Ausbildung Lahrer Zeitung

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Sonderbeilage Juli 2021 Herbst 2020

Mit den besten Jobs der Ortenau

Ausbildung UND Karriere


Ausbildung und karriere

Betriebe haben wieder aufgeholt

Johannes Ullrich von der Handwerkskammer Freiburg über die Ausbildungssituation in der Branche

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ahlreiche deutsche Unternehmen, besonders solche in der Handwerksbranche, leiden seit Jahren unter dem Fachkräftemangel. Anfang 2020 erreichte Corona Deutschland und sorgte in vielen Bereichen für Stillstand. Zur momentanen Situation handwerklicher Betriebe – und deren Auszubildenden – nimmt Johannes Ullrich, Präsident der Handwerkskammer Freiburg, Stellung. Der 59-Jährige ist selbstständiger Malermeister und Inhaber eines mittelständischen Malerbetriebs.

Im Gespräch mit

Johannes Ullrich, Handwerkskammer Freiburg

Herr Ullrich, wie kann Ihre Organisation Betrieben während der Corona-Krise unter die Arme greifen, besonders, was die Suche nach Auszubildenden angeht? Wir stehen unseren Mitgliedsbetrieben rund um das Thema Ausbildung jederzeit beratend zur Seite, in Zeiten von Corona natürlich vermehrt. Unsere Experten an der Corona-Hotline, in der Ausbildungsberatung und in der Lehrlingsrolle haben in den vergangenen Monaten mehrere hundert Anfragen zu Ausbildungsverträgen, Prämien und weiteren Facetten beantwortet. Unser Team in der Berufsorientierung unterstützt die Betriebe zudem mit digitalen Formaten zur Bewerbersuche. Bietet die Handwerkskammer Freiburg spezielle Förderprogramme für Unternehmen an? Als Handwerkskammer Freiburg können wir keine eigenen Förder-

Der Meisterbrief, ein wichtiges Wertpapier für Qualität und Know-how im Handwerk. Auch in Krisenzeiten ist das Handwerk stabiler Partner. Foto: Pedersen programme anbieten. Wir informieren unsere Betriebe allerdings umfassend und aktuell über die Hilfen, die Bund und Länder für Unternehmen zur Verfügung stellen, die von der Coronakrise betroffen sind.

Wie verhalten sich die Unternehmen in Sachen Ausbildung junger Menschen während der Corona-Pandemie? Gibt es weniger Einstellungen? Ende 2020 lagen die Zahlen der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge im Kammerbezirk nahezu gleichauf mit denen des Vorjahres. Nachdem im Mai 2020 noch zweistellige Minuswerte zu befürchten waren, haben die Betriebe bei den Ausbildungsverträgen aber noch einmal richtig aufgeholt. Wie sich die Zahlen in diesem Jahr entwickeln werden, lässt sich zum aktuellen Zeitpunkt leider noch nicht sagen. Die digitalen Angebote zur Nachwuchssuche wie Online-Speed-Dating oder digitale Berufsmessen werden von den Handwerksbetrieben gut genutzt, um mit Jugendlichen in Kontakt zu kommen und sich zu präsentieren.

Fragen von Thomas Kroll

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Tückische Formulierung

Gehaltswünsche in der Bewerbung angeben

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äufig fordern Unternehmen Bewerber dazu auf, im Anschreiben bereits Gehaltsvorstellungen anzugeben. Klingt einfach. Aber kaum sitzt man vor dem entscheidenden Satz, stellen sich viele Fragen: Brutto oder netto? Jahresoder Monatsgehalt? Eine konkrete Summe oder eine Gehaltsspanne? Ben Dehn vom Bewerbungsservice »Die Bewerbungsschreiber« in Bochum hat Antworten. Wann muss ich überhaupt einen Gehaltswunsch angeben? »Wenn dies in der Ausschreibung gefordert ist, unbedingt«, erklärt der Bewerbungsexperte. Ansonsten besteht die Gefahr, dass die Bewerbung direkt aussortiert wird. In anderen Fällen sei die Angabe aber optional. Bewerber sollten ihren Gehaltswunsch laut Ben Dehn jen

doch grundsätzlich nennen, wenn es ihnen wichtig ist und sie den Job etwa nur zu einem bestimmten Gehalt annehmen würden. Gibt man das Jahresgehalt oder das Monatsgehalt an? »Die Angabe bezieht sich auf das Bruttojahresgehalt«, stellt der Bewerbungsexperte klar. n

n Und nennt man besser eine Spanne oder eine eindeutige Summe? »Grundsätzlich ist eine eindeutige Summe ratsam«, so Dehn. Bei Spannen setze der Arbeitgeber bei der Gehaltsverhandlung eher am unteren Ende an. Damit ist man als Bewerber automatisch in einer schlechteren Verhandlungsposition. Dehn empfiehlt: »Man sollte sich überlegen, was man gemessen an seinen Fixkosten und der jewei-

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Wer dazu aufgefordert wird, sollte im Anschreiben seine Gehaltsvorstellungen nicht einfach unterschlagen. Foto: Schierenbeck ligen Lebenssituation mindestens verdienen möchte und auf diesen Wert eine Summe X draufschlagen, um sich in eine gute Verhandlungsposition zu bringen.« n Wie viel Verhandlungsspielraum sollte man einkalkulieren? Als Faustregel rät Dehn, sich an internen Gehaltsverhandlungen orientieren – und mit einem Verhandlungsspielraum im Rahmen von fünf bis zehn Prozent zu rechnen. Das beziehen Bewerber dann direkt in die konkrete Angabe des Gehaltswunsches mit ein.

»Je nach Job und Branche gibt es unterschiedliche Gehaltsstrukturen, wie etwa Fixgehalt, Provisionen, Bezuschussungen, Boni, Beteiligungsoptionen und so weiter.« Wie hoch eine potenzielle Steigerung ausfallen könnte, sollten Bewerber stets vorab recherchieren. Und wie formuliert man den Satz im Anschreiben nun am besten? »Relativ nüchtern reicht der Satz ›Meine Gehaltsvorstellung beläuft sich auf ein verhandelbares Bruttojahresgehalt von XXXX Euro‹ vollred/tk kommen aus«, so Dehn.

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Ausbildung und karriere

Eigenes Studio im Wohnzimmer

Bewerbungsfotos können selbst gemacht werden / Dabei sind aber einige Umstände zu beachten

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s ist mit hoher Wahrscheinlichkeit das, worauf der Blick des Personalers als erstes fällt: das Foto auf Lebenslauf oder Deckblatt. Ein zu altes oder qualitativ minderwertiges Bild hinterlässt keinen guten Eindruck. Doch was, wenn schon bald die nächste Bewerbung ansteht und kein Termin beim Fotografen zu bekommen ist? Im Lockdown haben Studios höchstens eingeschränkt geöffnet, Hilfe vom Profi ist also nur bedingt möglich. Wenn man nicht gerade Fotografen im Freundeskreis hat, stellt sich also die Frage: Was tun? Auch zu Hause kann man ohne zusätzliche Ausrüstung passable Bilder schießen. Dazu braucht es vor allem Tageslicht, einen Assistenten – und viel Geduld. Ein Überblick. Die Technik: Es muss nicht unbedingt eine teure Kamera sein. »Theoretisch reicht ein Smartn

Wer mit der Handykamera Bewerbungsfotos macht, sollte auf die Brennweite achten, da durch die weitwinklige Linse das Gesicht schneller verzerrt wird. Foto: Klose phone aus«, sagt Fotograf Alexander Vejnovic. Zumindest dann, wenn die Bewerbung nur digital verschickt wird, was heutzutage

fast überall Standard ist. Das gilt allerdings nur bei neuen Handymodellen und abseits von Billiggeräten.

Ein Nachteil: »Handykameras haben eine ungünstige Brennweite«, sagt Fotograf und Fototrainer Roland Artur Berg. Durch die weitwinklige Linse wird das Gesicht bei Porträtbildern schnell verzerrt. »Man kann das umgehen, indem man mehr Abstand hält«. Wer eine Kamera mit Wechselobjektiv hat, sei aber besser bedient, so Berg. Die Einstellungen seien hier gar nicht so wichtig. Wer ungeübt ist, kann getrost im Automatikmodus fotografieren. Wichtiger sei ein passendes Objektiv mit 50 oder mehr Millimetern Brennweite, das die Proportionen des Gesichts möglichst realitätsgetreu darstellt. Am besten sei zwar ein Objektiv mit Festbrennweite, sagt Berg. Aber auch Zoomobjektive erfüllten ihren Zweck. Ein Stativ sei nicht nötig, es schränkt eher die Bewegungsfreiheit ein.

