brot+backwaren 2024-02 digital

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OFFIZIELLES ORGAN DES VERBANDES DEUTSCHER GROSSBÄCKEREIEN

Vor-Ort-Termin

Einen Schritt voraus bei Bäckerei Plentz

AIBI

Interview mit Georg Heberer

TraditionelleGebäcke

Immer wieder neu (denken)

02 24
E.V. www.brotundbackwaren.de

Bakers’ Day 2024 in Bremerhaven

Am 19. und 20. Juni 2024 veranstaltet das ttz (Technologie-Transfer-Zentrum) den 4. Bakers’ Day in Bremerhaven.

Neben wissenschaftlichen Vorträgen sind bäckereitechnische Vorführungen geplant.

Bakers’ Day 2024 – Mittwoch, 19. Juni 2024

08:00–10:30 Uhr

Warm-Up und Präsentationen an den Ständen der Sponsoren

Begrüßung und Einleitung

Innovation & Trends in Bakery: A Market Overview

Hannah Dammann (Innova Market Insights)

Einsatz pflanzlicher Rohstoffe zur Strukturmodifizierung in Backwaren

Prof. Dr. Mario Jekle (Universität Hohenheim)

Vegane Backwaren, eine Reise mit Herausforderungen

Dr. Nils Hinrichsen (CSM Ingredients)

10:30–11:00 Uhr Kaffeepause

11:00–12:30 Uhr

Gesündere prozessierte Nahrungsmittel: Weniger isst mehr

Frida Köning (ttz Bremerhaven)

Dein Hirn ist, was es isst!

Prof. Dr. Soyoung Q Park (Charité – Universitätsmedizin Berlin und Deutsches Institut für Ernährungsforschung (DIfE – Leibniz Gemeinschaft))

12:30–13:30 Uhr Mittagessen

13:30–15:00 Uhr Die vielfältigen Potentiale der Analytik zur Unterstützung von Produkt- und Verfahrensentwicklungen

Dr. Julien Huen (ttz Bremerhaven)

Qualitätsmanagement in einer bewegten Welt: Wie umfassende Prüfungen kostspielige Fehler vermeiden

Elena Schnelker (Eurofins)

Das ttz Bremerhaven als Innovationsmotor für die Branche: Aktuelle Projekte, Lösungen und Forschungsthemen

Florian Stukenborg (ttz Bremerhaven)

15:00 Uhr Transfer vom Fischbahnhof zum ttz Bremerhaven

15:30 Uhr praktische Vorführungen im Technikum des ttz Bremerhaven

17:30 Uhr Bustransfer zur Abendveranstaltung

18:00 Uhr Abendveranstaltung im Weser-Strandbad

23:30 Uhr Bustransfer in den Fischereihafen

08:30–11:00 Uhr

Warm-Up und Präsentationen an den Ständen der Sponsoren

Erhöhter Kundennutzen durch digitale Services. Vorstellung am Beispiel des Kronos Kneter und dem Software Tool Mix Control

Dr. Michael Euler und Dr. Viktor Just (WP Kemper GmbH)

Is the future of mixing continuous? – a comparison between batch and continuous mixing Geneviève Lekner (Sobatech Services BV)

Wasserstoff als Energieträger in der Bäckerei: Herausforderungen und innovatives Potential in der Anwendung

Magnus Rienäcker (ttz Bremerhaven)

11:00–11:30 Uhr Kaffeepause

11:30–13:30 Uhr Klima-Bäcker: wie durch die optimale Einbindung Erneuerbarer Energien sowie Prozessoptimierungen und Energieeffizienzmaßnahmen eine klimaneutrale Bäckerei entsteht

Annika Ritter (Klima Kontor Planung und Beratung GmbH)

Bäckereien in der Energiewende Sören Eilenberger (FleXality GmbH)

Wasserstoff: Sichere Wärme für Backwaren Christian Machens (Efficientics-hydrogen safety consulting)

Verabschiedung

13:30–14:00 Uhr Mittagssnack und Aufbruch

14:00 Uhr Busshuttle zum Hbf

Veranstaltungsort

Fischbahnhof, Am Schaufenster 6, 27572 Bremerhaven

Anmeldung und Kontakt: Frida Köning, E-Mail: fkoening@ttz-bremerhaven.de, Tel. +49 471 80934-200

www.brotundbackwaren.de 02/2024 TAGUNGEN 02
Bakers’ Day 2024 – Donnerstag, 20. Juni 2024
Online-Anmeldung © ttz Bremerhaven

Trauer um Russell T. Bundy

Bundy Baking Solutions trauert um seinen Firmengründer Russell T. Bundy (Russ). Er verstarb am 5. April 2024 im Alter von 92 Jahren. Russ Bundy war Gründer von Russell T. Bundy Associates, dem Vorläufer von Bundy Baking Solutions (Urbana, Ohio/USA), und eine Unternehmerpersönlichkeit. Seine Leidenschaft für die Backbranche, seine Führungsqualitäten und sein Engagement brachten ihm einen Platz in der „Baking Hall of Fame“ der American Society of Baking im Jahr 2007 ein. +++

Neubau: FRITSCH führt in Iphofen alle Standorte zusammen

Mit dem Kauf eines rund 7,6 Hektar großen Grundstücks im neuen Gewerbegebiet der Gemeinde Iphofen besiegelt die MULTIVAC Group ihre Pläne für den Umzug von FRITSCH. Ziel ist es, in der neuen Zentrale den Geschäftsbetrieb des Teigmaschinenherstellers, der bisher auf fünf Standorte in Kitzingen und Markt Einersheim verteilt ist, an einem Standort zu bündeln. Der Baubeginn ist für Ende 2025 vorgesehen, der Bezug des Neubaus für das dritte Quartal 2027 geplant. Der neue Standort wird auf ca. 20.000 qm Montage- und Produktionshallen umfassen. Auch die World of Bakery, das Technologiezentrum von FRITSCH, zieht um. Kunden können dort FRITSCH Anlagen testen und neue Produkte oder Rezepturen zusammen mit den Experten von FRITSCH entwickeln. Auf einer Fläche von ca. 5.000 Quadratmetern entstehen darüber hinaus moderne Büroflächen und Sozialräume für die aktuell rund 480 Mitarbeiter.

„Im Sinne einer nachhaltigen Infrastruktur sind auch am neuen Unternehmensstandort der MULTIVAC Group einige Maßnahmen geplant, die zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen beitragen: So wollen wir Grundwasser zum Heizen und Kühlen des Gebäudekomplexes nutzen. Zudem wollen wir für die Energieversorgung mit einer Photovoltaik-Anlage und einem Blockheizkraftwerk einen möglichst hohen Anteil eigenerzeugter Energie einsetzen“, erklärt Christian Traumann, Geschäftsführender Direktor (CEO) der

MULTIVAC Group. „FRITSCH ist für uns ein strategisch wichtiger Geschäftsbereich. Wir verzeichnen eine positive Auftragslage im Backwarensegment und sehen viel Potenzial für das gesamte Portfolio von FRITSCH in unseren Tochtergesellschaften. Mit der neuen Firmenzentrale, die alle Geschäftsaktivitäten von FRITSCH an einem Ort vereint, können wir unsere Prozesse zukünftig effizienter gestalten.“ +++

© Bundy Neugierig? Kontaktieren Sie uns info@sauerteig.de M BROT DES JAHRES: Weizenvollkornbrotnatürlich mit Sauerteig! I Ernst BÖCKER GmbH & Co. KG | info@sauerteig.de | sauerteig.de | sauerteig.shop | bpure-business.de ANZEIGE 03 NACHRICHTEN © FRITSCH

TITELBEITRÄGE WEITERE THEMEN

EINEN SCHRITT VORAUS

In der Entscheidung für eine neue Brötchenmaschine liegt mehr Tiefe, als die Bäckerei & Konditorei

Plentz es erwartet hat. Worauf es dabei ankam und wie sie aus ihrer gelebten sozialen Werteorientierung ihre Stärke zieht.

„DAS FUNKTIONIEREN VON AIBI IST EINE GEMEINSAME VERANTWORTUNG UNSERER

BRANCHE“

Seit 2022 ist Georg Heberer Präsident der AIBI. Im Interview mit brot+backwaren berichtet er über die Entwicklung der europäischen Backwarenmärkte in seiner Amtszeit sowie über Ziele und Zukunft der AIBI.

IMMER WIEDER NEU (DENKEN)

„Traditionell“ ist laut Mintel und Backzutatenverband ein Thema im Markt. Ist das wirklich so? Wir haben bei Landesinnungsmeistern in Deutschland nachgefragt.

GLANZ UND BRÄUNUNG – ES GEHT AUCH OHNE EI

Es gibt gute Gründe, beim Abglänzen von Hefefeingebäck auf Ei zu verzichten: Einerseits steigt aus tierethischen und ökologischen Gründen die Nachfrage nach veganen Produkten, andererseits der Preis für das Hühnerei. Boyens Backservice entwickelte eine pflanzliche Alternative auf Basis von Erbsen.

EFFIZIENTERE TEIGPRÜFUNG, AUCH DURCH KI

Künstliche Intelligenz (KI) verkürzt den Zeitaufwand für die Ermittlung der rheologischen Eigenschaften von Teigen.

BUCHWEIZEN, EIN FUNKTIONELLER ROHSTOFF

Immer öfter werden Buchweizenmehl und -körner aufgrund ihrer gesundheitsfördernden Eigenschaften in Backwaren eingesetzt.

www.brotundbackwaren.de 02/2024 INHALT 04
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© Soru Epotok –stock.adobe.com
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Collage with Adobe pics © Landmagd 26 © Boyens

Tagungen

02 Bremerhaven: Bakers‘ Day 2024

24 Berlin: 53. Wissenschaftliche Informationstagung der Berlin-Brandenburgischen Gesellschaft für Getreideforschung (BBGfG)

40 Freising: WIG-Tagungen – Teamplay schafft Chancen

Automatisierung

08 BYTABO: KI-Tools für Bäcker

Vor-Ort-Termin

10 Bäckerei & Konditorei Plentz: Einen Schritt voraus

14 Porträt: „Bäcker Plentz, das ist einer von uns“

Interview

18 Georg Heberer: „Das Funktionieren von AIBI ist eine gemeinsame Verantwortung unserer Branche“

Traditionelle Gebäcke

26 Umfrage Innungen: Immer wieder neu (denken)

32 Umfrage Backzutatenanbieter: Comeback der Klassiker

Hygiene

38 PHT: Hygiene im Vorbeigehen

Ei-Ersatz

44 Fraunhofer: Lupinenproteinschaum als pflanzliche Alternative zum Ei

47 TUM: Ei-Ersatz aus Mikroalgen

48 Boyens: Glanz und Bräunung – es geht auch ohne Ei

Qualitätssicherung

50 Anton Paar: Effizientere Teigprüfung, auch durch KI

52 Barbara Siebke: IFS Broker – die Version 3.2 ist da

53 Barbara Siebke: FSSC 22000 – neue BoS decision list

Rohstoffe

54 Superfood: Buchweizen, ein funktioneller Rohstoff

Rubriken

03 Nachrichten

06 Editorial

22 Nachrichten

58 Inserenten-Verzeichnis

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Alles hat seine Zeit

Seit 1992 obliegt es mir, zunächst zusammen mit Herrn Helmut Martell, ab 2011 dann selbst als Hauptgeschäftsführer, den „Verband Deutscher Großbäckereien e.V.“, unseren Wirtschafts- und Arbeitgeberverband, zu führen. Im Sommer dieses Jahres werde ich meine Aufgaben an meinen Nachfolger, Herrn Tobias Schuhmacher, übergeben. Dies ist eine gute Gelegenheit, einen kleinen Blick zurück zu werfen.

Das Brotbacken gehört seit Jahrtausenden als fester Bestandteil zur Menschheitsgeschichte. Die Fähigkeit, Getreide in hochwertige Nahrungsmittel umzuwandeln, ist eine der Grundlagen unserer menschlichen Entwicklung. Abgesehen von einigen herausgehobenen historischen Ereignissen, etwa bei großen Bauvorhaben früherer Potentaten, haben sich aber erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts in unserer Branche Betriebstypen herausgebildet, die die Bezeichnung „Großbackbetriebe“ oder „Brotfabrik“ verdienten.

Die fortschreitende Industrialisierung und Verstädterung der Gesellschaften vieler Länder machten es erforderlich, die Versorgung der Bevölkerung mit Backwaren auf neue Füße zu stellen. Hilfreich hierbei war u. a. die Erfindung des Durchlaufofens, bis heute prägend für jede Großbäckerei, der das kontinuierliche Backen ermöglichte. Qualitativ gute und preiswerte Backwaren waren fortan quasi an jedem Ort und für jedermann verfügbar.

Genau zu dieser Zeit, 1905, schlossen sich weitblickende Unternehmer zwecks gemeinsamer Interessenvertretung zusammen und gründeten den Vorläufer unseres Verbandes.

Die nächste bahnbrechende Veränderung im Markt war in den 60er-Jahren des letzten Jahrhunderts das Aufkommen der Supermärkte mit Selbstbedienung. Von Beginn an war die Zusammenarbeit der Großbäckereien mit diesem neuen Vertriebstyp eine echte Win-win-Situation.

Von ebenso herausgehobener Bedeutung ist die dritte große Systemveränderung: das Entstehen der filialisierenden Großbäckereien, die ab den 80er-Jahren Backwaren über ihre Verkaufsstellen im Bedienungsverkauf direkt an den Endkunden abgeben konnten.

Diese beiden Betriebstypen, die den Lebensmittelhandel und Großverbraucher beliefernden Lieferbäckereien und die Filialbetriebe, sind seitdem in unserem Verband zusammengeschlossen. Beide legen ihre Branchenpolitik in eigenen Beiräten fest und die Filialisten veranstalten zudem seit Jahren erfolgreich eine eigene Veranstaltung, den Großbäcker-Filialtag.

Die rasante Entwicklung, die alle großen Backbetriebe in den letzten Jahrzehnten genommen haben, führte auch zu

Armin Juncker, Hauptgeschäftsführer Verband Deutscher Großbäckereien e.V., Düsseldorf

großen Veränderungen in der Zusammensetzung der Branche. Noch in den 90er-Jahren gab es viele Hundert Backbetriebe, die sich zum industrienahen Teil der Branche zählten. Verglichen mit heutigen Maßstäben waren diese Backbetriebe klein, und die räumliche Ausdehnung ihres Kundenkreises sehr überschaubar. Diese Betriebe, allesamt familiengeführt, begegneten ihren Wettbewerbern kaum im Markt, denn eine Überlappung der Stammgebiete gab es praktisch nicht. Demzufolge war auch der Aufbau unseres Verbandes rein regional aufgeteilt. Die Preisbildung, und verbunden damit auch die tarifliche Lohnfindung, wurde weitgehend regional geregelt.

Dies gilt insbesondere für die Backbetriebe in den fünf neuen Bundesländern. Eine in der Endphase der DDR geplante Bildung eines eigenen ostdeutschen Brotverbandes wurde letztlich nicht weiterverfolgt, es erfolgte der Zusammenschluss von Ost und West, und unser Verband gehörte zu den allerersten Branchenverbänden der Lebensmittelwirtschaft, die Mitglieder aus ganz Deutschland in ihren Reihen hatten, von Flensburg bis München und von Aachen bis Frankfurt (Oder).

Einen wirklich herausragenden Erfolg konnte unser Verband Ende 1996 mit der Aufhebung des Nachtbackverbotes erzielen. Dieses Verbot lag wie eine eiserne Klammer über den modernen Backbetrieben und verhinderte jede notwendige Fortentwicklung.

Im gleichen Jahr wurde, nach langer und intensiver Diskussion, der Verband umbenannt. Aus dem „Verband der Brotund Backwarenindustrie“ wurden die „Großbäcker“. An die Stelle der ungeliebten Begriffe „Brotfabrik“ und „Fabrikbrot“ traten die „Großbäcker“. Diese neue Bezeichnung, inzwischen

www.brotundbackwaren.de 02/2024 EDITORIAL 06

längst etabliert, beschreibt genau den Kern des Geschäfts unserer Mitglieder: hochwertige Backwaren im großen Stil zu backen.

Der wirtschaftliche Erfolg führte zu einer deutlichen Vergrößerung der Betriebe. Viele Betriebe schlossen sich zu größeren Einheiten zusammen. Aus den vielen Hundert Mitgliedsbetrieben – allein in Nordrhein-Westfalen waren es in den 80er-Jahren noch 200 „Brotfabriken“ – wurden im Laufe der Jahre bundesweit weniger als 100, die sich zudem, anders als früher, überall und jederzeit als Mitbewerber im Markt begegnen. Es ist eine große Leistung der jeweiligen Präsidien und unserer Gremien, für alle diese Individualisten den einen Interessenverband beibehalten zu haben und fortzuführen!

Über alle diesen Veränderungen hinweg hat der Verband die Aufgabe behalten, die Mitglieder zu beraten und ihre individuellen Interessen zu vertreten. Deutlich zugenommen hat die Bedeutung der Interessenvertretung für die Branche insgesamt im nationalen und auch im europäischen Maßstab. Von großer Bedeutung hierfür ist unser internationaler Verband, die AIBI, deren Gründungsmitglied unser Verband war und in dessen Geschäftsführung und Führungsgremien unser deutscher Verband seither ununterbrochen prominent

vertreten ist. Es bedarf keiner langen Ausführungen, dass in zunehmendem Maße in Brüssel „die Musik spielt“. Dies gilt für das gesamte Lebensmittelrecht, aber auch für weitere bedeutende Rechtsgebiete, wie etwa die sog. Sorgfaltspflichten, besser bekannt unter dem Begriff „Lieferkettengesetz“, den gesamten Bereich der Energiewirtschaft und – nicht zuletzt – die Landwirtschaft. In allen diesen Bereichen ist der Verband in der Interessenvertretung, aber auch in vielen Fachgremien, vertreten.

Aktuell stellt unser Verband den Präsidenten der AIBI, den Finanzchef und den Vorsitzenden des Technischen Komitees. Not too bad!

Ende Mai findet in Hamburg der 38. AIBI Kongress unter dem Motto „21st Century Breeze over the Bakery“ statt. Ein Besuch lohnt!

Ich bin überzeugt, dass auch in Zukunft zahlreiche Herausforderungen für unsere Branche anstehen, die wir nur gemeinsam, als Zusammenschluss aller großen Backbetriebe, werden meistern können. Für die Bewältigung dieser Aufgaben wünsche ich allen im Verband Tätigen Glück und Erfolg!

Ihr Armin Juncker

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Brot, das aufgrund optischer Mängel nicht in den Verkauf gelangt, muss nicht weggeworfen werden. Mit der Restbrotverwertung, bei der die Brotreste zerkleinert und verfl üssigt dem Teig wieder zugegeben werden, lassen sich diese sinnvoll verwerten – und das sogar mit einer Qualitätsund Geschmacksverbesserung des Teiges.

Wir haben die Lösungen, mit denen Sie Ihre Anlage fi t für die Restbrot verwertung machen: Mit unseren passenden Komponenten kommen Brotreste noch einmal groß raus.

07 EDITORIAL
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ENGINEERING SUSTAINABILITY

KI-Tools für Bäcker

Das Zeitalter der generativen KI eröffnet für jede Branche faszinierende Möglichkeiten zur Automatisierung von Prozessen und zur Realisierung enormer Effizienzgewinne – auch für Bäckereien.

+ Besonders vor dem Hintergrund des herrschenden Fachkräftemangels erweist sich der Ansatz, KI zu nutzen, als äußerst attraktiv, da er durch schnell verfügbare und kostengünstige Automatisierung dabei hilft, Lücken in Unternehmen zu schließen und Vakanzen in relevanten Bereichen zu überbrücken. Auch im Bäckerhandwerk ergeben sich aufregende Perspektiven durch den Einsatz generativer KI-Tools. Hier sind drei ausgewählte Kategorien von besonderem Interesse:

Chatbots

Chatbots sind intelligente Programme, die in der Lage sind, mit Benutzern auf natürliche Weise zu kommunizieren und eine Vielzahl von Aufgaben zu erledigen. Neben ihrer beeindruckenden Fähigkeit, qualitativ enorm hochwertige Texte zu verfassen, können sie mit Dokumenten arbeiten, Bilder erkennen und erklären, im Web suchen und vieles mehr, wie:

+ Planung von Marketing-Aktionen

+ Generierung von Social-Media-Inhalten

+ Analyse von Verkaufszahlen zur Ableitung strategischer Entscheidungen

+ Unterstützung bei der Umrechnung von Rezepten, beispielsweise in glutenfreie Varianten

Spannende Tools in diesem Bereich sind zum Beispiel ChatGPT, Claude 3 oder Google Gemini.

Text-to-Speech

Text-to-Speech-Tools ermöglichen die Erzeugung ultrarealistischer Stimmen aus eingegebenem Text. Die generierten

Audio-Dateien können oft direkt in andere Sprachen übersetzt werden und finden Anwendung in:

+ Telefon-Hotlines

+ Radio-Werbung

+ Image-Filmen

+ Social-Media-Content

+ Erstellung von Podcasts

Ein empfehlenswertes Tool in diesem Bereich ist ElevenLabs.

