D/A 5,– EUR CH 6,– CHF
3. Auflage mit Touren, Tipps und Terminen 2017
Schlösserregion Oberschwaben Ein Land wie viele Märchen Schlösser und Klöster bestimmen das Bild in Oberschwaben und im Württembergischen Allgäu. Die einstigen Bauherren überboten sich meist gegenseitig in Größe und Prunk und hinterließen uns prächtige Bauwerke. Barocke Türme und Säle
sind märchenhafte Kulissen und laden zum Träumen ein: von rauschenden Festen mit edlen Prinzen und schönen Prinzessinnen, frechen Fröschen oder einem bezaubernden Aschenputtel der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt.
Wir freuen uns auf Ihren Besuch! Schloss Aulendorf · Neues Schloss Kißlegg · Neues Schloss Meersburg Schloss Meßkirch · Schloß Mochental · Kloster und Schloss Salem · Hohenzollern-Schloss Sigmaringen Neues Schloss Tettnang · Die Waldburg · Schlössle Weingarten
Oberschwaben Tourismus GmbH Neues Kloster 1 · 88427 Bad Schussenried Tel. +49(0)7583 3310-60 www.oberschwaben-tourismus.de info@oberschwaben-tourismus.de
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ieses Bodensee Magazin Spezial “Kirchen, Klöster & Konzil“ (dritte überarbeitete Auflage) führt Sie in eine Zeit, die scheinbar längst vergangen, für die Bodenseeregion jedoch bestimmend war und heute noch ist. Dabei stellt es kein leichtes Unterfangen dar, ein so geschichtsträchtiges Thema zugänglich und erlebbar zu machen. Denn der Beginn liegt weit zurück im 6. Jahrhundert, dem frühen Mittelalter, mit der Gründung des Bistums Konstanz, setzt sich mit den Klostergründungen in St. Gallen und auf der Insel Reichenau fort, umfasst als historischen Meilenstein das Konstanzer Konzil von 1414 bis 1418 und mündet in die Blütezeit des 18. Jahrhunderts – eine große Zeitspanne, die die Bodenseeregion zu einem politischen, religiösen und geistigen Zentrum im heutigen Europa machte. Über alle Landesgrenzen hinweg ist die Bodenseeregion als Ganzes von „Kirchen und Klöstern“ geprägt und dies nicht im Sinne einer rückwärts gewandten Verklärung. Kirchen und Klöster waren Zentren der Macht, nicht nur aufgrund ihres finanziellen Reichtums, sondern vor allem wegen ihrer geistigen Werte. Mit ihrem in Bibliotheken dokumentierten Wissensschatz, ihren ebenso unterschiedlichen wie eindrucksvollen Bauwerken, war die Region rund um den Bodensee Ausgangspunkt europaweiter, kultureller und politischer Entwicklungen von wirklich historischer und schließlich europäischer Dimension. Dies wirkt bis heute nach, insbesondere mit den UNESCO-Welterbestätten St. Gallen und Insel Reichenau sowie den Jubiläumsfeierlichkeiten zum Konstanzer Konzil. Die Bedeutung des Bodenseegebietes als Zentrum europäischer Kulturgeschichte will dieses Magazin für Gäste und Einheimische nachvollziehbar und erlebbar machen. Wir sind davon überzeugt, dass wir hier all denjenigen, die sich für dieses eindrucksvolle Thema interessieren, die internationale Bodenseeregion als einen Erlebnisraum präsentieren, der in seiner Vielfalt, in seiner Tiefe und Qualität einzigartig ist.
Konzilstadt Konstanz, Wandfresko Dreifaltigkeitskirche
1
Inhalt
2
Einführung
3
Impressum
7
Chronologie
8
Konstanz
10
Westlicher Bodensee
24
Insel Reichenau
34
Salem
44
Oberschwaben
54
St. Gallen
66
Ittingen
72
Thurgau
82
Schaf f hausen
86
Stein am Rhein
94
Klosterstadt Meßkirch
96
Karte
98
Termine,Tipps und Touren 2017
100
Glossar
112
Klosterregion Bodensee – Wiege europäischer Kultur
Stadt der Kirchen, Klöster und des Konzils Bodensee Kirchenbesucher – Kirchen, Klöster & Kapellen UNESCO-Weltkulturerbe Klosterinsel Reichenau Das Zisterzienserkloster Salem Himmelreich des Barock
UNESCO-Weltkulturerbestadt / Herzstück Stiftsbibliothek Kartause Ittingen — Geschichte und Kunst erleben Auf Mittelalterspuren / Historisches Museum Thurgau Klosterbezirk zu Allerheiligen - Frühe Romanik Kloster Sankt Georgen und die Johanneskirche auf Burg Campus Galli — Karolingische Klosterstadt Meßkirch
Foto: Achim Mende
Editorial
M
önche, Nonnen und ihre Klöster haben seit dem frühen Mittelalter die Landschaft rund um den Bodensee maß geblich gestaltet. Ihre besondere Wirtschafs- und Lebensweise hat hier nicht nur eine einzigartige Kulturlandschaft geschaffen, sondern Impulse für Neuerungen in vielerlei Hinsicht gegeben. Mit der landwirtschaftlichen Erschließung der seit der Römerzeit teilweise verödeten Gegenden, mit dem Wiederaufleben von Schriftlichkeit in den Klosterschreibstuben, mit dem Aufblühen der Wissenschaft, ja nicht zuletzt mit der Verbreitung des Christentums und der damit verbundenen geistigen und geistlichen Erneuerung ging ein enormer wirtschaftlicher und kultureller Aufschwung einher, der weit über die Region hinaus wirkte: Mit gutem Recht darf die Bodenseeregion als Wiege mitteleuropäischer Kultur gelten! Irische Wandermönche auf alten Handelsstraßen Was machte die Region für die Mönche so interessant? Der Bodensee war bereits seit frühester Zeit eine Drehscheibe für Handel und Verkehr. Seine günstige Lage am Nordrand der Alpen mit den Zugängen zu den wichtigsten Alpenquerungen und seine Anbindung an die nach Norden, Osten und Westen führenden Verkehrswege machten ihn seit der Zeit der Römer zu einem der bedeutendsten Verkehrswege der Region. Der Wasserweg bot die Möglichkeit, auch größere Mengen von Gütern kostengünstig zu transportieren. Insbesondere die alten (aus keltischen Siedlungen hervorgegangenen) Römerstädte, Bregenz im Osten und Konstanz mit dem Rheinübergang im Westen, waren wichtige Umschlagplätze. Die Landeplätze Bodman mit der Pfalz, Überlingen, Meersburg, Buchhorn und Lindau am Nordufer, und vor allem Romanshorn, Rorschach und Arbon am Südufer markieren wichtige Zentren der weiteren Entwicklung. Dabei nahm Konstanz mit dem bis ins frühe Mittelalter zurückreichenden Bischofssitz eine zentrale Rolle ein. Das Bistum Konstanz, das sich von Brienz im Süden bis kurz vor Backnang im Norden, von Kempten im Osten bis Breisach im Westen erstreckte, war bis zu seiner Aufhebung 1821 eines der größten Flächenbistümer im Heiligen Römischen Reich. Die zentrale Lage von Konstanz war auch noch im Spätmittelalter unangefochten und dürfte einer der entscheidenden Gründe dafür gewesen sein, dass Konstanz von 1414 bis 1418 Konzilstadt war. Zwei Voraussetzungen machten die Ansiedlung von Mönchen und den Aufschwung der Bodenseeregion erst möglich: zum einen die Eingliederung der alemannischen Stämme und Stammesführer in das Frankenreich, zum andern die von den Frankenkönigen geförderte Missionstätigkeit iro-schottischer Mönche. Bereits Anfang des 7. Jahrhunderts gelangte der Ire Columban in die Schweiz und an den Bodensee, wo er in Bregenz ein Kloster gründete, das allerdings bald wieder aufgegeben wurde. Columban selbst blieb nicht in der Region, sondern zog nach Italien weiter. Nicht nur die Franken, auch andere hier ansässige Adelsgeschlechter betätigten sich — vor allem im späteren Verlauf des Mittelalters — als Klosterstifter und Förderer der Klöster. Die Region Bodensee und Hochrhein bildete den Kernbereich des (hochmittelalterlichen) Herzogtums Schwaben, weitere
Wallfahrtskirche Birnau, Honigschlecker
Hochadelsgeschlechter waren hier begütert, sowohl die Staufer als auch die Welfen hatten hier Besitz. Auf der Habsburg (heute Kanton Aargau, Schweiz) liegt der Stammsitz der Habsburger. Entlang der alten Verkehrswege im Rheintal und entlang der alten Römerstraßen schritt die Christianisierung voran. Den Anfang bildeten Einsiedeleien im 7. Jahrhundert, wie jene des (irischen?) Mönchs Gallus im damals unwirtlichen Hinterland des südlichen Bodenseeufers (heute St. Gallen). Gallus war im Gefolge des Columban an den Bodensee gekommen. Auf den Wanderbischof und Missionar Pirmin wird eine ganze Reihe von Klostergründungen oder Klosterwiederherstellungen zurückgeführt. Sein Weg lässt sich von Neuweiler über Weißenburg, Maursmünster und Murbach im Elsass bis zur 724 gegründeten Abtei Reichenau verfolgen. Die geschützt auf einer fruchtbaren Insel im Untersee gelegene Reichenau gelangte rasch zu großer Blüte. Das Kloster entwickelte sich zu einem geistlichen und kulturellen Zentrum. Im 9. Jahrhundert war die Reichenau ein Mittelpunkt des durch Benedikt von Aniane reformierten Mönchtums. Von den klösterlichen Bauten blieben auf der Insel bis heute drei große Kirchen und die frühbarocke Klosteranlage von Mittelzell erhalten. Vor allem die ottonischen Wandmalereien in St. Georg in Reichenau-Oberzell und die eng damit verbundenen Wandmalereien in der kleinen Sylvesterkapelle von Goldbach bei Überlingen können bis heute einen Eindruck vom Kunstschaffen im Umfeld der Reichenau vermitteln. Klöster als kulturelle und geistliche Zentren im Karolingerreich Als Reichskloster war die Reichenau in die Verwaltung des karolingischen Reichs eingebunden. Vergleichbar dem in Rätien gelegenen Müstair und dem von der Reichenau aus besiedelten Kloster Pfäfers im Bistum Chur bildete es eine wichtige Station am Weg vom fränkischen Reich nach Italien. 819 wurde auch das an der Stelle der Einsiedelei des hl. Gallus von dem hl. Otmar gegründete Kloster St. Gallen zum Reichskloster erhoben. Wohl in diesem Kontext entstand auf der Reichenau der für St. Gallen bestimmte St. Galler Klosterplan. Auf der Reichenau und in St. Gallen entstanden wichtige Bibliotheken, und in den Skriptorien der beiden Klöster wurden Handschriften geschaffen, die zu den bedeutendsten des Mittelalters zählen. Die St. Galler Bibliothek blieb bis heute erhalten und besitzt unter anderem bedeutende Fassungen der Regeln des hl. Benedikt aus dem frühen 9. Jahrhundert. In ihrem Bestand wurden auch wichtige spätantike Manuskripte, wie Vitruvs “de re aedificatoria“ (Über die Baukunst) überliefert, das im 15. Jahrhundert „wiederentdeckt“ wurde und die Architekturtheorie von der Renaissance bis heute beeinflusst hat. Große hochadelige Damenstifte, deren Gründungen in karolingische Zeit zurückreichen, waren in Lindau, Buchau und Säckingen angesiedelt. Das im 9. Jahrhundert gegründete Kanonissenstift in Lindau gilt als Keimzelle der späteren Stadt. Von den Damenstiften Lindau und Buchau haben sich die Kirchen und Konventsbauten des 18. Jahrhunderts, in Säckingen die mehrfach erneuerte Stiftskirche erhalten.
Einführung | Bodensee Magazin Spezial
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Konstanz – Bischofssitz, Stadt der Klöster und Stifte Kirchliches Zentrum bildete bis ins Spätmittelalter der Bischofssitz in Konstanz, der sich bis in die Zeit um 600 zurückverfolgen lässt. Den Dienst in der Kathedrale versah das Domstift, von dessen Gebäuden heute nur noch Teile des hochgotischen Kreuzgangs, der Kapitelsaal und die Domschule erhalten sind. Bischof Konrad I. (amt. 934–975) gründete noch ein Mauritiusstift, für das die im Kern bis heute erhaltene Mauritiusrotunde nordöstlich des Münsters erbaut wurde. Dabei bestanden oft enge Verbindungen zwischen den Konstanzer Bischöfen zu den bedeutenden Abteien im Bodenseeraum. Wiederholt waren Konstanzer Bischöfe zugleich Äbte in St. Gallen oder auf der Reichenau. Die Kathedrale des Bistums, das Münster in Konstanz, wurde im 11. Jahrhundert weitgehend neu errichtet. Die unter den Bischöfen Lambert und Rumold ausgeführten östlichen Bauteile, die 1058 geweiht wurden sowie das etwas jüngere, 1089 geweihte Langhaus sind bis heute in großen Teilen erhalten. Sie zählen zu den bedeutendsten Bauten dieser Zeit im Bodenseeraum. Zur Infrastruktur der Bischofstadt gehörte auch eine Reihe von Klöstern und Stiften, die als Abbild der Hauptkirchen Roms interpretiert werden. Das 983 von Bischof Gebhard II. gegründete Kloster Petershausen (in dessen barockem Klostergebäude heute das Archäologische Landesmuseum untergebracht ist), war Teil dieses „Konzepts” nach dem Vorbild der römischen Hauptkirchen. Zeit der Reformen: Benediktiner, Zisterzienser, Prämonstratenser Im 10./11. Jahrhundert erlebte das benediktinische Mönchtum eine Blütezeit, die auch am Bodensee ihre sichtbaren Spuren hinterlassen hat. Besonders aufwendig waren die Anlagen des Klosters Allerheiligen in Schaffhausen. Um das bis heute erhaltene Münster gruppierte sich eine ganze Reihe von Kapellen, die eine ganze Kirchenfamilie bildete. Der betont schlicht gehaltene Bau ist ganz vom Geist der Klosterreformen des späten 11. Jahrhunderts geprägt. In dieselbe Zeit reicht das Kloster St. Georgen in Stein am Rhein zurück. Aus der Frühzeit des Klosters haben sich die romanische Klosterkirche und Teile des Kreuzgangs erhalten. Auch die Propstei Wagenhausen bei Stein am Rhein wurde im 11. Jahrhundert gegründet und besitzt noch die Klosterkirche aus der Gründungsphase. Ebenfalls in diese Zeit der Klosterreformen fällt die Stiftung des welfischen Hausklosters Weingarten im Jahr 1056. Die gewaltige romanische Kirche wurde zwar im 18. Jahrhundert durch einen Neubau ersetzt, doch kann der Rest der südlichen Seitenwand heute noch einen Eindruck der ursprünglichen Größe vermitteln. Im 12. Jahrhundert breiteten sich die Reformorden der Zisterzienser und Prämonstratenser auch im Bodenseeraum aus. Während die Prämonstratenser mit ihren Stiften in Weissenau, Schussenried, Obermarchtal und Roggenburg eher in Oberschwaben angesiedelt waren, verfügten die Zisterzienser mit dem 1134 gestifteten Kloster Salem und dessen Tochterkloster Wettingen über zwei bedeutende Niederlassungen in der Nähe des Bodensees und des Hochrheins. Vor allem Salem erlangte im 13. und 14. Jahrhundert eine herausragende Bedeutung, die sich bis heute in dem hochgotischen Münster dokumentiert. Zahlreicher als die Männerklöster waren die Frauenklöster der Zisterzienser im Bodenseeraum. Ein Grund dürfte die nachhaltige Förderung der Frauenkonvente durch Abt Eberhard II. von Salem (amt. 1241–1276, = 1284) gewesen sein. Zisterzienserinnen waren in Kalchrain, Feldbach, Wald, Gutenzell und Baindt angesiedelt. Klöster in den Städten – die Bettelorden Das 13. und 14. Jahrhundert war die große Zeit der Bettelorden, allen voran die Dominikaner und Franziskaner, die sich entlang der Hauptverkehrswege ausbreiteten. So verwundert es nicht, dass sich beide Orden früh in Konstanz niedergelassen und dort bereits im 13. Jahrhundert sehr stattliche Klöster errichtet haben. Das ungewöhnlich große Dominikanerkloster, das auf einer Insel der Stadt vorgelagert ist, wird heute als Inselhotel genutzt. In der umgebauten Klosterkirche befinden sich beachtliche Reste von Wandmalereien aus dem 13. und 14. Jahrhundert. Im Zentrum der Hotelanlage liegt der (stark restaurierte) Kreuzgang aus dem 13. Jahrhundert. Das bedeutende Franziskanerkloster ist ebenfalls in weiten Teilen erhalten und wird heute teilweise als Schulgebäude und die ehemalige Kirche für Oberschwaben, Deckenfresko Basilika Weingarten
Ausstellungs- und Veranstaltungszwecke genutzt. Auch die Frauenklöster der beiden Orden waren in der Region vertreten. Von diesen oft kleinen geistlichen Gemeinschaften kann das 1257 gestiftete Dominikanerinnenkloster Zoffingen (Konstanz) auf eine ununterbrochene klösterliche Tradition bis heute zurückblicken. Neben den Franziskanern und Dominikanern siedelten sich in der Bischofstadt 1268 auch die Augustinereremiten an. Von deren Niederlassung hat sich die heute barockisierte Klosterkirche, die heutige Dreifaltigkeitskirche, mit ihren bedeutenden Wandmalereien aus der Zeit des Konstanzer Konzils erhalten. Ebenfalls bereits im 13. Jahrhundert wurde das Franziskanerkloster in Überlingen gegründet. Der heutige, barock ausgestattete Kirchenraum stammt im Kern aus dem frühen 14. Jahrhundert und erhielt 1309 sein erstes Dachwerk. Im 15. Jahrhundert wurde der Obergaden aufgesetzt, erst 1752/53 wurde der Bau in zeitgemäßen Formen umgestaltet. Die Altar- und Skulpturenausstattung stammt zum überwiegenden Teil von Joseph Anton Feuchtmayer und von Franz Anton Dirr, der sich 1761 in Überlingen als Bildhauer niedergelassen hatte. Die Dominikaner und Franziskaner erfreuten sich einer besonderen Förderung durch die Habsburger. Unter König Rudolf I. wurden Mitglieder des Ordens häufig als Bischöfe berufen. Als König Albrecht I. 1308 bei Brugg an der Aare ermordet wurde, stifteten dessen Gemahlin und seine Tochter zu seinem Gedächtnis das Franziskanerdoppelkloster in Königsfelden. Die aufstrebenden Handelsstädte boten auch anderen Bettelorden Möglichkeiten der Entfaltung. 1344 ließen sich die Karmeliten in Ravensburg nieder. Ihre ungewöhnlich große Kirche entwickelte sich im 14. und 15. Jahrhundert zu einem bevorzugten Bestattungsort der Ravensburger Patrizier, wie der Mötteli, der Humpis und der Muntprat. Klöster in den Städten – Zeit der Renaissance Im 15. Jahrhundert entwickelte sich eine neue, moderne Wohn- und Lebenskultur in den Städten, die auch in den Klöstern einzog. In den Jahren 1436 bis 1555 wurde die neue Kirche des Chorherrenstifts Radolfzell (heute Pfarrkirche) erbaut. In dieselbe Zeit datiert der Bau der Chorherrenstiftskirche St. Pelagius in Bischofszell. Der in den Jahren 1487 bis 1519 nach einem Brand errichtete Neubau des Benediktinerklosters Mariaberg bei Rorschach, mit seinen prachtvollen Steinmetzarbeiten gilt als der wohl am besten erhaltene spätgotische Klosterneubau im Bodenseeraum. Ebenfalls noch im 15. Jahrhundert begonnen wurde der Neubau des Konventsgebäudes von Kloster Weingarten, das heutige Alte Kloster in Weingarten. Die in seltener Vollständigkeit erhaltene Abtei St. Georgen in Stein am Rhein erlaubt einen Einblick in das Klosterleben eines städtischen Benediktinerklosters zu Beginn der Neuzeit. Die Räume der Äbte Jodokus Krum und David von Winkelsheim der Benediktinerabtei St. Georgen in Stein am Rhein mit ihren wertvollen Renaissanceausstattungen dokumentieren den hohen Wohnstandard jener Jahre. Strenge Askese: Kartäuser - Einsiedler im Kloster Eine besondere asketische Form des Klosterlebens praktizierten die Kartäuser. Sie legten ein umfassendes Schweigegelübde ab und widmeten sich vollkommen dem kontemplativen Leben. 1461 wurde den Kartäusern das ehemalige Augustinerchorherrenstift Ittingen übergeben. Die Bauten der Kartäuser zeichnen sich dadurch aus, dass jedem der Brüder ein eigenes Gebäude mit kleinem Garten zur Verfügung steht, die entlang des Kreuzgangs angeordnet sind. Diese spezielle Architekturform ermöglicht dem Mönch ein Leben als Eremit im Kloster. Wesentliche Teile der Ittinger Anlage entstammen dem 17. Jahrhundert. In Buxheim, nördlich des Bodensees, hat sich eine zweite bedeutende Kartause erhalten. Abschied von der Askese? Klöster im Barock Das ausgehende 16. und frühe 17. Jahrhundert war für den Bodenseeraum eine Zeit wirtschaftlicher Prosperität. Der Wohlstand spiegelt sich in den zahlreichen anspruchsvollen Neubauten jener Zeit. Die vermutlich größte in dieser Zeit gebaute Anlage, Abtei- und Konventgebäude des Zisterzienserklosters Salem, fiel leider 1697 einem Brand zum Opfer. Einen Eindruck von der klösterlichen Architektur jener Zeit können das 1595 gebaute Jesuitenkolleg in Konstanz, das 1605/10 erbaute Konventsgebäude Einführung | Bodensee Magazin Spezial
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der (seit 1540 dem Konstanzer Domstift inkorporierten) Abtei Reichenau und die ab 1604 erneuerten Gebäude des (seit 1534 dem Konstanzer Domstift inkorporierten) Stifts Öhningen vermitteln. Den Typ der frühbarocken Klosteranlage vertritt die ab 1615 erbaute St. Galler Propstei Neu St. Johann mit ihrer bedeutenden frühbarocken Altar- und Skulpturenausstattung des Konstanzer Bildhauers Hans Schenk und dessen Neffen Hans Christoph Schenk. Im 17. Jahrhundert breiteten sich vor allem unter dem Eindruck der Schrecken des Dreißigjährigen Krieges in den Städten neue Reformorden wie die Kapuziner aus, von denen sich bedeutende Anlagen nicht nur in Rottweil und Riedlingen, sondern auch in Überlingen erhalten haben. Die Bauten der Kapuziner sind betont schlicht gehalten und bieten einen programmatischen Gegenentwurf zu den zeitgenössischen frühbarocken Anlagen der anderen geistlichen Niederlassungen. Das 18. Jahrhundert bildete nochmals einen Höhepunkt der klösterlichen Kultur am Bodensee. In den großen Reichsabteien entstanden umfangreiche und repräsentative Neubauten. Zu den ersten Anlagen zählt der durch einen Brand notwendig gewordene Neubau des Klosters Salem nach Entwürfen von Franz (II.) Beer. Fast gleichzeitig wurden in Einsiedeln und Ottobeuren ebenfalls ambitionierte Projekte geplant. Dabei nähert sich die maßgeblich von Caspar Moosbrugger konzipierte achsialsymmetrische Anlage in Einsiedeln dem Idealkonzept eines Barockklosters, wie es auch eine Vogelschauansicht der geplanten Gesamtanlage von Weingarten (1723) und das Klostermodell des (unvollendet gebliebenen) Klosterneubaus von Schussenried repräsentieren. 1715 wurde mit dem schon seit längerer Zeit geplanten Neubau in Weingarten begonnen. Die ebenfalls nach Entwürfen von Beer begonnene und in ihrer heutigen Form maßgeblich von Donato Frisoni geprägte Klosterkirche ist zugleich der größte barocke Kirchenbau Oberschwabens. Auch in St. Gallen hatte man sich schon seit längerem mit Baugedanken getragen, als schließlich 1750 mit dem Bau der heutigen Stiftskirche begonnen wurde. Der Deutsche Ritterorden entwickelte im 18. Jahrhundert gleichfalls eine rege Bautätigkeit in Altshausen und auf der Mainau, wo residenzartige Anlagen entstanden. Seine Baumeister Johann Kaspar und Franz Anton Bagnato waren auch für andere Auftraggeber nördlich und südlich des Sees tätig. Zu den Bauten des Deutschen Ordens zählt ebenfalls das exponiert gelegene Schloss Achberg bei Lindau mit seiner reichen Stuckausstattung. Klöster prägen Städte und Landschaft Die Bautätigkeit der Klöster umfasste auch die zu den Klöstern gehörenden Pfleghöfe, die das Bild der Städte mitprägten, sowie Pfarrkirchen und die Wallfahrtskirchen. So entstanden die Birnau als Wallfahrtskirche des Klosters Salem, die Wallfahrtskirche Baitenhausen bei Meersburg und Steinhausen als Wallfahrt des Prämonstratenserstifts Schussenried. Viele Klöster besaßen seit dem Mittelalter Weinberge an den Ufern des Sees, so die oberschwäbischen Abteien Irsee, Ochsenhausen, Ottobeuren, Schussenried, Weingarten und Weissenau sowie die schweizerischen Abteien Einsiedeln und St. Gallen. Zu den Weinbergen gehörten Verwaltungsbauten, Torkel (Weinpressen) und große Keller. Die Schlösser Hersberg und Kirchberg dienten der Verwaltung klösterlicher Weinberge der Abteien Ochsenhausen und Salem. Pfleghöfe der Klöster Einsiedeln, Irsee, Salem, Schussenried und Weingarten haben sich in Sipplingen und Hagnau erhalten. Im 18. Jahrhundert erlebten die naturwissenschaftlichen Sammlungen, die Bibliotheken und die Schulen der Klöster eine neue, letzte Blüte. Für die bedeutenden Bibliotheksbestände wurden neue prachtvolle Räume geschaffen. Vor allem in den spätbarocken Büchersälen wie in der Fürstabtei St. Gallen wurden theologische, philosophische und ordensgeschichtliche Themen zu komplexen Bildprogrammen verwoben. Bereits vom Geist der Aufklärung geprägt ist der klassizistisch umgestaltete Bibliothekssaal in Salem. Im letzten Drittel des 18. Jahrhunderts verbreiteten gerade die Klöster die neuen Formen des Frühklassizismus im Bodenseeraum. Allen voran ist die Zisterzienserabtei Salem zu nennen. Die Säkularisation um 1803 setzte der klösterlichen Kultur im Bodenseeraum ein jähes Ende. Nur an wenigen Orten blieben die Klostergemeinschaften erhalten oder wurden wieder- und neugegründet (wie zum Beispiel das Zisterzienserkloster Mehrerau in Bregenz, das Zisterzienserpriorat in Birnau oder Kloster Hegne). Doch bereits zu früheren Zeiten verfiel so manches Kloster zu Ruinen, Klöster wurden aus unterschiedlichen Gründen aufgegeben, Besitz verkauft, andere Formen des Zusammenlebens und Wirtschaftens erschienen zeitgemäßer. Doch haben die Mönche und Nonnen der Bodenseeregion zu ihrer einzigartigen Kulturlandschaft verholfen, wie sie sich heute in ihrer ganzen Schönheit präsentiert. Ulrich Knapp Salem, Historiengemälde
Impressum
Impressum
ISBN 978-3-944741-33-8 3. überarbeitete Auflage 2017 Bodensee Magazin spezial „Kirchen, Klöster & Konzil“ ist eine Publikation der Labhard Medien GmbH Max-Stromeyer-Straße 116 D-78467 Konstanz Tel.: +49 (0)7531 / 9071-0 verlag@labhard.de, www.labhard.de Geschäftsführung Thomas Willauer twillauer@labhard.de Gabriele Schindler gschindler@labhard.de Autoren Ulrich Knapp, Henry Gerlach, Monika Spicker-Beck, Johannes Huber, Birgit Rückert, Christa Fritschi, Karina Barcyk, Elke und Peter Jezler, Dr. Hannes Napierala, Helmut Fidler, Ulf Hailer, Andreas Steidel, Claudia List Layout Helga Stützenberger Grafische Umsetzung Marina Fricke Vertrieb Katharina Schlude kschlude@labhard.de Kartografie map solutions © GmbH, Karlsruhe Druck Werbedruck GmbH Schreckhase, Spangenberg Titelbild Klosterkirche Birnau Foto: Achim Mende, Überlingen Fotos Wenn nicht anders vermerkt, wurden uns die Fotos von den betreffenden Projektpartnern zur Verfügung gestellt. Wir bedanken uns bei allen Projektpartnern. © Labhard Medien, 2016
5.–10. Jh. Frühes Mittelalter 719 eigentliche Gründung des Benediktinerklosters St. Gallen durch Otmar
Um 600 erste Kirche St. Stephan, Konstanz
Ca. 480-547 Benedikt von Nursia
Um 600 Gründung Bistum Konstanz
612 Gallus gründet eine Einsiedlerzelle
400
500
724 Gründung des Klosters Reichenau durch den Wanderbischof Pirmin und Bau der ersten Klosterkirche 799 Weihe des ursprünglichen Baus der Kirche St. Peter (und Paul), ReichenauNiederzell
600
700
11.–13. Jh. Hochmittelalter 11.–13. Jh. Romanik
12.–16. Jh. Gotik
1049 Gründung des Benediktiner-
klosters zu Allerheiligen in Schaffhausen
1056 Gründung des Benediktinerklosters Weingarten
Anfang des 12. Jh. Neubau St. Peter und Paul, Reichenau-Niederzell
1084 Gründung Kartäuserorden mit Kloster "La Grand Chartreuse" in Grenoble
1134 Gründung des Zisterzienserklosters Salem
1089 Weihe des Konstanzer Münsters Ca. 1090-1153 Bernhard von Clairvaux, wichtigster Vertreter des Zisterzienserordens
1093 Gründung der Benediktiner-
klöster Wiblingen und Ochsenhausen
1000
1152 Bestätigung der Gründung des Klosters Ittingen durch Papst Eugen III. (ursprünglich Augustinerchorherren-Stift) Ca. 1181-1226 Franz von Assisi, Gründer des Franziskanerordens
1183 Gründung des Prämonstratenserklosters
Schussenried
1236 Gründung des Dominikanerklosters in Konstanz (heutiges Inselhotel)
1100
1200 1760–1830
NeuzeiT 1600–1770 Barock 1720–1770 Rokoko 1746-1749 Bau der Wallfahrtskirche 1704-1708 Bau der
theksaals im Kloster St. Gallen
1714-1783 Barocker
1755-1766 Bau der barocken Kloster-
1715-1724 Bau der
1763-1767 Barockisierung der
Neubau der Gesamtanlage des Kloster Wiblingen
1618-1648 Dreißigjähriger Krieg
1600 8
Bodensee Magazin Spezial | Chronologie
Birnau (Kloster Salem)
1758-1767 Bau des barocken Biblio-
Idda-Kapelle des Klosters Fischingen
Basilika Weingarten
kirche, heutige Kathedrale des Bistums St. Gallen Klosterkirche Ittingen
1700
1789 Französische Revolution
Chronologie
Chronologie 962 Kaiserkrönung Otto I. in Rom, die als Gründungsdatum des seit dem Spätmittelalter sogenannten Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation gilt
816 Weihe der Klosterkirche St. Maria (Ursprung des heutigen Münsters), Reichenau-Mittelzell
Um 970 Gründung des Benediktinerkonvents St. Georgen auf dem Hohentwiel, Umsiedlung nach Stein am Rhein 1007
896 Weihe von St. Georg, ReichenauOberzell
983 Gründung des Benediktinerklosters Petershausen durch den heiligen Bischof Gebhard von Konstanz
Ende 9. Jh. Bau der Krypta des
Konstanzer Münsters
800
900 14.–15. Jh. Spätmittelalter 15.–16. Jh. Renaissance
Neuzeit
1414–1418 Konstanzer Konzil 1415 Reformator Jan Hus (ca.1369-1415) wird als Ketzer verbrannt
1524 Ittinger Sturm - Bildersturm und Klosterbrand in der Reformationszeit
1417 Oddo Colonna wird im Kaufhaus in Konstanz zum Papst gewählt (Martin V.)
1483-1546 Martin Luther
1461 Kartäuserorden erwirbt
1492 Beginn der Neuzeit mit der Entdeckung Amerikas
Kloster Ittingen
1300
1400
1540 Inkorporation des Klosters Reichenau in das Hochstift des Bistums Konstanz
1500
Klassizismus 1803 Reichsdeputationshauptschluss: weltliche Fürsten werden für Verluste während der napoleonischen Kriege entschädigt. Säkularisation: Aufhebung kirchlicher Institutionen und die Verstaatlichung ihres Besitzes sowie die Einverleibung der geistlichen Fürstentümer und Herrschaften des Heiligen Römischen Reiches durch größere Territorialstaaten.
1848 Gründung des schweize-
rischen Bundesstaates, es folgte die Aufhebung der Klöster
1922 Neugründung des Benediktinerklosters Weingarten (bis 2010)
1821 Auflösung des Bistums Konstanz
1892 die Barmherzigen Schwes-
1977 Wiedererrichtung des Klosters Fischingen
und Gründung des Erzbistums Freiburg
1827 Einsetzung des ersten Erzbischofs
von Freiburg
tern vom Heiligen Kreuz erwerben die ehemalige Sommerresidenz der Konstanzer Fürstbischöfe in Hegne und nutzen es als Kloster
1800
1977-1983 Gründung der
2004 Gründung der
1900
2000
privatrechtlichen Stiftung Kartause Ittingen
Cella St. Benedikt auf der Reichenau
Chronologie | Bodensee Magazin Spezial
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Fotos: Achim Mende
Foto: Dagmar Schwelle/TIK
Foto: Franz-Josef Stiele-Werdermann
Das Münster Unserer Lieben Frau Die ehemalige Bischofskirche ist naturgemäß nicht nur die größte Kirche der Stadt, sondern birgt mit den erhaltenen Teilen der Winkelgangkrypta die ältesten Bauteile einer Kirche in Konstanz. Im Kern geht die Krypta auf das Ende des 9. Jahrhunderts zurück. Mit dem Erwerb der Reliquien des spätrömischen Märtyrers Pelagius Anfang des 10. Jahrhunderts und der Heiligsprechung des Konstanzer Bischofs Konrad 1123 wurde sie erweitert.
