebauungsplänen, die planungsrechtlich höhere bauliche Dichten ermöglichen, kann die Investitionstätigkeit in Bestandsgebieten angeregt werden. Hierbei kann auch eine Nachverdichtung im Hinterland ermöglicht und durch Testentwürfe vorbereitet werden. Eine moderate Inanspruchnahme dieser Potentialflächen erfolgt vermehrt durch Aufklärung und Unterstützung geeigneter Eigentümer. Neben den im Anspannungsszenario genannten Stadtteilen Fasanenhof, Harleshausen und Jungfernkopf sollten bei starkem Wachstum auch sämtliche weitere Stadtteile mit Hinterlandpotentialflächen in Betracht gezogen werden. Insbesondere im Stadtteil Philippinenhof befindet sich ein beträchtlicher Teil der Hinterlandpotentialflächen. Diese sind jedoch nur schwer zu mobilisieren, und eine Bebauung würde in städtebauliche Ensembles eingreifen. Bei starkem Wachstum sollte vereinzelt auch über eine intensive
165 Ausnutzung (siehe Testentwurf Hinterlandbebauung) nachgedacht werden, die allerdings städtebaulich, denkmalpflegerisch und stadtpolitisch sehr sensibel vorgenommen werden sollte. Weitere Zeilensiedlungen im Kasseler Stadtgebiet werden in Anspruch genommen, für deren Ergänzung nach Möglichkeit geeignete Förderprogramme eingesetzt werden sollten. Eine intensivere Nachverdichtung kommt in diesem Szenario beispielsweise in der Wohnstadt Waldau in Betracht. Mit ihm ließen sich in sämtlichen betrachteten Zeilensiedlungen Kassels über 800 Wohneinheiten schaffen. Die Mobilisierung dieser Potentiale ist allerdings erst in einer derart zugespitzten Wohnungsmarktsituation vertretbar, da der Eingriff in die bestehenden Siedlungsstrukturen beträchtlich ist. Um in ihrer städtebaulichen Gestalt schutzwürdige Quartiere und Stadtteile von einer Überformung durch Neubau- und Umbaumaßnahmen auszunehmen, können Satzungen zur Erhaltung der städtebaulichen Eigenart erlassen werden. Der vorherrschende Preisdruck erlaubt nun auch die Umsetzung bisher unrentabler Projekte und aufwändige Konversionsmaßnahmen. Hierzu zählen Potentiale, deren Realisierung Rückbau vorausgehen muss, sowie Umnutzungen und Konversionen innerstädtischer Industrie- und Gewerbeanlagen. Auch Kleingärten, die Flächen des Gleisdreiecks und andere ähnliche Restflächen wären in diesem Szenario für Bebauungen ggf. in Betracht zu ziehen, wenn dafür ein stadtgesellschaftlicher Konsenses herstellbar ist. Insbesondere bei der Konversion von Kleingewerbe im Innenbereich und privaten Gärten muss sehr behutsam mit dem jeweiligen Unternehmer bzw. Eigentümer umgegangen werden. Aufgabe der Stadt und GWG ist es zudem, die Entwicklung größerer Flächen vorzubereiten und auf die noch bestehenden zuvor angekauften kommunalen Flächenreserven zurückzugreifen. Die regionale Zusammenarbeit bei der Siedlungsentwicklung im Außenbereich sollte intensiviert werden. Aufgrund der verstärkten Bautätigkeit und der zunehmenden Verdichtung ist dem Schutz und der Entwicklung von Grünanlagen und klimatisch relevanten Räumen und Freiflächen besondere Aufmerksamkeit zu schenken; dies gilt vor allem für schon jetzt gefährdete Stadtteile. Bei einem starken Wachstum, mit dem langfristig ein deutlicher Bevölkerungszuwachs verbunden ist, können die Entwicklungsflächen druckmindernd auf den Wohnungsmarkt wirken... Die Neuausweisung von Bauland an der Stadtgrenze sollte nur in Verbindung mit Konzepten erfolgen, die besonders schonend mit Flächen umgehen, und gilt als Ultima Ratio. Eine flächenextensive Stadterweiterung durch Einfamilienhäuser o.ä. sollte so weit wie möglich vermieden werden 6.3.4 Sozialräumliches Handeln und Bestandspolitik Um die Zusammensetzung der Wohnbevölkerung in Gebieten mit besonders starken Verdrängungsprozessen aufgrund städtebaulicher Aufwertungsprozesse zu erhalten, sollten Milieuschutzsatzungen erlassen werden. Die Umwidmung von Wohnraum sollte über ein Zweckentfremdungsverbot unterbunden werden. Um den Verlust von Sozialwohnungen deutlich zu bremsen, sind Solidarquoten in städtebaulichen Verträgen beizubehalten und ggf. zu erhöhen. Des Weiteren sollten Belegungsrechte im Bestand angekauft werden.. Die Stadt setzt sich auf Landesebene für eine Anpassung der Kappungsgrenzenverordnung zur verstärkten Mietpreisregulierung ein, auch unter dem Gesichtspunkt modernisierungsbedingter Mietpreiserhöhungen, bei denen die Kappungsgrenze nicht greift.