KI-Avatare und automatisierte Übersetzung von Videos

KI-Avatare sind digitale Abbilder von Personen, die Text in ultrarealistischer Weise sprechen können. Oft bieten Tools auch die Möglichkeit, Videos direkt in andere Sprachen zu übersetzen, was eine ausgezeichnete Funktion ist, um Mitarbeitende in ihrer Muttersprache zu erreichen und die interne Kommunikation zu stärken. Dies spart enorm viel Zeit, da der gesamte Produktionsprozess entfällt. Einsatzgebiete sind unter anderem:

+ interne Botschaften an Mitarbeitende

+ individualisierte Kundenbotschaften

+ Marketing- und Social-Media-Content +++

Interessante Tools in dieser Kategorie sind zum Beispiel Synthesia oder HeyGen.

Über den Autor

Niklas Volland ist der Mitgründer der BYTABO ® Group und Experte für den Einsatz von KI in mittelständischen Unternehmen. Als Kommunikationswissenschaftler mit zehn Jahren Erfahrung im Change-Management und der Organisationsentwicklung im Mittelstand verknüpft er die technologische Welt mit der wichtigen Herausforderung, die Menschen in den Betrieben mitzunehmen. BYTABO ® bietet individuelle Unterstützung bei der Integration von KI-Tools in den Arbeitsalltag und entwickelt zudem maßgeschneiderte Software und Apps mit KI-Komponenten für namhafte Kunden.

Website : https://bytabo.de

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© Planetz –stock.adobe.com

Sauber

Wussten Sie bereits, dass unsere Maschinen im Handumdrehen zu reinigen sind.?

Das hygienische Design unserer Maschinen legt den Grundstein zur Herstellung bester Qualität.

Ben Baker Ben Baker

„Bei der Investition in eine Brötchenanlage geht es nicht allein um eine Maschine, sondern um einen Prozess, der Kältetechnik und neue Abläufe miteinschließt.“

Karl-Dietmar

Plentz, Geschäftsführer Bäckerei & Konditorei Plentz

Einen Schritt voraus

In der Entscheidung für eine neue Brötchenmaschine liegt mehr Tiefe, als die Bäckerei & Konditorei Plentz es erwartet hat. Worauf es dabei ankam und wie sie aus ihrer gelebten sozialen Werteorientierung ihre Stärke zieht.

+Mit neun Filialen und 170 Mitarbeitern ist die Bäckerei & Konditorei Plentz aus Schwante in Brandenburg kein riesengroßer, dafür ein schlagkräftiger, gesunder Handwerksbetrieb, wie der Bäckereichef Karl-Dietmar Plentz es selbst formuliert. Als die alte Brötchenmaschine an ihre Grenzen stieß, musste eine neue her. „Und zwar eine, die zu unserer Betriebsgröße und unseren Ansprüchen passt.“ Nicht zu groß, nicht zu klein sollte sie sein. Eine, die flexibel und kompakt zugleich ist, die keine exorbitanten Leistungen liefern muss, aber bis 10.000 Stück pro Tag schafft und Raum für Wachstum lässt. Plentz: „Als wir uns mit dem Thema befasst haben, haben wir bald gemerkt, welche Tiefe es hat. Es geht nicht allein um eine Maschine, sondern um einen Prozess, der neue Kältetechnik und neue Abläufe miteinschließt.“ Es sei durchaus eine wegweisende Investition. „Brötchenanlagen kauft man nicht schnell-schnell.“ Bei seiner Marktrecherche stieß er auf viele gute Lösungen, richtungsweisend aber wurde ein Besuch auf der südback 2022.

„Eine Maschine, die zu uns passt“

Die neue Version der Eco Twin, die der Bäckereimaschinenbauer König zu der Zeit in Stuttgart brandneu präsentierte, hatte der Bäckereichef eigentlich gar nicht als Favorit auf seinem Zettel stehen. Ein Besuch auf dem König-Messestand änderte diese Reihenfolge. „Es ergab sich eine Patt-Situation zwischen zwei Lösungen. Darum nahm ich die Chance wahr, mir die Eco Twin im Live-Betrieb in der Diakonie in Bielefeld anzuschauen. Zusammen mit unserem Projektverantwortlichen stand ich also eines Nachts vor der Maschine und uns fiel auf, dass der Bediener, ein Mann mit gesundheitlichem Handicap, 1a mit der Technik umgehen konnte. Und das, fand ich, war ein ganz starkes Argument.“

Neben der Einfachheit in der Bedienbarkeit habe ihn die unkomplizierte Umrüstung und Reinigung der Maschine überzeugt. Auch dass der After-Sales-Service gesichert ist, war entscheidend, und ein ausgewogenes Preis-Leistungsverhältnis. „In manchen Details“, so der Bäckereichef, „ist

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alle Bilder © Baumfalk

Im Neubau: Auf der Brötchenanlage Eco Twin produziert die Bäckerei gerollte, geschnittene oder gestempelte Gebäcke

Die Brötchenmaschine

Die Eco Twin ist eine für den handwerklichen Einsatz ausgelegte Brötchenanlage von König, auf der sich nahezu alle gängigen Brötchensorten wie Schnittbrötchen, Kaiserbrötchen, Zopfbrötchen etc. herstellen lassen. Zur einfachen Reinigung und Wartung wurde die Maschine so konzipiert, dass eine einfache Zugänglichkeit zu allen Modulen gewährleistet ist.

Weitere Details:

+ maximale Stundenleistung je nach Arbeitsbreite der Anlage: 4.200 bis 6.120 Stück

+ kombinierbar mit verschiedenen Kopfmaschinen der König Rex-Baureihe für 6-, 5- und 4-reihige Arbeitsweise mit Schlusslageneinstellung

+ kompakte Bauweise: Länge: 3.770 mm, Höhe: 2.525 mm

+ bei 800 mm Arbeitsbreite serienmäßig mit Direktabsetzung zur Produktion von Teiglingen ohne Gärschrankbetrieb

+ austauschbare Schneidestation mit 3-, 4-, oder 5-Durchziehskalpellmessern; bei 800 mm Arbeitsbreite auch mit 6-Durchziehskalpellmesser erhältlich

+ automatische UV-Entkeimungsanlage zur Sterilisation der leeren Gehänge vor jeder Nachbelegung

+ über Programm einstellbare Absetzmuster, dies gewährleistet eine exakte Positionierung der Produkte auf die gebräuchlichsten Gärgutträger bzw. Backbleche

+ Abziehlängen und Schritt der Teigstücke stufenlos einstellbar; bei 800 mm Arbeitsbreite serienmäßig mit Ausziehlade ausgestattet

+ intuitive, frei programmierbare SPS-Steuerung für Reinigung und Wartung

+ Gehänge und Drucktassen zur Reinigung leicht aus der Anlage entnehmbar

+ glatte Oberflächen, auch auf der Anlagenrückseite, und großflächige Türen zur Einsicht in den Produktionsprozess und zur besseren Reinigung

Aufbewahrungssystem in der Anlage für die verschiedenen Stanz- und Formwerkzeuge

König meiner Auffassung nach anderen einen Schritt voraus.“ Er nennt die rahmenlosen Türen als Beispiel, die den Vorteil hätten, dass es keine Ecken gibt, die man aufwendig putzen müsste.

Auf dem Weg zur Tagarbeit

Sechs Tage die Woche, frühmorgens für vier bis fünf Stunden ist die neue Brötchenanlage in der Backstube in Schwante jetzt im Einsatz. Damit läuft sie noch nicht unter Volllast. Und wenn es nach dem Firmenchef geht, noch nicht zur richtigen Zeit. „Weil wir ein attraktiver Arbeitgeber sein wollen, war unser ursprünglicher Anspruch, die Produktion von der Nacht in den Tag zu holen. Diesen Schalter konnten wir bislang nicht klar genug umlegen, aber die technische Voraussetzung haben wir zumindest geschaffen.“

Für die Bedienung genügt eine Person. „Die Hauptverantwortung haben wir einem jungen Mitarbeiter übertragen, der bei uns die Bäcker-Ausbildung durchlaufen hat. Die Maschine ist jetzt sein Projekt. Das wirkte sehr motivierend.“

Der Anbau und ein neuer Hebekipper

Vor der Inbetriebnahme wurde die Backstube um einen ca. 200 qm großen Anbau erweitert, um Platz für die Brötchenmaschine, das Handling der Dielen und 50 qm zusätzliche

11 VOR-ORT-TERMIN www.brotundbackwaren.de 02/2024

Kühlflächen zu schaffen. Auch ein neuer Hebekipper wurde installiert. Er beschickt heute sowohl die Brötchenmaschine im Neubau als auch eine zweite Teig verarbeitende Maschine im Bestandsbau. „Ein wichtiger Schritt, um uns die Arbeit leichter zu machen“, sagt Plentz. Die Chargengrößen wurden in der Folge reduziert, Teige und Teigruhezeiten an die neuen Abläufe angepasst.

Mit mehr Automatisierung bekommt die Konstanz in der Teigqualität ein größeres Gewicht. Teigtemperaturen werden nun dokumentiert, eine Rezeptursteuerung ist im Entstehen. „In den Anfängen gab es Qualitätsschwankungen, die mit den Restteigen in Zusammenhang standen. Sie haben eine Empfindlichkeit hervorgerufen, die nicht kalkulierbar war. Mittlerweile hat sich alles eingespielt.“

Alles, was rund oder länglich ist

Alles, was an Kleingebäcken rund oder länglich ist, fährt die Bäckerei über die Eco Twin, während das „eckige Sortiment“ auf einer anderen, halbautomatischen Maschine entsteht. Es sind gerollte, geschnittene oder gestempelte Gebäcke, die die neue Maschine mit drei Stempelwerkzeugen produziert, darunter sind etwa sechs Sorten Weizenund besaatete Brötchen, Käsebrötchen, Teiglinge für Streuselschnecken und die Pfannkuchen (Krapfen).

Die Brötchenherstellung läuft jetzt effizienter und rechnet sich wieder. „Zurzeit etablieren wir ein rein maschinell hergestelltes Brötchen als Preiseinstiegsprodukt, das unterhalb des Niveaus unserer handgedrückten Brötchen liegt.“ Die Handgedrückten für 50 ct seien die absoluten Bestseller in der Range, erklärt der Chef. Der Teigling wird maschinell hergestellt, aber von Hand geformt.

„Endkonsequent überlegen, was man will“

Das Absetzen der Teiglinge läuft programmgesteuert und bei Plentz fünfreihig. „Zur Einstellung der Absetzbilder hat uns König einen erfahrenen Mann an die Seite gestellt. Er kam zur Einarbeitung in den Betrieb und einen Monat später ein zweites Mal, um das eine oder andere nachzujustieren. Selbstkritisch gesehen, hätten wir die Details perfekter definieren müssen: Was soll auf welches Gärgut wie wo abgesetzt werden?“ Er empfehle jedem Kollegen, an diesem Punkt groß und endkonsequent zu überlegen, was man will. Das mache die Einarbeitung leichter.

Nach dem Aufarbeiten werden die Teiglinge in Dielen abgesetzt, schonend über eine Kühlkurve geführt – nicht gefrostet – und mit dem Kühlfahrzeug in die Filialen geliefert. Manchmal müssten sie im Geschäft nachgegart werden. „Im Idealfall sind sie ¾ gegart und müssen zum Abbacken nur noch gewendet und etwas akklimatisiert werden.“ Gebäcke, die in kleineren Stückzahlen verkauft und deshalb nur an zwei oder drei Tagen die Woche gebacken werden (wie Rosinenbrötchen, Schnecken oder Dinkelstangen),

www.brotundbackwaren.de 02/2024 VOR-ORT-TERMIN 12
Die Kopfmaschine Classic Rex (Foto oben) wird über eine Hebe-Kipp-Anlage (Foto unten) beschickt, die sich im Bestandsbau befindet

Foto links: Die Bäckerei produziert u.a. die Kaiserbrötchen auf der Eco Twin, Foto rechts: Die Handgedrückten sind die Bestseller bei Plentz. Die Teiglinge werden maschinell hergestellt, aber von Hand geformt.

kommen in die Tiefkühlung und werden nach Bedarf für den nächsten Tag kommissioniert.

Das Potenzial des Houski-Stempels

Für die Zukunft denkt man bei Plentz über die maschinelle Herstellung eines Ackerbohnenbrötchens nach und wie sich das Potenzial des Houski-Stempels – noch setzt die

Bäckerei ihn nicht ein – nutzen lässt. Karl-Dietmar Plentz: „Der Stempel erzeugt ein Zopfmuster. Fast meint man, der Zopf ist echt. Mit überschaubarem Aufwand lässt sich also eine hohe Produktwertigkeit erreichen. Ich kann mir den Stempel gut im Einsatz für ein hochpreisiges, besaatetes Gebäck vorstellen, vielleicht für einen Sesamzopf.“ +++

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Das Hauptgeschäft in Schwante, links im Vordergrund der Holzbackofen

„Bäcker Plentz, das ist einer von uns“

+Die Bäckerei Plentz lebt Regionalität seit Jahren, lange bevor das Thema schick wurde. „2002 haben wir begonnen, unser eigenes Getreide anzubauen, und zwar eine alte Sorte mit dem klangvollen Namen ChampagnerRoggen“, erzählt Karl-Dietmar Plentz und verschweigt die Herausforderungen nicht. „Man muss schon ein bisschen leidensfähig sein. 2023 haben wir gebangt, ob die Backfähigkeit überhaupt ausreicht.“ Heidelbeeren, Erdbeeren oder Eier bezieht die Bäckerei ebenfalls aus der Region und weil sie ihren Kunden von den heimatnahen Kooperationen erzählt, kann das Konzept auch wirken. „Zur Ehrlichkeit gehört andererseits“, sagt er, „dass keine Bäckerei rein regional funktionieren kann.“ In Brandenburg werde schließlich kein Sesam angebaut.

Die Bäckerei nutzt Convenience, wo sie gebraucht wird, und kauft das eine oder andere Croissant zu. Damit geht man offen um. Plentz: „Dafür setzen wir bei unseren eigenen Backwaren unsere Leidenschaft fürs Handwerk voll in Szene und bemühen uns, Produkte zu backen, die nicht vergleichbar sind, wie das Ackerbohnenbrot oder unsere Holzofenbrote. Das ist unsere Strategie.“

Die Holzofenbacktage

Freitags und samstags sind Holzofenbacktage. Dann werden Bauernbrote, Kräuterbrote, aber auch Streuselkuchen in dem gemauerten Holzbackofen gegenüber dem Hauptgeschäft gebacken. Das Angebot zieht und lockt selbst Kunden aus dem rund 25 km entfernten Berlin zum „Ausflug“ nach Brandenburg. Viele nehmen bei der Gelegenheit gerne zwei, drei Brote mehr zur Bevorratung mit nach Hause.

Das Leitungsteam des Familienunternehmens ©

„Die Leute kaufen fürs Gefühl, nicht um satt zu werden“, ist sich Plentz sicher.

Auf Brote und Brötchen entfallen jeweils rund 30 % vom Umsatz. Im süßen Bereich werden Teilchen wie Schnecken weniger häufig nachgefragt, dafür die Blechkuchen (22 Sorten) und die Pfannkuchen (Krapfen) – sie werden übers ganze Jahr verkauft – umso mehr. Im letzten Quartal des Jahres führen die handgemachten Dominosteine das Umsatzranking an. Ein Wachstumsmarkt sind die Snacks (12,5 % Umsatzanteil).

Ihre Produkte verkauft die Bäckerei überwiegend über die neun eigenen Filialen. Allesamt sind umsatzstarke Standorte mit dem Schwerpunkt Bäckerladen und einem angeschlossenen Café. 5 % der Einnahmen steuert das Online-Geschäft bei, das nur in den letzten Monaten des Jahres richtig gut läuft, und einen marginalen Anteil das Liefergeschäft.

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Das Beste aus unseren Werken Europas für Deutschland und Österreich. BAKELS verdankt seinen Namen Henrik A. Bakels, der 1904 in Amsterdam sein Geschäft eröffnete. 1943 folgte die Eröffnung der Produktion in Göteborg. Seither wächst die BAKELS-Gruppe stetig und liefert weltweit qualitativ hochwertige Backgrundstoffe. Bakels Deutschland GmbH | 12526 Berlin | Tel: +49 30 5038 0930 | buero.berlin@bakelsdeutschland.de www.bakelsdeutschland.de Zertifizierungen

15 PORTRÄT www.brotundbackwaren.de 02/2024
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© Plentz Ackerbohnenbrot Brot aus dem Holzofen

Nähe zum Kunden

Eine soziale, christliche Werteorientierung prägt das Unternehmen. Das drückt sich u. a. in einem buchstäblichen Miteinander mit den Kunden aus. „An den Orten, an denen wir vertreten sind, leben wir mit den Menschen.“ Plentz erklärt: „Wir haben ein offenes Ohr, wenn die Feuerwehr anruft und Rabatt für die Brötchen zum Feuerwehrfest erfragt. Wir organisieren Backofen- oder Erntedankfeste, spenden für Fußballvereine, arbeiten mit Kulturkreisen zusammen, Chören oder Kleingartenvereinen.“ Er weiß auch: „Bäckereicafés, wie wir sie betreiben, sind im ländlichen Raum manchmal der letzte Treffpunkt, der noch funktioniert. In unseren Cafés treffen sich junge Mütter, um sich auszutauschen, es gibt Stammtische von Postangestellten oder Unternehmern. Wir forcieren diese Begegnungen sehr.“ In der Nähe zum Kunden sieht der Firmenchef eine der größten Stärken seines Betriebes. „Wir sind gerne Gastgeber. Das liegt in unserer DNA. Und die Kunden wissen: Bäcker Plentz, das ist einer von uns.“

Mehr Bewerber als freie Azubi-Stellen

Nähe wird genauso gegenüber den 170 Mitarbeitern gelebt. Kein Wunder, dass Fluktuation bisher kein Thema war. Allerdings stellt man, wie überall, mittlerweile leichte

Abwanderungsbewegungen fest. Was die Azubis anbelangt, muss sich Karl-Dietmar Plentz keine Sorgen machen. „Wir haben mehr geeignete Bewerber als freie Stellen.“ Auch in der Produktion sei man gut aufgestellt. Die Herausforderung läge aufgrund eines hohen Krankenstands im Verkauf.

Der Generationswechsel

Als Bereicherung empfindet der Firmenchef die neu geschaffene Position des Personalentwicklers. „Er trainiert unsere Nachwuchsführungskräfte und Teamleiter, coacht zu Aufgaben wie ‚Wie kritisiert man, ohne zu verletzten?‘ oder ‚Wie bereitet man die Jahresgespräche vor?‘ Mir hilft er als Mediator, wenn Disharmonien unter Mitarbeitern auftreten, und er begleitet unseren Firmenübergabeprozess.“

Die Bäckerei bleibt in Familienhand. Noch hält Karl-Dietmar Plentz das Gros der Anteile. Nach und nach überträgt er die Verantwortung an seine Tochter Emelie Albe (Prokuristin und zuständig für den Verkauf), Schwiegersohn Ralph Keidel (Kaufmännischer Geschäftsführer) und Schwiegersohn und Bäckermeister Maximilian Schöppner (Bereichsleitung Produktion). Sein Sohn Max arbeitet als Bäcker im Unternehmen und seinem Großcousin Alexander Plentz unterliegt die Teamleitung im Marketing.

Sonntags nie

Die Filialen haben sechs Tage die Woche geöffnet, nur sonntags nie. „Ich weiß ganz sicher, dass wir sonntags gute Geschäfte machen würden. Dennoch haben meine Frau und ich von Beginn an entschieden: Der Sonntag gehört der Familie. Wir halten uns an die alte christliche Regel. In Bezug auf Mitarbeiter spielt uns das in die Karten, denn es macht uns attraktiv für Bewerber aus der Gastronomie. Bei uns arbeiten viele gute Leute im Verkauf, die aus der Gastronomie stammen. Sie sehen den Kunden nicht als Kunden, sondern als Gast. Darin liegt ein großer Unterschied.“ Was Karl-Dietmar Plentz betont: „Ich verurteile niemanden, der 7 Tage die Woche arbeitet. Aber wir haben uns für diesen Weg entschieden.“ +++

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Foto links: in der Konditorei, rechts: Nähe zu den Mitarbeitern ist dem Unternehmer wichtig
© Baumfalk
Karl-Dietmar Plentz teilt seine Lebenserfahrungen gern und hat sie u. a. in zwei Büchern niedergeschrieben © Plentz

Backen ohne Gare

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„Das

Funktionieren von

AIBI

ist eine gemeinsame Verantwortung unserer Branche“

Seit 2022 ist Georg Heberer Präsident der AIBI. Im Interview mit brot+backwaren berichtet er über die Entwicklung der europäischen Backwarenmärkte in seiner Amtszeit sowie über Ziele und Zukunft der AIBI.

+b+b: Herr Heberer, mit dem AIBI-Kongress in Hamburg im Mai 2024 endet turnusgemäß Ihre zweijährige Amtszeit als AIBI-Präsident. Es war für nahezu alle Menschen in Europa eine wirtschaftlich, politisch und gesellschaftlich herausfordernde Zeit. Welches waren die größten oder wichtigsten Probleme, die die AIBI und Sie als ihr Präsident meistern mussten?