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ie Grundmauern der sogenannten Mauritiusrotunde stam men aus dem 10. Jahrhundert. Sie beherbergt das Heilige Grab, d. h. ein Kenotaph, das an die Grabeskirche Jesu Christi in Jerusalem erinnert, die der Erbauer Bischof Konrad mehrfach besuchte. In die gleiche Zeit gehört auch die berühmte Konstanzer Goldscheibe in der Krypta, eine Majestas-Domini-Darstellung, die stilistisch noch von der byzantinischen Kunst beeinflusst ist. Der Kirchenbau selbst ist eine romanische Säulenbasilika, die 1089 geweiht wurde. Sie besteht fast ausschließlich aus Sandstein, der in der Nähe der heute schweizerischen Stadt Rorschach gewonnen wurde. Aus dem 11. Jahrhundert stammt noch die Arkadenanlage mit ihren oktogonalen Kapitellen und den massiven, aus einem einzigen Steinblock errichteten Säulenschäften im Langhaus. Ursprünglich hatte das Münster eine bemalte flache Holzdecke und keine Seitenkapellen. In diesem Zustand befand sich der Kirchenbau auch noch während des Konstanzer Konzils (1414–18), das hier seine „Plenarsitzungen“ abhielt. Erst in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts wurden die Kapellen in den Seitenschiffen erbaut, wobei die letzten Kapellen im nördlichen Seitenschiff erst im 17. Jahrhundert errichtet wurden. Ein schönes Beispiel für den überbordenden Reichtum an Bauschmuck der Spätgotik stellt die Welserkapelle an der Nordseite des Münsters dar. Die späte Renaissance schenkte dem Münster wenig mehr als das noch existierende Orgelgehäuse. In der Zeit der Reformation (1527–48) wurde das Münster zur Pfarrkirche ernannt und nahezu aller Ausstattungsstücke beraubt. Übrig blieben im Wesentlichen nur das Chorgestühl und die wunderbaren Eingangstüren am Westportal. Beide entstanden um 1470. Parallel zum Bau und Umbau des Langhauses sowie der Seitenschiffe wurde die Doppelturmfassade errichtet, deren Glockengeschosse und Spitzen jedoch einem Brand von 1511 zum Opfer fielen. Der heute existierende Turmhelm wurde erst 1853 im neugotischen Stil errichtet. In der Zeit des Barock erfolgten nur noch wenige Baumaßnahmen, was u. a. den zerrütteten finanziellen Verhältnissen des Bistums und der Stadt Konstanz unter österreichischer Herrschaft geschuldet war. Zu den sichtbaren Barockumbauten und Ausstattungsstücken gehören vor allem der Silberaltaraufsatz im Chor, sowie die Einwölbung des Langhauses und die prächtige Kanzel von 1680. Auch der Klassizismus hat seine Spuren im Konstanzer Münster hinterlassen. Ab 1775 wurden der Chor und das Querschiff in dem damals modernsten Stil umgestaltet. Vor allem aus Geldmangel verzichtete man auf die Umgestaltung der verbliebenen Teile des Münsters. Von den Anbauten des Münsters ist im Wesentlichen nur noch ein Teil des Kreuzganges erhalten. Der West- und Nordteil brannten 1824 ab und wurden nicht wieder erneuert. 1956 erhielt das Konstanzer Münster den Rang einer “Basilica minor“. Mit diesem vom Papst verliehenen Ehrentitel wird die Bedeutung der Kirche für die Region hervorgehoben, auch wenn Konstanz seit 1821 nicht mehr Sitz eines Bischofs und damit das Münster zu Konstanz keine Kathedrale mehr ist.
Innenraum des Konstanzer Münsters mit Blick auf Orgel und Oratorium (oben) Rheintorturm / Europa zu Gast (unten)
Der Mann mit dem Kelch In fast jeder Kirche des ehemals größten deutschen Bistums finden sich eine oder mehrere Abbildungen oder Statuen des ehemaligen Konstanzer Bischofs Konrad (um 900–975). Im Jahr 934 zum Bischof gewählt, gehörte Konrad zu den einflussreichsten Reichsbischöfen in der Regierungszeit Kaiser Ottos I. Nach seinem Tod mehrten sich die Berichte über Wunder, die sich zu seinen Lebzeiten ereignet haben sollen. Dazu zählten u. a. auch, dass Konrad über das Wasser des Bodensees spaziert sei sowie die Geschichte des berühmten Spinnenwunders: Am Ostersonntag hielt Konrad das heilige Pontifikalamt. Nach der Wandlung, d. h. nach der Umwandlung der Substanz des Weines in das Blut Jesu Christi, fiel plötzlich von oben eine giftige Spinne herab, genau in den Kelch. Der Verzehr einer Spinne galt im Mittelalter als todbringend. Hätte Konrad jedoch die Spinne aus dem Kelch entfernt, so wäre möglicherweise etwas vom Blut Christi verlorengegangen und so trank Konrad auf Gott vertrauend den Kelch mitsamt der Spinne kurzerhand leer, so dass kein Tropfen des Blutes Christi verloren ging. Die Umstehenden waren vor Furcht erstarrt und fürchteten, „es werde die Freude des Tages zu tiefer Trauer sich wenden“. Nach dem Hochamt ging Konrad nach Hause. Mittags ging er zum Essen, saß aber zunächst nur schweigend am Tisch. Die anderen Teilnehmer des Mittagsmahls befürchteten das Schlimmste. Konrad blieb jedoch gelassen und sagte nur, dass er noch auf einen Gast warte. Dann neigte er sich nach vorne, öffnete den Mund und die Spinne kroch aus seinem Mund heraus. Dem Bischof ging es gut und auch die Spinne hatte überlebt. Alle brachen in Jubel aus und dankten Gott für dieses Wunder. Daher wird Bischof Konrad zumeist mit den Attributen Kelch und Spinne gezeigt.
Konstanz | Bodensee Magazin Spezial 15
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Kirche St. Stephan Die Ursprünge der Kirche St. Stephan gehen vielleicht auf die spätrömische Zeit zurück, wahrscheinlich aber auf die Zeit vor Errichtung des Bistums Konstanz Ende des 6. Jahrhunderts. In spätkarolingischer Zeit existierte dann schon ein Chorherrenstift, und St. Stephan entwickelte sich zunehmend zur bedeutendsten Stadtkirche in Konstanz, deren Kanonikerstellen vorwiegend von Mitgliedern des Patriziats besetzt wurden. Während des Konstanzer Konzils war die Kirche Sitz der “Rota Romana“, des päpstlichen Gerichts. Zwischen 1527 und 1548 befand sich das Stift im Exil und die Kirche war protestantisch/reformiert. Endgültig wurde das Stift 1807 aufgehoben. Heute präsentiert sich der Bau der Stephanskirche im Wesentlichen als ein Werk des 15. Jahrhunderts. Spätbarocke Änderungen erfolgten vor allem mit der Stuckdecke im Chor (1770). Bis auf die alt-katholische Christuskirche, ehemalige Kirche des Jesuitenklosters, sind sämtliche noch heute aktiven Kirchen der Altstadt katholisch, während sich linksrheinisch im Stadtteil Paradies noch die evangelische Lutherkirche (erbaut 1865–73) und die Schottenkapelle befinden.
Klöster in Konstanz Von ehemals einem Dutzend Klöster hat sich in Konstanz nur mehr das Dominikanerinnenkloster “Zoffingen“ erhalten. Die meisten Konvente wurden Ende des 18. Jahrhunderts säkularisiert, und nur Kloster Zoffingen durfte weiter existieren, aufgrund der Tatsache, dass die Nonnen eine Mädchenschule betrieben. Die anderen Klosteranlagen wurden schon Ende des 18. Jahrhunderts unter Kaiser Joseph II. oder aber 1802/03 aufgelöst. Dazu gehörte z. B. das Benediktinerkloster Petershausen, das 983 gegründet worden war. Die spätbarocken Konventbauten wurden nach der Säkularisation zunächst als Kaserne genutzt. Heute befinden sich in den Gebäuden die städtische Musikschule, das Stadtarchiv und das archäologische Landesmuseum. Ähnlich erging es dem Franziskanerkloster am heutigen Stephansplatz. 1253 bezogen die Barfüßer die Gebäude, die nach der Aufhebung des Konvents 1788 u. a. als Kaserne dienten und heute als Schule und als Bürgersaal für Veranstaltungen und Ausstellungen genutzt werden. Eine gänzlich andere Nutzung erfährt heute das ehemalige Dominikanerkloster auf der Insel. Während die gesamte Uferzone von Konstanz im Laufe des Mittelalters aufgeschüttet wurde und der heutige Stadtgarten erst im 19. Jahrhundert entstand, konnten die Dominikaner schon ab 1236 auf einer Insel vor den Toren der Stadt eine weitläufige Klosteranlage bauen. Im Laufe des 13. Jahrhunderts entstanden die Konventgebäude und der heute noch erhaltene Kreuzgang, sowie die dreischiffige Kirche mit ihrem Fries von selten gemalten Martyriumsszenen. Eine der bekanntesten Persönlichkeiten des Inselklosters war der Mystiker Heinrich Seuse (1296–1366), ein Schüler des berühmten Meister Eckhart. Seuse war nach seinem Studium Prior des Inselklosters und Lektor, d. h. in der Ausbildung der Dominikanermönche tätig. Während der Konzilszeit diente das Inselkloster zeitweise als Gefängnis für den Prager Reformator Jan Hus. Außerdem war das Predigerkloster in jener Zeit Tagungsort der italienischen und französischen Nation, während das Franziskanerkloster den Vertretern der deutschen und englischen Nation als Konferenzort diente.
Kirche St. Stephan (oben) Konstanzer Hafen mit Blick auf Konzil (unten)
1785 verließen die letzten Mönche die Insel und sämtliche Bauten wurden von der Genfer Immigrantenfamilie Macaire übernommen und als Tuchdruck- und Tuchfärbefabrik genutzt. Ein bedeutender Spross dieser Familie war Ferdinand Graf Zeppelin, der Erbauer der Luftschiffe. Er kam 1838 auf der Insel zur Welt. 1874 wurden die Gebäude in ein Hotel umgewandelt, und diesem Zweck dient es bis heute. Dennoch fanden hier 1966 die ersten Vorlesungen der neugegründeten Universität Konstanz statt. Vom ehemaligen Augustiner-Eremiten-Kloster in Konstanz ist nur mehr der Kirchenbau übriggeblieben. Die der Heiligen Dreifaltigkeit geweihte Kirche stammt überwiegend aus dem 13. und 14. Jahrhundert und wurde im 18. Jahrhundert u. a. mit spätbarocken Deckengemälden und Stuckverzierungen versehen. Bemerkenswert sind die während der Zeit des Konstanzer Konzils entstandenen Wandmalereien im Langhaus, welche neben Ordensheiligen auch eine Darstellung König Sigismunds zeigt, der ab 1417 im Kloster Quartier nahm und drei Konstanzer Maler mit der Ausmalung beauftragte. Es ist nicht gesichert, ob Sigismund – als säumiger Schuldner bekannt – die Kosten vollständig beglich.
“Felix Mater Constantia“ Ausgehend vom Hl. Konrad (gest. 975) war es ein Grundgedanke der Konstanzer Bischöfe des 10. Jahrhunderts, ein „Abbild“ der heiligen Stadt Rom in der Stadttopographie zu verwirklichen. Dem entsprechen Ausbau und Neugründung verschiedener Kirchen, die das gleiche Patrozinium hatten wie die fünf römischen Patriarchalkirchen. Hierzu zählen die Erweiterung des Marienmünsters (römisches Vorbild: Santa Maria Maggiore), St. Johann (Vorbild: San Giovanni in Laterano), St. Paul (heute K9-Kulturzentrum. Vorbild: San Paolo fuori le mura), St. Lorenz (nicht mehr existent. Vorbild: San Lorenzo fuori la mura) und schließlich die Klosterkirche von Petershausen (nicht mehr existent. Vorbild: St. Peter im Vatikan). Mehrmals taucht dieser Gedanke auch in literarischen Quellen auf, wenn Konstanz in Analogie zu Rom als “Felix Mater“ bezeichnet wird, so auch im Pelagius-Hymnus aus dem 12. Jahrhundert in einer St. Galler Handschrift: „Glückselige Mutter Konstanz, Christus ergeben, juble ob des Festes des hl. Pelagius, deines höchsten Patrons.“
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Das Konstanzer Konzil 1414-1418 „Die Stadt Konstanz ist klein, kann aber trotzdem vielen Menschen Herberge geben. In der Länge hat sie eine Ausdehnung von zwei guten Bogenschüssen; sie ist aber nur einen Bogenschuss breit. Allen, die sich hier aufhalten und es selbst miterleben, erscheint es fast unmöglich, wie dieser kleine Ort so viele Gäste mitsamt ihren Pferden unterbringen und ernähren kann. Italien muss ganz zurücktreten; dort gibt es kaum eine Stadt, welche die Last einer derartig zahlreichen Einquartierung ertragen könnte.“ Benedetto da Piglio (Brief vom 14.02.1415)
Für dreieinhalb Jahre war die wohlhabende Handelsstadt Konstanz mit ihren 6–7.000 Einwohnern mehr als nur ein regionales Zentrum. Während der Zeit des Konzils erfüllte sie mangels einer ausdrücklichen Residenzstadt des Römisch-Deutschen Königs die Hauptstadtfunktion im Deutschen Reich. In Spitzenzeiten weilten über 10.000 Gäste in der Stadt am Bodensee. Wie kam es zu diesem kirchlichen, politischen und kulturellen Großereignis des Mittelalters? Zwischen 1378 und 1417 gab es nicht nur einen, sondern zwei, zuletzt sogar drei Päpste. Dieses “Schisma“ bedeutete für Europa ein politisches, theologisches und kirchenrechtliches Durcheinander. Der damalige römisch-deutsche König Sigismund und der mit der größten Anhängerschaft ausgestattete Papst Johannes XXIII. beschlossen 1413 im lombardischen Lodi, ein allgemeines Konzil in Konstanz zu veranstalten, um dieses Problem zu lösen. Sigismund forderte auch die Anhänger der anderen beiden Päpste, Gregor XII. und Benedikt XIII., auf das Konzil zu besuchen. Die Reichsstadt Konstanz bot sich für das Konzil an, denn sie unterstand König Sigismund als Oberherrn. Hinzu kamen die verkehrsgünstige Lage am Rhein, intensive Handelsverbindungen nach Italien, gesicherte Lebensmittelzufuhr (Fisch, Wein, Getreide, Fleisch) und stabile politische Verhältnisse, die für Konstanz sprachen. So begann hier am 5.11.1414 der größte kirchliche, aber auch politische Kongress des Mittelalters in Europa. Über 30 Kardinäle sowie hunderte von Bischöfen, Äbten, Fürsten und Grafen versammelten sich in Konstanz. Hinzu kamen tausende von Mitgliedern des niederen Klerus, Handwerker, das Gefolge der großen Herrschaften, Gesandte ausländischer Höfe sowie Vertreter von über zwei Dutzend Universitäten und Städten. Selbst eine Delegation des byzantinischen Kaisers weilte in Konstanz. Somit wurde Konstanz zeitweilig zur Hauptstadt des Deutschen Reiches, das ja nicht wie etwa Frankreich und England über eine permanente Hauptstadt verfügte. Wo sich der Hof des Königs befand, wo Reichstage stattfanden, weltliche und kirchliche Potentaten zusammenkamen, dort wurden wichtige Entscheidungen für das ganze Reich und – im Falle des Konstanzer Konzils – auch für ganz Europa getroffen. Etliche Parteien, die sich im Krieg miteinander befanden, so z. B. England und Frankreich oder der Deutsche Orden und Polen, führten in Konstanz politische Verhandlungen und fochten Rechtstreitigkeiten aus. Somit war das Konstanzer Konzil nicht nur ein kirchlicher, sondern auch ein wichtiger politischer Kongress. Darüber hinaus zog das Konzil auch viele Intellektuelle an, so z. B. einige italienische Humanisten. Einer von ihnen, Poggio Bracciolini, unternahm von Konstanz aus mehrere Ausflüge zu verschiedenen Klosterbibliotheken, um dort verloren geglaubte antike Texte zu „retten“. So wurde das Konstanzer Konzil auch zu einem großen Büchermarkt und einem Ort des Austausches von Wissen und neuem Gedankengut. Es wurden nicht nur zahlreiche zeitgenössische Texte in Konstanz vervielfältigt, sondern z. B. auch Dantes “Göttliche Komödie“ auf Latein übersetzt und in mehreren Exemplaren hergestellt, womit ihre Bekanntheit im Deutschen Reich erst begann.
Ein Konklave wie es kein zweites gab Der Anlass für das Konstanzer Konzil war bekanntlich das schon jahrzehntelang andauernde Papst-Schisma, d. h. es gab zu Beginn des Kongresses drei Päpste, die alle für sich behaupteten, der richtige zu sein. Nachdem man drei Jahre verhandelt hatte, waren zwei der Päpste abgesetzt und einer zurückgetreten, so dass nun im November 1417 der Weg für ein Konklave frei war. Also stand eine neue Papstwahl bevor. Wer jedoch sollte den Papst wählen? Die gültige Wahlordnung sah eigentlich nur die Kardinäle vor. Aber die hatten doch bei den vorhergehenden Versuchen, das Schisma zu beenden, der Kirche erst den Zustand mit drei gleichzeitigen Päpsten verursacht. Und so beschloss man eine einzigartige Zusammensetzung des Gremiums. Damit der neue Papst auch wirklich von allen Mächten Europas anerkannt werden würde, sollten nun je sechs Vertreter der sogenannten „nationes“, also der deutschen, englischen, französischen, italienischen und spanischen Delegationen, zuzüglich der 23 Kardinäle ins Konklave einziehen. So geschah es dann am Nachmittag des 8.11.1414. Zunächst gab es mehrere Favoriten, allerdings hatte nur ein Kardinal in allen sechs „Fraktionen“ Stimmen bekommen. Schon im zweiten Wahlgang und dem anschließenden „Akzess“, also einem Beitritt der Wähler zum Abstimmungsergebnis, hieß es „Habemus papam“. Am 11.11. wurde der römische Kardinal Oddo Colona – natürlich durch Hilfe des Heiligen Geistes – zum neuen Papst gewählt und erhielt den Namen des Tagesheiligen – Martin V. Damit war die wesentliche Aufgabe des Konzils erfüllt. Die Kirche hatte wieder ein einziges Oberhaupt!
Konstanzer Münster bei Nacht (oben links) Graffiti von Papst Martin V. unter der Rheinbrücke zum Konstanzer Konzil www.eminhasirci.com (unten links) Papst Martin V., Richental-Chronik (oben rechts)
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Die Haupttätigkeit des Konzils jedoch bestand darin, drei schwierige Probleme zu lösen. Zunächst ging es um das schon seit Jahrzehnten bestehende Schisma, zum zweiten um den Kampf gegen die Ketzerei und zuletzt um die Reform der Kirche „an Haupt und Gliedern“. Das erste Problem wurde gelöst, indem zunächst Papst Johannes XXIII. abgesetzt wurde (nach einer aufregenden Flucht aus Konstanz). Heutzutage anerkennt die katholische Kirche Gregor XII. als legitimen Papst. Dieser trat freiwillig zurück. Johannes der XXIII. gilt als Gegenpapst, er wird also nicht mehr mitgezählt, so dass 1958 Angelo Roncalli ebenfalls den Namen Johannes XXIII. annehmen konnte. Nach zähen Verhandlungen des Königs in Spanien mit den wichtigsten Anhängern des verbliebenen Papstes Benedikt XIII., den Königen von Aragon und Kastilien, konnte auch Benedikt auf dem Konstanzer Konzil abgesetzt werden. Die zweite Aufgabe, den Kampf gegen die Ketzerei, meinte das Konzil am Ende gelöst zu haben. Johannes Hus, der Prager Reformator, war – versehen mit einem königlichen Geleitbrief – nach Konstanz gekommen, um sich gegen den Vorwurf der Ketzerei zu verantworten. Er wurde allerdings bald verhaftet und nach einem siebenmonatigen Prozess am 6.7.1415 im heutigen Stadtteil Paradies wahrscheinlich in der Nähe des sogenannten Hussensteins verbrannt. Ein knappes Jahr später erlitt der hochgebildete, humanistisch gelehrte Hieronymus von Prag das gleiche Schicksal. Diese Prozesse waren Auslöser der zwanzig Jahre dauernden blutigen Hussitenkriege. Die dritte Aufgabe, eine grundlegende Reform der Kirche, wurde zwar angegangen; es wurde jedoch viel diskutiert, wenig beschlossen und noch weniger umgesetzt. Nach der Rückkehr des Königs und der Absetzung des verbliebenen Papstes Benedikt XIII. wurde lange darüber gestritten, wer denn nun eigentlich den nächsten Papst wählen sollte. Den Kardinälen wollte man diese Aufgabe nicht allein überlassen, hielt man sie doch für die Hauptverantwortlichen des abendländischen Schismas. So wurde letztlich beschlossen, dass Delegierte aller fünf „Nationen“, Deutschland, Frankreich, Spanien, Italien und England, zusammen mit den Kardinälen den neuen Papst küren sollten. Der Begriff „Nation“ ist übrigens nicht mit dem heutigen zu vergleichen, gehörten doch zur deutschen Nation u. a. Polen, Dänemark und der Deutsche Orden. Als Ort für das bevorstehende Konklave wurde das große Kaufhaus (das heutige “Konzil“) am See gewählt, da es einerseits genügend Platz für die 53 Papstwähler einschließlich ihrer Diener bot, andererseits auch gut abzuschotten war, so dass niemand das Konklave beeinflussen konnte. Das Gebäude war damals auf drei Seiten von Wasser umgeben, und Bogenschützen wachten darüber, dass keine Unbefugten sich auf Rufreichweite nähern konnten. Nach nur drei Tagen, am 11.11.1417, fiel die Wahl auf den italienischen Kardinal Oddone Colonna, der den Namen des Tagesheiligen Martin annahm (Martin V.). Da Colonna kein Priester war, musste er vor seiner Krönung noch schnell zum Diakon, danach zum Priester und schließlich zum Bischof geweiht werden. Mit diesem Papst hatte die katholische Christenheit wieder ein von allen Mächten anerkanntes Oberhaupt. Eine grundlegende Reform der Kirche wurde aber auch unter dem neuen Papst nicht durchgeführt. So ging im April des Jahres 1418 das größte Ereignis der Konstanzer Stadtgeschichte zu Ende. Die Stadt hatte gut verdient, mehr Einfluss im benachbarten Thurgau erhalten, man durfte fortan mit rotem Wachs siegeln und als Zeichen für die neu hinzu gewonnene Blutgerichtsbarkeit im heutigen Petershausen einen roten Streifen dem eigenen Wappen hinzufügen. Die Bewohner hatten viel gesehen, sogar “Mohren“ gab es laut dem Konzilschronisten Ulrich Richental zu bestaunen. Nur auf den hohen Schulden des Königs Sigismund blieb man sitzen. Man sieht: Auch Könige können Zechpreller sein. Richentalchronik: Szenen zum Konstanzer Konzil; Quelle: Rosgartenmuseum Konstanz Versammlung des Konzils im Münster (oben); Verkündigung der Wahl des neuen Papstes (unten)
Oswald von Wolkenstein O wonnigliches Paradies, zu Costentz hab ich gfunden dich! Diese Sätze schrieb der berühmte Tiroler Dichter Oswald von Wolkenstein (um 1377–1445), der im Frühjahr 1415 auf dem Konstanzer Konzil weilte. Er kam im Gefolge Herzog Friedrichs IV. von Tirol in die Reichsstadt am Bodensee. In der Folge wurde er in die Dienste König Sigismunds aufgenommen und begleitete ihn auf seiner Reise nach Spanien. Zahlreiche Gedichte mit Bezug auf Konstanz entstanden in dieser Zeit. Sie schildern in z. T. drastischer Sprache den Alltag auf dem Konzil. 1430 findet man Oswald wieder in Konstanz. Dass er kein Kind von Traurigkeit war, zeigt folgender Gedichtausschnitt: Viel zarte, engelhafte Weib, durchleuchtend schön, mit lichtem Glanz, besessen haben meinen Leib, dort in der Katzen bei dem Tanz, die ich ja nicht vergessen will; das macht ihr liebliche Gestalt. Mit Ehren lustig Freudenspiel Findt man zu Costentz mannigfalt.
Henry Gerlach
Konstanz | Bodensee Magazin Spezial 21
AUSKUNFT Tourist-Information Konstanz GmbH / Marketing- und Tourismus Konstanz GmbH i.G. Bahnhofplatz 43 / Bahnhof D-78462 Konstanz am Bodensee Tel. +49 (0) 7531 / 1330-30 info@konstanz-tourismus.de www.konstanz-tourismus.de
600 Jahre Konstanzer Konzil Konzilstadt Konstanz Marktstätte 1 D-78462 Konstanz Tel. +49 (0) 7531 / 363 270 info@konstanzer-konzil.de www.facebook.com/konzilstadt www.konstanzer-konzil.de
ZUM THEMA 600 Jahre Konstanzer Konzil 2014 - 2018 erinnert Konstanz an das Konstanzer Konzil 1414 - 1418 mit vielfältigen Ausstellungen und Veranstaltungen. Überschrieben mit „Europa zu Gast“ beschäftigen sich die Feierlichkeiten in den Jubiläumsjahren mit faszinierenden Persönlichkeiten und greifen spannende Thematiken des Kongresses auf: Die fünf Jahre werden symbolisiert durch fünf Köpfe des Konzils, die für fünf heute und damals aktuelle Themen stehen. 2014: König Sigismund – Jahr der europäischen Begegnungen Das Eröffnungsjahr war König Sigismund gewidmet, dem selbsternannten Schirmherrn des Konzils. Das „Jahr der europäischen Begegnungen” erinnerte an die Vielfalt der Gäste des Konstanzer Konzils. Zahlreiche Veranstaltungen verwandelten Konstanz im fulminanten Eröffnungsjahr erneut in einen Ort des europäischen Austausches. 2015: Jan Hus – Jahr der Gerechtigkeit Das „Jahr der Gerechtigkeit” würdigte den tschechischen Theologen und Reformer Jan Hus. Hus, der nach Konstanz gereist war, um seine Lehren zu verteidigen, wurde am 6. Juli 1415 verurteilt und verbrannt. Ein Jahr später ereilte seinen Gefährten Hieronymus von Prag dasselbe Schicksal. Internationale und ökumenische Gedenkveranstaltungen sowie zahlreiche deutsch-tschechische
Begegnungen erinnerten an die beiden standhaften Männer und regten zur Auseinandersetzung mit Themen wie Toleranz und den Umgang mit Andersgläubigen an. 2016: Imperia – Lebendiges Mittelalter 2016 war dem „Lebendigen Mittelalter“ gewidmet und war das einzige Jahr, in dem mit der schönen Imperia eine literarische Persönlichkeit in den Fokus rückte. Neben den Frauengeschichten und mittelalterlichen „Weibsbildern“ spielte die Altstadt eine wesentliche Rolle. 2017: Papst Martin V. – Jahr der Religionen 1417 wurde mit Martin V. in Konstanz ein neuer Papst gewählt. Er steht für das „Jahr der Religionen” 2017, in dem sich auch die Reformation zum 500. Mal jährt. Anlass, den interreligiösen Dialog
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innerhalb Europas zu suchen und in der Bodenseeregion zu intensivieren. Neben zahlreichen Ausstellungen, Vortragsreihen und bekannten Formaten erwarten die Besucher u. a. die Konziloper „La Juive" und ein Festakt am 11. November. 2018: Oswald von Wolkenstein – Jahr der Kultur 2018 schließt das „Jahr der Kultur” das Jubiläum ab. Gewidmet ist es Oswald von Wolkenstein, dem Ritter und Minnesänger, der viel durch die Lande zog und an verschiedenen europäischen Höfen sang. So ist auch der europäische Kulturaustausch das zentrale Thema dieses Jahres. Aktuelle Veranstaltungstermine erhalten Sie im Büro der Konzilstadt Konstanz oder im Internet unter: www.konstanzer-konzil.de
Touren und Termine Die Entdeckungen in der historischen, denkmalgeschützten und original erhaltenen Altstadt von Konstanz sind in dem in vielen Sprachen aufgelegten Prospekt der Tourist-Information Konstanz „Rundgang mit Sehenswürdigkeiten” übersichtlich dargestellt. Daneben führt die Reihe „Konstanz schreibt Geschichte(n)” und die „Kinderralley” der Konzilstadt gezielt an Orte in der Konstanzer Altstadt. Eine Route in die Nachbarorte bietet die während des Konstanzer Konzils stattgefundene Flucht des später abgesetzten und heute als Gegenpapst gezählten Papstes Johannes XXIII. aus Konstanz Richtung Westen. Die Flucht des Papstes fand in der Nacht vom 20. auf den 21. März statt. Sie begann am Kreuzlinger Tor in Konstanz und führte den Papst zunächst nach Steckborn. Der Ritt ging vorbei an Schloss
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Darüber hinaus bietet die TouristInformation Konstanz GmbH / Marketing- und Tourismus Konstanz GmbH i.G. einige weitere Führungen zum Thema „600 Jahre Konstanzer Konzil“ an. So führt zum Beispiel die „Imperia“ mit Gesang durch Konstanz, der Landsknecht lässt in den historischen Gassen „die Sau raus“ und Chronist Ulrich Richental berichtet über das Leben zur Konzilszeit und trifft dabei auf andere Zeitzeugen. Neu ab 2017: Eine Führung zur Papstwahl mit dem Kardinal.
K u l tu r Kunst- und Kulturliebhaber finden in Konstanz ein Angebot, das sich sehen lässt: Im ältesten durchgehend bespielten Theater Deutschlands präsentiert das stadteigene Ensemble eine große Bandbreite von Inszenierungen, darunter Klassiker aller Jahrhunderte, Zeitgenössisches und fantasievolle Aufführungen für Kinder und Jugendliche. Sogar mit einem eigenen Philharmonischen Orchester wartet Konstanz auf: Die Südwestdeutsche Philharmonie ist weit über die Grenzen der Region hinaus bekannt. Nicht nur bei Regenwetter machen Konstanzer Museen Lust auf einen Besuch: Allein schon das „Rosgartenmuseum”, das in zwei mittelalterlichen Zunfthäusern untergebracht ist, ist sehenswert. Hier erhält man auch anhand eines eindrucksvollen mittelalterlichen Stadtmodells Einblick in die Geschichte der Stadt und der Region. Besonders originell ist das „Museum im Museum”: die denkmalgeschützte Präsentation vor- und frühgeschichtlicher Funde aus der Gründungszeit des Museums im 19. Jahrhundert. Zeitgemäß präsentiert sich ebenfalls das Archäologische Landesmuseum mit der Sonderausstellung „Zu Gast bei den Juden, Leben in einer mittelalterlichen Stadt“.
Fotografin: Dagmar Schwelle
Gottlieben. Eine weitere Station auf der Flucht war Ermatingen, das mit der Groppenfasnacht sogar eine Tradition bezogen auf dieses Ereignis etabliert hat. Wahrscheinlich bestieg der Papst dann in Steckborn ein Schiff. Der weitere Weg führte über Stein am Rhein, Diessenhofen weiter nach Schaffhausen. Dort hielt er sich in der Burg seines „Fluchthelfers” Friedrich von Österreich einige Zeit auf. Hier empfing er auch Delegationen aus Konstanz. Der weitere Fluchtverlauf des Papstes ging über Laufenburg bis Freiburg und Breisach. Nach seiner Inhaftierung wurde Johannes nach Radolfzell zurückgebracht und dort dann an die Delegierten des Konzils übergeben. Vorläufige Endstation der Flucht und Rückführung des Papstes nach Konstanz war das damals dem Bischof von Konstanz gehörende Schloss Gottlieben, wo Johannes eingekerkert wurde und sogar zwei Nächte Wand an Wand mit dem später auf dem Konzil verbrannten Prager Reformator Jan Hus verbrachte.
DER BESONDERE TIPP
Die Niederburg Nördlich des Münsters beginnt der Stadtteil „Niederburg“, in den sich selten Touristen verlaufen. Der Name kommt daher, dass man sich hier unterhalb der ehemaligen Residenz des Bischofs zum Rhein hin befindet. Selbst wenn Teile der Altstadt überlaufen sind, kann man in der Niederburg einsame Gassen entdecken und sich in einer längst vergangenen Zeit wähnen. Die Niederburg gilt als ältester Konstanzer Stadtteil. Auch wenn ein Teil der Gebäude bei einem Stadtbrand 1355 zerstört wurde, finden sich hier immer noch zahlreiche Häuser aus dem späten Mittelalter. Bewohnt wurde dieses Stadtviertel früher von Handwerkern, Fischern und kleinen Kaufleuten, unter denen auch Hörige des Bischofs waren. Doch auch eine Reihe von stattlichen Häusern, die früher wohlhabenden Domherren gehörten, befindet sich in der Niederburg. Mit dem Kloster Zoffingen birgt der Stadtteil das einzige noch existierende Kloster der ehemaligen Bischofsstadt. Auch die Spitalkellerei mit Lager- und Verkaufsräumen befindet sich in der Niederburg. Zahlreiche kleine Geschäfte, Restaurants und Weinstuben lohnen Erkundungstouren in diesem romantischen Konstanzer Stadtteil.
Konstanz | Bodensee Magazin Spezial 23
Foto: Achim Mende
Foto: Achim Mende
Kirchen, Klöster und Kapellen am Westlichen Bodensee Seit über tausend Jahren zählen sie zu den touristischen Attraktionen der Bodenseeregion: Könige und Kaiser genossen auf ihren Reisen die Gastfreundschaft der Klöster, Pilger suchten und suchen noch heute Hilfe und Trost in den Wallfahrtskirchen und die Pfarrkirchen sind Mittelpunkt lebendiger Gemeinden geblieben. Die Kirchen, Klöster und Kapellen der Bodenseeregion haben nichts von ihrer Anziehungskraft eingebüßt, sie sind besuchenswert geblieben – gemeinsam mit den Kirchen haben die Tourismusorganisationen am Westlichen Bodensee das Projekt “Bodensee Kirchenbesucher” entwickelt.
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ie Suche nach Vergebung von Sünden, das Bedürfnis nach Schutz und damit verbunden die Verehrung von Heiligen oder der Wunsch, Dankbarkeit zu zeigen für eine wunderbare Heilung, war über Jahrhunderte hinweg treibende Kraft für viele Menschen, besondere, als heilig verehrte Orte aufzusuchen. Die großen Klöster oder Stadtkirchen lagen oftmals zu weit entfernt. So schufen sich die Bewohner der Bodenseeregion ihre eigenen Stätten religiöser Verehrung. Wer offenen Auges die Region durchwandert, kann sie heute noch finden und er wird erstaunt sein, welche Ausstrahlungskraft sich diese Orte des Heils bis heute bewahrt haben. Heute haben sich zu den Pilgern Touristen und Kulturinteressierte gesellt, sie alle sind in den Kirchen willkommen. Der Kirchenbesucher wird die Kirchen, Klöster und Kapellen eingebettet finden in die natürliche Landschaft des westlichen Bodensees: die Klosterinsel Reichenau mit ihren drei erhalten gebliebenen Kirchen ruht mitten im Untersee, die Pfarrkirche St. Johann und St. Veit in Gaienhofen-Horn thront hoch über dem See in bester Aussichtslage, die Wallfahrts- und ehemalige Klosterkirche auf dem Schiener Berg liegt in einer Senke am Ort eines alten keltischen Heiligtums. Am alten Hegauer Pilgerweg von Engen nach Hilzingen liegt etwas versteckt ein ganz besonderer Ort: die Heiliggrabkapelle auf dem Kapellenhof in Hilzingen-Weiterdingen.
Otto Dix und die Petruskirche in Kattenhorn Als nach Kriegsende auch die Höri aus dem Osten Vertriebene aufnehmen musste, entschied sich die evangelische Kirchengemeinde für den Bau einer eigenen Kirche. Die Kirchenfenster sollten besonders schön werden. So bat man die Künstler der Höri um Vorschläge. Der 1933 in die Bodenseeregion geflüchtete Großstadtmaler Otto Dix erhielt den Auftrag und schuf beeindruckende Bildwerke. Die Petrus-Kirche in Öhningen-Kattenhorn ist täglich geöffnet .