Fortsetzung auf Seite 5


Ausbildung und karriere Fortsetzung von Seite 4 n Licht: »Drinnen ist es meist zu dunkel«, sagt Fotograf Vejnovic, er rät dazu, nach draußen zu gehen. Dort sollte man für das Foto einen Ort ohne direkte Sonneneinstrahlung wählen. Wer in Innenräumen fotografiert, sollte ebenfalls auf eine indirekte Lichtquelle achten. »Am besten fotografiert man die Person direkt vor einem Fenster auf der Nordseite«, rät Berg.

Bildausschnitt: Hier gibt es verschiedene Möglichkeiten. »Entweder sind nur Schultern, Hals und Gesicht zu sehen oder auch der Oberkörper und die Hände«, sagt Katrin Plangger, die als Bewerbungscoach arbeitet. Wichtig: Der Bildausschnitt sollte beim Fotografieren etwas großzügiger gewählt werden, erst zum Schluss wird das Foto auf die endgültige Größe zugeschnitten. So bleiben alle Möglichkeiten offen, etwa, wenn man statt eines Fotos im Längsformat quadratische oder runde Kopfbilder auf dem Lebenslauf haben möchte. n

Position und Hintergrund: Ein neutraler Hintergrund ist Pflicht. n

Unruhige Linien oder knallige Farben bringen Unruhe ins Bild und lenken ab. Besser: ein einfarbiger Hintergrund in kühlen Farben. Wer sich draußen fotografieren lässt, kann sich auch in einen Garagenhof oder seitlich vor eine Gebäudefront stellen. »Ein Hintergrund mit Tiefe ist besser als eine graue Fläche wie beim Passfoto«, sagt Plangger. Am besten werden solche Fotos, wenn der Hintergrund in Unschärfe verschwimmt. Position und Ausdruck: Am besten positioniert man sich leicht schräg zur Kamera und dreht dann den Kopf zum Fotografen, und zwar im Stehen. »Zwischentöne machen die besten Fotos«, sagt Vejnovic. Wer starr in die Kamera grinst, wirkt nicht besonders sympathisch. Es kann helfen, zwischen ernstem, neutralem und lachendem Gesichtsausdruck zu wechseln – und die Fotografin drückt dabei ständig ab, damit man später das beste Foto auswählen kann. Auch Fototrainer Berg hat einen Tipp: »Freundlich ›Guten Tag‹ sagen.« Durchs Sprechen ist das Gesicht in Bewegung und verkrampft nicht. Auch Helfer hinter der Kamera sollten versuchen, Atmo-

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Wer Porträtfotos in Innenräumen macht, sollte auf eine indirekte Lichtquelle achten. Zudem sollte der Bildausschnitt etwas großzügiger gewählt werden. Foto: Klose sphäre zu schaffen. Neben der Technik sei das die Hauptaufgabe professioneller Fotografen, sagt Berg. »Die psychologische Komponente ist nicht zu unterschätzen.« Nachbearbeitung: Kleinere Mängel wie falsche Belichtung, Farbstich oder eine glänzende Stirn kann man auch in der Nachbearbeitung noch verändern, genaun

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so wie den Hintergrund. Neben bekannten kostenlosen Programmen wie Gimp empfiehlt Berg Apps wie Snapseed oder Facetune, die leicht zu bedienen sind. Fotograf Vejnovic rät allerdings zur Vorsicht bei der Bearbeitung: »Ich will mich als Persönlichkeit verkaufen, nicht schön aussehen.« Ein glattgebügeltes Foto ist dabei nicht unbedingt hilfreich. red/tk


Wer als Betrieb ausbildet, den belohnt der Staat Timo Honisch von der Agentur für Arbeit Offenburg stellt Förderangebote für Firmen vor

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ufgrund der unsicheren Lage und angesichts immenser Kurzarbeitszahlen wundert es kaum, dass sich viele Betriebe in den vergangenen Monaten bei der Einstellung von Auszubildenden zurückgehalten haben. Doch wer jetzt jungen Menschen in seinem Unternehmen eine Chance gibt, kann dafür vom Staat finanzielle Unterstützung erhalten – und dem Fachkräftemangel entgegen treten. Das erklärt Timo Honisch, Geschäftsführer Operativ der Agentur für Arbeit Offenburg, im Gespräch mit der LZ-Redaktion. Mit welchen Maßnahmen unterstützen Sie Unternehmen, die auch in Zeiten der Corona-Pandemie junge Auszubildende einstellen? Die Pandemie macht es vielen Arbeitgebern schwer, junge Menschen auszubilden. Die Bundesregierung hat deshalb das Bundesprogramm »Ausbildungsplätze sichern« beschlossen. Ausbildungsprämien sollen den Firmen helfen, die Auswirkungen der Corona Krise auf dem Ausbildungsmarkt besser zu meistern. Arbeitgeber, die Auszubildende einstellen möchten, können sich gerne an ihren Ansprechpartner des Arbeitgeberservice der Agentur für Arbeit Offenburg wenden. Unter der Telefonnummer 0800/ 4 55 55 20 bekommen sie eine ausführliche Beratung und auch Unterstützung bei der Suche nach Auszubildenden.

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Die Pandemie macht es vielen Arbeitgebern schwer, junge Menschen auszubilden. Welche Arten von Fördermitteln der Agentur für Arbeit können Unternehmen in Anspruch nehmen ? Unternehmen mit bis zu 499 Beschäftigten, die erheblich von der Corona-Krise betroffen sind, können für Ausbildungsverträge ab dem 1. Juni diesen Jahres unterschiedliche Förder-Angebote in Anspruch nehmen. Da wäre einmal die Ausbildungsprämie: Unternehmen, die ihr durchschnittliches Ausbildungsniveau der vergangenen drei Jahre halten, können pro Azubi eine

Ausbildungsprämie in Höhe von 4000 Euro beantragen. Die Ausbildungsprämie Plus belohnt Unternehmen, die mehr Auszubildende als im Durchschnitt der vergangenen drei Jahre einstellen. Sie können für die zusätzlichen Azubis jeweils 6000 Euro in Rechnung stellen. Desweiteren gibt es den Zuschuss zur Vermeidung von Kurzarbeit: Ausbildungsbetriebe, die zu mindestens 50 Prozent in Kurzarbeit sind und ihre Azubis während der Kurzarbeit weiterbeschäftigen, können einen Zuschuss in

Im Gespräch mit

Timo Honisch, Agentur für Arbeit Offenburg Höhe von 75 Prozent der jeweiligen Ausbildungsvergütung erhalten. Zusätzlich kann in diesen Fällen auch ein Lohnkostenzuschuss für die Ausbilder beantragt werden. Betriebe, die Auszubildende von einem anderen Unternehmen übernehmen, in dem die Ausbildung als Folge der Corona-Pandemie – beispielsweise durch Insolvenz – nicht fortgeführt werden kann, können eine einmalige Übernahmeprämie in Höhe von 6000 Euro pro Auszubildenden erhalten. Diesen Zuschuss gibt es ganz unabhängig von der Betriebsgröße. Für Kleinstunternehmen mit bis zu vier Mitarbeitern gibt es das Förderangebot »Lockdown-II–Sonderzuschuss«. Betriebe, deren Geschäftstätigkeit aufgrund Coronabedingter, behördlicher Anordnung eingestellt oder stark eingeschränkt werden musste, können für Auszubildende, die sie seit November 2020 dennoch an mindestens 30 Arbeitstagen beschäftigt haben, einen einmaligen Betrag in Höhe von 1000 Euro pro Azubi erhalten. Hier ist die Antragstellung noch bis 31. Juli 2021 möglich.

Fortsetzung auf Seite 7


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Menschen, die sich über ihre Zielvorstellungen, Interessen, Qualifikationen und Fähigkeiten nicht im Klaren sind, finden bei der Agentur für Arbeit Offenburg tatkräftige Unterstützung. Arbeitgeber bekommen unter Telefon 0800/4 55 55 20 eine ausführliche Beratung und auch Hilfe bei der Suche nach Auszubildenden. Foto: Bundesagentur für Arbeit

Fortsetzung von Seite 6 Werden diese unterstützenden Angebote gerne in Anspruch genommen? Der Fachkräftebedarf ist weiterhin ein Thema der Ortenauer Unternehmen. Entsprechend hoch in der Priorität setzen daher die meisten Betriebe die Ausbildung.

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Der Trend der Jugendlichen geht weiterhin in Richtung kaufmännische Berufe oder solche in der Industrie.« Timo Honisch Einige Arbeitgeber, die von der Corona-Krise betroffen sind, haben die genannten Förderangebote bereits genutzt. Um weiterhin Fachkräfte für die Zukunft zu sichern, sind die Förderprogramme auch für das Ausbildungsjahr 2021 ein hilfreiches Instrument.