Georg Heberer: Die aufeinanderfolgenden Krisen und der instabile geopolitische Kontext haben die sozioökonomische Nachhaltigkeit des Sektors ernsthaft gefährdet. Viele Betreiber arbeiten unrentabel, manchmal über lange Zeiträume, und waren gezwungen, ihre Kapazitäten zu reduzieren oder zu schließen. Die Covid-Krise und der Krieg in der Ukraine haben andere, aber ebenso schwierige Fragen aufgeworfen. Die Schlüsselparameter dieser Situationen sind der Zugang zu Rohstoffen, der Zugang zu erschwinglicher Energie, die Arbeitskräfte und ihre Entwicklung sowie die regulatorischen Zwänge, die auf der Ausrüstung und dem Betrieb der Unternehmen lasten. Unsere Branche musste ihre Widerstandsfähigkeit entwickeln und ständig lernen, in einem sich verändernden Umfeld zu arbeiten. Volatilität ist heute ein wichtiger Bestandteil unseres Geschäfts.

b+b: Die AIBI setzt sich aus vielen nationalen Verbänden zusammen. Der Warenaustausch zwischen den Ländern ist nicht der dominierende Faktor für die Firmen, die diesen Verbänden angehören. Sie sind stark von den Bedingungen auf den heimischen Märkten abhängig, gleichzeitig aber

Georg Heberer, Gesellschafter der Wiener Feinbäckerei Heberer GmbH, Mühlheim, wurde auf der AIBI-Tagung 2022 in Bled in Slowenien von den Mitgliedern der AIBI (International Association of Plant Bakers) zu dessen Präsidenten gewählt. Die Amtszeit läuft turnusgemäß zwei Jahre und endet mit der Neuwahl auf der Mitgliederversammlung, die diesmal am 23. Mai 2024 in Hamburg stattfindet.

INTERVIEW 18

auch von den in Brüssel beschlossenen Regeln und Normen betroffen. Auf welchen Gebieten war die AIBI aktiv?

„Unsere Branche musste ihre Widerstandsfähigkeit entwickeln und ständig lernen, in einem sich verändernden Umfeld zu arbeiten. Volatilität ist heute ein wichtiger Bestandteil unseres Geschäfts.“

Heberer: Es stimmt, dass die Bäckerei tief in der nationalen und lokalen Kultur verwurzelt ist und daher ein relativ lokales Geschäft ist. Es wäre jedoch falsch zu glauben, dass ein solches Mosaik der dominierende Aspekt unseres Geschäfts bleibt. Zwar werden einige der grundlegenden rechtlichen Aspekte auf nationaler Ebene festgelegt – vor allem historische messtechnische Aspekte, das Gewicht von Brot, was es enthalten darf und was nicht usw. –, doch wird ein sehr großer Teil der Vorschriften, die die Herstellung, den Betrieb und das Schicksal unserer Produkte bestimmen, heute auf EU-Ebene festgelegt. Um nur einige zu nennen: Sicherheit, Schadstoffe in Rohstoffen, Etikettierung usw. sind allesamt durch EU-Rechtsvorschriften geregelt. Auch die allgemeine politische Agenda wird auf EU-Ebene unter aktiver Mitwirkung der Mitgliedstaaten festgelegt. Die „Farm to Fork“Strategie und ihr Ziel, das Lebensmittelsystem in Europa umzugestalten, ist kein theoretisches und abstraktes Konzept, das irgendwo in Brüssel herumgeistert, sondern ein strategischer Weg, der die Unternehmensstruktur und -strategie grundlegend beeinflusst. In ähnlicher Weise hat der Green Deal eine laufende systemische Umgestaltung unseres Sektors und seiner Beziehung zur Nachhaltigkeit angeregt. Ein wachsender Anteil unserer Mitgliedsunternehmen ist grenzüberschreitend tätig. Der Austausch von Produkten zwischen europäischen Ländern (und sogar darüber hinaus) ist Teil des heutigen Bäckereigeschäfts; natürlich ist dies für frische Produkte noch relativ begrenzt, aber abgepackte, Bake-off- und Tiefkühlprodukte lassen sich leicht transportieren. AIBI ist unsere Schnittstelle und unsere Stimme zu all diesen Aspekten, die das Schicksal und die Strategie unserer Branche grundlegend beeinflussen.

b+b: Wenn ein Unternehmer Sie heute fragen würde: „Was hat mein Betrieb konkret davon?“ Was würden Sie ihm antworten?

Heberer: Man könnte die Frage auch andersherum stellen: Wie kann ein moderner Bäckereiunternehmer oder ein größeres Unternehmen ohne diese Unterstützung funktionieren oder gar überleben? Die Existenz und das Funktionieren von AIBI ist eine gemeinsame Verantwortung unserer Branche. In einem immer komplexer werdenden politischen und regulatorischen Umfeld sind der Erfolg und die Existenz eines jeden Wirtschafts- oder Industriesektors davon abhängig,

dass er die Entwicklungen beherrscht und eine starke und glaubwürdige Vertretung sicherstellt, um sie zu beeinflussen. AIBI ist eine Anlaufstelle für Informationen, ein Inkubator für die strategische Positionierung des Sektors und ein Arm für proaktives Eingreifen mit seinen Mitgliedern in potenziell allen Bereichen, die das Bäckereigewerbe auf EU- und nationaler Ebene betreffen. Die Mitgliedschaft im AIBINetzwerk bedeutet, dass man über regulatorische Änderungen informiert wird, bevor sie umgesetzt werden, und dass man, wenn möglich, konsultiert und in den Entwurfsprozess einbezogen wird, dass man die Möglichkeit hat, an der strategischen Positionierung des Sektors zu allgemeinen oder spezifischen Themen mitzuwirken, und dass man als verantwortungsvoller Akteur in der Bäckereibranche anerkannt wird.

b+b: Die Interessen der Branche in Brüssel zu Gehör zu bringen, ist schwierig ohne ständige Präsenz dort. Wäre das ein Ziel für die Zukunft der AIBI?

Heberer: AIBI wurde 1956 gegründet und hat seit 2011 ein ständiges Büro in Brüssel. Das AIBI-Büro befindet sich am schönen Grand Place in Brüssel, in einem der bekanntesten historischen Gebäude der Stadt, dem „Maison des Brasseurs“. Für einen Sektor, der zu den drei größten Lebensmittelproduktionssektoren gehört, ist es natürlich von größter Bedeutung, im Herzen Europas und seiner Institutionen sichtbar und aktiv präsent zu sein. Es ist die tägliche Aufgabe dieses Büros und seines Generalsekretärs, die Schnittstelle zu diesen Institutionen und zu anderen Interessengruppen zu gewährleisten.

„In einem immer komplexer werdenden politischen und regulatorischen Umfeld sind der Erfolg und die Existenz eines jeden Wirtschafts- oder Industriesektors davon abhängig, dass er die Entwicklungen beherrscht und eine starke und glaubwürdige Vertretung sicherstellt, um sie zu beeinflussen.“

b+b: Netzwerke über Landes- und Branchengrenzen hinweg sind heute das A und O. Haben Sie und die AIBI es geschafft, die Backbranchen der einzelnen Mitgliedsländer näher zusammenzuführen und darüber hinaus mit vor- und nachgelagerten Branchen ein schlagkräftiges Netzwerk zu bilden?

Könnten Sie uns das vielleicht an Beispielen erläutern?

Heberer: Die Beeinflussung des politischen und regulatorischen Prozesses hängt heute auch oft von Ad-hoc-Allianzen mit gleichgesinnten Interessengruppen ab, und es ist eine der Aufgaben von AIBI, in solchen Netzwerken mitzuwirken. Wir arbeiten laufend mit der Brot-Initiative zusammen, einer Plattform, die industrielle und handwerkliche Bäcker,

19 INTERVIEW www.brotundbackwaren.de 02/2024

„Wir erwarten, dass die Nachhaltigkeitssitzung auf der AIBI-Tagung in Hamburg den Weg für einen Kettenansatz für ein ehrgeiziges Projekt der regenerativen Landwirtschaft ebnen wird.“

Mühlen, Lieferanten von Zutaten und Hefeproduzenten zusammenbringt; sie ist gewissermaßen das Herzstück der Wertschöpfungskette im Bäckereiwesen. Wir entwickeln und/oder beteiligen uns auch an bilateralen Kontakten und Ad-hoc-Plattformen, die sich zu regulatorischen Fragen bilden. Zu den jüngsten Beispielen gehören eine gemeinsame Initiative zum Thema Zuckerverfügbarkeit oder eine Plattform, die eingerichtet wurde, um besorgniserregende Entwicklungen bei der Verfügbarkeit von Rodentiziden, Mitteln zur Schädlingsbekämpfung, anzugehen. AIBI ist auch Unterzeichner/Mitglied des EU-Verhaltenskodex für verantwortungsvolle Geschäfts- und Vermarktungspraktiken bei Lebensmitteln, der ein wichtiges Instrument für die Zusammenarbeit zwischen Behörden, Lebensmittelverarbeitern und ihren vorund nachgelagerten Partnern ist. Als Verband zählt AIBI die nationalen Bäckereiverbände zu seinen Mitgliedern. Wir sind stolz darauf, dass wir nach dem jüngst erfolgten Beitritt der slowakischen und polnischen Verbände inzwischen 15 solcher Verbände zählen können.

Thema Märkte

b+b: Kommen wir zu einem anderen Thema, dem europäischen Backwarenmarkt. Gibt es deutliche Veränderungen in der Anbieterstruktur? Gewinnen die Industriebetriebe Marktanteile in Europa und wie beurteilen Sie die Situation in Deutschland?

Heberer: Die Situation kann von Land zu Land leicht variieren. Im Allgemeinen haben die aufeinanderfolgenden Krisen die Widerstandsfähigkeit der Lebensmittelerzeuger auf die Probe gestellt. Die steigenden Produktionskosten treffen sowohl die Großbäckereien als auch die handwerklichen Erzeuger, wobei die großen Backbetriebe dank der Größenvorteile im Durchschnitt etwas besser dastehen. In Verbindung mit der allgemeinen Inflationstendenz scheinen

die Verbraucher mehr auf den Brotpreis zu achten und sich daher eher an die Supermärkte zu wenden, wo sie frische Qualitätsprodukte, die jetzt oft direkt im Laden zubereitet werden, zu einem günstigeren Preis finden. Es besteht der Eindruck, dass der Umsatz der Supermärkte auf Kosten des handwerklich hergestellten Brotes steigt. Trotz eines gewissen Mengenwachstums bedeutet dies nicht unbedingt, dass es für die industriellen Bäcker einfach wird, denn sie sehen sich mit hohen Produktionskosten, Schwankungen und weiterem Margendruck konfrontiert. Es bedeutet auch nicht, dass ein strategischer Schritt zur Übernahme von Marktanteilen unternommen wird. In diesem Zusammenhang geht es eher darum, unser tägliches Brot auf den Tisch zu bringen – ob es nun aus dem Supermarkt oder von einem handwerklichen Bäcker kommt –, als um den Kampf um ein paar Punkte Marktanteil. Die Koexistenz von handwerklicher und industrieller Produktion ist für beide Seiten von Vorteil, und es besteht ein klares Bewusstsein dafür, dass beide Produktionsweisen nachhaltig existieren müssen.

b+b: Zwischen Hersteller und Endverbraucher stehen häufig Lebensmitteleinzelhandel, Gastronomie und Lieferservices. Haben sich in diesem Feld wesentliche Veränderungen in den vergangenen Jahren ergeben und wie wirken die sich aus?

Heberer: Ich würde nicht sagen, dass Einzelhändler und andere zwischen Erzeugern und Verbrauchern stehen, aber sie sind Teil einer Kette, die von der Primärproduktion bis zum Brot auf unseren Tischen reicht. Wenn die Krise irgendetwas Gutes gebracht hat, dann wahrscheinlich den Sinn für die Kette und die Partnerschaft, im Gegensatz zu einer segmentierten, rein kommerziellen Beziehung. Ich glaube, das Bewusstsein für die Notwendigkeit, die Lieferkette als Partnerschaft zu betrachten, ist gewachsen. Das zeigt sich

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© Jonas Weinitschke –stock.adobe.com
Website AIBI-Kongress in Hamburg/Deutschland: www.aibicongress.eu

zum Beispiel sehr deutlich in unseren Überlegungen zur Nachhaltigkeit, wo wir erkennen, dass wir eindeutig im selben Boot sitzen und gemeinsam den richtigen Weg nach vorne finden müssen.

b+b: Die Rohstoffmärkte sind für alle Backbetriebe eine einzige Herausforderung. Die Lieferanten werden größer, internationaler und der Einfluss von Spekulanten auf die Rohstoffpreise ist nicht zu übersehen. Kann sich die Branche überhaupt noch frei entfalten und welche Möglichkeiten sehen Sie beispielsweise auch in Brüssel, für mehr Freiräume zu sorgen?

Heberer: Ich denke, eines der Schlüsselwörter, wenn es um Rohstoffe geht, ist Volatilität. Wir haben gesehen, dass nicht nur die Verfügbarkeit einiger Inhaltsstoffe plötzlich infrage gestellt werden kann, sondern dass sie auch erheblichen Preissteigerungen ausgesetzt sein können. In einigen Fällen kann eine kurze lokale Lieferkette eine Lösung sein, in anderen Fällen können die Internationalisierung der Versorgung und die Diversifizierung der Quellen helfen. Wichtig sind auch das Vertrauen und die Robustheit der Lieferantenbeziehungen. Wir stehen vielleicht am Vorabend eines Umdenkens im sozioökonomischen System Europas. Gemeinsam mit unseren Kollegen von der Brot-Initiative haben wir einige Ideen für die Europawahlen und den nächsten politischen Zyklus, der darauf folgt. Wir sehen Chancen in Bezug auf den Zugang zu Rohstoffen, den Zugang zu Energie, die Nachhaltigkeit unseres Sektors und den Mangel an Arbeitskräften.

„Ich glaube, das Bewusstsein für die Notwendigkeit, die Lieferkette als Partnerschaft zu betrachten, ist gewachsen. Das zeigt sich zum Beispiel sehr deutlich in unseren Überlegungen zur Nachhaltigkeit, wo wir erkennen, dass wir eindeutig im selben Boot sitzen und gemeinsam den richtigen Weg nach vorne finden müssen.“

b+b: Welche Konsumtrends sehen Sie auf dem europäischen Backwarenmarkt?

Heberer: Die gesamte Lebensmittelbranche, und damit auch der Brotbereich, unterliegen vielfältigen Trends, die von Verbraucherseite aufgestellt werden. Manche sind nur kurz von Bedeutung, andere halten sich etwas länger. Wichtig ist zweierlei: Unsere Branche muss auf solche Trends angemessen reagieren, etwa auf die Trends Vegetarisch und Vegan, Dinkel oder den Wunsch nach einer Salzreduktion. Andererseits dürfen wir nicht vergessen, dass Brot unangefochten ein wertvolles Grundnahrungsmittel

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ist und bleibt und vonseiten der Kunden ein sehr hohes Ansehen genießt. Dafür müssen wir auch zukünftig Qualität liefern!

AIBI-Tagung in Hamburg

b+b: Die AIBI tagt in diesem Jahr in Hamburg, was werden die wichtigsten Themen sein?

Heberer: Die AIBI-Kongresse sind eine Gelegenheit, eine Bestandsaufnahme zu machen, wichtige Themen anzusprechen und einen Blick in die Zukunft zu wagen. Die diesjährige Ausgabe vom 22. bis 24. Mai 2024 in Hamburg wird nicht von dieser Praxis abweichen. Wir haben beschlossen, den Kongress in drei Sitzungen zu strukturieren, die jeweils der Nachhaltigkeit, der Herausforderung der Arbeitskräfte und der Digitalisierung sowie einem Überblick über internationale Entwicklungen gewidmet sind. Wir erwarten, dass die Nachhaltigkeitssitzung den Weg für einen Kettenansatz für ein ehrgeiziges Projekt der regenerativen Landwirtschaft ebnen wird. In der Sitzung zum Thema Arbeitskräfte wollen wir uns mit einem gesellschaftlichen und praktischen Ansatz für das Problem der Verfügbarkeit von Arbeitskräften befassen, mit dem die meisten Sektoren konfrontiert sind. Die internationale Sitzung bietet die Möglichkeit, aus erster Hand von Bäckereikollegen aus anderen Regionen zu hören. Alle Informationen und Anmeldungen sind bis zum 13. Mai verfügbar, aber die Plätze sind begrenzt, sodass es besser ist, sich jetzt einen Platz zu sichern.

b+b: Wie viele Gäste erwarten Sie zum Kongress in der Hansestadt und wie stark wird die Beteiligung aus anderen Branchen sein?

„IREKS ist im Grunde mein Leben“: Hans Albert Ruckdeschel feiert 80. Geburtstag

Am 26. März 2024 feierte Dipl.-Kfm. Hans Albert Ruckdeschel, geschäftsführender Gesellschafter der IREKS GmbH, seinen 80. Geburtstag. Seit mehr als fünf Jahrzehnten trägt er die Verantwortung für die Geschicke der Unternehmensgruppe. Unter seiner Führung entwickelte sich IREKS von einem Unternehmen mit rund 900 Beschäftigten zu einer weltweit tätigen Firmengruppe mit über 3.000 Mitarbeitern. Über 30 Jahre verantwortete er das Braumalzgeschäft und weitere zentrale Funktionen des Unternehmens. Auch heute noch hat Hans Albert Ruckdeschel verschiedene Mandate inne und gibt der gesamten IREKS-Gruppe wichtige Impulse für eine stetige Weiterentwicklung. +++

Heberer: Eines der Merkmale des AIBI-Kongresses ist seine relativ kleine und hochrangige Teilnehmerzahl. Dies begünstigt im Vergleich zu anderen Geschäftsgelegenheiten ein hochwertiges Networking. Wir erwarten etwa 120 Teilnehmer, darunter auch Vertreter der wichtigsten Lieferanten und nachgelagerten Partner.

b+b: Ihre Amtszeit als AIBI-Präsident geht zu Ende. Beabsichtigen Sie, sich zur Wiederwahl zu stellen, oder wer hat die besten Chancen, Ihr Nachfolger zu werden?

Heberer: Gemäß der AIBI-Praxis endet die Amtszeit des amtierenden Präsidenten mit dem Kongress. Eine Wiederwahl ist nach unserer Satzung nicht vorgesehen. Die Nachfolge wird im Voraus geplant und wir haben sie bereits vorbereitet. Die Teilnehmer des Kongresses werden unseren Vorschlag als Erste erfahren, aber natürlich werden wir kurz danach öffentlich kommunizieren.

b+b: Wenn Sie zurückblicken, was war für Sie das erfüllendste Ereignis während Ihrer Präsidentschaft?

Heberer: Gefreut hat mich, dass wir die Zusammenarbeit in den Gremien der AIBI deutlich intensivieren konnten. Die Aufnahme zweier neuer Mitglieder ist ein starkes Signal für die Bedeutung unserer Organisation. Das ist ein tolles Ergebnis!

Ganz besonders dankbar bin ich aber für die Unterstützung, die ich während meiner gesamten Präsidentschaft durch meinen Vize, Herrn Jean-Manuel Leveque, erfahren habe. Er war stets ein loyaler und verlässlicher Ratgeber an meiner Seite! Merci beaucoup!

b+b: Herr Heberer, vielen Dank für unser Gespräch. +++

Chefwechsel bei Lantmännen Unibake Germany

Henrik Frøkjær übernimmt am 1. Mai 2024 die Position des Geschäftsführers von Lantmännen Unibake Deutschland. Er folgt auf Robert Grimme, der nach acht Jahren erfolgreicher Tätigkeit bei Lantmännen Unibake Germany aus persönlichen Gründen entschieden hat, von seiner Position als Geschäftsführer zurückzutreten. Grimme wird innerhalb des Unternehmens eine neue Rolle übernehmen.

Henrik Frøkjær ist derzeit als Global Category Director Sweets bei Lantmännen Unibake International in Kopenhagen/Dänemark tätig und bringt fast 25 Jahre internationale Erfahrung mit. Vor seiner Tätigkeit bei Lantmännen Unibake war er in verschiedenen kaufmännischen Funktionen u.a. bei Arla, British American Tobacco und Scandinavian Tobacco Group tätig. +++

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Blick in die Zukunft

Zur 53. Wissenschaftlichen Informationstagung der Berlin-Brandenburgischen Gesellschaft für Getreideforschung (BBGfG) trafen sich am 18. und 19. Januar 2024 zahlreiche Experten des deutschen Getreide- und Backgewerbes sowie der Wissenschaft und der Zulieferindustrie in Berlin.

Autor: Prof. Dr. Eckhard Flöter, Chair of Food Process Engineering, Department of Food Technology and Food Chemistry, TU Berlin

+Die Wissenschaftliche Informationstagung beruht auf der Zusammenarbeit der TU Berlin, der Berliner Hochschule für Technik, dem MRI in Detmold und dem IGV in Nuthetal. In diesem Jahr stand die Thematik „Zukunftsfähigkeit des Weizenanbaus: Ressourcenschutz entlang der Wertschöpfungskette“ im Mittelpunkt des ersten Veranstaltungstages. Um diese zu erörtern, wurde die grundlegende Sachlage aus verschiedenen Perspektiven dargestellt. Zum einen ging es dabei um die Darstellung der übergeordneten Zielsetzung, die Bedeutung des Weizenanbaus im Klimaschutz bzw. die Bedeutung des Klimaschutzes für den Weizenanbau. Dementsprechend war der Vortrag „Mehr Klimaschutz aus Sicht der Politik in der Wertschöpfungskette Weizen“ von Dr. Wolfgang Zornbach, dem Leiter des Referats Klimaschutz, Klimaanpassung, Wasser im BMEL, nicht nur geeignet, um die politischen Rahmenbedingungen darzustellen, sondern sorgte sofort für angeregte Diskussionen.