166 6.3.5 Zentrale Herausforderungen, Innovationen und Modellprojekte Im Boomszenario sind die Instrumente der Stadt zur Mobilisierung und Entwicklung von Flächen sowie zur Sicherung bezahlbaren Wohnens weiter zu stärken. Dazu ist die Handlungsfähigkeit der Stadtentwicklung zu stärken. Zentral wäre die Erarbeitung eines Stadtentwicklungsplans, der die Entwicklungsrichtungen der Stadt in einem breit getragenen kommunikativen Prozess festlegt und den Anstoß für die Erarbeitung von Rahmenplänen zur Entwicklung prioritärer städtischer Entwicklungsbereiche gibt. Ziel eines solchen Vorgehens ist eine abgestimmte Entwicklung von Wohnen, Gewerbe, Einzelhandel, Infrastruktur, Grünflächen und verkehrlicher Erschließung sowie die Sicherung der hierfür erforderlichen Flächen. Die Stadt sollte in diesem Zusammenhang einen deutlich erhöhten Einfluss auf das Handeln des städtischen Wohnungsbauunternehmens GWG nehmen. Zentral ist hierbei die Unterstützung durch die Stadt auf dem Weg zurück zum Prinzip des gemeinnützigen Wohnungsbauunternehmens. Aus dem Lenkungskreis Bodenpolitik heraus sollte eine städtische Projektentwicklungsgesellschaft gegründet werden. Diese Organ sollte eine städtische Tochter sein, die sowohl die Zusammenarbeit mit der Verwaltung als auch mit privaten Akteuren auf dem Wohnungsmarkt sucht. In den Vordergrund rückt der Zwischenerwerb von Bauland und dessen Entwicklung. Größere Stadtentwicklungsprojekte nach dem Beispiel der Unterneustadt werden angestrebt. Geeignete Potentialflächen hierfür sind Wolfsanger und Nordshausen (jeweils auf der grünen Wiese) sowie die Flächen der Nachrichtenmeisterei im Stadtteil Mitte. Diese Flächen sind mit moderater Dichte nutzungsgemischt zu entwickeln; eine dominante vorstädtische Einfamilienhausbebauung wäre wenig nachhaltig und würde das Potential der wertvollen Flächen „verschenken“. Über eine vermehrte Bebauung von Konversionsflächen und Gleisflächen, bei denen die Bebauung mit Komplikationen verbunden ist und die zuvor primär nicht für Wohnen bestimmt waren, müssen nunmehr weitere Potentiale erschlossen werden. Dies gilt auch für Gebiete, auf denen derzeit noch teilweise andere Nutzungen angesiedelt sind (Flächen um den Hauptbahnhof, Bettenhäuser Bahnhof, Bundesarbeitsgericht, Realmarkt Wesertor). Mit der Durchsetzung einer Solidarquote für jedes Projekt über 16 Wohnungen, im Rahmen derer mindestens ein Viertel der Wohnungen im geförderten Wohnungsbau errichtet werden, sollte die Stadt nun verstärkt nach dem Modell anderer Großstädte agieren. Eine besondere Aufmerksamkeit sollte nun die Analyse und die Abmilderung von sozialen Segregationserscheinungen haben. Hierzu wäre das Sozialmonitoring zu nutzen. Mittels einer engeren Verknüpfung zwischen Wohnen und der Städtebauförderung, einer Aufwertung von Stadtteilen verknüpft mit der verstärkten Schaffung von bezahlbarem Wohnraum sind die Instrumente der Bestandspflege für die Wohnungspolitik intensiv zu nutzen. Hierzu gilt es auch, die Passfähigkeit des Bestands an die sich ändernde Nachfrage verstärkt zu prüfen und ggf. Anpassungsmaßnahmen im Bestand (etwa Grundrissänderungen) zu fördern. In der Zusammenarbeit mit den umliegenden Gemeinden müssen im Boomszenario Überlegungen zu verträglichen Formen der Siedlungserweiterung angestellt werden. Dabei geht es um die Festlegung angemessener urbaner Dichten sowie die Rolle von Geschosswohnungsbau und funktionaler Mischung auch an der städtischen Peripherie und darüber hinaus. Ungeachtet dessen muss in diesem Szenario in einem offenen Diskussionsprozess mit der Stadtgesellschaft die Mobilisierung