Bewerben sich wegen der Corona-Krise weniger junge Menschen um Ausbildungsplätze? Bereits vor der Corona-Krise hatten viele Betriebe, insbesondere in den Bereichen Handwerk, Gastronomie, Gesundheit und Pflege, Schwierigkeiten, passende Auszubildende zu finden. Dies hat sich mit der Pandemie nicht verändert. Der Trend der Jugendlichen geht weiterhin in Richtung kaufmännische Berufe oder solche in der Industrie. Verstärkend kommt hinzu, dass Schnupperpraktika oder Ferienjobs derzeit nur in geringem Maße und mit damit verbundenen Einschränkungen möglich sind, was es den Bewerbern und den Betrieben erschwert, sich gegenseitig besser kennen zu lernen. Dennoch gibt es, was die Anzahl der Bewerber anbelangt, trotz Corona keinen Rückgang gegenüber dem Vorjahr.

Fragen von Thomas Kroll

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Die Bundesagentur für Arbeit hält im Zuge der Corona-Krise verschiedene Hilfspakete für ausbildende Betriebe bereit. Foto: Kästle


Ausbildung und karriere

Wahr oder nicht? Das sind die »Tabus« im Bewerbungsgespräch

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loß nicht zu spät kommen. Nicht schlecht über den alten Arbeitgeber reden und ja keine Nervosität zeigen. Nicht die Arme verschränken und nicht zur Seite schauen. Die Liste an vermeintlichen Tabus für Bewerbungsgespräche ist lang. Versucht man alle Tipps zu beherzigen, weiß man gar nicht mehr, wie man sich richtig verhalten soll. Sich unsichtbar machen ist keine Option. Experten erklären, worauf es wirklich ankommt im Gespräch – und was an oft genannten Tabus wirklich dran ist. Verschlossene Körpersprache: Glaubt man vielen Ratgebern zu Bewerbungsgesprächen, so legen Personalfachkräfte Wert auf die »richtige« Körpersprache. Nicht die Arme verschränken, nicht auf den Boden schauen – oder war es nicht zur Seite? Uwe Kanning, Professor für Wirtschaftspsychologie an der n

Universität Osnabrück, sagt: »Es ist zwar ein Fünkchen Wahrheit dran, dass die Körpersprache die Persönlichkeit widerspiegelt. Aber das als Basis zu nehmen, um Menschen im Einstellungsinterview zu beurteilen, davon kann aus Sicht der Psychologie nur abgeraten werden.« Dennoch ergab eine Umfrage von Kanning unter gut 200 Unternehmen, dass bei 70 Prozent Körpersprache-Beobachtungen in die Entscheidung einfließen. Die Coachin und Etikette-Expertin Elisabeth Bonneau rät jedoch dazu, sich nicht Gesten für ein Bewerbungsgespräch an- oder abzutrainieren: »Das wirkt immer künstlich, der Personaler bekommt das Gefühl, der Bewerber verstelle sich.« Wer seine Körpersprache prüfen möchte, sollte das nicht vor dem Spiegel tun: »Man korrigiert sich ständig und kommt nicht weiter.« Besser sei es, eine Kamera aufzustellen oder Freunde um ein ehrliches Feedback zu bitten.

Nicht selten lassen Personalfachkräfte die Körpersprache mit in ihre Bewertung einfließen – über die Persönlichkeit einer Bewerberin sagt die aber nur bedingt etwas aus. Foto: Klose n Nervosität zeigen: Kandidaten wird oft nahegelegt, im Gespräch möglichst Ruhe und Gelassenheit auszustrahlen. Leichter gesagt als getan – und letztlich nicht unbedingt entscheidend, sagt Kanning: »Vor einem Bewerbungsinterview nervös zu sein, ist nachvollziehbar.« Entscheidend sei, wie aufgeregt jemand ist und auf welche Stelle er sich bewirbt. »Wenn ein angehen-

der Azubi mit zitternder Stimme und roten Flecken im Gespräch sitzt, ist das gar nicht schlimm, da wäre ich großzügig«, sagt Kanning. »Jemand, der eine hohe Führungs- oder Sprecherposition bekleiden will, der muss souveräner auftreten, denn im Beruf wird es viel schlimmere Situationen geben.«

Fortsetzung auf Seite 9


Ausbildung und karriere Fortsetzung von Seite 8 Unvorbereitet sein: Ahnungslos ins Bewerbungsgespräch zu spazieren, ist tatsächlich ein No-Go. 91 Prozent der in Kannings Studie befragten 200 Unternehmen wollen zum Beispiel Gründe für die Bewerbung hören, fast 70 Prozent testen Wissen über das Unternehmen. »Das sollte man vorbereiten«, sagt der Wirtschaftspsychologe. Gleiches gelte für Fragen nach den eigenen Stärken und Schwächen: »Niemand will sehen, dass der Bewerber sich dazu erst im Gespräch tiefschürfende Gedanken macht.« n

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Die Eignung ist in den meisten Fällen weniger wichtig als das Gefallen.« Elisabeth Bonneau Schlecht über den Ex-Arbeitgeber reden: Häufig wird auch thematisiert, warum man den Job überhaupt wechseln möchte. Wer dabei schlecht über den alten Arbeitgeber spricht, verschafft sich in den seltensten Fällen einen Vorteil. »Das ist tatsächlich ein Tabu«, sagt Bonneau.

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Man könne auf der Suche nach neuen Herausforderungen sein oder möchte sich beruflich weiterentwickeln, erklärt die Expertin. Dass es einem nach drei Jahren im bisherigen Unternehmen einfach reicht, ist dagegen keine gute Antwort. »Dahinter steckt die alltagspsychologische Annahme, dass es sich nicht um einen loyalen Mitarbeiter handelt«, erklärt Professor Kanning. Unaufmerksam sein: Beide Experten legen Bewerbern ans Herz, sich auch mit ihrem passiven Part im Gespräch etwas genauer zu beschäftigen: dem Zuhören. Denn, so erklärt Bonneau, vielleicht bekommt man beim Vorstellungsgespräch etwas über das Unternehmen erzählt, das man dank guter Vorbereitung schon weiß. Dann gilt es, nicht gelangweilt in sich zusammenzusacken, sondern interessiert zuzuhören. Sein Gegenüber anschauen, lächeln, nicken: Das kommt gut an – und kann laut Kanning am Ende sogar entscheidend sein: »Die Eignung ist meist weniger wichtig als das Gefallen. Die Entscheidung hängt davon ab, wie der Interviewer sich mit dem Bewerber fühlt.« red/tk n

Noch in der Zeit? Wer sich zum Vorstellungstermin verspätet, sollte beim Unternehmen Bescheid geben. Foto: Klose


Ausbildung und karriere

Extra-Portion Engagement nötig

Betriebe sollten Azubis mit Fluchthintergrund gut begleiten / Wertvoller Fachkräftenachwuchs

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sylberechtigung, Konventionsflüchtlinge, subsidiär Schutzberechtigte, Bleibeperspektive: All das sind Vokabeln, mit denen sich Betriebe in Deutschland zunehmend auseinandersetzen müssen, wenn es um den Fachkräftenachwuchs geht. »Alleine im Münchner Handwerk hatten 2019 rund 15 Prozent aller neuen Lehrlinge einen Fluchthintergrund«, sagt Harald Gerster. Er ist bei der Handwerkskammer für München und Oberbayern für die Berufsbildung und Ausbildungsberatung zuständig.

bergmoos (Bayern). Ahmed Roble, in Somalia geboren, ist einer derjenigen, die Berger zum Rollladen- und Sonnenschutzmechatroniker ausgebildet hat.

Der ehemalige Azubi arbeitet mittlerweile als Geselle im Unternehmen. Er hatte sich auf eine Facebook-Anzeige gemeldet, ein Praktikum absolviert und bekam

Gute Erfahrungen mit Flüchtlingen gemacht Meinhard Berger hat gute Erfahrungen damit gemacht, Menschen mit Fluchterfahrung in seinem Betrieb auszubilden. Er ist Inhaber der SUW Berger GmbH, einem Betrieb für Sonnenschutz in Hall-

Ahmed Roble, ausgebildeter Rollladen- und Sonnenschutzmechatroniker, findet es klasse, dass sein Ausbildungsbetrieb ihm von Beginn an etwas zugetraut hat. Foto: Hase

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nach der Probewoche einen Ausbildungsvertrag. Obwohl Ahmed Roble alle Voraussetzungen mitbrachte – starker Einsatzwille, gute Sprachkenntnisse, Selbstbewusstsein –, war seitens des Unternehmens eine Extraportion Engagement gefragt. »Der wichtigste Unterschied ist, dass man bei der Ausbildung von jungen Menschen, die hier ohne Eltern leben, nicht nur Arbeitgeber, sondern ein wenig auch Elternersatz ist«, lautet Bergers Erfahrung. Zu Beginn seiner Ausbildung lebte Roble in einem Flüchtlingswohnheim. Dort war es oft laut, und er fand kaum Ruhe, um seine Aufgaben für die Berufsschule zu erledigen. Mit Hilfe des Betriebs wurden Lösungen gesucht: Zuerst zog Roble in eine Obdachlosenunterkunft, bis Berger mit Hilfe der Gemeinde eine private Unterkunft für ihn gefunden hatte.