Ein gemeinsames Projekt des Düngemittelproduzenten Yara, der Mühlengruppe Bindewald & Gutting und von Harry Brot war das verbindende Glied weiterer Vorträge. Das Potenzial, einen

wesentlichen Teil der Treibhausgasemissionen durch die Herstellung „grünen“ Düngers zu reduzieren, stellte Marco Fleischmann (Yara) deutlich dar. Er zeigte auch auf, dass hierfür geeignete Rahmenbedingungen erforderlich sind. Konstanze Fritzsch von der Mühlengruppe B&G fasste die gemachten Erfahrungen kompakt zusammen: „Der wissenschaftlich-fachliche Austausch und das gegenseitige Verständnis innerhalb der Wertschöpfungskette ‚Züchter–Landwirt–Mühle–Bäcker‘ ist der wichtigste Hebel, um die Anforderungen der Zukunft zu erfüllen.“

Dass insbesondere die Züchtung nicht im Zeitrahmen bis 2030, den die Politik vorgibt, Lösungen erarbeiten kann, konnte Professor Dr. Friedrich Longin (Landessaatzuchtanstalt, Universität Hohenheim) deutlich machen. Auch in seinen Ausführungen zu den beachtlichen Fortschritten in der Züchtung wird deutlich, dass zielführende Ansätze wohl nur im Miteinander der verschiedenen Spieler zu erwarten sind. Genau diese Notwendigkeit der Zusammenarbeit entlang der Wertschöpfungskette wurde, unter dem Titel „Wer muss wieviel beitragen? Lösungen finden anstatt Gründe dagegen!“, in einer Podiumsdiskussion unter der Leitung von Norbert Lötz (Harry Brot) diskutiert.

Die Vorträge des zweiten Tagungstages zeichneten sich durch wissenschaftliche und technische Bedeutung und ihre Relevanz für die Backwarenherstellung aus. Dr. Charlotte Stemler (KIT, Karlsruhe) referierte zur Substratspezifität von Backlipasen und deren Einfluss auf

die Backqualität Feiner Backwaren. Die vorgestellte Arbeit von Ulrike Vogt (TU München) richtet sich auf das bessere Verständnis von Benetzungsund Adhäsionsphänomenen von Weizenteigen. Sie unterstrich insbesondere die Bedeutung der Zusammensetzung der Teigbenetzungsflüssigkeit. Martin Heckl, der ebenfalls von der TUM anreiste, diskutierte die Anwendung von 3-D-Druck im Lebensmittel- und Backwarenbereich. Er zeigte auf, wie die Herausforderung der notwendigen thermischen Behandlung bei Backwaren gemeistert werden kann. Auch in diesem Jahr widmete sich ein Vortrag der Verträglichkeit von Brot. Die Arbeit von Dr. Julia Zimmermann wurde krankheitsbedingt durch Professor Longin vorgestellt und zeichnet sich dadurch aus, dass die Unterschiede in der Verträglichkeit von Weizen und Dinkel infrage gestellt werden.

Verleihung der Förderpreise

Das diesjährige Vortragsprogramm wurde neben den anregenden Diskussionen in den Pausen auch durch die traditionell vergebenen Preise komplettiert. Den Wissenschaftlichen Förderpreis 2024 des Verbandes Deutscher Großbäckereien, gestiftet zu Ehren von Prof. Dr. Matteï Rohrlich, erhielt Dr. Silvia Brandtner für ihre Dissertation mit dem Titel „Particlepolymer interfaces in foods – using artificial systems to analyze the impact of starch surface functionality“. Die Laudatio hielt der Hauptgeschäftsführer des Verbandes Deutscher Großbäckereien, RA Armin Juncker. Die Bäcker-Innung Berlin verlieh ihren diesjährigen Förderpreis an den

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Dr. Silvia Brandtner erhält den Forschungspreis Deutscher Großbäckereien von RA Armin Juncker © Verband Deutscher Großbäckereien

Verleihungen in Berlin

Preis der Bäcker-Innung Berlin: (v. l.)

RA J. Kamm, T. Adrian, C. Lutum

wissenschaftlichen Nachwuchs, an Torsten Adrian. Er wurde für seine Masterarbeit zur Verwertung von Mandelhaut aus einer mandelverarbeitenden Fabrik, die in Zusammenarbeit der Firma Moll Marzipan und der Berliner Hochschule für Technik entstand, ausgezeichnet. Die Obermeisterin der Bäcker-Innung Berlin Christa Lutum hielt die Laudatio.

Bäckermeister Tobias Exner, aus Beelitz, wurde für seinen Einsatz für

Preis der Bäckermeister Alfred Kühn Stiftung: (v. l.) E. Flöter, T. Exner, J. Kamm

das Bäckerhandwerk, sein besonderes Engagement für die Förderung des Nachwuchses der Branche und seine Innovationsfreudigkeit mit dem Preis der Bäckermeister Alfred Kühn Stiftung geehrt. Die Laudatio auf Tobias Exner hielt RA Johannes Kamm, Geschäftsführer der Bäcker-Innung Berlin. Mit dem Bernhard-van-Lengerich-Forschungspreis 2024 für innovative Forschungstätigkeiten und hervorragende Leistungen auf dem Gebiet der Lebensmittelwissenschaften wurde Dr. sc. agr.

Mein Brötchen-Veredler

Bernhard-van-Lengerich-Forschungspreis: (v. l.) E. Flöter, M. Afzal, F. Meuser

Muhammad Afzal ausgezeichnet. In seiner Laudatio unterstrich Prof. em. Dr. Dr. e.h. Friedrich Meuser die große Bedeutung der an der Universität Hohenheim verfassten Dissertation mit dem Titel „Deciphering the potential of large-scale proteomics to improve product quality and nutritional value in different wheat species“. Die Ziele der Informationstagung, zur sachlichen Diskussion anzuregen und den Nachwuchs zu fördern, wurden nun bereits zum 53. Mal erfüllt. +++

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Immer wieder neu (denken)

„Traditionell“ ist laut Mintel* und Backzutatenverband** ein Thema im Markt. Ist das wirklich so? Gibt es einen Trend zu traditionellen Gebäcken? Und falls ja, wie wird er umgesetzt? Wir haben bei Landesinnungsmeistern in Deutschland nachgefragt. Hier die Antworten, geordnet von Nord nach Süd.

Danach haben wir gefragt:

1) Wie ist Ihre Einschätzung, gibt es den Trend zu traditionellen Gebäcken wirklich?

2) Falls ja, wie wird er umgesetzt?

3) Von welchen Bäckereien wird er umgesetzt?

4) Von welchen Käuferschichten werden die Gebäcke nachgefragt?

5) Bitte nennen Sie uns ein Rezept eines „Hidden Champions“.

Typisch für unsere Region: Lauenburger Landbrot

Meiner Meinung nach gibt es tatsächlich einen Trend zu traditionellen Gebäcken. Die Bäckereien achten dabei auf eine herkömmliche, traditionelle Herstellung. Andererseits werden die Rezepturen teils modernisiert durch Sauerteiganlagen umgesetzt. Kleine genauso wie größere Betriebe reagieren auf die Nachfrage, die aus meiner Sicht von allen Käufergruppen ausgeht. Die kleineren Betriebe haben sicherlich den Vorteil, dass sie flexibler agieren und den einen oder anderen Kundenwunsch schneller umsetzen

können. Ein für unsere Region typisches Brot ist das Lauenburger Landbrot. Die Rezeptur entstand auf Anregung von Innungsobermeister Ludwig Flohr vor über 50 Jahren aus der Recherche alter Urkunden und Überlieferungen. Es ist ein Roggenmischbrot mit Buttermilchzusatz, starker Kruste und sehr elastischer Krume, das von fast allen Innungsbäckereien im Kreis Herzogtum Lauenburg gebacken wird. Bäcker- und Konditorenvereinigung Nord, Obermeister Dirk Baumgarten, Inhaber Bäckerei und Konditorei Baumgarten GmbH & Co. KG, Aumühle, Schleswig-Holstein

„Kleinere Betriebe haben den Vorteil, dass sie flexibler agieren und den einen oder anderen Kundenwunsch schneller umsetzen können.“

*siehe auch den Info-Kasten zur Mintel-Studie auf Seite 36, **Trendreport 2023 Backzutatenverband

www.brotundbackwaren.de 02/2024 TRADITIONELLE GEBÄCKE 26
© Baumgarten © Baumgarten Collage with Adobe pics © Landmagd

Traditionell ja, aber anders

Klassiker wie Butterkuchen, Hefekuchen mit Streuseln oder der gedeckte Apfelkuchen sind für uns total wichtige Produkte im Sortiment, die ein Stück weit eine Renaissance erleben. Wenn den Verbrauchern ein Produkt bekannt ist, fällt ihnen der Impulskauf leichter. Nach dem Motto „Daran kann ich mich erinnern, das hat mir früher schon gut geschmeckt“. Dabei ist es egal, ob man 15 oder 55 Jahre alt ist. Die Nachfrage ist generationenübergreifend. Trotzdem braucht es neben Dauerbrennern einen Wechsel und eine Lebendigkeit im Sortiment. Wir müssen immer wieder sowohl optisch als auch geschmacklich neue Anreize setzen.

Wobei man durchaus innovativ sein kann, wenn man traditionelle Gebäcke anbietet. Die Zimtschnecke ist ein schönes

Beispiel dafür. Zimtschnecken sind gerade insgesamt ein wichtiges Thema. Es geht nicht um das klassische Franzbrötchen aus klassischem Plunderteig, sondern um Gebäcke, die im Blech aneinander gebacken werden, und deshalb eine große Softigkeit mitbringen. Das kommt zurzeit bei den Verbrauchern gut an. Die Rezepturen müssen schließlich nicht zu 100 % die alten bleiben. Auch bei unserem Butterkuchen hat sich einiges verändert. Wir verfeinern heute mit Sahne und backen sehr kurz, um eine Fluffigkeit zu erreichen. Der Butterkuchen, den wir aktuell verkaufen, sieht deutlich anders als der von vor 20 Jahren. Das ist, glaube ich, das Gebot der Stunde, die Gebäcke ein Stück weit weiterzuentwickeln. Das macht sie immer wieder attraktiv. Es ist gut, alte Renner ab und zu wieder ins Programm holen. Wir schlagen heute häufiger in alten Sortimentslisten nach als noch vor fünf Jahren. Unseren Butterkuchen beispielsweise hatten wir lange Zeit nicht im Programm. Mittlerweile ist er im Dauersortiment fest verankert und liefert gute Verkaufszahlen. Sicherlich liegt es ein Stück weit auch daran, dass wir ihn im Frischempfinden an die aktuellen Verbraucheranforderungen angepasst haben.

Jürgen Hinkelmann, Landesinnungsmeister, Bäckerinnungsverband West, Geschäftsführer Bäckermeister Grobe GmbH & Co. KG, Dortmund/Nordrhein-Westfalen

„Es ist gut, alte Renner ab und zu wieder ins Programm holen. Wir schlagen heute häufiger in alten Sortimentslisten nach als noch vor fünf Jahren.“

Bobbes sind unsere Hidden Champions

Traditionelle Gebäcke sind zumindest aus unserer Sicht kein neuer Trend. Wir setzen seit langem auf ursprüngliche Backwaren, die generationenübergreifend gekauft werden. Besonders Dauergebäcke wie Nussecken, Nussschiffchen oder Bobbes* werden bei uns stark nachgefragt, also Gebäcke, die man früher in nahezu jeder Bäckerei vorfand, die heute aber seltener angeboten werden. Bobbes sind unsere Hidden Champions. Wir haben Kunden, die kommen extra aus

*Bobbes sind ein gerolltes Mürbteiggebäck mit Streuseln und einer Füllung aus Rosinen und Marzipan-Masse.

den Nachbarstädten zu uns, nur um sie zu kaufen. Wobei wir uns den Marktanforderungen anpassen und einen Teil unserer Bobbes mit Walnüssen füllen. Viele mögen heutzutage keine Rosinen.

Ein anderes Beispiel für ein traditionelles Gebäck aus unserer Region, dem Bergischen Land, das gut nachgefragt wird, ist der Roggenstuten. Er wird ohne Fett mit Weizen- und Roggenmehl (50:50) gebacken. Die Süße kommt ausschließlich über die

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Polheim
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Hinkelmann

Rosinen. Echte „Bergische“ essen den Roggenstuten mit grober Leberwurst. Wiederum halten die Rosinen manche vom Kauf ab. Alternativ bieten wir unser Nullbrot an, ein Kastenbrot mit 50:50 Weizen- und Roggenmehlanteil. Nullbrot leitet sich vom Namen einer Roggen-Weizen-Mischung einer ehemaligen Wuppertaler Mühle ab, die ihre Mehlmischung früher als Doppelnull bezeichnet hatte. Mein Vater erzählte mir davon. Wir backen viele Brotsorten noch nach den

Rezepten meines Vaters oder sogar Großvaters. Unsere Familie backt seit 1798 Brot. Es ist schön, dass die Kunden traditionelle Produkte nachfragen. Damit geht auch das Wissen über deren Herstellung nicht verloren.

Jörg von Polheim, Landesinnungsmeister, Bäckerinnungsverband West, Inhaber der Bäckerei von Polheim, Hückeswagen, Bergisches Land/Nordrhein-Westfalen

„Es ist schön, dass die Kunden traditionelle Produkte nachfragen. Damit geht auch das Wissen über deren Herstellung nicht verloren.“

Mit der Zimtschnecke ziehen wir die Generation Z an

Auch wenn wir in Thüringen eine lange Blechkuchen-Tradition haben, meiner Ansicht nach tendiert der Markt weniger zu den traditionellen Gebäcken, vielmehr in Richtung der Gebäckteilchen als Snack on the go, wie die Zimtschnecke. Auch spezielle Croissants wie Flat-Croissants und Macarons werden zurzeit geliebt. Die Größe einer Bäckerei spielt keine Rolle, ob man bei den Verbrauchern ankommt. Kleine Betriebe können sehr innovativ sein, einen tollen Standort haben und es boomt. Bei uns ziehen wir speziell mit der Zimtschnecke vor allem die Generation Z an. Mittlerweile wird sie aber von jeder Generation geliebt. Die Zimtschnecke wird ja auch auf den Social-Media-Kanälen stark bespielt. Das hilft, um die Nachfrage anzukurbeln. Landesinnungsverband für das Thüringer Bäckerhandwerk, Landesinnungsmeisterin Celestina Brandt, Geschäftsführerin Buttstädter Vollkornbäckerei GmbH, Buttstädt/Thüringen

„Meiner Ansicht nach tendiert der Markt weniger zu traditionellen Gebäcken, vielmehr in Richtung der Gebäckteilchen als Snack on the go, wie die Zimtschnecke.“

Der Geschmack

von früher oder neu entdeckt

Es ist wie bei so vielem heute: Es gibt nicht mehr nur den einen Trend. Dennoch sehe ich, dass bei traditionellen Gebäcken die Nachfrage spätestens seit Corona steigt. Ob er traditionell oder modernisiert umgesetzt wird, ist von Fall zu Fall verschieden. Soweit es geht, ist auch die Umsetzung traditionell. Bei manchen Gebäcken kommen wir um eine Modernisierung aber nicht umhin. Schmalz oder Talg im Stollen verprellt auch viele, die auf der Suche nach Tradition sind.

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© leopictures –stock.adobe.com © Brandt © Brandt © Polheim

Die Geschichte der Frankfurter Bethmännchen

Ende des 18. Jahrhundert kam der Pariser Konditor Jean Jacques Gautenier von der Seine an den Main. In Frankfurt wurde er von dem angesehenen Bankier Simon Moritz von Bethmann als Küchenchef engagiert. Zu Ehren der Familie formte er im Jahre 1838 aus der schweren, süßen Gebäckmasse für die Brenten, die schon damals als eine Frankfurter Spezialität galten, kleine Kugeln. Um der Familie eine Freude zu bereiten, schmückte er die Süßigkeiten mit jeweils vier Mandeln – für jeden der vier Söhne Moritz, Karl, Alexander und Heinrich eine. Als Heinrich 1845 mit 24 Jahren starb, wurden die „Bethmännchen“ nur noch mit drei Mandeln verziert.

Alle Handwerksbäckereien verspüren diesen Trend. Dabei sind kleinere Betriebe eher noch flexibler.

Die gesamte Bandbreite an Kunden fragt traditionelle Gebäcke nach. Ältere KäuferInnen suchen oft nach einem Geschmack aus der Kindheit oder von „früher“. Jüngere KundInnen empfinden traditionelle Gebäcke oft als „neu“ oder eine Art Entdeckungsreise in die Geschichte der Eltern oder Großeltern, wenn sie Backwaren aus Erzählungen kennen.

Ein typisches traditionelles Gebäck aus unserer Region sind die Bethmännchen, eine Frankfurter Spezialität aus Marzipan, Puderzucker, Rosenwasser und halben Mandeln. Bäckerinnungsverband Südwest, Landesinnungsmeister Andreas Schmitt, zuständig für das Gebiet Hessen, Geschäftsführer Cafe Ernst GmbH & Co.KG, Neu-Isenburg/Hessen

„Jüngere KundInnen empfinden traditionelle Gebäcke oft als ‚neu‘ oder eine Art Entdeckungsreise in die Geschichte der Eltern oder Großeltern.“

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© Schmitt

Ursprünglich für Bergmannsleute – der „Doppelweck“

Ja, auf jeden Fall gibt es den Trend. Die Herstellung der Gebäcke erfolgt traditionell, und zwar durch Handarbeit und mit traditionellen Rezepturen, die über Generationen weitergegeben werden. Insbesondere Handwerksbäcke reien setzen dies um. Gekauft werden die Produkte von allen Käufergruppen. Im Saarland ist der „Doppelweck“ eine Tradition und nicht mehr wegzudenken. Er entstand ursprüng lich für die Bergmannsleute. Nach ihrer schweren und an strengenden Arbeit im Bergwerk gingen die Bergmanns leute in die „Kaffeeküche“, welche jedes Bergwerk hatte, um ihr Bergmannsfrühstück einzunehmen. Aufgrund der schweren Arbeit reichte ein Brötchen aber nicht aus. Des halb setzten die Bäcker damals 2 Stücke des Weckteiges aneinander. So entstand der „Doppelweck“. Ein solches Bergmannsfrühstück bestand aus: 0,5 l Bier, Lyoner-Wurst und dem Doppelweck.

Bäckerinnungsverband Saarland, Landesinnungsmeister Hans-Jörg Kleinbauer, Inhaber Kleinbauer‘s Backstube, Saarbrücken-Scheidt/Saarland

Rezept „Doppelweck“:

1 kg Weizenmehl Typ 550

25 g Salz

25 g Hefe

30 g Brötchenbackmittel

0,550 l Wasser

Den Teig in 30 Teile teilen und rund formen. Dann jeweils 2 Teile aneinandersetzen. So erhält man 15 Doppelweck.

„Im Saarland ist der ‚Doppelweck‘ eine Tradition und nicht mehr wegzudenken. Er entstand ursprünglich für die Bergmannsleute.“

Traditionelle Rezepte, zeitgemäße Aufarbeitung

Dass es direkt ein Trend ist, würde ich eher nicht sagen, dennoch ist die Nachfrage nach Gebäcken, wie es sie früher gab, in der vergangenen Zeit gestiegen. Hierbei werden traditionelle Rezepturen mit zeitgemäßen Aufarbeitungsmethoden kombiniert. Die Nachfrage geht vor allem von den älteren Käufergruppen aus, andererseits probieren auch jüngere Kunden gern mal traditionelle Gebäcke aus. Ein Beispiel für ein traditionelles schwäbisches Gebäck ist der Flachswickel. (Rezeptur: 2.400 g Mehl, 350 g Eier, 700 ml Milch, 1.000 g Butter, 100 g Hefe, 10 g Salz, 350 g Zucker, abgeriebene Schale 1 Zitrone)

Bäckerinnungsverband Südwest, Vorsitzender Landesinnungsmeister Martin Reinhardt, zuständig für das Gebiet Baden-Württemberg, Inhaber der Bäckerei Reinhardt, Knittlingen/Baden-Württemberg

„Dass es direkt ein Trend ist, würde ich eher nicht sagen, dennoch ist die Nachfrage nach Gebäcken, wie es sie früher gab, in der vergangenen Zeit gestiegen.“
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© Kleinbauer © Kleinbauer © Reinhardt © Reinhardt

Natürlich gibt es diesen Trend. Gerade in Bayern sind traditionelle Gebäcke je nach Region auch sehr stark verbreitet. Zunächst müsste man aber festlegen, was denn ein traditionelles Gebäck ist. Die „Pfennigmuckerl“ sind z. B. ein solches Gebäck. Ein Mischbrotteig, aus dem kleinere runde Teigstücke aneinandergesetzt und gebacken werden. Vor langer Zeit haben die Gebäcke tatsächlich 1 Pfennig gekostet. Daher der Name. Ein anderes Beispiel sind die „Schuxen“, ein Siedegebäck aus einem Mischbrotteig, das man gerne als Beilage zu Gulasch oder Blut- und Leberwurst isst. Der Name leitet sich von seiner Form ab. Das ovale Gebäckstück erinnert an einen Schuh. Idealerweise sollte es nach dem Backen hohl sein. Es gibt allerdings nur wenige Betriebe, die

diese traditionellen Gebäcke ganzjährig anbieten.