Eschenz, Franziskanerkloster auf der Insel Werd (oben) Blasius-Kapelle Öhningen-Kattenhorn (unten) Detail Klosterkirche Öhningen (oben rechts)
Westlicher Bodensee | Bodensee Magazin Spezial 29
Am Naturschutzgebiet Mindelsee vorbei führt der Weg nach Radolfzell, wo der Steiner Abt David zusammen mit Mönchen seines Klosters Zuflucht fand. Im Chor der Kirche erinnert ein Epitaph an den hier verstorbenen Abt. Aus Konstanz, das ebenfalls die Reformation eingeführt hatte, hatten sich katholisch gebliebene Chorherren in die Stadt geflüchtet, sie bereicherten die Kirche mit ihren Stiftungen (so z.B. mit der Statue des Hl. Stephan). Damals war das 1436 begonnene gotische Kirchenschiff gerade fertig gestellt worden. Besonders eindrucksvoll wirkt der prächtige Chor, heute gekrönt von einem übergroßen Kreuz, das Papst Benedikt XIII. bei seiner Messe in Freiburg als Altarschmuck gedient hatte.
Solch sakrale Schätze gibt es einige zu entdecken in einer Landschaft, in der sich schon zu Zeiten der Römer erste Christen niedergelassen hatten. Sie bauten ihre Kirchen in die Überreste römischer Garnisonsstädte. Mauern eines römischen Kastells umgeben noch heute die Kirche St. Johann im Steiner Stadtteil Vorderbrugg. Aus dem kleinen Kirchlein wurde im Laufe der Jahrhunderte eine stattliche Kirche. Etwa 1418/20, nur wenige Monate nach Ende des Konstanzer Konzils, erhielt sie eine neue Ausmalung. Die älteste Kirche im Kanton Schaffhausen zeigt im Chor drei hervorragend erhaltene Bilderzyklen zur Schöpfungsgeschichte, zur Lebensgeschichte Johannes des Täufers und Szenen aus dem Leben Jesu. Ihr gegenüber, auf dem nördlichen Rheinufer – denn hier wird aus dem Bodensee wieder der Rhein – liegt eine der besterhaltenen mittelalterlichen Klosteranlagen der Schweiz. Seit der Aufhebung des Klosters mit der Reformation im Jahr 1525 wurde nur wenig verändert . Die ehemalige Benediktinerabtei St. Georgen ist heute ein Museum. Die Gebäude des Mönchstraktes und der Abtswohnung bergen im Innern prächtige Wandmalereien und geschnitzte Holzdecken aus dem 15. und 16. Jahrhundert. Berühmt ist der Festsaal des Abtes für seine Renaissancemalerei. Bei Renovierungsarbeiten im Jahr 1931/32 wurden in der benachbarten Klosterkirche ebenfalls Fresken freigelegt. Ein besonderes Juwel ist die vollständig ausgemalte Grabkelle der Herren von Hohenklingen. Als Abt David von Winkelsheim 1525 sein Kloster verlassen musste, reiste er auf abenteuerlichen Wegen über den Schiener Berg nach Radolfzell, und folgte dabei wohl dem alten Pilgerweg, der beide Orte verbindet. Die historischen Pilgerwege am Untersee und im Hegau wieder zu entdecken und begehbar zu machen, ist ein weiteres Ziel des Bodensee-Kirchenbesucher-Projektes. Gleich mehrere Wege führten aus dem nördlichen Bodenseeraum in die Bischofsstadt Konstanz. Vor einigen Jahren wurde die Via Beuronensis neu ausgeschildert, dieser Pilgerweg führt vom Kloster Beuron im Donautal über Messkirch und Kloster Wald weiter nach Stockach. Dort ist im Ortsteil Hindelwangen die Nellenburger Schutzmantelmadonna zu finden und ihr gegenüber ein Vesperbild, das seit langem Ziel einer Wallfahrt ist. Vorbei an der Loretto-Kapelle führt der Weg nach Bodman und hinauf auf den Bodanrück, wo die Wallfahrtskapelle Frauenberg an ein schreckliches Brandunglück erinnert.
St. Peter und Paul, Hilzingen (oben) Wallfahrtskapelle Frauenberg (unten) Stockach Hindelwangen (oben links)
Die Region ist voll solch sakraler Schätze und voller Geschichten und Anekdoten, die der Kirchenbesucher bei Führungen in den Städten und Kirchen der Region erfahren kann. In fast jedem Ort der Region stehen Kirchen und Kapellen, nicht jede konnte in den "Bodensee Kirchenbesucher" aufgenommen werden. Sie erzählen Geschichten von Heiligen, die Menschen geholfen haben, von Vertreibung und Zuflucht, erinnern an schreckliche Ereignisse ebenso wie an wundersame Rettung. Die großen Kunst- und Kulturepochen prägten den Baustil der Kirchen; ihre Skulpturen, Fresken, Fenster und Altäre zeugen von einer kunstreichen Vergangenheit. Es lohnt, diese Schätze auf einer Entdeckungstour kennenzulernen und im Anschluss mit einem Pilgermahl verwöhnt zu werden. Helmut Fidler
St. Peter und Paul in Hilzingen Sie wird oft die schönste Rokoko-Dorfkirche Deutschlands genannt. Ihr Baumeister war der Vorarlberger Peter Thumb, der zeitgleich auch den Bau der Wallfahrtskirche Birnau leitete. Das fein gegliederte Äußere wird von einem 46 Meter hohen wohlproportionierten Turm überragt. Im Innern besticht die Kirche durch ihre Klarheit: das sechsachsige Kirchenschiff ist vor der Chorwand korbbogenähnlich ausgeweitet und schafft so Raum für vier Nebenaltäre, die den Blick zum Hochaltar hin lenken. Eine Besonderheit ist in Hilzingen das Erntedankfest am 3. Sonntag im Oktober. Seit Jahrzehnten werden aus diesem Anlass Bilder aus Früchten, Körnern und Samen gelegt, die tausende Besucher anziehen. Das Fest erinnert zugleich an den Beginn des Hegauer Bauernkrieges im Jahr 1524, damals läuteten bereits zwei der heute noch erhaltenen fünf historischen Glocken.
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Auf Pilgerpfaden unterwegs Nicht jeder, der auf den historischen Jakobswegen in der Region des westlichen Bodensee unterwegs ist, wird ein Pilger sein, doch jeder Wanderer ist beeindruckt von der Naturlandschaft, die der Rheingletscher vor zwanzigtausend Jahren geformt hat. Ausgeschildert ist der Jakobsweg von Kloster Beuron im Donautal über den Bodanrück nach Konstanz und weiter der Schwabenweg nach Kloster Einsiedeln. Daneben gibt es weitere Pilgerwege, so von Engen nach Hilzingen oder von Radolfzell über den Schiener Berg nach Stein am Rhein. See-Prozessionen zeugen von gelebter Volksfrömmigkeit, so die Mooser Wasserprozession am Montag nach dem 3. Sonntag im Juli und die Allensbacher Seeprozession am 1. Julisonntag. Der Bohlinger Stationenweg ist Teil des „Wegs der Stille“, zu dem bei Tourismus Untersee eine Beschreibung bezogen werden kann.
Unterwegs mit dem Bodensee Kirchenbesucher Pass Im Mittelalter begaben sich Menschen aus allen Schichten auf eine Pilgerreise. Wenn irgend möglich hatten sie ein Empfehlungs- oder Geleitschreiben dabei, in dem um Hilfe und Unterstützung für die Pilger gebeten wurde. Daraus ist dann der Pilgerpass entstanden, den man heute
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vor allem im Zusammenhang mit dem Jakobsweg kennt. Die Pilger von heute dokumentieren damit ihren Weg, lassen ihn an verschiedenen Orten abstempeln und erhalten dadurch unterwegs Vergünstigungen. Dieser Tradition folgt auch der Bodensee-Kirchenbesucher-Pass. Dieser ist Teil der Broschüre "Bodensee Kirchenbesucher". In ausgesuchten Kirchen liegen Aufkleber aus, die die Besucher in diesen Pass einkleben können.
Rabatte in Museen und bei Führungen Mit den Aufklebern von mindestens acht Kirchen erhält man in den aufgeführten Partnerinstitutionen einen Rabatt auf den Eintrittspreis.
Mit dem Kirchenbesucher-Pass gewinnen Am Jahresende können die Kirchenbesucher mit diesem Pass an einem Gewinnspiel teilnehmen, bei dem neben wertvollen Sachpreisen und Jahreskarten auch Übernachtungen in der Kartause Ittingen und im Hotel Haus St. Elisabeth des Klosters Hegne verlost werden. Weitere Informationen unter: www.bodensee-kirchenbesucher.eu
Kapelle Maria auf Schrotzburg, Öhningen (oben)
AUSKUNFT BodenSeeWest Tourismus e.V. Im Kohlgarten 2 D-78343 Gaienhofen Tel. +49 (0) 7735 91 90 55 info@bodenseewest.eu www.bodenseewest.eu
DER BESONDERE TIPP
Bodensee Pilgermahl – Nahrung für Geist und Seele Pilgern macht hungrig. Das war schon im Mittelalter so. Als die Teilnehmer des Konstanzer Konzils vor 600 Jahren in ihrer Freizeit die Gegend erkundeten, pilgerten sie auch zu den wichtigsten Wallfahrtsstätten wie etwa zur Heilig-Blut-Reliquie auf der Insel Reichenau oder zu Kirchen und Kapellen rund um den See. In Erinnerung an diese Zeit können Gäste der Region ab dieser Saison in ausgesuchten Restaurants ein Pilgermahl bestellen. Dabei erwartet sie keinesfalls eine karge Mahlzeit. Die einzigen Vorgaben für die Küche: Alle Zutaten bis auf die Gewürze kommen aus der Region und wurden schon zur Konzilszeit verwendet. Eine besondere Herausforderung ist dabei, Gerichte z.B. ohne Kartoffeln oder ohne Tomaten zu kreieren – diese Zutaten gab es 1414 in Europa nämlich noch nicht. Vom Pilgervesper, das der Direktvermarkter auf die Wanderung mitgibt, bis zum Pilgerfestmahl reicht die kreative Bandbreite. Sogar eine Fischsuppe für die Zubereitung auf dem eigenen Campingkocher und zwei Pilgerweine wurden für die Aktion kreiert. Eine Übersicht über die teilnehmenden Betriebe findet sich auf www.bodensee-kirchenbesucher.eu und in einem eigenen Pilgermahl-Flyer. Angeregt wurde die Aktion von der deutsch-schweizerischen Organisation Tourismus Untersee e.V., um Gäste anlässlich des Konziljubiläums auch geschmacklich mit dem Mittelalter in Berührung zu bringen. Pilgermahl-Flyer und Broschüre Bodensee-Kirchenbesucher sind bei BodenSeeWest Tourismus erhältlich.
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Fotos: Achim Mende
Eiland mit Geschichte Die Reichenau ist heute nicht nur als geschichtsträchtige Klosterinsel, sondern auch als Gemüse- und Ferieninsel bekannt. Mit einer Länge von 4,5 Kilometern und einer Breite von 1,5 Kilometern ist sie die größte der drei Bodenseeinseln. Auf der Hochwart, dem höchsten Punkt der Insel – 440 Meter über dem Meeresspiegel, aber nur 45 Meter über dem Seespiegel – genießt man die beste Rundumsicht.
Die Abtei
I
m Süden bildet der Seerhein die Grenze zur Schweiz. Am gegen- überliegenden Ufer erhebt sich der thurgauische Seerücken, in der Ferne erkennt man bei Föhnwitterung deutlich die Alpen. Im Westen schließen sich die Halbinsel Höri und der Zeller See an. Bei klarem Wetter reicht die Sicht bis in den Hegau mit seinen Vulkankegeln und weiter bis in die Ausläufer der Hegaualb. Richtet sich der Blick nach Norden, haben wir den Gnadensee vor Augen, dahinter die Hügellandschaft des Bodanrücks. Im Osten schließlich verbindet das Band der Pappelallee die Insel mit dem Festland. Sie durchzieht das Schilfmeer des Wollmatinger Rieds mit seinen vorgelagerten Flachwasserzonen. Inmitten des Untersees erhebt sich die Insel mit ihren drei Ortsteilen, die sich um die drei erhaltenen Kirchen herum gruppieren. Südlich des ehemaligen Klostergeländes, in Reichenau-Mittelzell, liegt zwar schon seit Jahrhunderten das gemeindliche Siedlungszentrum, dennoch ist auffällig, dass die Insel keine geschlossene Siedlungsform besitzt. Die über viele Generationen hinweg erfolgte Realteilung hat die Siedlungslandschaft in kleine Parzellen gegliedert. Einzelhöfe, Weiler und Glashausflächen wechseln sich mit unbebauten Freiflächen ab. Sanft geschwungene Rebberge und in verschiedenen Grüntönen leuchtende Gemüseanbauflächen bestimmen das Erscheinungsbild.
Zur Zeit der Karolinger und Ottonen war das Inselkloster eines der bedeutendsten geistigen und kulturellen Zentren im Reich. Von adligen Stiftern mit großzügigen Schenkungen ausgestattet, besaß das Kloster eine ausgedehnte Grundherrschaft. Seine Äbte gingen als hochrangige Politiker in die Geschichte ein. Über Jahrhunderte fungierten sie als Berater der Könige und Kaiser, als Diplomaten und Gesandte. Häufig waren sie Erzieher oder Vertreter der minderjährigen Königssöhne. Abt Hatto III. beispielsweise war zeitweise Erzkanzler des Reichs und Vormund des sechsjährigen Königs Ludwig des Kindes. Ebenso gewichtig waren die Leistungen der Abtei auf dem Gebiet der Wissenschaft, der Dichtung, der Kunst und der Architektur. Bedeutendster Vertreter der lateinischen Literatur war Walahfrid Strabo. Aus seiner Feder stammen zwei heute noch berühmte Werke. Die “Visio Wettini” schildert in Hexametern die Jenseitsvisionen des Mitbruders Wetti; der “Hortulus”, eine lateinische Dichtung über den Gartenbau, gibt Einblick in die mittelalterliche Kräuterheilkunde. Im ehemaligen Klosterbezirk der Insel wurde ein „Kräutergärtlein” angelegt, in dem die von Walahfrid beschriebenen Pflanzen zu sehen sind. Auf dem Gebiet der Buchmalerei erreichte die Klosterschule höchstes Niveau. Besonders die für Kaiser Otto II., Otto III. und Heinrich II. illustrierten Prachthandschriften erlangten weltweite Beachtung. Die wenigen erhaltenen, reich verzierten Codices werden in den jeweiligen Bibliotheken als unschätzbare Kostbarkeiten gehütet. Die zehn berühmtesten gehören seit 2003 zum Welterbe “memory of the world”.
Pirmin, der Klostergründer Im Jahr 724 erschien der Wanderbischof Pirmin, um auf der bis dahin unbewohnten, unwirtlichen, von dichtem Gestrüpp bewachsenen Insel Reichenau ein Kloster zu gründen. Aus Meaux bei Paris kommend und mit einem Schutzbrief des karolingischen Hausmeiers Karl Martell ausgestattet, wurde er in dessen Auftrag von den einheimischen Grafen auf die Insel geleitet, die ihm zum Wohnen geschenkt worden war. Der Legende nach hausten dort in sumpfigem Gelände wilde Tiere, Kröten und giftige Schlangen. Kaum aber, so heißt es in dem Bericht, berührte Pirmin den Boden des Eilands, da verließ das scheußliche Getier fluchtartig die Insel und stürzte sich ins Wasser. Drei Tage und drei Nächte soll die Flucht gedauert haben. Danach habe Pirmin mit vierzig Helfern begonnen, die Insel von dem dichten Gesträuch zu befreien, um sie in eine bewohnbare Stätte zu verwandeln.
Ankunft Pirmins auf der Insel, Gemälde von 1624 (oben). Wandmalereien in St. Georg (unten)
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Foto: jehago-Fotolia
Die Kirchen
St. Georg Anlass für den Bau der St. Georgskirche war ein Reliquiengeschenk. Abt Hatto III., der 896 im Gefolge König Arnulfs zu dessen Kaiserkrönung nach Rom gereist war, erhielt dort von Papst Formosus das Haupt des hl. Georg. Hatto ließ die kostbare Reliquie auf die Reichenau bringen, wo sie ihren Platz in der Krypta der neuerrichteten Kirche fand. Mit dem heutigen schlichten Bau stehen noch große Teile der Basilika, wie sie im 9. Jahrhundert errichtet wurde. Acht großflächige, mehr als vier Meter breite und über zwei Meter hohe Wandbilder im Mittelschiff illustrieren die Wundertätigkeit Jesu. Oben und unten schließen sich breite perspektivische Mäanderbänder an, seitlich werden die Bilder durch Ornamentfriese voneinander getrennt. Zwischen den Fenstern befinden sich stehende Apostelfiguren. Unterhalb, in den Arkadenzwickeln, sind in Rundbildern Porträts von Äbten als „Stützen der Kirche“ im eigentlichen und im übertragenen Sinn dargestellt. Die acht Bildszenen stellen Wundertaten, Heilungen und Totenerweckungen dar und sollen dem Betrachter die Macht Jesu über Naturgewalten, Krankheiten, Leben und Tod vor Augen führen.
Die Kuhhaut Auch Profanes gibt es an den Wänden von St. Georg zu sehen. Oberhalb des Eingangs zur Krypta auf der Nordseite - ehemals die Frauenseite - sehen wir vier Teufel, die eine riesige Kuhhaut auseinanderbreiten. Ein fünfter Teufel sitzt darauf und versucht das, was die zwei etwas oberhalb dargestellten Frauen zu schwatzen haben, auf ihr niederzuschreiben. Das allerdings „geht auf keine Kuhhaut”. Die Malerei stammt aus dem 14. Jahrhundert.
Nach heutigem Wissensstand entstanden die Wandbilder in der zweiten Hälfte des 10. Jahrhunderts. Sie gehören damit zu den frühesten Zeugnissen ihrer Art nördlich der Alpen und stehen im engen Zusammenhang mit der im Reichenauer Skriptorium entstandenen Buchmalerei, die um 1000 ihren Höhepunkt erreichte. Zahlreiche Details bei der Ausführung der Malerei und der Umgang mit einzelnen Motiven sind den Buchillustrationen und den Wandmalereien gemeinsam. Dabei hatten die Wandmaler die Buchillustrationen nicht direkt kopiert, sondern waren in der Lage, frei und kreativ damit umzugehen. Im Lauf der Geschichte waren die Malereien mehreren Bearbeitungen und teilweise auch schädigenden Renovierungen ausgesetzt. In den Jahren 1981–1990 wurden die Malereien in St. Georg mit modernsten wissenschaftlichen Methoden eingehend untersucht und sorgfältig restauriert. Nach heutigen Maßstäben steht in denkmalpflegerischer Hinsicht die Erhaltung der Substanz an erster Stelle. Der hohe Besucherandrang, der Feuchtigkeitsschwankungen und Turbulenzen hervorruft und damit die Verschmutzung fördert, stellt dabei für die Wandbilder eine große Belastung dar.
St. Maria und Markus und der ehemalige Klosterbezirk Die von ihrem Ursprung älteste Kirche der Insel ist das Münster St. Maria und Markus, die einstige Abteikirche, an die sich ehemals der Klosterbezirk anschloss. Kirche und Klosteranlage haben sich über viele verschiedene Stadien zu ihrem jetzigen Erscheinungsbild entwickelt. Der einfache Holzbau des Klostergründers Pirmin wurde schon nach wenigen Jahrzehnten zu klein und noch im 8. Jahrhundert durch einen etwa 40 Meter langen Steinbau ersetzt. Nördlich davon schlossen sich ein Kreuzgang und ein zweigeschossiges Mönchshaus an. Bald schon wurden auch diese Bauten erweitert, denn in der Mitte des 9. Jahrhunderts zählte der Inselkonvent 134 Mönche. Während diese Klosteranlage nur noch in unterirdischen Spuren erhalten ist, können wir die Entwicklungsstufen der Abteikirche bis heute nachvollziehen. So stammen das östliche Querhaus und die Vierungsbögen aus der im Jahr 816 geweihten dreischiffigen Kreuzbasilika, die Abt Heito errichten ließ.
In der damaligen Welt wurde der Neubau mit großem Interesse aufgenommen: Schon zwei Tage vor der Einweihung sei der See voller Schiffe gewesen, berichtet Walahfrid Strabo, der – selbst noch ein Kind – erst kurz vor diesem Ereignis auf die Reichenau gekommen war. Bischöfe und Adlige von nah und fern, die Prominenz der damaligen Zeit, sei in großer Zahl eingetroffen, um an den Feierlichkeiten teilzunehmen. Während Heitos Vierungsbau für lange Zeit unverändert blieb, wurde der Westteil der Abteikirche mehrfach umgebaut. Sein heutiges Erscheinungsbild erhielt das Westwerk unter Abt Berno. Es wurde kurz vor seinem Tod im Jahr 1048 in Anwesenheit Kaiser Heinrichs III. geweiht. Auch die Gestalt des offenen Dachstuhls stammt aus jener Zeit.
Der Niedergang der Abtei war mit dem wirtschaftlichen Abstieg wie auch mit dem Verfall des klösterlichen Lebens verbunden. Erst im 15. Jahrhundert setzte wieder ein geregeltes monastisches Leben ein. Abt Friedrich von Wartenberg begann mit dem Bau des gotischen Chors im Osten des Münsters, der aber erst 1555 vollendet wurde. Zu Beginn des 17. Jahrhunderts ließ Fürstbischof Jakob Fugger neue Konventsgebäude auf der Südseite des Münsters errichten. Nach der Fertigstellung der Anlage wurde das “Alte Kloster” auf der Nordseite abgebrochen. Lediglich der Westflügel ist noch in Teilen erhalten. Die Fuggerschen “neuen” Konventsgebäude dienen heute als Sitz der Gemeindeverwaltung, im dazugehörigen weitläufigen Keller keltert der Winzerverein den Reichenauer Wein.
St. Peter und Paul Die nach ihrer Entstehungszeit zweitälteste Kirche, St. Peter und Paul, findet sich am westlichen Ausläufer der Insel. Als Gründung des ehemaligen Bischofs Egino von Verona, der aus alemannischem Adelsgeschlecht stammte, wurde sie am 2. Juni 799 geweiht. Im Vergleich zu den damals bestehenden Bauten auf der Insel muss sie ein regelrechter Prachtbau gewesen sein. Grabungen ergaben, dass sie eine größere Grundfläche hatte als die um 800 bestehende Abteikirche, die immerhin 100 Mönchen Platz bot. Auch die Reste von Wandmalereien und aufwändigem plastischem Schmuck lassen auf eine einem Bischof durchaus standesgemäße Ausstattung schließen. Die Kirche, wie sie heute besteht, ist eine dreischiffige Basilika. Sie wurde im 11. Jahrhundert nach dem Abbruch der alten Peterskirche zum Teil auf den alten Grundmauern errichtet. Ihr Innenraum war schon zu Beginn mit reichen Malereien ausgestattet. Die heute noch sichtbare Malerei in der Apsis stammt aus den Jahren 1104–1105 und ist in drei Zonen gegliedert. In der obersten Zone ist die Maiestas Domini dargestellt, begleitet von den vier Evangelistensymbolen. Rechts und links huldigen St. Petrus und St. Paulus. In der mittleren Zone finden sich die zwölf Apostel, von denen allerdings durch ein im 15. Jahrhundert eingefügtes Fenster nur noch zehn zu sehen sind, darunter sind Propheten abgebildet. Um 1750 erfuhr die Kirche eine umfassende Neugestaltung im Rokoko-Stil. Seit einigen Jahren besteht im ehemaligen Niederzeller Pfarrhaus wieder eine Benediktiner-Cella, deren Mönche heute die Pfarrseelsorge auf der Insel versehen. Gäste und Einheimische können an den Stundengebeten teilnehmen.
St. Georgskirche (oben). Münster St. Maria und Markus (unten).
Monika Spicker-Beck
Insel Reichenau | Bodensee Magazin Spezial 41
Fotos: Th Keller
AUSKUNFT
Foto: Achim Mende
Tourist-Information Pirminstraße 145 D-78479 Reichenau Tel. +49 (0) 7534 / 92 07-0 info@reichenau-tourismus.de www.reichenau-tourismus.de
Cella St. Benedikt Seit September 2001 gibt es wieder Benediktiner auf der Reichenau. Zunächst galt dieser Versuch, benediktinisches Leben auf der Insel wieder entstehen zu lassen, als Projekt für drei Jahre. Durch die positive Resonanz vieler Menschen wurde die Cella St. Benedikt 2004 offiziell als abhängiges Haus der Erzabtei Beuron errichtet und ist somit in die Ordensstruktur der benediktinischen Konföderation eingebunden. Zum Stundengebet der Mönche in der Egino-Kapelle der Kirche St. Peter und Paul in ReichenauNiederzell sind die Besucher der Insel herzlich willkommen. www.benediktiner-reichenau.de Inselfeiertage Die große Vergangenheit spiegelt sich heute noch in den drei Inselfeiertagen, an denen nach dem Hochamt im Münster St. Maria und Markus die Reliquienschreine aus der Schatzkammer, begleitet von der historischen Bürgerwehr und den Trachten, in einer Prozession über die Insel getragen werden. Markusfest 25. April Heilig-Blut-Fest Montag nach Dreifaltigkeitssonntag Maria Himmelfahrt 15. August
St. Peter und Paul, Apsisbild (oben) Münster, Krug von der Hochzeit zu Kana (unten links) Münster, Witigowo Säule (unten rechts)
Fotos: Th. Keller, Reichenau
ZUM THEMA
DER BESONDERE TIPP
Museum Reichenau
Weltkulturerbe Klosterinsel Reichenau Die Inselbesucher können sich im MUSEUM REICHENAU in drei Museumseinheiten über die herausragende kulturhistorische Bedeutung der Reichenau informieren. Gemeinsam mit den drei romanischen Kirchen bilden die Museen, die sich in unmittelbarer Nähe dazu befinden, ein “Informationsnetzwerk” zum UNESCO Weltkulturerbe “Klosterinsel Reichenau”. Zu den präsentierten Ausstellungsthemen gehören u.a. die Baugeschichte der Kirchen, die Dichtungen des Mönchs Walahfrid Strabo, der auf der Reichenau entstandene so genannte St. Galler Klosterplan, das Wirken des wissenschaftlich tätigen Mönchs Hermann des Lahmen und die Reliquienverehrung. Einen Schwerpunkt bildet die Darstellung der Reichenauer Buchmalerei. Öffnungszeiten aller Museumsgebäude: April–Oktober täglich jeweils 10.30–16.30 Uhr Juli+August täglich jeweils 10.30–17.30 Uhr Nov.–März Sa, So, Feiertag jeweils 14.00–17.00 Uhr MUSEUM REICHENAU Ergat 1+3, D-78479 Reichenau Tel. +49 (0) 7534 / 99 93 21 oder 92 07-0 info@museumreichenau.de www.museumreichenau.de
Insel Reichenau | Bodensee Magazin Spezial 43
Fotos: Achim Mende
Zwischen Repräsentation und Askese „Der hochwürdige, des Heiligen Römischen Reiches Prälat und Herr des königlich eximierten, konsistoralen und unmittelbar freien Reichsstiftes und Münsters der allerseligsten Jungfrau Maria von Salem regierender Abt der beiden kaiserlich-königlichen und königlich apostolischen Majestäten wirklicher Geheimer Rat”. So lautete der offizielle Titel von Anselm II. Schwab, 38. Abt in Salem von 1746 bis 1778.
N
och deutlicher hätte er seine politischen Ambitionen als Prälat der Reichsabtei Salem nicht formulieren können. Und eindrucksvoll präsentiert der vom “Bauwurmb” ergriffene Abt seine Funktion sowie die Stellung Salems im Reich durch seine außerordentlichen Bauvorhaben, mit denen er Salems Erscheinungsbild nachhaltig prägte: Neugestaltung des Münsters mit Alabasterausstattung im klassizistischen Stil, Vierungsturm mit 16 Glocken, der Neubau einer gewaltigen Orgelanlage mit über 7.000 Pfeifen, die Ausstattung des AbtAppartements mit feinstem Rokoko-Stuck, Einrichtung und Ausstattung der Bibliothek, nicht zuletzt die Verlegung der Marienwallfahrt und Neubau der Wallfahrtskirche Birnau.
Foto: Achim Mende
Allein den Kaisersaal, das Herzstück der Prälatur im repräsentativen Teil des Klosters, ließ Anselm in seiner Programmatik und Ausstattung weitgehend unangetastet. Zu wertvoll hinsichtlich seines Bildschmucks und dessen Bedeutung erschien der Kaisersaal dem Kloster und dem Abt: Als freie Reichsabtei und Konsistorialstift untersteht Salem nur dem Kaiser und dem Papst – jeder Besucher im Kloster musste dies begreifen.
Würde man sich als Gast des Abtes im 18. Jahrhundert der Klosteranlage nähern, fielen sofort Anselms ambitionierte Neu- und Umbauten, Ausdruck seines fürstlichen Repräsentationsbedürfnisses, ins Auge: prächtige, von Alleen gesäumte Chausseen, die zum Kloster führen, der (damals noch stehende) 60 Meter hohe Glockenturm des Münsters, Obstspaliere, mit Statuen geschmückte Brunnenanlagen in den Klosterhöfen und Gartenanlagen – nicht nur die Innenräume, sondern sogar der Pferdestall prächtig ausgestattet; nicht zu vergessen: die ehrwürdige Mönchskirche mit reichstem ornamentalem und figürlichem Schmuck. Dies alles erscheint als Widerspruch zu dem von Askese, Demut und Armut geprägten Lebensideal der Mönche, von dem die Zisterzienser auch Vorgaben für Anlage und Ausstattung ihrer Klöster ableiteten. Doch zurück zu den Anfängen: Wie kamen die Zisterzienser an diesen Ort? Wie entwickelte sich das Kloster im Laufe der Jahrhunderte und wie konnte trotz Armutsbekenntnis der Mönche eine solch „fürstliche” Anlage mit schlossartigem Erscheinungsbild entstehen? Kloster und Schloss Salem (unten). Portrait Abt Anselm II. Schwab (oben links) Ofenkacheln mit histor. Bildmotiven aus dem Klosterleben (oben rechts)
Von der eigenen Hände Arbeit leben Der Orden der Zisterzienser hatte sich im 11. Jahrhundert im Burgund als Reformbewegung aus dem Benediktinerorden herausgebildet. Man wollte wieder zurück zum Kern monastischer Lebensformen, wie sie die Regeln des Hl. Benedikt von Nursia beschreiben; diese Regeln sollten „richtig” interpretiert und wieder streng wortgenau befolgt werden. In offener Kritik an den bestehenden Verhältnissen in den Benediktinerklöstern sollten die Mönche nicht durch Zuwendungen der Weltlichen existieren oder den Zehnten einfordern, sondern „von der eigenen Hände Arbeit leben”. Vorbildliche Lebensweise, die Einführung einer Ordensverfassung (Charta caritatis), effizientes Wirtschaften, vor allem aber auch die charismatische Persönlichkeit des Hl. Bernhard, Abt von Clairvaux (1090–1153) führten zu einer hohen Akzeptanz und damit raschen Ausbreitung des Ordens in Europa.
Aus Salemanswilare wird Salem 1134 stiftete Guntram von Adelsreute den Ort Salemanswilare und weitere Güter dem aufstrebenden Orden. Möglicherweise sollte Guntram als Parteigänger der Staufer durch die Klostergründung staufischen Einfluss im Welfengebiet sichern. Jedenfalls war Salem in der weiteren Geschichte den Staufern eng verbunden. 1137 bezog der Gründungskonvent von zwölf Mönchen aus dem Kloster Lützel im Elsass unter Abt Frowin (1137–1165) das neue Kloster. Ob der Ort Salmansweiler damals ein intaktes Dorf oder eine Wüstung war, ist nicht bekannt. Ebensowenig kennt man Aussehen und Ausmaß der ersten mittelalterlichen Klosteranlage. Die Mönche hatten dem Kloster den ´heiligen´ Namen Salem (nach dem biblischen “Ort des Friedens”) gegeben, der alte Ortsname Salmansweiler war aber bis ins 19. Jahrhundert als Bezeichnung des Klosters gebräuchlich.
Das Kloster besaß wohl bereits eine recht imposante romanische Kirche; denn zu den ältesten Überresten Salems zählen die mächtigen Dachziegel von der ersten Klosterkirche, die im gotischen Neubau zum Teil wiederverwendet wurden. (Diese ältesten, zum Teil beschrifteten Ziegel sind heute im Münster ausgestellt.) Bereits in den ersten Jahrzehnten nach der Gründung gelang es dem Kloster durch weitere Stiftungen, aber auch durch Erwerb von Grund und Boden seine Wirtschaftsflächen gewaltig auszudehnen. Zum Klosterbesitz gehörten landwirtschaftliche Güter nicht nur rund um das Klosterareal bis an den Bodensee, sondern auch in weiter entfernten Regionen – im Hegau, im Schwarzwald, in Oberschwaben und auf der schwäbischen Alb. Eine wirtschaftliche Blütezeit erlebte das Kloster unter Abt Eberhard I. von Rohrdorf (1191–1240), der dem Kloster fast fünfzig Jahre vorstand. Das wirtschaftliche Wachstum der Abtei und die Ausdehnung seines Besitzes wurden dadurch begünstigt, dass der Orden im 13. Jahrhundert längst die strengen Vorgaben zur Eigenwirtschaft gelockert und den Lebensverhältnissen angepasst hatte; Grunderwerb war nun erlaubt. So konnte das Kloster seinen Landbesitz arrondieren, weitere Grundstücke kaufen und sogar in den Städten Besitz erwerben. Um 1250 bewirtschaftete das Kloster 22 Grangien (landwirtschaftliche Großhöfe), die Produkte verkaufte man in den Städten in eigenen Pfleghöfen, den sogenannten Salmansweiler Höfen. Neben Land- und Viehwirtschaft war vor allem der Weinbau Erwerbsgrundlage. Zum nachhaltigen wirtschaftlichen Erfolg trug aber auch der Salzhandel bei, den das Kloster seit Eberhards Zeiten erfolgreich betrieb. 1201 hatte der Salzburger Erzbischof den Salemern eine Salzpfanne bzw. einen Salzstock bei Hallein geschenkt.
Salem | Bodensee Magazin Spezial 49
Blüte im Mittelalter Sichtbarer Ausdruck von Salems Erfolgsgeschichte im Mittelalter ist das gotische Münster, das Abt Ulrich II. von Seelfingen (1282–1311) initiierte. Unter Abt Ulrich erreichte das Kloster nicht nur eine wirtschaftliche und spirituelle Blüte, sondern auch die höchste Mitgliederzahl; nach Quellenberichten bewirtschafteten 310 Mönche und Konversen den Klosterbesitz, was den Neubau der Mönchskirche im gotischen Stil erforderte: In jeder Hinsicht hatte man nun höhere Ansprüche. Zwar erlitt Salem auch Rückschläge und Notsituationen wie z. B. in den Bauernkriegen und im Dreißigjährigen Krieg. Doch die über die Jahrhunderte immer wieder bestätigte Reichsunmittelbarkeit Salems, verbunden mit durch Kaiser und Papst gewährten Privilegien sowie schließlich die Gründung einer “Oberdeutschen Kongregation” des Zisterzienserordens (1619), der Salem vorstand, veranlassten die Äbte zu repräsentativen Um- und Neubauten. Unter Abt Thomas I. Wunn (1614–1647) erfolgten umfangreiche Baumaßnahmen mit dem kompletten Neubau des Konventsgebäudes und zahlreicher Wirtschaftseinrichtungen (wie z. B. dem heute noch genutzten großen Weinkeller im Oberen Langbau). Als in einer kalten Märznacht 1697 ein explodierender Ofen einen Großbrand auslöste, lieferte besonders die nach den Zerstörungen des Dreißigjährigen Kriegs erfolgte prächtige Ausstattung mit Stuckaturen und Ölgemälden den Flammen Nahrung, wie Augenzeugen berichteten. Von der hohen künstlerischen Qualität der Ausstattung zeugen, abgesehen von Spolien, einige wenige Objekte, die vom Brand verschont geblieben sind, wie zum Beispiel der Marienaltar von Bernhard Strigel (1460–1528). Der Konvent entschloss sich augenblicklich zum Abriss der Brandruine und zum vollständigen Neubau der Konvents- und Abteigebäude.