167 von Potentialflächen mit Umsetzungshemmnissen nachgedacht werden. Dies gilt beispielsweise für Hinterlandbebauungspotentiale, Dorfkerne und locker bebaute Einfamilienhausgebiete. Die Stadtvillendebatte in der Stadt hat gezeigt, dass eine frühzeitige Verständigung erforderlich ist, um verträgliche Formen der Siedlungsentwicklung auszuloten, zu diskutieren und mit hoher Sensibilität umzusetzen, immer mit dem Anspruch, eher Stadtreparatur und verträgliche Ergänzung zu betreiben und den Charakter von Bestandsgebieten nicht in Frage zu stellen. Hierzu sollte die Stadt Testentwürfe für unterschiedliche Typologien erarbeiten lassen und in einen breiten Diskussionsprozess einsteigen. Ungeachtet des Ziels einer sensiblen Ergänzung sind nun auch Überlegungen zu einer Akzentuierung des Stadtraums und zu Orten sinnvoll, die eine stärkere Verdichtung vertragen. Hierzu sollte die Stadt Studien zur Nachverdichtungsfähigkeit gut angebundener Konversionsflächen anstellen sowie städtebaulich verträgliche und gut im Stadtraum plazierte Hochhausstandorte in ihrer Gesamtheit in der Stadt identifizieren, um eine unabgestimmte Entwicklung über Einzelprojekte zu vermeiden.
6.4 Zusammenfassende Handlungsempfehlungen Nachstehend werden noch einmal die wichtigsten Handlungsempfehlungen für die Stadt Kassel in den drei Szenarien stichpunktartig dargestellt.
Szenario Stabilisierung • Erarbeitung eines Stadtentwicklungskonzepts Wohnen • Regelmäßiger Bau von öffentlich geförderten Wohnungen (50 pro Jahr) - Beschluss der Stadtverordnetenversammlung • Flächen im Konzeptverfahren an Projekte vergeben, die besondere Nachfragen auf dem Wohnungsmarkt bedienen • Fortführung der begonnenen Wohnungsmarktbeobachtung und regelmäßige Veröffentlichung eines Wohnungsmarktberichts • Intensivere Zusammenarbeit zwischen Stadtplanung und Liegenschaftsamt innerhalb der Stadtverwaltung Kassel • Regelmäßige Zusammenarbeit mit dem ZRK in Bezug auf die Wohnbauentwicklung • Ausweitung der Kompetenzen des Runden Tischs Wohnen mit halbjährlichen Treffen und der Erarbeitung von gemeinsamen Projekten
Szenario Anspannung • Wohnen als Schwerpunkt in der Stadtentwicklung: Beschluss der Stadtverordnetenversammlung zur vorrangigen Berücksichtigung von Belangen des Wohnens • Erhöhung der städtischen Fördermittel für sozialen Wohnungsbau • Quoten für öffentlich geförderten Wohnungsbau bei größeren Bauprojekten
168 • Bildung eines Lenkungskreises Bodenpolitik und Änderung der Liegenschaftspolitik • Vermehrte Nachverdichtung in bestehenden Zeilenbausiedlungen • Prüfung des Einsatzes von Milieuschutzsatzungen • Mobilisierung zusätzlicher Flächen, in denen zurzeit Wohnen de facto noch nicht möglich ist.(Hafen, Häßlerkaserne, Magazinhof) • Einrichtung eines Stadtverwaltung
Innenentwicklungsmanagements
in
der
Szenario Boom • Intensive Bautätigkeit durch das städtische Wohnungsbauunternehmen GWG im Sinne einer gemeinnützigen Politik • Aktive Tätigkeit einer aus dem Lenkungskreis Bodenpolitik heraus gebildeten Projektentwicklungsgesellschaft • Vermehrte Bebauung von Konversions- und Gleisflächen • Solidarquote für jedes Projekt über 16 Wohnungen, durch die mindestens ein Viertel der Wohnungen im geförderten Wohnungsbau errichtet werden • Durchführung von Maßnahmen zur Milderung von Segregationserscheinungen in den Stadtteilen • Verträgliche urbane Siedlungserweiterungen in Abstimmung mit den umliegenden Gemeinden
Es gilt nun, eine politische Diskussion über die in diesem Bericht vorgenommenen Schwerpunktsetzungen zu führen und die Wohnungs- und Stadtentwicklungspolitik in Kassel strategisch auszurichten. Dazu sollen die Analysen, Konzepte und Empfehlungen dieses Berichts eine Hilfestellung darstellen. Insbesondere sollte die Stadtgesellschaft – insbesondere die Stadtpolitik – sich darüber verständigen, als wie drängend die Wohnungsfrage gesehen wird und wie sich die Stadt vor diesem Hintergrund im Hinblick auf die drei formulierten Szenarien positioniert.