Ein traditionelles Gebäck sollte man traditionell herstellen. Dennoch ist es sicherlich nicht verkehrt, wenn man sich ein bisschen anpasst. Entscheidend ist, dass die DNA erhalten bleibt und man anhand der Form, des Aussehens und des Geschmacks keine allzu großen Abweichungen/Veränderungen vornimmt. Im ländlicheren Raum in Bayern sind die traditionellen

Gebäcke deutlich stärker im Angebot vertreten als in der Großstadt. Außerdem haben die kleineren Bäckereien hier die Nase vorn.

Welche Käufergruppen die Produkte nachfragen, kann ich pauschal nicht beantworten. Gerade in der Großstadt werden die Gebäcke, insbesondere dann, wenn sie nicht zum Standardsortiment gehören, oftmals nicht gekannt. Das ist auf dem Land anders. Aber, wenn das Gebäck anspricht und schmeckt, dann erfreut sich Jung und Alt daran.

Landes-Innungsverband für das bayerische Bäckerhandwerk, Landesinnungsmeister Heinrich Traublinger, Geschäftsführer Bäckerei Traublinger GmbH, Heimstetten/Bayern

„Ein traditionelles Gebäck sollte man idealerweise traditionell herstellen. Dennoch ist es sicherlich nicht verkehrt, wenn man sich ein bisschen anpasst. Entscheidend ist, dass die DNA erhalten bleibt.“
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© Traublinger

Comeback der Klassiker

Trendig und traditionell – passt das zusammen? Sind bestimmte Gebäckgruppen gefragt? Oder Getreidesorten oder Herstellungsverfahren? Welche Käufergruppen bevorzugen Traditionelles, und warum? Auch bei Backzutatenanbietern in Deutschland und Österreich haben wir zum Thema traditionelle Gebäcke nachgefasst.

Weniger ein Trend, eher ein ständiger Begleiter

In der Neufassung der Leitsätze für Brot und Brötchen 2021 wurde das Thema traditionelle Herstellung und Rezeptur klar formuliert und abgegrenzt. Daher nutzen wir in diesem Zusammenhang die Auslobung Handwerkskunst in unserer Kommunikation. Wir sehen „Traditionelle Gebäcke“ nicht vornehmlich als Trend, sondern eher als einen ständigen Begleiter der Branche. Attribute wie Ursprünglichkeit und Authentizität sind für uns unmittelbar mit diesem Begriff verknüpft. Dies sind Eigenschaften, die auch der Verbraucher bei Backwaren schätzt und nachfragt. Veranschaulichen lässt sich dies z. B. an Gebäcken im Feinbackbereich, die diese Handwerkskunst ausdrücken. Süße Hefegebäcke sind für den Bäcker ein Segment mit großem Potenzial und für den Verbraucher einer der beliebtesten Snacks im Feinback-Segment. Konsumenten sind hier auf der Suche nach Gebäcken, die sie an ihre Kindheit erinnern und wünschen sich einen ursprünglichen, reinen Hefefeinteiggeschmack wie von Großmutter gebacken. Durch ein solches Sortiment mit authentischem Charakter und Geschmack kann der Bäcker seine Alleinstellung gegenüber dem LEH stärken.

Zeelandia GmbH & Co. KG, Frankfurt/Main Beliebter

© Zeelandia © Milton Buzon –stock.adobe.com www.brotundbackwaren.de 02/2024 TRADITIONELLE GEBÄCKE 32
Snack: Süße Hefegebäcke

Verbraucher wollen sich auf Gewohntes verlassen

Die Nachfrage nach Traditionellem und Ursprünglichem ist auf jeden Fall vorhanden. Ob es sich dabei um einen Trend handelt, können wir grundsätzlich nicht verifizieren oder falsifizieren.

Vor allem im Gebäckbereich (Brot, Kleingebäck) und bei Getreidesorten stellen wir eine Nachfrage nach Traditionellem fest. Zum Beispiel steigt der Wunsch nach

In

aufwühlenden

Zeiten ein Stück Sicherheit

Urgetreide, wie Dinkel. Die Herstellungsverfahren können sich über die Jahre verändern, doch die Qualität des Endprodukts soll für den Verbraucher gleichbleiben, wie zum Beispiel beim Original Kornspitz.

Deutschland und Österreich sind traditionelle Länder. Die Verbraucher greifen gerne auf bekannte Produkte zurück und wollen sich auf Gewohntes verlassen. Im Feingebäcksegment, bei Kuchen und Torten ist der Trend zu Neuheiten stärker ausgeprägt.

Zum Wunsch der Verbraucher nach Innovation besteht weniger eine Konkurrenz, vielmehr ist es ein Miteinander. So erwarten die Verbraucher ein gewisses Standardsortiment beim Bäcker, wollen jedoch auch ab und an eine Abwechslung bzw. etwas Neues ausprobieren.

backaldrin International The Kornspitz Company, Asten/Österreich

Mit unserem TrendReport 2022 und dem Update 2023 sind wir den vorherrschenden Trends in der Backzutatenbranche ausführlich auf den Grund gegangen. Bei der genaueren Betrachtung aktueller Themen im Zuge des Updates wurde „Traditionelle Gebäcke & Herstellung“ als einer von vier Kerntrends identifiziert. Unsere Mitglieder sehen eine Rückbesinnung auf Altbewährtes, Vertrautes, was in aufwühlenden Zeiten ein Stück Verlässlichkeit und Sicherheit bietet. Auf der anderen Seite lebt die Branche von Innovationen, vom Kreieren neuer, aufregender Geschmackserlebnisse. Beide Trends haben ihre Zielgruppen und können nebeneinander existieren, sich sogar gegenseitig befruchten, wenn etwa traditionelle Gebäcke neu interpretiert und mit einem gewissen Extra versehen werden.

Christof Crone, Vorsitzender und Geschäftsführer, Wissensforum Backwaren

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Die Nachfrage nach Brot „wie früher“ ist gestiegen

Trend ist natürlich ein sehr großer Begriff. Wir können als vornehmlich im B2B-Bereich agierender Getreidespezialist keine generelle, auf erhobenem Zahlenmaterial basierende Trendaussage über Verbraucherwünsche und den Markt allgemein aussprechen. Unsere Einschätzung fußt zum einen auf den Nachfragen und Gesprächen mit unserer Kundschaft aus der backenden Branche sowie den deutlichen, diesbezüglichen Zahlen bei unseren Absätzen im Bäckergeschäft. Die Nachfrage nach traditionellen Gebäcken, nach Broten „wie früher“ und nach Klein- und Feingebäck, „wie es sie bei Oma gegeben hat“, ist in den letzten fünf Jahren gestiegen und die Anfragen unserer Kundschaft vervielfachen sich laufend. Daher können wir den Trend bzw. die Sehnsucht nach traditionellen Gebäcken aus unserer Sicht bestätigen. Das Zukunftsinstitut hat seit längerem den Megatrend Sicherheit identifiziert, der mit unterschiedlichen Ausprägungen das Handeln der Bevölkerung seit Jahrzehnten beeinflusst und dem Wunsch, Altbekanntes zu genießen, vermutlich ein wenig mit in die Hände spielt. In unsicheren Zeiten, wie wir sie in den letzten Jahren hatten, wünscht man sich Geborgenheit, Vertrautes, Bekanntes, das keine Überraschungen birgt. Hierzu gehören auch Lebensmittel und damit Backwaren. Die Nachfragen ziehen sich durch das gesamte Produktangebot in Bäckereien. Urgetreide liegt im Trend und insbesondere Dinkel hat im zweiten Halbjahr 2023 nochmal erheblich Schwung bekommen. Unser Dinkelsortiment wird mit steigender Nachfrage angenommen, Monoprodukte

genauso wie Mühlenmischungen. Wir erklären uns das zum einen durch die vielen Gespräche mit Kunden auf der iba, wo Dinkel von uns stark in den Fokus gerückt wurde. Hinzu kommt aber auch der Wunsch aus der Bevölkerung, sich gesund und mit regional hergestellten Lebensmitteln zu ernähren. Traditionelles stellt für manche Teile der Kundschaft auch etwas Neues und damit aus ihrer Sicht Innovatives dar. Und auf der Basis eines traditionellen Gebäcks können auch innovative Veredelungen und Abwandlungen für neue Geschmackserlebnisse sorgen.

Jürgen Ellerkamp, Leiter Geschäftsbereich Bäckergeschäft, SchapfenMühle, Ulm

Ursprüngliches wird mit natürlicher Ernährung verbunden

Sauerteig in Backwaren und als Herstellungsverfahren entspricht genau dem Trend bzw. Wunsch nach traditionellen, ursprünglichen Gebäcken. Denn Fermentation ist bereits weit vor unserer Zeitrechnung bekannt gewesen und nach wie vor Grundlage vieler Lebensmittel – so auch in Brot, Brötchen und Co. Das Besondere liegt darin, dass sich Sauerteig in allen Backwaren einsetzen lässt und auch eingesetzt wird. Angeschoben wird die Nachfrage in erster Linie von Menschen, die sich für eine bewusste, genussvolle Ernährung interessieren und sich mit den Vorteilen von Fermentationsprodukten beschäftigen, die auf nachhaltige Produkte achten und sich allgemein viel mit Lebensmitteln beschäftigen. Oft werden traditionelle, ursprüngliche Gebäcke, die ein gutes Gefühl vermitteln, mit einer ausgewogenen, natürlichen Ernährung verbunden. Sauerteig hat nicht nur geschmackliche und ernährungsphysiologische Vorzüge, er macht die Backwaren auch länger haltbar für mehr Nachhaltigkeit –ein weiterer, wichtiger Trend, der hier eine große Rolle spielt. Damit hergestellte Teige haben eine bessere

Sauerteig-Backwaren

Quellung, eine höhere Elastizität und sind besser verarbeitbar. Ausgebacken überzeugen sie mit saftigerer Krume, verlängerter Krustenrösche, besserer Krustenbräunung und verbesserter Frischhaltung. Viele Gründe, die für traditionelle, mit Sauerteig gebackene Gebäcke sprechen und die möglichen Beweggründe hinter diesem Trend aufzeigen. Ernst BÖCKER GmbH & Co. KG, Minden

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SchapfenUrlaib
© SchapfenMühle
© BÖCKER

Nostalgische Erinnerung und Authentizität

Der Markt zeigt definitiv einen anhaltenden Trend zu traditionellem und authentischem Gebäck. Diese traditionellen Gebäcke setzen auf bewährte Rezepturen, Handwerkskunst und authentischen Geschmack. Die Gebäck-Klassiker sprechen verschiedene Zielgruppen an, von denen einige nostalgische Erinnerungen wiederaufleben lassen möchten, während andere die Werte von Authentizität und Ursprünglichkeit schätzen. Es scheint, dass traditionelles Gebäck nicht im Widerspruch zum Innovationswunsch der Verbraucher steht, sondern eine zeitlose Nische darstellt.

Martin Braun-Gruppe, Hannover

Eine weitere Möglichkeit zur gesunden Ernährung

Ein Trend zu traditionellen und hochwertigen Gebäcken ist ganz deutlich zu erkennen. Wir sehen dies auch an dem Erfolg vieler Bäckereien im Bereich traditioneller und handwerklicher Brotherstellung. Der Konsument ist bereit, mehr Geld für hochwertiges Brot oder auch Brötchen auszugeben. In traditionellen Herstellungsverfahren, der Verwendung von Sauerteigen sowie Urgetreidesorten, wie beispielsweise Emmer, sehen die Konsumenten aus meiner Sicht eine weitere Möglichkeit für eine gesunde Ernährung. Ein Beispiel ist unser Kneipp-Brot, das mit Inhaltsstoffen wie Brennnessel, Ringelblume und Melisse der Philosophie von Sebastian Kneipp entspricht.

Kai Rohde, Geschäftsführer BAKELS Deutschland GmbH, Berlin

35 TRADITIONELLE GEBÄCKE
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Frankfurter Kranz
© Martin Braun © BAKELS
Kneipp-Brot

Traditionelle Verfahren stehen hoch im Kurs

Traditionelles und Ursprünglichkeit liegen unserer Beobachtung nach im Trend – und zwar über alle Gebäckgruppen hinweg. Bei Broten und Kleingebäcken äußert sich das beispielsweise in einer großen Nachfrage nach Spezialitäten mit Dinkel, Einkorn, Emmer oder anderen Urgetreidesorten. Und auch Brote, die nach traditionellen Verfahren hergestellt wurden, stehen beim Verbraucher hoch im Kurs. Dazu zählen etwa der Einsatz von Vorteigen und eine lange Teigführung.

Bei Kuchen, Torten und anderen Feinen Backwaren entscheiden sich Konsumenten oft für Altbekanntes wie klassische Obstböden oder Käsekuchen. Gerade im süßen Bereich sind sie aber auch offen für moderne Varianten traditioneller Gebäcke. So darf es statt des klassischen Stücks Obstkuchen gern mal eine fruchtig-frische Tartelette sein und statt der Schwarzwälder-Kirschtorte fällt die Wahl vielleicht auf eine Schwarzwälder-Kirsch-Roulade oder einen veganen Cup Cake „Black Forest“.

Wir sehen verschiedene Gründe für den Trend. Viele Konsumenten beschäftigen sich verstärkt mit Inhalten und Herstellungsweisen von Lebensmitteln und legen großen Wert auf Nachhaltigkeit, Transparenz und handwerkliche

Herstellung. Bei diesen Zielgruppen können Handwerksbäcker mit Urgetreide-Spezialitäten und Aspekten wie langer Teigführung punkten. Tradition und Innovation lassen sich hervorragend miteinander verbinden!

Ein aktuelles Beispiel ist die Zimtschnecke: Man kennt das Hefegebäck als „Kanelbulle“ aus Schweden oder „Cinnamon Roll“ aus den USA. Inzwischen hat es sich aber auch hierzulande eine große Fangemeinde aufgebaut. Neben dem Klassiker sind dabei auch neue Geschmacks- und Dekorvarianten heiß begehrt. Weitere Beispiele sind Abwandlungen klassischer Kuchen im Kleinformat sowie die Neu-Interpretation traditioneller Gebäckspezialitäten als vegane Varianten.

Stefan Laackmann, Geschäftsführer CSM Deutschland GmbH, Bremen

Mintel: „Verbraucher schätzen Verarbeitungtechniken, die sie mit Tradition, Gesundheit und Natürlichkeit verbinden“

„Vertrauen in den Prozess“ haben die Marktforscher von Mintel als einen der globalen Lebensmittel- und Getränketrends 2024 identifiziert. Denn Verbraucher, so Mintel, setzen sich immer kritischer mit den Verarbeitungsprozessen auseinander. Die Herstellung stark, übermäßig oder hochverarbeiteter Lebensmittel (ultra-processed food, UPF) wird in der Öffentlichkeit diskutiert, und Verbraucher nehmen Zutaten, Nährwerte und Herstellungsmethoden genauer unter die Lupe. Jenny Zegler, Associate Director, Mintel Food & Drink: „Verbraucher schätzen Verarbeitungstechniken, die sie mit Tradition, Gesundheit und Natürlichkeit in Verbindung bringen.“

Laut Mintel gibt es ein enormes Wachstumspotenzial für

minimal verarbeitete Lebensmittel – dazu zählt Mintel auch frische Backwaren – und Getränke, die sich auf die positiven Aspekte von Lebensmittelverarbeitungstechniken konzentrieren, z. B. solche, die den Nährwert erhöhen, die Bildung von Schadstoffen verhindern oder die Nachhaltigkeit verbessern. Das gilt insbesondere dann, wenn Unternehmen die Vorteile der Verarbeitung in einer für die Verbraucher verständlichen Sprache kommunizieren. Die Marktforscher empfehlen: „Unternehmen, die minimal verarbeitete Produkte anbieten, sollten darüber informieren, wie die Verarbeitung ihre Produkte verbessert, indem sie beispielsweise den Nährwert erhöht, die Haltbarkeit verlängert oder die Umweltbelastung verringert.“

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Hygienic

Hygiene im Vorbeigehen

Lebensmittelhersteller stehen in einer besonderen Verant wortung, auf Hygiene zu achten. Dabei muss Hygiene gesamtheitlich funktionieren, um den Hausforderungen im Produktionsalltag gerecht werden zu können. Auf solche ganzheitlichen Konzepte hat sich PHT spezialisiert.

+Ein großer Risikofaktor für Kontaminationen sind z. B. Schmutzeinschleppungen zwischen verschiedenen Produktionsbereichen. Um diese zu reduzieren, entwickelt PHT ein Hygienic Floor System, das an Zu- oder Übergängen platziert werden kann. Sowohl Sohlen von Schuhen der Mitarbeiter als auch Räder z. B. von Förderfahrzeugen werden quasi „im Vorbeigehen“ gereinigt. Die semiaktiven Bürsten säubern in einer Trocken- oder einer Nassvariante. Zur Reinigung der Anlage selbst lassen sich die einzelnen Bürstenkassetten über einen integrierten Hebel einfach aufklappen.

Personal- und Betriebshygiene

Zu einem gesamtheitlich funktionierenden Konzept gehört neben der Personalhygiene die Betriebshygiene. Personalhygiene umfasst die Hygienetechnik rund um Hand- und Sohlenreinigung sowie die hygienische Einrichtung der Sozialräume. Beim Personalfluss ist zu beachten, dass dieser durch die Hygieneschleuse geleitet wird und die Mitarbeiter einem logischen Ablauf folgen. Kombinierte Hand- und Sohlenreinigungen sowie Handdesinfektionen mit Drehkreuz sind hier ein wichtiger Bestandteil. Der

Kombinierte Hand- und Sohlenreinigung

Durchgang kann dabei nur passiert werden, wenn die Reinigung ordnungsgemäß ausgeführt wurde.

Mindestens genauso entscheidend ist die Hygiene in der Betriebsstätte selbst. Für die Betriebshygiene ist ein Niederdruckschaumreinigungssystem laut PHT unverzichtbar. Das System kann aus verschiedenen Bestandteilen wie Satelliten, Druckerhöhungsanlagen und Hauptstationen zusammengestellt werden. Während in Handwerksbetrieben oft ein einzelner Satellit genügt, kommt in der Industrie zumeist eine Hauptstation mit mehreren Satelliten zum Einsatz. Das Schaumreinigungssystem von PHT ist den Unternehmensangaben zufolge bedienerfreundlich: Durch sein NEXT-System können bis zu drei Chemikalien nacheinander über einen Ausgang verwendet werden.

„Alle Hygienepunkte müssen gesamtheitlich funktionieren“, berichtet PHT. Das Unternehmen bietet deshalb neben der Technik auch Unterstützung bei der Planung bei einem Neubau oder einer Umrüstung eines Hygienekonzepts an. +++

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© PHT
Floor System

Teamplay schafft Chancen

Vom 5. bis 7. März 2024 fanden in Freising die Tagungen des Weihenstephaner Instituts für Getreideforschung (WIG) statt. Neben dem Wissensaustausch wurde die Tagung auch zum Vernetzen rege genutzt.

+ Weihenstephaner Tag für Lebensmittelrecht und -politik

Nach der Begrüßung durch Prof. Dr. Thomas Becker, TUM, und Ulrike Vogt, WIG, leitete RA Rochus Wallau, Edeka Südbayern, zum ersten Tagungspunkt über, dem Impulsvortrag von Stefan Maier, Greenpeace Bayern. Maier befasste sich mit der Frage: „Was essen wir morgen?“ Die Grenze von 1 Mrd. Menschen, die Adipositas haben, sei überschritten, andererseits gäbe es 8 Mio. Menschen auf der Welt, die hungern. „Wir fressen uns zu Tode“, so Maier. Es gäbe genügend Lebensmittel. „Wir haben ein Verteilungsproblem.“ Die Antwort auf seine Eingangsfrage war für ihn klar: „Wir müssen uns natürlich ernähren, weniger tierische Produkte essen und weniger Lebensmittel wegwerfen.“ Vermeidung von Food Waste, so Maier, sei der zweitgrößte Hebel, um Treibhausgase zu reduzieren.

Prof. Dr. Senthold Asseng, TUM, zeigte die Möglichkeiten durch Vertical Farming oder genauer Controlled-Environment Agriculture auf. „Ich möchte Ihnen eine Idee vorstellen, wie eine Alternative zur heutigen Landwirtschaft aussehen könnte.“ Das größte Potenzial sieht Asseng darin, durch Vertical Farming Felder quasi stapeln zu können. Extrem hohe Erträge mit hoher Qualität seien möglich. Statt einer Ernte könnten inhouse sechs Ernten jährlich eingefahren werden, bei minimalem Wasser- und Düngemittelbedarf. Allerdings: Noch ist die Wirtschaftlichkeit ein Problem. Vertikal Farming ist deutlich teurer. Gezielte Forschung, so Prof. Asseng, könnte dazu beitragen, die Energiekosten auf ein Zehntel zu reduzieren.

