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WERT-voll Katrin Unterhofer

WERT-voll

Katrin Unterhofer

Die Teams zweier Kindergärten setzen sich ein Jahr lang intensiv mit Werten in der Bildung und in der pädagogischen Arbeit auseinander. Es ging den Teams darum, sich auf einen Prozess einzulassen, in welchem sich die pädagogischen Fachkräfte klar darüber werden, welche Werte sie in ihren Kindergärten anstreben, welche sie umsetzen und wie sich diese Werte in der Arbeit mit den Mädchen und Jungen zeigen. Im Zuge dieser Auseinandersetzung wurden auch Wertvorstellungen der Familien in den Blick genommen und auf die Vereinbarkeit mit den Wertvorstellungen des Kindergartens geprüft. » Welche Werte sind uns in der Bildungsarbeit im

Kindergarten wichtig? » Warum sind uns gerade diese Werte wichtig? » Wie zeigen sich diese Werte in unserer pädagogischen Arbeit? » Wie begründen wir diese Werte vor den Familien, die teilweise andere Wertvorstellungen leben? Das sind die Fragen, die sich die pädagogischen Fachkräfte stellten, als sie sich auf einen Prozess zur Auseinandersetzung mit ihren Werten einließen. Elmar Tratter, Philosoph, Ethiker und Lehrer, begleitete die pädagogischen Fachkräfte über einige Monate bei diesem Prozess.

Auswahl der Werte Als Einstieg schrieben die pädagogischen Fachkräfte Werte auf, die sie als besonders erstrebenswert erachteten. Es stellte sich schnell heraus, dass diese auch aufgrund persönlicher Prägungen (Herkunftsfamilie, eigene Erfahrungen ...) ihre Wichtigkeit erhielten. So musste sich jede pädagogische Fachkraft zuallererst fragen, inwieweit die angestrebten Werte auch im pädagogischen Kontext ihre Berechtigung haben. Nach dem Sammeln einiger Werte versuchten die pädagogischen Fachkräfte eine Wertehierarchie aufzustellen. Welche sind die Werte, die wir anderen voranstellen? Und warum? Definition der Werte Die Wertbegriffe wurden beschrieben. Es zeigte sich, dass auch hier erst ein Konsens gefunden werden musste, weil der Begriff allein noch nichts darüber aussagt, wie jede Einzelne ihn mit Bedeutung füllt. So bildeten sich Kleingruppen, um einzelne, konkrete Werte zu definieren. Was heißt dieser Wert für uns? Diese Grundwerte wurden der Gruppe vorgestellt und gegebenenfalls in ihrer Definition ergänzt. Wieder in Kleingruppen wurden Gründe gesucht, die für die moralische Relevanz der Werte sprechen. Anschließend wurden die Ergebnisse in der Großgruppe vorgestellt.

Konkretisierung Im nächsten Schritt wurden konkrete Aspekte zu den Grundwerten gesucht. Was müssen die pädagogische Fachkraft, der Kindergarten konkret tun, um diesen Wert zu erfüllen? Die pädagogischen Fachkräfte sammelten Beispiele, an denen sich erkennen lässt, dass dieser Wert in den Kindergärten

gelebt wird. Außerdem wurden anhand von Beispielen Möglichkeiten gesucht, die Umsetzung der Werte im Kindergartenalltag noch zu verstärken.

Wertetempel Die Auswahl der Werte, ihre Definition, Begründung und Konkretisierung wurden Schritt für Schritt im grafischen Modell eines Wertetempels festgehalten. Die einzelnen Wertetempel wurden gesammelt und dokumentiert. So ergab sich ein Fundus an Werten, aus dem alle Teams schöpfen können und der den pädagogischen Fachkräften für die Weiterarbeit an der Definition, Begründung und Konkretisierung von zusätzlichen Werten als Unterstützung dienen soll.

Wertedilemma Im Austausch fielen immer wieder Situationen auf, in denen die Wertvorstellungen des Kindergartens parallel zu Wertvorstellungen von Familien bestehen. Dieses Dilemma stellt die pädagogischen Fachkräfte vor die Herausforderung, die Werte der

Herkunftsfamilien zu schätzen und gleichzeitig die aus einer humanistischen Weltsicht heraus gelebten Werte des Kindergartens zu festigen. Es gilt, Kinder davor zu bewahren, in einen Wertekonflikt zu geraten, wenn die Wertvorstellungen ihrer Familien andere sind als jene, die sie im Kindergarten erleben. Der Begriff Wertedilemma erklärt die Möglichkeit von parallel bestehenden Wertesystemen. Die pädagogischen Fachkräfte berichteten über verschiedene Situationen, in denen sich ein Wertekonflikt ergab. Die Situationen wurden analysiert, um herauszufinden, welches das verbindende Bedürfnis von Familie und Kindergarten sein könnte, das hinter dem jeweiligen Wert steht. Auf diese verbindenden Bedürfnisse aufbauend wurden exemplarische Gespräche mit Familien erprobt. Ein Bedürfnis, das sich immer wieder als Gemeinsamkeit herauskristallisierte, waren das Wohlbefinden und die bestmögliche Entwicklung der Mädchen und Jungen. Es zeigte sich als sehr hilfreich, sich in der Vorbereitung des Gesprächs in die unterschiedlichen Perspektiven hineinzuversetzen. Das In-den-BlickNehmen eines Wertes aus einer anderen Perspektive, das Sich-Hineinversetzen in eine andere Rolle tragen zu einer konstruktiven Kommunikationsbasis bei.

Umsetzung Mit diesem Fundus an erarbeiteten Werten haben die Teams eine gute Grundlage zur Festlegung des Jahresplans, für die Erstellung pädagogischer Ziele, für die Auswahl didaktischer Aktivitäten und eine Diskussionsgrundlage bei Gesprächen mit Familien.

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