Repräsentationslust im Barock Die Äbte Emanuel Sulger (1680–1698) und Stephan I. Jung (1698–1725) ließen durch den Vorarlberger Baumeister Franz Beer zwei baugleiche Vierflügelanlagen als Konventsgebäude und Prälatur, verbunden durch einen Mittelbau, errichten. Dass die repräsentative barocke Umgestaltung die gesamte Klosteranlage (und die Landschaft darüber hinaus!) mit einschloss, zeigen eindrucksvoll ideale Ansichten des 18. Jahrhunderts mit symmetrisch angelegten Hof- und Gartenanlagen, neu gestalteten Wirtschaftsgebäuden und repräsentativen Ställen sowie dem Neubau der Bruderschaftskirche mit einer gewaltigen Kuppel (der allerdings nie ausgeführt wurde). Barocke Repräsentationslust und Prestigedenken hatten sich nun endgültig im Zisterzienserkloster durchgesetzt. Auch die nachfolgenden Äbte Konstantin Miller (1725–1745), Stephan II. Enroth (1745–1746), der den Neubau der Wallfahrtskirche Birnau initiierte, sowie Anselm II. Schwab (1746–1778) verfolgten den weiteren repräsentativen Ausbau Salems. Obwohl man versuchte, im Erscheinungsbild dem Anspruch und der Bedeutung Salems als Reichsabtei, als Landesherrschaft sowie als Wirtschaftsmacht gerecht zu werden, so hat man keineswegs zisterziensische Tugenden vernachlässigt; dazu zählen effizientes Wirtschaften sowie Innovationen, vor allem im landwirtschaftlichen Bereich, wie z. B. die Einrichtung einer Obst- und Gehölzbaumschule, die Einführung von Stecklingen „exotischer” Obstsorten aus dem Ausland oder ein ausgeklügeltes Be- und Entwässerungssystem im Salemertal. Aber auch soziales Engagement wie die Gründung der “Ordentlichen Waisenkassa” (1746), des Armenhauses Wespach (1784) oder der Bau einer öffentlichen Schule (um 1790) betrachteten die Mönche als ihre Aufgabe. War die repräsentative Erscheinung nach außen in den Augen der Äbte und ihrer Zeitgenossen sicher erforderlich, so unzweifelhaft bestanden die Äbte auf Einhaltung der Ordensregeln nach innen. So hat Anselm längst gelockerte Regeln im Konvent wieder verschärft. Und trotz üppiger Bewirtung hochgestellter Gäste hielten die Äbte persönlich die strengen Fastenvorschriften ein. Sommerprälatur Schloss Salem (oben) Salemer Münster innen (unten)
Durch diese vielfältigen Maßnahmen der Äbte erlebte Salem im 18. Jahrhundert eine wirtschaftliche und kulturelle Blüte. Ihnen verdankt man nicht nur das heutige bauliche Ensemble mit seinen Kunstschätzen, sondern sie prägen die gesamte Region bis auf den heutigen Tag.
Vom Kloster zum Schloss Kurz vor der Säkularisation wurde Salem noch umfassend im klassizistischen Stil umgestaltet, sogar einige neue Bauwerke errichtet. Doch im Herbst 1802 ging das klösterliche Leben dem Ende zu. Am 4. Dezember 1802 übernahm die Markgrafschaft Baden Salem in ihren Besitz. Der Konvent, der zunächst weiterbestanden hatte, löste sich schließlich aufgrund unüberbrückbarer Differenzen mit der weltlichen Domänenverwaltung am 23. November 1804 endgültig auf, die Mönche gaben ihr monastisches Leben auf und wurden in markgräfliche Dienste übernommen oder sie verließen, abgefunden mit Pensionen, Salem. Nach Auflösung des Klosters hat man in Salem zu jeder Zeit versucht, die Gebäude und Räume angemessen zu nutzen. Dabei blieb der Charakter des Klosterensembles weitgehend erhalten. Das prächtig ausgestattete und bis heute kaum veränderte Sommerrefektorium der Mönche wird seit dem 19. Jahrhundert als Betsaal der evangelischen Kirchengemeinde genutzt. Das Münster ist seit 1808 Pfarrkirche der katholischen Kirchengemeinde Salem. In der Landwirtschaft knüpfte man an die klösterliche Tradition an: Unter den Markgrafen wurde die Land- und Forstwirtschaft, der Wein- und Obstbau nicht nur fortgeführt, sondern modernisiert und die Erträge ausgebaut. Und man besann sich auf eine weitere klösterliche Tradition, nämlich die Bildung und Erziehung. Prinz Max von Baden veranlasste 1906 die Einrichtung einer Gewerbe- und Haushaltsschule, 1919 einer landwirtschaftlichen Winterschule. 1920 schließlich gründete er zusammen mit Kurt Hahn ein Internat für Jungen und Mädchen, die renommierte Schule Schloss Salem, die heute große Teile der Anlage nützt. Birgit Rückert
Der Mönch im Weinfass Eine der bekanntesten Salemer Kloster-Anekdoten verbindet sich mit einem gewaltigen Fass, das um die Mitte des 15. Jahrhunderts auf Veranlassung von Abt Georg I. Münch (1441–1451) gebaut worden sein soll und eine Füllmenge von rund 40 Fuder (= 60.000 l) aufgewiesen haben soll. Stets mit den besten Weinen befüllt, schöpfte man nur an hohen Festtagen aus dem Fass und der Kellermeister trug die Kellerschlüssel stets achtsam bei sich. Als er jedoch einmal fest eingeschlafen war, stibitzte ihm ein besonders trinklustiger Mönch den Schlüssel. Nach der Abendmesse schlich er sich oft in den Weinkeller und schöpfte aus dem Fass, bis eines Abends der Kellermeister den Zapfhahn ausgetauscht hatte. Also stellte der durstige Mönch eine Leiter auf, stieg auf das Fass und öffnete die Tür des riesigen Spundlochs. Er trank gierig so viel Wein, dass ihm schwindlig wurde, er in das Fass hineinfiel und dort ertrank. Als der Kellermeister mit einer Stange den Füllstand des Fasses prüfen wollte, stieß er auf den Körper des ertrunkenen Mönchs. Der Kellermeister erzählte nichts von seinem Fund, da er befürchtete, der Wein könnte durch den Leichnam bei seinen Mitbrüdern als verunreinigt gelten. Also zog er den ersoffenen Trunkenbold aus dem Fass und begrub ihn heimlich bei Nacht. Erst kurz vor seinem Tod gestand der Kellermeister sein Vergehen, starb aber, ehe er das heimliche Grab verraten konnte. So muss der Mönch bis heute ruhelos im Keller als Gespenst umherirren. Hört der Besucher von heute Sandalenschritte und ein leises Kratzen, als ob jemand mit Fingern über metallene Fassreifen reißt, dann weiß er: Der Mönch ist nicht weit ...
Salem | Bodensee Magazin Spezial 51
AUSKUNFT Kloster und Schloss Salem Staatliche Schlösser und Gärten Baden-Württemberg Eingangspavillon Schloss Salem D-88682 Salem Tel. +49 (0) 7553 / 916 53-36 schloss@salem.de www.salem.de
Bodensee-Linzgau Tourismus e.V. Eingangspavillon Schloss Salem D-88682 Salem Tel. +49 (0) 7553 / 91 77 15 tourist-info@bodensee-linzgau.de www.bodensee-linzgau.de
Öffnungszeiten/ Führungen Öffnungszeiten 1. April–31. Oktober Mo.–Sa. 9.30–18 Uhr, Sonn- und Feiertage von 10.30–18 Uhr Wintersaison: 1. November–31. März Sa., Sonn- und Feiertage 11–16 Uhr. Klostermuseum geöffnet, Schloss und Kloster geschlossen. Öffentliche Führungen jeden Sonntag um 15 Uhr, Treffpunkt Münstervorplatz. Gruppenprogramme und Weinproben auf Voranmeldung unter: Tel. +49 (0) 7553 / 916 53-36 oder schloss@salem.de Besichtigung, Führungen Während der Saison täglich Führungen durch Kloster und Schloss. Münster, Museen und Ausstellungen sind ohne Führung zu besichtigen. Während der Hauptsaison: Erlebnisbus im Stundentakt – verbindet Schloss Salem mit dem Bahnhof Salem, Unteruhldingen (Pfahlbaumuseum) und dem Affenberg. zum thema Abt Anselm II., die Musik und der Wein Bereits wenige Jahrzehnte nach der Klostergründung widmeten sich die Salemer Mönche dem Weinbau. Die Kultivierung von 52 Bodensee Magazin Spezial | Salem
Reben war ein wesentlicher Bestandteil der Wirtschaftstätigkeit der Klöster im Bodenseeraum. Der Seewein war allerdings nicht sehr geschätzt, ein Versuch des Salemer Abtes Anselms II. (1746-1778) den Seewein am Wiener Hof einzuführen, scheiterte kläglich – er war den kaiserlichen Majestäten zu sauer. Dennoch kam die gute Organisation des Zisterzienserordens und der enge Austausch der Zisterzienserklöster untereinander Salems Weinwirtschaft zugute, denn die Zisterzienser waren Spezialisten im Weinbau. Spätestens seit der frühen Neuzeit bezog Salem, wenn auch in kleinen Mengen, zudem Wein aus dem Burgund – dem Ursprungsland des Zisterzienserordens. Seit seinem blamablen Experiment in Wien war Abt Anselm um Qualitätsverbesserung beim Wein äußerst bemüht. Aber auch in Kunst, Architektur und Musik setzte Anselm höchste Maßstäbe. So beauftragte er im Zuge einer umfassenden künstlerischen Neugestaltung des Münsters einen der berühmtesten Orgelbauer seiner Zeit, Karl Joseph Riepp,
mit dem Bau einer außerordentlichen Orgelanlage. Kosten spielten keine Rolle, höchste Qualität war gefordert. Karl Joseph Riepp war zu dieser Zeit bereits hochangesehener Orgelbauer in Dijon im Burgund, betätigte sich aber nebenbei als Weinbauer und Händler von Wein und Delikatessen. So lieferte er aus seiner Werkstatt nicht nur Orgelpfeifen nach Salem, sondern – wie wir aus dem regen Briefverkehr zwischen Anselm und Riepp wissen – Zitrusfrüchte, Olivenöl, Dijonsenf sowie besten Wein aus Spanien und Frankreich. Doch nicht genug: Mit Riepps Orgelpfeifenlieferung trafen Reben „mit Wurzeln” aus dem Burgund in Salem ein, die Burgunderreben brachten bald guten Ertrag. Anselms Qualitätsoffensive ist also gelungen – heute noch gedeiht bester Spätburgunder am See. WAS SONST Weingut Markgraf von Baden Ganz in zisterziensischer Tradition steht der Weinbau in Salem: Was die Mönche über Jahrhunderte pflegten, führte das Weingut Markgraf von Baden zu neuen Höhen. Im 1620 erbauten Weinkeller reifen früher wie heute vorzügliche Weißweine und Spätburgunder Rotweine von den besten Lagen am Bodensee. Weinverkauf im historischen Torkel (alte Weinpresse), ganzjährig geöffnet. Vinothek Schloss Salem www.markgraf-von-baden.de
Schlossgastronomie Markgräflich Badischer Gasthof “Schwanen” im ehemaligen Postwirtshaus des Klosters; Restaurant, Gästezimmer. Museumscafé im "Feuerwehrmuseum". Weinstube “Zum alten Gefängnis” www.schlosshotel-schwanen.de Feuerwehrmuseum Die Geschichte des Feuerwehrwesens und der Löschtechnik im Zisterzienserkloster Salem beginnt mit einem verheerenden Brand im März 1697. Aus dieser Erfahrung heraus wurden die Salemer Zisterzienser Vorreiter in Brandschutz und Löschtechnik. Das neu konzipierte Feuerwehrmuseum in Salem erzählt diese Geschichte vom 16. bis ins 20. Jahrhundert – Spritzen und Geräte, Technik, Innovationen und bahnbrechende Ideen werden mit den Unternehmerpersönlichkeiten und deren Biografien verknüpft. Klostermuseum Das neue Klostermuseum in der Prälatur mit dem Zweigmuseum des Badischen Landesmuseums präsentiert „Meisterwerke der Reichsabtei“. Das neue Museum führt den Besucher chronologisch vom Hochmittelalter bis zum Spätbarock durch die wechselvolle Kunst- und Baugeschichte der einzigartigen Zisterzienserabtei. Absolutes Glanzstück der Ausstellung ist der Salemer Marienaltar von Bernhard Strigel, der um 1507/08 den Altar für die Marienkapelle schuf.
Foto: Achim Mende
DER BESONDERE TIPP
Wallfahrtskirche Birnau Die Basilika Birnau ist eine Wallfahrtskirche und ein Barockjuwel am Nordufer des Bodensees ca. 8 Kilometer von Kloster und Schloss Salem entfernt. Sie ist auch eine bedeutende Station der Oberschwäbischen Barockstraße. Zwischen den Jahren 1746 und 1749 wurde sie für die Reichsabtei Salem von dem Vorarlberger Baumeister Peter Thumb errichtet. Die Basilika ist reich an Stuckwerk, Skulpturen, Putten und Altären Joseph Anton Feuchtmayers. Außen relativ schlicht gehalten, beeindruckt die Birnau beim Betreten der Kirche mit den reich verzierten Innenräumen und Ornamenten allerorten. Berühmt geworden ist Feuchtmayers Putte “der Honigschlecker“ links oberhalb des Bernhardsaltars. Sie symbolisiert auf der einen Seite das rhetorische Talent des Bernhard von Clairvaux, ein bedeutender Mönch des Zisterzienserordens, auf der anderen Seite die Versuchung als Verfehlung. Die Fresken enthalten zahlreiche Anspielungen und Bezüge auf die Reichsabtei und deren Geschichte in Salem. Mittelpunkt des Bildprogramms ist die Marienikonographie und deren Verehrung im Gnadenbild. Von großer Bedeutung ist auch die Darstellung der Maria als „Weib der Apokalypse“, die symbolisch die Schlange, als Urheberin der Ursünde, zertritt. Die Ikonographie in der Basilika Birnau ist im Allgemeinen sehr komplex und erfordert eine eingehende Exegese. Gerade das macht die Birnau so spannend und für Kirchenfreunde zu einer wahren ikonographischen Fundgrube. Der Prälatenweg Auf den Spuren der Zisterzienser von Kloster und Schloss Salem zur Wallfahrtskirche Birnau: Der Prälatenweg verband auf kürzester Strecke das Kloster mit seiner Bootsanlegestelle in Maurach und weiteren Grangien. Mit dem Neubau der Wallfahrtskirche Birnau wurde aus dem Wirtschafts- ein Prozessionsweg. Heute ist der Prälatenweg ein beliebter Wanderweg durch die idyllische Landschaft der Bodenseeregion. Öffnungszeiten der Basilika Sommer: 7.30–19 Uhr, Winter: 7.30–17.30 Uhr
Salem | Bodensee Magazin Spezial 53
Foto: Ines Denninger
Himmelreich des Barock Der Oberschwäbische Barock ist ein einzigartiges Phänomen! In einem Zeitraum von rund 150 Jahren, zwischen dem Ende des Dreißigjährigen Krieges und dem Auftreten Napoleons, zwischen Renaissance und Klassizismus, entstanden in Oberschwaben eine Welt und ein Kunstschaffen, das die Region bis heute prägt und den Besucher immer wieder aufs Neue staunen macht.
S
ichtbarste Monumente der Epoche sind die in der Region zwischen Ulm und St. Gallen so beeindruckend erhaltenen Residenzen, Klöster und Kirchen und ihre so grandios mit Malereien und Skulpturen, mit Stuck und Kunsthandwerk ausgeschmückten Innenräume. Aber nicht nur: Im Dienst des katholischen Glaubens entstehen musikalische und literarische Werke, die nicht nur die Schöpfung feiern, sondern zugleich dem Menschen Sinn und Ordnung der Welt und seines Daseins erklären. Das barocke Oberschwaben als Gesamtkunstwerk! Diese Welt des barocken Oberschwabens ist aber kein lebloses historisches Überbleibsel. Sie lebt bis heute fort - nicht nur in der Landschaft und ihrer Gestaltung, in Architektur, Kunst und Musik, sondern auch und ganz speziell in der lebensfrohen Mentalität der Menschen. Die Freude am Leben, am leiblichen Genuss, an Musik, Fest und Spiel wurzelt, da besteht kein Zweifel, tief im Barock. Für die Oberschwaben, die mit dem Barock aufwachsen, ist er ein „Stück sichtbar gewordenes Seelenleben. So ähnlich wie die Butterbrezel und das Fasnetstreiben“ (Thomas Moritz Müller, Künstler und Journalist). So betrachtet ist der Barock – gerade in Oberschwaben – nicht nur ein akademischer Kunststil, nach dem eine Epoche benannt wurde, sondern eben auch eine Lebenseinstellung, die es ermöglicht, in der Welt beheimatet zu sein und sich seines Daseins zu erfeuen.
Unterwegs entlang der Oberschwäbischen Barockstraße Innerhalb von sechs Themenwelten lässt sich auf den Spuren des BAROCK die Region von Wiblingen bis St.Gallen (CH) bereisen. Besucher können BAROCK bestaunen, BAROCK erleben, BAROCK entspannen, BAROCK erlauschen, BAROCK genießen und sogar BAROCK erschaudern.
A8
Ulm
Hauptroute Ostroute Südroute Westroute Verbindungsroute
Wiblingen Kloster Roggenburg Ehingen Munderkingen Veringenstadt
Donau
Biberach
Inzigkofen
Steinhausen Rot an der Rot Bad Saulgau Bad Schussenried Kürnbach Aulendorf Bad Waldsee
Sießen
Meßkirch
Gutenzell-Hürbel Ochsenhausen
Bad Buchau
Mengen
Kloster Habsthal Wald Pfullendorf
A96
Buxheim
Memmingen Ottobeuren
Bad Wurzach i. A. Leutkirch i. A. Weingarten
Das steckt an! Man muss nämlich nicht in dieser gesegneten Region geboren sein, um dieses Lebensgefühl zu erfahren, ja sich ihm zu ergeben. Eine Fahrt entlang der Oberschwäbischen Barockstraße, ein Besuch in einem der Schlösser und Klöster, in einer der großartigen Stadt- oder Dorfkirchen, der Genuss eines Orgelkonzerts oder eines Festes, vielleicht in Verbindung mit einem guten Bier oder einem wunderbaren Wein vom Bodensee, eignen sich bestens, um in jedem Gast die „Oberschwäbin“, den „Oberschwaben“ zu wecken. Und so ist das barocke Oberschwaben vor allem eine Einladung, eine Einladung zu vielfältigem Kunstgenuss und entspannter, hoffentlich seligmachender Lebensfreude! Ulf Hailer
Oberstadion
Riedlingen Kloster Heiligkreuztal Sigmaringen Kreenheinstetten
A7
Hilzingen
Birnau Mainau
Salem
Wolfegg Ravensburg
Kißlegg i. A. A96
Meersburg
Tettnang
Konstanz Friedrichshafen
Kempten
Wangen i. A.
Isny i. A.
A7
Schloss Achberg
Langenargen Bod ense e
SCHWEIZ
Bregenz
St. Gallen
ca. 20 km
Trogen
ÖSTERREICH
Links: Barocke Pracht im neuen Schloss Kißlegg
Oberschwaben | Bodensee Magazin Spezial 55
Foto: Frank MĂźller, Bibliothekssaal im Kloster Wiblingen
Foto: Frank MĂźller
Orte des Wissens „Omnes thesauri sapientiae“ - „Alle Schätze der Weisheit“. So lautet das Motto über der Bibliothek im Benediktinerkloster Wiblingen. Es könnte aber über jeder der prächtigen Bibliotheken der Klöster entlang der Oberschwäbischen Barockstraße stehen. Denn danach strebten Benediktiner, Zisterzienser und Prämonstratenser in Wiblingen, Salem, Schussenried, Ochsenhausen oder St.Gallen und in vielen anderen Klöstern der Barockzeit: Das Wissen ihrer Zeit in ihren Mauern zu versammeln. Hierfür brauchte man Bücher, viele Bücher. Ja man zielte, je nach Thema, möglichst auf Vollständigkeit. Ein Raum genügte hierfür nicht, benötigt wurden regelrechte Bibliothekssäle.
Alte Wurzeln und neue Funktionen Tatsächlich lassen die Klosterbibliotheken noch ihre baulichen Wurzeln erkennen. Einerseits die Festsäle barocker Schlösser, andererseits die Pultbibliotheken mittelalterlicher Klöster. Neu – eine Erfindung des Barock – ist ihre Ausführung als zweigeschossiger Saal mit von Säulen getragener Galerie. Aber auch ihre Funktion änderte sich: Die Klosterbibliotheken waren nicht mehr nur Arbeitsräume, sondern vor allem auch Repräsentationshallen. Man stellte die Bücher jetzt in prächtigen Sälen, in Schränken und Regalen auf. Ziel war es, den Bildungssanspruch und Kunstgeschmack der geistlichen Hausherrn darzustellen. Neben den Kirchen waren daher schon damals die Bibliothekssäle die schönsten Räume der Klöster!
Barocke Bibliotheken: echte Gesamtkunstwerke!
Bilder, Skulpturen und Botschaften Wir können heute nur staunen, mit welcher Kreativität dieses Verhältnis zwischen Religion und Wissenschaft in den ausgeklügelten Bildprogrammen oberschwäbischer Bibliothekssäle umgesetzt wurde. Ein wunderbares Beispiel: die 1757 fertiggestellte Schussenrieder Bibliothek mit ihrem erfindungsreichen Bildprogramm. Alles zielt auf die Verherrlichung der göttlichen Weisheit, die über jedes menschliche Wissen triumphiert und alles Irdische durchdringt. Beeindruckend und humorvoll die 24 Alabasterfiguren, die Fidelis Sporer für Schussenried geschaffen hat: Großformatige Skulpturen stellen den katholischen Glauben dar, kleinere Putten die diversen „Irrlehren“. Ein Puttenensemble mit Suppenschüssel und Fleischplatte nimmt die Philosophie der Epikureer und ihre angebliche Genusssucht aufs Korn. In Wiblingen zeigt das von Franz Martin Kuen für den Bibliothekssaal geschaffene prächtige Deckenbild eine paradiesische Gartenlandschaft, bevölkert mit himmlischen und irdischen Figuren, die das antike und christliche Wissen verkörpern. Die Überlegenheit des Christentums gegenüber der Antike wird im Zentrum des Freskos durch die Allegorie der göttlichen Weisheit klargestellt, durch das Lamm mit dem Buch der sieben Siegel.
Wenn der Begriff „Gesamtkunstwerk“ je zutrifft, dann auf die Klosterbibliotheken. Sie dienten nicht nur der Aufbewahrung von Büchern. Die Äbte beauftragten vielmehr die besten Künstler ihrer Zeit. Architektur, Skulpturen, Deckenmalerei und Stuck, alles sollte thematisch ineinandergreifen. Allerdings nicht zum Selbstzweck.
Im Mittelpunkt der künstlerischen Ausstattung stand die Verherrlichung der „göttlichen Weisheit“. Aus Sicht der Kirche waren göttliche Weisheit und Gotteserkenntnis Ursprung und Ziel jeder von Menschen betriebenen Wissenschaft. Aufklärung ohne Glaube, Wissenschaft ohne Religion betrachtete man als sinnlos! So dienten die Bibliothekssäle der Barockzeit eben nicht nur als Bücherräume. Sie verkündeten durch ihren Bildschmuck zugleich, dass „echte“ Aufklärung nur aus dem christlichen Glauben heraus geschehen kann.
Foto: Staatliche Schlösser und Gärten Baden-Württemberg
Göttliche Weisheit und menschliche Wissenschaften
Stiftsbibliothek St.Gallen (oben links) Bibliothekssaal Kloster Schussenried (unten links) Bibliothekssaal Kloster Ochsenhausen (rechts)
Oberschwaben | Bodensee Magazin Spezial 59
Foto: Achim Mende
Foto: Frank Müller Foto: Ines Denninger
Hochherrschaftliche Pracht In der Barockzeit überboten sich Schlossherren und Äbte beim Bau prunkvoller Residenzen. Ihr Erbe ist bis heute in ganz Oberschwaben zu bewundern.
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s war nicht die Zeit der Askese und der Bescheidenheit. Man wollte ein wenig so sein wie Ludwig XIV. in Frankreich, auf jeden Fall aber besser als der unmittelbare Nachbar. Nachbarn gab es viele in Oberschwaben. Die große Zahl der kleinen Herrschaften führte dazu, dass überall prachtvoll neu gebaut wurde. Da ließen sich die Zwiefaltener Benediktiner mit Schloss Mochental eine Sommer- und Ruheresidenz hoch über der Donau errichten. Noch viel prachtvoller fiel der Neubau des Klosters Salem aus – ein Paradebeispiel, wie geistliche Herrschaften in ihrem Erscheinungsbild immer weltlicher wurden. Klotzen und nicht kleckern hieß auch die Devise der Grafen von Montfort in ihrem Barockschloss in Tettnang, wo sie das höfische Leben so lange auskosteten, bis sie schließlich bankrott waren. Doch auch die anderen Schlösser sind eine Entdeckungsreise wert: So besitzt das Bad Wurzacher Schloss das wohl schönste Barocktreppenhaus Oberschwabens und das Schloss in Meersburg einen malerischen Blick von seiner Terrasse zum Konstanzer Münster auf der anderen Bodenseeseite. Andreas Steidel Barocktreppenhaus Bad Wurzacher Schloss (links), Kloster und Schloss Salem (oben links), Neues Schloss Tettnang (oben rechts), Schloß Mochental bei Ehingen (unten links), Neues Schloss Meersburg (unten rechts)
Oberschwaben | Bodensee Magazin Spezial 61
Foto: Mark Hindley
Foto: Frank Müller
Von roten Knöpfle und knusprigen Nonnenfürzle Die Köche servierten bunte und vielfältig gewürzte Gerichte, damit die Oberschicht in barocken Gaumen- und Sinnesfreuden schwelgen konnte.
D
Fotos: Frank Müller
as Auge isst mit. Diese Redensart passt besonders zur Zeit des Barock, in der Essen schmecken und vor allem gut aussehen musste. Die Epoche prägte nämlich nicht nur die Kunst, sondern drang in viele Lebensbereiche vor und sprach die Menschen mit allen Sinnen an. So auch beim Essen, das üppig ausfiel und obendrein prächtig dekoriert wurde, sofern genug Geld vorhanden war. Dabei genügte es nicht, Fleisch mit bunten Beeren zu schmücken oder beim Servieren Tauben auffliegen zu lassen. Die Köche färbten sogar ihre Knöpfle, Spätzle und Knödel mit Roter Beete oder mit Spinat. Außerdem verarbeiteten sie von Singvögeln bis zu Schildkröten alle möglichen Tiere. Je exotischer, desto besser – das galt auch für die Gewürze, die damals erstaunlich international waren. Die Fülle sollte sich optisch und in den Aromen spiegeln. Ausschweifende Gelage waren aber nur dem Adel und dem hohen Klerus vorbehalten. Auf dem Speisezettel der Bauern hingegen fand sich selten Fleisch, sondern Suppe und Mus, Kraut, Rüben und Knöpfle – und dazu tranken sie selbst gebrautes Bier. Ausnahmen gab es nur an Festta- gen, dann konnten vielleicht auch sie ein Nonnenfürzle verdrücken – ein in Fett gebackenes Brandteig-Küchlein, zu dessen Namen es verschiedene Erklärungen gibt. Eine davon besagt, dass es wie ein Fürzle zischt, wenn im heißen Fett aus dem von Nonnen erfundenen Gebäck Wasserdampf und Luft entweichen. Claudia List
TIPP: Heutige Gastgeber zaubern fantastische Menüs, stilecht nach alten Rezepten zubereitet. Ein Blick auf die Speisekarte lohnt sich allemal. Wer sicher gehen möchte, bucht ein barockes Menü im Voraus, z. B. im Hotel-Restaurant Grüner Baum in Bad Waldsee, im Gasthof Linde in Steinhausen, im Altdorfer Hof in Weingarten, im Ochsen in Kißlegg oder im Gasthaus Adler in Gaisbeuren. Alle Informationen gibt es unter www.himmelreich-des-barock.de.
Oberschwaben | Bodensee Magazin Spezial 63
Meisterwerke in Wort und Ton erleben
Foto: Frank Müller
Joseph Gabler (1700-1771) war einer der bedeutendsten Orgelbauer der Barockzeit. Er stammte aus Ochsenhausen und wurde in der Schreinerwerkstatt des Klosters ausgebildet. Neben Gabler schufen auch Johann Nepomuk Holzhey (1741-1809) und Karl Joseph Riepp (1710 – 1775) imposante Orgeln, auf denen heute noch Stücke der damaligen Zeit aufgeführt werden – so können Besucher BAROCK erlauschen. Doch auch das geschriebene und gesprochene Wort spielte eine große Rolle. Sebastian Sailer z. B. gehört zu den wortmächtigsten Predigern der Barockzeit. Dabei hat er seinen Pfarrkindern sehr genau aufs Maul geschaut und auch in
Komödien seinen Humor bewiesen – seine „Schwäbische Schöpfung“ ist ein Glanzstück barock-oberschwäbischen Humors. Er verstand es, als Begründer der Schwäbischen Mundartdichtung, seine Hörer zum Lachen zu bringen. Es lohnt sich also, hinzuhören! Entlang der Oberschwäbischen Barockstraße gibt es zahlreiche Orgeln zu erlauschen, z. B. die Gabler-Orgeln in Ochsenhausen und Weingarten oder die Holzhey-Orgel in der Klosterkirche St. Verena in Rot a. d. Rot (siehe Bild unten).
AUSKUNFT Alle Informationen zur Oberschwäbischen Barockstraße gibt es bei der Oberschwaben Tourismus GmbH Neues Kloster 1 88427 Bad Schussenried Tel. +49 (0)7583 3310-60 www.oberschwaben-tourismus.de www.himmelreich-des-barock.de www.facebook.com/oberschwabenallgaeu #wirsindbarock
Weitere Stationen entlang der Oberschwäbischen Barockstraße:
Kißlegg www.kisslegg.de
Kloster Ochsenhausen www.kloster-ochsenhausen.de
Bad Schussenried www.bad-schussenried.de
Kloster Heiligkreuztal www.kloster-heiligkreuztal.de
Ottobeuren www.ottobeuren.de
Kloster Schussenried www.kloster-schussenried.de
Kloster Wiblingen www.kloster-wiblingen.de
Ferienregion Nördlicher Bodensee www.noerdlicher-bodensee.de
Bad Waldsee www.bad-waldsee.de
Memmingen www.memmingen.de
Weingarten www.weingarten-online.de
Bad Wurzach im Allgäu www.bad-wurzach.de
Neues Schloss Tettnang www.schloss-tettnang.de
Wolfegg www.wolfegg.de
Biberach a. d. Riß www.biberach-riss.de
Ochsenhausen www.ochsenhausen.de
Üppige Formen, lebendige Farben und eine Architektur, die den Himmel auf die Erde holt: Das ist der Barock wie er in Oberschwaben zu Hause ist. Nirgendwo sonst prägen so viele Zeugnisse des barocken Lebens eine Region. Doch was steckt eigentlich hinter den Bauwerken? Von prachtvollen Deckenfresken über höchste Orgelbaukunst bis hin zur barocken Biertradition. Die Region Oberschwaben-Allgäu beinhaltet Barock in vielen Facetten und wird zu einem Gesamtkunstwerk. Innerhalb von sechs Themenwelten und entlang von vier Routen können Besucher auf den Spuren des Barock die Region von Wiblingen bis St.Gallen bereisen. Alle Informationen rund um die sechs Themenwelten erhalten Sie unter: www.himmelreich-des-barock.de.
Den Routenführer erhalten Sie kostenfrei bei der Oberschwaben-Tourismus GmbH Neues Kloster 1, 88427 Bad Schussenried Tel. +49 (0) 7583 3310-60 info@oberschwaben-tourismus.de www.oberschwaben-tourismus.de www.facebook.com/oberschwabenallgaeu www.instagram.com/oberschwabenallgaeu
Oberschwaben | Bodensee Magazin Spezial 65
Foto: Achim Mende
Ein besonderer Ort kultureller Überlieferung Der Klosterplatz mit den ausserordentlichen architektonischen Schöpfungen der ehemaligen Klosterkirche, heute Kathedrale, und der Stiftsbibliothek haben auch 200 Jahre nach Aufhebung der Abtei ihre klösterliche Ausstrahlung nicht verloren. Die ehemalige Klosterkirche ist einer der letzten grossen Würfe des Bodenseebarock. St. Gallen, Kloster und Stadt halten Angebote für alle Bedürfnisse bereit. Die nahe Natur, ab dem Klosterplatz zu Fuss in 10 Minuten erreichbar, ist von besonderem Reiz.
D
Kathedrale St. Gallus und Otmar (ehemalige Klosterkirche)
ie Kirche wurde 1766 vollendet. An der Planung hatte der bekannte Baumeister Johann Kaspar Bagnato entscheidenden Anteil, während die Bauleitung in der Hand von Johann Michael Beer lag. Bauherren waren die Äbte Cölestin Gugger von Staudach und Beda Angehrn. Nach der Aufhebung des Klosters wurde das Gotteshaus 1824 zur Kathedrale (Bischofskirche). An der östlichen Schmalseite erhebt sich die einprägsame Zweiturmfassade als dominante Schaufront, das Wahrzeichen von Bistum, Stadt und Kanton St. Gallen. Das Innere der Kirche präsentiert sich als dreischiffige Freipfeileranlage mit zentraler Kuppel (Rotunde). Qualitätsvolle Stuckaturen, Gewölbebilder, Altäre und das Chorgestühl gehören zu den Höhepunkten der Ausstattung. Das Konzept der aufeinander harmonisch abgestimmten Kunstformen stammt von Christian Wentzinger, Bildhauer und Maler. Die Stuckaturen sind ein Werk von Johann Georg und Matthias Gigl: Sie vermitteln zwischen der helltonigen Architektur und den in dunklen Farben gehaltenen Deckenbildern. Der Maler der Gewölbebilder, Josef Wannenmacher, hinterliess in St. Gallen sein Hauptwerk. Das plastische Meisterwerk im Altarraum ist das Chorgestühl. Geschaffen wurde es unter der Gesamtleitung von Bildhauer Josef Anton Feuchtmayer.