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Ausbildung und karriere Fortsetzung von Seite 10 Ahmed Roble ist seinem Chef dankbar für die Unterstützung, nicht nur in der Wohnungsfrage. »Für mich war es klasse, dass man mir etwas zugetraut hat, dass ich eine Chance bekommen habe zu zeigen, was ich drauf habe«, sagt er. »Wichtig war auch, dass ich mich sofort unter den Kollegen wohlgefühlt habe.«

Integration ins Team als entscheidender Faktor Die Integration ins Team ist ein entscheidender Faktor. In der Firma Berger wird akzeptiert, dass der gebürtige Somalier tiefgläubig ist, häufig betet und auch fastet. Nach Ahmed Roble hat das Unternehmen einen weiteren Azubi mit Fluchterfahrung eingestellt, einen jungen Mann aus Afghanistan. Wie alle seine Kollegen hat Nazir Nazari Interesse am Beruf, Sorgfalt und Leistungswillen mitgebracht. Während bei Ahmed Roble der Aufenthaltsstatus geklärt war, sah es bei dem jungen Mann aus Afghanistan anders aus. Meinhard

Geselle Ahmed Roble (Mitte) stammt aus Somalia, der Auszubildende Nazir Nazari (links) aus Afghanistan. Ob es um die Wohnsituation oder Termine bei der Behörde geht: Meinhard Berger (rechts) unterstützt seine Mitarbeiter, die als Flüchtlinge nach Deutschland kamen. Foto: Hase Berger musste mit der Ausländerbehörde in Kontakt treten, um ihn zu unterstützen. »Es gab Probleme mit der Aufenthaltsgenehmigung, die wir aber in gemeinsamen Gesprächen regeln konnten«, schildert er.

Berger hält es für äußerst wichtig, Azubis bei Gesprächen mit Behörden zu begleiten: »Nach unseren Erfahrungen wird in den verschiedenen Ämtern nicht genug auf die Probleme der Flüchtlinge eingegangen, sondern nach Akten-

lage entschieden.« Ein Gespräch der Firmenleitung mit dem jeweiligen Sachbearbeiter führe dagegen meist zu einer schnellen Lösung. Tipps und Hilfestellung für Azubis sowie Unternehmen gibt es zum Beispiel bei der Handwerkskammer. »Bei uns gibt es neben den Ausbildungsberaterinnen und -beratern zusätzlich hauptamtliche Kräfte, die sich ausschließlich um die Belange von Menschen mit Fluchthintergrund kümmern«, erklärt Harald Gerster. Zu deren Aufgaben zählt neben der Berufsorientierung und der Vermittlung in Ausbildungsstellen auch die Begleitung und Stabilisierung des Ausbildungsverhältnisses. »Unter anderem bieten wir einen Workshop vor Beginn der Ausbildung, bei dem die jungen Menschen über Rechte und Pflichten in der Berufsausbildung aufgeklärt werden«, sagt Gerster. Je nach Region bieten weitere Angebote und Netzwerke eine Hilfestellung – für Azubis und Betriebe. Viele Tipps zur Ausbildung von Geflüchteten gibt etwa der Leitfaden von foraus.de, dem Ausbilderportal des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB). red/tk

Kroma International GmbH ist ein mittelständisches Unternehmen, das mit 90 Mitarbeitern hochpräzise Spritzgussformen und technische Spritzgussteile entwickelt und produziert. Unser Know-how, ständige Innovation, neueste Technologien und Maschinen und die kontinuierliche Weiterentwicklung sind die Garantien für unseren Erfolg. Wir bieten folgende Ausbildungsplätze an:

Sie haben die Möglichkeit für die Studiengänge:

Werkzeugmacher m/w Fachrichtung Formenbau Verfahrensmechaniker m/w für Kunststoff- und Kautschuktechnik Industriekaufmann m/w

Duales Studium Maschinenbau Studienrichtung Kunststofftechnik (B.Sc) Duales Studium Maschinenbau Studienrichtung Konstruktion und Entwicklung (B.Sc)

Haben wir Ihr Interesse geweckt? Wir freuen uns auf Ihre aussagekräftige Bewerbung. Für Fragen steht Ihnen Frau Männle unter der Telefonnummer 0 78 21 / 93 59-15 bzw. m.maennle@kroma.de zur Verfügung.


Ausbildung und karriere

»Karriere dank Lehre« möglich

Simon Kaiser von der IHK Südlicher Oberrhein sieht gute Zukunftsperspektiven für Azubis

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ockdown, immer wieder Lockdown – zwar ist das erst einmal Geschichte, dennoch haben einige Branchen stark unter Corona gelitten. Wir sprachen mit Simon Kaiser, Geschäftsführer Aus- und Weiterbildung bei der IHK Südlicher Oberrhein, über die Lage der Industrie und des Handels.

Im Gespräch mit

Simon Kaiser Herr Kaiser, inwiefern sind Sie in der Lage, Unternehmen zu unterstützen, die während der Corona-Pandemie Auszubildende einstellen?

Auch während der Pandemie beraten wir als Industrie- und Handelskammer unsere Betriebe bei allen Fragen rund um die Ausbildung. Wir helfen außerdem bei der Suche nach Azubis und bieten digitale Möglichkeiten, um ihre Bewerbungsverfahren zu unterstützen. Natürlich beantworten wir auch die Fragen der Unternehmen zum Thema »Azubiprämie«, einem Förderprogramm des Bundes. Aufgrund der besonderen Herausforderungen unserer Ausbildungsbetriebe in Hotellerie und Gastronomie organisieren wir für diese Gruppe einen eigenen Aktionstag am Montag, 12. Juli. Alle Interessierten erhalten unter Telefon 0761/3 85 88 51 fundierte Infos zu diesem Berufsfeld. Bei Interesse

Lust auf den Einstieg in ein kreatives Handwerk? Dann kommt in die AV/BFF der BaMaLa! Die AV (Ausbildungsvorbereitung mit BFF) bereitet euch allgemein auf euren Berufseinstieg vor und erhöht eure Startchancen in eine Ausbildung. Mit dem Abschluss der BFF (einjährige Berufsfachschule Farbe) startet ihr optimal in eine anspruchsvolle Ausbildung als Schilder- und Lichtreklamehersteller, Maler und Lackierer oder Fahrzeuglackierer. Ab sofort können sich Schülerinnen und Schüler für das Schuljahr 2021/2022 anmelden. Tel: 07821 954492470 | www.bamala.de

Das Gebäude der IHK Südlicher Oberrhein in Freiburg vermitteln wir auch offene Ausbildungsplätze im HoGa-Bereich. Darüber hinaus bieten wir indirekt Hilfe, beispielsweise mit der Eltern-Hotline. Hier informieren wir Eltern von Schulabgängern über die Möglichkeiten der Dualen Ausbildung. Dann gibt es noch 90-minütige Online-Bewerbungstrainings für Schulklassen in Kooperation mit den Wirtschaftsjunioren Freiburg. So bringen wir den Schülern die Wirtschaft und damit auch die Duale Ausbildung in unseren Mitgliedsbetrieben ein Stück näher.

Foto: Polkowski

Gibt es von Ihrer Seite spezielle Förderprogramme? IHK-eigene finanzielle Förderprogramme gibt es nicht. Wir beraten unsere Ausbildungsbetriebe aber intensiv bei der Beantragung von Fördermitteln aus dem Bundesprogramm »Ausbildungsplätze sichern«. Und wir sind im engen Kontakt mit Betrieben und Azubis, wenn es darum geht, wie bestehende Ausbildungsverhältnisse trotz Corona erfolgreich zum Berufsabschluss geführt werden können.