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183
Abbildungsverzeichnis 16
Abb. 001: (vorherige Seite) Süsterfeld(eigenes Foto)
20
Abb. 002: Prognose der Haushaltsgrößen in Hessen 2030
20
Abb. 003: Allgemeine Wohnungsversorgungs-Zielquote
21
Abb. 004: Gegenwärtige Wohnungsgrößen in Kassel
21
Abb. 005: Prognostizierte Haushaltsgrößen in 2030
23
Abb. 006: Sinus-Milieus
28
Abb. 007: Einfluss des Faktors Wirtschaft auf die Bevölkerungsentwicklung (eigene Darstellung)
28
Abb. 008: Einfluss des Faktors Flüchtlinge auf die Bevölkerungsentwicklung (eigene Darstellung)
29
Abb. 009: Einfluss des Faktors Universität auf die Bevölkerungsentwicklung (eigene Darstellung)
29
Abb. 010: Einfluss des Faktors Suburbanisierung/Urbanisierung auf die Bevölkerungsentwicklung (eigene Darstellung)
34
Abb. 011: (vorherige Seite) Sozialer Wohnungsbau in der Samuel-Beckett-Anlage
35
Abb. 012: Altersdurchschnitt nach Stadtteilen
35
Abb. 013: Einwohner nach Art des Migrationshintergrunds
38
Abb. 014: Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte (Wohnort) nach Stadtteilen
39
Abb. 015: Veränderung der Bruttolohn- und -gehaltssumme in den Hessischen Regionen
40
Abb. 016: Einzelhandelsrelevante Kaufkraft 2015
44
Abb. 017: Gebäude nach Baualtersklassen
44
Abb. 018: Verteilung der Baustruktur der 1950er und 1960er Jahre (Stadt Kassel 2015a: 11)
45
Abb. 019: Prozentuale Verteilung der Wohnungen nach Räumen
45
Abb. 020: Verteilung der Wohnungsgrößen in m²
46
Abb. 021: Wohnungen nach Art des Heiztyps
47
Abb. 023: Entwicklung der Angebotsmieten in €/m² zwischen 2011 und 2014
47
Abb. 022: Entwicklung der Angebotsmieten in Euro/m² zwischen 2011 und 2014 auf Stadtteilebene
184 48
Abb. 025: Entwicklung der Angebotsmieten in Euro/m² zwischen 2011 und 2014 nach Größe der Wohnungen und Quadratmeterpreis
48
Abb. 026: Veränderung der Zahl öffentlich geförderter Wohnungen von 2011-2014
49
Abb. 028: Kompensation der aus der Bindung gefallenen öffentlich geförderten Wohnungen
49
Abb. 027: Veränderung der Zahl der öffentlich geförderten Wohnungen von 1990-2014
50
Abb. 029: Veränderung Baupreisindex 2005-2014
50
Abb. 030: Veränderung Baupreisindex 2005-2014
51
Abb. 031: Baugenehmigungen 2010-2014
55
Abb. 033: Berechnung der Nettogeschossfläche
55
Abb. 034: Berechnung der potentiellen Wohnungszahl aus der Nettogeschossfläche
56
Abb. 035: beispielhafte Anwendung der Berechnung
59
Abb. 036: Berechnung für Entwicklungsflächen über 12.000 m² (genordet, o.M.)
61
Abb. 037: Übertragung des Wohnbaupotentials auf die Gesamtstadt (genordet, o.M.)
63
Abb. 038: Testentwurf 1: Lageplan und Isometrie (o.M.)
63
Abb. 039: Testentwurf 2: Lageplan und Isometrie (o.M.)
63
Abb. 040: Testentwurf 3: Lageplan und Isometrie (o.M.)
66
Abb. 041: Potentialflächen nach Potentialtyp
66
Abb. 042: potentiell realisierbare Wohneinheiten nach Potentialtyp
67
Abb. 043: betrachtete Zeilensiedlungen
68
Abb. 044: Übertragung des Wohnbaupotentials auf die Gesamtstadt (genordet, o.M.)