Klosterhof Der St. Galler Klosterhof ist schweizweit das einzige Beispiel grosszügig konzipierter und gebauter barocker Herrscherarchitektur nach den gestalterischen Prinzipien von Achsialität und Monumentalität, verbunden mit einer Grosskirche gleichen Stils. Die Anlage blieb jedoch ein architektonischer Torso, da das Kloster vor der Vollendung seiner ehrgeizigen Bauziele aufgehoben worden ist. Der Hofflügel ist die Alte Pfalz (Sitz des Abtes), die sich vom Südturm der Kathedrale nach Osten erstreckt. Die Neue Pfalz schliesst den Klosterhof gegen Osten ab. Sie wurde 1767–1769 auf Veranlassung von Abt Beda Angehrn gebaut. Baumeister war Johann Ferdinand Beer. Heute Teil der Verwaltung des Kantons St. Gallen, diente die Neue Pfalz vor 1803 als Residenz des Abtes.
68 Bodensee Magazin Spezial | St. Gallen
Eremus et Abbas Die Geschichte des Klosters beginnt bekanntlich mit Gallus, der sich 612 im Steinachtal als Einsiedler (Eremus) und Beter niederliess. Bald schon sammelten sich Schüler um ihn, die auch nach seinem Tod (an einem 16. Oktober um 640) eine Gemeinschaft bildeten. Der Priester Otmar führte am Gallusgrab das Klosterleben ein, das sich später nach der Benediktsregel ausrichtete. Otmar, der Vorsteher (Abbas, Vater) dieses Klosters, baute die erste Abtei und sorgte für die Armen der Umgebung. In Gallus und Otmar vereinigen sich die Grundsätze der benediktinischen Lebensweise: Gebet und (handwerkliche wie soziale) Arbeit.
AUSKUNFT St. Gallen-Bodensee Tourismus Bankgasse 9 CH-9001 St. Gallen Tel. +41 (0) 71 227 37 37 info@st.gallen-bodensee.ch www.st.gallen-bodensee.ch
Öffnungszeiten/ Führungen Die ehemalige Stiftskirche, heute Kathedrale, steht tagsüber offen. Während Gottesdiensten sind touristische Besuche oder Führungen nicht gestattet. Vgl. zu den Öffnungszeiten der Stiftsbibliothek und des Lapidariums: www.stiftsbibliothek.ch Der Stiftsbezirk ist Thema verschiedener Publikationen. Hingewiesen sei auf den Stadtführer St. Gallen (erhältlich bei St.Gallen-Bodensee Tourismus an der Bankgasse 9, in den Buchhandlungen der Stadt resp. über den Buchhandel). Eine Fachbuchhandlung in Sachen Stiftsbibliothek St. Gallen ist der Museumsshop der Stiftsbibliothek St. Gallen (gleiche Öffnungszeiten wie die Stiftsbibliothek).
Stiftsbibliothek St. Gallen Klosterhof 6D Postfach CH-9004 St. Gallen Tel. +41 (0) 71 227 34 16 stibi@stibi.ch www.stiftsbibliothek.ch
ZUM THEMA St. Gallen mit einer Bevölkerung von knapp 80.000 Menschen ist ein boomendes Zentrum für Dienstleistungen und kulturelle Veranstaltungen. Stadt und Klosterbezirk profitieren heute voneinander in erheblichem Mass. Dies war nicht immer so: Mit der Glaubensspaltung des 16. Jahrhunderts lebten sie sich auseinander; eine Binnenstadtmauer trennte die Stadt vom Kloster, das ein eigenes Stadttor errichtete. Der Stiftsbezirk St. Gallen war bis 1805 das administrative Zentrum des st. gallischen Klosterstaates, genannt Fürstabtei St. Gallen. Dieser Staat reichte vom Bodensee bis nach Wil und umfasste das gesamte Toggenburg. Das stiftsanktgallische Kulturerbe in diesen Regionen, entlang der so genannten FürstenlandStrasse, ermöglicht jederzeit spannende Entdeckungen (vgl. auch den besonderen Tipp). Die Stiftsbibliothek zeigt im Barocksaal jährlich wechselnde Sonderausstellungen zu Themen rund um die Klostergeschichte. Dabei werden auch originale Handschriften gezeigt.
KULTUR St. Gallen ist eine Kulturstadt mit einem reichhaltigen Angebot. Von der grossen Oper bis zum zeitgenössischen Tanztheater oder dem Poetry Slam-Wettkampf – die Stadt St. Gallen zeichnet sich in allen Sparten durch ein attraktives und vielfältiges Kultur- und Unterhaltungsangebot aus. Mit Ausstellungen in den Bereichen Kunst, Kultur, Natur und Geschichte leisten die Museen im Stadtpark, das Textilmuseum und die Institutionen im Lagerhaus einen wichtigen Beitrag an das Kulturleben der Stadt.
In den vergangenen Jahren haben sich aber vor allem die St. Galler Festspiele im Klosterhof (Juni/Juli) zu einem Grossanlass entwickelt. www.stgaller-festspiele.ch Ausserdem ist ein neues Kulturzentrum entstanden: Die Lokremise, ein paar Gehminuten vom Hauptbahnhof St. Gallen entfernt. Als grösstes noch erhaltenes Lokomotiv-Ringdepot der Schweiz ist sie ein einmaliger Ort für Tanz, Theater, Film, Kunst, Gastronomie und mehr. www.lokremise.ch
St. Gallen | Bodensee Magazin Spezial 69
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Stiftsbibliothek St.Gallen
Herzstück des Weltkulturerbes Die Stiftsbibliothek St. Gallen blickt in der Sommerausstellung 2017 auf vierzehn Jahrhunderte Geschichte zurück. Sie ist eine der ältesten heute noch bestehenden Bibliotheken der Welt. Die Ausstellung „Arznei für die Seele“ zeigt anhand ihres wertvollen Bestands die Entwicklung der Institution von den Anfängen im 7. Jahrhundert bis in die Gegenwart.
M
it der Entstehung neuer Bibliotheken in den frühmittel alterlichen Klöstern regte sich nach dem Niedergang der Antike das kulturelle und wissenschaftliche Leben neu. Bereits bei Gallus, der 612 als irischer Missionar und Eremit seine Zelle an der Steinach erbaute, spielten Bücher eine Rolle, und spätestens mit der Gründung des Klosters St.Gallen um 719 wurde eine institutionelle Bibliothek eingerichtet. Der St.Galler Klosterplan zeigt die Verbindung von Schreibwerkstatt und Büchersammlung. Aus diesem Zusammenspiel entstand ab dem 9. Jahrhundert im Galluskloster eine der größten und besten Bibliotheken Europas. Sie wurde im Hartmutturm aufbewahrt und trotzte dort vom 9. bis zum 16. Jahrhundert allen Gefahren und mehreren Stadtbränden. Die Büchersammlung wurde auch im Hoch- und Spätmittelalter von den Mönchen weiter genutzt.
Die Globus-Replik im Barocksaal der Stiftsbibliothek St.Gallen (rechts) Der spätbarocke Raum der Stiftsbibliothek St.Gallen wurde zwischen 1758 und 1767 erbaut. Er zählt zu den schönsten Bibliotheksbauten weltweit. (links)
Mit Glück überstand die Bibliothek zusammen mit dem Kloster die Reformationszeit. 1553 erhielt sie einen eigenen Bau im Westflügel des Konventsgebäudes und 1767 mit dem heutigen Barocksaal einen der weltweit schönsten Bibliotheksräume. Die Äbte der Barockzeit pflegten und vermehrten den Bestand vorbildlich und er blieb fast unbeschadet erhalten, als das Kloster 1805 aufgehoben wurde. Seither steht die Bibliothek im Eigentum des Katholischen Konfessionsteils des Kantons St.Gallen, der sie als wissenschaftliche Institution von Weltruf weiterführt und entwickelt. Als Herzstück des Weltkulturerbes Stiftsbezirk St.Gallen ist die Stiftsbibliothek heute die wichtigste Sehenswürdigkeit in St.Gallen. Arznei für die Seele – Mit der Stiftsbibliothek St.Gallen durch die Jahrhunderte, 14. März - 5. November 2017 Stiftsbibliothek St.Gallen Klosterhof 6d, CH-9004 St.Gallen www.stiftsbibliothek.ch
Stiftsbibliothek St. Gallen | Bodensee Magazin Spezial
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In Stille und Einsamkeit Das Leben der Kartäuser war ganz der Kontemplation und der Suche nach Gott gewidmet. Stille und Einsamkeit der Kartäuser bilden einen wichtigen Ausgangspunkt für eine aktuelle Auseinandersetzung mit spirituellen Werten.
“U
nser Bemühen und unsere Berufung bestehen vornehmlich darin, in Stille und Einsamkeit Gott zu finden.” So steht es im Kapitel 12 der Kartäuserregel. Schweigen, Stille und die Konzentration auf Gott sind für das Leben der Kartäuser von zentraler Bedeutung. Das einsame Leben in der Mönchszelle gilt als Hauptinstrument, um zu dieser Ruhe zu gelangen, um ganz frei und „leer” für Gott zu sein. Dazu legen die Mönche ein strenges Schweigegelübde ab und der Kontakt mit der Aussenwelt wird weitgehend abgebrochen. Dies alles bildet die Voraussetzung für ein Leben, dessen streng geregelte Abfolge von Arbeit, Studium, Kontemplation, Gebet und Meditation als dauernder Gottesdienst verstanden wird. Die Messen der Kartäusermönche waren ganz auf die eigene Gemeinschaft gerichtet. In der Ittinger Klosterkirche steht deshalb keine Kanzel, da Predigten nicht Teil der Gottesdienste waren. Ebenso fehlen Taufstein oder Beichtstühle. Im kartäusischen Gottesdienst gab es auch keinen Platz für die Spende von Sakramenten an das Volk. Ebenso fehlt eine Orgel, da die Kartäuser ihre Gottesdienste ohne Instrumente feierten und sich ganz auf die eigene Singstimme verließen. In der Kartause Ittingen lässt sich die streng kontemplative Lebensführung der Mönche anschaulich nacherleben. Der aufwändig gestaltete Essraum, die kargen Mönchszellen und die reich geschmückte Kirche im Ittinger Museum präsentieren sich so, als ob die Mönche noch hier lebten und beteten. Wer durch Kreuzgänge, Arbeitsräume und Gärten wandelt, dem öffnen sich Einblicke in eine Welt, die aufgrund der strengen Ordensregeln der Kartäuser normalerweise verschlossen bleiben. Modernste Vermittlungsinstrumente bringen dem Publikum die Schicksale von Menschen und Gebäuden näher. In den Mönchsklausen kann man auf Bildschirmen in Handschriften blättern, die vor Jahrhunderten an dieser Stelle geschrieben wurden. Ein Audioguide mit vielfältigen Informationen zu den Ausstellungen und zu den Gartenthemenpfaden lässt den Besuch des historischen Ortes zu einem unvergesslichen Erlebnis werden. Auf dem stimmungsvollen Hörspielrundgang „… sei still“ werden Besucherinnen und Besucher ab 10 Jahren in längst vergangene Zei-
ten entführt. Der Kirchenpatron von Ittingen, der heilige Laurentius, kommt hier ebenso zu Wort wie die Märtyrerin Victoria oder Prokurator Wech, der einen neuen Müller einstellt. Das Ittinger Museum ist Teil des Kultur- und Seminarzentrums Kartause Ittingen mit Gastwirtschaft und Hotelbetrieb sowie einem vielfältigen Kulturangebot.
Die Kartäuser – allein unter Gleichgesinnten Die Gründung des Kartäuserordens durch Bruno von Köln im 11. Jahrhundert steht im Zusammenhang mit einer kirchlichen Reformbewegung, die den Rückzug in die Einsamkeit als eine Möglichkeit postulierte, um sich den Zwängen der weltlichen Herrschaft und Betriebsamkeit zu entziehen. Bruno liess sich 1084 zusammen mit sechs Gesinnungsgenossen im abgelegenen Bergtal Chartreuse bei Grenoble nieder, wo ein erstes Kloster – La Grande Chartreuse – entstand. Die Gruppe bildete eine streng organisierte Lebensgemeinschaft, in der die Vorzüge des Einsiedlerlebens in Übereinstimmung gebracht wurden mit dem klösterlichen Ideal eines gemeinsamen Lebens im Dienste Gottes. In den “Consuetudines” sind die Gebräuche der Kartäuser aufgezeichnet. Das Regelwerk ist eine Lobpreisung des einsamen Lebens und beschreibt detailliert das Leben der Mönche und der Laienbrüder. Seit 1155 wird in der Grande Chartreuse jährlich das Generalkapitel abgehalten, zu dem sich die Vorsteher der einzelnen Kartausen treffen. Die Regel erfuhr im Lauf der Zeit diverse Interpretationen und Ergänzungen. Ihre ursprüngliche Strenge jedoch wurde mit grosser Konsequenz aufrechterhalten. Im Mittelalter breitete sich der Orden über ganz Europa aus. 1531, zur Zeit seiner grössten Ausdehnung, zählte er 195 KIöster. Diese Zahl wurde zuerst durch die Reformation und dann im 18. Jahrhundert durch die Klosteraufhebungen von Joseph II. im Habsburgerreich sowie durch die französische Revolution und den darauf folgenden Liberalismus stark dezimiert. Heute gibt es noch rund zwei Dutzend Ordenshäuser, nicht nur in Europa, sondern auch in den USA, in Südamerika oder in Korea.
Der heilige Bruno, Gründer des Kartäuserordens Der heilige Bruno wurde um 1030 in Köln geboren. Nach Studien der Theologie und der Philosophie in Köln und Reims wurde er 1056 zum Leiter der Domschule in Reims berufen, gehörte also zur gebildeten Oberschicht der Kirchenhierarchie. Nach Auseinandersetzungen mit weltlich gesinnten Kräften verliess Bruno seinen Posten und trat 1080 ins Kloster Molesme ein. Vier Jahre später erlaubte ihm der Abt, sich aus dem Kloster zurückzuziehen und eine Einsiedelei zu gründen. Weitere Kollegen folgten ihm und die Einsiedelei wurde einige Zeit später mit Unterstützung von Bischof Hugo von Grenoble ins abgeschiedene Gebirgstal Chartreuse verschoben. 1090 wurde Bruno von Papst Urban II. als Berater nach Rom berufen. Später gründete er in La Torre in Kalabrien eine weitere Kartause. Er starb am 6. Oktober 1101. Papst Leo X. sprach ihn 1514 heilig.
Historische Ansicht der Kartause Ittingen, 18. Jahrhundert (oben) Gemälde zur Einkleidung der Kartäuser mit Heiligem Bruno und seinen Gefährten, erste Hälfte des 18. Jahrhunderts (unten)
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Im Brennpunkt der Schweizer Geschichte Im 12. Jahrhundert wandelten die Herren von Ittingen ihre Burg in ein Kloster um und legten damit den Grundstein für eine lange und fruchtbare Entwicklung. 1461 übernahmen die Kartäuser das Kloster und begannen es für ihre Zwecke umzubauen. Insbesondere erweiterten sie die Anlage um den grossen Kreuzgang mit seinen vierzehn Klausen und passten die Gebäude damit ihrer besonderen Lebensform an. Die Übernahme vollzog sich nicht ohne Opposition. Die Kartäuser schlossen als streng kontemplativer Orden die Kirche für Aussenstehende, was gegen alte Rechte verstiess. Deshalb besetzten 1471 im sogenannten “Sitzstreik” die Kirchgängerinnen des Nachbardorfes Warth die Kartäuserkirche so lange, bis die Kartäuser den Bau einer eigenen Kapelle für die Dorfbewohner ausserhalb der Klostermauern bezahlten. In der Reformationszeit stand die Kartause Ittingen im Zentrum der eidgenössischen Politik. Die 1522 in Zürich einsetzende Reformbewegung hatte schnell auch in der Herrschaft Thurgau Anklang gefunden, was zu Unruhen und Bilderstürmen führte. Als der katholische Landvogt von Frauenfeld 1524 in Stein am Rhein einen reformierten Prediger gefangen nehmen liess, rotteten sich über dreitausend Menschen zusammen, um den Verhafteten zu befreien. Darauf erzwang die aufgebrachte Menge den Zugang zur Kartause: Zwei Tage lang plünderten sie die Vorräte, zerstörten Bilder und Altäre, entkleideten die Mönche und setzten schliesslich das Kloster in Brand. Der Aufstand erregte in der Eidgenossenschaft grosses Aufsehen. Auch die der Reform zugeneigten Obrigkeiten fürchteten die Sprengkraft von spontanen Volksaufständen dieser Art. Daher wurde ein hartes Exempel statuiert: Die Anführer des Aufstandes wurden hingerichtet. Der reformerische, bilderstürmerische Akt von 1524 war ein Ereignis von grosser Bedeutung. Er ging unter dem Namen “Ittinger Sturm” in die schweizerische Reformationsgeschichte ein. Das weitere Schicksal des Klosters blieb lange Jahre unsicher. Erst Mitte des 16. Jahrhunderts konnte wieder ein geregelter Betrieb aufgenommen werden. Im 17. Jahrhundert setzte dann aber ein langjähriger Aufschwung ein, der bis ins späte 18. Jahrhundert reichte. In diesen rund hundert- fünfzig Jahren erhielt das Kloster seine heutige Form und Ausstattung. Reiche Stiftungen sowie ein florierender Weinbau und -handel ermöglichten umfassende Neu- und Umbauten der Gebäude und insbesondere auch die Neuausstattung der Kirche.
Juwel der Barockkunst Die prächtige Kirche ist das unbestrittene Zentrum des Klosters: Hier trafen sich die Mönche drei- bis viermal täglich zu den gemeinsamen Gottesdiensten, welche das Leben der klösterlichen Gemeinschaft bestimmten und strukturierten. Die Kirche ist in drei klar abgegrenzte Bereiche unterteilt: den Knechtechor, den Laienbrüderchor und den Mönchschor. Die unterschiedliche Bedeutung dieser Bereiche findet im Reichtum der künstlerischen Ausstattung ihre Entsprechung. Im hintersten Bereich unmittelbar nach dem Hauptportal konnten Knechte und andere mit dem Kloster in Beziehung stehende Personen dem Gottesdienst folgen. Der nächste Bereich, abgetrennt durch eine Schranke, war den Laienbrüdern vorbehalten, für die ein Gestühl mit insgesamt sechs Sitzen zur Verfügung stand. Den dritten Bereich, der mehr als die Hälfte der gesamten Grundfläche der Kirche einnimmt, durften nur die Mönche betreten, die für ihre täglichen Chorgesänge im Chorgestühl mit seinen 22 Sitzen Platz nahmen. Abgeschlossen wird der Raum durch die monumentale, raumgreifende Architektur des Hochaltars. Der Gesamteindruck der Kirche wird bestimmt durch üppige Malereien, Stuckaturen und Schnitzereien aus dem 18. Jahrhundert. Die Barockisierung des ursprünglich gotischen Gebäudes vollzog sich in zwei Schritten: Zuerst erhielt die Kirche ein neues, Licht durchflutetes Chorhaupt. Gleichzeitig schuf der Schnitzer Chrisostomus Fröhli ein figurenreiches Chorgestühl, das zu den schönsten Beispielen hochbarocker Schnitzkunst im Bodenseeraum zählt. Die Qualität der Schnitzereien zeigt ein hohes bildhauerisches Können. Figuren und Pflanzenornamente sind virtuos, lebendig und ausgesprochen plastisch gestaltet. Dieser erste, 1703 abgeschlossene Barockisierungsschritt
Miniatur zum Ittinger Sturm, Heinrich Thomann, 1605 (oben) Barocker Innenraum der Kirche in der Kartause Ittingen (unten)
erfuhr zwischen 1763 und 1767 noch eine Steigerung. In dieser Zeit erneuerte ein Künstlerkollektiv den gesamten Kirchenraum durch Formen des im süddeutschen Raum blühenden Rokoko – mit Stuckmarmoraltären, reichen ornamentalen Stuckaturen und Fresken. So entstand ein Rokokojuwel, das in einer ungewöhnlich reinen Form bis heute erhalten ist. Die damals geschaffene Prachtentfaltung steht aus heutiger Sicht im Widerspruch zum kartäusischen Armutsideal. Im 18. Jahrhundert war jedoch eine solch opulente Ausstattung ein adäquates Mittel, um dem Gottesdienst die ihm zustehende Würde zu verleihen. Im Gegensatz zu den kargen Zellen der Mönche wurde die Kirche zu einem repräsentativen Ort, dessen Bildprogramm an den Ordensgründer und die Grundideale des Ordens erinnert.
Lebendiges Seminar- und Kulturzentrum 1836 verloren die Mönche ihre Eigenständigkeit endgültig und 1848 – im Entstehungsjahr des Schweizerischen Bundesstaates – beschloss der Thurgauer Grosse Rat die Aufhebung der Klöster und die Verstaatlichung ihrer Güter. Die Mönche mussten Ittingen verlassen, womit das klösterliche Leben nach rund sieben Jahrhunderten sein Ende fand. Ab 1867 wurde das ehemalige Kloster als repräsentativer Landsitz durch Private genutzt und bewirtschaftet. 1977 wurde die Anlage durch die eigens gegründete, privatrechtliche Stiftung Kartause Ittingen gekauft, restauriert und mit der Unterstützung von Partnern einer neuen Nutzung zugeführt. Das Betriebskonzept orientiert sich an den klösterlichen Werten Kultur, Spiritualität, Bildung, Fürsorge, Gastfreundschaft und Selbstversorgung. Neben dem eigenwirtschaftlich betriebenen, grosszügigen Bauernhof mit eigenem Weinbau und Käserei gibt es einen Heim- und Werkbetrieb sowie eine Gärtnerei. Hier sind auch sechzig betreute Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter tätig. Eine Gastwirtschaft in der stilvoll restaurierten Mühle, ein Hotel und ein Klosterladen verwöhnen Besucher und Seminargäste mit hochwertigen Produkten aus eigenem Anbau. Der Zauber und die Vielfalt der Gärten mit der grössten historischen Rosensammlung der Schweiz sowie vier Gartenthemenpfaden laden ein zum Verweilen und Entspannen. Die beiden Museen in den historischen Gebäuden bieten authentische Einblicke in das Leben der Mönche sowie ein vielfältiges Programm mit zeitgenössischer Kunst. Konzerte auf höchstem Niveau haben sich bei Liebhabern der Kammermusik einen Namen gemacht. Veranstaltungen rund um Fragen der Spiritualität und Religion runden das abwechslungsreiche Angebot ab. In Ittingen ist ein lebendiges Kultur-, Seminar- und Begegnungszentrum von grosser Vielfalt entstanden. Das einzigartige Konzept der Kartause Ittingen hat sich langfristig als tragfähig erwiesen. Es gilt als anerkanntes Modell für eine attraktive Neubelebung einer historischen Anlage. Christa Fritschi
Das Ittinger Urbar Einen umfassenden Einblick in die wirtschaftlichen Angelegenheiten des Klosters gibt das 1743 datierte Urbar, in dem der Prokurator Josephus Wech (1702–1761) in jahrelanger Arbeit die Besitztümer des Klosters und die sich daraus ergebenden Erträge auflistete. Dieses Verzeichnis von Besitz und Erträgen ist weit mehr als nur eine Auflistung der Güter und ihrer Einkünfte. Josephus Wech beschreibt vielmehr detailliert die Rechte und Pflichten der einzelnen Höfe, die sich im Gerichtskreis des Klosters befanden. 39 handgeschriebene Foliobände sowie eine fast 3 x 5 Meter grosse Übersichtskarte umfasst das riesige Werk, von dem zusätzlich zwei handschriftliche Kopien existieren. Das Ittinger Urbar kann heute auf einem Bildschirm in der Prokuratur eingesehen werden.
Ittingen | Bodensee Magazin Spezial 79
AUSKUNFT Stiftung Kartause Ittingen Kartause Ittingen CH-8532 Warth Tel. +41 (0) 52 748 44 11 info@kartause.ch www.kartause.ch
Ittinger Museum Kunstmuseum Thurgau Tel. +41 (0) 58 345 10 60 sekretariat.kunstmuseum@tg.ch www.kunstmuseum.ch www.ittingermuseum.tg.ch
Öffnungszeiten/ Führungen Ittinger Museum Kunstmuseum Thurgau Mai–September 11–18 Uhr täglich Oktober–April Mo-Fr 14 –17 Uhr Sa / So 11–17 Uhr Öffentliche Führungen werden jeden Sonntag Nachmittag um 15 Uhr von Februar bis Mitte Dezember angeboten. Das Spektrum der Führungen reicht von Rundgängen durch die Räume des ehemaligen Klosters mit der Barockkirche über Gärten und Kräuter bis zu zeitgenössischer Kunst und Kultur. Veranstaltungen werden unter www.kunstmuseum.ch angekündigt. Für Gruppen werden massgeschneiderte Führungen zu vielfältigen Themen angeboten. Auf Anfrage sind Führungen ausserhalb der Museumsöffnungszeiten möglich.
zum Thema Spiritualität wird in der Kartause Ittingen auch heute noch gelebt. Besucher können im frei zugänglichen Labyrinth aus Hunderten von Thymianpflanzen den Weg zur Mitte gehen oder im Raum der Stille meditieren, innehalten und Kraft aus der Stille schöpfen. Das tecum, Zentrum für Spiritualität, Bildung und Gemeindebau der evangelischen Landeskirche bietet vielfältige Veranstaltungen und Kurse zu aktuellen Fragen der Spiritualität, Religion und des Zusammenlebens.
K u l tu r Kammermusik
Museen
Ittinger Pfingstkonzerte Die Ittinger Pfingstkonzerte sind ein Garant für Kammermusik auf höchstem Niveau. Seit 1995 gelingt es jedes Jahr, hochkarätige internationale Musiker nach Ittingen einzuladen. Die Konzerte an diesem idyllischen Ort haben sich bei Kennern und Liebhabern der Kammermusik weit über die Region hinaus einen Namen geschaffen.
Geschichte und Kunst Den Kern der Kartause bildet das Ittinger Museum mit seiner lebendigen Präsentation der Geschichte des Ortes und der Eigenheiten des Kartäuserordens. Einblick in ganz andere Welten bietet das Kunstmuseum Thurgau. Die Sammlung bietet als Höhepunkte neben dem Nachlass von Adolf Dietrich ausgesuchte Werke von Aussenseiterkünstlern sowie Arbeiten international bekannter Persönlichkeiten, die speziell für diesen besonderen Ort geschaffen wurden. Attraktive Wechselausstellungen machen das Museum zu einer Destination, die bei Kunstfreunden weit über die Grenzen der Region hinaus einen hervorragenden Ruf geniesst. www.ittingermuseum.tg.ch www.kunstmuseum.ch
Ittinger Sonntagskonzerte Kammermusik der Extraklasse bieten die Ittinger Sonntagskonzerte im Winterhalbjahr. Die Matinee-Konzerte begeistern die Besucher mit herausragenden Solisten und Ensembles sowie einer raffinierten Programmgestaltung. Mit der Remise hat die Kartause Ittingen einen Konzertsaal, der auch höchsten Ansprüchen an die Akustik genügt. 80 Bodensee Magazin Spezial | Ittingen
Was sonst Selbstversorgung Wie die Kartäusermönche früher kommen auch die Gäste des Ittinger Kultur- und Seminarzentrums in den Genuss der hochwertigen Spezialitäten, die auf rund hundert Hektar Feld, Rebberg, Wald und Gärten sowie in den Stallungen und Gewässern leben und gedeihen. Ohne Umwege werden die Rohstoffe aus nachhaltiger Landwirtschaft vor Ort zu auserlesenen, naturbelassenen Produkten veredelt. Sie sind im Restaurant und im Klosterladen erhältlich. Hotelbetrieb 68 stilvoll-moderne Hotelzimmer in der Kartause Ittingen laden ein zum Verweilen. Im Übernachtungspreis inbegriffen ist die Benützung der hoteleigenen Fahrräder, mit denen die idyllische Umgebung erkundet werden kann. Zauber und Vielfalt der Gärten Mehr als 1.000 Rosenstöcke und die grösste historische Rosensammlung der Schweiz verwandeln die Anlage jedes Jahr in einen einzigartigen Blütentraum. Blumen-, Kräuter-, Gemüse-, Hopfen- und Weingärten lassen sich mit dem Audioguide auf vier Themenpfaden entdecken.
DER BESONDERE TIPP
“Ittingen Walk”, Kunstmuseum Thurgau Ein Geheimtipp bei einem Besuch der Kartause ist der “Ittingen Walk“ der kanadischen Künstlerin Janet Cardiff. Das Hörkunstwerk führt Besucherinnen und Besucher durch die historischen Räume des ehemaligen Klosters und erzählt auf einzigartige Weise eine Geschichte, in der Realität und Fiktion verschwimmen. Lassen Sie sich auf das Abenteuer der Kunst im Kloster ein.
Ittingen | Bodensee Magazin Spezial 81
Konzil-Tipp: Mittelaltergarten beim schönsten Schloss am Bodensee Lustgarten auf dem Arenenberg Das Schlossgut Arenenberg am Schweizer Bodensee ist vor allem dafür bekannt, dass es vor 200 Jahren die Exil-Heimat der Bonapartes war. Doch schon im Mittelalter wussten reiche Konstanzer bzw. Thurgauer Patrizierfamilien den traumhaften Bodenseeblick zu schätzen und richteten sich auf dem Arenenberg einen Landsitz ein. Feine Ritterfräulein lustwandelten hier durch duftende Gärten und luden sich dazu auch gerne Freunde ein. Im Sommer 2014 wurde die alte Gartentradition neu belebt und ein Patriziergarten nach mittelalterlichem Vorbild auf dem Gelände eröffnet. Der Lustgarten ist mit seinem Wasserlauf, Rasenbänken und Kräuterbeeten nicht nur schön anzusehen, sondern duftet auch intensiv. Hier bekommt man als Besucher einen guten Eindruck davon, wie sich unsere Vorfahren im Mittelalter das Paradies vorgestellt haben. Denn nichts weniger als ein „Himmel auf Erden" sollten diese grünen Orte der Erholung sein. Das Arenenberger Gartenparadies steht heute allen offen, im ausgehenden Mittelalter waren solche Orte freilich nur dem Adel und dem gehobenen Bürgertum zugänglich. Besucher bekommen für den Garten einen Audio-Guide, der sie mit einer Collage aus mittelalterlichen Musikstücken, Anekdoten und Informationen zu Pflanzen und mittelalterlicher Gartengeschichte begleitet. www.napoleonmuseum.ch
Auf Mittelalterspuren im Thurgau Der Thurgau – das geografische Zentrum des Bodenseegebiets – bewahrt bis heute unschätzbare Kostbarkeiten. Einzigartige Schätze sind beeindruckende Zeugen vom Reichtum des Kantons. Diese Schätze gilt es auf den neuen Konzilswegen zu erleben und entdecken.
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ingebettet in eine vielfältige Kulturlandschaft, liegen un gezählte Burgen und Schlösser, Kirchen und Klöster, geschäftige Städte und romantische Dörfer, blühende Wiesen, fruchtbare Felder, wilde Flüsse und Bäche und natürlich der Bodensee. Kein Wunder, dass die Besucher des Konstanzer Konzils, des grössten Kongresses im Mittelalter, den Thurgau besonders schätzten: „Der See ist klar wie ein reiner Kristall und reich an guten Fischen … es gibt hier herrliches Weissbrot (und ebensolchen) Wein, Fleisch aller Art, Milch, Käse, Eier, Fische, Äpfel und Trauben. Alles ist in reichem Überfluss vorhanden, was notwendig, nützlich oder angenehm ist für Menschen und Tiere …“ schrieb ein Teilnehmer im Jahr 1415. Andere Gäste vertieften sich in die reich bestückten Klosterbibliotheken, weitere frönten dem Müssiggang, erholten sich auf Landsitzen und in deren Gärten oder sie genossen einfach die Gastfreundschaft der Einheimischen. All das kann man heute noch überall erleben.
Thurgauer Konzilswege: Auf den Spuren des Mittelalters Noch vor Beginn des grossen Kongresses ritt der Konstanzer Bürger und Konzilschronist Ulrich Richental auf Geheiss seines Rats zusammen mit zwei päpstlichen Kundschaftern in den Thurgau. Er sollte herausfinden, ob es hier genug Herbergen und Nahrungsmittel gab, um die grosse Kirchenversammlung in Konstanz ausrichten zu können. Ihm ist einer der neu entstandenen und mit rund 200 Kilometer längsten Konzilswege gewidmet: die Richental-Route. Von Kreuzlingen, der „ersten Stadt der Schweiz“, führt sie beispielsweise nach Gottlieben. In dem malerischen Fischerdorf am Rhein residierte der britische Erzbischof Robert Hallum von Salisbury, einer der wichtigsten Kirchengelehrten und Berater König Sigismunds. Unterhalb der „Rosenstadt“ Bischofszell überspannt eine archaische Brücke aus dem 15. Jahrhundert die Thur, den namensgebenden Fluss des heutigen Kantons. Staunend stellt man sich vor, wie die Konzilsbesucher über deren steinernen Bögen Richtung Konstanz strebten. Auf der kleinen Insel Werd am Untersee lockt eine verwunschene Kapelle mit dem Grab des Hl. Otmar, liebevoll betreut von Franziskanerbrüdern. Nicht weit davon die ehemalige Priorei Wagenhausen und das frühere Kloster St. Katharinental. Ittingen, Fischingen, Tobel, Kalchrain, Feldbach, Münsterlingen... zahlreich waren die Klostergründungen. Die italienischen Gäste des Konzils widmeten sich deren Bibliotheken auf der Suche nach Spuren antiker Autoren – manchmal mit Erfolg. Und so wurde auch hier – und nicht nur in Italien – die Renaissance aus der Wiege gehoben. Wahrscheinlich etwas weniger gelehrt ging es auf den unzähligen Burgen und Landsitzen zu, dafür aber sicher unterhaltsam. Zu den schönsten Anlagen der Schweiz zählen ohne Zweifel das Wasserschloss Hagenwil und die Burg Mammertshofen mit ihrem gewaltigen Bergfried. Auf Schloss Frauenfeld, dem Wahrzeichen der Kantonshauptstadt, sassen einst die Vögte der Habsburger und später der Eidgenossen. Heute beherbergt es das Historische Museum Thurgau. Zusammen mit vielen romantischen Ruinen und den kleinen mittelalterlichen Städten wie Diessenhofen, Arbon, Weinfelden, Steckborn zeugen sie von einer lebendigen „Gegenwart der Vergangenheit“.
Steckborn / Stefan Arendt (oben) Wasserschloss Hagenwil (mitte) Ausblick Arenenberg / Ulrich Riebe 360 Grad Panoramafotografie (unten)
Weitere Routen laden dazu ein, das Mittelalter im Thurgau zu erleben und zu entdecken: • die Anreise des Papstes: von Rorschach den See entlang nach Kreuzlingen • der Weg der Päpste und Könige oder auch Papstfluchtroute benannt: von Kreuzlingen den See entlang bis Schaffhausen • der Thurgauer Abschnitt des Pilgerwegs: von Kreuzlingen nach Fischingen • der alte Verkehrsweg von Kreuzlingen nach St. Gallen • die mit dem Konzil-Logo neu beschilderte Route von Hagenwil bei Amriswil nach Arbon.
Gastronomen servieren Mittelalterküche Wer seinen Aufenthalt im Thurgau auf Mittelalterspuren begehen will, kann sich durch die vielen verschiedenen Konzil-Menüs probieren, die die Gastronomen im Angebot haben. Wo mit mittelalterlichen Zutaten gekocht wird, das erfahren Gäste unter www.konzil-thurgau.ch und auch in den Karten „Wege des Konzils“ sind die teilnehmenden Restaurants vermerkt.