Die ökologische Produktion und nachhaltige Konsumstile betrachtete Dr. Alexander Beck, Assoziation ökologischer Lebensmittelhersteller. Wenn man Nachhaltigkeit richtig dekliniert, gilt es folgende Reihenfolge zu beachten: Suffizienz, Kreislauforientierung und erst dann Effizienz. „Small is

beautiful.“ Da die Diskussion um Suffizienz aber in der Gesellschaft verpönt sei, würde man Nachhaltigkeit überwiegend unter dem Gesichtspunkt der Effizienz betrachten. „Das reicht aber nicht.“ Was als zentraler Hebel bleibt, so Dr. Beck, ist die Kreislaufwirtschaft. „Wir müssen kreislaufwirtschaftlich denken.“ Dr. Beck weiter: „Es muss für Unternehmen interessant sein, umweltrelevant zu sein, dann greift das marktwirtschaftliche System.“

Prof. Dr. Ulrich Busch, Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, ging auf Aspekte zum Lebensmittelbetrug ein. „Es gibt nichts, was es nicht gibt.“ Die aufgedeckten Verfälschungen reichten von mit Altöl gestrecktem Olivenöl, Haselnusserzeugnissen mit Erdnüssen oder Cashewkernen bis hin zum Betrug bei Bio-Auslobungen. „Dass wir einem Betrug immer einen Schritt hinterherliefen, hat uns geärgert.“ Prof. Busch ging dann auf ein bundesländerübergreifendes Frühwarnsystem namens ISAR ein, das es möglich macht, Täuschungen prospektiv zu erkennen. Man solle das Problem durch Betrug nicht unterschätzen. Prof. Busch: „Wenige schwarze Schafe führen zur Diskreditierung einer ganzen Branche. Die Industrie wird genauso betrogen wie die Verbraucher.“

„Ich kann Ihnen die Zukunft der Backshops nicht vorhersagen“, leitete Alexander Hippach, Backstube Wünsche, in seinen Vortrag ein, „aber ich kann Ihnen erzählen, wie wir versuchen, mit den Herausforderungen umzugehen.“ Zunächst erläuterte Hippach die Struktur der Backstube Wünsche. „Als Tochter von Edeka Südbayern sind wir operativ eigenständig, erzielten 2023 einen Umsatz von rund 140 Mio. EUR und beliefern rund 300 Filialen, überwiegend in der klassischen Vorkassenzone, wenige sind Stando-aloneStandorte.“ Als Herausforderungen nannte Hippach u. a. die gestiegenen Energiekosten, rückläufige Absatzzahlen und den Kräftemangel – nicht nur Fachkräfte würden

Prof. Dr. Thomas Becker Prof. Dr. Senthold Asseng Ulrike Vogt
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RA Rochus Wallau Stefan Maier

fehlen. Konkurrenz sieht er u. a. in den Bake-off-Stationen im Handel. Eine hohe Qualität der Artikel auch durch Regionalität sei ein Weg, der Situation zu begegnen. Außerdem wird versucht, in Backshops mit einer Bedienperson auszukommen und die Abläufe zu optimieren. In einem Testlauf hat die Backstube Wünsche auch selbst die Bake-off-Station eines der Supermärkte bestückt. Es gebe keine konkreten Pläne, aber zumindest Überlegungen, ein Premium-Bakeoff-Geschäft zu etablieren. „Natürlich beschäftigen wir uns auch mit KI in der Personaleinsatzplanung und erproben Giobotics (Serviceroboter) im Café-Bereich.“

Die Möglichkeiten und Grenzen einer nachhaltigen Produktion zeigte Norbert Lötz, Harry Brot, auf. „Nachhaltigkeit ist Chefsache“, erklärte Lötz zu Beginn. „Wenn es der Chef nicht will, wird es nicht umgesetzt.“ Ausgangspunkt der Nachhaltigkeitsstrategie bei Harry Brot war eine Bestandsaufnahme. Für jedes Produkt wurde eine CO 2-Bilanz, ein PCF (Product Carbon Footprint) erstellt. Seit zwei Jahren ermittelt das Unternehmen zusätzlich den Corporate Carbon Footprint. Das sei ein großer Aufwand, der sich aber gelohnt habe. „Zwischen 2012 und 2022 konnten wir den Stromund Gasverbrauch in der Produktion um knapp 30 %, gerechnet auf die produzierte Tonnage, verringern. Der CCF hilft uns nun, mit einem noch umfassenderen Blick weitere Einsparpotenziale zu ermitteln.“ Längst betrachtet das

Der WIG Studienpreis 2024 ging an:

1. Preis: Mike Mielchen

Einfluss der pH-Abhängigkeit des Wheat α -Amylase/Subtilisin

Inhibitors (WASI) und deren Auswirkung auf Amylasen, Bachelorarbeit, TU München, Freising

2. Preis: Natalie Feller

Extraktion und Schaumeigenschaften oberflächenaktiver Pflanzenmaterialien zur Kontrolle der Gashaltefähigkeit in Lebensmittelsystemen, Masterarbeit, Universität Hohenheim

3. Preis: Nadja Frank

Entwicklung eines Modellsystems zur Extraktion von Amylase/ Trypsin-Inhibitoren aus Brot, Masterarbeit, Karlsruher Institut für Technologie (KIT)

Unternehmen das Thema Nachhaltigkeit entlang der ganzen Wertschöpfungskette und setzt den Hebel für weniger CO 2-Emission bei der Sortenauswahl im Getreideanbau und in der Nutzung von grünem Stickstoffdünger an. Lötz betonte in Freising aber auch: „Im Moment haben wir in Deutschland ein Overload an Vorgaben. Wenn wir den Umweltschutz konsequent vorantreiben wollen, braucht es eine enge Zusammenarbeit zwischen Politik und Wirtschaft.“

WIG-Frühjahrstagung

Am Nachmittag des ersten Veranstaltungstages schloss sich die WIG-Frühjahrstagung an, deren erste Session von Dr. Georg Böcker, BÖCKER, moderiert wurde. Erster Referent war Prof. Dr. Thomas Becker, der auf Inhaltsstoffe von morgen einging. Die Lebensmittelbranche erlebe ständigen Wandel. „Insofern“, so Prof. Becker, „lässt sich mit Recht die Frage stellen, ob die Inhaltsstoffe von heute morgen noch die gleichen sind.“ Zum Beispiel werde sich der Gehalt an Protein im Weizen aufgrund des Klimawandels und von Änderungen in der agrarischen Praxis verändern. Um eine gleichbleibende Qualität der Backwaren zu gewährleisten, gäbe es die Möglichkeit, Gluten ganz oder teilweise mit Proteinen aus anderen Quellen zu substituieren. Ein vielversprechender Ansatz sei dabei das Zein aus dem Mais. Eine weitere interessante Rohstoffquelle sind nach seinen Ausführungen außerdem Mikroalgen. „Die Proteine der Mikroalge haben in Versuchen bereits gezeigt, dass sie eine gute Schaumkapazität FC (95 %) besitzen, was sie zu einem möglichen Ersatz zum tierischen Eiweiß (Hühnerei, FC=200 %) bei der Herstellung von feinen Backwaren macht.“ Darüber hinaus werde aufgrund eines immer größer werdenden Bewusstseins der Konsumenten für gesunde Ernährung an Strategien geforscht, den Gehalt an trans- und ungesättigten Fettsäuren in den Lebensmitteln zu verringern. Jedoch seien diese meist tierischen Fette technologisch nur eingeschränkt substituierbar.

Die triboelektrische Trennung als Mittel zur Steuerung der Funktionalität von Weizenmehlen war das Thema von Martin Heckl, TUM. „Bisher“, erklärte Heckl, „werden die Proteinquantität und -qualität und somit bestimmte Funktionalitäten, wie das Gebäckvolumen, standardisiert, indem

Dr. Alexander Beck Prof. Dr. Ulrich Busch Alexander Hippach Norbert Lötz
41 TAGUNGEN
Dr. Georg Böcker

der Müller Chargen mit unterschiedlicher Zusammensetzung mischt. Eine zielgerichtete Proteinverschiebung der Mehle ist bisher nur sehr eingeschränkt, prozessnachgeschaltet und energieaufwendig möglich.“ Ein möglicher Ansatz sei die triboelektrische Trennung. Die Versuche hätten gezeigt, dass sich die Zusammensetzung der Mehle so tatsächlich beeinflussen lässt. „Unklar ist bisher aber, wie sich der Einfluss kontrollieren lässt, um eine gezielte Steuerung der Mehlinhaltstoffe und -funktionalitäten zu erreichen.“ Es bestünde weiterer Forschungsbedarf. Natalie Feller, Universität Hohenheim, berichtete über die Steuerung der Gashaltefähigkeit glutenfreier Teige aus alternativen Rohstoffen. Feller: „Glutenfreie Backwaren stellen eine besondere Herausforderung dar, da Gasblasen in der Teigmatrix ohne das stabilisierende Glutennetzwerk nicht effektiv gehalten werden können.“ Hier sei die Zugabe pflanzlicher Fraktionen vielversprechend. Sie schilderte Versuche mit saponinreichen Pflanzenextrakten von Quinoasamenhüllen und Gänseblümchenblüten sowie einem Extrakt aus Rapskuchen. „Die Ergebnisse betonen die wichtige Rolle pflanzlicher oberflächenaktiver Stoffe für Schaumstabilität in glutenfreien Backwaren“, so Feller. „Die gewonnenen Erkenntnisse tragen nicht nur zum wissenschaftlichen Verständnis bei, sondern haben auch das Potenzial, die Entwicklung neuer, hochwertiger glutenfreier Produkte voranzutreiben.“

Fortgesetzt wurde die Tagung unter der Moderation von Christoph Verheyen, Fraunhofer IVV, und mit dem Vortrag von Carina Stoll, TUM, über WASI (wheat amylase/subtilisin inhibitor) als Werkzeug zur Aufklärung von Mechanismen der α -Amylase in getreidebasierten Lebensmitteln. Der aus dem Weizen isolierte Inhibitor WASI ist ein bifunktioneller Inhibitor, berichtete sie, und kann heute durch eine heterologe Expression von Zielgenen in fremden Wirten (z. B. E. coli) gewonnen werden. Stoll: „Mit WASI erhält man ein geeignetes Instrument zur Aufklärung von Wirkmechanismen, Synergismen und Antagonismen. Neben der Aufklärung können Inhibitoren auch zur gezielten Steuerung und Beeinflussung von technischen Prozessen eingesetzt werden, um getreidebasierte Inhaltsstoffe in Zukunft bestmöglich und zielgerichtet einsetzen zu können.“

Mit den Effekten von Leguminosenmehlen auf Backwaren befasste sich Dr. Viktoria Zettel, Universität Hohenheim. „Leguminosen haben sowohl positive als auch negative Auswirkungen auf die technisch-funktionellen Eigenschaften von Backwaren“, erklärte sie und ging auf Backversuche mit Erbsen und Ackerbohnen ein. Dr. Zettel: „Die Wasseraufnahme der Mehlmischungen nimmt mit steigendem Substitutionsgrad für die Erbsen und Ackerbohnen ab, bei Weißbroten und für die Ackerbohnen bei Weizenvollkornbrot jedoch zu. Die Teigstabilität sinkt bei steigendem Substitutionsgrad. Ab 15 % Substitution bezogen auf die Mehlmenge zeigten sich negative Effekte auf die Brotqualität, die sich in kleineren Volumen, damit einhergehender höherer Krumenfestigkeit und dunklerer Farbe äußerten.“

Dominic Meyerhans, Meyerhans Mühlen/Schweiz, berichtete zum Abschluss des ersten Veranstaltungstages über die spannende Reise, sich mit Upcycling zu befassen. „Die Idee war“, so Meyerhans, „ein Bier aus nicht verkauftem Brot zu brauen.“ Aus dieser Idee entstand das „Damn Good Bread Bier“, das den Tagungsteilnehmern auch zur Verkostung angeboten wurde. In der Schweiz wird jedes vierte Brot schlussendlich entsorgt. Diesem Food Waste will die Damn Good Food & Beverages AG, eine Schwesterfirma der Meyerhans Mühlen AG, mit ihrem Produkt entgegenwirken. Nach dem Motto „Bier trinken, um die Welt zu retten“.

Die nächsten WIG-Tagungen finden vom 18. bis 20. März 2025 in Freising statt.

Online geht`s weiter. Den vollständigen Beitrag lesen Sie auf unserer Website brot+backwaren unter dem QR-Code.

Martin Heckl Dominic Meyerhans Natalie Feller Carina Stoll
www.brotundbackwaren.de 02/2024 TAGUNGEN
Dr. Viktoria Zettel
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NACHHALTIGKEIT
DER WANDEL ZUR
HAT

Lupinenproteinschaum als pflanzliche Alternative zum Ei

In der Herstellung Feiner Backwaren ist Hühnerei u. a. aufgrund seiner strukturgebenden Eigenschaften eine wichtige Zutat. Bei der Suche nach pflanzlichen Alternativen stellt sich für die Forschung die Frage: Reicht es aus, das Vollei zu ersetzen, oder müssen zunächst die Eigenschaften der einzelnen Proteinfraktionen verstanden werden? Genau dieses Ziel verfolgt das Projekt „LeguFoam“.

+Die Nachfrage nach Produkten auf pflanzlicher Basis ist im Markt stark gestiegen. Zahlreiche Menschen tendieren zu pflanzlichen Alternativen, weil sie darin ökologische oder gesundheitliche Vorteile sehen. In einem aktuell laufenden Projekt arbeitet das Fraunhofer-Institut für Verfahrenstechnik und Verpackung IVV daran, Hühnereiweiß durch Leguminosenprotein zu ersetzen. Denn mit dem Verzehr von Hühnerei sind beispielsweise gesundheitliche Bedenken, wie eine Lebensmittelallergie oder ein erhöhter Cholesterinspiegel, assoziiert. Darüber hinaus führen Preisschwankungen für die Rohware und verarbeitete Produkte basierend auf Hühnerei zu einer Unsicherheit bei der Preisgestaltung für die Verarbeiter.

Das Projekt

LeguFoam

Mit Blick auf die Herstellung von Feinen Backwaren ist Hühnerei eine wichtige Zutat, da es nicht nur reich an Nährstoffen ist und eine gute Eiweißquelle darstellt, sondern darüber hinaus die für die Feinen Backwaren strukturgebenden Eigenschaften wie Schaum- und Gelbildung sowie Emulgiervermögen mitbringt. Aktuelle Forschungsfragen zielen u. a. darauf ab, Hühnerei durch pflanzliche Alternativen

wie Mikroalgen, Aquafaba oder Kombinationen aus pflanzlichen Proteinen und Hydrokolloiden zu ersetzen. Die Kernfrage ist jedoch, ob es reicht, das Vollei zu ersetzen, oder ob nicht vielmehr zunächst die Eigenschaften der einzelnen Proteinfraktionen des Hühnereis verstanden werden müssen, um potenzielle Alternativen entsprechend ihrer Funktionalität für die Herstellung von Feinen Backwaren zu etablieren. Genau dieses Ziel verfolgt das im Jahr 2022 gestartete IGF-Projekt 22639 N „LeguFoam – Charakterisierung der Mechanismen zur Schaumbildung und Stabilisierung von funktionalisierten Leguminosenproteinen in Lebensmittelschäumen“, gefördert vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages in Kooperation mit der Industrievereinigung für Lebensmitteltechnologie und Verpackung e.V. (IVLV).

Ziel des Projekts ist die Entwicklung eines pflanzlichen Hühnereiweißersatzes (Albumen) basierend auf Leguminosenproteinen, der für die Herstellung schaumbasierter Lebensmittel eingesetzt werden soll. Basierend auf etablierten Extraktionsprozessen wurden zunächst Proteinkonzentrate aus Erbse, Linse, Kichererbse und Lupine

www.brotundbackwaren.de 02/2024 EI-ERSATZ 44
© maryviolet –stock.adobe.com
Autoren: Föste, M., Höglmüller, M., Bickel Haase, T., Gola, S., Verheyen, C.

Tabelle 1: Schäumungseigenschaften von Lupinenproteinkonzentrat und Albumen

Abkürzungen: AB – Albumen, LPK – Lupinenproteinkonzentrat, FC – Schaumbildungskapazität, FD –Schaumdichte; FS –Schaumstabilität. Die pH-Werte der Konzentrate wurden nicht justiert.

gewonnen und mittels Ultrafiltration aufkonzentriert, um Ausgangssubstrate mit verschiedenen Proteinfraktionen (11S; 7S) zu erhalten, welche die Schaumeigenschaften möglicherweise beeinflussen. Die Auswahl der Rohstoffe lag vor allem in deren Verfügbarkeit und in den bisherigen Erkenntnissen aus der Literatur begründet.

Charakterisierung der Schäume

Die am Fraunhofer IVV gewonnenen Proteinkonzentrate, zunächst mit dem Fokus auf die Lupine, wurden hinsichtlich ihrer physikochemischen Eigenschaften im Vergleich zu Albumen untersucht. In Bezug auf die analytische Zusammensetzung zeigten sich bereits große Unterschiede. Der Proteingehalt lag für Lupine bei 49 % bezogen auf die Trockensubstanz (TS) und für Albumen bei 81 % bezogen auf die TS. Auch das Zeta-Potenzial ( ζ ), welches ein

Indikator für die Ladung der Proteine darstellt, wies bei den Ausgangsrohstoffen große Unterschiede auf. So lag der isoelektrische Punkt (IEP) für Albumen bei pH 5,2. Für Lupinenproteinkonzentrat betrug der IEP 5,6, was sich vermutlich auf die unterschiedlichen Anteile der Proteinfraktionen α - und β -Conglutin (IEP = 5,0–6,0) sowie γ -Conglutin (IEP = 7,5) zurückführen lässt (da Silva et al., 2022). Für letztere Proteinfraktionen wurden gute Schäumungseigenschaften beobachtet (Diaz et al., 2016). Neben der Molekulargewichtsverteilung oder den Ladungsunterschieden wurden auch die Schaumbildungs- und Stabilisierungseigenschaften charakterisiert. Dazu erfolgte die Herstellung der Schäume, standardisiert auf Trockensubstanz, mittels Planetenrührer unter Bewertung der Schaumstabilität (FC), Schaumdichte (FD) und Schaumstabilität (FS) (siehe Tabelle 1).

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pH [-] FC [%] FD [g x L-1] FS [%] Drainage [ml] AB 8,82 ± 0,00 1022 ± 4 118 ± 5 97 ± 0 20 ± 0,0 LPK 4,64 ± 0,00 875 ± 18 102 ± 1 100 ± 0 11,2 ± 1,8
Quelle: Fraunhofer IVV
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Abbildung 1: Aussehen der Lupinenproteinschäume, hergestellt mit pasteurisiertem Konzentrat, in Abhängigkeit von der Zeit. Dargestellt sind die Schäume bei pH-Wert 5 über ein Zeitfenster t = 0 (Herstellung) sowie nach t = 60 min und t = 120 min bei Raumtemperatur.

Nicht nur die Schaumbildung ist relevant

Trotz der Unterschiede beim nativen pH-Wert war die Schaumbildungskapazität des Lupinenproteinkonzentrats um 14 % geringer und die Schaumstabilität sogar vergleichbar zu Albumen. Durch Justierung des pH-Werts auf 5,0 wurde die Schaumbildungskapazität auf 1013 % erhöht, weitere Anpassungen auf pH-Wert 7 oder 8 verbesserten die Schaumbildung nicht. Folglich sollte der pH-Wert der Masse bei ca. 5–6 liegen, um bei Anwendung von Lupinenproteinkonzentrat eine möglichst hohe Schaumbildung zu erzielen. Aus der Literatur geht hervor, dass Angel Cake einen pH-Wert zwischen 5,2 und 6,0 aufweist und somit auch eine ideale Modellmatrix für die Untersuchung im Endprodukt darstellt. Allerdings ist für die Herstellung von Feinen Backwaren wie Angel Cake nicht nur die Schaumbildung relevant. Gleichermaßen muss der Fokus auf die Stabilisierung des Schaums innerhalb der Masse bei Raumtemperatur sowie beim Erhitzen gelegt werden, da die Schäume während der Backphase oftmals aufgrund destabilisierender Mechanismen wie Koaleszenz oder Ostwald-Reifung dem Druck nicht standhalten und zusammenfallen.

Um eine marktfähige Alternative zu Hühnerei zu entwickeln, muss darüber hinaus die mikrobiologische Stabilität der Proteinkonzentrate gewährleistet sein. Folglich wurde die pflanzliche Eialternative pasteurisiert und der Einfluss auf die Schaumstabilität über einen Zeitraum von zwei Stunden untersucht (siehe Abbildung 1). Wie die Aufnahmen zeigen,

waren die Lupinenproteinschäume, hergestellt mit pasteurisiertem Konzentrat, für ca. zwei Stunden bei Raumtemperatur stabil.

Interaktion zwischen den Rezepturbestandteilen

Da der Einsatz von Hühnerei in Bäckereien vor allem mikrobiologische Umsicht erfordert, wäre in einer stabilisierten pflanzlichen Alternative ein klarer Vorteil zu sehen. Erste Applikationsversuche zur Herstellung von Angel Cake, hergestellt mit dem pasteurisierten Lupinenproteinkonzentrat, zeigten jedoch, dass die Stabilität der Schäume während des Backprozesses nicht ausreicht, um das Gas in der Krume zu stabilisieren. Die finalen Gebäcke wiesen ein geringes Volumen und eine eingefallene Krume auf. Offene Forschungsfragen, die sich aus den bisherigen Arbeiten von LeguFoam ergeben haben, zielen eindeutig auf die Matrixeffekte (Interaktion zwischen Rezepturbestandteilen) bzw. die Materialeigenschaften der Masse (Viskosität, Strukturausbildung) ab.

Zukünftige Forschungsfragen

Zukünftige Forschungsprojekte sollten daher adressieren, welchen Einfluss sowohl Rezepturbestandteile als auch die Art der Prozessführung auf die Stabilisierung von Proteinschäumen in Massen für die Herstellung von eifreien Backwaren haben. In einem Folgeantrag sollen insbesondere die Stabilisierungsmechanismen während der Kalt- und Backphase untersucht und prozesstechnische Lösungen für Bäckereien erarbeitet werden. +++

Bei Interesse an einer Zusammenarbeit im Rahmen des Projekts LeguFoam und/oder des Folgeprojekts setzen Sie sich gerne mit dem Fraunhofer IVV in Verbindung.