Fortsetzung auf Seite 13


Ausbildung und karriere Fortsetzung von Seite 12 Nutzen die Unternehmen Ihre Angebote oder halten sie sich momentan eher zurück, wenn es um die Ausbildung junger Menschen geht? Derzeit werden insgesamt weniger Ausbildungsstellen angeboten, allerdings übersteigt die Zahl der gemeldeten Ausbildungsstellen noch immer die Zahl der bei der Agentur für Arbeit gemeldeten Bewerber. Trotz eines geringeren Angebots in den besonders von Corona betroffenen Branchen gibt es also keinen generellen Mangel an Ausbildungsplätzen. Im Gegenteil: Viele Betriebe tun sich aktuell sogar schwer, ihre Ausbildungsplätze zu besetzen, weil bewährte Plattformen wie Messen, Schulkooperationen oder ähnliches nicht stattfinden können. Fest steht: Auch den von Corona getroffenen Branchen ist bewusst, dass sie nach der Pandemie wieder auf jede helfende Hand angewiesen sind. Insofern ist die Motivation der Wirtschaft, Ausbildungsplätze anzubieten, ungebrochen hoch. Das Beispiel der Hotelund Gaststättenbranche veranschaulicht dies derzeit besonders:

Anne Feierling (links) und Daniel Kemen (rechts) von den Wirtschaftsjunioren Freiburg beim Online-Bewerbungstraining mit einer Schulklasse Foto: IHK Oberrhein Gerade noch im Lockdown, bekommen wir aktuell täglich offene Ausbildungsplätze gemeldet. Und wie sieht es mit der Gegenseite aus: Gibt es in Zeiten der Corona-Krise weniger Bewerbungen um Ausbildungsplätze? Tatsächlich erleben wir aktuell eine gewisse Zurückhaltung. Viele Formen der Berufsorientierung konnten wegen Corona nicht oder

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nur unter erschwerten Bedingungen stattfinden. Bei zahlreichen Schulabgängern dieses Jahres war zuletzt die größte Sorge, wie sie die Abschlussprüfungen unter diesen besonderen Rahmenbedingungen bewältigen. Sie haben sich zunächst auf dieses Ziel fokussiert. Gleichzeitig bestehen angesichts der wirtschaftlichen Auswirkungen von Corona teilweise Zweifel, ob eine Duale Ausbildung in die-

sen Zeiten eine gute Wahl ist. Dabei spricht das derzeitige Angebot an Ausbildungsstellen eine klare Sprache: Die regionale Wirtschaft braucht Azubis und bietet ihnen hochattraktive Zukunftsperspektiven. Der Fachkräftemangel wird uns auch weiter beschäftigen, daher ist auch in Zukunft die »Karriere dank Lehre« möglich.

Fragen von Thomas Kroll


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er eine Berufsausbildung besonders gut abschließt, hat reale Chancen auf eines der Bundesstipendien für berufliche Talente. Darauf macht die Stiftung Begabtenförderung berufliche Bildung (SBB) aufmerksam. Zu den Stipendien vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) zählen das Weiterbildungs- und das Aufstiegsstipendium. Das Weiterbildungsstipendium: Dieses Programm richtet sich explizit an junge Fachkräfte, die ihre Berufsausbildung abgeschlossen haben. Sie können sich mit dem Stipendium verschiedene Weiterbildungskurse finanzieren. Die Förderung beläuft sich auf bis zu 8100 Euro. Stipendiaten können die Summe in einem Zeitraum von drei Jahren für selbst gewählte Bildungsmaßnahmen abrufen. »Gefördert werden fachliche Weiterbildungen, wie die Vorbereitungskurse für die Meister- und Techniker- oder Fachwirtsqualifikationen«, sagt SBB-Sprecher Andreas van Nahl. Das Stipendium könne aber auch für fachübergreifende Lehrgänge genutzt werden, etwa Software- oder Intensivsprachkurse. Unter bestimmten Voraussetzungen sei auch die Förderung eines berufsbegleitenden Studiums möglich. Bewerben kann sich, wer in der Berufsausbildung und der Berufspraxis hervorragende Leistungen gezeigt hat, und nicht älter als 24 Jahre alt ist. Die besonderen beruflichen Leistungen lassen sich zum Beispiel mit der Note der Berufsabn

schlussprüfung (besser als »gut«) oder mit einer guten Platzierung bei einem Leistungswettbewerb. Auf der Webseite der SBB können sich Interessierte informieren, an wen sie sich für eine Bewerbung wenden müssen. Das Aufstiegsstipendium: Wer nach der Ausbildung zwei Jahre in der Praxis gearbeitet hat, kann sich zudem um ein Aufstiegsstipendium bewerben. Dabei handelt es sich laut SBB um die »Studienförderung für Berufserfahrene«, Stipendiaten erhalten Unterstützung für ihr Studium.

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Bei der Bewerbung zählen neben Berufserfahrung auch besondere Leistungen Bei der Bewerbung für ein Aufstiegsstipendium zählen neben der Berufserfahrung ebenfalls besondere berufliche Leistungen. Eine formale Altersgrenze gibt es dabei nicht. »Gefördert wird ein Hochschulstudium bis zum ersten akademischen Abschluss«, sagt van Nahl. Stipendiaten, die in Vollzeit studieren, erhalten monatlich insgesamt 941 Euro. Für ein berufsbegleitendes Studium gibt es 2700 Euro im Jahr. Die Bewerbung ist bereits vor Beginn eines Studiums, spätestens aber bis zum Ende des zweiten Studiensemesters möglich. Der erste Schritt im dreistufigen Auswahlverfahren ist eine Online-Bewerbung. Die Frist der aktuellen Auswahlrunde endet am 7. red/tk Juni 2021.


Nicht nachtreten

So übersteht man die Zeit nach der Kündigung

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uf zu neuen beruflichen Zielen: Wer den Job wechselt, macht das in der Regel nicht von heute auf morgen. Meist gilt es die oft dreimonatige Kündigungsfrist bis zum Abgang aus dem derzeitigen Unternehmen zu überstehen. Wenn das Verhältnis zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber angespannt ist oder die Kündigung gar nicht gutgeheißen wird, kann das schwierig werden. Einfache Lösung: Sich krankmelden? »Bloß nicht«, sagt Karriere-Beraterin Jutta Boenig. Besser ist es, weiter wie bisher zur Arbeit zu kommen und den Lebensabschnitt mit Stil und Würde zu beenden.

Nach einer Kündigung erst einmal in sich gehen Jobwechsler sollten nach einer Kündigung kurz in sich gehen und sich fragen, welches Bild von sich selbst sie im Unternehmen nach ihrem Abgang hinterlassen möchten, rät die Karriere-Coachin Ute Bölke. Selbst wenn es in den zurückliegenden Wochen und Monaten möglicherweise viel Streit und Unmut gab, ist es wichtig, auch in der letzten Phase weiter korrekt zu arbeiten, pünktlich zu erscheinen sowie sich wertschätzend und respektvoll zu verhalten. »Man muss sich immer vor Augen führen, dass der letzte Eindruck im Gedächtnis anderer haften bleibt«, sagt Bölke. Ansonsten gilt: »Den Ball in der Zeit nach der Kündigung flach halten«, so Bölke. Nicht nachtreten im Streit mit der Führungskraft oder gegenüber Mitarbeitenden triumphierend auftreten nach dem Motto: Hach, bei meinem künftigen Arbeitgeber bekomme ich viel mehr Geld und habe bessere Arbeitsbedingungen.

»Jobwechsler sollten auch nicht unbedingt den Namen ihres neuen Arbeitgebers nennen, weder gegenüber Kollegen noch gegenüber Vorgesetzten«, rät Bölke. Auch Boenig empfiehlt, keine Details über den neuen Job zu verraten. »Allenfalls kann der Hinweis erfolgen, dass man beim neuen Arbeitgeber mehr Entwicklungsmöglichkeiten hat.« So frustrierend die Zeit nach der Kündigung sein mag: Trägt die Unternehmensleitung dem Jobwechsler auf, einen Nachfolger einzuarbeiten, dann sollte der das sorgfältig und gewissenhaft tun. »Ein Unterlassen kann als Arbeitsverweigerung ausgelegt werden«, warnt Boenig. Wer bereits gekündigt hat, kann sich vielleicht nicht dazu aufraffen, noch mit gleichem Elan an Meetings teilzunehmen, die einen gar nicht mehr betreffen. Damit einem das aber nicht zum Vorwurf gemacht werden kann, sollte man mit dem Vorgesetzten eine ExitStrategie abstimmen. Zu klären ist dabei beispielsweise die Frage, an welchen Besprechungen man noch teilnehmen soll. Ein solches Gespräch kann eine gute Gelegenheit sein, um ein Arbeitszeugnis zu bitten. »Am besten setzt man dafür dem Vorgesetzten eine Frist«, sagt Bölke. Ebenfalls offen absprechen lässt sich dann, was mit verbleibenden Urlaubstagen geschehen soll. Jobwechsler können bei ihrem Chef auch offen um ein Feedback zur geleisteten Arbeit und zur eigenen Person bitten. »Das kann unter Umständen dem Beschäftigten eine andere Perspektive aufzeigen und ihn weiterbringen«, sagt Bölke. Vielleicht nehmen Beschäftigte noch Tipps mit, was sie am neuen Arbeitsplatz besser machen können. red/tk

Zwischen dem Einreichen der Kündigung und dem letzten Handschlag liegen oft drei eher unentspannte Monate. Foto: Klose


Ausbildung und karriere

Rolle rückwärts Ist Downshifting der Abschied vom Aufstieg?