Kostenlose Karten „Wege des Konzils“ Die Karten „Wege des Konzils“ mit allen Routen und den sehenswerten Zielen sowie den Gastronomiebetrieben mit Konzil-Menüs entlang dieser Strecken können kostenlos bei Thurgau Tourismus angefordert werden: Richental-Weg (2014), Pilgerweg (2015), Wand- und Glasmalereien (2016), Kirchen, Klöster und Kapellen (2017)
Thurgau Tourismus Egelmoosstrasse 1 CH-8580 Amriswil Tel. +41 (0) 71 414 11 44 info@thurgau-bodensee.ch www.konzil-thurgau.ch
Thurgau | Bodensee Magazin Spezial 83
Historisches Museum Thurgau im Schloss Frauenfeld Wo die Moderne das Mittelalter küsst Der Thurgau gerät im Spätmittelalter zweimal mitten ins Auge eines religionspolitischen Orkans. Das Grosse Abendländische Schisma hinterlässt wie später auch die Reformation gravierende Spuren im Süden des Bodensees. Auf Schloss Frauenfeld sind diese Spuren heute dort sichtbar, wo prächtige Kunst aus Klöstern und Kirchen auf die Werke der neuen protestantischen Schlichtheit trifft.
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ärz 1415. Das Feuer lodert hoch vor den Toren der freien Reichsstadt Konstanz. In Flammen steht kein Verbrecher, sondern ein Theologieprofessor. Jan Hus hat gegen die kirchliche Tradition gepredigt, gegen den Ablass, für den Laienkelch und die Ehe der Priester. Und man kann es kaum glauben: Rund ein Jahrhundert später steht erneut ein gelehrter Theologe im Kreuzfeuer, aus ähnlichen Gründen. Martin Luther muss sich vor dem Reichstag zu Worms verantworten und verweigert vor der höchsten weltlichen Instanz den Widerruf seiner Thesen. Beide Ereignisse sind Zeichen der Zeitenwende in die Moderne und markieren gleichzeitig die Bruchstellen des Mittelalters.
Bildersturm und Gegenreformation im Thurgau Die Bruchstellen im Zeitbogen zwischen Konstanzer Konzil und Reformation sind Thema der Schlossausstellung und des lehrreich-unterhaltsamen Rahmenprogramms im Historischen Museum Thurgau, 500 Jahre nach Luthers Thesenanschlag und dem Ausgreifen der Reformation auf das südliche Bodenseegebiet. Bereits kurz nach erfolgter Reformation in Wittenberg entlädt sich auch hier in der Region der Zorn der Landbevölkerung. Wegen der Verhaftung eines protestantischen Pfarrers wird im Ittinger Sturm die Kartause Ittingen geplündert und verwüstet. Ganz nach dem strengen Gebot aus dem zwinglianischen Zürich treibt sich danach eine neue Schlichtheit wie ein Keil ins spätmittelalterliche Kunstschaffen des südlichen Bodenseeraums. Der Kontrast zwischen dem kirchlichen Schmuck der katholischen und der reformierten Kirche wird in der Frauenfelder Schlossausstellung wahrhaft greifbar.
Im Kirchensaal des Schlosses findet sich ein 700-jähriges wunderbares Chorblatt aus St. Katharinental mit einer verblüffenden Miniatur. Gleichsam in Minne trifft darauf Christus mit einem Pfeil das Herz der heiligen Katharina. Ein Stück Historie von Seltenheitswert. Mit zartem Pinselstrich und leuchtenden Farben brachte der Buchmaler aus der Bodenseeregion das Minnespiel zu Pergament. Das filigrane Kunstwerk bildet im Schloss Frauenfeld eine Art Trilogie mit einem weiteren Highlight der spätmittelalterlichen Bodenseekunst: dem Feldbacher Altar. Der eindrückliche Altar aus dem Zisterzienserinnenkloster Feldbach zeugt heute davon, dass die italienische Renaissance zur Mitte des 15. Jahrhunderts ihre Fühler in Richtung Bodensee ausgestreckt hatte. Die Szene von Jesus auf dem Ölberg etwa ist die erste erhaltene Wiedergabe einer stockfinsteren Nacht in der deutschen Malerei, wissenschaftliche Erkenntnisse sind in Form der Erdkrümmung festgehalten und äußerst realitätsnahe Alltagsszenen formen das Kunstwerk zu einem visuellen Schmaus nicht nur für Liebhaber mittelalterlicher Kunst. Das Stadtpanorama von Jerusalem etwa, das sich hinter der Kreuzigungsszene auftut, ist der Bodenseeregion und Konstanz angenähert, hat damit sozusagen einen touristischen Blickwinkel.
Romantische Ausblicke im Schloss Frauenfeld
Kontraste und elegant-moderne Inszenierung
Touristen kommen neben Kunstliebhabern auch sonst auf ihre Kosten im Schloss Frauenfeld. Beim Aufgang zum Bergfried, gebaut aus mächtigen Gletscherfindlingen, lässt sich das Mittelalter erfühlen und auf dem Wehrturm angekommen, eröffnet sich als Belohnung ein erhebender Blick über die Altstadt. Der Turm in seiner mittelalterlichen Bauweise erinnert wiederum an die Bilder aus Liederhandschriften, auf denen adlige Damen von einem Turm herabblickend von Minnesängern umgarnt werden.
Was vor dem Bildersturm gerettet wurde, ist in diesem Kontrast bestaunenswert, wie etwa die eindrückliche Turmmonstranz aus Gold, Silber und Glas, die heute im Tänikoner Zimmer von Schloss Frauenfeld steht. Interessanterweise werden Objekte der katholischen Messe wie der edle Kelch aus Berlingen fortan von Kirchgängern beider Konfessionen weiterbenutzt, weil im Thurgau ab 1531 die Glaubensparität gilt. In dieser Zeit erhält mit der Gegenreformation auch die Kunstproduktion wieder Aufschwung, wie das prächtig und raffiniert geschnitzte Täfer aus dem Kloster Tänikon vor Augen führt.
Apropos Minne. Schloss Frauenfeld ist eine offizielle Lokalität für standesamtliche Trauungen. Diese finden im Gerichtssaal der Landvögte statt, ebenfalls ein Highlight des Museums. Der faszinierende Raum mit seinen spätgotischen Wandmalereien imponiert Gästen durch seine Herrschaftlichkeit. Dazu passt, dass heute das kantonale Standesamt im Landvogteisaal Heiratsverträge ermöglicht, die letzte Vertragsform, die mit dem im Mittelalter üblichen Vertragskuss besiegelt wird.
Der Herrlichkeit des klösterlichen Kunstschaffens früherer Zeiten ist ein ganzer Saal gewidmet. Die Perlenstickereien, die nuancierten Emails und Goldeinarbeitungen etwa der berühmten Mitra aus Kreuzlingen entfalten eine einzigartige Pracht. Diese Mitra ist notabene eines der wenigen Kunstobjekte, die direkt auf das Konstanzer Konzil zurückzuführen sind. Ein Hort singulärer Kunst ist vor der Reformation auch das Dominikanerinnenkloster St. Katharinental im idyllischen Örtchen Diessenhofen am Rhein. Altar aus dem Zisterzienserinnenkloster Feldbach (oben) Chorbuchfragment aus dem Kloster St. Katharinental / Schloss Frauenfeld (links) Tänikoner Zimmer auf Schloss Frauenfeld (unten rechts)
Das Rahmenprogramm zur Reformation findet sich auf der Website des Museums unter der Rubrik „Veranstaltungen“. Historisches Museum Thurgau Schloss Frauenfeld | Schaudepot St. Katharinental Schloss Frauenfeld, CH-8500 Frauenfeld, Tel. +41 (0) 58 345 73 80 www.historisches-museum.tg.ch
Thurgau | Bodensee Magazin Spezial 85
Fotos: Achim Mende
Der Klosterbezirk zu Allerheiligen in Schaffhausen
Jerusalem, Grabeskirche, 4. Jahrhundert
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Schaffhausen, Kloster des Grafen Eberhard, begonnen um 1049
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1 Anastasis-Rotunde mit dem Grab Christi 2 Urständkapelle
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Golgatha-Hof Kreuz-Hof Standort des Kreuzes AuĂ&#x;enkrypta mit Stiftergrabmal
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7 Kreuzbasilika 8 Salvatorkirche
D 9 Atrium 10 Atrium
Ein zweites Jerusalem in Schaffhausen? Das Kloster zu Allerheiligen in Schaffhausen entstand an einem Entwicklungsschwerpunkt seiner Zeit. Bodensee und Hochrhein bildeten über Jahrhunderte keine Grenze, sondern ein Zentrumsgebiet an einer Hauptverkehrsachse Mitteleuropas. Im Mittelalter zog man, wann immer möglich, den Transport auf dem Wasser dem beschwerlichen Landweg vor. Rhein und Donau sind zwischen Bodensee und Ulm über eine Landbrücke von nur gut 100 Kilometern verbunden. Zusammen bilden die beiden Ströme eine rund 3.700 Kilometer lange Wasserstrasse diagonal durch Europa von Holland bis ans Schwarze Meer.
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Das Kloster bei den Stromschnellen vor dem Rheinfall
llerdings hinderten bei Schaffhausen bis zum Kraftwerk bau im 19. Jahrhundert Stromschnellen mit rund fünf Metern Gefälle die Fahrt auf dem Rhein. Drei Kilometer flussabwärts folgt der Rheinfall. Schiffstransporte mussten daher bei Schaffhausen auf Karren verladen und über Land geführt werden. Erst unterhalb des Rheinfalls ging die Fahrt auf dem Wasser weiter. Diesem Umstand verdankt die Stadt Schaffhausen ihren Ursprung. Und hier liegt wohl auch der Grund, weshalb Graf Eberhard von Nellenburg in den 1040er Jahren den Ort für seine Klostergründung wählte. Klöster gehorchten dem Gastgebot der Benediktsregel, und Allerheiligen verfügte über eine Klosterpfalz, die hochgestellten Reisenden eine würdige Absteige bot.
Klosterleben und Vorsorge für die Ewigkeit Zu jener Zeit führte ein Stifter seine Klostergründung noch wie ein eigenes Unternehmen. Man spricht daher von einem Eigenkloster. Dieses war zwar Teil der römischen Universalkirche, aber ganz vom Willen des Gründers abhängig. Sein Hauptzweck war die Vorsorge für das Jenseits. „Sammelt Euch nicht Schätze auf Erden, wo sie die Motten und der Rost fressen“, heißt es im Matthäus-Evangelium (Mt 6.19), „sammelt euch aber Schätze im Himmel“. Als einen Weg dazu verstand man die Vermehrung der Gottesdienste und den Bau und Schmuck der Gotteshäuser. Ein Klosterstifter ermöglichte seinen Mönchen, ein gottergebenes Leben zu führen. Täglich beteten sie die sieben Stundengebete und die Komplet. Für diese intensive, mehrere Stunden dauernde Gebetsleistung brauchten die Mönche Unterstützung zu ihrem Lebensunterhalt. Diese boten Laienbrüder mit Feldarbeit bei geringerem Gebetspensum sowie abhängige Bauern und Zinspflichtige. Der Stifter, der das Kloster gebaut und für den Unterhalt des Konvents gesorgt hatte, stand für die Mönche in der Rolle des Wohltäters. Gewissermaßen als Dank leisteten sie täglich Fürbitte für ihn. Nach seinem Tod würden die Mönche jährlich den Sterbetag des Stifters mit einem festlichen Gedenken begehen, Messen lesen, das Totenoffizium mit Prozession an sein Grab halten und Almosen an die Bedürftigen spenden. Wer ein Kloster stiftete, schuf sich damit eine von Mönchen betriebene “Gebetsmühle“, die bis zum Jüngsten Tag für die gnädige Aufnahme des Stifters in den Himmel bittet.
Überregionaler Anspruch Der Stifter Eberhard von Nellenburg Die Grafen von Nellenburg tragen den Namen ihrer Stammburg bei Stockach, fünf Kilometer nordöstlich des Bodensees. Sie waren vom 9. bis ins 12. Jahrhundert ein bedeutendes Grafengeschlecht mit Gütern und Rechten im Hegau, Klettgau, Thurgau und Zürichgau. Eberhard von Nellenburg erhielt von Kaiser Heinrich III. 1045 das Münzrecht in Schaffhausen.1049 gründete er daselbst das Kloster zu Allerheiligen. Graf Eberhard gehörte zu jenen Persönlichkeiten des 11. und 12. Jahrhunderts, die mit ihren Kirchenbauten ein überregionales Anspruchsniveau anstrebten. Sie schufen sich eine eigene “Sakraltopographie”, in der eine ganze “Familie” von Kapellen mit ihren Altären dem Ort ein Heilsbild einschrieb. Seine letzten Lebensjahre verbrachte er als Laienbruder in seinem Kloster zu Allerheiligen.
Rekonstruktion des ersten Klosters, um 1049 begonnen und um den Kapellenhof erweitert. (oben links) Grabmal des Grafen Eberhard († 1078 / 79). Als Klostergründer trägt er das Kirchenmodell. Original um 1100 im Museum (rechts)
In Schaffhausen entstand in zwei Bauphasen aus dem Grundriss der Anlage ein Kirchenbild, das man als Abbild des Kreuzes und als Nachschöpfung der Grabeskirche von Jerusalem verstehen kann. Hier wie dort bildet das Atrium den Vorhof. Die Hauptkirche ist in Schaffhausen dem Erlöser (Salvator) geweiht, in Jerusalem dem Kreuz als Symbol der Erlösung. An beiden Stätten folgt ein Hof mit Bezug zu Golgatha, dem Schauplatz der Kreuzigung, den die Auferstehungskirche abschließt, in Schaffhausen eine Dreiapsiden-Anlage (Urständ-Kapelle), in Jerusalem die Anastasis-Rotunde. Das Stiftergrab lag in Schaffhausen in einer Außenkrypta im Brennpunkt der umliegenden Altäre. Die Gemeinschaft aller Heiligen und Christi Kreuzestod und Auferstehung sollten Gewähr bieten, dass Graf Eberhard dereinst Aufnahme im Himmel finden würde. Die Anspielung auf Golgatha erklärt sich aus dem Glauben, dass jene, die an diesem Ort begraben waren, als erste in den Genuss der Auferstehung kämen.
Schaffhausen | Bodensee Magazin Spezial 89
Folgenschwerer Kurswechsel Der Gründungsbau war mit dem Kreuzhof erst einige Jahre vollendet, der Stifter Graf Eberhard 1078/79 eben erst gestorben, da beschloss sein Sohn Graf Burkhard, ein gewaltiges neues Kloster zu errichten und den Bau seines Vaters fast vollständig niederzureißen. Nichts blieb übrig vom Konzept des Kirchenbildes, von Jerusalem oder von der Grabstätte am Fuß des Kapellenkreuzes. An die Stelle des Eigenklosters mit eigener Sakraltopographie trat die Unterordnung unter Rom. In den 1070/80er Jahren finden wir uns nämlich mitten im Investiturstreit. Papst Gregor VII. hatte Kaiser Heinrich IV. in die Knie gezwungen, hatte ihn 1077 vor der Burg von Canossa erniedrigt, wie nie ein Kirchenmann den Kaiser gedemütigt hat. Das Reich war gespalten in eine päpstliche Partei und eine kaiserliche. Graf Burkhard schloss sich mit Schaffhausen dem Papst an. Er ließ 1080 eine tiefgreifende Klosterreform durchführen und die neue Kirche nach römischen Vorstellungen neu errichten. Und hierin liegt die besondere Faszination des Klosters zu Allerheiligen: An wenigen Orten Europas lässt sich der tiefgreifende Wandel des Investiturstreits so deutlich in der Baugeschichte ablesen wie in Schaffhausen.
Ein großes Vorbild für Schaffhausen Gregor VII. war vor seiner Papstwahl Mönch in der mächtigen Reformabtei Cluny im Burgund gewesen. Cluny war im Gegensatz zur bisherigen Praxis kein Eigenkloster, sondern direkt dem Papst unterstellt. In Cluny entstand nach zwei Vorgängerbauten ab 1088 die größte Abteikirche Europas (Cluny III). Sie war fünfschiffig wie die frühen Basiliken der Apostelfürsten Petrus und Paulus in Rom. Burkhard von Nellenburg wollte für Schaffhausen eine Reform nach dem Vorbild Clunys. Er verzichtete auf den Eigentumsanspruch am Kloster, übertrug ihm stattdessen umfangreiche Güter und Rechte und unterstellte es direkt dem Papst.
Der Reformer Burkhard von Nellenburg Graf Burkhard, der Sohn des Stifters Eberhard von Nellenburg, ließ für seinen Vater und sich in der Klosterkirche ein neues Stiftergrabmal mit der Darstellung der Verstorbenen errichten. Es ist eines der ältesten figürlichen Adelsgräber überhaupt. Graf Eberhard ist mit dem Kirchenmodell in der Hand als Kirchengründer gekennzeichnet. Graf Burkhard hält ein Bäumchen mit Wurzelballen in Händen, die festuca. Diese symbolisiert die Übertragung der Güter auf das Kloster, die Burkhard vorgenommen hatte. Mit diesem Stiftungskapital erlangte das Kloster die Unabhängigkeit von seinen Stiftern und entsprach damit dem Machtanspruch der römischen Universalkirche.
Der Neubau und andere Neuigkeiten Wohl in Kenntnis des Bauplans von Cluny III. ließ Burkhard von Nellenburg praktisch gleichzeitig mit Cluny auch in Schaffhausen die Fundamente für eine gewaltige fünfschiffige Kirche ausheben. 1105 wurde der massige, heute noch bestehende Neubau geweiht. Er weist allerdings nur drei Schiffe auf, die Ausführung der beiden äußeren Seitenschiffe kam aus unbekanntem Grund nicht zustande. Mit der Durchführung der Reform in Schaffhausen betraute Graf Burkhard den Abt Wilhelm von Hirsau im Schwarzwald. Das Kloster Hirsau, gegründet 1059 von Papst Leo IX., diente den Reformbestrebungen von Cluny als deutscher Stützpunkt. Die Hirsauer Reform stand im Investiturstreit auf Seiten des Papstes gegen den Kaiser und breitete sich weit über Deutschland aus. Die Klosterkirchen von Allerheiligen in Schaffhausen und Alpirsbach im Schwarzwald sind die bedeutendsten erhaltenen Bauzeugen der Hirsauer Reform. Zur Klosterreform gehörte auch die Erstellung einer Bibliothek. Während etwa drei Jahrzehnten schrieben Mönche in Schaffhausen Bücher ab, die man zu diesem Zweck vornehmlich von der Klosterinsel Reichenau auslieh. Die Abschriften sind größtenteils in der Schaffhauser Ministerialbibliothek erhalten, die schönsten von ihnen im Museum zu Allerheiligen zu besichtigen. Sogar der Bibliothekskatalog aus der Zeit um 1100 ist überliefert. Er zeigt denselben Aufbau wie das entsprechende Vorbild aus Cluny.
Grabmal des Grafen Burkhard († um 1105). Original um 1100 im Museum (oben) Grundrisse vom ersten Klosterbau (grau) begonnen 1049 und dem Neubau (blau) 1080—1105 (unten)
Elke und Peter Jezler
Rekonstruktion des Neubaus um 1105 (oben) Klosterkirche Allerheiligen (1080–1105), der größte romanische Kirchenbau der Schweiz (unten)
Schaffhausen | Bodensee Magazin Spezial 91
AUSKUNFT Museum zu Allerheiligen Schaffhausen Klosterstrasse 16 CH-8200 Schaffhausen Tel. +41 (0) 52 633 07 77 admin.allerheiligen@stsh.ch www.allerheiligen.ch
Öffnungszeiten/ Führungen Museum zu Allerheiligen Schaffhausen Die Anlage des ehemaligen Klosters zu Allerheiligen in Schaffhausen beherbergt heute das gleichnamige Museum. Es präsentiert neben den Zeugnissen aus der Klostervergangenheit unter einem Dach die Archäologie der Region, Schaffhauser Stadt- und Wirtschaftsgeschichte, eine bedeutende Kunstsammlung u.a. mit Werken von Cranach, Hodler, Vallotton, Otto Dix und Adolf Dietrich sowie eine naturkundliche Sammlung. Münster, Kreuzgang und Kräutergarten sind tagsüber frei zugänglich. Öffnungszeiten Di–So 11–17 Uhr Museumscafé Gönnen Sie sich einen feinen Kaffee, eine kühle Erfrischung und etwas Süsses im Museumscafé. Im Sommer bedienen wir Sie auch im historischen Pfalzhof. Museumsshop Grosse Auswahl an Büchern, Postkarten und Geschenkartikeln.
Weitere Auskünfte Schaffhauserland Tourismus www.schaffhauserland.ch
zum Thema Der Onyx von Schaffhausen gilt als das kostbarste weltliche Schmuckstück aus dem europäischen 13. Jahrhundert. Die Mitte bildet ein römisch antiker Kameo, ein Relief, das in den farbig geschichteten Stein geschnitten ist. Die Fassung ist eine überreiche mittelalterliche Goldschmiedearbeit, besetzt mit vielen Saphiren, Granaten und Perlen. Sie dürfte in den kaiserlichen Hofwerkstätten Friedrichs II. in Süditalien entstanden sein. Die Preziose gelangte über die Grafen von Frohburg an das Kloster Paradies bei Schaffhausen und wird heute im Museum zu Allerheiligen gezeigt. Eine Loggia, heute Teil des Museums, verband im 13. Jahrhundert die Wohnung des Abts mit dem Gästetrakt des Klosters. In den Arkaden sind allegorische Darstellungen erhalten wie dieser Elefant mit einem Turm auf dem Rücken. Das Motiv ist seit der Antike ein Symbol für Mut, Weisheit und Stärke.
Anmeldung für Führungen Tel. +41 (0) 52 633 07 77 oder admin.allerheiligen@stsh.ch
92 Bodensee Magazin Spezial | Schaffhausen
Museum Kloster Sankt Georgen Fischmarkt 3 CH-8260 Stein am Rhein Tel. +41 (0) 52 741 21 42 klostermuseum@bak.admin.ch www.klostersanktgeorgen.ch
Tourismus Stein am Rhein Oberstadt 3 CH-8260 Stein am Rhein Tel. +41 (0) 52 632 40 32 tourist-service@steinamrhein.ch www.steinamrhein.ch
Öffnungszeiten/ Führungen
Stadtkirche Stein und Johanneskirche auf Burg Die Kirchen sind ganzjährig tagsüber geöffnet. Während Gottesdiensten und besonderen Anlässen ist eine Besichtigung nicht möglich.
Museum Kloster Sankt Georgen Geöffnet April–Oktober Dienstag–Sonntag, 10–17 Uhr Montags geschlossen. Führungen durch die Klosteranlage und das Museum für Gruppen bis 20 Personen können im Museum gebucht werden. Spezialführungen mit Bruder Martinus zu Leben und Alltag im Kloster über Tel. +41 (0) 52 624 02 16.
Tourismus Stein am Rhein vermittelt zahlreiche thematische Führungen durch die Stadt und die nähere Umgebung, in denen ein Besuch der Museen und Kirchen eingeschlossen werden kann. Buchungen über Tourismus Stein am Rhein.
Was sonst Nord’Art Festival Jeweils im August steht Kloster Sankt Georgen im Zeichen der Kleinkunst. Das Theaterfestival Nord’Art bespielt allabendlich die Klosterbühne im barocken Amtmannssaal. Vor und nach den Vorstellungen laden die Bar in der Klostertrotte und die Festivalbeiz im Asylhof zu einem Apéro oder Imbiss. Das ganze Programm des Festivals mit den Bühnen im Kloster, im Asylhof und auf der Schifflände findet sich unter www.nordart.ch.
Kirchenmusik Über das ganze Jahr hinweg finden in der Stadtkirche St. Georgen Konzerte der Kirchenmusik statt, darunter ein grosses Konzert zur Adventszeit. Die Konzertdaten sind publiziert auf der Homepage von Tourismus Stein am Rhein www.tourismus.steinamrhein.ch
Kloster Sankt Georgen, Festsalal (oben) Johanneskirche auf Burg (unten links) Blick auf Kloster Sankt Georgen (unten rechts)
Stein am Rhein | Bodensee Magazin Spezial 93
Stein am Rhein Kloster Sankt Georgen und die Johanneskirche auf Burg Neben den grossen monastischen Zentren in St. Gallen und auf der Insel Reichenau prägte eine Vielzahl kleinerer Klöster die mittelalterliche Kulturlandschaft von Hochrhein und Bodensee. Eine der Perlen befindet sich im Städtchen Stein am Rhein: Das ehemalige Benediktinerkloster Sankt Georgen hat den Sprung in die Gegenwart in erstaunlich intaktem Erhaltungszustand geschafft. Auf der anderen Seite des Rheins erinnern die Fresken im Chor der Johanneskirche auf Burg an Personen und Ereignisse im Umfeld des Konstanzer Konzils.
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Kloster Sankt Georgen
m das Jahr 970 als Eigenkloster der Schwäbischen Herzöge auf dem Hohentwiel gegründet, verlegte Kaiser Heinrich II. das Kloster zu Ehren des Drachentöters St. Georg an den Ausfluss des Rheins aus dem Untersee. An diesem wichtigen Verkehrsknoten bauten die Benediktiner ab 1007 eine beeindruckende Klosteranlage auf. Sie lässt sich noch heute in allen wesentlichen Teilen erfahren, von den Ökonomiebauten und Gästehäusern um die drei Klosterhöfe, über die ehemalige Klosterund heutige Stadtkirche mit ihren spätmittelalterlichen Fresken bis hin zu den Gebäuden der Klausur, die in einem Besuch des Klostermuseums zu besichtigen sind. Der Museumsrundgang führt durch die Abtskapelle, durch Winter- und Sommerrefektorium, Kapitelsaal, spätmittelalterlichen Kreuzgang und Klostergarten zu den ehemaligen Wohnzellen der Benediktinermönche und den Privaträumen der Äbte. Hier, in den Gebäuden der Prälatur, die unter den letzten drei Klosteräbten vor der Reformation errichtet und ausgeschmückt wurden, erwarten die Besucher die Höhepunkte des Klosterrundgangs: Eine reiche Ausstattung an Täfer und Schnitzwerken sowie zahlreiche Wandgemälde zeugen von Wohlstand und Bildung der letzten Mönche in Sankt Georgen. Hauptattraktion bildet der Freskenzyklus des Festsaals, eines der frühesten und bedeutendsten Zeugnisse der Renaissancemalerei nördlich der Alpen. Er wurde unter David von Winkelsheim, dem letzten Abt des Klosters vor der Aufhebung in der Reformation, um 1515/16 ausgeführt. Abt David verpflichtete für die Ausmalung namhafte Künstler des süddeutschen Raums, unter anderem einen Sohn der bekannten Augsburger Malerfamilie Holbein. Das Bildprogramm beweist humanistische Bildung und Weltläufigkeit: Figuren der antiken und christlichen Mythologie stehen neben grossen szenischen Bildern aus der Geschichte Roms und Karthagos sowie einer vielteiligen und in ihrer Art einmaligen Darstellung eines spätmittelalterlichen Jahrmarktes beim Ort Zurzach. Gerade das Jahrmarktspanorama mit seinen zahlreichen Protagonisten und Episoden vermag ein faszinierendes Schlaglicht zu werfen auf die Lebenswelten des ausgehenden Mittelalters. In diesen Räumen legt die Klosteranlage Zeugnis ab von Zeiten eines regen Austausches entlang der europäischen Wasserstrasse Rhein, der nicht nur Menschen und Güter, sondern auch humanistische Bildung und Kultur miteinander verband.
Johanneskirche auf Burg Auf der anderen Seite des Rheins, im ehemaligen Römerkastell über dem Stadtteil „Vor der Brugg“, lohnt die Johanneskirche auf Burg einen Besuch. Sie ist der älteste Sakralbau des Kantons Schaffhausen; archäologische Grabungen haben hier für das 6. Jahrhundert schon eine erste Holzkirche nachgewiesen. Der spätgotische Freskenzyklus im Chor der Kirche enthält einen direkten historischen Bezug zum Konstanzer Konzil. Er stammt aus der Zeit um 1420 und zeigt Szenen der christlichen Heilsgeschichte. Das Weihnachtsbild an der Nordwand des Chores verbildlicht die Geburt Jesu, wie sie von der Mystikerin Birgitta von Schweden (1303-73) in einer ihrer Visionen beschrieben worden war: Maria im weissen Gewand steht in andächtiger Haltung vor dem nackten Jesuskind, das auf einer Strohmatte liegt. Hinter ihr, als Zeugin des Ereignisses, Birgitta von Schweden, eine Adlige, die als Mystikerin, Ordensgründerin, Wallfahrerin und Beraterin Papst Urbans V. vor allem im nördlichen Europa grosse Verehrung erfuhr und 1391 heiliggesprochen wurde. Dass eine Frau aus dem hohen Norden als bedeutende Mystikerin Anerkennung fand, blieb innerhalb der Kirche allerdings nicht ohne Widerspruch. Doch Papst Johannes XXIII. bestätigte die Heiligsprechung am Konstanzer Konzil im Februar 1415 noch einmal mit einer Messe zu Ehren Birgittas. Das Wappen unter ihren Füssen verweist auf den Stifter des Freskenzyklus, den Konstanzer Patrizier und Vogt Hanns Hagen. Er war während des Konzils für die Vollstreckung des Todesurteils an Jan Hus verantwortlich gewesen. Was genau Hanns Hagen dazu veranlasste, wenige Jahre nach dem Konzil diesen Freskenzyklus zu Ehren der hl. Birgitta von Schweden zu stiften, ist nicht bekannt.
Kloster Sankt Georgen, Kreuzgang (links) Johanneskirche: Weihnachtszene, um 1420 (oben rechts)
Stein am Rhein | Bodensee Magazin Spezial 95
Meßkirch Das Stadtbild Meßkirchs wird bereits von weitem durch das Renaissance-Schloss der Grafen von Zimmern und die Barockkirche St. Martin geprägt. Beim Gang durch die mittelalterliche Altstadt wandelt man auf den Spuren berühmter Persönlichkeiten, denen Meßkirch den Beinamen „badischer Geniewinkel“ zu verdanken hat. Liebhaber alter Automobile und Motorräder sollten das Oldtimermuseum nicht verpassen. Das Martin-Heidegger-Museum informiert über den bekannten Philosophen, die Kreisgalerie Schloss Meßkirch bietet Kunstinteressierten eine Dauerausstellung mit ausgewählten Werken aus der Kunstsammlung des Landkreises Sigmaringen von der gotischen Plastik und barocken Altartafelbildern bis zu Werken zeitgenössischer Kunstschaffender sowie mehrmals im Jahr wechselnde Sonderausstellungen. Ebenfalls einen Besuch wert sind die vielfältigen Veranstaltungen rund um das Schloss: Konzerte, Kabarett- und Kleinkunstveranstaltungen, Freilichtaufführungen und vieles mehr! Tourist-Information Meßkirch Hauptstr. 25-27 D-88605 Meßkirch Tel. +49 (0) 7575 20646 info@messkirch.de www.messkirch.de www.schloss-messkirch.de
Campus Galli – Karolingische Klosterstadt Meßkirch Das Mittelalter lebt!
Vor über 1200 Jahren zeichneten Mönche auf der Insel Reichenau den Idealplan eines Klosters. Neben einer großen Kirche enthielt der Plan auch Handwerkerhäuser, Stallungen, Gärten und vieles mehr, um das Kloster eigenständig und unabhängig zu machen. Viele Jahrhunderte schlummerte dieser Plan im Archiv der Stiftsbibliothek St.Gallen. Dieser weltberühmte Klosterplan von St.Gallen wird nun bei Meßkirch in die Tat umgesetzt.