70
Abb. 045: Testentwurf 1
70
Abb. 046: Testentwurf 2
72
Abb. 047: Lagekarte der längerfristigen Konversionsflächen
73
Abb. 048: Bewertungsindikatoren und Gewichtung - Diagramm
76
Abb. 049: Potentialflächen nach Gesamtbewertung
76
Abb. 050: potentiell realisierbare Wohneinheiten nach Gesamtbewertung
78
Abb. 051: Potentialflächen nach Sonderwertung Familien
78
Abb. 052: Potentialflächen nach Sonderwertung Senioren
185 79
Abb. 053: Potentialflächen nach Sonderwertung Studierende
79
Abb. 054: Potentialflächen nach Teilwertung Mobilisierbarkeit
80
Abb. 055: Gesamttabelle 1: Potentiale nach Typ und Bewertungskategorie
81
Abb. 056: Gesamttabelle 2: Potentialflächen nach städtebaulichem Kontext und Bewertungskategorie
83
Abb. 057: Baulücken und Unternutzungen (Abriss-Neubau) mit Wertung „empfehlenswert“ oder „optional“
83
Abb. 058: Baulücken und Hinterland-Potentiale mit Wertung „empfehlenswert“ oder „optional“
88
Abb. 059: (vorherige Seite) Detail Heinrich-Steul-Siedlung (Eigene Aufnahme)
120
Abb. 060: Akteursvernetzung
120
Abb. 061: Anteile der Wohnungsmarktakeure und Mietentwicklung
145
Abb. 062: Gesamtendenergiebedarf in Kassel nach Sektoren
146
Abb. 063: Gesamtwärmebedarf und Effizienzpotential im Gebäudebereich
146
Abb. 064: Gebäudealter im Gesamtbestand Kassels
147
Abb. 065: Anteil der Typologie am Gesamtbestand Kassels
186
187
Anhang Anhang A: Protokoll der Zwischenpräsentation-Schlussdiskussion und der Expertengespräche am 16.12.2015, 14:00-16:00
Jörg Schrader: Wo gibt es einen wichtigen Diskussionspunkt bezüglich der Thesen, der Analysen der zwei Stadtteile oder der Gespräche in den Kleingruppen?
Fr. Lübke: Die 2. These „Die Stadt muss bezahlbaren Wohnraum bereitstellen. Der Markt wird es von sich aus nicht tun“ ist zu pauschal. Die Stadt kann keinen Wohnraum bereitstellen, sondern mit den Trägern Strategien entwickeln, um mehr sozialen Wohnraum zur Verfügung zu stellen oder andere Modelle entwickeln. Die These sollte differenziert verfolgt werden.
Hr. Hannig: Der Markt stellt natürlich bezahlbaren Wohnraum zur Verfügung; die Frage ist nur, was bezahlbar ist. Wenn er „nicht bezahlbare“ Wohnungen anbietet, bleibt er darauf sitzen. Da würde ich nochmal auf die Art der Formulierung achten und These 2 anpassen.
Hr. Nolda: Die 2. These ist nicht richtig. Es ist nicht so, dass eine Kommune Wohnraum schafft, sie macht Stadtentwicklungspolitik. Aufgabe der Stadtentwicklungspolitik ist, für eine Wohnraumversorgung der städtischen Bevölkerung zu sorgen.
Uwe Altrock: Diese Thesen sind nicht Vorformulierungen für Thesen, die in dem Bericht stehen sollen, sondern Diskussionsanstöße.Wir müssen nicht um die richtige Form, sondern um die richtigen Inhalte ringen.
Hr. Büsscher: Zur 5. These: „Es braucht keine neuen Wohngebiete am Stadtrand“. Das finde ich gut, doch es ist einfach nicht möglich, weil wir einfach nicht die Verfügbarkeit über sämtliche Flächen haben. Und deswegen wird es auch weiterhin Wohngebiete am Stadtrand geben. Die Frage ist, wie man die Stadt mit wenig Flächenverbrauch am Stadtrand
188 nachverdichten kann.
Hr. Herzbruch: Der Grundsatz der 5. These ist der Stadt bekannt, doch viele Flächen sind in Privatbesitz und nicht mobilisierbar. Wir haben keine Möglichkeit, darüber zu entscheiden. Deswegen sind diese ganzen Potentiale, die dort erfasst werden, in der Summe erheblich fiktiv. Die Stadt kann nur da entwickeln, wo sie Eigentümer ist oder zusammenhängende Flächen bestehen, wozu der Stadtrand auch gehört.
Alexander Derksen: Uns ist bewusst, dass hierbei über private Flächen gesprochen wird. Es geht jedoch um Mobilisierung und die Frage, wie wir an die Flächen herankommen.