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öher, schneller, weiter? Muss nicht unbedingt sein. Nicht für alle ist der stetige Aufstieg im Job erstrebenswert. Manche treten deshalb beruflich kürzer und nehmen auch Gehaltseinbußen in Kauf – freiwillig. Downshifting nennt man das. Ein klassisches Beispiel ist wohl der Manager, der seinen Job an den Nagel hängt und Yoga-Lehrer wird. So radikal muss Downshifting gar nicht sein: Es kann auch den Verzicht auf eine Führungsposition oder den Wechsel von Voll- in Teilzeit bedeuten. Ob radikal oder nicht, eine solche Entscheidung finden die meisten wohl erst einmal ungewöhnlich. Denn Ausbildung, Qualifikationen, Zertifikate – all das, was man in seinem Job durch Zeit und Mühe erreicht hat, verliert mitunter völlig an Wert, wie Julia Gruhlich von der Universität Paderborn erklärt. Warum machen Menschen so etwas? Diese Frage hat Arbeitsso-

ziologin Gruhlich auch gestellt und für eine qualitative Tiefenstudie 23 offene Interviews mit Menschen geführt, die beruflich auf verschiedene Weisen kürzer getreten sind. »Als Arbeitssoziologin hat mich natürlich vor allem interessiert: Hat das mit den Arbeitsbedingungen zu tun und wenn ja, was?« In den Antworten auf die offenen Fragen seien alle Befragten von sich aus auf die Arbeitsbedingungen zu sprechen gekommen. »Der Wandel der Arbeit ist der Hauptauslöser«, hat Gruhlich herausgefunden. »Problematisch sind die Verdichtung der Arbeit, also das hohe Pensum, die Entgrenzung und Flexibilisierung sowie auch die zunehmende Ökonomisierung und Entfremdung von Arbeit.« Sie hat drei Hauptgründe ausgemacht, warum Menschen dann wirklich einen oder mehrere Gänge herunterschalten:

Die Führungsposition abgeben und wieder entspannter arbeiten: Ein solcher Schritt stößt nicht überall auf Verständnis. Foto: Gabbert n Vereinbarkeit: Beschäftigte gehen in Teilzeit oder hängen ihren Beruf ganz an den Nagel, um mehr Zeit für die Familie zu haben.

Selbstsorge: Arbeitnehmer treten durch stressbedingte Krankheiten oder Burnout kürzer und belassen es auch nach ihrer Genesung dabei. n

n Sinnsuche: Manche suchen noch nach dem passenden Beruf und manche können ihre Arbeit nicht mehr so machen, wie sie es richtig finden würden, etwa weil ökonomische Aspekte für Arbeitgeber wichtiger sind. Das gilt laut Gruhlich unter anderem in Pflege- und Gesundheitsberufen.

Mehr Zeit für Familie und Freizeit, weniger Stress, eigenen Interessen und Projekten nachgehen – das erhoffen sich wohl viele von den beruflichen Rückschritten. Aber: Mit welchen Widrigkeiten muss man rechnen, wenn man die rosarote Brille absetzt? »Massiv ist vor allem der Einkommensverlust«, meint Karriereexperte und Autor Jochen Mai. Wenn man keine Rücklagen gebildet hat, kann der Lebensstandard sinken. Auch die Karriereoptionen nehmen ab. »Wer einen Gang zurückschaltet, kommt häufig nicht mehr für Beförderungen infrage«, gibt Mai zu bedenken.

Fortsetzung auf Seite 17


Ausbildung und karriere Fortsetzung von Seite 16 Grundsätzlich sollte man einen solchen Schritt gut abstimmen. »Der Chef muss einverstanden sein«, sagt Mai. »Der bisherige Arbeitsvertrag gilt ja noch. Im Grunde verhandelt man einen Änderungsvertrag und dem müssen beide zustimmen.« Denn Downshifting kann auch Arbeitgeber in die Bredouille bringen: Woher soll nun die Führungskraft kommen? Wer übernimmt die Aufgaben, die der Mitarbeiter in Teilzeit nun nicht mehr schafft? Etwas anders verhält es sich bei einer Kündigung: »Das ist eine einseitige Entscheidung und es bedarf nicht der Zustimmung des Chefs«, so Mai. Nichtsdestotrotz sollte man in einem solchen Fall keine verbrannte Erde hinterlassen.

Rückschritt auch privat besprechen Auch privat sollte der freiwillige Rückschritt besprochen werden. »Gerade mit dem Partner sollte man sich einig sein«, sagt Mai. »Dass nicht alle überzeugt sind, ist okay. Aber das Minimum ist der

eigene Partner. Sonst wird es doppelt schwer.« Arbeitssoziologin Gruhlich hat mit ihren 23 Interviewpartnern zu unterschiedlichen Zeitpunkten nach dem Downshifting erneut gesprochen. »Alle waren erleichtert«, fasst sie zusammen. »Sie haben wieder das Gefühl von Handlungsmacht bekommen.« Das gelte auch für die, die ursprünglich durch eine Krankheit ausgebremst wurden. Die Reaktionen auf das Downshifting waren ganz unterschiedlich: Manche erfuhren Bewunderung aus ihrem Umfeld. Manchmal waren die Reaktionen weniger positiv, weiß Gruhlich: »Meine Gesprächspartner stießen auf Unverständnis und teilweise sogar Verachtung.« Sie wurden als faul angesehen und täten zu wenig für die eigene Rente, wie Gruhlich erklärt. Ob Downshifting nun durch die Pandemie eher häufiger oder eher seltener wird, darüber herrscht Uneinigkeit. Mai sagt: »Viele haben durch die Krise Angst um ihren Job, Rückschritte wagen daher wenige.« Er meint aber auch, dass vor allem die jüngere Generation von vornherein nicht so ein ausgeprägtes Interesse an steilen Karrieren habe.

Mehr Zeit für die Familie zu haben, ist ein häufiges Motiv hinter Downshifting im Job. Foto: Brichta Gruhlich hat ihre Interviews vor der Pandemie geführt, vermutet aber, dass die Probleme durch Corona noch verstärkt werden. So sei die Vereinbarkeit in Zeiten von Homeschooling noch problematischer, die Entgrenzung und damit verknüpfter Stress und Erschöpfung nehmen durch Homeoffice zu und die Arbeitsbelastung steige in den Pflege- und Gesundheitsberu-

fen. Der Wunsch nach Downshifting könnte also verstärkt werden. Die Wissenschaftlerin betont: »Downshifting ist nicht alleine eine wertgetriebene Entscheidung. Sie geht oft mit einem Leidensdruck vor allem durch den Wandel der Arbeit einher. Und diese Menschen finden individuelle Lösungen für ein eigentlich struktured/tk relles Problem.«


Jüngere Menschen gehen mit ihren Wünschen für das Berufsleben oft ganz entspannt um: Passt es nicht, suchen sie sich konsequent etwas Neues. Foto: Klose

WOOP-Technik

So werden berufliche Ziele gefasst und umgesetzt

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o sehen Sie sich in fünf Jahren?« Diese Frage gehört in Vorstellungsgesprächen quasi zum Inventar. Aber ist ein solcher Fünf-Jahres-Plan auch wirklich sinnvoll? Wie erfasst man überhaupt berufliche Ziele? Und wie schafft man es, am Ball zu bleiben – oder muss man das gar nicht immer? »Die Frage nach dem Fünf-Jahres-Plan ist ein Klassiker«, sagt Kristine Qualen, Psychologin und Coach aus Hamburg. »Aber auch nicht mehr zeitgemäß.« Das Berufsleben sei so schnelllebig geworden, so dass die Frage nicht mehr passend sei. Außerdem habe sich der Karrierebegriff verändert: Es gehe längst nicht mehr um stetigen Aufstieg. Früher, so erklärt Pamela Grüninger, Karriereberaterin und Coach aus Tübingen, seien vor allem Titel, Trophäen und Status die Elemente von Karriere und Erfolg gewesen. Heute stehe viel mehr auch die Zufriedenheit und eine sinnstiftende Tätigkeit im Mittelpunkt.

Berufliche Ziele an Inhalten orientieren Deshalb rät Qualen, sich bei den eigenen beruflichen Zielen nicht an Hierarchiestufen, sondern an Inhalten zu orientieren: Was reizt mich? Wie sollte meine Arbeit strukturiert sein? Was sind meine Fähigkeiten und Stärken? Wie viel Routine und wie viel neue Herausforderungen brauche ich? Welche Potenziale habe ich noch nicht voll ausgeschöpft? Solche Fragen

können dabei helfen, die eigenen Ziele zu definieren. Immer größere Bedeutung im Beruf bekommt außerdem die Frage nach dem Sinnzusammenhang – auch Purpose genannt, erklärt Qualen. Also die Überlegung: Warum mache ich etwas? Aber wie genau bekommt man das denn nun alles unter einen Hut, um ein konkretes berufliches Ziel zu fassen?