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uf dem Campus Galli öffnet sich dem Besucher ein Fens ter in längst vergangene Zeiten, als man noch in mühsamer Handarbeit die Äcker bestellen musste, als jeder Balken und jeder Stein von Hand behauen und mit Ochsenkraft transportiert wurde. Campus Galli lässt den Alltag des frühen Mittelalters vor ca. 1200 Jahre wieder auferstehen und Besucher erleben eine einzigartige Stimmung ohne Motorenlärm, ohne die Hektik des 21.Jahrhunderts, aber mit vielen fleißigen, ausdauernden Handwerkern und Landwirten, die mit geschulten Händen all das produzieren, was im 9.Jahrhundert zum Bau eines Klosters benötigt wurde – ein Kloster, das neben mehreren Kirchen auch Ställe, Werkstätten, Gärten und vieles mehr enthielt. Seit 2013 werden auf dem Abbundplatz Balken aus ganzen Baumstämmen gehauen um eine erste Kirche aus Holz zu errichten. Im Herbst 2015 wurden die letzten eichenen Balken auf die Kirche gehievt und der Dachstuhl gerichtet. Erleichterung machte sich breit, als nach Wochen der Vorarbeit endlich der Zimmermann hoch oben stand und seinen Richtspruch von einer Wachstafel ablas. 2016 wurden die Fachwerkwände mit Bohlen geschlossen und das Dach mit Holzschindeln gedeckt, wofür mindestens 15.000 Schindeln benötigt wurden. Auch einen Boden und einen Blockaltar hat die Kirche bekommen. An der fertiggestellten Weberhütte kann die Arbeit am Webstuhl verfolgt werden, die Färberin kocht gegenüber den Färbesud, Wolle wird gesponnen und Arbeitskleidung aus Leinen und Wolle für die Mitarbeiter genäht. Der Besucher wird auch sonst viele kleine Neuerungen auf dem Gelände entdecken und wie immer gilt bei Campus Galli: Kein Tag ist wie der andere, die Klosterstadt lebt! Seit 2016 präsentiert sich Campus Galli außerdem mit einem neu gestalteten Eingangsbereich, insbesondere auch einem Museumsshop, in dem der Besucher Handwerkserzeugnisse, regionale Produkte, kleine Geschenke und Literatur findet. Über das Jahr verteilt finden auf dem Gelände verschiedene Veranstaltungen statt, wie z.B. das Sommerfest im August
Holzbauarbeiten in der Kirche (oben links) Altstadt Meßkirch (Mitte) Schloss Meßkirch (unten) Steinmetz (oben rechts)
Campus Galli – Karolingische Klosterstadt Meßkirch Öffnungszeiten: 01. April bis 01.November täglich von 10-18 Uhr, Mo. Ruhetag (außer an Feiertagen) Eintrittspreise Erwachsene: 9 €, Kinder bis 16 Jahre: 6 € Schüler, Studenten mit Ausweis ab 16 Jahren 7 € Familien mit Kindern von 6 – 15 Jahren 21,50 € Weitere Preise und Gruppenpreise auf Anfrage. Führungen für Gruppen nach Voranmeldung. Kontakt Tourist-Information Meßkirch, Tel.: +49 (0) 7575 206 47 booking@campus-galli.de, www.campus-galli.de
Klosterstadt Meßkirch | Bodensee Magazin Spezial 97
ROTTWEIL
Wehingen Stetten am kalten Markt Aldingen
SIGMARINGEN
TROSSINGEN SPAICHINGEN 14
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MENGEN
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„Karolingische Klosterstadt Meßkirch“
523
TUTTLINGEN
MESSKIRCH
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Kloster Wald
PFULLENDORF
311 33
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DEUT Engen
Stockach
31 98
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Heiligenberg
81
Sipplingen
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SINGEN
Sylvesterkapelle Goldbach
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GOTTMADINGEN
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Kloster Allerheiligen Schaffhausen
Kloster St. Katharinental
31n
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RADOLFZELL
Münster und Kloster Radolfzell Kloster Kloster Adelheiden Grünenberg Klosterinsel Reichenau 33
Wallfahrtskirche Kloster St. Genesius Kloster St. Georgen 13 Kloster Feldbach Klosterkirche Öhningen Steckborn Triboltinger Wagenhausen Nikolauskapelle Stein am Rhein Klosterinsel Werd
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Thur
Kartause Ittingen
MA
MEERSBURG Stetten Hagnau
KONSTANZ
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Imm
Kirchen-, Klöster-, Konzilstadt KREUZLINGEN
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Wallfahrtskirche Klingenzell
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Mainau Deutschordensschloss
Diessenhofen 14
Wallfahrtskirche Birnau
UhldingenMühlhofen
Kloster Hegne
UNESCO Weltkulturerbe
Deg
Salem
Franziskanerkloster Überlingen Birnau
REICHENAU
SCHAFFHAUSEN
ÜBERLINGEN
Zisterzienserkloster Salem
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WEINFELDEN 7
FRAUENFELD
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SCHWEIZ
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WINTERTHUR
Stiftskirche St. Pelagius
Amriswil
Bischofszell
WIL 1 Kloster Königsfelden Kloster Wettingen
WALLISTELLEN
FISCHINGEN
Kloster Fischingen
ST.GALLEN
Kloster Obermarchtal
Riedlingen
Kloster Wiblingen
Kloster Heiligkreuztal
Kloster Heggbach
Heiligkreuztal
Gutenzell-Hürbel Klosterkirche Gutenzell
BIBERACH 312
Kloster Ochsenhausen
Bad Buchau
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OCHSENHAUSEN 7
Wallfahrtskirche Steinhausen
Steinhausen
BAD SAULGAU
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Rot an der Rot
30 Kloster Schussenried
Bad Schussenried
MEMMINGEN Ostrach
Kloster Ottobeuren
Altshausen
TSCHLAND
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BAD WALDSEE
Deutschordensschloss 32
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Leutkirch
Kloster Baindt WEINGARTEN
ggenhausertal
Basilika und Kloster Weingarten
Kloster Weißenau
Kißlegg
RAVENSBURG
30 32
ARKDORF 33 Meckenbeuren
WANGEN
467 30
menstaad
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Neukirch
TETTNANG
FRIEDRICHSHAFEN
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Deutschordensschloss Eriskirch Achberg 31
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Kressbronn
ROMANSHORN
LINDAU
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Kanonissenstift Lindau
E
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Arbon 11
LINDENBERG
Langenargen
BREGENZ Kloster Mehrerau
RORSCHACH 1
Stiftsbezirk St. Gallen UNESCO Weltkulturerbe
ÖSTERREICH
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Benediktinerkloster Mariaberg
A14 13
Kirche St. Gallus
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DORNBIRN
Isny im Algäu
Foto: Mende
Foto: Schwelle
Landsknecht
Münster mit Altstadt
Konzilstadt Konstanz
Führungen zum Konziljubiläum
600 jahre Konstanzer Konzil
Ein Rundgang durch Konstanz Konstanz bietet eine Kulisse von Originalschauplätzen. Die Stadt, deren Kern am See, Seerhein und direkt an der Grenze zum Nachbarland Schweiz liegt, hat sich ihre historische Substanz in weiten Teilen erhalten. Das mächtige Konzilgebäude, das Konstanzer Münster und das ehemalige Dominikanerkloster „auf der Insel“ sind echte Zeitzeugen und nur einen Katzensprung voneinander entfernt. Entsprechend vielfältig ist das Angebot an Themenführungen der Tourist-Information mit geschichtlichem, kulturellem oder architektonischem Schwerpunkt. Von April bis Oktober findet mindestens eine Führung pro Tag statt (ab € 10,– pro Person).
Im „Jahr der Religionen" bietet die Tourist-Information Konstanz GmbH / Marketing- und Tourismus Konstanz GmbH i.G. eine inszenierte Führung mit dem Kardinal Guillaume Fillastre an, der auf den Sekretär des Papstes Poggio Bracciolini trifft.
Mehr zu den einzelnen Führungen erfahren Sie auf www.konstanz-tourismus.de
Dauer: 90 Minuten, Preis: € 105,– Personenanzahl: maximal 30 Personen
Das Konstanzer Konzil und die Insel Mainau Die Stadt Konstanz feiert ein Weltereignis des Mittelalters: Das Konstanzer Konzil 1414–1418. Und auch die Mainau feiert mit: Erfahren Sie auf dem Rundgang mehr über die Beziehungen der Mainau und des Deutschen Ordens zum Konzil, über die politischen Auseinandersetzungen jener Zeit und das Leben der Deutschritter auf der Insel.
Ein Kardinal und der Sekretär des Papstes geben sich die Ehre In Konstanz am Bodensee erfolgte im November 1417 die einzig gültige Papstwahl nördlich der Alpen. Sie war das Ergebnis von drei Jahren Diskussionen auf dem Konstanzer Konzil. Eine Reform der Kirche, der Kampf gegen die Ketzerei und vor allem die Beendigung des Schismas, also der Situation von drei gleichzeitig regierenden Päpsten, waren die wichtigsten Themen des größten Kongresses des europäischen Mittelalters. Aber auch über sämtliche politischen Konflikte des Kontinents wurde verhandelt. Von den spannenden, aber auch tragischen Geschichten hier in der Stadt am See erzählt Guillaume Fillastre, der letzte noch überlebende Kardinal des Konstanzer Konzils auf einem Rundgang zu den Originalorten. Und er trifft auf einen ebenfalls berühmten Teilnehmer des Konzils – Poggio Bracciolini, Schriftsteller, gelehrter Humanist und Sekretär des Papstes. Wer wäre besser geeignet als diese zwei Männer, um die Geschichte der großen Kirchenversammlung am Bodensee lebendig werden zu lassen? Dauer: 1,5 Stunden, Preis: € 210,– Personenanzahl: maximal 25 Personen
Die Klassiker: Gegenwart der Vergangenheit - klassischer Rundgang Auf den Spuren des Konzils - von Päpsten, Ketzern und Kurtisanen Hus in Konstanz - das Ende eines Reformators Wände erzählen Geschichte - Kostbare Wandmalerei in Konstanz Inszenierte Führungen: Hofnarr, Spion und Richental - ein Rundgang mit Augenzeugen Ein Kardinal und der Sekretär des Papstes geben sich die Ehre Mit der Laterne auf den Spuren düsterer Geschichte(n) (Ghost walk) Mit dem Ritter unterwegs – Durch Konzilzeit und Mittelalter Die Sau rauslassen mit dem Landsknecht Durch die Stadt mit der Spielmannsfrau Pfaffen, Ketzer, Kurtisanen – Mit der Imperia durchs Mittelalter Zu Speis´ und Trank im Mittelalter Liebe und Fegefeuer 100 Bodensee Magazin Spezial | Termine, Tipps & Touren
Weitere Konzilstouren: Radtour – Ein Papst flieht aus Konstanz Geocaching – Auf Schatzsuche durch die Konzilstadt Konstanz Die Konzil-Pauschale 2017 ist bei folgenden Hotels buchbar: ABC-Hotel Apartment Hotel Hotel Barbarossa
www.abc-hotel.de www.apartment-hotel-konstanz.de www.hotelbarbarossa.de
Preis pro Person im DZ ab 187,00 Euro Die Pauschale ist ab dem 1. April 2017 bis zum 31. Oktober 2017 direkt in Ihrem Wunschhotel buchbar. Weitere Informationen (Einzelzimmer-Zuschlag, Kinderermäßigung, etc.) finden Sie auf den jeweiligen Internetseiten der Hotels. Für allgemeine Informationen steht Ihnen die Tourist-Information Konstanz GmbH gerne telefonisch unter +49 (0) 7531 1330 30 oder per Mail an info@konstanz-tourismus.de zur Verfügung.
Kontakt Konzilstadt Konstanz Marktstätte 1, D-78462 Konstanz Tel. +49 (0) 7531 363-27 0 www.konstanzer-konzil.de info@konstanzer-konzil.de Tourist-Information Konstanz GmbH / Marketing- und Tourismus Konstanz GmbH i.G. Bahnhofplatz 13, 78462 Konstanz info@konstanz-tourismus.de www.konstanz-tourismus.de
Poggio und Richenthal, Badisches Landemuseum Karlsruhe
Konzil-Pauschale 2017: Jahr der Religionen
termine 2017
Entdecken Sie mittelalterliche Spuren der Konzilzeit in Konstanz Das Pauschalangebot anlässlich der Feierlichkeiten zum Jubiläum „600 Jahre Konstanzer Konzil“ macht den Aufenthalt in Konstanz zu etwas ganz Besonderem und bringt Ihnen die Konzilszeit von 1414 bis 1418 näher. Lernen Sie bei einer Stadtführung mehr über die Stadt und deren Vergangenheit, besuchen Sie interessante Ausstellungen, besteigen Sie das Konstanzer Münster und genießen Sie den erhabenen Blick über Konstanz und dessen Umgebung – all diese Angebote plus zwei Übernachtungen mit Frühstück sind in der Konzil-Pauschale erhalten. Auf Ihrem Zimmer wartet zudem ein interessantes Buch zu jüdischem Leben in Konstanz, das Sie als Erinnerung an Ihren Besuch in der Konzilstadt Konstanz aufbewahren können. Von den teilnehmenden Hotels aus haben Sie den perfekten Ausgangspunkt für eine spannende Spuren- und Schatzsuche durch die historische Altstadt mit all ihren Geschäften, Cafés, Restaurants, Kunst- und Kulturangeboten.
2017 – Papst Martin V. – Jahr der Religionen • 22. Oktober – 17. November 2017 Unter der Lupe: Mitren & Tiaren nach van Eyck Kunstwerke aus Papier von Marieta Bruekers Jahr der Religionen: • bis 6. Februar 2017, jeweils montags 18.15 Uhr · Dreifaltigkeitskirche Ringvorlesung: Kloster und Stadt • 10. November 2017 · Speichersaal Konzilgebäude Großer Martinsumzug mit Martinsspiel auf dem Münsterplatz • 14. Januar - 12. März 2017 S P I R I T - Ausstellung zu Identität und • 11. November 2017 kulturellen Prägungen Monika Drach im Rahmen des Kunstfonds Konzil Festakt und Festgottesdienst anlässlich der Papstwahl mit der Uraufführung des Konzil · Kulturzentrum oratoriums von Bernd Konrad · Konzil und Münster • 8. April bis 29. Oktober 2017 Zu Gast bei Juden. Leben in der mittelalter600 Jahre Konstanzer Konzil lichen Stadt • 19. Februar 2017, 11 Uhr Eine gemeinsame Ausstellung des Archäologi schen Landesmuseums Baden-Württemberg und Kaspar und die Riechkugel Mitmachkonzert für Kinder ab 6 Jahren der des Exzellenzclusters der Universität Konstanz Südwestdeutschen Philharmonie · Archäologisches Landesmuseum Konstanz · Inselhotel Festsaal • 5. - 9. Juni 2017 • April bis November 2017 Kinderakademie Konzilstadt Konstanz KonzilsteLL en BEST OF FEST – wir feiern die wichtigsten · Stadtraum Konstanz Feste der Weltreligionen
Foto: Schwelle
Papst Martin V. in der Richenthalchronik, Rosgartenmuseum Konstanz
Münster, Detail, Schoelle
• 22. - 28. Mai 2017 • 7. – 23. Juli 2017 HandWerkStadt La Juive In Kooperation mit der Südwestdeutschen Kooperation mit der Handwerkskammer Konstanz Philharmonie · Konziloper im Stadtraum • 21. – 24. September 2017 Europäische Avantgarde um 1400 Konzil 2.0 Festival in Kooperation mit SWR2 • 24. - 26. März 2017 Tage der Chor– und Orchestermusik Bundesvereinigung Deutscher Chorverbände e.V. • 30. Oktober – 3. November 2017 Kinderakademie Konzilstadt Konstanz · Verschiedene Orte in Konstanz Zing, pöff, padapang - Von Minnesang und Orgelklang • November 2017 2. Verleihung des Konstanzer Konzilspreises Änderungen vorbehalten, Stand: November 2016 Martin V. – Papstwahl Alle Termine unter: www.konstanzer-konzil.de • 27. April - 1. Mai 2017 Papstwahl 2.0 Planspiel für Jugendliche der Oberstufe und junge Erwachsene Termine, Tipps & Touren | Bodensee Magazin Spezial 101
ROTTWEIL
Wehingen Stetten am kalten Markt Aldingen
SIGMARINGEN
TROSSINGEN SPAICHINGEN 14
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ME
Kloster St. Georgen
Kreuzgang Münster Konstanz
Stiftsbezirk St. Gallen
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kreuzgänge und MÖnchsroute
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„Karolingische Klosterstadt Meßkirch“
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TUTTLINGEN
MESSKIRCH
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KREUZGÄNGE
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Kloster Wald
PFULLENDORF
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Das Leben in der Klausur Salem – Ittingen – Schaffhausen Der Kreuzgang ist Teil eines Klosters oder Konventsgebäudes, er besteht aus offenen oder geschlossenen Gängen, die einen rechteckigen Innenhof umgeben. Er dient der Erschließung der angrenzenden Kloster- oder Konventsgebäude und war zudem Ort für liturgische Aktivitäten und den Unterricht der Konversen. Die erste zeichnerische Darstellung eines Kreuzganges findet sich im Klosterplan von Sankt Gallen, entstanden um das Jahr 820. Der Kreuzgang ist hier das Zentrum eines idealisierten Klosters. Der Arkadenumgang erschließt die wichtigen Räume des Klosters: Kirche, Dormitorium, Refektorium und Kapitelsaal. Im Klosterbezirk zu Allerheiligen in Schaffhausen hat sich ein weitläufiger, romanischer Kreuzgang erhalten, der zu den größten seiner Zeit in Europa zählt. Seine Besonderheit ist der offene Dachstuhl, der auf einer langen Reihe von Arkaden ruht. Eine künstlerische Meisterleistung ist der stuckreiche Bernhardusgang des ehemaligen Salemer Klosters, der zum Kreuzgang des Innenhofs gehört und das Münster mit dem Konventsgebäude verbindet. Ein Gemäldezyklus von Andreas Brugger stellt das Leben des Ordensheiligen Bernhard von Clairvaux dar. Im Süd- und Westteil des Kreuzgangs finden sich Stuckaturen von Joseph Anton Feuchtmayer sowie eine Reihe von Porträtbildern der Salemer Äbte. Die Kartause Ittingen weist sogar zwei Kreuzgänge auf. Als die Kartäuser 1461 das bestehende Kloster übernahmen, erweiterten sie die Anlage um einen großen Kreuzgang, der den Zugang zu den vierzehn Mönchsklausen mit jeweils eigenen Gärtchen sicherstellt. Im großen Kreuzgarten durften sich die Mönche einmal in der Woche untereinander im Gespräch austauschen. Der kleine Kreuzgang erschließt Kirche, Sakristei sowie Refektorium und beherbergt den Friedhof der Kartäusermönche.
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DE
Kreuzgänge Stein am Rhein: Kloster St. Georgen mit spätgotischem Kreuzgang. Konstanz: Münster mit frühgotischem Kreuzgang (Konzilsstadt) Engen
Stockach
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Heiligenber
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SINGEN
Sylvesterkapelle Goldbach
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GOTTMADINGEN
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Kloster Allerheiligen Kloster Allerheiligen Schaffhausen
Kloster St. Katharinental
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Münster und Kloster Radolfzell Kloster Kloster Adelheiden Grünenberg Klosterinsel Reichenau 33
Thur
Kartause Kartause Ittingen
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Mainau Deutschordensschloss
MEERSBURG
Stetten Hagnau
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Kirchen-, Klöster-, Konzilstadt KREUZLINGEN
B
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Wallfahrtskirche Klingenzell
Wallfahrtskirche Birnau
UhldingenMühlhofen
Kloster Hegne
UNESCO Weltkulturerbe
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Salem
Franziskanerkloster Überlingen Birnau
RADOLFZELL
Wallfahrtskirche REICHENAU Kloster St. Genesius Kloster St. Georgen Diessenhofen 13 Kloster Feldbach Klosterkirche Öhningen Steckborn Triboltinger Wagenhausen Nikolauskapelle Klosterinsel Werd 14 Stein am Rhein
SCHAFFHAUSEN
ZisterzienserZisterzienserkloster Salem kloster Salem ÜBERLINGEN
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Ittingen WEINFELDEN
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WINTERTHUR
SALEM Kloster und Schloss Salem Staatliche Schlösser und Kloster Königsfelden Kloster Wettingen Gärten Baden Württemberg, D-88682 Salem WALLISTELLEN Tel.: + 49 (0) 7553 9165336 www.salem.de Öffnungszeiten: 1. April -1. Nov., Mo. - Sa. 9.30 - 18 Uhr, So. und Feiertage 10.30 - 18 Uhr
FRAUENFELD
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SCHWEIZ
Stiftskirche St. Pelagius
Amriswil
Bischofszell
ITTINGEN WIL Ittinger Museum 1 Kartause Ittingen, CH-8532 Warth Tel.: +41 (0) 58 3451060 Kloster FISCHINGEN Fischingen sekretariat.kunstmuseum@tg.ch www.kunstmuseum.ch Öffnungszeiten: Mai - Sept., täglich 11 - 18 Uhr Okt. - April, Mo. - Fr. 14 - 17 Uhr, Sa. und So. 11 - 17 Uhr SCHAFFHAUSEN Museum zu Allerheiligen Schaffhausen Klosterstraße 16, CH-8200 Schaffhausen Tel.: +41 (0) 52 6330777 www.allerheiligen.ch Öffnungszeiten Münster, Kreuzgang und Kräutergarten sind tagsüber frei zugänglich Museum: Di. - So. 11 - 17 Uhr, montags geschlossen
102 Bodensee Magazin Spezial | Termine, Tipps & Touren
ST.GALLE
ROTTWEIL
Riedlingen
Wehingen
Kloster Heiligkreuztal
Stetten am kalten Markt
Heiligkreuztal
Aldingen
SIGMARINGEN
TROSSINGEN SPAICHINGEN 14
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Ba
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MENGEN
Schlossanlage Salem
Barockkirche Birnau
BAD SAULGAU
32 81
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„Karolingische Klosterstadt Meßkirch“
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TUTTLINGEN
Kloster Schussen
MESSKIRCH
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Ostrach
MÖNCHSROUTE
313 311 33
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Kloster Wald
PFULLENDORF
Altshausen
Deutschordensschloss
DEUTSCHLAND
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Mönchsroute Benediktiner, Zisterzienser, Kartäuser – Fischingen: Benediktinerkloster, Konstanz: Münster, Reichenau: Klosterinsel, 3 romanische Kirchen, Leben und Architektur Engen Stockach Museen, Birnau: barocke St.Gallen – Ittingen – Salem 31 Wallfahrtskirche Die Klosterlandschaft Bodensee zeichnet sich 98 Heiligenberg durch eine reiche Vielfalt an Orden aus. Bis 81 31n heute prägen die Bauten der Klöster sowie klös31 34 81 ZisterzienserZisterzienserkloster Salem Deggenhausertal Sipplingen kloster Salem Kloster terlichen Wirtschaftsanlagen die Landschaft in 33 Weißenau ÜBERLINGEN R SINGEN Sylvesterkapelle vielfältiger Weise. In den erhaltenen KlosteranGoldbach Salem 314 Franziskanerkloster RADOLFZELL lagen spiegeln sich die jeweiligen Lebensformen Wallfahrtskirche Überlingen Birnau 30 GOTTMADINGEN Birnau Münster und 15 34 und Regeln der Orden. Der Alltag der Mönche Kloster Radolfzell 31 Kloster UhldingenMARKDORF 33 Kloster Adelheiden Mühlhofen war streng reglementiert. Armut, Demut und Kloster Grünenberg Kloster Allerheiligen Klosterinsel Reichenau 33 Hegne Schaffhausen Kloster UNESCO Weltkulturerbe MEERSBURG Abgeschiedenheit von der Außenwelt prägtenSt. Katharinental Meckenbeuren Mainau Deutschordensschloss Stetten 467 Wallfahrtskirche REICHENAU Kloster ihr Leben. An den kargen Mönchszellen lassen SCHAFFHAUSEN St. Genesius Hagnau Kloster St. Georgen Diessenhofen 30 13 Kloster Feldbach KONSTANZ 31 Klosterkirche sich diese Grundsätze noch ablesen, während TETTN Öhningen Steckborn Triboltinger Wagenhausen Immenstaad Kirchen-, Klöster-, Konzilstadt Nikolauskapelle Stein am Rhein Klosterinsel Werd die großen Bibliotheken und reich geschmück-14 KREUZLINGEN FRIEDRICHSHAFEN B 16 Wallfahrtskirche ten Kirchen vom gleichzeitigen RepräsentationsDeutschord Klingenzell 4 7 O Eriskirch drang der klösterlichen Gemeinschaften Zeugnis 31 D Thur ablegen. Zwischen dem Armutsgelübde und dem 1 13 Langenargen Kartause Kartause Ittingen E Ittingen barocken Reichtum der Raumausstattungen Kressbronn WEINFELDEN N klafften oft Welten. ROMANSHORN FRAUENFELD 7 S 16 Drei monastische Orden veranschaulichen die 14 Amriswil E Analogien und vermeintlichen Widersprüche von E Arbon Lebensform und Architektur: Stiftskirche 7 11 SCHWEIZ St. Pelagius Bischofszell 1 Die Benediktiner prägten die Entwicklung des RORWINTERTHUR SCHACH Bodenseeraums im frühen Mittelalter entschei1 WIL Benediktinerkloster dend mit. Im 8. Jahrhundert wurden in St.Gallen 1 Mariaberg und auf der Reichenau zwei Klöster gegrünKloster Königsfelden Stiftsbezirk St.Gallen Kloster Wettingen Kloster Stiftsbezirk Gallen ST.GALLEN det, deren Aktivitäten den Bodenseeraum zu FISCHINGEN UNESCOSt.WEltkulturerbe Fischingen UNESCO Weltkulturerbe einem Zentrum des Wissens undWALLISTELLEN des Glaubens machten. Beide Klöster sind heute als UNESCO Weltkulturerbe verzeichnet, was von der kul- Engagement prägen die Gegend um Salem bis ST.GALLEN turellen Leistung der Benediktiner zeugt. Die heute. An dem schlossähnlichen Klosterbau ist St.Gallen-Bodensee Tourismus drei erhaltenen romanischen Kirchen auf der der Reichtum der Abtei, aber auch ihre weitgeBankgasse 9, CH-9000 St.Gallen Reichenau sind heute noch sichtbarer Ausdruck hende politische Unabhängigkeit als freie ReichsTel.: +41 (0) 71 2273737 der großen Vergangenheit der Abtei. Mit ihrer abtei und Konsistorialstift erkennbar. www.st.gallen-bodensee.ch Architektur und den einzigartigen, sorgfältig Noch radikaler waren die Auffassungen der restaurierten Wandmalereien gehören sie zu den Kartäuser, die das Kloster von Ittingen 1461 Stiftsbibliothek St.Gallen Meisterwerken europäischer Kunstgeschichte. übernahmen. Sie lebten wie Einsiedler in der Klosterhof 6D In St.Gallen sind es die barock ausgestattete Gemeinschaft. Ihr Leben in Stille und Einsamkeit Postfach CH-9004 St.Gallen Kathedrale und die Stiftskirche mit ihren reichen war ganz der Suche nach Gott gewidmet. Die Tel.: +41 (0) 71 2273416 www.stiftsbibliothek.ch Beständen an Handschriften und Inkunabeln, die Kargheit der Mönchszellen steht in Gegensatz zur die Bedeutung der Klöster in Erinnerung rufen. prachtvollen Ausstattung der Rokokokirche, welÖffnungszeiten: 1137 ließen sich in Salem die Zisterzienser nieder. che die Bedeutung und Würde des GottesdiensEhemalige Stiftskirche: tagsüber offen, Sie waren ein Reformorden, bei dem sich der tes hervorhebt. In den Räumlichkeiten und den So. 10 - 16 Uhr, während Gottesdiensten Konflikt zwischen Repräsentation und Askese Gärten des Ittinger Museums lässt sich die streng nicht zugänglich immer wieder zeigte. Ihre Ideale wie effektives kontemplative Lebensweise und die Spiritualität Betriebsferien von Montag 13. November bis Freitag 01. Dezember 2017 Wirtschaften, technische Innovation und soziales der schweigenden Mönche authentisch erfahren. 314
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Termine, Tipps & Touren | Bodensee Magazin Spezial 103
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Kirchenschiff "Großherzog Ludwig" - ökumenische Gottesdienste mit besonderem Seegang.
Pilgern auf Badisch - Erlebnisvielfalt für Körper, Geist und Seele.
Moser Wasser-Prozession
Landkreis Konstanz und Reichenau
BODENSEEKIRCHENSCHIFF(E)
HAUSHERRENFEST IN RADOLFZELL
PILGERN AUF BADISCH
Die Abendstimmung auf dem See genießen, miteinander unterwegs sein und geistliche Impulse als Kraftquelle spüren. Unter diesem Motto laden während der Urlaubssaison sonntags zwei Kirchenschiffe auf dem Bodensee zu ökumenischen Gottesdiensten ein.
Den Radolfzeller Stadtpatronen Theopont, Senesius und Zeno wird jedes Jahr am dritten Wochenende im Juli große Verehrung zuteil. Das kirchliche Programm beginnt mit dem Hausherrenamt im Münster Unserer Lieben Frau und anschließender Prozession durch die Innenstadt. Ein weiterer Höhepunkt ist die Mooser Wasser-Prozession am Montag. Mit Blumenkränzen geschmückte Boote kommen morgens über den See gerudert und werden in Radolfzell feierlich empfangen. Ursprünglich von rein christlicher Natur hat sich das Radolfzeller Hausherrenfest über die Jahre zu einem Fest mit vielen weltlichen Aspekten entwickelt. Musik, Gastronomie und ein großes Feuerwerk am Sonntagabend mit vorangegangenem Gondelkorso und Segeldefilee locken alljährlich tausende Besucher an die Seepromenade.
„Ich bin dann mal weg“ – sich eine Auszeit für Leib und Seele gönnen, den Gedanken freien Lauf lassen, neue persönliche Potenziale entdecken, Wissenswertes erfahren, die Natur als Kraftquelle spüren – all diese vielfältigen Sinnes-Erlebnisse können Sie im Rahmen der geführten Pilgerwanderungen am westlichen Bodensee erfahren. Lassen Sie sich inspirieren von geistlichen Impulsen, von wissenswerten Informationen und kulinarischen Besonderheiten, die einen erlebnisreichen Spannungsbogen bieten und neue Horizonte eröffnen.
Kirchenschiff Überlinger See (MS Großherzog-Ludwig) Sonntag, 23.07. / 30.07. / 06.08. / 13.08.2017 Abfahrt jeweils ab Bodman 18.45 Uhr (mit Anmeldung), ab Überlingen 19.30 Uhr (ohne Anmeldung, wenn Plätze frei) Anmeldung bei: Tourist-Information Bodman-Ludwigshafen Hafenstr. 5, D-78351 Bodman-Ludwigshafen Tel. +49 (0) 7773 9300-40 info@bodman-ludwigshafen.de Kirchenschiff Untersee (MS Alet) Sonntag 25.06. / 09.07.2017 Abfahrt jeweils ab Allensbach 18.45 Uhr, ab Reichenau Yachthafen 19 Uhr Nähere Informationen unter: www.kirche-im-tourismus-am-bodensee.de
Tourentermine 2017 Tour 1: Halbinselimpressionen „Höri" - Ein spirituelles Kunsterlebnis rund um Gaienhofen. Samstag 30.9.2017 Tour 2: Grenzerfahrungen mit Aussicht - Eine besinnliche Grenzen-Überschreitung rund um die Exklave Büsingen am Hochrhein jeweils Samstag 29.04. / 23.9.2017 Tour 3: Zwischen Reben und Obstplantagen – Historische Wege und Kirchen rund um Immenstaad. Samstag 22.4.2017 Tour 4: Kräutererlebnis für die Sinne – Unterwegs auf historischen Pfaden rund um Meersburg jeweils Samstag 13.5. / 8.7.2017 Detailinformationen zu den Touren unter www.kirche-im-tourismus-am-bodensee.de
Weitere Informationen unter www.radolzell.de/Hausherrenfest Stadtführungen „Auf den Spuren Radolfs“ mit Besuch der Hausherren im Münster bietet die Tourist-Information Radolfzell von Oktober bis März monatlich, von April bis September wöchentlich samstags um 10.30 Uhr an und zusätzlich von Mai bis August vierzehntägig mittwochs. www.radolfzell-tourismus.de
INFORMATIONEN INFORMATIONEN Evangelische Landeskirche in Baden Tourismus- und Stadtmarketing www.kirche-im-tourismus-am-bodensee.de Radolfzell GmbH Bahnhofplatz 2 D-78315 Radolfzell Tel. +49 (0) 7732 81500 info@radolfzell-tourismus.de www.radolfzell-tourismus.de
104 Bodensee Magazin Spezial | Termine, Tipps & Touren
ANMELDUNG Tour 1: Kultur- und Gästebüro Gaienhofen Im Kohlgarten 2, D-78343 Gaienhofen Tel. +49 (0) 7735 81823
Tour 2: Geschäftsstelle des Vereins der Bergkirche zu Büsingen Tel: +49 (0) 7734 931352 margrith.guentert@t-online.de
Touren 3 und 4: Evangelische Erwachsenenbildung Überlingen-Stockach Grabenstraße 2, D-88662 Überlingen Tel. +49 (0) 7551 953732 eeb.ueberlingen-stockach@kbz.ekiba.de
St. Peter und Paul (Reichenau-Niederzell)
Museum Reichenau
BODENSEE-PILGERMAHL
DIE REICHENAU UND IHRE KIRCHEN
INSELFEIERTAGE
Pilgern macht hungrig. Das war schon im Mittelalter so. In Erinnerung an die Zeit des Konstanzer Konzils (1414–1418) servieren am westlichen Bodensee ausgesuchte Restaurants ein Pilgermahl. Dabei erwartet Sie keinesfalls eine karge Mahlzeit. Die einzigen Vorgaben für die Küche: Alle Zutaten bis auf die Gewürze kommen aus der Region und wurden schon zur Konzilszeit verwendet. Die Bodensee-Köche zeigen, wie aus den damaligen Zutaten auch heute noch spannende und wohlschmeckende Gerichte gezaubert werden können. Ob Pilgervesper, Pilgereintopf oder ein Pilgermahl de luxe, die Bodensee-Köche servieren es Ihnen gerne. Ein Flyer mit den beteiligten Gastronomen kann auf www.bodenseewest.eu heruntergeladen oder bei BodenSeeWest Tourismus e.V. angefordert werden.
Führungen zur Geschichte und Kultur der Insel • Die Reichenau kennenlernen: Rundgang durch den ehemaligen Klosterbezirk und zur Hoch wart, dem höchsten Punkt der Insel. • St. Georg: Ehemalige Stiftskirche aus dem 9. Jahrhundert. Im Langhaus Wandmalereien aus dem 10. Jh., acht Wunder Jesu darstellend. • Münster St. Maria u. Markus: Klosterkirche der ehemaligen Benediktinerabtei Reichenau. Erbaut zwischen 724 und dem 16. Jh. • St. Peter u. Paul: ehemalige Stiftskirche, 799 geweiht durch den Bischof Egino von Verona. Neubau aus dem 12. Jh., im 18. Jh. barockisiert. • Der Hortulus – 24 Kräuter und 100 Geschicht(ch)en: Führung durch den historischen Kräutergarten.
Markusfest (25.4.2017) Die Gebeine des Evangelisten Markus brachte im Jahr 830 Bischof Ratold von Verona in die Benediktiner-Abtei Reichenau. Der wertvolle, aus Silber und Gold gefertigte Schrein steht im Westwerk des Münsters. Das Fest zu seinen Ehren zählt zu den höchsten Inselfeiertagen.
Hilzinger Kirchweih & Erntedankfest Im Oktober beginnt für die Hilzinger eine von traditionellem Brauchtum geprägte Zeit, die ihren Höhepunkt im Kirchweih- und Erntedankfest in Hilzingen findet. Das alljährlich im Oktober stattfindende Fest ist weit über die Gemeindegrenzen hinaus bekannt.
INFORMATIONEN BodenSeeWest Tourismus e.V. Im Kohlgarten 2 D-78343 Gaienhofen Tel. +49 (0) 7735 919 055 info@bodenseewest.eu www.bodenseewest.eu
INFORMATIONEN Tourist-Information Pirminstraße 145 D-78479 Reichenau Tel. +49 (0) 7534 92070 info@reichenau-tourismus.de www.reichenau-tourismus.de
Heilig-Blut-Fest (12.6.2017) Das Heilig-Blut-Fest wird auf der Insel als höchster Feiertag angesehen. Es geht zurück auf ein dem Kloster im Jahr 925 geschenktes Abtskreuz mit blutgetränkter Erde von Golgatha. Das Fest beginnt am Vorabend um 19 Uhr mit einer feierlichen Eröffnungsandacht im Münster. Am Nachmittag des Feiertages finden um 14.30 Uhr die Heilig-Blut-Feier mit Heilig-Blut-Verehrung statt, anschließend Konzert der Bürgermusik an der Ergat mit Bewirtung.
Führungen Vom 1.4. – 31.10.2017 • Die Reichenau kennen lernen (ca. 1,5 – 2 Std.) Mo. 10 Uhr (außer 17.4., 1.5., 5.6., 12.6.) Treffpunkt: Tourist-Information.
Mariä Himmelfahrt (15.8.2017) Das Patrozinium des Münsters St. Maria und Markus ist der dritte und letzte Inselfeiertag im Jahreslauf und gleichzeitig Reichenauer Welterbetag.
• St. Georg (ca. 1 Std.) Mo. 17 Uhr (außer 17.4., 1.5., 5.6., 12.6.) • Münster St. Maria und Markus (ca. 1 Std.) Di. 17 Uhr (außer 25.4., 15.8., 3.10., 31.10.)
Jeder Inselfeiertag beginnt um 8.45 Uhr mit der Parade der historischen Bürgerwehr auf dem Münsterplatz. 9 Uhr: Festgottesdienst im Münster St. Maria und Markus ca. 10.30 Uhr: Prozession mit der historischen Bürgerwehr und der Trachtengruppe. Dabei werden die Schreine aus der Schatzkammer mitgetragen.
• St. Peter und Paul (ca. 1 Std.) Mi. 17 Uhr • Der Hortulus (ca. 1 Std.) Do. 10 Uhr an folgenden Terminen: 27.4., 4./11./18.5., 1./22./29.6., 6./13./20.7., 3./31.8., 14./21.9. Treffpunkt: im Kräutergarten Kosten je Führung: Euro 3,00 - mit Gästekarte frei
Museum Reichenau SONDERAUSSTELLUNG „1200 Jahre Reichenau Münster“ Anlass der Ausstellung ist das 1200-jährige Weihejubiläum der durch Abt Heito neu errichteten Abteikirche, die 816 der Mutter Gottes geweiht wurde. Sie ist auch der älteste erhaltene Bauteil des heutigen Münsters. Neben der Darstellung der historischen Hintergründe der Entstehungszeit werden auch Gemälde des Münsters aus unterschiedlichen Zeiten gezeigt.