Uwe Altrock: Da müssen wir begrifflich unterscheiden, es sind keine fiktiven Flächen sondern Potentialflächen. Das heißt, sie sind nicht morgen bebaubar, doch haben ein Potential. Bestenfalls müssen sie auch nie bebaut werden. Wenn nur ein kleiner Prozentsatz der ermittelten zusätzlichen Wohneinheiten umsetzbar ist (aufgrund der Mobilisierbarkeit und der Eignung), wird These 5 bestätigt. Das Ziel ist, möglichst wenig der Stadtrandflächen nutzen zu müssen.
Hr. Nolda: Zugespitzt lautet die 5. These „keine Neubaugebiete ausweisen“. Die Strategie der Stadt zur Außenentwicklung ist vorsichtig. Die Hälfte der Bebauungspläne ist auf privaten Grundstücken. Private Maßnahmen werden begleitet, „keine“ Ausweisung ist jedoch nicht möglich. Das Prinzip Innenentwicklung gilt natürlich in der Stadt.
Maximilian Grafinger: Welche Instrumente hätte die Stadt, die Potentiale im Innenbereich zu erschließen? Über das Planungsrecht könnte sie auch für Flächen in privater Hand Anreize schaffen. Beispielsweise können über Anpassung von Bebauungsplänen höhere Dichten zugelassen werden.
Fr. Lübke: Ich bin eine Vertreterin des Gesprächs und der Initiierung von Prozessen. Private müssen gewonnen werden. Das Stadtentwicklungskonzept ist dafür da, um verschiedenen Akteuren deutlich zu machen, welche Potentiale vorhanden sind. Eigentümer möchten ja auch, dass ihr Eigentum langfristig funktioniert. Bei der 5. These mit den Wohngebieten am Stadtrand muss auch die Region betrachtet werden. Die
189 Wohnungsfrage nur für die Stadt Kassel zu diskutieren ist zu kurzfristig gedacht. Man muss auch prüfen, welche Potentiale, auch für spezielle Wohnformen, im Umland vorhanden sind.
Hr. Mohr: Bei meiner Planungstätigkeit in Schauenburg ca. Mitte der 90er wurden 9-10 ha sofort bebaubare Flächen gefunden und der Stadt nahegelegt, auf die Eigentümer einzugehen. Das war der Gemeinde jedoch nicht möglich. Erst jetzt, ca. 10-15 Jahre später haben sie Interesse, da die Bewohner generationsbedingt die Flächen loswerden wollen. Um diese Flächen können wir uns in der Stadt nicht kümmern. Wir kümmern uns eher um größere, zusammenhängende Flächen. Dann hilft es uns immer: 1. wenn es eine kommunale Fläche ist und 2. wenn das Baurecht so ist, dass ein Investor dort das, was er vorhat, nicht spontan umsetzen kann, z.B. eine andere Flächendarstellung gewählt ist (Fläche für Gemeinbedarf o.Ä.)
Das sind unsere Möglichkeiten und die nehmen wir auch intensiv wahr. Das Baurecht in solchen Einfamilienhausgebieten zu ändern ist sehr schwer. Wir konzentrieren uns eher darauf, zusammenhängende Flächen vernünftig im Sinne der Innenverdichtung mit Investoren zu besprechen.
Tobias Schäfer: Was ein Stadtentwicklungsplan Wohnen leisten kann, ist eine Gesamtstrategie dazu, wie die Weiterentwicklung stattfinden soll. Nachverdichtung in der Stadt wird zurecht von betroffenen Bewohnern diskutiert. Da finde ich es wichtig, dass man sich als Stadt ein klares Bild schafft, wie wir unsere Stadt weiter bauen wollen. Diese Gesamtstrategie kann damit auch die einzelnen Projekte der Stadt legitimieren.
Jörg Schrader: Wie kann der Stadtentwicklungsplan Wohnen ein wirksames Instrument für die Weiterentwicklung von Wohnungspolitik und Stadtentwicklung in Kassel sein? Wie kann dieses Konzept dazu beitragen? Was muss er erfüllen, damit er nicht in einer Schublade verschwindet oder wenig erreicht?
Fr. Lübke: Er muss, wenn man ihn mit Investoren oder der Bevölkerung diskutieren will - das sind zwei ganz verschiedene Gruppen - so anschaulich wie möglich sein. Eine beispielhafte Darstellung, wie so eine Innenverdichtung aussehen könnte, halte ich für ziemlich wichtig. Die Diskussion um die Charta für die Baukultur muss auch in die Bürgerschaft gebracht werden. Das Konzept könnte Teil dieser Baukultur sein.