WOOP-Methode besteht aus vier einzelnen Schritten Eine Möglichkeit ist die WOOPTechnik, erklärt Qualen. Die Abkürzung steht für Wish (Wunsch), Outcome (Ergebnis), Obstacle (Hindernis), Plan (Plan). Zunächst wird der Wunsch identifiziert, dann malt man sich möglichst genau aus, was passiert, wenn man sein Ziel erreicht. Im nächsten Schritt – und das unterscheidet die Methode von vielen anderen – überlegt man sich, welche Hindernisse es auf dem Weg dahin geben könnte und entwickelt einen Plan B. »So schafft man es, sein Ziel weiter zu verfolgen, auch wenn etwas nicht klappt«, sagt Qualen. Eine andere Möglichkeit, um Ziele und den Weg dahin zu definieren, ist die sogenannte Timeline-Technik, wie Grüninger erklärt. »Dabei geht man vom Ergebnis aus rückwärts und erarbeitet Schritte und Maßnahmen, die notwendig sind, um sein Ziel zu erreichen.«

Fortsetzung auf Seite 19


Fortsetzung von Seite 18 Eine andere Möglichkeit ist es, sich ganz genau auszumalen, wie es aussieht, wenn man sein Ziel erreicht hat. »Wenn man sehr intrinsisch motiviert ist, reicht das aus.« Häufig sei es darüber hinaus sinnvoll, sich Strategien zum Umgang mit Hindernissen zurecht zu legen. In ihren Coachings beobachtet Grüninger außerdem: »Viele Menschen haben nicht gelernt, darauf zu hören was sie selber wollen. Sie haben nur funktioniert.« Dann lasse sich mit Methoden, die das Unterbewusstsein einbeziehen, herausfinden, was die eigenen Bedürfnisse und Ziele sind. Zum Beispiel mit einer geführten Meditation. »Das fördert Ideen und Ziele zutage, die sonst nicht so präsent sind.«

Realistisch bleiben: Weg vom Hype um den Traumjob Grundsätzlich sei es sinnvoll, sich immer mal wieder selbst zu fragen, ob man mit seiner beruflichen Situation zufrieden ist, sagt Grüninger. Dabei ist es wichtig, weg vom Hype um den Traumjob zu kommen, sondern auch realistisch zu bleiben. »Man muss nicht immer dem nächsten Ziel hinterherhechten. Wenn es gut läuft, dann ist es auch gut.« Es könne schließlich auch ein berufliches Ziel sein, die Work-Life-Balance gut hinzubekommen. Auch Kristine Qualen rät, regelmäßig innezuhalten und zu überlegen: Was findet von dem schon statt, was ich mir früher ausgemalt habe? So ein Rückblick könne sehr

Impressum Sonderbeilage des Verlags der Lahrer Zeitung Verlag und Herausgeber Lahrer Zeitung GmbH, Kreuzstraße 9, 77933 Lahr Geschäftsführung und Anzeigenleitung Kirsten Wolf Redaktion Jörg Braun (V.i.S.d.P.), Thomas Kroll Druck Druckzentrum Südwest GmbH, 78052 Villingen-Schwenningen Ausgabe Lahrer Zeitung und Schwarzwälder Bote Kinzigtal Erscheinungsdatum 3. Juli 2021

Kristine Qualen ist Diplom-Psychologin und Coach. Foto: Qualen hilfreich sein. Denn manchmal hat man ein Ziel schon erreicht, und merkt es gar nicht so richtig. »Es muss nicht immer der anstrengende Weg sein, der zum Ziel führt oder zeigt, dass man das Ziel erreicht hat.«

»

Es muss nicht immer der anstrengende Weg sein, der zum Ziel führt oder zeigt, dass man das Ziel erreicht hat.« Kristine Qualen Für jüngere Leute sei ein solcher Abgleich zwischen dem, was man will und wie die Arbeit dazu passt, viel normaler, sagt die Trainerin. Passt es nicht, ziehen sie häufig die Konsequenzen und suchen sich etwas Neues. »Sie sind fast beneidenswert stringent, wenn es um eigene Interessen geht.« So erlebt auch Karriereberaterin Pamela Grüninger die jüngere Generation: Sie sei viel entspannter, was Lebens- und Karriereentwürfe betreffe. »Sie vertrauen darauf, dass es sich schon findet.«

Haltung zu früheren Zielen kann sich ändern Wer länger im Job ist, verliert seine Ziele manchmal aus den Augen. »Das ist undramatisch und ganz normal«, sagt Kristine Qualen. Interessant dabei sei nur, ob jemand zufrieden mit der aktuellen Situation sei. Oftmals entwickele man, je älter man wird, eine andere Haltung zu früheren Zielen. »Manche Elemente, wie zum Beispiel Führungskraft werden verlieren an Bedeutung.« Denn die Vorstellungen davon, worauf man seine Energie verwenden will, ändern sich. Solange man zufrieden ist, müssen es nicht ständig neue oder noch höher gesteckte Ziele sein, wie Qualen betont: »Es muss nicht immer gleich die nächste Möhre her, die ich mir selber vorhalte.« red/tk

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Ausbildung und karriere

Kind kommt

Wie Berufstätige die Elternzeit-Planung angehen

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enn ein Baby unterwegs ist, hat man tausend Dinge im Kopf – der Job gehört nicht unbedingt dazu. So groß die Vorfreude auch ist, ein paar Gedanken sollte man sich um seine Arbeit machen. Denn wer seine Elternzeit gut plant, kann sie umso mehr genießen. Es gibt eine ganze Reihe Tipps, Fristen und Empfehlungen. Worauf es vor allem ankommt.

Wann sage ich es eigentlich meinem Chef? Zunächst stellt sich meist die Frage: »Wann sage ich es meinem Chef?« Eine gesetzlich geltende Frist dafür gebe es nicht, sagt Till Bender, Sprecher bei der DGB Rechtsschutz GmbH. Das Mutterschutzgesetz sieht lediglich im Fall einer Kündigung vor, dass man dem Arbeitgeber eine Schwangerschaft innerhalb von zwei Wochen – spätestens aber nach Kennt-

nis – nach der Kündigung mitzuteilen hat, um den Schutz zu erhalten. Anders sieht es bei der Elternzeit aus: »Wer in Elternzeit gehen möchte, muss diese sieben Wochen, bevor es losgehen soll, beim Arbeitgeber beantragen.« Das sei natürlich sehr spät, räumt Bender ein. Aus Gründen der Fairness sollte man dem Arbeitgeber eine Schwangerschaft deshalb schon eher mitteilen und ihn möglichst auch in die Planungen einbeziehen. »Je früher und je konkreter, desto besser.« Denn es gibt viele Möglichkeiten, wie Bender erklärt: Das Elterngeld von rund zwei Drittel des Einkommens wird für zwölf beziehungsweise 14 Monate gezahlt. Die längere Dauer gilt für Alleinerziehende und wenn der Partner auch mindestens zwei Monate Elternzeit nimmt. Außerdem kann man das Elterngeld auch auf 24 Monate ausdeh-

Es gibt verschiedene Modelle, die Elternzeit zu planen. Da lohnen sich frühe Absprachen. Foto: Klose nen, bekommt dann aber monatlich nur die Hälfte – das Ganze nennt sich Elterngeld plus. Zudem hat man die Möglichkeit, während der Elternzeit in Teilzeit zu arbeiten. Und es ist zusätzlich möglich, unbezahlte Elternzeit zu nehmen. »Wie man die Zeit nun aufteilt und ob man währenddessen arbeiten möchte, hängt von der individuellen Situation ab«, erklärt Bender.

In die Überlegungen sollte man natürlich die finanzielle Situation einbeziehen: Wie viel Geld braucht man monatlich? Auf wie viel Geld kann man also verzichten? »In der Praxis bleibt häufig derjenige zu Hause, der weniger verdient, um die finanziellen Einbußen in Grenzen zu halten«, so Bender.

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Ausbildung und karriere Fortsetzung von Seite 20 Bedenken sollte man nicht nur finanzielle Aspekte, sondern auch, wie man sich die Elternzeit vorstellt. Wie viel Zeit wünscht man sich zu Hause mit dem Kind und als Familie? Wichtig ist: Elterngeld kann man bis zu drei Monate rückwirkend beantragen, später ist das nicht mehr möglich. »Am besten nimmt man die Beratungsmöglichkeiten in der eigenen Kommune in Anspruch«, sagt Bender. »Man sollte sich wirklich Zeit für die Planung nehmen und die Elternzeit nicht auf den letzten Drücker organisieren.« Auch Sanaz von Elsner rät, sich für die Planung der Elternzeit Zeit zu nehmen und sich gut zu informieren. Sie ist systemischer Coach und Karriereberaterin. »Wichtig ist, erst in den eigenen vier Wänden zu klären, wie man sich die Elternzeit aufteilen möchte. Und dann sollte man rechtzeitig mit dem Vorgesetzten das Gespräch suchen und die Karten auf den Tisch legen.« Um gut planen zu können, rät von Elsner, sich mit anderen Eltern auszutauschen. »Vielleicht gibt es auch unter den Kollegen El-

zit geregelt, sagt Bender. »Solange ich arbeiten gehe, muss ich meine Arbeit machen. Und wenn ich einen Nachfolger einarbeiten oder meine Aufgaben dokumentieren soll, dann ist das in dem Fall meine Arbeit.« Aber nur, wenn der Arbeitgeber eine Vertretung benennt. Diese selbst organisieren muss man als Arbeitnehmer nicht.