Termine, Tipps & Touren | Bodensee Magazin Spezial 105
Foto: Derek Schuh
Schlösserregion Oberschwaben
Blutfreitag Weingarten
Bibliothekssaal Kloster Schussenried
oberschwaben
IM HIMMELREICH DES BAROCK birgt Barock in vielen Facetten und wird zu einem Gesamtkunstwert. Innerhalb von sechs Themenwelten und entlang von vier Routen können Besucher auf den Spuren des Barock die Region von Wiblingen bis St.Gallen bereisen.
Üppige Formen, lebendige Farben und eine Architektur, die den Himmel auf die Erde holt: Das ist der Barock wie er in Oberschwaben zu Hause ist. Nirgendwo sonst prägen so viele Zeugnisse des barocken Lebens eine Region. Doch was steckt eigentlich hinter den Bauwerken? Von prachtvollen Deckenfresken über höchste Orgelbaukunst bis hin zur barocken Biertradition. Die Region Oberschwaben Allgäu
Alle Informationen rund um die sechs Themenwelten erhalten Sie unter www.himmelreich-des-barock.de
A8
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Hauptroute Ostroute Südroute Westroute Verbindungsroute
OBERSCHWÄBISCHE BAROCKSTRASSE
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Wiblingen Kloster Roggenburg Ehingen Munderkingen Veringenstadt
Oberstadion
Riedlingen Kloster Heiligkreuztal Sigmaringen Kreenheinstetten
Donau
Biberach
Gutenzell-Hürbel Ochsenhausen
Bad Buchau
Mengen
Inzigkofen
Steinhausen
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Rot an der Rot Bad Saulgau Bad Schussenried Kürnbach Aulendorf Bad Waldsee
Sießen
Meßkirch
Kloster Habsthal Wald Pfullendorf
Buxheim
Memmingen Ottobeuren
Bad Wurzach i. A. Leutkirch i. A. Weingarten
Hilzingen
Birnau Mainau
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Wolfegg Ravensburg
Kißlegg i. A. A96
Meersburg
Tettnang
Konstanz Friedrichshafen
Kempten
Wangen i. A.
Isny i. A.
Schloss Achberg
Langenargen Bod ense e
SCHWEIZ
Bregenz
St. Gallen
ca. 20 km
„Lange BAROCKnacht“ am 19. August 2017 im Himmelreich des BAROCK Eine längst vergangen Epoche erwacht wieder zum Leben: Genießen Sie hochkarätige Konzerte, erlebnisreiche Kostümführungen oder einen schaurigen Besuch der „heiligen Leiber“ entlang der Oberschwäbischen Barockstraße. Informationen zum Programm gibt es unter www.himmelreich-des-barock.de
Trogen
106 Bodensee Magazin Spezial | Termine, Tipps & Touren
ÖSTERREICH
A7
Informationen und kostenloser Routenführer: Oberschwaben Tourismus GmbH Neues Kloster 1, D-88427 Bad Schussenried Tel. +49 (0) 7583 331060 info@oberschwaben-tourismus.de www.oberschwaben-tourismus.de www.facebook.com/oberschwabenallgaeu www.instagram.com/oberschwabenallgaeu
Das Volksgetränk Nr. 1 im Barock, Bier
Stiller Bach bei Weingarten
Termine in Oberschwaben 2017 Eröffnung Kloster Maria Rosengarten in Bad Wurzach • 29. April und 1. Mai 2017 Das Kloster Maria Rosengarten wird am letzten Aprilwochenende feierlich eröffnet. Am Sonntag, den 30. April finden ein Künstler- und Handwerkermarkt, Führungen und ein verkaufsoffener Sonntag statt. Am Montag, den 1. Mai gibt es tagsüber Führungen durch das Kloster und abends eine Kulturveranstaltung. Die 1763 ausgestaltete Rokokokapelle, welche als schönste Hauskapelle der Welt gilt, befindet sich im Gebäude und kann ab der Eröffnung wieder besichtigt werden.
Blutfreitag in Weingarten • 25. und 26. Mai 2017 In einer prunkvollen Prozession durch Stadt und Fluren wird jedes Jahr aufs Neue die kostbare Heilig-Blut-Reliquie verehrt. Die Blutfreitagsfeierlichkeiten beginnen schon am Vorabend zu Christi Himmelfahrt, wenn Tausende von Pilgern in einer Lichterprozession betend und singend durch die illuminierte Stadt zum Kreuzberg ziehen. Ab 7 Uhr am Freitagmorgen reitet der Heilig-Blut-Reiter mit der Reliquie durch Stadt und Flure. Begleitet wird er dabei von rund 3.000 Reitern in Frack und Zylinder, 30.000 Pilgern und mehr als hundert Musikkapellen.
Hochkarätige Konzerte in der Basilika Weingarten • 3. Juni 2017 Bodenseefestival • 30. Juli bis 3. September 2017 Internationale Orgelkonzerte, immer sonntags . Inmitten der sechs Westfenster der Basilika erhebt sich die 1734 von Joseph Gabler fertiggestellte Hauptorgel der Basilika. Mit ihrer monumentalen Klangfülle, genialen Architektur und sagenumwobenen Entstehung begeistert die Gabler Orgel jeden Zuhörer und Betrachter. Beim Spiel ihrer 66 Register erklingt ein gewaltiger Klangkosmos aus Instrumententönen, Vogelgesang und der legendären Menschenstimme "Vox Humana". Erleben Sie den Klang der Orgel bei den Internationalen Orgelkonzerten mit namhaften Organisten aus der ganzen Welt.
Klassische Konzerte Basilika Ottobeuren • Münchener Bach-Orchester & Münchener Bach-Chor, Ltg: Hansjörg Albrecht So., 25. Juni 2017, 15 Uhr Georg Friedrich Händel: „Israel in Ägypten“ HWV 54 • Orchester Wiener Akademie & Chorus sine nomine, Ltg: Martin Haselböck So., 16. Juli 2017, 15 Uhr Ludwig van Beethoven: Hymnus für Chor und Orchester „Tief im Staub anbeten wir“, Ludwig van Beethoven: „Sinfonie Nr. 9” d-Moll, op. 125
Das Programm zum Schlosserlebnistag 2017 erhalten Sie bei der Oberschwaben-Tourismus GmbH unter Tel. +49 (0)7583 3310-60 oder online unter www.oberschwaben-tourismus.de Weihnachtsmarkt Ochsenhausen • 30. November - 3. Dezember 2017 Vor der prächtigen Klosterkirche entsteht aus rund 35 liebevoll geschmückten Holzhäuschen ein stimmungsvolles Weihnachtsdorf. Neben dem Angebot an weihnachtlichen Artikeln und süßen und herzhaften Genüssen wird es während der Öffnungszeiten ein umfangreiches Begleitprogramm geben. Zur Freude aller kleinen und großen Eisenbahnfans bietet das „Öchsle" ebenfalls wieder seine beliebten Winterdampffahrten an. Eine Fahrt mit der historischen Museumsschmalspurbahn ist die wohl romantischste Art, zum Weihnachtsmarkt zu gelangen.
Foto: Reinhard Jakubek
• Mozarteumorchester Salzburg & Bachchor Salzburg, Ltg: Leopold Hager, W.A. So., 17. September 2017, 15 Uhr Mozart: Lauretanische Litanei D-Dur KV 195, W.A. Mozart: Große Messe in c-Moll KV 427
Schlosserlebnistag "Schloss und Wein" • So., 18. Juni 2017 Jeweils am dritten Sonntag im Juni wird auch in Oberschwaben ein zusätzliches Erlebnisprogramm für Groß und Klein vorbereitet. Wenn es am landesweiten Schlosserlebnistag in ganz Baden-Württemberg hoch hergeht auf Schlössern und auf Burgen, in Gärten und in Klosteranlagen, dann ist auch in Oberschwaben für einen märchenhaften Tag gesorgt.
Orgel Basilika Weingarten
Basilika Ottobeuren
Weihnachtsmarkt Ochsenhausen
Termine, Tipps & Touren | Bodensee Magazin Spezial 107
Marienaltar
Feuerwehrmuseum
Abt Anselm, Raum-Aebte
Salem
MEISTERWERKE DER REICHSABTEI
300 JAHRE FEUERWEHRGESCHICHTE
ZWISCHEN ASKESE UND BAROCKER REPRÄSENTATION
Das Klostermuseum in Salem
In der Nacht vom 9. auf den 10. März 1697 zerstörte ein verheerender Brand große Teile der damaligen Klosteranlage. Damals verfügte das Kloster nicht über passendes Gerät zur effizienten Brandbekämpfung. Im Zuge des Wiederaufbaus der Abtei-und Konventgebäude waren die Mönche jedoch für den vorbeugenden Brandschutz sensibilisiert. Das neue Salemer Feuerwehrmuseum erzählt die Geschichte des Brandschutzes vom späten Mittelalter bis heute. Der Rundgang beginnt in der alten Feuerwache des Klosters und zeigt die großartigen Leistungen der Zisterzienser bei Wassertechnik und beim Brandschutz. Anschaulich informiert das neue Feuerwehrmuseum beim Sennhof mit seinen wertvollen historischen Spritzen und Feuerwehrmodellen über die Geschichte der Feuerwehr.
Abt Anselm II. und die Gegenreformation in Salem
Das Klostermuseum in der Prälatur (mit dem Zweigmuseum des Badischen Landesmuseums) präsentiert Werke aus der Salemer Geschichte vom Hochmittelalter bis zum Spätbarock. Ein Highlight ist der Salemer Marienaltar von Bernhard Strigel. Der in der Dürerzeit entstandene Altar (1507/08) zeigt das vermutlich älteste Nachtbild der deutschen Malerei. Salemer Geschichte wird anhand von Exponaten aus den verschiedenen Bauphasen des Klosters, den Porträts der Salemer Äbte des Barock und den berühmten Skulpturen von Joseph Anton Feuchtmayer erlebbar. Vom 2. April bis 1. Oktober 2017 gibt es jeden ersten Sonntag im Monat um 11 Uhr eine Führung durch das Klostermuseum, Dauer ca. eine Stunde, nicht rollstuhlgeeignet.
Öffnungszeiten: 1. April - 1. November, Mo. - Sa. 10 - 18 Uhr, So. - und Feiertage 10.30 -18 Uhr, 2. November - 31. März: Sa., So. und Feiertage 11 - 16 Uhr
INFORMATIONEN Kloster und Schloss Salem D-88682 Salem Tel. +49 (0) 7553 9165336 schloss@salem.de www.salem.de
Öffnungszeiten: 1. April -1. November, Mo. - Sa. 10 - 18 Uhr, Sonn- und Feiertage 10.30–18 Uhr Führungen durch das Salemer Feuerwehrmuseum: So., 23. April, 11 Uhr So. 18. Juni 14 Uhr und 16 Uhr (Schlosserlebnistag) So., 8. Oktober 14 Uhr (Erlebnistag im Kloster)
Armut, Askese und Bescheidenheit – das waren die Leitlinien der Zisterzienser. Wie konnte es da zur barocken Pracht von Salem kommen? Mit der Gegenreformation nutzte die katholische Kirche den Glanz der Künste, um die Herrlichkeit des Glaubens sichtbar werden zu lassen. Abt Anselm II. setzte neue Maßstäbe mit der größten Barockorgel im Münster, dem größten barocken Geläut im neuen Turm – und mit der Wallfahrtskirche Birnau.
WEINGESCHICHTEN Auf einem Rundgang durch Weinkeller, Kloster mit Speisesaal der Mönche, Kreuzgang und Münster werden drei ausgewählte Weine zur Verkostung angeboten. Das Ganze wird mit spannenden Geschichten zur Salemer Weinkultur garniert.
Termine: Täglich um 11 Uhr (1. April bis einschließlich 1. November 2017)
108 Bodensee Magazin Spezial | Termine, Tipps & Touren
Termine: So., 16. April 11 Uhr (Ostersonntag) So., 18. Juni 11 Uhr (Schlosserlebnistag) So., 13. Aug. 11 Uhr So., 8. Okt. 11 Uhr (Erlebnistag im Kloster)
Hinweis: Diese Führung ist leider nicht rollstuhlgeeignet. Es müssen einige wenige Treppen begangen werden. Die Themenführung ist außerhalb der angegebenen Zeiten auf Voranmeldung auch für Gruppen buchbar.
Schloss Frauenfeld, das markante Wahrzeichen der Kantonshauptstadt.
Eine moderne Rauminszenierung auf Schloss Frauenfeld.
Museum Rosenegg
Thurgau
HISTORISCHES MUSEUM THURGAU
WOCHENEND-ANGEBOT
MUSEUM ROSENEGG
Von „Kuhschweizern" und „Sauschwaben"
Mittelalter-Erlebnis Thurgau
Die Ausstellung im Schloss Frauenfeld beleuchtet die für den späteren Kanton Thurgau wegweisende Epoche nach 1415. Der multimediale und sinnliche Rundgang entführt in die faszinierende Welt der Ritter, Klöster und Landvögte. Er bietet Erwachsenen und Kindern gleichzeitig einen ebenso historisch fundierten wie verspielten Zugang zum Mittelalter. In atmosphärisch inszenierten Schlossräumen verfolgt das Publikum hautnah, wie Menschen die turbulente Übergangszeit zur eidgenössischen Herrschaft erleben. Eine Zeit, in der sich die Konfliktparteien mit „Kuhschweizer" und „Sauschwabe" beschimpfen und die Grenzen des heutigen Kantons entstehen.
Begeben Sie sich auf die Spuren des Mittelalters am Bodensee. Sie übernachten im Hotel Drachenburg & Waaghaus in Gottlieben, gleich neben dem Schloss, wo Jan Hus, Reformator während des Konstanzer Konzils, eingekerkert war. Mit einer erholsamen Schifffahrt durch die schöne Unterseelandschaft gelangen Sie zum Arenenberg, wo Sie durch den mittelalterlichen Patriziergarten mit Rasenbänken, Wasserspielen und duftenden Pflanzen wandeln sowie das Napoleonmuseum Thurgau besuchen.
Ausstellung „Ländliches Leben im späten Mittelalter“
Preis pro Person im DZ: ab CHF 191,-
Anstelle der heutigen Siedlungen im Umfeld der Stadt Konstanz bestanden im Mittelalter vermutlich nur bäuerliche Weiler, die neben der Selbstversorgung auch für die Versorgung der Stadt Konstanz und des Bischofssitzes eine Rolle gespielt haben. Umgekehrt haben sie vom Austausch mit der Stadt profitiert. Die Ausstellung will diese Epoche ins Bewusstsein rücken und nachhaltig darstellen. Die Ausstellung, welche noch bis Ende 2017 dauert, befasst sich mit Themen wie Bäuerlicher Alltag, Familie, Speis und Trank, Kleidung, Feste und weitere. Im Mai und Juni 2017 findet eine Begleitausstellung zum Thema „Frauenleben im Mittelalter“ statt.
Schaudepot St. Katharinental
Historisches Museum Bischofszell Sonderausstellung zum Thema „Bischofszell: Städtisches Leben im Spätmittelalter“. 19. März bis 3. Dezember 2017
Im ganz besonderen Museum zur Alltagskultur tauchen Sie in eine längst vergessene Welt ein. Über 10.000 Originale zu Themen wie Landwirtschaft, Weinbau, Transport, Handwerk und Gewerbe aus der Sammlung des Historischen Museums Thurgau warten darauf, von Ihnen entdeckt zu werden.
Termin: Tag der offenen Tür am 6./7. Mai 2017 im Schaudepot St. Katharinental Auf ins Mittelalter! Erlebnistag auf Schloss Frauenfeld am 27. August 2017
INFORMATIONEN Historisches Museum Thurgau Schloss Frauenfeld CH-8500 Frauenfeld Tel. +41 (0) 58 3457380 historisches.museum@tg.ch www.historisches-museum.tg.ch
Öffnungszeiten: Sonntags 14 - 17 Uhr, Führungen auf Anfrage jederzeit möglich.
INFORMATIONEN Thurgau Tourismus Egelmoosstrasse 1 CH-8580 Amriswil Tel. +41 (0) 71 414 11 44 info@thurgau-bodensee.ch www.konzil-thurgau.ch
INFORMATIONEN Historisches Museum Bischofszell Marktgasse 4, CH-9220 Bischofszell Tel. +41 (0)71 422 38 91 museum.bischofszell@bluewin.ch www.museum-bischofszell.ch
Öffnungszeiten: Mittwoch 17 - 19 Uhr Freitag 14 - 17 Uhr Sonntag 14 - 17 Uhr Für Gruppen auf Anfrage auch außerhalb der Öffnungszeiten möglich.
INFORMATIONEN Museum Rosenegg Bärenstrasse 6 CH-8280 Kreuzlingen Tel. +41 (0) 71 672 81 51 info@museum-rosenegg.ch www.museumrosenegg.ch
Termine, Tipps & Touren | Bodensee Magazin Spezial 109
Kartause Ittingen
Kartäuserweg mit Pfingstrosen
Kartause Ittingen
AUF DEN SPUREN DER MÖNCHE
ITTINGER PFINGSTKONZERTE 2017
Entspannte Tage in der Kartause Ittingen
Künstlerische Leitung: Isabelle Faust
In der Kartause Ittingen lässt sich klösterliche Lebensweise und Spiritualität so direkt erfahren wie kaum anderswo. Die ehemalige Klosteranlage atmet noch heute den Geist längst vergangener Jahrhunderte, während die Hotelräumlichkeiten in ihrer stilvollen Schlichtheit und Funktionalität alle Annehmlichkeiten des modernen Lebens bieten. 2017 ganzjährig buchbar Im Preis ab CHF 265,– p.P. sind enthalten: • 2 Übernachtungen inkl. reichhaltigem Frühstück mit feinen Ittinger Köstlichkeiten aus dem eige nen Gutsbetrieb • Ein Überraschungs-Dinner (4 Gänge) an einem Abend Ihrer Wahl mit Spezialitäten aus Gärten, Weinbau, Käserei und Landwirtschaft • Freier Eintritt ins Ittinger Museum und ins Kunstmuseum Thurgau • Kostenlose Benutzung der hoteleigenen Fahrräder • Abschiedsgeschenk aus der eigenen Produktion
INFORMATIONEN Stiftung Kartause Ittingen CH-8532 Warth Tel. +41 (0) 52 7484411 info@kartause.ch www.kartause.ch
Ittinger Museum Kunstmuseum Thurgau Kartause Ittingen CH-8532 Warth Tel. +41 (0) 58 3451060 sekretariat.kunstmuseum@tg.ch www.kunstmuseum.ch
Festivalthema: „Brandenburg - Ittingen" Mit der künstlerischen Leiterin Isabelle Faust und ihren musikalischen Freunden werden einige der weltbesten Musiker in der Kartause Ittingen zu Gast sein. Im Gepäck haben sie ein reizvolles Programm, das seinen Ausgangspunkt in Bachs Brandenburgischen Konzerten hat. Das komplette Pfingstkonzertprogramm finden Sie unter www.kartause.ch/pfingstkonzert 2. bis 5. Juni 2017 Einzigartiges, hochkarätiges Kammermusikfestival 7 Konzerte in 4 Tagen
DER ALLTAG DER KARTÄUSERMÖNCHE Ein stimmungsvoller Rundgang in der Kartause Ittingen Die imposante Klosteranlage in der idyllischen Thurlandschaft beeindruckt als architektonisches Baudenkmal und durch ihre wechselvolle Geschichte. Der reich ausgestattete Essraum, die kargen Mönchszellen und die prächtige Rokokokirche präsentieren sich auch heute so, als lebten und beteten die Mönche noch in Ittingen. Auf dem Rundgang im Ittinger Museum öffnen sich Einblicke in eine Welt, die aufgrund der strengen Ordensregeln der Kartäuser normalerweise verschlossen bleiben. Neben der Lebensweise der Mönche und der Geschichte der Kartause werden auch wirtschaftliche und spirituelle Aspekte angesprochen.
110 Bodensee Magazin Spezial | Termine, Tipps & Touren
ITTINGER MUSEUM KUNSTMUSEUM THURGAU Eintritt: CHF 10,– / 7,– (reduziert)
Hörspielrundgang „... sei still“ Den Alltag im ehemaligen Kloster mit dem Audioguide entdecken! Der Kirchenpatron von Ittingen, der heilige Laurentius, kommt darin ebenso zu Wort wie die Märtyrerin Victoria oder Prokurator Wech, der einen neuen Müller einstellt. Vergnüglich, spannend und besinnlich für Groß und Klein. Eintritt: CHF 10,- / 7,-, Kinder bis 16 Jahre gratis Öffentliche Führungen: Jeden Sonntag um 15 Uhr findet eine Führung zu Geschichte, Kunst oder Garten statt, Details unter www.kunstmuseum.ch
Barocksaal Stiftsbibliothek
Detail Barocksaal Stiftsbibliothek
st.gallen
500 Jahre Reformation: 12. ST.GALLER FESTSPIELE Der 31. Oktober 2017 ist ein symbolisches Datum. Martin Luthers Thesenanschlag gegen den Ablass gilt als symbolischer Anstoß der Reformation. Niemand hat die Reformation „gemacht“ oder willentlich ausgelöst: Sie ist die Frucht der Geschichte, des Zusammenwirkens verschiedener Akteure und politisch-religiöser Interessen der damaligen Zeit.
Ausstellung in der Stiftsbibliothek: Arznei für die Seele – Mit der Stiftsbibliothek St.Gallen durch die Jahrhunderte, 14. März 2017 bis 5. November 2017 Die Stiftsbibliothek St.Gallen blickt auf vierzehn Jahrhunderte Geschichte zurück. Sie ist eine der ältesten heute noch bestehenden Bibliotheken der Welt. Die Ausstellung Arznei für die Seele zeigt anhand ihres wertvollen Bestands die Entwicklung der Institution von den Anfängen im 7. Jahrhundert bis in die Gegenwart.
Klosterhof St.Gallen, 23. Juni – 7. Juli 2017 Der Klosterhof des UNESCO-Weltkulturerbes mit seiner prachtvollen barocken Kathedrale wird Ende Juni zur Kulisse der vorletzten Oper Loreley von Komponist Alfredo Catalani. Mit der Wahl des damals in Italien ungewöhnlichen Sujets der Legende um die Rheinnixe Loreley hält die romantische Erzählung Ende des 19. Jahrhunderts Einzug in das italienische Opernrepertoire. Außerdem unternimmt der Komponist den Versuch, neben Verdis Dominanz im Musikbetrieb, Puccinis Verismo und Wagners Lehre vom Gesamtkunstwerk eine eigenständige musikalische Form zu etablieren. Doch erst Anfang des 20. Jahrhunderts gelingt es dem Dirigenten Arturo Toscanini, Catalanis Werke für die grossen Opernhäuser attraktiv zu machen und somit ein breites Opernpublikum zu begeistern. Der amerikanische Regisseur David Alden setzt die sagenumwobene Loreley im Rahmen der Festspiele auf dem Klosterhof in Szene. Die St.Galler Festspiele gehören zum festen Bestandteil auf dem internationalen FestspielKalender und werden dieses Jahr zum 12. Mal aufgeführt.
Sternenstadt 2017 2017 wird die Sternenstadt in einem veränderten Glanz erstrahlen. Es werden wohl weiterhin die 700 Sterne vom Himmel leuchten, jedoch hat sich der Verein Sternenstadt ein paar Kleinigkeiten einfallen lassen. Es soll 2017 möglich sein die Sterne an ausgewählten Stellen per Smartphone selbst erleuchten zu lassen oder sie zu Musik zu bewegen. Weitere musikalische und kulturelle Attraktionen zwischen dem Gallusplatz und dem Marktplatz sollen den Reiz der Sternenstadt zusätzlich anfeuern.
Sternenstadt
Informationen und Tickets: www.stgaller-festspiele.ch Ein attraktives Übernachtungsangebot finden Sie unter www.st.gallen-bodensee.ch INFORMATIONEN Stiftsbibliothek Klosterhof 6d, Postfach CH-9004 St.Gallen www.stiftsbibliothek.ch Öffnungszeiten: Montag bis Sonntag 10 – 17 Uhr Geschlossen: Heiliger Abend und Weihnachtstag, Montag, 7. März 2016. Eintrittspreise: CHF 12.– | 10.– | 9.– | 7.–
INFORMATIONEN ZU DEN ÖFFENTLICHEN FÜHRUNGEN: St.Gallen-Bodensee Tourismus Bankgasse 9 CH-9001 St. Gallen Tel. +41 (0) 71 227 37 37 info@st.gallen-bodensee.ch www.st.gallen-bodensee.ch
St.Galler Festspiele
Termine, Tipps & Touren | Bodensee Magazin Spezial 111
Glossar Abt lat. abbas=Vater; Vorsteher eines Klosters Abtei lat. abbatia; Kloster, dem ein Abt oder eine Äbtissin vorsteht Apsis Chorabschluss, halbkreisförmig oder polygon Arkaden von Pfeilern oder Säulen getragene Bögen, bezeichnet auch Bogengänge Askese Streng enthaltsame und entsagende Lebensweise Augustinereremiten Mönchsorden, gehört zu den Bettelorden, der sich nach der
zugänglicher Teil eines Klosters (von lat. claustrum, clausura; davon dt. Kloster)
Augustinerchorherren Männerorden, dessen Regel sich auf den hl. Augustinus
Konklave Versammlung der Kardinäle zur Papstwahl Konvent Mitgliedergemeinschaft eines Klosters; baulich: Wohnbereich in
Regel des hl. Augustinus richtet bezieht, s. auch Chorherren
Basilika besondere Bauform einer Kirche (unabhängig von der Funktion, Größe oder
Bedeutung); drei- oder fünfschiffiger (Kirchen-)Bau mit breiterem und überhöhten Mittelschiff, der Obergaden mit Fenstern sorgt für Licht
Benediktiner Mönche des Ordens, der sich auf den hl. Benedikt von Nursia und seine Ordensregel beruft; kontemplativ ausgerichtet Bettelorden Dominikaner, Franziskaner, Karmeliten, Augustiner-Eremiten; Orden mit besonderer Armutsverpflichtung; stehen als Reformorden im Gegensatz zu kontem plativen Orden; im Mittelalter besonders in den Städten angesiedelt, daher im sozia len Bereich und in der Seelsorge aktiv; Verdienste auch im wissenschaftlichen Bereich Bischof griech. episkopos=Aufseher, Hüter, Schützer; geistlicher Würdenträger der
christlichen Kirche mit geistlicher und administrativer Leitung eines bestimmten Gebietes
Brevarium lat. brevis=kurz; auch Brevier, kurzes Verzeichnis aller Teile des Stundengebets
Bruderschaft Vereinbarung geistlicher Gemeinschaften, über den Tod hinaus durch
Gebete und Messopfer einander zu helfen
Cella lat. cella=kleiner Raum; Mönchszelle, Klosterzelle; nach Aufgabe des Dormito riums (gemeinsamer Schlafraum der Mönche) privater Schlaf- und Wohnraum eines Mönchs Chor abgetrennter, dem Klerus vorbehaltener Kirchenraum, meist durch Lettner oder Schranke abgetrennt Chorherren auch: Kanoniker, Mitglieder einer Stiftskirche, eines Stift- oder Domka-
pitels, die nach einer Ordensregel leben und liturgische Aufgaben an ihrer Stifts kirche erfüllen (z. B. gemeinsames Chorgebet, Messfeiern)
Cluniazenser Reformorden, 910 gegründet, der aus dem Benediktinerorden hervor- ging, benannt nach dem Mutterkloster Cluny im Burgund Dom lat. domus=Haus; Kirchengebäude, eigentlich Bezeichnung für Bischofskirche; aber auch eine große Kirche kann als Dom bezeichnet werden, s. auch Kathedrale
Dritter Orden christliche Laiengemeinschaft, die sich an den Idealen eines Männer oder Frauenordens ausrichtet Epitaph griech. taphos=Grab; Gedenktafel mit Inschriften für einen Verstorbenen,
angebracht an Säulen oder Kirchenwänden
Eremiten griech. eremos = allein, unbewohnt; Mönche, die als Einsiedler leben wollen; ursprüngliche/früheste Formen des Mönchtums; Mönche streben nach Askese in der Abgeschiedenheit (Gegensatz zu koinobitischer Lebensweise von Mönchen) Fresko Wandmalerei, die auf den feuchten Putz aufgetragen wird Grangien Wirtschaftshöfe, Gutshöfe des Klosters, besonders der Zisterzienserklöster Illumination Gesamtheit des malerischen Buchschmucks, teilweise durch Vergol-
dungen ergänzt
Inkunabeln Wiegendruck, sehr frühe, mit beweglichen Lettern gedruckte Schriften seit Erfindung des gutenbergschen Druckverfahrens
Jesuiten Ordensgemeinschaft "Gesellschaft Jesu", gegründet von Ignatius von Loyola
1534 in der Zeit der Gegenreformation; die Ordensmitglieder sind weder zu einer besonderen Ordenstracht noch zu einem gemeinschaftlichen Leben in einem Kloster verpflichtet; Lebensgemeinschaft in Kommunitäten; früher in der Mission, heute vor allem in Bildungseinrichtungen und in der Wissenschaft tätig
Kathedrale Kathedra=Sitz, Stuhl; Kirche, die zu einem Bischofssitz gehört Kenotaph eigentlich "leeres Grab", Scheingrab, Grabdenkmal Klause/Klausur Kloster; abgeschiedener Wohnort eines Mönchs, für Laien nicht Koinobiten gr. Koinobion= Zusammenleben; mönchische Lebensform, bei der sich die Mönche zu einer Wohn- und Lebensgemeinschaft zusammenfinden, im Gegensatz zum Eremitentum
einem Kloster
Konzil lat. concilium=Versammlung; Zusammenkunft, beratende Versammlung; bei den christlichen Kirchen Zusammenkunft von Klerikern
kontemplativer Orden Mönchsgemeinschaft, die in Abkehr von weltlichen Dingen
in der Abgeschiedenheit in einem Kloster lebt (vita contemplativa) und durch Askese und Gebet (positiv) auf die Welt einwirkt; im Gegensatz zu Orden, die nach dem Ideal tätiger Nächstenliebe soziale Arbeit leisten (viat activa), s. auch Bettelorden
Kreuzgang Teil eines Klosters/Konventsgebäudes; offene oder (durch Fenster) geschlossene Gänge, die einen rechteckigen Innenhof umschließen Krypta unterirdischer Bereich einer Kirche, dient oft als Grablege und/oder für besondere liturgische Zwecke, z. B. als Aufbewahrungsort von Reliquien Laienbrüder Mitglieder einer Ordensgemeinschaft ohne Priesterweihe Liturgie gottesdienstliche Handlungen Missale Messbuch mit Gebeten, Lesungen und Gesängen für die Messfeier Mitra Hohe Bischofsmütze Münster lat. monasterium=Kloster; Mönchskirche, Bezeichnung wird auch für (größere) Kirchen ohne Kloster verwendet
Orden Gemeinschaft, die sich an bestimmte Ideale oder Regeln ausrichtet; religiöse
Vereinigung, die nach bestimmten Regeln lebt
Paramente im Kirchenraum und Liturgie verwendete Textilien Patrozinium Fest des Kirchenpatrons Pilaster einer Wand vorgelagerter Pfeiler (nicht freistehend) Prälat Würdenträger (z. B. Abt, Bischof) innerhalb der katholischen Kirche mit leitender
Funktion, Ehrentitel für Inhaber eines höheren Amtes
Prämonstratenser im 12. Jh. gegründeter Orden, der das kontemplative Leben im Kloster mit Seelsorge und sozialem Engagement verbindet; lebt nach der Augustinerregel Priorat von einer Abtei abhängiges und einem Prior geleitetes Kloster, bzw. dem Prior zugeordneter Bereich im Kloster
Probst lat. propostus=Vorgesetzter; Vorsteher einer Chorherrengemeinschaft Prokurator Vermögensverwalter eines Klosters Refektorium Speisesaal der Mönche Reformation kirchliche Erneuerungsbewegung zwischen 1517 und 1648, die zur
Spaltung des westlichen Christentums in verschiedene Konfessionen (katholisch, lutherisch, reformiert) führte
Reliquie lat. reliquiae=Zurückgelassenes, Überrest; körperliche Überreste eines Heiligen oder Dinge, die mit dem Heiligen in Berührung waren Retabel gemalte Tafel oder Schrein mit Schnitzfiguren hinter dem Altar Rotunde Baukörper mit kreisförmigem Grundriss Säkularisation Aufhebung kirchlicher Institutionen und die Verstaatlichung ihres
Besitzes sowie die Einverleibung der geistlichen Fürstentümer und Herrschaften des Heiligen Römischen Reiches durch größere Territorialstaaten während des Napoleo nischen Zeitalters
Kanoniker s. Chorherren; Weltgeistliche, die Gottesdienst in einem Dom oder Münster besorgen
Schirmvögte König oder Adliger, der ein lehensherrschaftsähnliches Recht an einem Kirchengut (sog. Vogtei) hatte
Kardinal Vom Papst verliehener religiöser Titel, der zur Papstwahl verpflichtet Karmeliter, Karmeliten ursprünglich von Kreuzfahrern und Pilgern im Karmel-
Spolien lat. spoliare=rauben, plündern; Bauteil oder Fragment eines Gebäudes, das in einem anderen Kontext benutzt/in einem anderen Gebäude verbaut wird
gebirge gegründeter Orden, der sich an der Lebensweise der Eremiten ausrichtete; in Europa schließlich zu den Bettelorden gehörend; Aufspaltung in Beschuhte und Unbeschuhte Karmeliten; bedeutendste Vertreterin: Teresa von Avila
Kartause, auch Karthause Kloster des Kartäuserordens; besondere architekto-
nische Form: die einzelnen Wohnhäuschen der Mönche gruppieren sich um den Großen Kreuzgang; so wird eine weitgehend eremitische Lebensweise im Kloster ermöglicht
Kartäuser Mönche eines im 11. Jh. gegründeten Ordens, der die Lebensweise eines Einsiedlers mit der in einer Klostergemeinschaft zu verbinden versucht; benannt nach Gründungskloster La Chartreuse; s. auch Koinobiten und Eremiten
112 Bodensee Magazin Spezial | Glossar
Stift eine mit einer Stiftung (meist Grundbesitz) ausgestattete Körperschaft im Bereich der Kirche
Stundengebet regelmäßige Gebete zur Tages- und Nachtzeit Wallfahrt Reise zu einer heiligen Stätte Zehnt Steuern weltlicher oder geistlicher Grundherrschaft Zisterzienser Reformorden, der sich im 11. Jh. von den Benediktinern abspaltete;
Intention zur Ordensgründung war die strengere Auslegung der Ordensregeln des Benedikt von Nursia; benannt nach Ursprungskloster Citaux im Burgund; kon templativ ausgerichtet
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REFORMATION UND GEGENREFORMATION IN KLÖSTERN UND SCHLÖSSERN www.ueber-kreuz2017.de 14 der schönsten Klöster und Schlösser in Baden-Württemberg laden Sie 2017 herzlich ein. Freuen Sie sich auf eine ganz besondere Entdeckungsreise in die faszinierende Epoche von Reformation und Gegenreformation.
BILDNACHWEIS Illustrationen SSG, Oliver Liebeskind // Designkonzept: www.jungkommunikation.de
www.schloesser - und - gaerten .de
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