190 Hr. Nolda: Der wesentliche Gesichtspunkt des Konzeptes ist die Darstellung der Quantität: Was hat Kassel an Wohnungen, wie viel Bevölkerung hat Kassel in welcher Entwicklung? Wir haben uns vorgenommen, da kompetenter zu sein und eindeutige Aussagen über die Zahlen zu haben und diese fortzuschreiben. Zweitens wollen wir wissen, wie sich der Wohnungsbestand in Zukunft ändert, da er immer den Großteil der Stadt ausmachen wird. Welche Wirkung hat Dämmung etc. auf den Wohnungsmarkt? Die dritte Frage bei der Quantität ist städtebaulich: Wie viele Wohnungen passen noch in die Stadt? Wie engagiert muss man beim Umgang mit neuen Wohnbauflächen sein? Die über den ZRK erhobenen Potentiale reichen mittel- bis langfristig aus und werden daher nicht fortgeschrieben. Hätte man auch möglichst konkrete Aussagen zu den Potentialen im Innenbereich, könnte man sich in der Stadtentwicklung ruhiger auch mit deren Qualitäten auseinandersetzen und müsste sich nicht in überstürzte Bebauungsaktion begeben. Das heißt aber auch viel Kleinarbeit. Wir kümmern uns auch in kleinen Flächen um die Änderung des Baurechts.
Alexander Derksen: Bevor wir von Potentialen und Leitbildern sprechen, brauchen wir eine Position. Hat man in der Stadt eine Position zum Thema Wohnen? Will Kassel überhaupt ein Leitbild, brauchen wir ein Leitbild?
Hr. Nolda: Die Stadt ist ja da. Es gab schon immer Leitbilder, die zu bestimmten einzelnen Veränderungen geführt haben. Wir sagen jetzt: Schwerpunkt Innenentwicklung. Was wir jetzt machen ist eine Typologisierung des Wohnungsbestandes. Und für diese Typologisierung entwickeln wir dann einzelne Zielvorstellungen oder Szenarien. Ein Leitbild kann nicht für die ganze Stadt umgesetzt werden. Grundsätzlich haben wir über die gesamte Entwicklung der Stadt Prinzipien (z.B. den Grundsatz, Gewerbeflächen in der Stadt zu erhalten), die an vielen Stellen im Widerspruch zum Wohnungsbau stehen. Im Bereich Wohnen wurden Daten erhoben und Szenarien erstellt, wie es sich entwickeln soll.
Fr. Schwarze: Auch bei der Mobilisierung von Flächen sollten Sie in Kategorien denken, weil es natürlich immer unterschiedliche Voraussetzungen für die einzelnen Flächen gibt. Das sind Einzelfallentscheidungen. Wenn unterschiedliche Planungsgrundlagen für gleiche Potentialtypologien vorliegen, sind es faktisch unterschiedliche Typologien. Gerade, wenn man in Richtung Handlungsempfehlungen und Strategien denkt, muss man sich überlegen, welche Mobilisierungsmöglichkeiten man hat.
191 Fr. Lübke: Für die Bedeutung des Stadtentwicklungskonzeptes ist eine Übersicht über die gesamte Situation wichtig. Die Stadt sollte in der Lage sein, über die nächsten 10 Jahre Prioritäten zu setzen, über die man mit dem Investor reden kann. Immens wichtig ist, in welchen Eigentumsverhältnissen die Flächen sind. Nicht nur, ob sie in privatem oder öffentlichen Besitz sind; es ist auch zu prüfen, welche Baugenossenschaften etc. dort sind. Wenn ihr so eine Übersicht macht, kann das für die Stadt sehr nützlich sein, auch wenn man den Strategien nicht unbedingt folgen muss, die dort vorgeschlagen werden.
Hr. Nolda: Das ist kein uninteressanter Gedanke, doch die Eigentümerstruktur ist definitiv nicht öffentlich.
Fr. Lübke: Aber für diese Strategieentwicklung ist eure Kenntnis für die Studenten doch wichtig. Ich denke, für eine praxisorientierte Ausbildung muss man sich wenigstens das realisieren, was für allgemeine Eigentumsverhältnisse da herrschen.
Hr. Nolda: Wir haben die Kartierung der sozialen Wohnbaugesellschaften, das ist aber auch alles. Und die öffentlichen Besitze sind nicht geheim.
Hr. Herzbruch: Der Stadt hilft die Sammlung von Material und die Fleißarbeit der Studenten, da sie ja sie über Eigentumsfrage Bescheid weiß und über weitergehende Informationen verfügt. Aufgrund der Datensammlung kann die Stadt überprüfen, ob sie eine Fläche bereits näher betrachtet hat oder nicht. Zu der Leitbild-Frage: Vor fünf Jahren wäre das Leitbild auf Schrumpfung ausgerichtet gewesen, was jetzt überholt geworden wäre. Trotzdem halte ich es für richtig, immer wieder mit Thesen in so eine Arbeit hineinzugehen, damit wir einen Maßstab haben, an dem wir arbeiten. Von daher: Leitbild vorneweg, Materialsammlung hintendran, das ist das, womit wir arbeiten können.