Eigene Aufgaben vor der Übergabe klar definieren

Während ihrer Elternzeit haben Mütter und Väter einen besonderen Kündigungsschutz. Foto: Klose tern, deren Wissen einem weiterhelfen kann.« Wie sind deren Erfahrungen? Was ist in Sachen Job realistisch? Wie flexibel ist man als Eltern wirklich? »Es müssen nicht alle Hürden mit der Geburt erledigt, aber am besten bedacht sein.« Von Elsner rät vor allem Frauen dazu, den Job nicht ohne Weiteres ganz oder für lange Zeit an den

Nagel zu hängen. »Man muss an die eigene Altersvorsorge denken, an den eigenen Lebensweg, die Kinder werden auch größer.« Der Wiedereinstieg werde umso schwerer, je länger man aus dem Beruf raus ist. Wer länger in Elternzeit geht, wird im Unternehmen meist vertreten. Wie eine Übergabe auszusehen hat, sei rechtlich nicht expli-

Von Elsner empfiehlt, zunächst die eigenen Aufgaben klar zu definieren. Danach kann man das Gespräch mit dem Vorgesetzten suchen und vielleicht gemeinsam überlegen, ob jemand eingestellt werden muss oder die Aufgaben im Team verteilt werden können. Manchmal kann die Übergabe persönlich mit der Vertretung stattfinden, manchmal muss eine schriftliche Übergabe reichen. »Wichtig ist, sich rechtzeitig dran zu setzen und nicht erst kurz vor dem letzten Tag«, empfiehlt die Trainerin. »Es kann immer noch etwas dazwischenkommen, zum Beispiel ein Beschäftigungsverbot red/tk des Arztes.«


Ausbildung und karriere

Seriöser Einblick? Was Arbeitgeber-Bewertungen im Netz bringen

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pannende Aufgaben, flache Hierarchien und gute Weiterbildungsmöglichkeiten: Die Stellenanzeige klingt erst einmal gut, doch vom Unternehmen hat man noch nie gehört. Eine Recherche im Netz führt Bewerber dann oft zu Online-Portalen, auf denen Beschäftigte ihre Arbeitgeber bewerten können. Sterne, Punkte oder Kommentare sollen dann helfen, sich einen Eindruck vom Unternehmen zu verschaffen. Aber ist das überhaupt hilfreich? »Für einen ersten Eindruck in jedem Fall«, sagt Ute Gietzen-Wieland, Business-Coach in Bielefeld. Aber Bewerber sollten nicht ein einziges Portal als Informationsquelle nutzen, sondern mehrere – und die Ergebnisse miteinander vergleichen. »Aufschlussreich ist auch, ob und auf welche Weise Unternehmen auf Lob oder auch auf Kritik reagieren«, erklärt Anati Olzinger, Expertin für digitales Netzwerken

bei der Outplacement- und Karriereberatung von Rundstedt. Beschwert sich etwa jemand in einem Portal anonym, dass es im Unternehmen unfair zugehe und er lieber heute als morgen kündigen würde, sei es ein gutes Zeichen, wenn das Unternehmen darauf reagiert und sinngemäß sagt: Melden Sie sich doch bitte bei Ihrem Vorgesetzten, damit wir gemeinsam zu einer Lösung kommen können.

Bewertung nicht mehr als eine persönliche Meinung Ein Arbeitgeber, der sich nicht um Bewertungen kümmert, könnte das Signal aussenden, dass ihm das Wohl seiner Beschäftigten nicht wirklich am Herzen liegt. Was nicht zuletzt in Zeiten von Fachkräftemangel eine abschreckende Wirkung auf Bewerber haben könnte. »Einem Bewerber

Allein auf Sternchen sollten sich Bewerber nicht verlassen, wenn sie sich ein Bild von einem Arbeitgeber machen wollen. Foto: Waibel muss aber auch klar sein, dass die Bewertung eines Arbeitgebers durch einen Beschäftigten immer eine persönliche Meinung ist, mehr nicht«, sagt Anati Olzinger. Ute Gietzen-Wieland plädiert ebenso dafür, die Kommentare und Bewertungen mit Vorsicht zu genießen. Dabei ist es egal, ob sie schlecht oder euphorisch sind. Möglich sei, dass jemand das vermeintlich schlechte Miteinander thematisiere, um einem Arbeitgeber zu schaden. Umgekehrt sei

auch denkbar, dass auf einem Bewertungsportal ein Unternehmen in den Himmel gehoben wird. »Letztendlich sind Bewertungsportale nicht mehr als ein Puzzleteilchen, um sich ein Bild von einer Firma zu machen«, so Gietzen-Wieland. Das Bild müsse ein Bewerber durch weitere Recherchen ergänzen – etwa ein Blick auf die Webseite oder das direkte Befragen von Mitarbeitenden.

Fortsetzung auf Seite 23


Ausbildung und karriere Fortsetzung von Seite 22 Auch sollte jeder für sich einzelne Aussagen auf den Prüfstand stellen, rät Expertin Anati Olzinger. Sie nennt ein Beispiel: Da postet jemand über ein Unternehmen »chaotische Zustände«. Das klingt zunächst einmal negativ. »Aber es gibt auch Leute, die gerade mit Chaos äußerst gut leben können und in einer solchen Umgebung zur Höchstform auflaufen.« Häufen sich auf einem oder mehreren Portalen negative Kommentare über einen Arbeitgeber, könnten Bewerber das bei einem Vorstellungsgespräch freundlich ansprechen. »Damit zeigen sie den Personalverantwortlichen, dass sie sich mit dem Unternehmen auseinandergesetzt haben, was ein Pluspunkt sein kann.« Eine Häufung von negativen Kommentaren sollte Stellensuchende jedenfalls nicht gleich dazu verleiten, sich nicht bei dem jeweiligen Unternehmen zu bewerben, sagt Ute Gietzen-Wieland. Kommt es zum Vorstellungsgespräch, achtet man am besten darauf, ob sich kritische Punkte womöglich bestätigen. »Das kann für einen selbst eine interessante Er-

Gietzen-Wieland empfiehlt indes, Gehaltskommentare skeptisch zu betrachten – sie seien mit Blick auf den eigenen Job wenig aussagekräftig. »Letztendlich vereinbaren Arbeitgeber und Beschäftigte Gehälter meist individuell je nach Qualifikation, sie sind also Verhandlungssache.«

Arbeitgeberrankings bringen meistens nichts

Wie ist die Stimmung im Team? Anonyme Bewertungen im Internet sollen Bewerbern helfen, das einzuschätzen. Foto: Klose fahrung sein und man kann danach auf Basis des eigenen Eindrucks entscheiden, ob man die Bewerbung weiterverfolgen möchte«, sagt Gietzen-Wieland. Ein weiterer Pluspunkt: Man gehe die Sache gelassener an, wenn man wegen der negativen Kommentare erst einmal gar nicht so »Feuer und Flamme« für die Firma ist. Im Zweifelsfall war dann das Vorstellungsgespräch ein gutes Üben von Bewerbungssituationen.

Häufig kommt in Bewertungsportalen über Arbeitgeber der Gehaltsaspekt zur Sprache. Da ist beispielsweise von »mieser Bezahlung« die Rede oder davon, dass »(großartige) Leistungen in keinem Verhältnis zum (schlechten) Gehalt« stünden. Anati Olzinger hält solche Kommentare »durchaus für glaubhaft, sofern sie anonym sind«. Wer ohne Namen Angaben mache, habe eigentlich keinen Grund zu lügen.

Im Internet finden sich aber auch Rankings zu den attraktivsten Arbeitgebern. Wie aussagekräftig sind solche Rankings – und sind sie eine gute Ergänzung zu den Kommentaren in den Bewertungsportalen? Sowohl Gietzen-Wieland als auch Olzinger winken ab. »Unternehmen können sich einen guten Platz in einem Ranking kaufen, insofern sollte man vorsichtig sein«, sagt Olzinger. Besser ist es, selbst zu recherchieren: Dafür können Bewerber beispielsweise nach Profilen von Mitarbeitern eines Unternehmens in Netzwerken wie Xing, Linkedin und Co. suchen, sich diese anschauen und die Personen zu mehr Infos kontaktieren. red/tk



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