Kontakt:

Dr. Maike Föste, Fraunhofer IVV

E-Mail: maike.foeste@ivv.fraunhofer.de

EI-ERSATZ 46
© Fraunhofer IVV
t = 0 min t = 60 min t = 120 min

Ei-Ersatz aus Mikroalgen

+Die Herstellung hochvolumiger, veganer Kuchen und Feingebäcke scheitert in der Praxis häufig an der mangelnden Schaumbildung: Entweder sind die Volumina zu gering oder die Produkte sind sensorisch nicht überzeugend. Zwei Forschungsteams der Technischen Universität München (Lehrstuhl für Brau- und Getränketechnologie | Lehrstuhl für Synthetische Biotechnologie) haben sich zum Ziel gesetzt, Proteinisolate aus Mikroalgen für die Nutzung in veganen Feinbackwaren zu untersuchen. Für Mikroalgenproteinisolate (API) wurde, alternativ zu den bisher meist pflanzenbasierten Isolaten, ein hohes Potenzial zur Schaumstabilisierung aufgezeigt. Es ist bisher allerdings unbekannt, wie der Proteingehalt und die Aminosäurekomposition funktioneller Proteinisolate über die Kultivierungsbedingungen von Mikroalgen und die Art der Isolierung kontrolliert und gesteuert werden können.

Ziel des Forschungsvorhabens ist es, diese fehlende Verknüpfung zu untersuchen, Prozess-Struktur-Funktionalitätsbeziehungen aufzuklären, um hieraus ein Prozessmodell für die Generierung algenbasierter funktionaler Proteinfraktionen für die Schaumstabilisierung in Feinen Backwaren abzuleiten.

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Neugierig?

Es soll untersucht werden, wie ein strukturell und funktionell geeignetes Proteinisolat zur Herstellung biskuitartiger Massen aus Mikroalgen gewonnen werden kann und wie dadurch ein strukturbasierter und wissensorientierter Ersatz von Hühnereiweiß in proteinschaumbasierten Feinen Backwaren realisiert werden kann. +++

Das Projekt 23066 N „Grenzflächenaktive Algenproteinisolate für vegane und nachhaltige Feine Backwaren“ ist ein Projekt der Industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF) und läuft bis 2026.

Das o.g. IGF-Vorhaben der Forschungsvereinigung Forschungskreis der Ernährungsindustrie e.V. (FEI), Godesberger Allee 125, 53175 Bonn, wird/ wurde im Rahmen des Programms zur Förderung der Industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF) vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert.

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© TUM

GLANZ UND BRÄUNUNG

Es geht auch ohne Ei

Es gibt gute Gründe, beim Abglänzen von Hefefeingebäck auf Ei zu verzichten: Einerseits steigt aus tierethischen und ökologischen Gründen die Nachfrage nach veganen Produkten, andererseits der Preis für das Hühnerei. Boyens Backservice hat eine pflanzliche Alternative auf Basis von Erbsen entwickelt.

+„Wir haben unser veganes Glanz- und Bräunungsmittel namens BackGlanz schon vor rund sieben Jahren aus einer Idee heraus und aus echter Überzeugung auf den Markt gebracht“, sagt Michael Jankowski, Vertriebsdirektor Boyens Backservice, der auch eng in der Produktentwicklung und dem Gesamtkonzept involviert war. Vegane Glanzund Bräunungsmittel sind gefragt. Der Markt wächst zweistellig. Für BackGlanz beziffert Jankowski das Umsatzplus 2023 auf 17 %. Ihm ist klar, warum die Nachfrage seit rund drei Jahren anzieht. „Eine gesunde, nachhaltige, vegane und vegetarische Ernährung spielt in unserer Gesellschaft eine immer größere Rolle. Zudem ist Hühnerei extrem teuer geworden, die Verarbeitung aus hygienischer Sicht von jeher kritisch.“ Oft werde der tägliche Verbrauch an Eistreiche für Glanz und Bräunung auch unterschätzt. „Um appetitlichen Glanz und Bräunung auf Gebäcken zu erzielen, muss man nicht mehr Legebatterien-Hühner züchten“, fügt Jankowski an.

Alternative auf Erbsen-Basis Erbsen sind die Basis für das vegane Glanz- und Bräunungsmittel. Aus Wasser, pflanzlichem Erbsenprotein, Glukosesirup und Reisquellmehl wird

„Nicht jede Bäckerei will in eine teure, wartungsintensive Produktionslinie investieren, aber trotzdem effizient optisch ansprechende Hefegebäcke produzieren.“

das Produkt über verschiedene Verarbeitungsschritte hergestellt. Laut Unternehmen ist es clean label, weist keine Allergene auf und kommt ohne Konservierungsstoffe aus. Was die Anwendung anbelangt, berichtet Boyens von folgenden Vorteilen:

Der BackGlanz-Sprayer: Er schließt die Lücke zwischen manuellem Sprayen und der automatisierten Durchlaufstraße zum Veredeln von Gebäcken

www.brotundbackwaren.de 02/2024 EI-ERSATZ 48
Michael Jankowski, Gesamtvertriebsleiter Boyens Backservice
© Boyens © GreenArt Photography –stock.adobe.com

+ leicht und dünn zu sprühendes, flüssiges Fix & fertig-Produkt

+ sparsamer Verbrauch im Vergleich zur Eistreiche

+ hohe Produktsicherheit, Reduktion kritischer Kontrollpunkte

+ schnelle, sichere Reinigung der Backbleche und Sprühgeräte + Lagerung und Transport bei Raumtemperatur

+ kann auf Teiglinge vor dem Frosten aufgetragen werden + geeignet für süße und herzhafte Gebäcke

Nach Unternehmenserfahrung sind im Vergleich zum Eiprodukt Einsparungen im Materialeinsatz von mindestens 30 % möglich. Verbrannte Eirückstande am Gebäck oder dem Backblech seien logischerweise kein Thema mehr. Um eine gleichmäßige Bräunung und einen seidigen Glanz zu erzielen, empfiehlt das Unternehmen, die vollgärigen Teiglinge vor dem Backen oder die Gebäcke direkt nach dem Backen noch im heißen Zustand zu besprühen. „Sie erhalten dann einen schönen seidigen Glanz. Die Oberfläche ist nicht-klebend und wird goldgelb und über die versprühte Menge kann man den Grad des Glanzes und der Bräunung erhöhen oder verringern“, rät Michael Jankowski.

Sprayer für die Ein-Personen-Bedienung

Durch die niedrige Viskosität kann das vegane Glanzmittel über alle AirlessDüsen (Düsen, die ohne Zerstäuberluft arbeiten), Sprühgeräte und Durchlaufsprühsysteme verarbeitet werden.

Michael Jankowski: „In Verbindung mit unseren Sprühgeräten wird exakt nur die Menge an BackGlanz versprüht, die benötigt wird, um eine perfekte Bräunung und einen seidigen Glanz zu erzeugen.“ Die Lücke zwischen manuellem Sprühen und automatisierter Durchlaufstraße hat Boyens mit dem neuen BackGlanz-Sprayer 100 für die Ein-Personen-Bedienung geschlossen. „Nicht jede Bäckerei will in eine teure, wartungsintensive Produktionslinie

investieren, aber trotzdem effizient optisch ansprechende Hefegebäcke produzieren. Gerade die inhabergeführten Unternehmen überzeugt das saubere, platzsparende Konzept BackGlanz-Sprayer 100 immer wieder“, so der Vertriebsdirektor. Genau für diese Betriebe rentiere sich die Lösung.

Der Sprayer ist kaum größer als ein Backblech, auf Rollen gelagert und daher flexibel einsetzbar. „Zwischen den Sprühvorgängen kann er gleichzeitig als Arbeitstisch genutzt werden, um die besprühten Teiglinge mit Hagelzucker oder Mandeln zu verzieren“, erklärt Jankowski das Zwei-Arbeitsschritte-in-einem-Prinzip, das das Unternehmen mit seiner Neuentwicklung im Sinn hatte. Die Bedienung ist einfach. „Die überfahrbare Sprühbrücke mit integrierten Automatikdüsen wird aktiviert, sobald das Blech eingestellt wird.“ Ist der Vorgang beendet, lässt sich die abnehmbare Auffangwanne mit Restablauf in der Spülmaschine reinigen. +++

Der kleinste Produktionshelfer: der Sprühboy 04 zur Verarbeitung von BackGlanz

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Das vegane Glanz-
Bräunungsmittel basiert auf Erbsenprotein
und
© Boyens © Boyens © Boyens © Christian Jung –stock.adobe.com

Der Messkneter S 300 bestimmt die Teigeigenschaften nach internationalen Standards. Er eignet sich für 300-g-Proben.

Effizientere Teigprüfung, auch durch KI

Durch unterschiedliche Messkneteraufsätze für diverse Probenarten lässt sich der neue Brabender-FarinoGraph jetzt noch vielseitiger einsetzen. Künstliche Intelligenz (KI) verkürzt den Zeitaufwand für die Messungen.

+Egal ob glutenfreie Teige, Roggenmehl, Biskuitoder Hartkeksteige: Bei der Verarbeitung kommt es auf die rheologischen Eigenschaften der Teige und auf die Wasseraufnahmefähigkeit des zu verarbeitenden Mehls an. Schließlich ist die richtige Wassermenge entscheidend für die Teigkonsistenz und letztendlich für die Qualität des Endprodukts.

Zur Analyse von Teigen und Mehlen hat sich das Brabender Mehl-Wasser-Absorptions- und Teigmischungs-Analysegerät FarinoGraph weltweit etabliert. Ursprünglich im Jahr 1928 von Carl Wilhelm Brabender, Gründer des gleichnamigen Unternehmens, entwickelt, gehören der FarinoGraph sowie die Brabender-Einheit (BE) und Farinogramm-Einheit (FE) zum Standard in Lehrbüchern und in der Praxis.

Messvorsatz je nach Probenart

Der FarinoGraph von Brabender, seit August 2023 ein Unternehmen von Anton Paar, ermöglicht es, Qualitätskontrollprozesse in der Backwarenherstellung zu verbessern und die Rezepturentwicklung zu optimieren. Möglich macht dies modernste Technologie und verschiedene Misch- und Knetvorsätze zur Kontrolle des Endprodukts in verschiedenen Stufen der Herstellung. „Je nach Probenmengen und Probenart empfiehlt sich ein anderer Messvorsatz, um

Über Anton Paar

Anton Paar wurde 1922 vom gleichnamigen Firmengründer in Graz (Österreich) angemeldet und hat sich nach eigenen Angaben einen Namen als Weltmarktführer beim Messen von Dichte, Konzentration und gelöstem Kohlendioxid sowie im Bereich der Viskositätsmessung und Rheometrie gemacht. Zu den Kunden zählen Produzenten von Bier und Softdrinks, Unternehmen aus der Lebensmittel-, Chemie-, Erdöl- oder Pharmaindustrie sowie führende akademische Fachgruppen. Mit 37 Vertriebstöchtern ist das Unternehmen in 110 Ländern operativ tätig. Die Messlösungen werden an elf Standorten (in Europa und den USA) gefertigt. Mehr als 4.400 Mitarbeiter in Forschung und Entwicklung, Produktion, Vertrieb und Service sind mittlerweile für Anton Paar tätig. Eigentümerin ist seit 2003 die Gemeinnützige Santner Privatstiftung mit einem ausschließlich wohltätigen Stiftungszweck. Das Unternehmen erwirtschaftete 2022 einen Umsatz von 545,6 Mio. EUR. Neben dem Schwerpunkt auf Forschung und Entwicklung beruht das Wachstum von Anton Paar auf strategischen Zukäufen. Durch die Übernahme der Brabender GmbH & Co. KG im August 2023 (Anton Paar TorqueTec) hat sich das Portfolio um spezielle Messlösungen auf dem Gebiet der Charakterisierung von Kneteigenschaften und Laborextrusion erweitert.

www.brotundbackwaren.de 02/2024 QUALITÄTSSICHERUNG 50
Autor: Markus Löns, Brabender GmbH & Co. KG/A brand of Anton Paar, Duisburg
© Brabender

FarinoGraph und Härteprüfer zur Analyse des Mahlprozesses

optimale Messergebnisse zu erzielen“, so Markus Löns, Product Manager Food & Feed der Brabender-Produktlinie. „Beispielsweise eignet sich der Messkneter S 10 besonders gut für kleine Probenmengen von bis zu 10 Gramm, was ihn u. a. ideal für die Rezepturentwicklung von Frühstückscerealien macht. Für die Entwicklung von Brot oder Nudeln bietet sich der Messkneter S 50 an, und für StandardFarinograph-Tests mit größeren Probenmengen von bis zu 300 Gramm ist der Messkneter S 300 die perfekte Wahl.“ Der Messkneter S 300 sei außerdem ideal zum Ankneten von Teigen für Extensograph-Versuche und werde deshalb häufig in Bäckereien eingesetzt. Alle Messkneter verfügen über herausnehmbare Schaufeln für eine leichtere Reinigung. Die 50- und 300-Gramm-Messkneter arbeiten nach den gängigen ICC-, AACCI-, ISO- sowie weiteren Normen, sodass Weizenproben nach internationalen und nationalen Standards charakterisiert werden können.

Für die eigene Rezepturentwicklung von Roggenteigen bis zu schaumigen Massen kann der Planetenmischer P 600 vielfältig genutzt werden. Er arbeitet mit unterschiedlichen Rührwerkzeugen – wie Knethaken, Flachrührer und Ballonschneebesen – für verschiedene Teigarten. Das Behältervolumen von 2.500 ml und die Temperaturregelung von ca. -5 bis 150 °C machen ihn flexibel einsetzbar.

Um überhaupt eine optimale Teigrezeptur entwickeln zu können, ist nicht nur die Prüfung der Mehlqualität, sondern auch die Ganzkornanalytik von entscheidender Bedeutung. Mithilfe des Härte- und Strukturprüfers lässt sich die Kornhärte des Getreides bestimmen und der Mahlprozess somit optimieren. „Das Gerät trägt dazu bei, die Vermahlungscharakteristik zu perfektionieren und dadurch die Mehlausbeute zu erhöhen“, erklärt Löns.

Das Gerät wird anstelle eines Kneters an den Brabender FarinoGraph angeschlossen. Die Messergebnisse werden in Form eines Leistungs-Zeit-Diagramms angezeigt.

Teigkonsistenzen steuern

Durch die Messung der Wasseraufnahmefähigkeit von Mehl können Hersteller die optimale Menge an Wasser bestimmen, die für jedes Mehl benötigt wird. Dies hilft, Konsistenzprobleme zu vermeiden und die Produktqualität zu verbessern. Auch die rheologischen Eigenschaften eines Teigs, wie Teigstabilität, -entwicklungszeit und -erweichungsgrad, beeinflussen direkt die Verarbeitungseigenschaften und die Qualität des Endprodukts. Durch die Messung dieser Eigenschaften lässt sich die Teigkonsistenz steuern und sicherstellen, dass sie den gewünschten Standards entspricht.

Künstliche Intelligenz sagt Messkurvenverlauf voraus Für einen noch zeitsparenderen Einsatz des FarinoGraph sorgt die sogenannte Brabender Prediction. Mit dieser Funktion lässt sich die Versuchszeit um bis zu 50 % verkürzen, durch Vorhersage der verbleibenden Messkurve. Damit lässt sich der Tagesdurchsatz durchzuführender Messungen erhöhen. Die Funktion zur Vorhersage der Messkurve basiert auf künstlicher Intelligenz. Sie trifft anhand vorheriger Messungen die vorausschauenden Aussagen. Zeit bei der Messung einzusparen, ist auch mit der AutoStop-Funktion möglich. Mithilfe intelligenter Stoppkriterien, wie Drehmomentabfall, Erreichen aller Bewertungspunkte sowie Erreichen der Energiemenge, kann die Messung gestoppt und somit 25 % der Messzeit eingespart werden. Viele Anwender planen zudem bei den Messungen Pufferzeiten ein, damit die Messungen vollständig sind: „Mit der AutoStop-Funktion fällt diese Zeit weg, sobald alle Auswertepunkte erreicht sind“, berichtet Markus Löns.

Speziell für den zeitsparenden Einsatz mit dem neuen FarinoGraph ist auch der AquaInject als präzisere Alternative zur Kolbenbürette optimiert worden. Der AquaInject ist eine automatische Wasserdosierung für den Laboralltag, die genauso als Stand-alone-Dosierung mit anderen Geräten genutzt werden kann. Mit dem Dosiersystem entfällt die übliche Titrierung von Hand, einschließlich des mühevollen und zeitaufwendigen Nachfüllens der Bürette. Präzise Titrationskurven lassen sich so automatisiert erstellen und manuelle Versuche können entfallen. +++

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IFS Broker – die Version 3.2 ist da

Ende Februar ist die IFS Broker Version 3.2 erschienen, deren Inhalte an die aktuellen Regelungen der IFS Food Version 8 sowie der IFS Logistics Version 3 angeglichen wurden. Hintergrund der neuen Version ist in erster Linie die Erleichterung bei der Durchführung von kombinierten IFS-Audits. Hier ein kurzer Überblick zu den Neuerungen.

+ In Teil 1 des Standards, dem Zertifizierungsprotokoll bzw. den Regelungen zum Ablauf einer Zertifizierung, ist Folgendes neu:

• Änderung des Bewertungssystems – eine B-Bewertung ist wieder Abweichung und wird mit 15 Punkten bewertet.

• Wenn bei einem KO-Punkt eine B-Bewertung vergeben wird, dann gibt es hingegen 0 Punkte.

• Außerdem wurden die Regelungen zum Zertifikatsentzug innerhalb von 2 Tagen – im Falle einer KO- oder MajorNichtkonformität – aufgenommen.

• In Anhang 5 wurden die Produktscopes für Verpackungsmaterialien konkretisiert.

+ In Teil 2 des Standards , der Liste der Anforderungen, gibt es keine Änderungen oder Neuerungen. Es sind unverändert 6 Kapitel mit den aus der Version 3.1 bekannten Anforderungen.

+ In Teil 3 des Standards , den Anforderungen an Akkreditierungsstellen, Zertifizierungsstellen und Auditoren – IFS Akkreditierungs- und Zertifizierungsprozess –, gibt es ebenfalls keine Änderungen oder Neuerungen.

+ In Teil 4 des Standards mit den Regelungen für Berichterstattung, IFS-Software und IFS-Datenbank, ist Folgendes neu:

• Auf dem Deckblatt des Auditberichts wird nun aufgeführt, ob das Audit angekündigt oder unangekündigt erfolgt ist.

• Bei Nutzung der unangekündigten Auditoption gibt es nun auch beim Broker den sogenannte Star Status – dieser ist sichtbar auf dem Zertifikat (Sternsymbol in der Nähe des IFS Broker-Logos) und in der IFS-Datenbank.

• Die Layoutvorgaben für das Zertifikat (Anlage 5) wurden aktualisiert.

Die Version 3.2 ist ab dem 1. Juli 2024 verpflichtend anzuwenden. Die neue Fassung ist bisher nur in englischer

Sprache erschienen und auf der Webseite des IFS (www. ifs-certification.com) kostenlos herunterzuladen. Weitere Sprachen sollen in Kürze folgen.

Fazit

Grundsätzlich findet sich in der Version 3.2 nicht sehr viel Neues. Vor allem vor dem Hintergrund, dass die Anforderungen im Teil 2 unverändert sind, ist eine Anpassung des eigenen QM-Systems nicht erforderlich. Die Anpassung des Bewertungssystems erfreut sicherlich viele zertifizierte Unternehmen, denn somit ist höheres Niveau wieder etwas leichter zu erreichen. +++

Erstellt von Barbara Siebke: Sie ist als QM-Beraterin und Auditorin in der Lebensmittelwirtschaft tätig.

Tel.: +49(0)40/636 790 51, E-Mail: info@ql-siebke.de, Website: www.ql-siebke.de

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FSSC 22000 – neue BoS decision list

Im März 2024 hat der FSSC die aktuelle Fassung der BoS-Liste – Board of stakeholders decision list – veröffentlicht. Darin sind standardergänzende Entscheidungen zur Anwendung der FSSC Version 6 aufgeführt. Aktuell enthält sie 5 Regelungen, die unbedingt zu beachten sind.

+#1 – Hier finden sich Regelungen zum UpgradeProzess von Version 5.1 zu Version 6 für Akkreditierungs- und Zertifizierungsstellen.

#2 – Enthält Neuerungen zum Zertifikatdesign und -inhalt.