Jörg Schrader: - kurzes Fazit, Danke und Verabschiedung
192 Im Expertengespräch zu „Nutzungsmischung und Infrastruktur“ wurden die Planungsideale der Nutzungsmischung und der Stadt der kurzen Wege und ihre Bedeutung für die zukünftige Stadtentwicklung diskutiert. Das Ideal der Nutzungstrennung prägte maßgeblich den Baubestand und ist weiterhin in Bereichen wie der BauNVO verankert. Ziel ist nun, das Ideal der Stadt der kurzen Wege und der Nutzungsmischung schrittweise auch auf den Bestand anzuwenden. Dazu wurde angemerkt, dass es auch innerhalb gemischter Quartiere strukturell deutliche Unterschiede geben kann, wie in der Mischungsintensität oder der Art vorhandener Nutzungen. Auch wurde geäußert, dass es immer Bereiche gibt, die kaum Nutzungsmischung zulassen. Für die geplante Potentialflächenanalyse wurde es für notwendig erachtet, die vorhandene Infrastruktur für die Bewertung der Flächen heran zu ziehen.
Im Expertengespräch „Zielgruppenorientierung“ wurde zunächst besprochen, dass die Zielgruppen Flüchtlinge, Senioren und Studierende differenziert betrachtet werden müssen. Es findet keine Selektion bei der Auswahl der Investoren bezüglich der vorgesehenen Wohnformen statt, da eine möglichst schnelle Realisierung von neuem Wohnraum stattfinden soll. Die Stadt sollte in Zukunft kritischer auf die geplante Wohnqualität bei Neubauprojekten achten und Zuschläge konzeptbezogen vergeben. Des Weiteren muss der soziale Wohnungsbau, wenn auch in einer anderen Form, den Zielgruppen entsprechend (sozial inklusiv, barrierefrei, von unterschiedlichen Gruppen nutzbar und gemeinschaftsbildend), wieder aufgenommen werden. Hierbei und auch in anderen homogenen Wohnquartieren, wie in Einfamilienhausgebieten, soll das Ziel der Durchmischung verfolgt werden.
Zum Thema des bezahlbaren Wohnens verdeutlichten die Experten, dass die Stadt weitere Akteure benötigt, um sozialverträglichen Wohnraum zu schaffen. Die GWG allein als städtisches Unternehmen reicht dafür nicht aus, da sie neben öffentlichen auch gegenüber betriebswirtschaftlichen Interessen verpflichtet ist. In den letzten Jahren entstand in Kassel sehr wenig sozialgebundener Wohnraum aufgrund der niedrigen Preise auf dem Kasseler Wohnungsmarkt. Der angesichts des angespannteren Wohnungsmarktes eingeführte Mietpreisspiegel wird hinsichtlich Machbarkeit und Nutzen in der Stadt geprüft. Kritisch werden die anfallenden Kosten betrachtet, da das Instrument nicht zum Bau neuer Wohnungen beiträgt. Wirkungsvoller ist das Modell der kooperativen Baulandverträge. In allen Konversionsprojekten in Kassel wurde ein hoher Anteil an sozialverträglichem Wohnraum realisiert. Ansonsten bestehen es aktuell keine großen Wohnungsbauprojekte in der Stadt.
Im Gespräch über „Neue Träger, Wohn- und Angebotsformen“ zeigte sich die deutliche Position der Stadt Kassel zur Mobilisierung der Wohnbaupotentiale. Aus pragmatischen Gründen beschäftigt sich die Stadt Kassel verstärkt mit der GWG und der GWH, um mit wenigen Projekten verhältnismäßig viel Wohnraum schaffen zu können. Dies erfolgt zum einen, weil die Unternehmen einen kommunalen Auftrag mit sich tragen und zum anderen, weil die personellen Ressourcen nicht ausreichen, um die vielen Einzeleigentümer zu aktivieren. In dieser Expertengruppe
193 wurde geäußert, dass ausreichend Akteure aktiv sind, wobei offen blieb, ob diese auch neue Wohnformen entwickeln wollen. Die Stadt sieht sich nicht in der Verantwortung, jedes Einzelgrundstück zu entwickeln, sondern sieht sich darum bemüht, Schlüsselgrundstücke und die gesamtstädtische Entwicklung im Blick zu behalten. Um den kommunalen Wohnungsbau zielgerichteter durchführen zu können, besteht der Gedanke, wieder verstärkt kommunale Projektentwicklungsgesellschaften zu entwickeln.