#3 – Ist für die Kategorie C 0 (Animal-Primary conversion) relevant. Es gibt eine Erweiterung zum Thema Rückverfolgbarkeit:

In addition to ISO 22000:2018 clause 8.3, the organization shall establish, implement and maintain appropriate procedures and systems to ensure the traceability of all edible parts of the carcass is maintained until the carcass is deemed fit for human consumption (including blood for human consumption).*

#4 – Änderung der bisherigen Anforderung Nr. 2.5.1. (a) zu folgender Fassung:

In addition to clause 7.1.6 of ISO 22000:2018, the organization shall ensure that where laboratory analysis is used for the verification and/or validation of parameters critical to food safety, these shall be conducted by a competent laboratory (including both internal and external laboratories as applicable) that has the capability to produce precise and repeatable test results using validated test methods and best practices (e.g. successful participation in proficiency testing programs, regulatory approved programs or accreditation to international standards such as ISO/IEC 17025). The analyses shall be performed in accordance with the applicable requirements of ISO/IEC 17025.*

#5 – Aufnahme der aktuellen Anpassung des ISO 22000: 2018 Amd.1:2024 aus Februar 2024 (die kostenfrei unter www.iso.org zu finden ist) in den FSSC 22000, d. h.:

• Ergänzung der Anforderung 4.1 bzgl. der Ermittlung, ob der Klimawandel ein relevantes Thema ist.

• Ergänzung der Anforderung 4.2 um eine Anmerkung, dass die relevanten interessierten Parteien Anforderungen im Zusammenhang mit dem Klimawandel haben können.

Die BoS-Liste ist auf der Webseite des FSSC unter www. fssc.com zu finden.

Fazit

Die Neuerungen bzw. der Anpassungsbedarf des eigenen QM-Systems ist überschaubar. Es gilt aber, regelmäßig einen Blick in die BoS-Liste zu werfen, um standardergänzende Anforderungen nicht zu verpassen. +++

*) Originaltext aus der BoS-Liste

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Buchweizen, ein funktioneller Rohstoff

Immer öfter werden Buchweizenmehl und -körner aufgrund ihrer gesundheitsfördernden Eigenschaften in Backwaren eingesetzt. Darüber hinaus werden sowohl die Backqualität als auch der Geschmack eines Produktes durch die Zugabe von Buchweizen verbessert.

Autorin: Zhanar Sadyk, Lebensmitteltechnologin, M.Sc. und freie Fachredakteurin, E-Mail: sadyk@food-editorial-solutions.de

+Von den etwa 15 bekannten Buchweizensorten haben nur zwei eine wirtschaftliche Bedeutung: der Echte Buchweizen ( Fagopyrum esculentum ) und der Tatarische Buchweizen. Die genauen Verhältnisse der vorkommenden Aminosäuren, Stärkegehalt (ca. 50–70 %) und Fettanteile (ca. 1,5–3,7 %) variieren je nach Anbau- und Klimabedingungen. Optisch ähneln sich die beiden Buchweizensorten sehr. Allerdings sind die Körner des Tatarischen Buchweizens im Vergleich zum Echten (grünen) Buchweizen (siehe Abbildung 1) etwas kleiner und haben einen bitteren Geschmack, was in vielen Ländern problematisch ist. Die tatarische Art zeichnet sich durch eine höhere Samenmenge aus, dies führt zu einem höheren Ertrag. Außerdem enthält sie einen höheren Gehalt an Rutin, einem Flavonoid, das eine antioxidative Wirkung entfaltet (Ölschläger, 2006).

Nachhaltiger Anbau

Im Mittelalter war Buchweizen hauptsächlich die Nahrung der Bauern und der armen Bevölkerung, da er auf nährstoffarmen Böden gut gedieh. Die Vegetationszeit beträgt lediglich bis zu 100 Tage. Der Stickstoffbedarf ist gering und in der Regel reicht der Stickstoff-Vorrat im Boden aus, sodass Buchweizen nicht gedüngt werden muss. Allerdings ist sein Ertragspotenzial mit etwa 20–25 dt/ha nur halb so groß wie das von Sommergetreide (Uni Hohenheim, 2021).

Der Echte Buchweizen erfüllt wichtige Aspekte einer nachhaltigen Anbauweise, wie Bodenschonung, Bienenfreundlichkeit, sparsame Nutzung von Wasser und Unterstützung der Biodiversität. In Deutschland wird Buchweizen zwar nur in geringen Mengen angebaut, jedoch zeichnet er sich durch die genannten positiven Eigenschaften aus. Es wird in verschiedenen Regionen Deutschlands angebaut, darunter die Lüneburger Heide, Schleswig-Holstein, Westfalen, der Niederrhein, die Eifel, der Hunsrück, Oberfranken, die Schwäbische Alb und einige Alpentäler.

Gesundheitsfördernde Aspekte

Die Fagopyrum esculentum -Körner haben einen hohen Proteingehalt von ca. 13 g pro 100 g, wobei der größte Teil auf zwei Proteine entfällt: Albumine und Globuline. Diese bestehen aus vielen wichtigen und essentiellen Aminosäuren wie z. B. Leucin, Isoleucin, Valin, Methionin, Threonin und Lysin. Wie Zhao et al., 2023 zeigten, ist dieses Pseudogetreide besonders reich an Spurenelementen wie Kupfer (Cu),

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Abbildung 1: Geschälte Buchweizenkörner, links naturbelassen (hellgrün) und rechts geröstet (braun)

Buchweizen – Ein Superfood im Fokus

proteinverstärkt

glutenfrei

proteinverstärkt

proteinverstärkt

Buchweizen

proteinverstärkt

ballaststoffreich

mineralstoffreich

proteinverstärkt

*Probiotische Eigenschaften treten nur bei fermentierten Buchweizensamen auf.

Abbildung 3: Nudeln aus Buchweizenmehl

Magnesium (Mg) und Molybdän (Mo). Darüber hinaus sind weitere Elemente wie Calcium, Eisen, Phosphor und Zink vorhanden sowie ein hoher Gehalt an Vitaminen der B-Gruppe, wie Thiamin, Riboflavin, Pantothensäure, Cholin, Niacin, Pyridoxin (Campbell, 1998). Diese Vitamine wirken zusammen, um eine Vielzahl von Stoffwechselprozessen im Körper zu unterstützen, darunter die Energieproduktion, die Synthese von Proteinen, die Zellteilung sowie die Funktion des Nervensystems. Die Studien zeigen, dass die Zugabe von Pseudocerealien wie Buchweizen in die Ernährung zu einem Anstieg von wasserlöslichen Ballaststoffen sowie kurzkettigen Fettsäuren führt. Diese Aspekte haben positive Auswirkungen auf die intestinale Mikrobiota im Darm (Markova et al., 2022). Auf Buchweizen basierende Produkte werden aufgrund ihrer glutenfreien Natur immer beliebter bei Zielgruppen mit Stoffwechseler krankungen wie Diabetes und Zöliakie. Die Körner

(v.l.n.r.) Abbildungen 4, 5 und 6

proteinverstärkt

*probiotisch

proteinverstärkt

ökologischer Anbau

proteinverstärkt

vitaminhaltig

proteinverstärkt

antioxidativ

Abbildung 2

und Sprossen werden zusammen mit Milchsäurebakterien fermentiert, wodurch probiotische Eigenschaften entstehen. Auf dem europäischen Lebensmittelmarkt sind bereits probiotische Getränke erhältlich, wie beispielsweise das laktosefreie Kefir-Produkt. Buchweizen enthält verschiedene antioxidative Verbindungen wie Flavonoide und Phenolsäuren. Die Studien von Zielinski et al. (2022) und Zhu et al. (2016) zeigen, dass die Fermentation von Buchweizenkörnern und -mehl mit Milchsäurebakterien nicht nur die probiotischen Eigenschaften verstärkt, sondern auch zu einer erhöhten Konzentration antioxidativer Verbindungen führt. Diese Wirkung ist ein weiterer wichtiger Aspekt, der Buchweizen als funktionelle Zutat attraktiv macht (siehe Abbildung 2).

Marktübersicht über Buchweizenprodukte

Neben der herkömmlichen Verarbeitung von Buchweizen zu Mehl werden Flocken, Grütze, Granulate und Nudeln hergestellt. Insbesondere in der asiatischen Küche ist der Einfluss von Buchweizenprodukten spürbar: In der japanischen Küche sind Buchweizennudeln, bekannt als Soba (siehe Abbildung 3), seit Langem beliebt und weit verbreitet. Auch in der Backbranche gewinnt die Verwendung von Buchweizenprodukten zunehmend an Bedeutung. Die Tabelle zeigt eine Übersicht über Backwaren, die bereits auf dem deutschen Markt erhältlich sind. IREKS bietet mit „Mein Buchweizen” ein Produkt auf Basis von Buchweizen an, das in

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Quelle: FES

Tabelle: Marktübersicht über Buchweizenprodukte aus der

Produkt

Premix „Mein Buchweizen“

Bio-Nudeln aus Buchweizensprossen

Buchweizen-Brot und Knusperbrot

Buchweizen-Mehl, -Flocken und -Grütze

Le Pain des Fleurs Blumenbrot

Bio-Knusperbrot Buchweizen

a. Kuchen und Torten b. Schwarzplentene (Knödel)

Backbranche

Beschreibung

Basis für vielfältige Buchweizen-Gebäckspezialitäten mit rustikaler Optik und ausgeprägtem Geschmacksprofil

Buchweizensprossen werden bei 42 Grad gedörrt und abgepackt.

Knusperbrot enthält bis 99 % Buchweizenmehl, keine Hefe und kein Gluten.

Die Produkte werden zum Backen, in MüsliMischungen und zu vielem mehr verwendet.

Knusperbrot enthält bis 97 % Buchweizenmehl, keine Hefe und kein Gluten.

Hersteller

IREKS GmbH

AHO Bio GmbH

Alnavit GmbH

Spielberger Mühle, Mühle Schlingemann, Demeter, Bauckhof, Müsli Mühle u. a.

Le Pain des Fleurs – eine Marke der EKIBIO Gruppe, Frankreich

a. in der Lüneburger Heide b. traditionell in Südtirol  regional*

* Regionen in Deutschland und in der Provinz Trentino-Südtirol (Italien)

Kombination mit Dinkel, Weizen oder Roggen die Herstellung verschiedenster Buchweizengebäcke ermöglicht. Der hohe Anteil an Buchweizen gewährleistet die Auslobung „Buchweizenbrot“ bzw. „-kleingebäck“ bei einer variablen Anwendungsmenge von 35 - 50 %. Zusätzlich sind knusprige Brote auf dem Markt erhältlich, die bis zu 99 % aus Buchweizenmehl bestehen und ohne Hefe und Ei hergestellt werden (siehe Abbildungen 5 und 6). Es handelt sich um dünne, leicht geröstete Knäckebrote mit knuspriger Textur und dem typisch nussigen Geschmack.

Im Einzelhandel ist das Buchweizenbrot der Firma Alnavit GmbH erhältlich. Es basiert zu 33 % auf Buchweizennatursauerteig und enthält eine Mischung aus Maismehl, Leinsamen, Hirsevollkornmehl und Sojamehl. Die Verbindung von Buchweizenvollkornmehl und Apfelfasern verleiht dem Brot eine nährstoffreiche Textur (siehe Abbildung 4). Zudem gibt es noch das Buchweizen-Knusperbrot der Marke Le Pain des Fleurs aus der französischen EKIBIO-Gruppe (siehe Abbildung 6). Die Firma AHO BIO GmbH bietet glutenfreie Pasta aus Buchweizensprossen an, die auch Leinsamen enthält, um den Proteingehalt weiter zu steigern. Abschließend lässt sich feststellen, dass diese vielfältigen Buchweizenprodukte im Einzelhandel eine gesunde und abwechslungsreiche Ernährungsoption darstellen.

Aktueller Forschungsstand

Die Entwicklung der Ernährungskultur führt zu einem vermehrten Verzehr gesunder Lebensmittel und motiviert die Suche nach neuen, innovativen Inhaltsstoffen mit funktionellen Eigenschaften. Buchweizen wird von der Lebensmittelindustrie als potenzieller Inhaltsstoff für funktionelle Lebensmittel angesehen. Ein wachsender Trend in der Verbrauchernachfrage unterstreicht die Notwendigkeit, Mehlmischungen für Backprodukte zu entwickeln.

Aktuelle Studien geben Einblicke in die komplexe Wechselwirkung zwischen Zusatzmengen von Buchweizen- und

Weizenmehl sowie deren Auswirkungen auf die Backqualität und Teigeigenschaften. Beispielsweise haben Coțovanu et al., 2021 den Einfluss von Mahlfraktionen von Buchweizenkörnern und die Zugabemenge auf die Teigrheologie in Weizenbrot untersucht. Die Wissenschaftler fanden heraus, dass eine mittelgroße Partikelfraktion von Buchweizenmehl in einer Menge von 10,75 % für optimale rheologische Eigenschaften im Weißbrotteig sorgt. Dadurch verbesserten sich die Wasseraufnahme und die Viskosität des Teigs. Die gleiche Arbeitsgruppe hat im Jahr 2022 ihre Untersuchungen zu Buchweizenkörnerfraktionen fortgesetzt. Die Ergebnisse zeigten, dass diese Fraktionen den Proteingehalt in Weizenmehl erhöhen, wobei mittlere und große Partikelgrößen die positivsten Auswirkungen auf die Teigfestigkeit und das Brotvolumen zeigen. Darüber hinaus haben sie die folgenden Erkenntnisse zusammengefasst:

1. Die Substitution von Weizenmehl durch Buchweizenmehl in optimalen Mengen, bis zu 15 % Buchweizen-Anteil, verbessert die Brotqualität und den Nährwert.

2. Dabei spielt die mittlere Partikelgröße (M > 180 µm) eine große Rolle, da sie den höchsten Proteingehalt im Endprodukt gewährleistet.

3. Mit zunehmender Buchweizenmenge nimmt die Dehnbarkeit des Weißbrotteigs ab; dies ist auf die gesamte Glutenmenge im Teig zurückzuführen.

4. Fett-, Asche- bzw. Mineralstoffgehalt steigen mit zunehmender Buchweizenfraktionsmenge an (Coțovanu et al., 2022).

Nach den deutschen Leitsätzen für Brot und Backwaren muss der Buchweizenanteil mindestens 20 % betragen, um das Produkt als „Buchweizenbrot“ bezeichnen zu dürfen. Die Zugabemenge von Buchweizenmehl kann durch den Einsatz von starkem Weizenmehl oder Vitalkleber weiter erhöht werden. Jedoch wird aus wirtschaftlichen, geschmacklichen und auch backtechnischen Gründen selten ein Anteil von 30 % Buchweizenmehl oder vorgequollener Buchweizengrütze überschritten (IREKS, Wissensforum Backwaren). Am Markt hat sich das Buchweizenbrot der Alnavit GmbH als

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FES
Quelle:

Produkt mit dem höchsten Anteil an Buchweizennatursauerteig (33 %) herausgestellt. Je geringer der Anteil an Buchweizen ist, desto größer ist das Volumen des Endprodukts. Eine höhere Menge an Buchweizen führt zu einem kleineren Volumen und einer geringeren Dehnbarkeit des Teigs, bietet jedoch mehr wertvolle Nährstoffe. Ebenfalls berichteten Rumbler et al., 2023, dass eine Mischung von starkem

Gluten-Weizenmehl mit speziellen Getreidesorten wie Sorghum, Hirse, Amaranth oder Buchweizen die rheologischen und Backeigenschaften verbessert. Die Zugabe von Calcium zu Nudeln mit Natriumalginat verbessert ihre Qualität, indem sie während des Kochens weniger Wasser aufnehmen und gleichzeitig eine bessere Textur aufweisen, berichten Wang et al., 2023.

Eigenversuch: Herstellung glutenfreier, ballaststoffreicher Kekse

Abbildung 7: Die frische Buchweizenmilch

Die Autorin dieses Artikels hat sich zum Ziel gesetzt, in kleinem Maßstab Buchweizenmilch und Kekse aus Buchweizen in einer Haushaltsküche herzustellen. Dazu wurden die Buchweizenkörner gründlich gespült und für 10 Stunden in Wasser eingeweicht, um die Enzymaktivität zu fördern. Anschließend wurden die Körner erneut gründlich gespült und für 90 Sekunden in einem Mixer gemixt. Dabei wurden die Zellwände der Körner mechanisch zerstört, was zur Freisetzung der Zellinhalte, einschließlich Enzyme und Stärke, führte. Die Masse wurde durch ein Tuch (Sieb) in zwei Phasen getrennt: eine feste Phase, bestehend aus dem Pressrückstand, und eine flüssige Phase, die Buchweizenmilch. Diese Milch kann sowohl als bekannte Alternative zu Sojamilch als auch als Ersatz für laktosefreie Lösungen verwendet werden, obwohl der Fettanteil im Vergleich zu Sojamehl deutlich geringer ist.

Mit dem Rückstand, dem Buchweizenkuchen (siehe Abbildung 8), wurden ballaststoffreiche Kekse hergestellt, wobei das Verhältnis von Rückstand und Maismehl bei 1:1 lag. Der Rückstand nach der Herstellung von Buchweizenmilch enthält wahrscheinlich eine beträchtliche Menge Ballaststoffe, da Buchweizen von Natur aus reich an Ballaststoffen ist. Dennoch sind weitere Berechnungen zum Nährwert dieser Kekse notwendig, um den

Abbildung 8: Der Buchweizenkuchen (Pressrückstand)

genauen Gehalt zu ermitteln. Abbildung 9 zeigt die selbst hergestellten glutenfreien Kekse.

Dieses Experiment dient ausschließlich als Inspiration für Produktentwickler in der Branche, den Rückstand von Buchweizen nicht nur in Keksen, sondern auch in vielen anderen Backwaren als funktionelle Zutat zur Ballaststoffanreicherung einzusetzen. +++

Abbildung 9: Die handgemachten Kekse aus dem Buchweizen-Pressrückstand

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Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass Buchweizen viele positive sowohl gesundheitsfördernde als auch backtechnologische Eigenschaften aufweist. Dank seiner reichhaltigen Nährstoffzusammensetzung, des hohen Proteingehalts, der Vielzahl an essentiellen Aminosäuren sowie des Gehalts an wichtigen Spurenelementen stellt er einen ernährungsphysiologisch wertvollen Rohstoff dar. Die wissenschaftlichen Erkenntnisse sind besonders relevant für

Literaturverzeichnis:

1. Coţovanu, I. & Mironeasa, S. (2021). Buckwheat Seeds: Impact of Milling Fractions and Addition Level on Wheat Bread Dough Rheology. Applied Sciences, 11(4), 1731. https://doi.org/10.3390/app11041731

2. Coţovanu, I. & Mironeasa, S. (2022). Influence of Buckwheat Seed Fractions on Dough and Baking Performance of Wheat Bread. Agronomy, 12(1), 137. https:// doi.org/10.3390/agronomy12010137

3. Campbell, C. G. (1997). Buckwheat: Fagopyrum Esculentum Moench. Bioversity International

4. IREKS. (o. D.). BUCHWEIZEN – EIN PSEUDOGETREIDE MIT ZUKUNFT. https:// wissensforum-backwaren.de. Abgerufen am 22. Februar 2024, von https:// wissensforum-backwaren.de/buchweizen-ein-pseudogetreide-mit-zukunft/

5. Ölschläger, C. (2006). Charakterisierung des Phenolstoffwechsels von Buchweizensamen (Fagopyrum esculentum moench) als Grundlage für die Züchtung von flavonoidreichen Genotypen: TUM. Dissertationsarbeit. https://mediatum. ub.tum.de/node?id=603780

6. Markova, Y. M. & Sidorova, Y. (2022). Amaranth, quinoa and buckwheat grain products: role in human nutrition and maintenance of the intestinal microbiome. Voprosy Pitaniia, 91(6), 17–29. https://doi.org/10.33029/0042-8833-2022-91-6-17-29

7. Rumler, R., Bender, D. & Schoenlechner, R. (2023). Mitigating the Effect of Climate Change within the Cereal Sector: Improving Rheological and Baking

Backwarenhersteller, die innovative Brotmischungen mit vordefinierten Eigenschaften und verbessertem Nährstoffprofil entwickeln möchten.

Der Einsatz von Buchweizen als innovativer Rohstoff in Backwaren trägt nicht nur zur geschmacklichen Vielfalt bei, sondern leistet auch einen bedeutenden Beitrag zur Verbesserung des gesamten Backergebnisses. +++

Properties of Strong Gluten Wheat Doughs by Blending with Specialty Grains. Plants, 12(3), 492. https://doi.org/10.3390/plants12030492

8. Schmid. (2021). Brot und Blinis aus Buchweizen: Trendlebensmittel punktet bei Geschmack und Verarbeitung. https://www.uni-hohenheim.de. Abgerufen am 24.02.24 von https://www.unihohenheim.de/pressemitteilung?tx_ ttnews%5Btt_news%5D=50845&cHash=82c9a18658256f0a265ff4c96dd4465f

9. Wang, H., Zhang, J., Han, L., Cao, J., Yang, J., Zhang, Y. & Hu, B. (2023). Calcium ion regulation of sodium alginate in pure buckwheat noodles shown by in vitro simulated digestion. Frontiers in Nutrition, 9. https://doi.org/10.3389/ fnut.2022.1105878

10. Zhao, M., Gou, J., Zhang, K. & Ruan, J. (2023). Principal Components and Cluster Analysis of Trace Elements in Buckwheat Flour. Foods, 12(1), 225. https://doi.org/10.3390/foods12010225

11. Zhu, F. (2016). Chemical composition and health effects of Tartary buckwheat. Food Chemistry, 203, 231–245. https://doi.org/10.1016/j.foodchem.2016.02.050

12. Zieliński, H., Wiczkowski, W., Topolska, J., Piskuła, M. K. & Wronkowska, M. (2022). Bioaccessibility of Phenolic Acids and Flavonoids from Buckwheat Biscuits Prepared from Flours Fermented by Lactic Acid Bacteria. Molecules, 27(19), 6628. https://doi.org/10.3390/molecules27196628

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